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Mary Sue-Projekt Shuffle

Interne Jubiläumsaktion 2020
von
Koautoren:  Daelis  DoeQuill  Erenya  KiraNear  Maeyria  Mentas12 Calafinwe  Shizana  Vegetasan

Vorwort zu diesem Kapitel:
Aufgabe: Wie konnte das nur passieren? Wieso?! Ausgerechnet dieser Charakter und du! Wiesooooo? Doch so ist das eben bei einem Blind-Date. Da musst du nun durch. Versuch, das Blind-Date mit wahlweise einem angehimmelten oder verhassten Charakter zu überleben.

Autor: Shizana
Original-MSP: Zwischen den Welten Komplett anzeigen

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08 Blind Date

„Ich bin wieder da.“

„Willkommen zurück“, rufe ich aus der Küche und lasse das Wasser ab. Ich schnappe mir das Geschirrtuch, um meine Hände zu trocknen, bevor ich ins Wohnzimmer trete. „Wo warst du den ganzen Morgen? Wir haben ohne dich gefrühstückt. … Blumen? Hast du einen Verehrer?“

Ukyo tritt aus dem Flur, in voller Montur bekleidet. Verunsichert sieht er auf den Strauß Rosen, den er in der Hand hält. Dann wieder zu mir. „Nein, das …“

„Hast du etwa eine heimliche Geliebte?“, stichle ich weiter. Ich denke unweigerlich, dass sie für Hanna sein müssen. Aber dass Ukyo ihr Blumen kauft und so offensichtlich mit heim trägt, sieht ihm nicht ähnlich. Nicht, wie ich ihn kenne.

„Nein. Die … die sind für dich.“

„Für mich?“ Ich grinse nicht länger. Irritiert starre ich auf die Rosen, rot und noch nicht ganz erblüht. Wer sollte mir Rosen schenken? „Also, Ukyo … Das ist zwar lieb von dir, aber ich dachte, wir wären nur Freunde?“

„Was, nein! Die sind nicht von …!“

„Was ist denn los?“, kommt Orion hinzu und sieht fragend zwischen uns her.

„Ukyo hat mir Rosen geschenkt.“

„Die sind nicht …!“

„Ehrlich?“ Orion scheint genauso überrascht wie ich. Er sieht auf die Rosen, dann zu Ukyo hoch. „Ukyo, magst du Shizana so sehr? Ich dachte immer, jemandem Rosen zu schenken, bedeutet … Warte, bist du etwa …?!“

„NEIN!“ Ukyo brüllt förmlich. Sein Gesicht ist bis zu den Ohren errötet. Er schüttelt vehement mit dem Kopf. „Es ist nicht das, wonach es aussieht. Ich sagte doch, die sind nicht von mir! Sie sind für dich, aber sie sind nicht von mir! Mann, wieso müsst ihr mich ärgern …“

Mir tut fast leid, dass Ukyo so leidend dreinblickt. Ich frage mich kurz, ob wir wirklich zu gemein zu ihm waren. „Sorry.“

Ukyo reicht mir den gebundenen Strauß, schützend gehüllt in einen schlichten Papierbogen. Sein rosiger Duft breitet sich vor mir aus, nimmt den gesamten Raum für sich ein.

„Von wem sind die?“

„Da steckt eine Karte drin“, sagt Ukyo.

Ich blinzle fragend und greife in den Trichter hinein. Nach kurzem Suchen werde ich fündig und ziehe das Kärtchen heraus, lese ihren Inhalt.

„Was steht da? Von wem sind sie?“, drängt Orion voll Neugier.

„Keine Ahnung“, sage ich und zucke die Schultern. „Da steht nur: »Triff mich heute 15 Uhr im ‚Meido no Hitsuji‘. Ich warte auf dich.« Das ist alles.“

„Kein Name?“

„Kein Name.“

„Ist das ein Date? Hast du einen Verehrer?“ Orion verlangt nach der Karte und ich gebe sie ihm. Er scheint zu überlegen, schüttelt dann aber den Kopf. „Die Schrift kenne ich nicht. Denkst du, dass es Luka ist? Er würde so etwas machen, meinst du nicht?“

„Schon“, überlege ich. „Aber er hätte mir auch einfach eine Nachricht schreiben können. Oder anrufen können. Oder mir irgendwo auflauern. Wäre ja nicht das erste Mal.“

„Wirst du hingehen?“, fragt er weiter.

