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Daemon 3

Akte Chase
von

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Kapitel 3

[JUSTIFY]>Coon? Coon, was ist los mit dir? Geht es dir nicht gut?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich brauchte einige Sekunden, um zu begreifen, dass Ida es war, die mit mir sprach. Sunny war bei meinem Anblick ebenfalls stehengeblieben, sein Lächeln zerfallen. Er wirkte überrascht, mich zu sehen, aber nicht schockiert. Nicht fassungslos. Ich hingegen sah den Geist meiner Vergangenheit und konnte mich kaum auf den Beinen halten. Mit letzter Kraft lehnte ich mich gegen die Wand und presste eine Hand über den Mund.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es konnte unmöglich Sunny sein. Sunny war tot. Sunny war in seiner Wohnung von Daemonen gebissen worden und gestorben. Ich hatte seine leblose Hand gesehen, die gelben Fußspuren überall.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber hier stand er. Lebendig. Und ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sunny“, flüsterte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sein Blick verhärtete sich. „Das ist nicht mehr mein Name“, sagte er. Ich erstarrte. Das klang nicht nach ihm. Er war mein bester Freund gewesen, mein Namensgeber. Wir hatten uns seit sechzehn Jahren nicht mehr gesehen, warum schaute er mich dann mit so viel Bitterkeit an?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ida“, sagte ich langsam und versuchte mit aller Kraft, meine Stimme nicht zittern zu lassen. „Bitte geh. Ich kann gerade nicht … ich muss mit ihm unter vier Augen sprechen. Ich erkläre dir alles später.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der enttäuschte Blick in Idas Augen ließ mich augenblicklich wünschen, ich könnte meine Worte zurücknehmen, aber ein anderer Teil von mir wollte nur, dass sie wegging. Ich war kaum im Stande, aufrecht zu bleiben. Ich konnte jetzt nicht auch noch mit Idas Fragen mithalten. Als ich nichts Weiteres sagte, färbte Ida sich für einen kurzen Moment schneeweiß und verschwand durch die Tür nach draußen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunnys Blick ruhte auf mir. Er hatte die Sicht nicht, konnte Ida weder sehen noch hören, doch er wusste, dass ich gerade mit jemandem gesprochen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ist sie das?“, fragte er. „Das kleine Mädchen, das bei einem deiner Einsätze gestorben ist?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Nickend richtete ich mich auf, doch dann stutzte ich. „Woher weißt du das?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Im selben Moment wurde mir klar, was für eine dumme Frage das war. War ich nicht eben erst wildfremden Menschen über den Weg gelaufen, die genauso gut informiert waren? Aber das bedeutete …[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du wusstest, dass ich lebe“, sagte ich fassungslos. „Du wusstest, wo du mich finden kannst. Ich bin seit Jahren regelmäßig in der Zeitung.“ Tränen füllten ungewollt meine Augen, doch ich blinzelte sie weg. Die Freude über das Wiedersehen verblasste. Stattdessen spürte ich die Wahrheit wie ein Messer zwischen den Rippen, stechend und kalt. „Ich dachte, du wärst tot, Sunny! Warum hast du mich nie kontaktiert, warum hast du nie —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör auf, mich so zu nennen!“ Sunnys Brustkorb hob und senkte sich rasch, während er einen zittrigen Finger nach mir ausstreckte. „Mein Name ist Blue. Und warum hätte ich dich kontaktieren sollen? Du hast mich im Stich gelassen. Du hast mir versprochen, mich immer zu finden und ich habe gewartet. In einem Putzschrank habe ich gewartet, zwei Tage lang, ohne Wasser, ohne Essen, ohne Schlaf. Du kamst nicht. Als sich die Tür zu meinem Schrank endlich öffnete, da warst es nicht du, sondern eine Gruppe Hunter, die mich aus der Wohnung befreite. Ich war sicher, dass du tot sein musstest, denn sonst wärst du sicher gekommen, um mich zu holen.“ Er holte Luft, während ich ihn verständnislos anstarrte. „Und dann, Jahre später, sehe ich dein Bild in der Zeitung. Zuerst konnte ich mein Glück kaum fassen. Meine beste Freundin lebt noch! Sie ist Hunter geworden, sie ist berühmt. Aber dann habe ich verstanden. Du hast mich zurückgelassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe dich gesucht!“, schrie ich. „Nur wegen dir bin ich durch die Hölle gegangen. Ich habe deine Leiche gesehen, gottverdammte Scheiße, was erwartest du noch von mir, dass ich deinen toten Körper aus dem sechsten Stock runtertrage, durch eine ganze Rotte aus Daemonen, die nur darauf wartet, mich zu zerfleischen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nun, ich bin nicht gerade tot, also kann der Teil deiner Geschichte schon mal nicht stimmen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du warst … ich konnte deinen Arm sehen. Du lagst reglos da und deine Eltern waren tot. Ich war zwölf, ich hatte panische Angst! Und ich wollte nicht …“ Ich wollte nicht deinen toten Körper sehen. Im letzten Moment bin ich zurückgegangen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wenn ich hineingegangen wäre, hätte ich ihn mitnehmen können? War er nur bewusstlos gewesen? War es meine Schuld, dass er zwei Tage in dem Putzschrank gesessen hatte, dass seine Hoffnung auf Rettung immer weiter zerbröckelte?