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Vater und Sohn

von

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Echo

In den Weiten des Alls, hört niemand deinen Schrei.

 

Der Weltraum war still. Als das feindliche Schiff zerstört wurde, war nicht einmal die Explosion, der abgefeuerter Laserschuss oder das Rauschen eines vorbeiziehenden Trümmerteils zu vernehmen. Nur ein gespenstisch stilles Feuerwerk im endlosen Nichts.

An Bord der Devastator verstummte das schrille Warnsignal der Sirenen, der Lichtpegel hob sich auf ein normales Niveau und eine allgemeine Ruhe legte sich über das Schiff, als die TIE Fighter in den Hangar zurückkehrten. Vor dem großen Aussichtsfenster ging der fremde Kreuzer in einem Meer aus Flammen auf und mit ihm hallte ein sterbender Aufschrei durch die Macht, als tausende Lebewesen in ihrer Präsenz gänzlich erloschen. Dann gab es wieder nur Stille.

 

Die hoch aufragende Gestalt von Darth Vader wandte sich ohne jegliche Anerkennung von dem Schauspiel ab und überquerte den Steg der Brücke, um auf halben Weg neben Admiral Jhared Montferrat stehen zu bleiben. Der schlanke Mann hatte die Zerstörung des Schiffes mit einem ebenso unergründlichen Blick verfolgt und drehte sich nun mit einer leichten Kopfsenkung zu dem Sith Lord, als er seine gesamte Aufmerksamkeit wieder auf seinen Befehlshaber verlagerte.

 

„Bericht, Admiral.“ Vaders dunkler Bariton schien in dem Raum zu dröhnen, es gab ein angespanntes und ängstliches Zucken von den umstehenden Offizieren und der Admiral spannte sich augenblicklich an.

„Mylord, der Kreuzer wurde ausnahmslos zerstört. Es wurde ein Abwurf von zwanzig Rettungskapseln verzeichnet, unsere TIE Fighter konnten dreizehn von ihnen sofort abfangen und vernichten. Der Rest steuert momentan auf die Planetenoberfläche zu, geschätzter Aufschlag der Kapseln wird in zehn Minuten erwartet. General Tion bittet um die Freigabe einer Bodenmission, um auch die restlichen Flüchtigen in Gewahrsam zu nehmen.“

 „Freigabe erteilt, Admiral. Lassen Sie einen kleinen Teil der Rebellen festnehmen, ansonsten keine Überlebenden. Enttäuschen Sie mich nicht.“ Mit nichts weiter wandte sich der dunkle Lord von dem Mann ab und verließ in seinen gewohnt langen Schritten und mit knallenden Absätzen die Brücke, während sein dunkler Mantel hinter ihm aufflammte. Jhared Montferrat blickte Vader nach und sein einzig noch vorhandenes Auge verfolgte die schwarze Gestalt, bis sich die schweren Durastahltüren wieder schlossen. Er atmete unhörbar aus und sein Blick begegnete den ernsten Augen von Captain Sheaf Corssion, der neben ihn trat und seinen Lippen zu einer harten Linie verzog.

 

Beide Männer waren lange genug im Dienste des Imperiums gewesen, um unter einer Vielzahl von Befehlshaber und Kommandanten zu arbeiten, aber keiner der beiden war jemals jemanden begegnet, der auch nur ansatzweise an Lord Vader herankam. Die Methoden des Sith waren…brutal und unverzeihlich gegenüber jeglichen Fehlern, aber gleichzeitig erzielte die Mannschaft durch seine unkonventionelle und direkte Art und Weise die größten Fortschritte seit Jahren. Ein Teufelskreis.

 

„Geben Sie den Befehl für die Verfolgung, Captain.“ Sagte Montferrat schließlich nach einiger Zeit des Schweigens und drehte seinen Kopf halb zum Sichtfenster, um die letzten Trümmerteile des feindlichen Schiffes an ihnen vorbei ziehen zu sehen, als sich die Devastator auf dem Weg zum Planeten machte. „Und benachrichtigen Sie General Tion darüber, dass wir eine selektierte Gruppe an Gefangengen nehmen werden.“

„Natürlich Admiral.“ Pflichtbewusst salutierte Corssion und machte sich sofort an die Arbeit und ließ Montferrat allein an seinem Platz auf der Brücke zurück. Der Mann starrte noch einige Momente lang ungerührt auf die grau-grüne Oberfläche von Barkhesh, bevor er sich selbst wieder seinen Pflichten zuwandte. Niemand konnte einschätzen, was Lord Vaders längerfristige Anwesenheit auf der Devastator bedeuten würde und wenn er ehrlich war, wollte er dies vielleicht auch gar nicht herausfinden. Es reichte ihm, dass er bereits sechs Offiziere verloren hatte.

 

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Tief in seiner Meditation versunken, hätte Darth Vader die ersten Anzeichen der Störung fast für ein Traum gehalten - Für eine kraftinduzierte Vision einer Realität, die gar nicht real sein konnte, weil sein eigenes lang verlorenes Gewissen ihn nur erneut für das schuldig machen wollte, was er verloren hatte. Was er mit eigenen Händen zerstört hatte.  

 

Schlag.

 

Schlag.

 

Schlag.

 

Es war ein wiederkehrender Rhythmus. Ähnlich einem Herzschlag, ähnlich dem regelmäßigen Atemmuster seiner Maske und doch waren die Schläge stakkato. Ohne zeitliche Zählung. Ohne wirklichen Sinn. Mal lauter, mal leiser. Fast so, als wären sie überhaupt nicht da und er hörte nur Echos, die über eine weite Entfernung zu ihm getragen wurden.

 

Es war wie….

…ein Echo in der Macht.

 

Und Vaders blaue Augen öffneten sich abrupt. Der schmerzhafte Biss der Erkenntnis, war hart genug gewesen, um ihn aus seinem tranceähnlichen Zustand herauszuholen. Seine Pupillen verzogen sich gegen das weiße Licht der Meditationskammer und brannten für ein paar Momente vor heißem Schmerz, ehe sie hinter rot getönten Linsen verschwanden und die schwarze Maske wieder an ihren Platz rutschte. Kaltes Zischen erfüllte die Kugel und minutenlang durchliefen die Maschinen ihren Zyklus, ohne dass sich die dunkle Gestalt bewegte, dann endlich hob der Sith die Hand und die beiden Hälften der Kapsel trennten sich langsam.

 

Was er fand, war nicht gerade das, was er erwartet hatte.

