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The fragrant Flower

von

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Veilchen


 

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„Ich will dir nicht schaden.“ Die Stimme des Fremden war überraschend weich, die Worte kamen ihm geradezu melodisch über die Lippen.

„Dann zeig dich!“ Es war nicht so, dass Milo undankbar war. Doch würde er jeder dahergelaufenen Gestalt so ohne weiteres trauen, dann würde er heute vermutlich nicht mehr leben. Es gab genügend finstere Wesen, die sich als Menschen ausgaben. So lange er nicht sein Gesicht gesehen hatte, konnte er nicht ausschließen, dass es sich um einen gehörnten Dämon handelte.

Der Fremde schien kurz zu zögern, griff dann aber nach seiner Kapuze und zog sie zurück. Milo war auf alles gefasst gewesen und atmete auf, als keine Hörner zum Vorschein kamen. Stattdessen stand ein normaler Mensch vor ihm und doch beunruhigte ihn der Anblick. Hätte er nicht eben die Stimme des anderen gehört, so wäre er sich bei diesem Gesicht nun nicht mehr sicher, ob es wirklich ein Mann war. Tatsächlich zweifelte er sogar kurz daran, ob er die Stimme falsch einsortiert hatte. Wer würde hier draußen aber auch mit einer Frau rechnen? Was ihn aber mehr verunsicherte war die ungewöhnlich helle Haarfarbe, die einen leichten Rotstich zu haben schien, genauso wie seine grauen Augen. Das schulterlange Haar war zu einem Zopf gebunden, was Milo wieder an eine Frau denken ließ. Andererseits war der Fremde ein gutes Stück größer als er, was nun kein Meisterwerk war. Dennoch entschied er sich dafür, den anderen erst einmal als Mann zu sehen.

„Wer bist du?“ Er klang nicht mehr ganz so gereizt, war aber dennoch misstrauisch. Irgendetwas bei dem Anblick des anderen löste ein ungutes Gefühl in ihm aus. Dieser deutete auf einmal eine leichte Verbeugung an.

„Mein Name ist Fenin.“ Auch wenn sein Name wenig Aufschluss über sein Geschlecht gab, so tat es seine Stimme dieses Mal sehr wohl. Doch diese Erkenntnis rückte in den Hintergrund, als Milo bewusst wurde, wie unhöflich er sich dem Fremden gegenüber, der ihm gerade das Leben gerettet hatte, gewesen war. Sofort ließ er seinen Stab sinken.

„Ah, danke für Eure Hilfe“, beeilte er sich zu sagen. „Ich heiße Milo.“ Er verbeugte sich. Wenn der andere ihm schaden wollte, dann hätte er dies vermutlich längst getan.

Er spürte, wie Fenins Blick auf ihm ruhte, ohne dass er etwas sagte. Als Milo wieder aufschaute bemerkte er, dass der andere seinen Fuß musterte. Obwohl er im Kampf zweimal zu Boden geworfen worden war, war sein Knöchel am stärksten in Mitleidenschaft gezogen worden, zumindest schmerzte dieser am schlimmsten. Jetzt, da das Adrenalin langsam seinen Körper verließ, fiel es ihm noch schwerer zu stehen, was wohl auch der andere bemerkte.

„Du bist verletzt, du solltest dich hinsetzen.“ Fenin machte Anstalten zu ihm zu kommen und ihn zu stützen, doch Milo wich unmerklich zurück.

„Ich kann selbst laufen.“ Wie zum Beweis rammte er seinen Stab in den aufgeweichten Waldboden. Unter Fenins Augen biss er die Zähne zusammen und versuchte mit Hilfe des Stabs möglichst normal zur Hütte zu gehen. Es regnete noch immer stark und er hatte keine Lust, sich in einem Loch aus Schlamm im Regen auszuruhen. Die Hütte durfte nun ja sicher sein. Fenin folgte ihm langsam.