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sunny nickte, als habe meine Erklärung oder vielleicht mein Abbrechen seine Vermutung bestätigt. „Reden wir nicht mehr darüber“, sagte er kühl. „Wir sind schließlich aus einem bestimmten Grund hier. Ich bevorzuge es jedenfalls, wenn du mich ab jetzt nur noch Blue nennen würdest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich sah ihn an, mein Herz in winzig kleine Stücke zerbrochen. An manchen Tagen, ganz am Anfang, hatte ich darüber fantasiert, wie es sein würde, falls Sunny wie durch ein Wunder doch auftauchen würde. Wie wir uns um den Hals fallen und vor Erleichterung weinen würden.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]In keiner meiner Fantasien hatte er mir mit diesen kalten Augen gegenübergestanden. „Okay“, sagte ich emotionslos. „Blue. Hab‘ verstanden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wie soll ich dich nennen?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch ein Stich. So viel tiefer diesmal. Ich drehte mich von ihm weg, legte den Kopf in den Nacken, beschwor meine gesamte Selbstbeherrschung herauf, um nicht haltlos zu schluchzen. „Du kennst meinen Namen. Du hast ihn mir damals gegeben, schon vergessen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er lachte ungläubig. „Den benutzt du immer noch? Raccoon also. Wie du willst.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warte“, sagte ich plötzlich. Der Klang meines geliebten Namens in seiner verbitterten Stimme entzog mir alle Kraft. „Thynlee. Thynlee ist besser.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich straffte die Schultern und wandte mich ihm wieder zu. Er sah aus wie Sunny. Aber das Leuchten war aus seinen Augen verschwunden und alles, was Sunny ausgemacht hatte, schien wie ausgelöscht. Vor mir stand ein Fremder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Also dann, Blue“, sagte ich und verschränkte die Arme. „Wir haben ein Rathaus zu infiltrieren. Wo ist meine Verkleidung?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Besagte Verkleidung erwies sich als ganz normale Arbeitskleidung in dunkelblau und schwarz, mit breiten Handwerkergürtel, an den Blue ein Schraubenzieher-Kit und ein Ablesegerät für die Heizungen hängte. Damit ich nicht sofort aufflog, flocht ich meine langen Haare zusammen und steckte sie am Hinterkopf mit einer Handvoll Haarnadeln fest. Braune Kontaktlinsen, pinker Lippenstift und eine gigantische Hornbrille verbargen mein sonst eher unscheinbares Gesicht. Zum Schluss setzte ich noch eine Wollmütze gegen die Kälte auf. Blue beobachtete mich wortlos aus den Augenwinkeln. Er traute meiner Stille nicht, erwartete vermutlich einen weiteren Gefühlsausbruch oder eine Rechtfertigung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich gab ihm nicht die Genugtuung.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als wir fertig waren, verabschiedeten wir uns im Flur vom Besitzer, der mit einer Tüte Donuts zurückgekehrt war und mit der einen Hand seinen Computer bediente, während er den Zuckerguss von der anderen schleckte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Draußen entdeckte ich sofort Ida. Sie hockte auf dem Bordstein, Kinn in beide Hände gestützt und schwarz wie die Nacht.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hol schon mal den Wagen“, sagte ich zu Blue, der mit den Schultern zuckte und in der Garage verschwand. „Hey.“ Ich ließ mich neben Ida nieder und sah sie von der Seite her an. „Tut mir leid, dass ich dich eben rausgeworfen habe.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ida sah zur Seite.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Seufzend legte ich den Kopf in den Nacken. Der Himmel war wolkenlos und von einem dunklen Blau, das mich an Blues Augen erinnerte. Zweifellos hatte er daher den neuen Namen. „Der Mann, der die Treppe runtergekommen ist … das war Sunny.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Sunny?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Geschockt drehte Ida sich zu mir um.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Aber er ist doch tot![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das dachte ich auch“, seufzte ich und sah in die Richtung, in der Blue verschwunden war. Die Straße war hier weniger stark befahren und außer einigen Passanten in dicken Schals waren wir allein. „Aber er lebt, wie du siehst. Und er ist … er ist nicht gut auf mich zu sprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Warum?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich habe ein Versprechen gebrochen. Ohne es zu wissen, habe ich ihn im Stich gelassen, als er mich am meisten gebraucht hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Wenn du es nicht wusstest, dann ist es nicht deine Schuld.