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Spiel ohne Limit

von

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Es war ein Vogel, der an eine Fensterscheibe klopfte, der sie wieder die Augen aufschlagen ließ. Ein wolkiger Himmel verdeckte die Sonne, dass nur schwach das Licht durch das Glas schimmerte. Rin rieb sich die Augen. Das hatte sie zuletzt als Kind getan, wenn sie ihre Mutter für die Vorschule geweckt hatte. Tief atmete sie ein. Sie fasste sich an den Kopf. Ihr Schädel fühlte sich an als wollte er jeden Augenblick wie ein zu stark aufgepumpter Luftballon platzen.

Wo bin ich?

Sie kannte dieses Bett nicht, ebensowenig diesen Tisch oder den Fernseher, der an der Wand hing.

Moment

Den Blick auf das Fenster gerichtet, ließ den kleinen Piepmatz von dannen ziehen. Der Ausblick war ihr fremd, und doch wusste sie ganz genau, wo sie war - im Domino Memorial Hospital. Jetzt erkannte sie auch das sterile Mobiliar, das verstellbare Bett mit der grau-weiß gestreiften Bettwäsche. Als Kind war sie einmal wegen einer Lungenentzündung hier gewesen. Damals hatte alles auf sie viel riesiger gewirkt - richtig unheimlich. In ihren Erinnerungen waren die Schwestern weniger freundlich und der Arzt ein richtiger Stinkstiefel gewesen. Dafür hatte sie sich ganz prima mit ihren beiden Bettnachbarinnen verstanden, von denen die eine ebenfalls ein großer Cyber-Punk-Fan gewesen war. In diesem Zimmer schien sie die einzige Patientin zu sein. Ihr Bett stand genau in der Mitte des Zimmers, dass sich zwei große Lücken zu beiden Seiten befanden. Auf der rechten Seite hatte sich ein schwarzes Knäuel direkt am Bettrand aufgebauscht. Leise Atemzüge drangen zu ihr durch. Rin lächelte - auch wenn ihr Kopf sie wieder daran erinnerte, dass sie möglichst keine Gesichtsmuskeln anstrengen sollte. Ihre beste Freundin zu sehen tat gut. Lumina musste sich einen der Stühle geschnappt und an Rins Bett gestellt haben. Während sie darauf gewartet haben musste, dass Rin aufwachte, musste die Schwarzhaarige wohl selbst eingenickt sein. Vorsichtig stupste sie ihren Lieblingswuschel an die Schulter. Die Mähne wackelte, bis sie ihren Kopf anhob und Luminas Gesicht zwischen einzelnen wirren Haarsträhnen hervorlugte. Erst gähnte sie laut, bevor sie sich Rins Blicke bewusst wurde und die Augen aufriss.

"Na", begrüßte Rin ihre Freundin.

"Was heißt denn hier, na?!", brüllte Lumina zurück und ballte die Hände zur Faust, "ich bin fast gestorben vor Angst und dir fällt nicht Besseres ein als >na<?!"

Rin biss sich auf die Lippen. Jedes von Luminas Worten war wie ein Schlag in ihre Gehörgänge. "Entschuldige, Lumina, ich-" Die Schwarzhaarige warf sich auf sie und zog sie in eine feste Umarmung. Die junge Frau schloss die Augen und legte die Arme um den kleinen Wuschel.

"Jag' mir nie wieder so einen Schrecken ein", murmelte Lumina in Rins zerwühlte, lange Haare.

"Mir geht's gut", antwortete Rin, weil sie nicht wusste, ob sie dieses Versprechen halten konnte. Wie vom Blitz getroffen erinnerte sie sich an das letzte Duell. Sie riss sich von Luminas Umarmung, legte die Hände auf ihre Schultern und sah sie durchdringend an: "Haben wir gewonnen?!"

Lumina seufzte. "Du bist einem Leben mit Sabberlätzchen und Rollstuhl entkommen und fragst mich als erstes das?!"

"Bitte nicht so laut", knirschte Rin mit den Zähne, die sich daran zu erinnern versuchte, wann sie jemals einen Kater hatte, der schlimmer war als dieser Zustand.

Ihre beste Freundin grummelte etwas Unverständliches vor sich hin, bevor sie etwas leiser fortfuhr: "Na was wohl", Lumina sah zur Seite, "dieser arrogante Penner hat diesen Schroeder natürlich fertig gemacht."