 

Dort, direkt neben der unteren Hälfte seiner Kammer, saß eine kleine Gestalt, die müßig mit den Beinen gegen den Durastahl schlug und scheinbar vollkommen verloren wirkte. Ein Kind. Die Macht um ihn herum flirrte und zuckte, flüsterte in leisen, dringlichen Tönen und war stark mit den Gefühlen seiner Angst und Langeweile versetzt. Seiner Verwirrung. Seinem Schmerz – Emotionen, die die undeutliche und hellblaue Form des Jungen offenbar vollkommen unbewusst zu projizieren schien und die der Sith durch seine eigene Sensibilität in der Macht nur allzu deutlich aufnahm.

 

Vader verschränkte die Arme vor der Brust. Wie war ein untrainiertes, machtsensitives Kind in der Lage gewesen, in seine privaten Gemächer einzudringen? Wie konnte der Junge überhaupt wissen, dass er hier war, dass die Devastator um Barkhesh kreiste? Gab es ein Spion an Bord des Schiffes oder…. hatte das Auftauchen des Kindes eine tiefere Bedeutung? Die Wege der Macht waren bisher immer unergründliche gewesen und der Junge hatte so viel Ähnlichkeit mit– Nein! Der dunkle Lord kniff die Augen zusammen und das Leder seiner Handschuhe knirschten, als er die Finger zu einer Faust ballte.

Er würde nicht daran denken. Anakin Skywalker war tot. Padme und ihr Kind waren tot. Es sollte ihm egal sein. Er sollte den Rest des Jedi-Abschaums ausfindig machen und ihn für immer von der Galaxy befreien Er sollte das Kind finden, seinen echten Körper finden und dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passieren würde. Lösche alles aus, was eine Verbindung zu seinem alten Leben herstellen könnte. Vernichte es!

 

Und doch … etwas hinderte ihn daran. Ein vager Stich, ein ungenaues Gefühl der Dringlichkeit. Irgendetwas sagte ihm, dass der Junge keinerlei Ahnung davon hatte, was er getan hatte und wie er hierhergekommen war. Vielleicht könnte er darüber hinwegsehen und entgegen all seiner Prinzipien Gnade zeigen. Dieses eine Kind verschonen – wenigstens dieses eine Mal. Für Sie und für unser Kind. Also wandte der Sith einfach seinen Kopf von der kleinen Gestalt ab und versuchte trotz der deutlichen Präsenz in seiner Nähe, erneut in die Tiefen seiner Meditation zurückzukehren. Nur für Padme.

 

„Was machst du da?“

Der schüchterne, aber zugleich singende Tonfall schockierte Vader mehr, als es ihm lieb gewesen wäre und ließ ihn seine Aufmerksamkeit doch wieder auf das Kind richten. Sicher wusste der Junge, wo genau er gerade war und mit wem er sprach. Jeder im Imperium kannte ihn, kannte die schwarze Maske und seinen Anzug. Jeder fürchtete und respektierte ihn und die, die es nicht taten, waren nicht lange genug am Leben, um darüber zu erzählen. Es war nahezu unmöglich ihn nicht zu kennen.

Doch anscheinend musste dieses Kind entweder nicht bemerkt haben, was all seine Sinne für die Macht ihn entgegenschrien oder aber… er wusste es tatsächlich nicht. Eine seltsame, ja fast amüsante Vorstellung.

„Was machst du dahaa?“

Die Frage von früher wurde mit mehr Nachdruck wiederholt. Dieses Mal schwang deutlich mehr Neugierde und Aufmerksamkeit in ihr, aber noch immer gab es einen schleichend störenden Unterton. Der Blick des Sith-Lords wanderte zurück zu der bewegenden Masse reiner Emotionen, die sich in Form des blonden Jungen wiederspiegelten. Der graue Schleier der Angst war noch da, unverkennbar inmitten all des glänzenden Lichtes, aber scheinbar war die Entschlossenheit des Kindes groß genug, um darüber hinweg zu sehen. Waren Kinder immer so?

 

„Ich mache nichts, was dich interessieren könnte“, antwortet er nach einer halben Ewigkeit und musste seine aufsteigende Wut unterdrücken, als seine Worte durch den Vocoder viel kälter und mechanischer herauskamen, als er es gewollt hätte. Sechs Jahre und noch immer bin ich nicht daran gewöhnt.

„Die Frage ist eher, was du auf meinem Schiff tust.“ Die großen Augen des Jungen musterten ihn unter den wilden Haarschopf hindurch und das Stirnrunzeln auf dem jungen Gesicht, trug wenig dazu bei, um ihm einen ernsteren Ausdruck zu verleihen. Tatsächlich sah es für Vader eher so aus, als würde er schmollen.

 

„Es war nicht meine Schuld… Mein Onkel ist wirklich sauer auf mich geworden und hat mich ins Bett geschickt. Ohne etwas zu essen! Und dann hat er mit meiner Tante gesprochen und – ich habe nicht wirklich gelauscht oder irgendetwas. Sie waren nur sooo unglaublich laut! – und dann hat mein Onkel gesagt, dass ich viel zu sehr nach meinem Vater komme und ich weiß nicht was daran falsch sein soll!“

Das Letzte wurde mit einer solchen Sicherheit gesagt, wie es für ein Kind seines Alters fast unmöglich schien. Wie alt war das Kind überhaupt? Es sah nicht älter aus als fünf… vielleicht sechs. Vader schnaubte. Das Kind schmollte wirklich und vergötterte zudem den anscheinend abwesenden Vater. Pathetisch. Der Sith wusste nur zu gut, dass es niemand in dieser Galaxy wert war, vergöttert zu werden oder auch nur zu ihm aufzuschauen. Selbst so ein strahlend unschuldiger und reiner Junge würde irgendwann rücksichtslos und kalt werden. Es war einfach der Weg des Lebens.

 

„Also ging ich in mein Zimmer und stieg in mein Bett. Und weil ich wirklich nicht wusste, was ich machen sollte, habe ich die Wüste einfach ganz fest um Hilfe gebeten – weil meine Tante immer sagte, dass sie Wünsche erfüllen kann! Und dann war ich hier.“

Der Junge drehte seinen Kopf und blickte in dem Raum umher, bevor seine Augen wieder auf Vader zum stehen kamen. Der dunkle Lord erwiderte den Blick, wissend dass das Kind ihn hinter seiner Maske nicht sehen konnte und dennoch hatte er das Gefühl, als würde der Junge direkt durch seine getönten Linsen blicken können. Es überraschte und erschreckte ihn zugleich. Und obwohl seine Herzfrequenz dank der Maschinen gleich blieb, wirbelten seine Emotionen auf. Diese Augen… sie erinnern mich so an… Anakin.