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich lachte. Es fühlte sich an wie Scherben in meinem Mund. Das Aufheulen eines Motors aus der Garage kündigte Blues Rückkehr an und ich stand auf. „Erklär ihm das, nicht mir. Jedenfalls musste ich eben für einen Moment alleine sein. Das verstehst du, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die dunkle Farbe floss aus Ida heraus und sie nickte mich aufmunternd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich verstehe.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Dann, ohne Vorwarnung, warf sie die Arme um meine Taille und drückte mich, so fest sie konnte. Die Kälte ihrer Gliedmaßen fraß sich durch den dicken Stoff meiner neuen Hose, aber ich ignorierte das Kribbeln und strich ihr übers Haar.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Ich hab‘ dich lieb, Coon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich hab‘ dich auch lieb.“ Blue hupte neben mir. Durch das Fenster konnte ich seinen neugierigen Blick sehen. Sicher sah ich komisch aus, wie ich auf der Straße stand und die Luft umarmte. „Und jetzt geh zu Rock zurück und pass auf, dass Mary ihn nicht umbringt.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Kichernd ließ Ida mich los.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]>Bis später.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sie winkte und schoss als weißes Schemen die Straße hinunter, bis sie hinter einer Häuserecke verschwand. Kalter Wind biss mir in die Wangen und ich zog die Mütze tiefer über meine Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue hupte ein zweites Mal, bis ich mich endlich losriss, den dunkelblauen Kombi mit der großen Jack-Aufschrift umrundete und neben ihm einstieg.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aus dem Radio plärrten die neusten Poplieder. Ich schwieg die gesamte Fahrt über, sah nur durch das Fenster den vorbeirauschenden Geschäften und Menschen nach und blies mir hin und wieder in die kalten Finger, denn aus der Klimaanlage kam nur kalte Luft.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es gab so viele Dinge, die ich fragen wollte. Wie es Sunny, nein, Blue ergangen war. Wo er gelebt hatte, nachdem seine Zieheltern gestorben waren. Wieso er sich entschieden hatte, ein Jack of all Trades zu werden. Ob er mich vermisste, oder ob seine freundschaftlichen Gefühle für mich durch mein gebrochenes Versprechen zu Staub zerfallen waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Aber ich traute mich nicht, das Schweigen zu brechen. Die Radiowerbung plätscherte im Hintergrund dahin.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Plötzlich erstarb die Musik. Ich schielte zu Blues Hand, die immer noch auf dem Lautstärkepegel lag. „Wie geht es Rock?“, fragte er, ohne zu mir zu sehen. „Du arbeitest doch bei ihm, oder?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gut“, sagte ich. „Er ist verheiratet, seine Frau ist seit einigen Monaten schwanger, das Geschäft läuft gut.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das freut mich.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder Schweigen. Blue machte die Musik nicht wieder an und so waren die einzigen Geräusche für den Rest der Fahrt das Brummen des Motors und das Ticken der Richtungsblinker. Jede Sekunde zog sich in die Länge wie Kaugummi.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Noch nie in meinem Leben hatte ich eine Autofahrt so sehr gehasst wie diese.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Fünfzehn Minuten später fuhren wir auf dem Parkplatz vor dem Rathaus auf. Blue stieg aus und ging ohne auf mich zu warten Richtung Eingang. Ich zurrte meine Wollmütze zurecht und überprüfte, ob meine Haare gut darunter verborgen blieben. Ich hoffte darauf, dass die Dame am Empfang mich ohne das lange Haar und mit dem Lippenstift und den großen Brillengläsern nicht erkennen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Das Rathaus war ein klotziger Gebäudekomplex mit weißgrauen Fassaden und einem Springbrunnen vor dem Eingang, dessen Dimensionen eindeutig einer Budgetkürzung geschuldet war. Sauber gestutzte Hecken säumten die Fassaden zu allen Seiten. Als ich durch die zweigeteilte Glastür trat, scannte ich schnell den Eingangsbereich. Dunkle Schuhabdrücke zogen sich über den braunen Teppich, der auf den hellen Fliesen ausgelegt war und die grünen Pflanzen, die in den Ecken des Atriums standen, ließen die Blätter hängen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Links und rechts führten geschwungene Treppen ins nächste Geschoss, ein Aufzug war in einem Nebengang ausgeschildert. An den Treppenaufgängen standen Männer vom Sicherheitspersonal, in schwarzen Anzügen und mit einer geholsterten Waffe am Gürtel. Ich schluckte. Hoffentlich kamen wir mit meiner Verkleidung durch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Als ich mich näherte, war Blue bereits bei der Empfangsdame, die zwischen den beiden Treppen an einer erhöhten Theke an ihrem Computer saß und gelangweilt dreinschaute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir hatten bereits gesprochen“, sagte er gerade. „Die Routineuntersuchung der Kamine und Heizungen. Sind wir zu früh?