Ich zögere einen Moment. „Ich weiß nicht, von wem die Blumen kommen. Ich arbeite im Meido, jeder dort kennt mich. Wenn es nicht Luka ist, könnten Gerüchte entstehen je nachdem, wer es ist. Und wenn er es doch ist, sorgt das nur wieder für Tumult. Aber wenn er es nicht ist und es herauskriegt …“ Ich mag mir gar nicht vorstellen, was die Folge wäre. So besitzergreifend wie Luka sich gibt, wird er gewiss eine Szene machen. Ich überlege, ob ich ihn seit meiner Zeit je so richtig eifersüchtig erlebt habe.

„Vielleicht solltest du nicht gehen“, meint Orion zweifelnd.

Ich sehe zu Ukyo. „Von wem hast du die Blumen? Irgendjemand muss sie dir doch gegeben haben“, konfrontiere ich ihn.

„Das … kann ich nicht sagen“, weicht er mir aus und hebt seine Mütze vom Kopf. In einer beklommenen Geste streicht er sich über den Schopf. „Aber mir wäre auch wohler, wenn du nicht gehst. Das Ganze ist irgendwie …“

„Irgendwie?“, hake ich nach, doch Ukyo beendet den Satz nicht. Er windet sich in Ausflüchten, die immer verhaspelter werden. Irgendwann flieht er aus der Befragung, brüllt etwas von „Warum immer ich?!“ und verschanzt sich in seinem Zimmer.

Orion und ich bleiben ratlos zurück. Wir debattieren noch einige Zeit die Für und Wider, finden aber keine wirklich zufriedenstellende Antwort auf diese drängende Frage: Gehen oder nicht gehen, was wäre die klügere Wahl?

 

Um fünf vor drei betrete ich das »Meido no Hitsuji«. Toma ist es, der mich empfängt, und an einen freien Tisch führt. Wie es scheint, hat niemand nach mir gefragt, und auf mich warten tut auch keiner.

„Was tust du hier? Hast du heute nicht frei?“, bemerkt Toma und reicht mir die Karte. Eigentlich unnötig, ich kenne unser Menü vollständig auswendig.

„Ich versuche, etwas herauszufinden“, sage ich und lege die Karte unbeachtet zur Seite. Prüfend sehe ich mich um. Ein paar Gesichter kommen mir bekannt vor, Stammgäste und dort drüben sitzen einige Mädchen vom Fanclub. Oh Gott, ist Ikki etwa auch da? Das ist schlecht, ganz schlecht! „Ich bin verabredet“, knirsche ich missmutig.

„Oh, wirklich? Etwa mit Luka-san?“

‚Das weiß ich nicht‘, will ich sagen, unterlasse es jedoch. Still hoffe ich, dass er es ist. Das würde mir einige Fragen ersparen.

Toma erkundigt sich nach meinen Wünschen, und ich bestelle einen Cappuccino. Es ist seltsam, mich von ihm bedienen zu lassen und live zu erleben, was ich sonst nur beobachte. Ich muss lachen, als er mich mit „Herrin“ betitelt, und auch er lächelt verlegen. Doch es hilft nichts, Waka würde es nicht dulden, würde er mich gesondert behandeln.

Sawa bemerkt mich, und kurz darauf auch Mine. Sie gönnt mir nur einen missbilligenden Blick, während Sawa ohne Umschweife auf mich zusteuert. „Was machst du denn hier? Du hast heute doch frei, dachte ich“, überfällt sie mich.

