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Spiel ohne Limit

von

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Die Nacht träumte sie wieder von ihm. Keine verschnörkelten Szenen, keine heißen Duschräume. Nur Seto Kaiba. Seine junge Version. In einem leeren Raum, von Dunkelheit umgeben stand er vor ihr, sah zu der jungen Frau hinab als begegneten sie einander zum ersten Mal. Rin selbst regte sich nicht. Seine Statur war so einnehmend, dass sie nur ihn im Fokus hatte. Selbst wenn sie wollte, etwas in ihr hielt sie an, sich zu rühren. Seine eiskalten Seelenspiegel waren auf sie gerichtet - konzentriert, fokussiert, suchend. Brennend bohrte sich sein Blick in sie hinein, sie wagte es nicht, sich von ihm abzuwenden. Eine unbestimmte Kraft hielt sie davon ab, dass sie seine regungslose Gestalt betrachtete, welche einer Statue Konkurrenz machen konnte. Lediglich sein Brustkorb hob und senkte sich, dass sie schwach seine Atemzüge ausmachen konnte. Doch Rin war in seinen Augen gefangen, aus denen Worte flackerten - ruhelos und unbestimmt. Sie verstand die Worte nicht, die er ihr ins Gesicht zu schreien versuchte. Sie atmete stoßweise die Luft aus, ihre Lippen waren leicht geöffnet als wollten sie jeden Augenblick selbst etwas sagen, dabei wusste sie nicht, was sie hätte sagen sollen. Seine Präsenz fing sie magnetisch auf, dass sie zu Nichts imstande war außer zu Blinzeln. Ein Wimpernschlag - schnell, flatterig und doch lange genug, dass sie nicht bemerkte, wie er sie an den Armen packte, sie an sich drückte und den Mund auf ihren presste, dass sie erschrocken die Augen aufriss. Weniger der Kuss war es, der sie überraschte, wenn sie es denn als Kuss bezeichnen konnte. Vielmehr war es wie ein Schlussakt, um ihren Körper vollständig einzunehmen - denn genau das schien er mit ihr vorgehabt zu haben. Der Moment, in dem sein Griff eine Endgültigkeit besaß, dass es ihr sämtliche Luft abschnürte, ergriff sie überall, dass es keine Chance gab, dem zu entkommen. Ein schmerzhafter Druck legte sich auf ihre Lunge. Panik überkam sie, ihr Herzschlag beschleunigte sich. Fester packte sie der Griff, dass ihre Arme taub wurden. Hektisch versuchte sie nach Luft zu schnappen, doch seine Lippen ließen keinen Spielraum zu. Genauso wenig konnte sie sich abwenden. Ihr gesamter Körper war wie gelähmt. Innerlich kämpfte sie dagegen an - ein Kampf gegen den Strom. Statt zu schwimmen, kam sie ins straucheln, wurde in die Tiefe gezogen als hätte man ihr Ketten um die Knöchel gelegt. Auf ihrer Haut breitete sich ein Kribbeln aus - wie tausende von Ameisen, die sich auf ihr bewegten. Immer tiefer drang dieses Gefühl in sie ein. Sie wusste, es kam von ihm. Von diesem jungen Mann, der nicht eine Sekunde seinen Griff lockerte. Er war es, der in ihr Innerstes vorstieß, in Ebenen vordrang, die weit in ihr Unterbewusstes reichten. Rin spürte, dass der letzte Sauerstoff verbraucht wurde. Aus Panik wuchs Verzweiflung. Die mangelnde Luft benebelte ihr Hirn, dass es sich anfühlte, als würde er wie ein Luftballon aufgepustet und dass sie nur noch auf den großen Knall zu warten hatte. Danach ergriff sie eine plötzliche Resignation - und Erkenntnis. Sie war doch in einem Traum! Der Gedanke war so klar, dass sie nicht daran zweifelte, dass es stimmte. Ihre Augen begannen zu flattern, die letzten Reserven stauten sich in ihr zusammen. Vielleicht sollte sie sich ihm einfach ergeben. Ihre Lider senkten sich. Schwach bewegten sich die Lippen als sie einen Hauch verspürten. Erst einen, dann ein zweiter. Allmählich begriff sie. Er küsste sie nicht. Das war ihr doch von Beginn an bewusst gewesen! Er flößte ihr den Atem ein, den sie so dringend brauchte. Sie verstand den Grund nicht; wusste nicht, wieso er sie so umklammert hielt als wäre sie seine Beute. Für sie zählte nur die Luft, die durch sie hindurch schwebte. Ihren Körper von sämtlichen Druck befreite. Ihr Puls beruhigte sich, klopfte gleichmäßig, dass es sie in den Schlaf wiegen könnte, wenn sie nicht bereits geschlafen hätte.