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Rezeptionistin ließ blitzschnell den Blick über mich schweifen. „Keineswegs. Und wer ist das?“, fragte sie in einer glockenhellen Stimme, die gepaart mit ihrem Gesichtsausdruck wie Kreide auf einer Tafel klang.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Meine Mitarbeiterin, Kelly Ronald.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich dachte, diese Routineuntersuchungen führt Ihr Betrieb alleine durch“, sagte die Frau. Ihr dunkelroter Lippenstift hob sich grotesk gegen das blasse Gesicht ab.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Ronald ist neu, im Rahmen ihrer Einarbeitung muss ich sie auf einige Einsätze mitnehmen“, erklärte Blue, ohne mit der Wimper zu zucken. Ich nickte und fühlte mich nicht gerade hilfreich dabei.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Frau lächelte ihn gekünstelt an. „Wir zahlen natürlich wie gewohnt nur für einen Arbeiter, Mr. Ashfield?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Selbstverständlich.“ Blue lächelte genauso kalt und die beiden lieferten sich ein intensives Blickduell.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ausgezeichnet“, sagte sie schließlich und begann, zwei Gastausweise für uns auszufüllen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Mit den Ausweisen um den Hals und freiem Zutritt zu allen Räumlichkeiten mit Kamin und Heizung fanden wir uns wenige Minuten später im ersten Stock wieder. „Liebenswerte Persönlichkeit“, sagte ich, als ich absolut sicher war, dass wir außer Hörweite waren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du solltest sie montagmorgens erleben“, murmelte Blue abwesend, während er auf seinem Plan überprüfte, wohin wir als erstes mussten. „Von der Art, wie sie sich da benimmt, könnte sie genauso gut gerade von einer Beerdigung kommen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„R.I.P. Wochenende.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue schnaubte, aber er konnte das schmale Lächeln nicht verbergen, das sich bei meinen Worten auf sein Gesicht stahl. Kaum dass er meinen Blick bemerkte, verschwand es jedoch wieder und er sah mich herausfordernd an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was? Hab‘ ich was im Gesicht?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich dachte, ich hätte dort für einen kurzen Moment gute Laune gesehen“, sagte ich und trat an ihm vorbei zum ersten Raum. „Muss mich getäuscht haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue nahm unsere Verkleidung für meinen Geschmack etwas zu Ernst. Wir hatten fast alle Räume abgearbeitet und den gesamten Vormittag damit zugebracht, Heizungen zu inspizieren, Kamine anzuschauen und Daten in einem kleinen Büchlein einzutragen, bevor ich auf die Idee kam, dass Blue tatsächlich eine komplette Routineuntersuchung vornahm. Als ich ihn danach fragte, zuckte er mit den Schultern. „Ich arbeite gerne effizient“, war das Einzige, was er dazu sagte, bevor er wieder mit seinen Lektionen begann. Eins war jedenfalls klar. Niemand würde auf die Idee kommen, dass wir etwas anderes waren als zwei unterbezahlte Jacks.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erst im vierten Stock fand ich schließlich, wonach ich die letzten Stunden durchgängig Ausschau gehalten hatte. Unauffällig blieb ich stehen und rief Blue zu, dass mein Schnürsenkel aufgegangen war, während ich in Wirklichkeit den gelben Fußabdruck unter die Lupe nahm, der vor mir auf den Fliesen prangte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Er war so blass, dass ich ihn im ersten Moment für eine Verfärbung der Fliesen hielt, aber bei näherem Hingucken war es eindeutig der Abdruck eines Schuhs. Also doch.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Daemon hatte sich ins Rathaus eingeschlichen und von einem der Mitarbeiter, wahrscheinlich sogar vom Chief höchstpersönlich Besitz ergriffen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hey, Sie da, stehen bleiben!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Erschrocken fuhr ich herum. Hinter uns kam raschen Schrittes eine in schwarz gekleidete Frau vom Sicherheitspersonal auf uns zu. Ich stand wie festgefroren, konnte mich vor Schreck kaum rühren. Waren wir so schnell aufgeflogen? Hatte die Empfangsdame mich erkannt? Ich wusste, dass das hier eine dumme Idee gewesen war, aber Kady und der Rest wollten ja nicht auf mich hören![/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Frau streckte eine Hand nach mir aus, und schob mich sanft bei Seite. „Entschuldigen Sie, Miss.