„Hi Sawa“, grüße ich und lächle verkrampft. Das ist ja noch viel schlimmer, als befürchtet. „Habe ich auch, aber ich bin verabredet. Frag mich nicht … Ich weiß selbst nicht, mit wem und warum.“

„Ist das etwa … ein Blind Date?!“, platzt sie heraus. Ich muss sie erinnern, ihre Stimme zu senken. „Was, echt jetzt? Oh Mann, und dann auch noch ausgerechnet hier? Und du weißt nicht, wer es ist?“

„Nein“, sage ich und seufze. „Aber derjenige sollte bald hier sein. Sofern er mich nicht versetzt, oder alles nur ein Scherz ist … Wir sind zu um drei hier verabredet. Hat schon jemand nach mir gefragt?“

Sie schüttelt den Kopf, dann hören wir, wie jemand die Tischglocke bedient. Wir sehen zu dem Herren und warten, doch Mine lässt sich nicht blicken. Nach einem Moment seufzt Sawa, verspricht gleich zurück zu sein, und verschwindet zu dem wartenden Gast.

Derweil bringt Toma mein Getränk. Ich bedanke mich und rühre in der Tasse herum, nehme einen ersten, tastenden Schluck. Die Wärme trägt dazu bei, dass ich mich ein wenig entspanne. Wer mag mein ominöses Date nur sein? Während ich Sawa bei der Arbeit beobachte, überlege ich still, welche Kandidaten in Verdacht stehen. Kento erscheint mir unwahrscheinlich, Shin gleich noch viel weniger. Eigentlich sieht es keiner meiner Bekanntschaften ähnlich, dass er oder sie rücklings, auf so verhaltene Weise, aus eigenem Antrieb heraus …

Ein Schatten lässt sich auf den freien Platz mir gegenüber nieder. Ich höre das wohlige Seufzen, sehe in ein bekanntes Gesicht, und schaffe es nicht, die Bedeutung hinter allem auf Anhieb zu verstehen.

„Hach, geschafft. Mann, war das aufregend! Ich hätte fast nicht von allein hergefunden, haha. Oh, tut mir leid. Bin ich zu spät? Ich bin zu spät, oder? Wollen wir vielleicht erst bestellen? Oh, das hast du bereits. Und, schmeckt es gut?“

Mein Gegenüber lacht ausgelassen, beinahe kindlich. Ich brauche einen langen Moment, um zu begreifen, was vor sich geht. Aber … das vor mir, ist doch … „Niel?!“

Der Geisterkönig lacht übers ganze Gesicht. Ordernd hebt er den Arm, nicht ahnend, wie falsch dieses Verhalten hier ist. „Was kannst du empfehlen? Ich kenne mich mit menschlicher Nahrung nicht besonders gut aus. Gibt es hier Schwarzen Tee, mit viel Zucker? Kuchen ist auch lecker! Orion hat mich darauf gebracht. Entschuldigung, junge Dame?“

Mine steht bei unserem Tisch, verwirrt, wie ich sie nie zuvor gesehen habe. Gewohnt hält sie Notizblock und Stift bereit, scheint aber unsicher, wie sie auf meine Begleitung reagieren soll.

Ich räuspere mich. „Niel … In diesem Café ruft der Gast nicht nach der Bedienung, jedenfalls nicht mit Worten. Die Bedienung nimmt den Gast in Empfang und führt ihn an einen Platz. Wenn der Gast etwas wünscht, läutet er mit der Glocke.“ Unterstreichend weise ich auf das goldene Tischglöckchen, welches mittig vor uns steht.

„Oh!“, bemerkt Niel seinen Fehler und erhebt sich abrupt. „Ich bitte um Verzeihung. Es ist mein erstes Mal an so einem Ort. Ich war mir dieser Gepflogenheiten nicht bewusst“, erklärt er und verneigt sich, was es nur schlimmer macht. Mine steht ratlos da, versucht ihn mit Winken und Wedeln zu beruhigen. Ihr Lächeln wirkt krampfhaft.

Ich bitte sie, uns etwas Zeit zu geben. Als sie außer Sicht ist, neige ich mich zu Niel herüber. „Was machst du hier? Sag nicht … Waren die Blumen etwa von dir?“

Na klar! Jetzt, da ich es ausgesprochen habe, macht alles einen Sinn. Ich frage mich, wie ich nicht darauf hatte kommen können!