„Aber ich bin wirklich überrascht.“ Der Junge sprach einfach ungehalten weiter, als würde er die Stimmungsschwankungen des Sith nicht bemerken. „Diese Räume sind wirklich groß und grau. Ich hätte nie gedacht, dass ein Gewürzfrachter so große Räume besitzen würde!“

Ein… WAS!? Dieses machtempfindliche Kind hatte die Kühnheit zu behaupten, Darth Vader würde auf einem Gewürzfrachter arbeiten? Welcher Idiot kam auf die dumme Idee, dem Jungen einen solchen Unsinn beizubringen? Die gleichen Schläge der Macht gegen festes Material begannen wieder und der Junge strahlte vollkommene Zufriedenheit aus, als er erneut mit seinen Füßen gegen den Boden schlug. In seiner Welt war jetzt offenbar alles in Ordnung. Die Angst war fast verschwunden. Und Vader entschied, dass er ihn doch nicht ignorieren konnte. Also stellte er die einzige relevante Frage, die diese Situation klären könnte.

„Sag mir deinen Namen, Junge.“ – Naja, vielleicht war es mehr ein Befehl als eine Frage. Nicht dass es ihn wirklich kümmern sollte, denn das Kind schien es nicht wirklich zu bemerken.

 

„Onkel Owen sagt immer, ich solle meinen nicht Namen sagen… aber ich denke, bei dir das was anderes. Das ist es doch, oder?“ Der Junge legte den Kopf schief, seine Konzentration schien zu schwanken und seine hellblaue Präsenz – woher weiß ich das überhaupt durch die Maske?  – flammte für einen Moment dunkel auf, bevor er fortfuhr. „Meine Tante ruft nach mir. Ich glaube, es ist Zeit für mich zum Aufstehen. Ich hoffe wir sehen und wieder! Oh und ich bin Luke, vergiss das nicht!“

Damit wurde die kleine Gestalt plötzlich immer schwächer, bis sie zu Nichts verblasste und verschwand und selbst in der Macht nicht mehr spürbar war. Zurück blieb Vader, der auf viele Ebene irritiert, verärgert und nachdenklich war. Er hatte noch nicht einmal den Nachnamen des Jungen bekommen können.

 

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Das Kind war knapp vier Tage später wieder zurück und dieses Mal erkannte der Sith die Anzeichen früh genug, um sich auf das Treffen vorzubereiten. Während sich die Macht mit der Ankunft des Jungen verschob, öffnete er seine Meditationskammer und bereitete sich mental auf einen erneuten Austausch zwischen sich und dem Kind vor. Er hatte in seinen freien Stunden intensiv über diese seltsame Begegnung nachgedacht, ohne eine wirkliche Antwort auf seine Fragen zu finden und schlussendlich entschieden, dass er den Jungen einfach weiter reden lassen würde. Es war der einfachste Weg, um an Informationen zu kommen. 

Und dann stand Luke wieder vor ihm.

Die kleine Gestalt glühte regelrecht in seiner Präsenz, obwohl es so schien, als würde das Blau seiner Machtform in irgendeiner Art gedämpfter wirken. Weit weniger strahlend.

„Ich bin zurück! Als ich aufgewacht war, dachte ich, dass wäre alles nur ein Traum gewesen. Aber jetzt bin ich tatsächlich wieder hier!“ Vader wusste nicht, warum sich irgendjemand darüber freuen würde, dorthin zurückzukehren wo er war, aber er beschloss nicht weiter darauf einzugehen.

„Ich habe mir wirklich Sorgen darüber gemacht, ob ich dich vielleicht verärgert habe und du mich nicht hier haben wolltest. Und dann bin ich die ganze Zeit über wirklich müde gewesen und ich konnte mich nicht genug konzentrieren, um dich zu finden. Erst dachte ich, dass du einfach zu weit weg wärst, aber ich glaube, ich hatte einfach nicht genug Kraft dafür. Aber heute hat mit Tante Beru vor dem Einschlafen eine heiße Milch gemacht und –“

 

„Junge.“ Vader unterbrach den nicht enden wollende Redeschwall und versuchte, seine Stimme so neutral wie möglich zu halten. Er hatte weit wichtigere Sachen im Kopf, als sich die Schlafgewohnheiten eines Kindes anzuhören. Er musste wissen, wer dieser Junge war und vor allem, woher er kam. Er konnte ihn nicht in der Galaxy lassen.

„Mein Name ist Luke! Warum fragst du nach meinen Namen, wenn du ihn nicht benutzen willst? Magst du mich nicht?“

Vader starrte ihn an, aber offenbar hatte der kleine, kraftempfindliche Junge kein Gefühl der Selbsterhaltung, denn alles was er dafür bekam, war ein kindlich ernster Gesichtsausdruck und Hände, die in die Hüften gestemmt wurden. Er sieht dadurch aus wie Sie… Der Sith schob diesen Gedanken sofort in den entferntesten Teil seines Kopfes und seine Macht flammte zornig auf, bevor er sie kontrollieren konnte. Luke trat abrupt einen Schritt zurück, die Arme fielen zu beiden Seiten und seine aufsteigende Angst war wie ein scharfer Stich in Vaders eigenen Gefühlen.

 

Ich bin ein Mensch. Und mein Name ist Anakin.

 

Nein! Das war nicht mehr sein Name und würde es nie mehr sein. Nicht, wenn Darth Vader etwas damit zu tun hätte. Was er tat. Viel. Er musste aufhören daran zu denken. Diese Zeit war vorbei. Tot. Ausgelöscht. Es gab nichts mehr, was ihn noch mit diesem schwachen Jedi verbinden würde. Dafür hatte er selbst gesorgt.

„Luke also“, räumte er schließlich ein und seufzte still. Er würde diesen Punkt akzeptieren müssen. Schließlich hatte er es nie gemocht, wenn Leuten dachten, er sei es nicht wert einen Namen zu haben und dieser Junge schien einen ebenso großen Wert darauf zu legen. „Hast du einen zweiten Namen?“

 

Luke kicherte und das glockenhelle Geräusch war so unnatürlich und ungewohnt in den Ohren des Sith, dass er für einen Moment tatsächlich den Atem anhielt. Wie lange hatte er niemanden mehr lachen gehört?

„Natürlich.“

„Und der wäre?“

 

„Luke Skywalker.“

 

Einige Minuten lang war nur das das Zischen der Maske zu hören. Vaders Herz setzte einen Schlag aus, die Lichter auf seiner Brustplatter flackerten gefährlich und es gab einen alarmierenden Signalton, der aus dem Lebenserhaltungssystem nach außen drang. Der Junge hatte gesagt… dieses Kind hatte… das… kann nicht sein… ich habe sie getötet. Padme und das Kind. Sie sind tot. Ich habe ihre Beerdigung gesehen, sie war noch immer schwanger. Sidious sagte mir, dass ich sie getötet habe! Es konnte nicht wahr sein.

„Lügen werden hart bestraft.“ Die Worte kamen hart und rau aus seinem Vocoder und der dunkle Ton hätte Männer unter ihm kauern lassen. Doch nicht der Junge. Lukes Präsenz flackerte nur kurz, das gedämpfte Licht verstärkte sich und dann verschränkte die Arme vor der Brust.