Rin machte große Augen.

"Und ja", verleierte die Schwarzhaarige ihre eigenen "er hat deine Weißen gespielt. Die halbe Welt fragt sich, wie er deine beiden verdeckten Karten erraten konnte. Wenn du mich fragst, sind die alle doch nicht mehr ganz sauber in der Birne. Anstatt sie sich mal fragen, was das für 'ne kranke Show war, glauben die Leute lieber diesen Schwachsinn, den die Presse ihnen weisgemacht hat."

"Aber die Kameras haben doch das Duell aufgezeichnet. Damit es alle sehen sollten." Rin war sich ganz sicher. Lumina grinste. Ein Grinsen, das die junge Frau sofort als Zynismus erkannte.

"Oh und ob dieses Duell aufgezeichnet wurde. Überall. Sogar auf dem Kampus. Ich dachte erst, ich seh's nicht, als du neben Seto Kaiba gestanden hast - mitten in diesem Duellwahnsinn. Was hat dich nur dazu geritten, dich auf diesen Mist einzulassen?"

"Woher sollte ich denn wissen, dass Zigfried versuchen würde, mein Gehirn lahm zu legen?!", verteidigte sich Rin und verschränkte die Arme vor der Brust. Luminas lilane Seelenspiegel sahen sie durchdringend an. "Das meine ich nicht, Rin", ihre Augen bohrten sich durch Rins eigenen Blick, der noch etwas geschwächt war, "das, was du getan hast…du weißt, was ich meine."

Verdutzt sah die junge Frau zu ihrer Freundin. Matt lächelte sie - die Schmerzen ignorierend. "So ein Quatsch", winkte sie ab, "ich habe mich nur duelliert, nichts weiter. Das ist doch schließlich mein Job-"

"Nein", Luminas Stimme wurde harscher. Schnell fing sie sich wieder und setzte sich zurück auf den Stuhl. "Tu es nicht ab, als wär's eine Lapalie. Es war verdammt knapp. Du weißt, es hätte auch anders laufen können. Das ist es einfach nicht wert." Ihr letzter Satz erinnerte Rin an etwas.

Genau, Hacharui. Er hat so etwas ähnliches gesagt. Was wohl aus ihm geworden ist? Wenn meine Erinnerung mich nicht trübt, müsste ich ihn mit einem meiner Wachdrachen besiegt haben

"Weißt du, was mit Zigfried und seinem Partner passiert ist?" Aber Lumina zuckte nur mit den Schultern: "Wie gesagt, es wurde so abgetan, als wäre das Duell nur eine Show für Publicityzwecke gewesen." Lumina nahm ihre Zigarette vom Ohr und begann damit herum zu spielen. "Aber dieser von Schroeder wird sicher massig Kohle haben. So einer wie der wird nicht bestraft. Maximal wird dem auf die Finger geklopft. Wirst du sehen. In ein paar Wochen wird er seelenruhig durch die Gegend spazieren.

Naja, wohl nicht gerade durch die Gegend-

"Vermutlich hast du recht." Rin ließ den Blick schweifen. Ihr brannte eine Frage auf den Lippen. Sie krallte die Hände in die Decke. "Sag' mal", obwohl Lumina ihre beste Freundin war, zögerte die junge Frau. "Ist sonst noch etwas passiert, das ich wissen sollte?"

Ich kann sie nicht nach ihm fragen. Lumina würde mir den Kopf abreißen

Luminas Blick verfinsterte sich. "Nein", sagte sie mechanisch und hörte auf, die Zigarette um den Mittelfinger zu drehen. Bevor Rin weiter nachhaken konnte (so wirklich glaubte sie ihrer Freundin nämlich nicht), klopfte es an der Zimmertür. Eine blonde Frau mit weißer Haube stellte sich an die Tür. "Wie schön, Sie sind aufgewacht, Frau Yamamori", die Schwester lächelte, dass Rin nichts Falsches an ihrem Lächeln erkennen konnte. "Wie geht es Ihnen?"

"Ganz gut, danke", antwortete Rin und nickte, "ein wenig geschafft, aber seitdem ich wach geworden bin, ist es schon viel besser geworden."

