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In another life the sea is in the sky (Teil 1)

Searching for the smile of the moon
von

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Wangji war bereits seit einiger Zeit munter, doch lag er weiterhin in seinem Bett, fürchtete er Yi Ling´s unausweichliche Aufzieherei, wenn dieser mitbekam, das sein Rat nicht unsinnig gewesen war.
 

Er hatte Bàng Hēi im Fenster sitzen sehen, als er erwachte, wohl um ein Auge auf ihn zu haben.
 

Als diese merkte, dass er zu sich gekommen war, hatte sie sich mit einem leisen Krächzen verabschiedet.
 

Zwar fühlte sich Wangji noch etwas matt, doch schon wesentlich geerdeter, als vor seinem ausgedehnten Schlaf.
 

Sein líng qì hatte sich darüber wieder etwas regenerieren können, das er mit nachfolgender Meditation wieder rasch zu vollen Kräften kommen sollte.
 

Er verstand erneut, wie zerbrechlich ein Körper war, der nicht auf solch einen Speicher zurückfallen konnte.
 

Dass die Menschen trotz dieser Fragilität kämpften, strebten, lebten, erschien ihm mühselig.
 

Doch er bewunderte ihren Antrieb, der nicht in ewigem Leben bestand, sondern darin zu versuchen etwas aus ihrer gegebenen Zeit zu machen, selbst mit dem Wissen über ihre Vergänglichkeit.
 

Es war nicht nur melancholische, seidengewobene Poesie, wie er es zu einer früheren Zeit betrachtet hatte, wann immer er über die Menschen nachdachte.
 

Nein, es war so viel mehr.
 

So viel fassetten- und lehrreicher.
 

Eindrücke die er, zu Haus, so nie hätte sammeln können.
 

Es fühlte sich, trotz all der Unwegsamkeit, ungemein bereichernd an.
 

Es war eine weitere Erfahrung, die er in seine Reiseaufzeichnungen niederschreiben mochte.
 

Etwas stieß dumpf gegen die Tür, gefolgt von einem Fluchen, und Wangji gab ein ergebenes Raunen von sich.
 

Schließlich schob man die Tür mit einem zufriedenen „Ha!“, auf und Yi Ling strahlte in seiner bekannt, albernen Art. Er balancierte ein Tablet in beiden Händen und eine Schriftrolle unter seinem rechten Arm.
 

Seine Frisur war ein einziges Durcheinander und seine Robe noch immer die, in welcher er ihn aus seiner Hütte geholt hatte.
 

Dessen Zungenspitze schaute etwas hervor, als er sich in voller Konzentration, nichts aus dem Geschirr, das er auf dem Tablet trug, zu verschütten und wirkte dabei ungemein Jungenhaft.
 

Er fragte sich nicht zum ersten Mal, wie alt Yi Ling eigentlich war. Doch erachtete er es als eine Angelegenheit, die er nicht von selbst erfragen würde.
 

„Man hat mir gekräht, dass der Herr wieder munter wäre.“ Er stellte das Tablet auf den Kang Tisch neben dem Bett.
 

„Wie geht es dir?“ Das Grinsen, mit dem man Wangji musterte, verriet das Yi Ling nur darauf wartete, das er ihn bestätigte.
 

„Besser.“, gab er knapp zu verstehen, was Yi Ling´s Grinsen etwas sanfter werden ließ und er sich, überraschender Weise, mit einem verstehenden Brummen seinerseits mit dieser Antwort zufrieden gab.
 

Dann reichte er ihm eine der Schalen, in der sich Suppe befand. Der appetitliche Geruch von Frühlingszwiebeln und geräuchertem Tofu stieg davon aus und er nickte dankend, als er sie annahm.
 

„Und weil Lan Zhan so brav war.“ Wangji konnte verfolgen, wie Yi Ling aus einer kleinen Teekanne etwas in eine der dazugehörigen Schalen goss.
 

„Qing-jiě hatte ihn gut versteckt, aber Wen Ning hat mir geholfen.“ Wangji fragte sich ob „geholfen“ in diesem Fall beinhaltete, das er Wen Ning mit irgendeiner Unsinnigkeit davon überzeugt hatte, es ihm zu verraten. Oder Wen Ning schlicht nicht riskieren wollte, das Yi Ling die Hütte seiner Schwester komplett auf den Kopf stellte.
 