 

„Ich lüge nicht!“, beharrte er fest. „Ich bin Luke Skywalker. Meine Eltern haben mir diesen Namen geben.“

Vader kniff die Augen zusammen. Es war nicht wahr. Der Junge konnte nicht die Wahrheit sagen. Er musste von jemanden gesendet worden sein, der die Säuberung überlebt hatte und ihn nun für einen perfiden Plan ihm gegenüber gebrauchen würde. Darth Vader würde nicht darauf hereinfallen.

 

„Warum bist du hier Junge? Was ist dein Plan?“ Knurrte er gefährlich und dieses Mal hielt er die dunkle Seite nicht auf, als sie sich aus ihrem Gefängnis befreite und den Raum flutete. Kälte kroch über die Wände hinweg, schwarze Flammen verschluckten jedes Licht und die Beleuchtung flackerte und knisterte unter seiner Kraft. Die Temperatur in dem Raum fiel so plötzlich, dass ein Schauer durch die kleine Gestalt ging und das Metall der Wände begann sich tatsächlich unter der harten Belastung zu biegen.

 

„I-Ich..ich …“ Luke stotterte, seine Präsenz verblasste immer weiter und er wich von der dunklen  Gestalt zurück. „Ich habe nur… ich wollte doch nur meinen Vater finden! Bitte…Ich habe nur die Wüste darum gebeten, dass sie mich zu meinem Vater bringen würde und dann war ich hier. Ich…h-habe nichts getan! Ich wollte nur meinen Vater!“ Tränen traten in die ausdrucksstarken Augen und schließlich war das Licht nur noch so schwach, dass die Form des Jungen fast nicht mehr zu sehen war. Dafür war sein Schmerz nur allzu deutlich fühlbar. Und Vader sah alles auf einmal ganz klar.

 

„Ich wollte nur meinen Vater!“

Der Junge war sein Kind. Sein Sohn lebte.

 

Padmes Kind hatte überlebt und stand nun hier, direkt vor ihm. Direkt in seiner Reichweite. Das kleine Leben, was er einst im Mutterleib gespürt hatte, war nun ein leuchtender Stern in der Macht, eine Supernova aus Wärme und Geborgenheit. Sein Sohn, sein strahlender Engel war zu ihm gekommen, weil er ihn gesucht hatte. Weil das Kind seinen Vater so sehr brauchte, wie er sein Kind brauchte. Vader wurde gesucht und gewollt. Nicht wegen seiner Stärker in der Macht, nicht wegen seiner Kampfkraft, seinem Status als Sith-Lord oder seiner Pflicht gegenüber seinem Meister. Er wurde aus Liebe gesucht und diese Liebe strahlte so hell, dass es ihn fast blind machte. Seine Liebe entsandte ein Echo der Macht und ich habe ihn in der Stille des Weltraumes gehört. Nach all den Jahren verspürte der Sith so etwas wie Hoffnung.

 

„Luke.“ Der Name floss so sanft und gefühlvoll über seine Lippen, dass Vader sich hätte wundern sollen, ob etwas mit seinem Vocoder nicht stimmte. Doch er bemerkte es nicht. „Luke. Kind, hör auf. Habe keine Angst vor mir. Komm her, komm zurück. Bitte.“ Es war Jahre her gewesen, dass er irgendjemanden um etwas Bitten musste und doch war er hier und flehte regelrecht um seinen Sohn – doch es war das einzig Richtige.

Der Junge hielt inne, Tränen befleckten seine kleinen Wangen und er starrte den dunklen Lord ängstlich und vorsichtig an. Seine Unsicherheit war deutlich zu spüren, seine Form noch immer schwankend und Vader wusste, wenn er jetzt nicht handeln würde, würde er seinen Sohn vielleicht für immer verlieren.

 

Also erhob er sich, trat aus seiner Mediationskapsel und tat das, was er sich geschworen hatte, niemals wieder freiwillig zu tun – Er kniete vor seinem Sohn nieder. Darth Vader, dunkler Lord der Sith und Kommandant der imperialen Flotte, kniete vor einem kleinen, sechsjährigen Jungen nieder und streckte ihm die Hand entgegen. Und auch wenn seine künstlichen Gliedmaßen gegen diese Bewegung protestierten, auch wenn die Geräte und Schläuche – die in und aus seinem Körper führten – schmerzhaft an seiner Haut rissen und neue Wunden bildeten, er würde nicht aufstehen. Er würde warten. Warten auf seinen Sohn.

 

Schließlich, nach quälenden Minuten der Stille, machte Luke einen kleinen Schritt nach vorn. Dann noch einen und einen weiteren und endlich überbrückte er den letzten Meter zwischen ihnen und legte seine kleinen Finger in den schwarzen Handschuh seines Vaters. Mit einer Sanftheit, die man dem Sith nicht zugetraut hätte, umfasste er die so viel kleinere Hand und hatte das Gefühl, nach einer endlosen Ewigkeit, wieder richtig Atmen zu können.

„Ich wollte dich nicht erschrecken Luke. Ich… war nur überrascht. Man sagte mir… man sagte du seist gestorben. Ich wusste nichts von dir.“ Vader hielt noch immer seine Position und versuchte Sicherheit und Schutz zu vermitteln, während er seinem Sohn die Zeit gab, um sich beruhigen. Ein paar Mal noch schniefte der Junge leise, dann wischte er sich über die Augen und der Ansatz eines strahlenden Lächelns zuckte über sein Gesicht und mit ihm, kehrte auch seine strahlende Präsenz zurück.

 

„Oh…ehm… dann ist es okay, denke ich. Ich verzeihe dir. Und ich war auch überrascht, von dir zu erfahren. Aber jetzt… jetzt ist alles gut, oder? Wir bleiben jetzt zusammen, nicht wahr?“ Diese kindliche Naivität. So unschuldig und jung.

„Das werden wir Luke. Ich werde dafür sorgen.“             

„Du bist wirklich mein Vater, oder? Und du bist irgendwo dort draußen?“  Seine Augen strahlten voller Hoffnung zu ihm auf und der dunkle Lord verspürte einen harten Stich in seiner Brust. Trauer und Freude. Erleichterung. Liebe.

„Das bin ich, mein Sohn. Und von jetzt an, werden wir nicht mehr getrennt sein.“
 

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An diesem Tage erfuhr Vader fast alles, was er bisher im Leben des Jungen verpasst hatte.