Blumen. Niel arbeitet in einem Blumengeschäft.

Ukyo. Er hat regelmäßig Kontakt zu ihm. Und er war nicht begeistert gewesen. Natürlich nicht, es ist Niel, verdammt nochmal!

„Haben sie dir gefallen?“, fragt er und zeigt sein stolzestes Lächeln. „Ich habe die Schönsten gewählt, die ich im Geschäft hatte! Ukyo hat gesagt, Rosen drücken Verehrung aus. Und wenn es um Dates geht, sind sie unverzichtbar. Sag, hat es geklappt? Haben sie ihre Botschaft an dich übermittelt?“

„Was soll das Ganze?“, herrsche ich ihn an, bemüht, meine Lautstärke im Griff zu behalten. „Ein Date, wir beide? Wer hat dich denn auf so eine Idee gebracht? Ukyo? Nein, das glaube ich nicht … Seit wann haben Götter überhaupt Dates? Könnt ihr damit überhaupt etwas anfangen? Und dann auch noch ausgerechnet hier … Ich arbeite hier, wie du weißt! Was denkst du, was die anderen denken, wenn ich …“ Ich halte mich an. Niel besieht mich mit einem Blick, so unschuldig wie der eines Kindes. Nur dass er ein Mann ist, augenscheinlich zumindest. Ich erinnere mich, dass ich ihm unrecht tue. Woher soll er auch wissen, was er verbockt hat? Und warum es für mich so schlimm ist? Ich kann nicht erwarten, dass er solch komplizierte Zusammenhänge versteht. „Tut mir leid.“

„Ist schon in Ordnung“, meint er und lächelt versöhnlich. Seine Hand sucht nach der meinen. „Verrate mir, was habe ich falsch gemacht? War es falsch, die Blumen zu schicken?“

„Naja …“

„Hätte ich sie dir persönlich bringen sollen? Ukyo hielt das für keine gute Idee. Er wollte mir erst nicht helfen, sie an dich zu überbringen. Aber als ich ihn an unsere schönen gemeinsamen Zeiten erinnert habe, war er doch einverstanden. Wir haben uns schon so oft gegenseitig geholfen! … Hm, aber vielleicht hätte ich es diesmal besser doch selbst tun sollen.“

„Das ist nicht das Problem“, will ich erklären, stoppe jedoch im nächsten Atemzug. Dort vorne, beim Tresen, steht Ikki. Oh nein, zu spät, er hat uns entdeckt. Toma steht bei ihm und erzählt irgendwas, wobei er unmissverständlich in unsere Richtung nickt. Kurz darauf setzt sich Ikki in Gang, steuert direkt auf uns zu. Ich will augenblicklich im Boden versinken.

„Welch angenehme Überraschung“, grüßt er und lächelt auf eine Art, die mich betroffen wegsehen lässt. „Ich habe nicht erwartet, dich heute zu sehen. Was führt dich an deinem freien Tag auf die Arbeit? Und darf man fragen, wer der gutaussehende Herr an deiner Seite ist?“

Ich registriere am Rande, wie Ikki sich höflich verneigt. Er spielt seine Rolle vorbildlich wie immer, aber etwas verrät mir, dass seine Haltung gespannt ist.

Niel stellt sich ihm vor. Ich bin erleichtert, dass er nichts weiter zu seinem Wesen und seinen Absichten ergänzt. Danach wendet er sich zur Speisekarte und überlegt untertont. „Hm, was würde sich in dieser Situation eignen? Ah, ich weiß! Wir hätten gern den »Servant’s Strawberry Love«-Eisbecher für Zwei. Das ist doch für ein Date angemessen, oder nicht?“, fragt er und sieht zu mir.

Ich hebe meine Tassen vors Kinn. „Mir ist nicht wirklich nach Eis“, murmle ich gegen den Rand. Still wünsche ich, einfach im Boden zu versinken.