„Das wäre nicht nötig gewesen. Ich möchte nicht den Grund für Streitigkeiten darstellen.“ Yi Ling tat seine Einwände mit einer Handbewegung ab.
 

„Ich bin mir sicher sie hat nichts dagegen, wenn es für einen guten Zweck ist.“
 

Besagter Tee hatte ein würziges Bukett, wie seine kräftige, Morgenrot-Farbe schon erahnen ließ, war aber dennoch nicht zu überwältigend. Eher hatte er etwas von einem tiefen Atemzug an einem sonnigen Herbsttag, mit all seinen angenehm warmen Aromen.
 

„Danke.“, fand er, das er sich erkenntlich zeigen sollte, auch wenn er dies nachträglich an Wen Qing richten würde.
 

„Sehe es als einen Akt unter Freunden.“ Yi Ling zwinkerte ihm zu, gepaart mit diesen Gesichtsausdruck, den er immer zeigte, wenn er meinte etwas besonders selbstloses von sich gegeben zu haben.
 

Wangji nippte an seinem Tee, ohne darauf einzugehen.
 

Freunde.
 

Er fühlte sich ungeschickt, solch einen Gedanken tatsächlich in Betracht zu ziehen.
 


 

Es dauerte noch einen halben Tag, bis er sich wieder vollends erholt fühlte und Yi Ling keine Zeit verschwendete, ihn dazu zu bringen die Hände ergeben in den Himmel zu heben.
 

Dessen Leichtsinn schien unerschöpflich.
 

„Ach, nun schau nicht so kritisch, als trautest du mir kein Stück Verstand zu. Ich habe ausreichende Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Und tada! Alles ging gut.“ Es machte ebenso wenig Sinn etwas dazu zu sagen, war geschehen was geschehen war.
 

Das Zähmen eines zhūhuái (menschenfressende Bestie, in Gestalt eines Wildschweines), schien nicht umständlicher, als Yi Ling davon abzuhalten irgendeiner Dummheit nachzugehen.
 

„Was hast du herausgefunden?“, fragte er stattdessen und ließ die Tatsache das Yi Ling, während er ruhte, seine Hütte inspiziert hatte, ohne zu wissen, was dort mit ihm geschehen war, am Rande stehen.
 

„Ah, gut das du fragst.“ Dieser fläzte sich neben ihn, hatte er bei dessen Ankunft auf den wenigen Stufen gesessen, die zur Terrasse seiner Unterkunft führten.
 

„Mir ist wohl eine Unachtsamkeit unterlaufen, während ich nach einer Lösung für den See suchte.“ Man hörte die Selbstverurteilung in seinen Worten mitschwingen.
 

„Du hattest Recht, das ich besser auf mich hätte Acht geben sollen, bot mein angeschlagener Zustand die Möglichkeit mich angreifbar zu machen. Ich war so vertieft und verbissen darin, endlich etwas vorweißen zu können. Dieser Kontrollverlust. Es sieht so aus, als wäre ich zwischen die Fronten geraten, was mein yuàn qì und dieses Gift aus dem See anbelangt. Wenn ich es richtig deute, ist diese unbekannte Essenz an ein bestimmtes Level an Yin-Energie gebunden, damit sie sich richtig entfalten kann. Nun war es ihr, mit den Lebewesen die es im See gab, nur nicht wirklich möglich. Mein anhaltender Kontakt mit dieser unbestimmten Energie, hat ihr Potenzial wohl aufwerten können, ohne dass ich es wahrnahm, über all den Stress den ich mir auflud.
 

Das Ende war, dass mein yuàn qì versucht hatte, seinen Wirt gegen diesen zu groß gewordenen Einfluss, der es darauf abgesehen hatte sich ebenso in mir einnisten zu wollen, wie ein tollwütiges Biest zu verteidigen.“
 

Yi Ling seufzte langgezogen. „Ich hätte vorsichtiger sein sollen, ohne Frage, doch…“ Dessen Augen nahmen ein Funkeln an, als habe er einen Geniestreich überführt, über seine nächsten Worte.
 