Luke Skywalker war ein einfaches Kind, mit einfachen Wünschen und Bedürfnissen, genau wie jeder andere Sechsjährige. Er hatte seinen Onkel Owen und seine Tante Beru – seinen Stiefbruder und dessen Ehefrau, wie er sich erinnerte – und es gab offenbar einen seltsamen alten Mann namens Ben Kenobi, den er aber nicht oft gesehen hatte. Scheinbar mochte Owen ihn nicht und verbot den Kontakt zwischen den beiden. Er hatte seine Freunde in der Schule, obwohl er Biggs von ihnen am meisten mochte, weil er zu den Wenigen gehörte, die ebenfalls wie er alles fahren und fliegen wollte, was sich bewegte.

Er hatte ein Zuhause, auch wenn es nicht sehr groß und nur eine Feuchtigkeitsfarm war. Es war sein Zuhause und das war alles, was bisher für ihn gezählt hatte. Es war ein Ort, an dem er sich am sichersten fühlte und es war der Ort, an dem sein Onkel und seine Tante waren. Luke reparierte auch gern Dinge, auch wenn Owen ihn manchmal seltsam ansah und er es nicht verstand. Schließlich war es nicht so, als würde er genau wissen, was er gerade tat – er machte es einfach und es funktionierte. Und das war immerhin das Wichtigste.
 

Irgendwann in seiner Erzählung kam Luke auf seinen Vater zurück und Vader musste ein Knurren unterdrücken, als er erfuhr, dass man ihm tatsächlich erzählt hatte, er sei ein unbedeutender Pilot auf einem einfachen Gewürzfrachter. Kein Rang, kein Titel. Luke hatte nie gewusst, dass er ein Jedi war und im Nachhinein betrachtet, war er dafür auch irgendwie dankbar. Sollte jemand davon erfahren… würden sicher Fragen gestellt werden. Fragen, die er nicht beantworten wollte. Am Ende hatte Luke ihm sogar genug Geschichten erzählt, dass er, ohne zu merken, seinen Standort an Darth Vader weitergegeben hatte. Natürlich. Tatooine.

 

Vader wusste, dass er Palpatine nichts von Luke erzählen konnte. Sein Meister würde ihm den Jungen ohne zu zögern aus den Händen reißen und ihn für seine eigenen Machenschaften benutzten. Ihn verdrehen, tief in die dunkle Seite treiben und sein funkelndes Licht für immer auslöschen. Sein Meister, der ihm gesagt hatte, dass sowohl Padme als auch das Kind tot waren. Der Zorn des Sith auf Sidious wuchs, wie es auch die Angst um seinen Sohn tat. Er verspürte Wut auf Kenobi, der ihn einfach sterbend zurückgelassen hatte, weil er den letzten Schlag nicht tun konnte. Hass auf sich selbst. Wäre Anakin Skywalker damals nur stärker gewesen, wäre er nicht gefallen.

Vielleicht wäre das auch alles nicht passiert, wenn er Palpatine überhaupt nicht geglaubt hätte. Aber so mächtig er jetzt auch war, er konnte die Vergangenheit nicht mehr ändern. Nur die Zukunft. Und er würde sich rächen. Irgendwann. Für den Moment musste er Lukes Sicherheit gewährend und erst wenn sein Meister tot zu seinen Füßen lag, würde er Luke für immer an Seite holen. Bis dahin sollte sein Sohn seine Kindheit genießen können und er würde einfach nur das sein, was er immer wollte: ein Vater.

 

Es überraschte Vader, wie schnell er seine eigenen Prioritäten für Luke veränderte hatte, aber dann war Junge schließlich sein Sohn. Der letzte Teil, der von ihm übrigblieb. Sein kluger, fürsorglicher, ignoranter und liebevoller Sohn – der Sohn, der nicht wirklich wusste, wer er war und dennoch nicht aufhörte, ihn bedingungslos zu lieben. Und als Luke an diesem Tage wieder verschwand, saß der Sith noch lange Zeit vollkommen still und atmete in bewusst langsamen Zügen.

Ein. Aus.

Er genoss das Gefühl, die Gelegenheit für diese normale Bewegung, an die die meisten nicht einmal denken mussten. Genießen sie die Erfahrung und danken sie der Macht, dass er das überhaupt noch tun konnte, abgesehen von der Notwendigkeit seiner Überdruckkammer. Er war noch immer am Leben und es gab jemanden, der ihn wirklich brauchte.

Lebendig. Das Wort klang so seltsam fremd, denn über die Jahre war Vader manchmal selbst nicht mehr so sicher, ob er diesem Begriff nachkommen würde. War er nicht schon längst mehr Maschine als Mensch? Nur ein funktionierendes Ding? Eine Waffe? Aber nun zu wissen, dass er lebendig war, um seinen Sohn vielleicht irgendwann mit eigenen Augen sehen zu können, lebendig, um seine Stimme zu hören und lebendig, um sicherzustellen, dass sie eines Tages zusammen sein könnten, ließ ein Gefühl in ihm erblühen, was er fast vergessen hatte.

Liebe. Darth Vader liebte seinen Sohn. Mit allem was er hatte.  

 

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Die Wochen vergingen und die Treffen zwischen Vater und Sohn hatten sich in einen fast angenehmen Rhythmus eingependelt und mittlerweile konnte Vader sogar zugeben, dass er eine wohltuende Vorfreude bei der Ankunft seines Kindes verspürte. Natürlich lief in der Zeit nicht immer alles glatt. Vor allem, nachdem Luke eines Nachts nur ein zappelndes Bündel aus Nervosität und Stress war und seine Machtpräsenz ihre stabile Form nicht wirklich aufrecht halten konnte. Es hatte nicht lange gedauert, bis Vader herausgefunden hatte, dass der Junge an Schlafentzug und der Erschöpfung seiner Macht litt und als Luke schließlich mit hängenden Augen und schlaffen Gliedmaßen vor ihm saß, hatte er seine eigene Macht benutzt, um sein Sohn wieder nach Hause zu schicken. Luke war davon natürlich nicht begeistert gewesen, aber der Sith ließ in diesem Punkt nicht mit sich streiten und irgendwann gab der Junge nach. 

 

Ein anderes Mal war sein Sohn früher als erwartet auf dem Schiff aufgetaucht und Vader befand sich zu diesem Zeitpunkt noch inmitten einer Besprechung, als er die Machtverschiebung spürte. Da er nicht sofort gehen konnte, hoffte er darauf, dass Luke für ein paar Minuten auf ihn warten könne, ohne ein Chaos anzustellen – aber der Junge war ein Skywalker. Und die zogen die Probleme bekanntlich an. So war der Sith gerade früh genug erschienen, um seinen Sohn dabei beobachten zu können, wie er kichernd durch die Haupttüren seiner Kammern trat und vollkommen bereit dazu aussah, die Devastator zu erkunden.