“ Dann war sie auch schon an mir vorbei und stapfte auf eine andere Frau zu, die am Ende des Gangs panisch nach einem Fluchtweg Ausschau hielt, aber der einzige Ausweg war blockiert. Mit pochendem Herzen beobachtete ich, wie die Sicherheitsfrau die Besucherin mit energischem Griff packte und davon bugsierte. Als sie an mir vorbeikamen, konnte ich gerade noch etwas von Presse und unerlaubtem Zugang hören. Die beiden verschwanden die Treppe hinunter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hastig lief ich Blue hinterher, der bereits den nächsten Raum betreten hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wo ist der Kamin vom Chief?“, fragte ich leise, damit der Arbeiter an seinem Schreibtisch meine Worte nicht verstehen konnte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Im fünften Stock, wieso?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich will dort als nächstes hin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir haben noch einige Heizungen auf diesem Stockwerk abzuarbeiten“, entgegnete Blue sofort.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Hör mal, ich bin nicht hier, um Kamine zu inspizieren, ich muss herausfinden, wer von einem Daemon besessen ist und unsere Sicherheitsmaßnahmen zunichtemacht!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und ich bin hier, damit du dabei nicht auffliegst“, knurrte Blue. „Also verhalte dich gefälligst wie ein Jack und warte, bis wir mit diesem Stockwerk durch sind. Dein Daemon läuft dir schon nicht weg.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Irrationale Wut überkam mich. Am liebsten hätte ich Blue geschüttelt, ihn gegen die Wand geschubst, aber ich ballte nur die Fäuste und stand still neben ihm, während er seine Werte in das Büchlein eintrug.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich war nicht sauer auf ihn, weil er so langsam arbeitete, oder mir widersprach. Ich war wütend, weil er mir Sunny verwehrte, auf den ich so lange gewartet hatte. Blue war nicht derjenige, mit dem ich diesen Job machen wollte. Blue war arrogant und kühl und kämpfte gegen jedes Lächeln an.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war, als hätte Blue mir Sunny gestohlen, und ich konnte die Wut nur schwer zurückhalten. Aber ich ließ mir nichts anmerken. Geduldig wartete ich, bis bis wir die letzten drei Heizungen angeschaut hatten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Sobald wir das fünfte Stockwerk betraten, wusste ich, dass ich richtig gelegen hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Gelbe Fußspuren, einige verblasst, andere etwas deutlicher, führten vom Aufzug zum Eingang des Büros.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Jackpot“, flüsterte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue klopfte an die Tür. „Mein Name ist Blue Ashfield. Ich bin hier, um den Kamin zu überprüfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Eine kurze Pause. Dann erklang von innen eine nasale Stimme. „Herein.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Statt ins Büro des Chiefs führte uns die Tür in ein Vorzimmer, in dem der Sekretär mit blitzschnellen Fingern auf die Tastatur seines Computers hämmerte. Sein Schreibtisch stand an der linken Seite des Raums, Regale voller Gesetzesbücher füllten die Wände und am anderen Ende des Raumes war eine Tür mit der Aufschrift CHIEF.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue sah sich um. „Ist der Kamin hinten durch?“, fragte er. Der Sekretär hob den Kopf, offensichtlich genervt, dass wir ihn in seiner Arbeit störten. Sein Blick glitt zunächst über Blue, dann über mich. Seine Augen verengten sich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Und wer ist das?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das ist unsere neue Mitarbeiterin, Kelly Ronald.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Aha.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich musterte den Sekretär. Auf der kleinen Namensplakette auf seinem dunkelgrauen Anzug las ich ab, dass er Robert Hill hieß. Er war ein untersetzter, blasser Mann, mit säuberlich zur Seite gekämmtem, dunklem Haar, einer dünnen Metallbrille und leicht abstehenden Ohren.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dürfen wir durchgehen?“, wiederholte Blue ungeduldig seine Frage. Hill schüttelte den Kopf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Chief Keynes ist derzeit nicht im Büro, ich kann Sie beide nicht alleine hineinlassen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Dann begleiten Sie uns doch“, sagte Blue. Hill seufzte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich muss wohl, wie es scheint.“ Ächzend erhob er sich und schlurfte zur Tür, doch ich spürte, dass er mich aus den Augenwinkeln beobachtete. Ich hatte das untrügliche Gefühl, dass Hill meine Verkleidung durchschaute.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Während Blue voranging, trödelte ich ein bisschen und sah mich flüchtig im Raum um. Hier und da entdeckte ich weitere Fußabdrücke, die gelb pulsierten, einige verblasst, andere frischer. Ich folgte den beiden langsam in das Büro des Chiefs.