„Es brachte mich dennoch zu ein paar neuen Erkenntnissen, die es sofort auszutesten galt. Nein warte, lass mich ausreden…“ Man hatte beschwichtigend die Hände gehoben, als sich seine Augen über diese Information kritisch verengten.
 

„Ich habe diese Essenz unterschätzt, weil ich mich zu sehr darauf versteifte, sie als einen unverständlichen Teil der Yin-Energie zu sehen. Nicht aber, dass das Yin, ein Teil von ihr sein könnte.“ Es klang nach einer Erkenntnis die Gewicht hatte, doch brachte dies Wangji nicht dazu sich besänftigt zu fühlen über die Aussicht, das Yi Ling sich kurz nach diesem Vorfall, schon wieder in unbekannte Risiken gestürzt hatte, um zu jener Erkenntnis kommen zu können, und er raunte etwas missfällig darüber.
 

„Warte, warte…wie wir wissen entsteht yuàn qì bei rastlosen Seelen, was dazu führen kann, das sie als yāo wiedererscheinen. Oder aber auch, das sich besonders giftiges Yin-Qi einen Wirt sucht, um sich verbreiten zu können. Wie es mit dem See geschehen ist.“ Yi Ling lehnte sich auf seine Ellenbogen gestützt auf den Stufen zurück.
 

„Der unterirdische Fluss; Wen Ning erzählte mir davon. Das dieses manipulierte Yin höchstwahrscheinlich darüber in den See gelangte.“ Yi Ling lächelte ihn nun mit so etwas wie Stolz entgegen.
 

„Gute Arbeit, Lan xiān shī. Ich schäme mich auch nur einen verschleierten Moment gedacht zu haben, dass dir das Wohl des Berges gleich wäre. Nehmt meine demütige Entschuldigung bitte an.“ Dieser sprang von den Stufen, vor die Treppe und verbeugte sich darauf tief.
 

Wangji war etwas überfordert mit dessen Worten, gab aber dennoch ein ehrliches „Mn.“, von sich. „Meine Hilfsbereitschaft ist meine eigene Entscheidung. Tadel dich nicht für die Annahme, sie vorausgesetzt zu haben.“, fügte er an, das ihn Yi Ling darauf mit einem Blick anschaute, den er nicht zu deuten vermochte.
 

„Sie sind wirklich nicht von dieser Welt, Lan xiān shī.“, meinte dieser in einem ehrerbietigen Ton und richtete sich schließlich wieder auf.
 

„Ich wäre aber trotzdem noch einmal auf besagte Hilfsbereitschaft angewiesen.“, ließ er ihn wissen und zeigte sich etwas verstohlen wirkend.
 

„Um was handelt es sich?“
 

„Ein kleines Experiment. Aber keine Sorge, alles mit der strengsten Sicherheit bedacht. Ehrenwort!“ Er hielt drei seiner Finger der rechten Hand nach oben um dies zu unterstreichen.
 

Wangji seufzte innerlich ergeben und nickte lediglich stumm, als Antwort.
 


 

Sie fanden sich vor Yi Ling´s Hütte wieder.
 

Es war nichts mehr von der aufgewühlten Energie wahrzunehmen und er der Sache soweit vertraute, dass er diesem hineinfolgte.
 

Es hatte sich nicht viel getan, was das, durch Yi Ling´s Ausbruch verursachte Chaos anbelangte
 

Nur dessen Arbeitstisch war wieder an seinem Platz, und mit diversen Papieren übersät.
 

„ Also, wo waren wir…“, murmelte dieser und schaute sich etwas suchend um.
 

„Ah.“ Yi Ling griff nach etwas, das er als das versiegelte Behältnis wiedererkannte, welches ihm hier zuvor schon aufgefallen war. Dass er es in der Hand hielt ließ annehmen, dass das Siegel entweder verändert oder erneuert wurde.
 

„Was hat es damit auf sich.“ Denn egal was sich darin befinden mochte, die Tatsache, dass es ein Siegel benötigte, hieß sicherlich, dass dem Inhalt eine gewisse Kraft innewohnte.
 

Und er wollte gern darauf vorbereitet sein, wenn es denn möglich wäre.
 