Vader reagierte prompt und zog seinen Sohn mit der Macht zurück. Obwohl niemand auf dem Schiff das Kind sehen konnte, würde er es nicht riskieren, ihn allein herumlaufen zu lassen. Nicht wenn Luke immer noch davon ausging, dies sei ein Gewürzfrachter. Luke schmollte und grinste zugleich zu seinem Vater auf, bevor er die Arme nach oben streckte, in der stillen Hoffnung aufgenommen zu werden. Und dies war eine Sache, der Vader gern nachkam.

 

Das erste Mal, als das Kind eine solche Aufforderung gestellt hatte, hatte er diese sofort abgelehnt. Er war ein Sith, verdammt. Er trug niemanden! Aber dann hatte Luke so erbärmlich und kläglich ausgesehen, dass er diesen Gedanken schnell verworfen und den Jungen etwas unbeholfen aufgehoben hatte – was ihn in Anbetracht der durchscheinenden Form des Kindes immer noch überraschte. Er sollte das normalerweise nicht können. Was auch immer die Macht getan hatte, er würde ihr dafür auf ewig Dankbar sein.

Seinen Sohn in den Armen zu halten, war eine der überwältigsten Erfahrungen, die er je gemacht hatte. Luke war… so klein. So zerbrechlich. So zart. Ein kleiner, leuchtender Stern in seinen schwarzen Armen und es würde wenig benötigten, um dieses funkelnde Leben zu zerstören. Was nicht passieren wird. Ich werde Luke vor allen Gefahren beschützten. Mein Sohn wird leben. Selbst durch seine Prothesen konnte er die vermeidlich weiche Haut des Kindes spüren und er ließ es sich nicht nehmen, mit den Fingern durch die blonden Haare zu streifen, was Luke mit einem vollen Lächeln zuließ. Die Empfindungen so echt, als wäre er wirklich da. Über ihre neu entstanden Bindung teilte Vader so viel Zufriedenheit und Liebe mit seinem Kind, dass die Macht um sie herum in einem warmen Licht erstrahlten und sich ein tieferer Frieden über das Schiff ausbreitete, wie er es in all den Jahren nicht mehr erlebt hatte. In diesem Moment war die Galaxy in Ordnung.

 

Und dann kam dieser eine Tag.

 

Luke war zu ihrem letzten Treffen nicht erschienen und der Sith hatte sich versucht zu überzeugen, dass der Junge bestimmt nur von etwas abgelenkt wurde. Er sollte nicht in Zweifel ausbrechen. Aber dann verspürte er an diesem Morgen eine tiefe Unruhe, ein beklemmendes Gefühl und die Macht um ihn herum war angespannt und seltsam flüchtig. Etwas lag in der Luft. Etwas stimmte nicht. Doch er konnte nicht sagen, was es war und er hatte auch keine Möglichkeit, seinen Sohn zu erreichen. Dies konnte nur Luke tun – also musste er warten.

Die Stunden vergingen schleppend zäh, Vader wurde angespannter und seine schlechte Laune schlug sich auf die umstehenden Offiziere aus. Bereits vor dem Mittag war eine unglückliche Seele gestorben. Der Sith wusste, dass er sein Temperament unter Kontrolle halten musste und zog sich früh von der Brücke zurück, um Admiral Montferrat den Befehl zu geben, dass er nicht gestört werden dürfe. Von niemanden. Dann saß er in seiner offenen Meditationskammer und verband sich mit der Macht, auf der Suche nach seinem Sohn.

 

Die Zeit verging ohne ein Zeichen. Ohne eine Spur. Es war, als wäre Luke nie dagewesen. Waren die Begegnungen mit seinem Sohn vielleicht… nur ein Traum? Eine Illusion? Ein Trugbild seines Unterbewusstseins? Hatte er sich so sehr in seinen eigenen Gedanken verlaufen, dass er sein totgeglaubtes Kind in die Macht projiziert hatte, um ihm nahe zu sein? Um die Schuld zu lindern? Aber es war so echt. Luke war so echt! Sein Lachen, die blauen Augen, seine neugierigen Fragen und sein Gewicht in Vaders Armen. Er ist real! Luke ist mein Sohn und er lebt! Er kann nicht….

Die Gedanken des Sith drohten sich zu überschlagen, seine Hände krampfte sich um die Armlehnen seines Stuhles und das Metall unter seinen Fingern begann sich zu verbiegen. Die Maschine in seiner Brust drückte die Luft unaufhaltsam in seine Lungen und doch fühlte es sich so an, als würden er nicht genügend Sauerstoff erhalten. Beißender Schmerz flutete durch seine Adern, die verbrannte und vernarbte Haut in seinem Gesicht verzerrte sich vor Wut und Trauer und die einst so blauen Augen färbten sich kränklich gelb und rot.

 

Und die erste Träne seit sechs Jahren rollte über sein Gesicht.

 

Vader schnappte tatsächlich nach Luft, unterdrückte ein erstickendes Schluchzen und biss die Zähne fest aufeinander. Nein! NEIN! Luke…. Mein Sohn… komm zu mir zurück! Das Gefühl des Verlustes sprengte über seinen gebrochenen Körper hinweg, riss all seine Mauern nieder und entfaltete einen emotionalen Schmerz, den er über die gesamte Zeit hinweg tief in sich vergraben hatte. Jahre seines körperlichen Leidens und die Auswirkung seiner Taten kehrten wie ein unaufhaltsamer Sturm zu ihm zurück, rollten wie eine Welle über ihn hinweg und ließen nichts als rohe Verzweiflung zurück. Kalt. Hart. Tödlich. Luke…

 

„Vater?“

 

Vader riss die Augen auf, starrte in den leeren Raum um sich herum und suchte nach der vertraut blauen Form seines Sohnes. Doch alles blieb leer. Sein Herz krampfte sich zusammen. Die Worte waren nicht echt, Luke war nicht hier!

 

„Vater?“

 

Der Sith erhob sich abrupt, die Lichter seiner Meditationskapsel zersprangen und auf dem Sichtfenster bildeten sich unzählig kleine Risse. Nein! Das war ein Trick, sie spielten mit ihm. Das Kind war tot! Er hatte sich die gesamte Zeit über getäuscht!

 

„Bitte….hör mich…. Vater! Ich….brauche dich!“

 

Ein entrüsteter und gutturaler Schrei löste sich aus der Kehle des dunklen Lords und er ging auf die Knie nieder und schlug mit einer Faust auf den Durastahl. Die Dunkelheit um ihn verdichtete sich, wurde schwer und eisig und klammerte sich an seinen Körper, wie ein schrecklicher Parasit. Er musste nur loslassen und sich vollkommen der Macht hingeben, völlig in diese Schwärze eintauchen…

… und da spürte er die kleine Vibration. Das kleine Zittern des einzig noch verbliebenen, leuchtenden Bandes, welches er mit seinem Sohn geknüpft hatte. Die Verbindung zu Luke glimmte schwach und wie eine sterbende Flamme wurde der Schein immer blasser und löste sich im Nichts auf – doch Vader griff danach. Der Sith streckte die Hand aus und umfasste das kleine Leuchten, zog es schützend wieder an sich und antwortete mit seiner eigenen Stärker in der Macht.