Das ist nur ein Traum

Sie fühlte es. Das Wissen ließ sie stärker werden.

Man kann nicht träumen, dass man stirbt.

Das hatte sie in einem Buch gelesen. Langsam kam die Erinnerung an die Wirklichkeit zurück, und daran, dass Träume gelenkt werden konnten, wenn der Wille stark genug war.

Die virtuelle Simulation ist auch nur ein Traum und wenn ich meinen Geist davon befreie, dann-

Sie blinzelte als seine Lippen sich von ihr abwanden. Kaiba öffnete die Lider, sein Blick war eisig, und doch anders als jener, den der Echte entfachte; aber auch nicht so statisch wie sein virtueller Gegenpart. Weitaus ruheloser, emotionaler. Dieselben Emotionen prallten auf Rin hinab, dass sich ihr so viele Fragen auftaten. Bevor sie auch nur eine davon stellen konnte, öffnete er seinen Mund: "Glaubst du wirklich, dass das ein Traum ist?

In einer einzigen Bewegungen hatte sie sich aufs Bett gesetzt. Die Augen waren weit aufgerissen, sie starrte auf die Schlafzimmertür, die sie zunächst nicht ganz zuzuordnen wusste. Sie drehte den Kopf zur Seite. Grell schien die Sonne auf die Fensterscheibe, zeigte die prachtvollen Hochhäuser der City. Stimmt. Sie war in Yamatos Apartment. Sie krallte die Finger in die Decke als sie ihre DuelDisc um den Arm bemerkte. Ihre Augen fixierten das schwach schimmernde Licht. Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, sie über Nacht auf zu behalten. Mit zwei einfachen Griffen befreite sie sich von dem Metall und legte es direkt neben sich. Für den Rest des Tages würde sie sich eine Auszeit von all der Technik nehmen. Schließlich musste sie sich heute nicht duellieren. Heute ging es ausschließlich um die Verteilung der Teams. Aus vorherigen Endrunden wusste Rin, dass die letzten verbliebenen Duellanten in Gruppen gesteckt wurden. Jeder Spieler musste einmal gegen jedes Gruppenmitglied antreten. Wer die meisten Siege innerhalb der Gruppe erringen konnte, war nicht nur Teamsieger. Derjenige bekam das Ticket für die finalen Spiele, die in diesem Jahr in Kairo stattfanden. Es war Tradition, dass die Endrunden in dem Land ausgetragen wurden, in dem der aktuelle Champion Zuhause war. Mit Marik Ishtar, der letztes Jahr den Titel erlangt hatte, fand der Worldcup zum ersten Mal nicht in dessen Gründungsstätte statt. Rin hatte noch nicht darüber nachgedacht, dass sie mit einem Gruppensieg zum ersten Mal das Land verlassen würde. Ihr Blick ging über die DuelDisc, in der sich noch ihr Glücksbringerdeck befand. Ihr wurde bewusst, dass sie noch nie wirklich über einen Sieg nachgedacht hatte. Die Battle-City-Duelle hatten ihre ganze Aufmerksamkeit gefordert, dass daran nicht zu denken gewesen war. Und danach war sie so darauf fokussiert gewesen, der Kaiba Corporation einen denkwürdigen Sieg zu verpassen, dass sie zum ersten Mal begriff, wie nahe sie ihrem Ziel war. Dass sie das Ticket bereits in Sichtweite hatte und nur noch genug Ausdauer mitbringen musste, um nach ihm die Arme auszustrecken. Lange starrte sie die Karten an, dann nahm sie das Deck. Sie wollte es bei sich haben, wenn die Vergabe der Gegner bekannt gemacht wurde. Es hatte bereits bewiesen, dass es ihr Glück brachte, auch wenn sie sonst nicht der Typ für Aberglauben und spirituelle Führer war.