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es war größer als die anderen, mit einer langen Fensterfront zu unserer linken und einem großen Eichenholzschreibtisch, der so stand, dass Chief Keynes mit dem Rücken zum Kamin saß, wenn er arbeitete. Zwei Monitore waren auf dem Schreibtisch aufgebaut und Akten und Papierstapel türmten sich auf diversen anderen Ablagen. Ein fein gearbeiteter Brieföffner mit langer, stumpfer Klinge lag oben auf. Rechts von uns verbarg eine halbe Bibliothek die verblasste Tapete an der Wand.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue hockte sich vor den Kamin und sah durch den Schacht nach oben. Ich hingegen ließ meinen Blick durch den Raum schweifen. Weitere Fußspuren auf dem Boden, die von der Tür zum Schreibtisch, zum Regal und wieder zurückführten. Wen auch immer der Daemon unter Kontrolle hatte, er konnte sich frei bewegen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich näherte mich dem Schreibtisch und fuhr mit den Fingerspitzen über einige der Dokumente. Mir sprangen nur vereinzelte Begriffe ins Auge, der Rest war in so formaler Sprache verfasst, dass sich mir bei dem Versuch, einzelne Sätze zu verstehen, das Gehirn verknotete.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nichts anfassen!“, ertönte es von der Tür. „Konzentrieren Sie sich auf ihre Arbeit, ich habe noch zu tun.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Hand senkend drehte ich mich zu Hill um. Er starrte mich aus seinen wässrigen Augen an wie ein Wachhund, der das Revier seines Herrn um jeden Preis verteidigen würde.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wissen Sie, wo der Chief sich derzeit befindet?“, fragte ich. Blue ignorierte mich, doch ich sah aus den Augenwinkeln, dass seine Schultern sich anspannten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill machte einen Schritt auf mich zu. „Ms. Ronald, richtig?“, hakte er nach. „Leider kann ich Ihnen nicht helfen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Verstehe“, sagte ich und wandte mich wieder zu Blue. „Ist der Kamin in Ordnung?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Keine Gefahrenrisiken, die ich entdecken kann“, sagte er und erhob sich mit seinem kleinen Notizbuch. „Danke für Ihre Zeit, Mr. Hill. Wir sind hier fertig, Sie können in Ruhe weiterarbeiten.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill nickte und trat zur Seite, um uns hinauszulassen. In dem Moment öffnete sich die Tür zum Büro des Sekretärs. „Robert“, rief eine tiefe Stimme. „Hat die Administration schon zurückgerufen? Ich schwöre, wenn diese Säcke es wieder nicht auf die Reihe gekriegt haben, dann —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Chief!“ Hill eilte zurück in sein eigenes Büro und redete hektisch auf seinen Boss ein. „Wir haben Gäste.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Gäste?“ Chief Keynes trat in sein Büro. Er trug einen dunklen Anzug, mit leicht schiefsitzender Krawatte und kam mit zusammengekniffenen Augen und langsamen Schrittes auf uns zu. „Was für Gäste? Doch wohl keine Presseheinis? Ich hab dir gesagt, du sollst sie abwimmeln, wenn sie mir auflauern wollen!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Niemand von der Presse“, entgegnete Hill eilig. „Es sind nur zwei Jacks. Eine Routineuntersuchung der Kamine, wie man mir mitgeteilt hat.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Wir sind schon fertig“, sagte Blue. „Tut mir leid, dass wir Ihren Sekretär gestört haben.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ach was, er macht ohnehin nur langweiligen Papierkram, es tut ihm gut, mal aufgescheucht zu werden.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill plusterte sich auf, kam jedoch nicht dazu, etwas zu sagen, denn Chief Keynes ging zu seinem Schreibtisch, fuhr mit einer Hand über die Monitore und ließ sich auf dem Ledersessel dahinter nieder.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Na los, geleite die beiden nach draußen. Komm danach zurück, ich kann diese verdammte Schrift nicht entziffern.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Sehr wohl, Sir“, murmelte Hill und wandte sich an uns. „Wenn Sie mir bitte folgen möchten?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich warf einen letzten Blick zu dem Chief. Während er den Raum durchquerte, hatte ich ganz genau auf seine Bewegungen geachtet. Er ging langsam, zaghaft, mit den Füßen nah über dem Boden. Ein Daemon, der den Körper seines Wirts nicht im Griff hatte? Aber er hatte keine frischen Spuren hinterlassen, was bedeutete, dass der Daemon ihn an der langen Leine ließ und seinen Einfluss über den Wirt minimierte. Wusste er, wer ich war?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Wieder schielte ich zu Hill. Wusste er, wer ich war?