"Das freut mich", die Krankenschwester kam auf sie zu. Sie maß ihren Puls, kontrollierte die Temperatur und nahm noch etwas Blut ab. "Ich werde dem Chefarzt Bescheid geben, dass sie endlich aufgewacht sind. Er wird sich sicherlich umgehend bei Ihnen melden." Mit diesen Worten tat sie eine tiefe Verbeugung und verließ das Zimmer - nur, um wenig später mit zwei Riesentabletts zu erscheinen, dass die beiden Frauen gleichzeitig den Mund aufrissen.

"Ist das hier ein Krankenhaus oder ein fünf Sterne Hotel?", Lumina sah der Krankenschwester hinterher, die beide Tabletts auf den ausziehbaren Beistelltisch stellte.

"Für unsere Patientin nur das Beste", entgegnete sie mit strahlendem Gesicht und verabschiedete sich.

"Wahnsinn!" Jetzt konnte auch Rin nicht in sich halten. Ihre Augen begannen bei all den Köstlichkeiten zu leuchten. "Yakitori, Tonkotsu Ramen, Sashimi, Omelette", ihr lief das Wasser im Mund zusammen. Neben Rin hatte sich Lumina vorgebeugt und grinste breit. "Das willst du doch nicht alles alleine essen!"

"Bis wann soll ich denn essen? Bis Weihnachten?" Die junge Frau schüttelte den Kopf. So hatte sie einen Krankenhausaufenthalt nun wirklich nicht in Erinnerung.

Ich frag' mich, wen man alles dafür bestechen muss, um das hier zu bekommen…am Ende gehört Kaiba auch das Krankenhaus…nein, das wäre…obwohl-

Bevor Rin weiter darüber nachdenken konnte, hatte ihre beste Freundin den Tisch aufgeklappt, dass die Tabletts genau vor Rins Nase lagen. Der Duft verschiedenster Spezialitäten kroch ihr in die Nase, dass ihr kurzzeitig übel wurde. Vielleicht war es doch noch zu früh für Essen. So ganz schien sie sich doch noch nicht erholt zu haben, auch wenn sie das niemandem sagen wollte. Eigentlich schade um das Essen

Wenigstens langte die Schwarzhaarige zu. Ohne Rins Kocheinlagen, war Lumina in puncto Essen vollkommen aufgeschmissen - abgesehen von ein paar Tütensuppen, die sie noch aufzuwärmen wusste. Soweit sich Rin erinnerte, konnte ihre Cousine noch bescheidener kochen als die Schwarzhaarige selbst.

Still beobachtete sie ihren Lieblingswuschel dabei, wie sie die Stäbchen auftrennte und ihre Entscheidung - ob Reis oder doch die Ramen zuerst - abwägte. Nachdem sie von allem etwas probiert hatte, zerteilte sie auch die zweite Stäbchenpackung. "Du musst auch etwas essen", nuschelte Lumina, während eine Nudel in ihrem Mund verschwand, "oder soll ich dich etwa füttern?" Sie hob die Augenbrauen an, während Rin ihre zusammenzog, bevor beide zu grinsen begannen.

"Geht's?", fragte die Schwarzhaarige, nachdem Rin scharf die Luft eingezogen hatte und sich den Kopf halten musste. Mit zusammengekniffenen Augen nickte sie.

"Geht schon, ich darf nur nicht lachen."

"Das wird hart."

"Ich weiß." Langsam nahm sie einen Bissen von dem Fleisch.

Meine Mutter hätte es nicht besser hinbekommen können…apropos-

"Wer weiß eigentlich noch, dass ich im Krankenhaus bin?"

Lumina nahm eine Serviette zur Hand und entgegnete: "So ziemlich niemand. Das heißt, ich kann es dir nicht genau sagen. Als das Duell beendet war, habe ich sofort alle Krankenhäuser in Domino abgeklappert. Ich hab seitdem mit keinem gesprochen. Bei meinem Handy ist mir gestern auch der Akku flöten gegangen."

"Ich hoffe, meine Mutter kriegt davon nichts mit", auch Rin stellte ihre Stäbchen beiseite, "sie würde ausflippen."

"Verständlich", Lumina kümmerte sich derweil um das restliche Essen. Sorgfältig drapierte sie die Reste auf einen großen Teller und fuhr den Beistelltisch wieder ein. "Aber ich denke, du bist safe. Wenn sie von dem Duell gehört hat, dann wird sie dasselbe denken wie alle anderen."