Etwas Support kann nie schaden

Damit stieg sie aus dem Bett, legte es genauso ordentlich zusammen, wie sie es die Tage zuvor aufgefunden hatte und schnappte sich ihre Kleidertüte. Für die Nacht hatte sie sich die bequemen Sachen übergezogen, die als einzige zum Schlafen etwas taugten. Zwar war die weite Stoffhose eindeutig zu viel für die Sommernächte, aber ohne sie nachts durch die Flure zu wandeln erschien ihr in der derzeitigen Situation auch nicht angebracht. Zumal das Shirt nur knapp über ihr Hinterteil reichte.

Mit tippelnden Schritten verließ sie das Schlafzimmer, huschte an dem Wohnzimmer vorbei, in dem sie bereits Rascheln und Klappern vernommen hatte und schlüpfte durch die Badtür.

Okay, Rin

Sie nahm einen tiefen Atemzug - dabei kam ihr der Traum in den Sinn, dass sie mittendrin die Luft anhielt. Kopfschüttelnd pustete sie ihren Atem aus.

Heute gibt es keine Ausreden. Heute muss ich mit ihm reden. Egal, wie es ausgeht.

Rin stellte sich vor das Waschbecken und putzte sich die Zähne. Yamato hatte ihr zu Beginn ein kleines Pflegeset mit allem nötigen Zubehör hingestellt. Bei dem Gedanken verzogen sich sämtliche Gedärme. Dieser Mann war einfach so wunderbar und Rin einfach nur der größte Volldepp. Nur zu gerne hätte sie ihnen beiden eine Chance gegeben. Wie lange verzehrte sie sich danach, ihr Bett mit jemanden teilen zu können, dem sie vollends vertraute, bei dem sie sich fallen lassen konnte und ganz sie selbst sein. Über drei Jahre hatte sich nicht annähernd die Gelegenheit ergeben. Keinem, dem sie begegnet war, konnte sie Vertrauen aufbringen. Niemanden, zu dem sie offen sein konnte und sich ganz ihren Empfindungen hingeben. Sie hatte wirklich geglaubt, dass es diesmal anders sein würde. Dass Yamato derjenige war, mit dem es möglich gewesen wäre. Er und Rin wären ein tolles Team. Daran hatte sie keinen Zweifel. Aber seit dem Kuss -

Schroff fuhr sie sich mit dem Kamm durch die Haare. Er war ein toller Küsser. Seine Lippen waren weich. Seine Bewegungen nicht zu voreilig oder verkopft - und trotzdem hatte sie nicht ein Funken seiner Gefühle erreicht. Sie wusste seit Jahren, was sie wollte. Wie sie es wollte. Nun hatte sie die Chance gehabt, all das zu bekommen und es reichte ihr einfach nicht.

Den Blick auf das eigene Spiegelbild gerichtet, versuchte sie die Veränderung, von der Makoto gesprochen hatte, äußerlich zu erfassen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Egal, wie sehr sie sich verändert hatte, sie würde niemand werden, der nicht ehrlich zu den Menschen war, die ihr etwas bedeuteten. Und Yamato bedeutete ihr etwas, so viel stand fest.

"Du schaffst das", murmelte sie und entschied sich, die Haare offen zu behalten. Auch wenn sie heute ihren Gegnern und einigen Firmenchefs gegenüberstand, würde sie niemand sonst zu Gesicht bekommen. Die Vergabe der Teams fand nur unter den Spielern, ihren Sponsoren und dem Komitee statt. Heute wollte sie die eiskalte Spielerin wenigstens noch für einen Tag in der Schublade behalten. Sie spürte, wie die andere Seite von ihr stärker seinen Besitzanspruch geltend machen wollte. Wie es an ihr nagte, sie aufforderte sich ihr zu ergeben. Streng betrachtete sie ihre Seelenspiegel, die darauf warteten ihr Gift zu versprühen. Ungewohnt fühlte es sich noch an, dieser Rin gegenüberzustehen. Sie wusste, dass sie ein Teil von ihr war - aber konnte sie sich auch endgültig von ihrem alten Ich losreißen, das so lange die Oberhand hatte?