„Ich bedaure zutiefst“, spricht Ikki im höflichen Ton, „aber der Küche stehen im Moment keine Kaltspeisen zur Verfügung. Es gibt ein Problem mit den Kühlsystemen.“

„Oh, dann …“ Niel blättert in der Karte herum. Ich weiß, dass mit Ikkis Aussage sämtliche Partnermenüs aus der Wahl fallen. Auf wirklich jedem findet sich Eis oder Sahne, und sei es nur als süßer Dekor.

„Wenn ich meine Empfehlung aussprechen dürfte“, meldet sich Ikki zu Wort. „Unsere Küche bereitet hervorragende Soufflés, wahlweise in süß oder herzhafter Version. Ich persönlich kann das Schokoladensoufflé nur wärmstens empfehlen. Mit etwas Bananenmousse on top ist es für den süßen Geschmack kaum zu überbieten.“

„Ist es wirklich so gut?“, fragt Niel an mich gewandt.

Ich nicke verwirrt. Seit wann empfehlen wir Toppings zum Soufflé? Das hat mir noch niemand gesagt und ich bin mir sicher, im Menü steht auch nichts davon. Ist das wieder so ein Probelauf, den Waka überzeugt als „strategischer Taktikwechsel“ beschreit? Möglich wäre es wohl, aber irgendwie bezweifle ich es.

„Ken hat Windbeutel gemacht“, zwinkert Ikki mir verheißungsvoll zu. Augenblicklich ist alles vergessen. Windbeutel von Kento! Oh, will haben, will haben!

„Gut, dann vertraue ich dir. Ich nehme ein Soufflé. Und du …?“

„Vielen Dank. Ich werde Eurem Wunsch umgehend nachkommen“, spricht Ikki und verbeugt sich galant. Schon ist er verschwunden.

Was war das jetzt gewesen?

„Hier ist es nett“, sagt Niel und lächelt mich an. „Ein schöner Ort um zu arbeiten. Du hast hier viele Freundschaften geschlossen, nicht wahr? Ukyo auch. Als wir zusammen waren, waren wir oft hier gewesen. Nicht direkt hier, aber an diesem Ort. Er schafft so viele schöne Erinnerungen.“

Ich nicke bestätigend. Eine Weile schwelge ich in Gedanken, erinnere mich an meine Zeit in dieser Welt zurück. Es erscheint mir ewig her, dass sie mir fremd war. Dass all das nicht mehr als ein Spiel war, eine Visual Novel dazu, mit einigen Fortsetzungen und Specials, die mir alle vertraut waren.

Doch jetzt ist alles real, nichts ist fiktiv. Ich wüsste zu gern, von welchen Erinnerungen Niel da explizit spricht.

„Erzähl, wie geht es dir? Bist du mit deiner Suche nach Antworten schon weitergekommen? Oh, das ist bestimmt kein Thema für ein Date, richtig? Hm, worüber spricht man bei einem Date? Hm, hm … Ah, ich weiß! Erzähl mir etwas über dich! Was ist dein Lieblingsessen? Welche Blumen magst du am liebsten? Magst du lieber Bus oder Bahn fahren?“

„Moment mal“, unterbreche ich ihn. Ich bemühe mich, möglichst ernst dreinzusehen. „Zum Ersten: Das hier ist kein Date. Zum Zweiten: Wie kommst du nur auf dieses Thema? Haben Götter nichts anderes zu tun, als auf Dates zu gehen? Weißt du überhaupt, was ein Date ist?“

„Wenn zwei Liebende Zeit miteinander verbringen?“

„Da haben wir’s schon! Wir sind keine Liebenden, wir … Du bist … Ich habe einen Freund“, sage ich und hadere kurz, wen ich damit eigentlich meine. Meinen Freund in der realen Welt, oder Luka, der hier aus-welchen-Gründen-auch-immer mein Freund‘ ist.

„Kann man deswegen kein Date haben?“, fragt er unschuldig.

Darauf habe ich keine Antwort.

„Man sollte es nicht“, nuschle ich kleinlaut. Das scheint mir verlogen, immerhin habe ich hier einen Freund, obwohl ich in einer realen Beziehung bin. Mit der ich glücklich bin – war, wie auch immer. Aber das habe ich mir ja nicht ausgesucht!