"Ich hoffe es", murmelte Rin, die seit ihrem Streit am Telefon nichts mehr von ihr gehört hatte. Ihr Vater hatte recht. Sie musste sich bald bei ihr melden, bevor ihre Mutter auf die Idee käme, Rin mit einem Anstandsbesuch zu überraschen. Yukiko Yamamori hatte das Talent, zu den unpassendsten Zeitpunkten aufzutauchen. Wie vor anderthalb Jahren, als Lumina ein paar Freunde zu sich eingeladen hatte, und einer von ihnen in Rins Bett gefallen war, weil er im betrunkenen Zustand den Weg von der Toilette zurück ins Wohnzimmer nicht gefunden hatte. Natürlich hatte ihre Mutter einen Riesenaufstand gemacht, dass eine lange Rede über Moral und Sittlichkeit den Morgen zunichte gemacht hatte. Besonders Yukikos Ansichten über Luminas Freunde und deren schlechter Umgang für die junge Frau waren eine Leier, die sich Rin seit ihrer Teenagerzeit anzuhören hatte. Nach diesem Vorfall hatte ihre Mutter zumindest gelernt, anzuklopfen, bevor sie Rins Zimmer betrat.

Nein, sie musste verhindern, dass ihre Mutter einfach bei ihr hereinschneien würde, wenn sie es am wenigsten gebrauchen konnte. Gerade jetzt, wo sie sich auf andere Dinge konzentrieren musste. Zumal ihre Wohnung ein inoffizielles Sperrgebiet war und die Frage nach Rins Ausweichmöglichkeiten nur noch mehr unangenehme Gespräche zur Folge hätte.

"Es ist besser so", sagte Rin, mehr zu sich selbst, dass ihre beste Freundin nichts erwiderte - wenn es auch nicht die Chance dafür gab. Ein zaghaftes Klopfen ließ beide aufschrecken. Die Tür öffnete sich und ein weiterer schwarzer Wuschelkopf lugte hervor.

"Mokuba?!", rief Rin völlig überrascht. Den jüngeren der Kaiba Brüder hatte sie nun wirklich nicht erwartet.

"Stör' ich?", mit einem breiten Grinsen kratzte er sich an den Kopf.

"Nein, überhaupt nicht", entgegnete Rin und sah vorsichtig zu Lumina, die lediglich mit den Schultern zuckte.

"Weißt du", stammelte Mokuba, "ich bin nicht alleine hier, musst du wissen."

Rin wurde ganz mulmig.

Mach' dich doch nicht lächerlich!

Der Jüngere schob die Tür noch ein Stück weiter auf, dass sich drei weitere Gesichter hinter dem Schwarzhaarigen stellten. "Nachdem sie erfahren haben, dass ich zu dir will, haben sie darauf bestanden, mitzukommen."

"Makoto, Yamato…und Jonouchi, du auch?"

"Na klar", antwortete der Blonde und winkte, "weil ich dich ja quasi mit meiner DuelDisc dazu genötigt habe…irgendwie fühl' ich mich ein wenig verantwortlich und…da wollte ich mal nach dem Rechten sehen." Die Neuankömmlinge lächelten verlegen.

"Wir mussten uns doch vergewissern, dass es dir gut geht", sprach Makoto, die vor sich eine Kuchenglocke baumeln hatte, "wir waren ganz zufällig zur selben Zeit am Empfangstresen der Kaiba Corporation als uns Mokuba über den Weg lief."

"Wir wollten von dir persönlich hören, wie es dir geht", fuhr Yamato fort, "keiner wollte so richtig mit der Sprache rausrücken, was nun mit dir los ist."

"Schön, dass du wieder wach bist", sagte schließlich Mokuba, wenn er auch so leise sprach, dass Rin seine Worte von den Lippen ablesen musste.

"Ich freue mich, dass ihr alle da seid." Es war schön, sie alle zu sehen, wenn es sich auch neu für Rin anfühlte, so viele Menschen gleichzeitig um sich herum zu haben. Dass sie alle wegen ihr gekommen waren, sich um sie sorgten, damit wusste sie nicht so richtig umzugehen.