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und wieso verhielt sich der Daemon so vorsichtig? Ich hatte Ida extra bei Rock gelassen, damit meine Tarnung nicht durch sie aufflog, aber aus irgendeinem Grund hatte der Daemon dennoch Bescheid gewusst. Das, oder der Wirt war jemand ganz anderes. Es schien nicht ungewöhnlich zu sein, dass der Chief Besuch bekam. Vielleicht hatte ein anderer Mitarbeiter seine Spuren in dem Büro hinterlassen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Zu spät wurde mir bewusst, dass ich wie festgetackert in der Mitte des Sekretariats stehen geblieben war und sowohl Blue als auch Hill mich besorgt musterten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Geht es Ihnen nicht gut?“, fragte der Sekretär, seine nasale Stimme durchdringend und tatsächlich leicht besorgt.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur ein leichter Schwindel“, log ich. „Es ist schon vorbei.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill sah mich durchdringend an. Dann hellte sich sein Gesicht auf.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Und mit diesen Worten schob er uns hinaus und schlug uns die Tür vor der Nase zu.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Widerlicher Kerl“, murmelte Blue, während wir uns auf den Weg nach draußen machten.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum?“, fragte ich, in Gedanken noch halb bei den Andeutungen die Hill gemacht hatte. „Wegen seiner Ohren? So schlimm sahen sie nicht aus.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Du weiß, was ich meine, Coon“, sagte er. Ich erstarrte, genau wie er. Wir blieben stehen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Die Kontrolle, die ich aufgebaut hatte, entglitt mir. „Ich war zwölf“, sagte ich. „Ich hatte schreckliche Angst, aber ich habe mich trotzdem zu dir durchgekämpft. Ich dachte, du wärst tot. Willst du mir das wirklich nach sechzehn Jahren noch nachtragen?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue sah zur Seite. „Was hast du im Büro entdeckt, Thynlee?“, fragte er.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich fuhr zu ihm herum. „Weißt du was? Es geht dich einen Scheißdreck an, was ich da drinnen gesehen habe, Blue. Mit Sunny würde ich darüber reden, aber nicht mit dir. Gottverdammte Scheiße, du bist ein richtiges Arschloch geworden, weißt du das? Es ist zum Kotzen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue starrte mich an, Mund offen, doch ich schob mich schon an ihm vorbei und das Treppenhaus hinunter. Meine Augen brannten, aber ich verbat mir jede weitere Träne. Ich war bereits halb an der Rezeption vorbei, als die Dame vom Empfang plötzlich nach mir rief.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Kelly Ronald?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ja?“ Mein genervter Ton ließ sie zurückweichen.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Eh, Mr. Hill hat gerade für Sie angerufen.“ Sie sah genauso verwirrt aus, wie ich mich fühlte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Der Sekretär rief mich an? Wozu das? Hatte er uns nicht eben erst aus dem Büro gescheucht?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Misstrauisch ging ich zu ihr hinüber und nahm den Hörer entgegen. Am anderen Ende des Raumen kam Blue die Treppen hinunter, einen sehr nachdenklichen Ausdruck im Gesicht. Als er mich sah, verhärtete sich sein Blick, doch ich beachtete ihn nicht weiter.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Mr. Hill?“, fragte ich ins Telefon.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ms. Ronald“, begrüßte er mich. „Es ist mir furchtbar peinlich, aber der Chief hat mich gebeten, Sie doch noch einmal zurückzurufen. Er möchte etwas mit Ihnen besprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur mit mir?“, fragte ich. Blue kam näher, hörte genau zu, obwohl er nur meinen Teil der Unterhaltung mitbekam.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Nur mit Ihnen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Warum?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Das hat er mir nicht gesagt. Vermutlich eine Art … Auftrag.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ein Auftrag? Ein freudloses Lächeln formte sich in meinem Gesicht. „Ein Kamin, den er untersucht haben möchte?“, fragte ich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Hill lachte. „Ja, genau das. Ein Kamin.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Jeder Instinkt in mir witterte eine Falle.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich muss jetzt leider zu einem dringenden Termin“, sagte ich ausweichend. „Aber Chief Keynes scheint ja zu wissen, wie er mich erreichen kann. Dann können wir in aller Ruhe über sein Problem mit dem Kamin sprechen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich leite Ihre Antwort weiter. Einen schönen Tag noch, Ms. Ronald. Wir werden uns mit Ihnen in Verbindung setzen.“ Ein Piepen informierte mich darüber, dass er aufgelegt hatte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue folgte mir mit einem Meter Abstand, als wir das Rathaus verließen und wieder in den Wagen stiegen. „Was wollte er?“, fragte er, als wir bereits einige Minuten unterwegs waren. „Oder ist das auch nur für Sunnys Ohren bestimmt?“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Seine Ohren sind mir egal“, sagte ich, während ich ununterbrochen aus dem Fenster starrte. „Sein Herz ist das, was mir wichtig ist.“[/JUSTIFY]