„Also war es falsch?“, meint Niel mit trauriger Stimme. Als ich ihn ansehe, wirkt er zutiefst deprimiert. „Ukyo meinte auch, das sei nicht richtig. Aber er sagte auch, ein Date zu haben sei mit das Schönste der Welt. Und weil er so glücklich gewirkt hat, wollte ich wissen, wie das ist. Ich wollte es so gern verstehen. Aber es war falsch, dich zu fragen, nicht wahr? Ich wusste nicht, dass die Person, die man fragt, eine so große Rolle dabei spielt.“

Ich will beleidigt sein, kann es aber nicht. Es ist immerhin Niel, der hier vor mir sitzt. Dass er solche Dinge nicht versteht, die für uns ganz banal sind, scheint mir irgendwie logisch.

In einer aufbauenden Geste greife ich seine Hand. Sie ist warm, wie die eines Menschen. Vor mir sitzt nicht der Gott, wie ich ihn im Spiel kenne. Der Niel mir gegenüber ist ein Mensch. Ein ganz gewöhnlicher Mensch mit seinen Lücken und Schwächen, wenn auch einige mehr als bei anderen Leuten der Fall.

Wir lächeln uns an.

„Vielen Dank für die Geduld“, bricht Ikki dazwischen und stellt sich neben uns auf. Toma ist bei ihm und tut es ihm gleich. „Für den Herrn ein Schokoladensoufflé mit Mousse on top. Auf Empfehlung des Hauses servieren wir einen Eiskaffee Schoko dazu. Für die verehrte Dame, mit besonderem Gruß aus der Küche, ein Windbeutel mit Kirschfüllung.“

Mir läuft regelrecht das Wasser im Mund zusammen, als Toma den Teller vor mir lächelnd platziert. Ikki serviert parallel, und die Gerichte sehen nicht minder vorzüglich aus. Ich greife nach der Gabel und will mir den ersten Happen voll süßer Sahne zu Gemüte führen, als es mir auffällt.

Ikki und Toma stehen weiterhin bei uns. Obwohl ihre Arbeit getan ist, rührt sich keiner vom Fleck. Hinten beim Tresen bemerke ich Mine und Sawa, die gebannt in unsere Richtung sehen. Und beim Durchgang zur Küche, uff, observieren Kento und Shin und tuscheln sich zu.

Der Verdacht schlägt auf mich ein wie ein Blitz. In einem Ruck springe ich auf und fasse Niel bei der Hand. „Warte! Lass mich probieren.“

Niel besieht mich fragend, sagt jedoch nichts. Etwas wackelig lenkt er den Löffel voll luftiger Masse in meinen Mund. Ein stechender Hauch steigt mir in die Nase. Ich lasse mir den Happen auf der Zunge zergehen, ganz vorsichtig nur, und wie gedacht: Ich schmecke eine scharfe, senfige Note heraus. Sie breitet sich ungehindert in meinem Mund aus, überdeckt die Schokolade schließlich komplett.

Ich zwänge den Bissen hinunter. Ein höhnisches Brennen bleibt an Zunge und Gaumen zurück.

„Wir gehen“, sage ich und wühle die Geldbörse hervor. Ohne weiteren Kommentar lege ich einige Yen auf den Tisch, schultere Mantel und Tasche und trete vom Tisch. „Mir ist etwas eingefallen, wo wir hingehen sollten. Die haben aber nicht lange geöffnet. Kommst du?“

Niel ist in Eile, meinen Worten zu folgen. Ich weise ihn an, vor mir zu gehen, schubse ihn geradezu vor mir her. Im Vorbeigehen sende ich einen vorwurfsvollen Blick durch die Runde. Einige meiner Kollegen sehen betreten zur Seite. Ich kann nicht fassen, was sie versucht haben. Aber das werden wir klären. Später, bei meiner nächsten Schicht im »Meido no Hitsuji«.