Sie winkte die kleine Gruppe in ihr Zimmer und fummelte an dem Beistelltisch herum. Schließlich kamen ihr Yamato und Jonouchi zur Hilfe, beschafften noch vier weitere Stühle, die sie um das Krankenbett verteilten. Makoto schnitt derweil den Kuchen an und erzählte von ihrem Schockmoment als im Café die Liveübertragungen losgegangen waren. "Weil du mich am Montag nicht besucht hast, wusste ich, dass da was nicht stimmt. Da konnten die Medien sonst was erzählen. Du hättest niemals freiwillig den Mousse-au-Chocolate-Montag verpasst." Sie fuchtelte energisch mit dem Messer, dass Yamato den Kopf einzog. Den Blick des Schwarzhaarigen wusste sie nicht so recht zu deuten. Er wirkte anders als sonst, nicht so offen und warmherzig - aber vielleicht bildete sie sich das nur ein. Sie fühlte sich noch nicht ganz klar im Kopf, dass sie ihrem Gefühl nicht trauen wollte.

"Hier", Yamato hatte eine Tasche um die Schulter hängen, aus welcher er Rins Sachen heraus kramte. "Ich hoffe, das kommt jetzt nicht makaber rüber", er hielt ihr die DuelDisc hin, "aber ich hatte das Gefühl, dass du sie haben wollen würdest…und… naja, für die nächsten Duelle."

Rin riss die Augen auf. Bei den verrückten Spinnern am Sonntag hatte sie doch glatt die Endrunden vergessen! Mokuba schien ihren Blick gedeutet zu haben und entgegnete: "Keine Sorge, dein erstes Duell findet erst am Freitag statt."

"Und in welcher Gruppe bin ich?"

"Rot", antwortete Mokuba.

"Isch bin Blau", meldete sich Jonouchi zu Wort, der bereits das zweite Stück Torte herunter würgte. "Du weischt, wasch dasch heischt", er schluckte den letzten Brocken hinunter und zeigte mit der leeren Gabel auf sie, "wir müssen die Endrunden gewinnen, um gegeneinander antreten zu können. Und wehe, du vergeigst es."

"Schon verstanden", Rin beobachtete den Blonden, wie er bereits das dritte Stück ins Visier nahm. Makotos Verlobter hatte wohl einen neuen Fan dazu gewonnen.

"Wer sind dann meine Gegner?" In dem Moment kramte Mokuba einen Zettel aus der Hosentasche. Darauf waren sämtliche Gruppen mit den dazugehörigen Teilnehmern aufgelistet, sowie die Reihenfolge, in denen sie sich duellieren sollten. Daneben standen in sehr kleiner Schrift Datum, Uhrzeit und Schauplatz des Duells. Der junge Kaiba begann laut vorzulesen: "Du startest mit Vivian Wong."

Wong also. Der würde ich nur zu gerne zeigen, wie der Hase läuft.

"...als nächstes wäre dann Masato Kaeji." Also einer aus der Sponsorengruppe. Mit ihm würde sie schon irgendwie fertig werden. Seine Ungeheuer-Krieger-Taktik würde sie noch durchschauen. Mokuba machte eine kurze Pause. "Da wäre noch… Hii Yuta." Die junge Frau presste die Lippen zusammen. "Perfekt", flüsterte Rin, die nur darauf gewartet hatte, sich für ihr erstes Duell zu revanchieren.

"Das wird eine harte Nuss", murmelte Jonouchi, "Paradius' Spieler machen sich gerade erst warm." Seine Augen schweiften ab. Er schien mehr zu wissen, jedoch deutete sein Blick daraufhin, dass er nicht wirklich darüber reden wollte. Also schwieg Rin.

"Und der letzte Gegner", seufzte Mokuba, "wie soll ich es sagen…es ist Yoshi."

"Was?!" Auf der anderen Seite begannen Lumina und Jonouchi gleichzeitig zu prusten.

"Zwei von Kaibas Duellanten in einer Gruppe?!" Der Blonde schüttelte den Kopf. Ganz beiläufig ging seine Gabel über eines der letzten Kuchenstücke. "Ich kann mir sein Gesicht richtig vorstellen", grinste er wie ein Honigkuchenpferd, "er wird sowas von abgekackt haben." Auch Lumina unterdrückte sich einen Lacher.