Milos Augen gewöhnten sich nur langsam an die herrschende Dunkelheit in der Hütte, weswegen er sich an einer der Wände, wo es trocken zu sein schien, zu Boden hatte sinken lassen. Für einen Moment hatte er seine Augen geschlossen und fühlte nach den schmerzenden Stellen in seinem Körper. Selbst wenn dieser Fenin ihm etwas böses wollte, welchen Unterschied würde es in seinem Zustand machen, ob er nun wachsam war oder nicht? Er konnte nicht einmal gerade stehen.

Nachdem sich seine Augen soweit an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, dass er die Umrisse der geringen ehemaligen Einrichtung, die mittlerweile zerstört war, erkennen konnte, schweifte sein Blick zu Fenin. Dieser war vor ihm auf die Knie gegangen und kramte in einem Beutel an seiner Hüfte.

„Was macht Ihr da?“ Auch wenn er Fenin erkannte, so konnte er nicht sagen, was der Mann da gerade aus dem Beutel gezogen hatte.

Als er das trockene Laub hier drinnen zu einem Haufen türmte und den Gegenstand hineinlegte, erübrigte sich Milos Frage. Es war ein kleiner Stein, der plötzlich rot zu scheinen begann. Keine Sekunde später entfachte ein Feuer in dem Laubhaufen. Milo hatte von solchen Steinen gehört, mit denen man immer und überall ohne großen Aufwand Feuer machen konnte. Es wunderte ihn auch nicht, dass jemand mit solch nobler Kleidung einen derartigen Gegenstand bei sich trug. Nachdem er in dem schwachen Schein des kleinen Feuers das verrottende Holz in dem Haus, das einmal die Einrichtung gewesen sein musste, gesammelt und es auf das Laub geschichtet hatte, wandte er sich Milos Fuß zu. Dieser ließ es widerwillig geschehen als Fenin sich daran machte seinen Schuh zu öffnen. Wenn er ehrlich war schmerzte sein Gelenk mehr als nur etwas und der enge Schuh trug nicht gerade zu einem Wohlgefühl bei, so dass es eine Wohltat war, als sich der Druck endlich löste. Ein kurzer Blick seitens Fenin und er begann wieder in seiner Tasche zu kramen. Milo ließ seinen Kopf gegen die Wand hinter sich sinken und fragte sich, warum dieser Kerl ihm half. Aus dem Augenwinkel schaute er dabei zu, wie er etwas, was Kräuter sein konnten, auf seinen Knöchel legte. Ein kühles Gefühl breitete sich sofort in diesem aus und vertrieb den pochenden Schmerz zumindest etwas.

„Seid Ihr ein Magier?“, konnte Milo sich nicht länger zurückhalten und musste unweigerlich an das Mädchen aus dem Dorf denken, das ihm selbst das gleiche unterstellt hatte. Vermutlich machte er sich gerade lächerlich.

„Nein.“

„Woher dann der Stein und die Kräuter?“, bohrte Milo nach. „So etwas trägt nicht einfach jeder mit sich herum.“

„Dann bist du also ein Magier?“ Milo musste ein ziemlich doofes Gesicht gemacht haben, weswegen Fenin sich erklärte. „Dein Stab, das ist doch kein normaler. Er hat diese Bestie mit nur einem Stoß getötet.“ Milo blieb nichts anderes, als sein Gesicht zu verziehen.

„Warum helft Ihr mir?“, wechselte er das Thema, woraufhin sich die beiden für einen Moment anschauten.

„Wäre es dir lieber, wenn ich dich hätte sterben lassen? Oder wenn ich dich jetzt alleine hier liegen lasse?“ Erst jetzt bemerkte Milo, dass Fenin ihn duzte. Er runzelte die Stirn darüber. Konnte es sein, dass der andere von Adel war? Doch was machte er dann hier? Dieser hatte seinen Ausdruck bemerkt und schien nun anzunehmen, dass er auf seine Frage reagierte. „Ist es so unüblich, jemandem zu helfen?“

„Nein.“ Milo schüttelte den Kopf. „Ich frage mich nur, was Ihr davon habt? Ihr seht mir nicht wie jemand aus, der alleine durch Wälder reist und gegen Bestien kämpft.“ Der Hauch eines Lächelns huschte über Fenins Lippen.