Aus der Kleidertüte ihrer Mutter holte sie die Stoffe hervor und breitete die mitgebrachten Sachen auf dem rechteckigen Badteppich aus. Wie sie bereits Lumina gesagt hatte, war die Auswahl sehr sporadisch und weniger Alltagstauglich. Das einzige, was nicht nach Exzentrik oder Rollenspiel schrie, war ein Sommerkleid ihrer Mutter, das sie seit Ewigkeiten nicht mehr an ihr gesehen hatte. Als Rin noch ein kleines Kind war, hatte sie es manchmal getragen. Das Kleid war weiß mit rosanen und blauen Blütenblättern geschmückt. Es war eng am Hals gelegen, und mit einer Schleife an der Seite versehen. Bis zu den Hüften war es Figur betont, danach ging es in eine leicht schwingende Glockenform über, die nicht einmal den schwächsten Böen standhalten konnte. Ihre Mutter hatte toll darin ausgesehen. Ihre zierlich, weibliche Statur, die etwa einen halben Kopf kleiner war als Rin, ließ das Kleid bis zu ihren Knien fallen. Für Rin war es das klassische Ausgehkleid für ein erstes Date. Passend dazu lagen ein paar Sandaletten mit gefährlich hohen Absätzen. Die Schuhe gehörten Rin und waren eine der ersten Fehlkäufe ihres Lebens gewesen. Nicht, weil ihr die Riemchensandalen nicht gefielen. Der Absatz war einfach viel zu schmal, als dass sie länger als eine Stunde damit rumlaufen könnte - schon gar nicht durch ihr mit Backsteinen gepflastertes Viertel. Sie hielt die Sandalen vor's Gesicht.

Wenn ich mich schon in Schale werfe, dann muss ich auch das gesamte Paket bedienen

Zudem waren ihr die Boots allmählich zu warm für die schwülen Hochsommertage, dass sie sich schon selber dämlich darin vorkam. Mit einem Nicken, das sie bekräftigen sollte, zog sie sich um und schlich langsam aus dem Bad Richtung Wohnzimmertür. Sie stand ein Stück weit offen, dass sie ihren Kopf in den Spalt hervorlugen ließ.

"Guten Morgen", lächelte sie der Schwarzhaarige an, der gerade dabei war, sämtliche Fenster aufzureißen.

"Morgen", erwiderte Rin und kam ein paar Schritte ins Wohnzimmer. Seine Augen weiteten sich für Sekunden als er Rin komplett vor sich stehen sah. Um seine Seelenspiegel entstanden kleine Lachfalten: "Bereit für nachher?"

"So in etwa", entgegnete sie und lief auf einen der Stühle vor der Küchenzeile zu, "zum Glück wird keine Presse dabei sein, die sich das Maul darüber zerreißen könnte." Sie lächelte träge.

"Ich finde, du siehst wunderschön aus."

Warum nur? Was habe ich dem Schicksal getan, dass es mich so verarschen muss?

"Danke", flüsterte sie zurück und sah zur Seite.

Du musst es jetzt tun! Einfach ins kalte Wasser springen.

"Sag' mal", Yamato widmete sich einem der Fenster zu und legte die Hand auf die Klinke, "das Treffen findet doch im Themenpark statt - oder?"

"Ja, gegen vierzehn Uhr soll ich in der Hauptarena sein. Wieso?"

"Gibt es dort auch eine Möglichkeit gut zu frühstücken?"
 

Und ob es die gab!

Im Herzen des Kaiba-Themenparks, umzäunt von meterhohen Sonnenblumen, die dem wolkenlosen Himmel zumindest etwas Schatten entgegen zu bringen hatten, befand sich eines von vier Lokalitäten, welches eine der besten Frühstücksbuffets zu bieten hatte, die Rin jemals ausprobiert hatte. Während eines ihrer zahlreichen Battle-City-Duelle war sie schließlich auf einen Absacker hier vorbeigekommen. Der großzügige Rabatt, sowie die gigantische Auswahl an internationaler Küche hatte sie neugierig gemacht. Das Gebäude, das lediglich aus einer riesigen Glaskuppel bestand, war in dem nördlichen Teil des Parks ein richtiger Hingucker. Im Schein der Mittagssonne funkelte das Glas wie eine einzige diamantene Halbkugel, dass sie ihrem weißen Nachtdrachen starke Konkurrenz machte. Unter einem der rotweiß gepunkteten Schirmchen, die um die Kuppel herum platziert wurden, saßen Yamato und sie, bestaunten den Berg an Köstlichkeiten auf ihren Tellern, bevor sie sich breit grinsend einen guten Appetit wünschten.