Schön, dass ihr euren Spaß habt. War ja klar, dass er und Lumina auf denselben Nenner kommen. Ich sollte aufpassen, dass ich die beiden nicht zu oft zusammenstecke.

Rin versuchte ihre Gedanken telepathisch an ihre Freundin weiterzugeben, doch die erwiderte ihren Blick lediglich mit einem fetten Grinsen, bevor sie ihr eigenes Stück Kuchen in den Mund schob.

"Nein", sagte schließlich Mokuba, der entschuldigend zu Rin herüber blickte, "er war nicht wirklich begeistert. Schließlich senkt das die Chancen, dass es einer von euch in die finalen Spiele schafft…ich meine", er schüttelte seine Mähne, "ich hoffe natürlich, dass du es schaffst. Diesem aufgeblasenen Typen gönne ich diesen Triumph nicht."

"Keine Sorge", entgegnete Rin, "ich finde, es hätte nicht besser laufen können. Yoshi prahlt doch schon lange damit, dass er mich mit Leichtigkeit schlagen könnte. Ich will sehen, wie selbstbewusst er ist, wenn ich ihn in die Ecke gedrängt habe."

"Und da haben wir unsere Rin zurück", Lumina schüttelte lächelnd den Kopf - wenn ihr Lächeln auch etwas blass war.

"Das wird auf alle Fälle lustig", nickte Jonouchi und legte seinen Teller beiseite, "wenn es passt, werde ich mir das nicht entgehen lassen."

"Kannst du", entgegnete Mokuba, der seinen Zettel wieder eingesteckt hatte, "Die Duelle werden sich nicht überschneiden. Und Rins Spiel gegen Yoshi wird sogar das Abschlusssduell sein."

Na toll

Rin lehnte sich zurück. Das letzte Duell bedeutete immer die spektakulärste Show der gesamten Veranstaltung. Ein paar Mal hatte sie es im Fernsehen gesehen; wie das Publikum derart angestachelt wurde, dass sie während des Duells vollkommen verrückt spielten. Die Duellübertragung fände Weltweit zur selben Zeit statt - es war schon immer das Spiel mit den meisten Einschaltquoten. Am Ende würden alle drei Duellanten auf die Bühne treten, um sich dem feierwütigen Publikum zu stellen. Und ausgerechnet sie sollte sich an dem Tag mit Yoshi duellieren? Ihre Gedanken drifteten ab, dass sie den Gespräch der anderen nur schwer folgen konnte.

Ich hätte die Auswahl meiner Gegner nicht besser treffen können.

Endlich konnte sie es denjenigen zeigen, die ihr zuvor mit Spott und Überheblichkeit begegnet waren. Am liebsten hätte sie sich schon jetzt auf ihr Duell gegen Hii Yuta vorbereitet. Ihre DuelDisc mitsamt ihres Spielerdecks hatte sie ja jetzt wieder. Ein Stechen im vorderen Kopfbereich ermahnte sie, nichts zu überstürzen. Also versuchte sie sich lieber an den Gesprächen zu beteiligen. Die kleine Gruppe war wirklich eine lustige Mischung. Allen voran Jonouchis freundlich-verpeilte Art ließ ihn mit jedem sympathisieren, dass sogar Lumina ein paar offene Worte mit ihm wechselte. Zusammen mit Yamato, der sich in jedes Gespräch einbringen konnte und Makoto, die immer ein paar wärmende Worte parat hatte, waren sie genau die richtige Konstellation, die Rin nach einem Wochenende wie diesem gebrauchen konnte.
 

Nachdem alle zusammen gelacht und allerhand Zeugs erzählt hatten, dass so viel Normalität ausstrahlte, dass sich Rin wieder daran erinnerte, wie sich so etwas anfühlte, meldete sich die Krankenschwester, dass der Chefarzt in wenigen Minuten erscheinen würde. Daraufhin gab es ein lautes Durcheinander von Stühlen und klapperndem Geschirr, dass Rin sich am liebsten die Ohren zugehalten hätte.

"Wir lassen dich jetzt besser alleine", Makoto gab ihr einen Schmatzer auf die Wange, "Kaito wird sicherlich schon auf mich warten. Ich hoffe, er war ohne mich nicht allzu überfordert." Die Braunhaarige kicherte.