„Das stimmt, ich sollte längst in der Stadt sein. Ich habe mich wohl verlaufen.“ Er senkte seinen Blick auf seine Hände, mit denen er an der Kordel seines Beutels spielte. „Du bist erfahren im Kampf gegen Bestien und kennst dich im Wald aus, oder?“ Milo wusste zwar nicht, wie er nach dem, was er eben gesehen hatte, darauf kam, doch er verstand sofort worauf der Mann hinaus wollte. Er brauchte nicht lange darüber nachzudenken, ob er Fenin Geleitschutz bieten sollte. Das war wohl das mindeste, was er tun konnte.

„Welche Stadt?“ Es gab nicht viele große Städte, so dass Milo sie möglicherweise zumindest vom Hören kannte, auch wenn er noch nicht lange in dieser Gegend war.

„Trora.“ Der Name sagte ihm nichts, was vermutlich bedeutete, dass sie nicht allzu groß war. Trotzdem nickte Milo.

„Wenn Ihr wirklich einem Verwundeten folgen wollt, ich werde Euch nicht aufhalten.“

„Vielen Dank.“
 

Der Regen prasselte auch noch in der Nacht auf das marode Dach der Hütte. Milo hatte sich mittlerweile seines nassen und schlammigen Umhangs entledigt und an dem kleinen Feuer, das langsam mangels Brennmaterials erlosch, gewärmt. Er hatte versucht etwas zu schlafen, sich auszuruhen, doch er konnte sich nicht so recht entspannen. Fenin hatte sich an der gegenüberliegenden Wand niedergelassen und schien zu schlafen. Er konnte nicht anders, als immer wieder zu dem Mann hinüber zu schauen. Seit auch er seinen Umhang zum Trocknen ausgezogen hatte konnte sich Milo sicher sein, dass er wirklich ein Mann war, zumindest zeichneten sich unter seiner nicht weniger feinen Kleidung kein Busen ab. Milo schüttelte den Kopf über sich selbst. Warum interessierte ihn das überhaupt? Er hatte ganz andere Probleme.

Auch wenn Fenins Kräuter seine Schmerzen gelindert hatten, so war er dennoch verletzt. Gleichzeitig hatte er ihm versprochen, ihn in die Stadt Trora zu bringen. Er hatte schon kaum Essen für sich selbst, geschweige denn für zwei Leute. Sie konnten es sich nicht erlauben, länger Pause einzulegen und ihn etwas zu schonen. Während er über das Geschehene nachdachte, den Kampf gegen den Keiler zum wiederholten Male in seinem Kopf durchging, bohrte sich sein Blick geradezu in den schlafenden Fenin. Er hatte ihm unbestreitbar das Leben gerettet und dennoch wusste Milo nicht, was er von dem anderen halten sollte. Er strahlte eine gewisse Ruhe aus und wirkte selbst eher unbekümmert, doch Milo kam in seiner Gegenwart einfach nicht zur Ruhe. Ziemlich sicher war es seine Anwesenheit, die ihn nicht schlafen ließ, und nicht die Erinnerungen an den schrecklichen Kampf.

Erst als sein Magen laut knurrte kam ihm ein anderer Gedanke in den Sinn. Er kramte die geschenkten Brotlaibe hervor, die den Regen erstaunlich gut überstanden hatten und begann zu essen. Nachdem er den ganzen Tag bis auf sein Frühstück noch nichts zu sich genommen hatte, schlang er das trockene Brot geradezu herunter. Und obwohl er noch hätte weiteressen können, hörte er nach der Hälfte auf und verpackte das Essen wieder. Kurz dachte er daran, dass vor dieser Hütte ein gewaltiger, toter Keiler lag. Diesen Gedanken verwarf er schnell wieder. So nötig hatte er es dann doch noch nicht. Nachdem sein Magen nun etwas gefüllt war, fiel er überraschend schnell in einen tiefen Schlaf.



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