"Danke für die Einladung", entgegnete der Schwarzhaarige und biss in ein frisch gebackenes Croissant, aus dem noch heißer Dampf heraus quoll. Nachdem sie an der Kasse erkannt worden und nicht einmal ihr Metallarmband von Nöten gewesen war, hatte die Dame hinter der Kasse sie angelächelt und weiter gewunken.

So einfach ist das?

"Danke nicht mir", Rin sah zur Seite, "das zahlt alles die Kaiba Corporation." Neben ihnen tuschelte ein Pärchen, dass sich in Richtung der beiden gewandt hatte. Der Blick der jungen Frau verdunkelte sich. Seit sie im Themenpark angekommen waren, hatten alle Augen auf die junge Frau geblickt, die sich über das Gelände bewegte als schritte sie zu ihrem nächsten großen Duell. Rin konnte einfach nicht anders. Ihre Beine nahmen von selbst das Tempo an - die spitzen Absätze ignorierend, die über das blanke Stein trommelten. Erstaunt sah eine Gruppe Jugendlicher zu der Profispielerin, die sich nicht um die Schaulustigen scherte. Im Gegenteil: Rin blieb eisern und versuchte, die Ignoranz in Person zu sein, dass sie Mühe hatte, Yamato nicht mit derselben Attitude entgegen zu treten. Dieser wusste auch nicht so genau, wie er mit der Situation umzugehen hatte, zumal sich jeder zweite laut die Frage zu stellen schien, mit wem die Duellantin aufgekreuzt war. Yamato allein war schon ein Blickfang für viele junge Frauen. Lässig spazierte er mit ihr durch den Park als wäre es das selbstverständlichste der Welt. Gespannt betrachtete er die einzelnen Attraktionen, die unzähligen DuelMonsters-Phanatiker, die durch die Gegend rannten und ungeduldig zwischen der Duellantin und der weiter westlich gelegenen Hauptarena hin und her sahen. Die Arena selbst war gut abgeschottet worden. Mit Absperrbändern und rund dreißig Securitys an den Eingängen, kam keiner der Besucher in die Nähe der Halle, die bereits von Weitem erkennen ließ, wofür sie gedacht war - fünfzehn Plakate hingen an dem Gemäuer, dass es gänzlich von den Gesichtern der Topspieler überdeckt wurde. Direkt dazwischen waren Rins Augen in den Fokus gelegt worden. Bestimmt war ihr Blick in die Kamera gerichtet, dass es den Anschein erweckte als würde sie die vorbeilaufenden Gäste anvisieren. Auch Yamato sah zu den Plakaten (Rin hätte gerne gewusst, was in seinem Kopf vorging). Seine Augen blickten entschuldigend drein, als eine weitere Gruppe um ihren Tisch herum schlich: "Tut mir leid", er bemühte sich zu lächeln, wobei er sich wirsch durch den dunklen Schopf fuhr, "ich hab' nicht ganz nachgedacht als ich dir den Vorschlag gemacht habe."

"Schon okay", sie stocherte mit der Gabel in ein Stück Honigmelone, "allmählich muss ich mich damit abfinden, dass mich die Leute erkennen. Ich sehe es als so eine Art Übung an", sie lächelte träge und knabberte an dem perfekt gewürfelten Stück. Ihr Blick ging ins Leere. Die neugierigen Gesichter waren eine Sache. Sie machten sie weitaus weniger nervös als der schwarzhaarige Mann, der ihr gegenüber saß und dem sie eine Erklärung schuldig geblieben war.

"Yamato", ihre Stimme glich einem Flüstern, sie wünschte, sie könnte ihm etwas anderes sagen. Etwas, das er verdient hätte.

Sei kein Schisser!

"Ich-", sie ließ die Gabel sinken. Wieso fiel es ihr so verdammt schwer? Seit Wochen übte sie daran, selbstbewusster zu werden, sich durchzusetzen. Ein paar einfach Sätze brachten sie ins Taumeln. "Es ist so...Ich-"

"Rin?", Yamato verschränkt seine Arme. Sein Blick forderte sie auf, seinen Augen entgegen zu treten. "Es ist alles gut." Der Satz breitete sich wie ein Echo in ihr aus.