"Dein Liebster wird das schon hinbekommen. Du weißt doch", entgegnete Rin, "montags bleibt es doch recht überschaubar."

"Montag?", blinzelte Makoto verdutzt.

"Äh, Rin?", tippte sie ihre beste Freundin von hinten an, "wir haben Mittwoch."

"Was?!", Rin riss die Decke vom Bett. "Ist das ein Scherz?! Wie lange soll ich denn geschlafen haben?"

Mokuba räusperte sich. "Fast drei Tage."

Die junge Frau starrte mit aufgerissenen Augen ins Leere. Wie war das denn nur möglich?

"Und ich dachte", stammelte sie, "ich hätte nur-"

"Nur keine Panik", klopfte ihr Lumina auf die Schulter.

"Du hast gut reden", Rin beugte sich zu ihrem Smartphone herüber, "ich habe übermorgen ein Duell. Da kann ich hier doch nicht in aller Seelenruhe-" Die Versuche aus dem Bett zu springen, wurden von Yamato und Lumina verhindert, welche die junge Frau mit mehrmaligem Schieben und Zureden zurück aufs Bett beförderten.

"Du wartest erst einmal, was der Doktor sagt", Lumina wedelte belehrend mit dem Zeigefinger. Dann nahm sie ihr Feuerzeug aus der Hosentasche und zeigte damit auf Rin.

"Lumina hat recht", bestätigte Yamato und stemmte die Hände in die Hüften. Er sah sie streng an. Das hatte er noch nie. Rin seufzte. Es brachte nichts dagegen zu protestieren. Wenn sie jemanden davon überzeugen musste, dass sie wieder ganz die Alte war, dann den Chefarzt. Sie streckte wieder die Beine aus und legte das Handy neben ihr Kopfkissen ab.

"Braves Mädchen", Lumina streichelte ihr über den Schopf, weil sie ganz genau wusste, dass es Rin wahnsinnig machte, dann nahm sie die Jacke vom Stuhl und warf sie sich provisorisch über. "Ich muss leider auch los", sagte sie, "bis zu Sakura brauche ich 'ne knappe Stunde, und der Bus fährt bald nur noch alle vierzig Minuten."

"Heißt das, unser Haus wird immer noch belagert?"

"Seit dem Duell am Sonntag hat sich die Zahl der Pressehainis sogar verdoppelt."

"Die Presse belästigt euch?", schaltete sich Mokuba ein. Die beiden Frauen nickten. "Und wie lange schon?"

"Schon die ganze letzte Woche", entgegnete Rin.

"Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?!" Mokuba schüttelte seine Mähne. "Also echt! Ich werd's an Isono weiter leiten. Er wird sich umgehend darum kümmern. Bis heute Abend ist die Meute weg."

"Danke", Rin lächelte - wenn sie es ganz vorsichtig tat, schmerzte es auch nicht so sehr. Auch der junge Kaiba strahlte - nur kurz, bevor er etwas betreten zur Seite sah. "Könnte ich noch kurz mit dir reden?" Die anderen schienen den Wink verstanden zu haben und setzten ebenfalls zum Abschied an. Lumina war die Letzte, die sich von ihrer Freundin trennte. Langsam schloss sie die Tür. Nur noch Rin und Mokuba saßen im Raum.

"Alles in Ordnung?", fragte Rin, nachdem das Zimmer so still geworden war und Mokuba sich nicht durch zu ringen schien, das Gespräch zu beginnen. Überrascht sah er sie an. Er wirkte als wäre er in Gedanken gewesen und Rin diejenige, die ihn davon rausgerissen hatte.

"Mir geht's gut", entgegnete der Schwarzhaarige, "immerhin wurde ich nicht von diesem Spinner mit einem Cybervirus infiziert." Seine großen braunen Augen blickten trüb zu der jungen Frau.

"Ach, Mokuba", setzte Rin an und wurde augenblicklich von Mokuba unterbrochen.

"Das, was da am Sonntag passiert ist…es…es tut mir leid. Wirklich."

"Das ist doch nicht deine Schuld! Dieser Zigfried von Schroeder war es, der mir das angetan hat. Niemand sonst trifft die Schuld, am wenigsten dich."