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[JUSTIFY]Zurück im Jack-Verleih gab ich Blue die Verkleidung zurück, die er mir geliehen hatte, öffnete den hochgesteckten Zopf, der mir schon die ganze Zeit über in den Hinterkopf gepikst hatte und entfernte die Kontaktlinsen und den Lippenstift.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Obwohl ich darauf bestand, dass es nicht nötig war, begleitete Blue mich noch zur Tür.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was geschieht jetzt?“, fragte er, als ich meinen Schal enger zurrte.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich erstatte Bericht“, sagte ich achselzuckend und kramte nach meinem Handy, um Rock Bescheid zu geben, dass ich mich nun auf den Rückweg machen würde. „Die Organisationsgründer kümmern sich um den Rest.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich meinte mit uns.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Bitterkeit knotete meinen Magen zusammen. „Nun, du hast recht klargemacht, dass du mich nicht mehr in deinem Leben haben willst, also würde ich sagen, wir gehen unserer Wege und sehen uns nie wieder.“ Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, da musste ich mich von ihm wegdrehen. Es tat weh. Es tat so weh, dass ich wünschte, ich hätte Sunny nie wiedergesehen. Statt Erleichterung darüber, dass er lebte, wünschte ich mir jetzt die Erinnerung an unsere gemeinsame Zeit zurück, unberührt von seinen Anschuldigungen, seinem unerbittlichen Blick, seinem freudlosen Lächeln.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Es … war nicht meine Absicht, dich nie wieder zu sehen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Ich drehte mich nicht um. „Du hast eine sehr interessante Art, das zu zeigen.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin nicht mehr derselbe wie damals, Thyn— Raccoon. Sunny ist damals gestorben. Das heißt nicht, dass wir uns nicht neu kennenlernen können.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Was ist dein Problem?“ Zornig fuhr ich herum. „Denkst du, ich habe nichts Besseres zu tun, als dir hinterher zu laufen und um deine Vergebung zu betteln? Du kennst jetzt meine Version der Geschichte, die du dir im Übrigen schon viel früher hättest anhören können. Entweder das reicht dir, oder es reicht dir nicht. Wenn du weißt, was du eigentlich von mir willst, dann ruf mich an, aber erspar mir den anderen Kram, okay? Dafür habe ich einfach keine Kraft mehr.“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Es fühlte sich an, als zerfiele ich bei meinen Worten, wie ein Ballon, dem plötzlich alle Luft entwich.[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Blue setzte zu seiner Antwort an, genau in dem Moment, da mein Handy klingelte, das ich bereits seit Beginn meiner Tirade fest umklammert hielt. Das Display zeigte den Namen ROCK an. „Entschuldige mich“, sagte ich und hob ab. „Rock, ich wollte dich gerade anrufen, ich mache mich jetzt auf den Weg —“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Coon!“ Ich erkannte Rocks Stimme kaum wieder, so in Panik war er. „Coon, Mary, sie ist, sie ist durchgedreht! Sie hat ein Messer und sie, Gott, sie droht, sich umzubringen, wenn du nicht auftauchst!“[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]Was? Was?[/JUSTIFY]

[JUSTIFY]„Ich bin schon unterwegs.“ Ich legte auf und sah zu Blue. „Das ist mir jetzt mega peinlich“, sagte ich und deutete mit dem Daumen zu seinem blauen Kombi, „aber kannst du mich nach Hause fahren? Wir haben ein Problem.“[/JUSTIFY]



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kerstin-san
2020-12-18T17:03:10+00:00 18.12.2020 18:03
Hallo,
 
ich bin total verwirrt, dass das jetzt wirklich Sunny ist oO Oh weia... Da kann man der 12-jährigen Coon nicht mal Vorwürfe machen, ich hätte auch gedacht, dass er tot ist. Ach Mensch, da wird sie sich aber noch ewig Vorwürfe machen. Prinzipiell könnte ich schon verstehen, dass der junge Sunny damals ganz schön enttäuscht gewesen wäre, dass Coon ihn "hängen gelassen" hat, aber so als Erwachsener Mann? Na ja, bin sehr gespannt, ob es bei dieser frostigen Stimmugn bleiben wird.
 
Ich bin ähnlich paranoid wie Coon gewesen, als die dann auf den Sekretär getroffen sind. Hat er sie wirklich erkannt oder spinnt Coon sich da nur was zusammen? Ist er vlt. der Daemon? Der ominöse Anruf nachher hat nicht geholfen, das irgendwie aufzudröseln.
 
Haha, als Coon Sunny, äh ich meine, Blue dann so anschanuzt, musste ich echt loskichern. Das ist so typisch Coon xD Und was ist nur mit Mary los, von einem Daemon besessen, der mit Coon sprechen will? Sooo viele Fragen.
 
Liebe Grüße
Kerstin


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