 

„Luke!“ Seine Stimme verzerrte sich vor Dringlichkeit und hallte laut in dem stillen Raum wider. „Sohn, antworte mir!“

 

„Vater? Bist… du…?“

 

„Ja, Luke. Ich bin hier, ich kann dich hören! Was ist passiert mein Sohn? Wo bist du?“ Hoffnung. Einladende, warme Hoffnung. Sein Sohn war noch da, immer noch hier, immer noch am Leben. Das Licht kehrte zu ihm zurück.

 

„Tante B-Beru und Onkel Owen… ich weiß nicht wo… da waren schrecklich aussehende Gestalten und Onkel Owen…. Ich sollte mich verstecken und j-jetzt ist alles schon sehr lange still… Ich habe Angst, Vater! Ich weiß nicht was los ist… sind schon so lange weg…. B-bitte, Vater, bitte komm. Ich brauche dich!“ Lukes Stimme war schwach und panisch, er weinte und konnte keine klaren Sätze formulieren und selbst über die schwache Verbindung, konnte Vader seine Furcht auf seiner Zunge praktisch schmecken.

 

„Du musst dich beruhigen, Luke, hörst du mich? Bleib, wo auch immer du bist und warte. Ich werde dich finden, verstehst du? Ich werde zu dir kommen und dich holen, aber du musst auf mich warten und dich versteckt halten!“

 

„Ich… ich v-versuch es Dad… aber bitte komm schnell!“

 

„Keine Sorge, Luke. Ich bin auf den Weg zu dir. Hab vertrauen. Die Macht wird dich beschützen.“

 

„O-okay..Ich hab dich lieb, Vater.“

 

„Mein Sohn.“ Ich liebe dich auch.

 

Die Stimme seines Kindes erstarb, aber dieses Mal hielt der dunkle Lord an dem kleinen Licht fest. Er würde Luke nicht wieder gehen lassen. Nicht jetzt und niemals. Ohne Umschweife richtete er sich auf, verließ mit wehendem Mantel seine Kammer und machte sich auf den Weg zur Brücke. Seine wütende und entschlossene Aura strahlte ihm voraus und trieb entgegenkommende Offiziere und Soldaten schlagartig an die Wand, ohne dass er darauf achtete. Seine Aufmerksamkeit war nur auf Luke gerichtete.

Er würde seinen Sohn retten, ganz gleich was passierte. Er würde ihn nicht auch noch sterben lassen.

 

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Sechzehn Stunden. Selbst mit der maximalen Leistung des Hyperantriebes, brauchte die Devastator sechzehn Stunden bis sie Tatooine erreichte. Stunden, in denen Vader wie eine Statue vor dem Sichtfenster der Brücke stand und keinen einzigen Muskel rührte. Die Luft um ihn herum schien vor Anspannung nur so zu knistern und niemand wagte es, sich dem dunklen Lord zu nähern. Sie wären tot, hätten sie es getan. Als das Schiff endlich aus dem Hyperraum fiel und in den Orbit des braun-gelben Staubballes einschwenkte, wandte sich der Sith bereits von seinem Platz ab und schritt zu seinem persönlichen Hangar. Auf Befehl hin hatte sich eine kleine Gruppe der Todesschwadron versammelt, die ihn auf den Planeten begleiten sollten, aber ansonsten war das Shuttle leer. Vader würde keine Truppen brauchen.

 

Je näher sie Tatooine gekommen waren, desto heller erstrahlte seine Verbindung zu Luke und er konnte spüren, wie die physische und emotionale Stabilität seines Sohnes immer weiter abnahm. Trotz der Tatsache, dass er den Jungen in einen Machterzwungenen Schlaf geschickt hatte, war Luke mittlerweile an seine Grenzen gestoßen und seine Erschöpfung hallte wie ein stilles Echo in Vaders Kopf wider - und wenn Luke seine vollständig Aufmerksamkeit verlieren würde, wäre er angreifbar.

Aus den schnellen Sätzen seines Sohnes, hatte der Sith inzwischen erahnen können, was passiert war: Tusken. Sie hatten vermutlich die Farm angegriffen und Owen hatte Luke zu einem sicheren Ort geschickt, damit er nicht entdeckt werden würde. Was danach passierte… nun, es gab nur zwei plausible Möglichkeiten und keine der beiden hatte einen erfreulichen Ausgang. Sie nahmen mir einst meine Mutter und jetzt Lukes Tante und Onkel. Diese Kreaturen sollten für immer vernichtet werden. Er wusste, dass die kommende Zeit schwer werden würde – wie sollte er Luke auch erklären, dass Owen und Beru nicht zurückkamen? – aber im Moment konnte er darüber nicht wirklich nachdenken. Schließlich gab es keine Garantie dafür, dass die Tusken nicht noch einmal zu der Farm gingen. Und wenn sie Luke finden würden… Vader schob diesen Gedanken sofort beiseite. Damals war ich nicht stark genug, um meine Mutter zu retten. Ich werde kein zweites Mal versagen.

 

Die Lars-Farm zu finden, stellte keine Schwierigkeit da und doch zögerte Vader für einige Sekunden, bevor er die Rampe nach unten und in das Licht der untergehenden Sonnen schritt. Sand wirbelte unter seinen schweren Füßen auf und die trockene und heiße Luft schlug ihm entgegen, obwohl er die Temperaturen dank seiner Rüstung nicht spüren konnte. Und doch fühlte er sich an, als wäre er in die Vergangenheit zurückgekehrt. Die Haupteingangskuppel stand noch immer als nahezu einziges sichtbares Gebäude in der Weite der Jundland Wüste und die Durastahltür trug noch immer die gleichen alten Dellen, die auch schon vor Jahren dort waren. Es sah aus, als wäre nichts passiert, als würde Cligg Lars und Owen im nächsten Moment aus der Tür kommen oder… sie… – aber der Sith ließ sich nicht täuschen.

 

Mit einer einfachen Bewegung signalisierte er den Soldaten, dass sie die umliegende Umgebung sichern sollten und näherte sich dem Graben, indem die eigentlichen Wohnräume lagen. Am Rande blieb er stehen und starrte auf ein Bild der Verwüstung. Die GX-8-Wasserdampfer in der Mitte der Wohngrube waren zerstört wurden, die Versorgungstank herausgerissen und Gegenstände lagen verstreut auf dem Boden. Das Stromnetz und die Generatoren hatten sich bereits abgeschaltet und das Scharnierdach der Tech-Kuppel wurde versuchsmäßig grob aus ihren Angeln gerissen, hielt aber noch einigermaßen stand. Von Owen und Beru fehlte jede Spur.