"Trotzdem. Wir hätten vorsichtiger sein sollen. Irgendwie lag schon vorher etwas in der Luft…dass natürlich sowas passiert-" Der junge Kaiba brach mitten im Satz ab. Er legte die Hände auf den Schoß, knirschte mit den Zähnen und kniff die Augen zusammen. "Das so ein kranker Mist auch immer nur bei uns passieren muss. Die letzten Male hatte es uns wenigstens selbst erwischt. Aber jetzt…das ist unverzeihlich!"

"Wovon redest du?", Rin traute sich fast nicht zu fragen. Geduldig wartete sie ab, bis Mokuba sich gesammelt hatte. Seine Augen aufgeschlagen fuhr er fort: "Zigfried von Schroeder hat schon einmal versucht, die Firma mit einem Virus zu zerstören. Vor fünf Jahren waren aber noch keine Menschenleben aufs Spiel gesetzt worden. Zigfried war noch einer der wenigen gewesen, die es nur auf Setos Firma allein abgesehen hatten. Damals ist… Vieles passiert, dass ich lieber vergessen hätte. Aber immer wieder kommen solche Typen wie Zigfried und machen alles kaputt. Ich glaube, wir werden nie ein normales Leben führen können."

"Dann", flüsterte Rin, die es allmählich begriffen hatte, "dann sind all diese schrägen Dinge, die in früheren Turnieren passiert sind, nicht bloß Show gewesen. Man hat es nur so verkauft…wie das Nullspiel am Sonntag."

"Genau", Mokuba nickte. Er öffnete die Augen. "Seto tut alles dafür, dass die Turniere keinen Schaden nehmen. Wenn die Menschen wüssten, wie krank DuelMonsters eigentlich sein kann, würde es Vielen das Herz brechen. Da geht es nicht nur darum, gute Verkaufszahlen zu schreiben - auch wenn das natürlich immer eine Rolle spielt. Aber in Wahrheit sollen doch die Kinder, die gespannt vor den Fernsehern sitzen, nicht mitbekommen, wie verschroben unsere Welt eigentlich ist. Sie sollen noch Träume haben und Spaß an der Sache…deshalb…. deshalb", er sah ihr fest in die Augen. "Deshalb musst du mir auch glauben, dass mein Bruder dich nicht geopfert hätte."

"Mokuba", Rins Stimme wurde kratzig.

"Bitte, Rin. Seto ist kein so schlechter Mensch."

"Mach dir keinen Kopf", sie bemühte sich um ein Lächeln, "das weiß ich doch. Also", schüttelte sie ihren anfänglichen Gedanken beiseite, "ich meine damit, dass er mich nicht einfach weiter an das System gekoppelt hätte, wenn es Ernst geworden wäre. Schon allein wegen der Firma. Darum ging es von Schroeder schließlich. Dass Kaiba mich fallen lässt und alle Welt dabei zusieht. Selbst dein Bruder hätte sich nicht rechtfertigen können, wenn ich einfach nicht mehr aufgewacht wäre."

"Das stimmt schon", Mokuba seufzte, "aber…"

"Mokuba", sie hatte sich soweit an die Seite geschoben, dass sie dem Jüngeren die Hand auf die Schulter legte, "es ist alles gut. Ich habe Kaiba vertraut." Sie nickte ihm aufmunternd zu, "sonst hätte ich ihm nie meine weißen Drachen mit eiskaltem Blick überlassen."

"Danke", nuschelte der Schwarzhaarige und lächelte nun ebenfalls. "Hast du…hast du denn etwas von dem Duell noch mitbekommen können?"

"Nachdem ich Hacharui besiegt hatte, nein. Ich kann mich an nichts erinnern." Von den Gefühlen, die sie danach hatte, wollte sie Mokuba nichts erzählen. Das hatte sich sicher nur ihr Hirn zusammen gesponnen. Darum würde sie jeden weiteren Gedanken darüber tief in sich verschließen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sherry1090
2022-06-25T19:00:03+00:00 25.06.2022 21:00
Uff da geht es endlich weiter und die Spannung nimmt einfach nicht ab :) Mach weiter so! Einfach mega die Story und ich möchte nicht wissen wie lange du an den Kapiteln mit den Duellen sitzt! :)
Antwort von:  Lady_of_D
27.06.2022 10:10
Viel zu lange 🙈 da sie irgendwie einen Sinn ergeben müssen und am Ende so ausgehen sollen, wie ich es will...


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