"Hör' mal", das Braun seiner Seelenspiegel hatte etwas Tiefgreifendes - so hatte er sie noch nie angesehen, "du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Ich weiß, was du sagen willst. Es ist okay", er lächelte sanft, dass das Lächeln bis zu seiner Iris gelangte. "Du hast den Kopf gerade so voll mit anderem Zeug und ich habe das Gefühl, dass ich es dir nicht gerade einfacher mache. Du sollst nicht glauben, dass du mir eine Erklärung schuldig bist."

"Ich-", Rin blinzelte verduzt, "du bist der Letzte, der mir das Leben schwer macht." Sie schüttelte den Kopf. "Ich möchte dir einfach nichts vormachen." Endlich war es raus. Sie spürte, wie etwas durch sie hindurch rutschte.

"Oh, das machst du nicht", sagte er und legte die Hände auf den Tisch, "ob du's glaubst oder nicht, du bist ziemlich direkt in dem, was du willst. Das ist ja das Spannende an dir." Sein Lächeln wurde breiter. "Ich muss zugeben, ich habe anfangs gedacht, du wärst leicht rum zu kriegen", seine Finger griffen nach der Kaffeetasse, "eine typische junge Frau halt - ein bisschen zurückhaltend, ein bisschen verlegen, lieb und umsichtig-" Rin hatte diese Eigenschaften schon oft zu hören bekommen. Von der Schulzeit angefangen bis zu ihrer letzten Arbeitstelle war sie als das klassische Mädchen von nebenan betitelt worden. Nur Lumina und sie wussten, dass die Fassade seit Jahren perfektioniert worden war, wodurch niemand wirklich dahinter blicken konnte.

"Aber", Yamatos nahm einen kräftigen Schluck, bevor er sich wieder ganz Rin widmete, "irgendwie hab ich schnell gemerkt, dass du eine ziemlich hart zu knackende Nuss bist. Nicht so leicht zu durchschauen, wie es den Anschein hatte. Das fasziniert mich." Rin stieg die Farbe ins Gesicht. Yamato sprach so locker und offen zu ihr, dass seine Coolness durch die gesamte Umgebung strahlte. Sie wünschte sich, etwas davon würde an ihr abfärben.

"Nett, dass ich doch keine schnelle Nummer für dich bin", sie grinste schief. Seine Worte hatten den Knoten in ihr gelöst. Sie fühlte sich befreiter denn je. Der Schwarzhaarige schüttelte den Kopf: "Nein", lachte er, "dafür mag ich dich zu sehr." Er hielt inne. "Ich möchte nur ungern die Freundschaft mit dir riskieren, nur weil du glaubst, mich die ganze Zeit hingehalten zu haben."

"Ich mag dich auch", flüsterte sie zurück. Seine Worte waren wie Balsam. Mehr hätte sie nicht von ihm erwarten können. Selbst jetzt schien es ungerecht, wie er zu ihr war. Hatte sie das überhaupt verdient?

"Das heißt aber nicht", das Schelmische kehrte in Yamatos Gesicht zurück, "dass ich es nicht trotzdem versuchen werde." Nun musste auch Rin lachen.
 

"Frau Rin Yamamori?", beide hatten nicht bemerkt, wie ein großer dunkler Schatten sich vor ihren Schirm aufgestellt hatte. Ein Mann mit Igelfrisur und schwarzem Anzug stand an ihrem Platz. Seine dunklen Brillengläser reflektierten die direkte Sonneneinstrahlung, dass Rin nicht einmal ihr eigenes Spiegelbild erkennen konnte, geschweige denn durch die Gläser seinen Blick ausmachen konnte. Mit ernster Miene griff er in die Innentasche seines Jacketts und holte einen weißen Umschlag hervor. "Pegasus J. Crawford schickt mich. Ich soll Ihnen diesen Umschlag überreichen." Damit legte er ihn auf den Tisch, direkt neben Rins halbleeren Teller. Noch bevor die junge Frau sich dazu äußern oder auch nur im entferntesten darüber nachdenken konnte, was gerade passiert war, wandte sich der Mann ab und verschwand hinter der Glaskuppel, bis der schwarze Fleck als bloße Erinnerung verblasste.



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