 

Anstatt die Treppe zu benutzen, ließ Vader sich einfach in den Innenhof fallen. Bei seinem Aufschlag floh der Staub in alle Richtungen davon und sein schwerer Mantel wallte sich hinter ihm auf, als er seine Macht ausstreckte und nach Lukes Präsenz griff. Die helle Verbindung pulsierte sanft, führte ihn von der Küche und den Schlafräumen weg und zog ihn zu der Garage. Auch hier waren die Spuren des Überfalles deutlich zu sehen und es grenzte an ein Wundern, dass sein Sohn in all dem Chaos nicht übermäßig verletzt wurden war.

 

„Luke?“ Seine Stimme hallte innerhalb des Fahrzeuggrube wider und Vader blickte von seinem erhöhten Standpunkt auf einen ausgeschlachteten X-34 Landspeeder, als er den Steg überquerte und die Werkstatt dahinter betrat. Immer noch so unverändert…

„Luke!“ Es gab ein kratzendes Geräusch von Metall, in der Dunkelheit verschob sich etwas, dann war alles wieder still. „Luke, wo bist du?“ Die Linsen seiner Maske passten sich an, erlaubten ihn in dem Chaos aus Schwärze und Schatten deutlicher zu sehen und er folgte noch einmal der Macht, bis sie sich an einem Punkt zu sammeln schien.

„Vater?“ Die Stimme klang leise und brüchig, Angst erfüllte ihren Ton und dann bewegte sich etwas Kleines unterhalb von ihm. Dort, unter den Gittern des Fußbodens, in einer perfekt getarnten Nische, tauchte ein Stück blondes Haar auf.

„Ich bin hier mein Sohn. Komm her, ich bin jetzt hier.“ Der Sith ließ sich nieder, griff mit der Macht nach dem Metall und schob es beiseite, als sich die Gestalt des Jungen wieder bewegte und dann direkt in seine Sicht trat. Luke sah zu ihm auf, die blauen Augen vor Tränen gerötet und seine Haut war blass vor Stress und Erschöpfung. In seinen dünnen Armen umklammerte er ein Bantha-Plüschtier und er zitterte, weil sein dünnes Gewand nicht ausreichte, um ihn dauerhaft warm zu halten – denn die Nächte auf Tatooine konnten sehr kalt werden.

 

Vader wartete nicht lange, streckte seine Arme aus und zog seinen Sohn zu sich, wickelte in einem Schwung einen Teil seines Umhanges um die kleine Gestalt und ließ eine Hand über den blonden Kopf streichen.

„Es wird alles gut, Luke. Ich bin jetzt hier, ich hab dich.“ Die Worte waren trotz seines Vocoders ungewöhnlich sanft und er hielt das Kind nahe an sich, obwohl seine Rüstung nicht gerade bequem war. Aber Luke schien es nicht zu stören. Stattdessen umklammerte er mit aller Kraft eines Sechsjähren den Stoff seines Mantels und schluchzte vor sich hin und weigerte sich, auch nur ein Stück bewegt zu werden. Tief in Vaders Brust schlug sein Herz nach über sechs Jahren erneut vor Liebe, klar und unverfälscht, wie er es damals nur für Padme empfunden hatte. Und als würde ein sterbender Stern noch einmal nach dem Leben greifen, verflüchtigte sich die Dunkelheit um ihn herum zu einem beständigen Grau, die tiefsitzende Wut und der Hass begannen an ihren Rändern zu zerfallen und in der einst so schwarze Seele des Sith-Lord, erwachte ein Funken Licht. Mein Sohn. Mein reines und wunderschönes Kind.

 

„Lass uns gehen, Luke.“ Blaue Augen richteten sich auf die schwarze Maske und starrten mit unverfälschtem Vertrauen zu ihm auf.

„Ich komm mit dir? Für immer?“ Fragte Luke leise und verschob seine Position in seinen Armen, um sein Kuscheltier besser halten zu können.

„Ja. Ab heute wird uns nichts mehr trennen.“ Mit langsamen Schritten verließ Vader die Tech-Kuppel und trat hinaus in den Innenhof. Luke starrte auf sein ehemaliges Heim und neue Tränen rannen über seine kleinen Wangen, ehe er den Blick abwandte und seinen Kopf an der Schulter seines Vaters vergrub. Auch ohne eine Bestätigung, wusste der Junge was passiert war. Der dunkle Lord konnte den Schmerz in der Macht fühlen und obwohl er nicht viel für Owen oder Beru empfand, störte es ihn, dass sein Sohn so leiden musste. Dir wird kein Schaden mehr passieren, Luke. Ich werde dich beschützen.

 

Vader sprang aus dem Krater hinaus und machte sich sofort auf den Weg zu seinem Shuttle. Er war sich der Blicke der Soldaten bewusst, die das Kind in seinen Armen mit Neugierde und Erstaunen musterten – denn noch nie hatte jemand den dunklen Lord berührt und war damit unbestraft davon gekommen, schon gar kein Kind – aber sie schwiegen wohlweißlich über diesen surrealen Anblick. Im sterbenden Licht der Sonnen von Tatooine, kehrte der Sith ein drittes Mal seiner alten Heimat den Rücken zu. Zwei Mal hatte er hier seine Mutter zurücklassen müssen, zwei Mal waren diese Abschiede mit Trauer verbunden. Mit Schmerz und Angst.
 

Aber jetzt…Habe ich meinen Sohn gefunden. Vader blickte auf Luke hinab, der inzwischen den Kopf soweit gedreht hatte, dass er auf die glänzende Lambda-Fähre blicken konnte und die blauen Augen glitzerten trotz der Müdigkeit vor Neugierde. Er sah ihm so ähnlich.

„Das ist dein Schiff?“ Die kindliche Begeisterung trieb ein Lächeln auf sein vernarbtes Gesicht und er positionierte seinen Sohn so, dass er es besser sehen konnte.

„Das ist es. Und wo wir hinfliegen, wird es ein noch viel größeres geben.“ Antwortet er milde und Luke stieß einen anerkennenden Ton aus, bevor er sich wieder an die Schulter seines Vaters lehnte.

„Ich bin froh das die Wüste mir meinen Wunsch erfüllt hat, Vater. Ich habe so lange auf dich gewartet…. Ich hab dich lieb, Dad.“

„Und ich liebe dich, Luke.“

 

Über die Stille des Weltraumes hinweg, hatten zwei verloren geglaubte Seelen endlich zueinander gefunden und das Echo ihres Schicksals wird noch auf ewig weitergetragen.

 

 



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