 

„Wo gehen wir hin?“

Gebremst von Niels Frage halte ich an. Ich halte ihn bei der Hand, um ihn hinter mir herzuziehen. Ein wirkliches Ziel habe ich nicht, wie ich bemerke. Ich wollte nur weg, schleunigst nur weg vom Café und irgendwohin, wo niemand uns kennt.

Jetzt doch etwas verlegen lasse ich seine Hand los. Ich wende mich seitlich, ohne mich umzusehen, und streiche mir einige lose Haare aus dem Gesicht. „Hör mal, wegen dieser ganzen Date-Sache … Wir sollten nicht …“ Ich bringe den Satz nicht zu Ende.

Niel sieht mich erwartungsvoll an. Ich weiß nicht, was er erhofft, aber es ist sicher nicht das, was ich im Begriff bin, zu tun. Was hatte er noch gesagt, vorhin im Café? Verdammt, das kann ich nicht bringen.

Ich lächle versöhnlich. „Wir sollten das Date nicht so passiv gestalten. Dates sind schließlich dazu da, einander besser kennenzulernen. Wie wär’s, bummeln wir ein wenig durch die Stadt? Vielleicht finden wir etwas, das wir gemeinsam haben. Darauf könnte man aufbauen. Und vielleicht finden wir noch ein anderes nettes Café, in das wir uns setzen und ein wenig unterhalten können. Ohne die Aufsicht von Butlern, die einen zu vergiften versuchen.“

Niel reagiert fragend, stimmt aber zu, was uns beiden ein Lächeln beschert. Ich wende nichts ein, als er meine Hand nimmt und zielsicher voranführt. Er scheint eine genaue Vorstellung zu haben, wohin er uns führt, und ich lasse ihn machen.

 

Zu dem Zeitpunkt ahnte ich nicht, dass unser Date nicht so verlaufen sollte, wie wir es hofften. Ich bemerkte nichts von der auffälligen Frau, die vor dem »Meido no Hitsuji« just ihr Handy bediente.

Ihr umsorgender Anruf galt der einzigen Person, die in diesem Chaos noch fehlte. Und jene war so gar nicht erfreut über das, was Rika erzählte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Daelis
2020-03-18T15:45:50+00:00 18.03.2020 16:45
Fies, ausgerechnet da aufzuhören! Auch wenn ich das Fandom und entsprechen die Charaktere nicht kenne, scheint mir Niel doch ein lieber Kerl zu sein, der einfach versucht, sich zurechtzufinden. Ob nun mit Erfolg, darüber lässt sich wohl streiten. Sooo schlimm war das Date ja nun irgendwie nicht und immerhin hättest du Süßes haben können! (Hand aufs Herz: Wer schmachtet jetzt noch nach Windbeuteln?) x3
Von:  Erenya
2020-03-16T10:18:29+00:00 16.03.2020 11:18
Und ein Cliffhänger, böse Shicchi. XD Aber ich sehe dich hat die OVA sehr inspiriert, oder? Ich erinnere mich, dass man da versuchte Ukyo zu vergiften. Wer weiß, vielleicht hätte Niel nicht mal gemerkt, dass etwas nicht stimmt. XD
Aber sehr schön gemacht. Sehr lustig. Wobei mir Ukyo leid tut. Wie kannst du ihm das nur antun. Kann man eine Fortsetzung sehen?
Antwort von:  Shizana
16.03.2020 12:36
Ja, die OVA ist irgendwie zu einem Running Gag geworden. Ich konnte einfach nicht widerstehen. xD
Eine Fortsetzung, uff. Ich musste den OS an dieser Stelle leider unterbrechen, da ich gemerkt habe, dass mir die Zeit ausgeht. Ich hätte aus der Aufgabe locker ein ganzes Kapitel machen können! Das wäre dann doch etwas viel geworden …
Aber ich denke darüber nach. Vielleicht. xD Die ganze Kiste ist ohnehin nur auf deinem Mist gewachsen!

Und noch so am Rande: Windbeutel von Kento! Oh, will haben, will haben! *grinst megabreit*
Antwort von:  Erenya
16.03.2020 12:37
Wieso ist das aus meinem Mist gewachsen? Ich bin unschuldig XD

*reicht Windbeutel*


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