„Das hier?.“ Yi Ling schüttelte es in seinen Fingern etwas hin und her. „Ich glaube du wirst die Antwort nicht unbedingt mögen.“, fügte er mit einem dieser Grinsen an, die verrieten, dass er sich wahrscheinlich auch hier etwas unnötig, waghalsiges geleistet hatte.
 

„Wenn ich es dir verrate, versprich mir besonnen zu bleiben, okay? Es ist alles im Namen der Wissenschaft passiert.“ Wangji behielt sich das ergebene Kopfschütteln vor. Was sollte er auch von jemanden wie Yi Ling erwarten?
 

„In Ordnung.“, gab er ihm an, sich weiter zu erklären.
 

„Gut. Als wir damals die Mutter von Kleiner Apfel entdeckten und herausfanden, was sie angefallen haben musste.
 

Uhm, ich hab mir eine Probe davon mitgenommen.“ Der Blick den er darauf auf Yi Ling gerichtet hielt, schien zu seiner Genugtuung zu verdeutlichen, was er davon hielt, war dieser nun etwas von ihm weggerutscht und hielt abermals seine Handflächen beschwichtigend in seine Richtung.
 

„Nur eine winzige, ich schwöre. Und mit allen notwendigen Versiegelungen.“
 

„Was spielt sie für eine Rolle?“ Über all die Zeit, in der er Yi Ling´s Hütte aufgesucht hatte, hatte er nichts von dieser besonderen Yin Energie wahrnehmen können, was heißen musste, das das Siegel einwandfrei funktioniert hatte. Oder, und wie er es auch eigentlich annahm, dass das fremdartige Yin durch den Einfluss von Yi Ling gänzlich eliminiert worden war.
 

„Nun, als ich es zuvor untersuchte, habe ich nicht wirklich etwas herausfinden können. Ich nahm an es neutralisiert zu haben, wissen wir beide ja, das es sich mit meinem yuàn qì nicht verträgt. Somit ließ ich es erst einmal bei Seite. Am Ende war es gut, dass ich es nicht ohne Versiegelung gelassen habe, denn wie sich nun herausgestellt hat, hat es sich regeneriert.
 

Ich vermute durch den hohen Anteil an Yin, der sich über die letzten Tage, über meine Nachforschungen, hier in der Luft ansammelte.“ Dieser zeichnete mit Kohle einen magischen Zirkel auf den hölzernen Boden der Hütte und stellte das Gefäß im Zentrum ab. Dann trat er selbst wieder heraus und mit einem kurzen Fingerzeig löste er die Versiegelung davon.
 

Es passierte… nichts, darauf.
 

Yi Ling holte einen abgedeckten Korb heran, den ebenso etwas Magie umspannte.
 

Etwas irritiert konnte Wangji verfolgen, wie dieser nun einen der entstellten Fische aus dem See hervorzog, und er diesen in das Siegel warf.
 

Der Fisch klatschte nicht, wie anzunehmen gewesen wäre, zu Boden sondern wurde von etwas aufgefangen.
 

Was es auch sein mochte, brachte den Fischleib zum Zucken, als wäre er noch lebendig, doch konnten sie beobachten wie dieser nach und nach in sich zusammenfiel, als würde er vertrocknen. Die Überreste krümelten schließlich zu Boden, das Wangji einen fragenden Blick zu Yi Ling schickte.
 

„Über meine Suche, nach einer Problemlösung für den See, habe ich keine Gedanken daran verschwendet diese Probe aus der Höhle mit einzubeziehen. Und womöglich hätte ich sie auch weiterhin nicht als relevant erachtet, wäre nicht dieses unschöne Debakel hier passiert.
 

Meine Theorie ist, das sich dieses manipulierte Yin, schwächeres Yin zu Eigen macht, jedoch nicht von selbst stärker werden kann. Wie mit dem Lebewesen im See. Ein winziger Fisch, wird nicht zu einem riesigen Monster, wenn es davon infiziert wurde. Er verändert sich zwar darunter, aber die Kraft des veränderten Yin, wird dennoch nicht stärker. Es sitzt quasi in dem schwachen, eingenommenen Körper fest. Aber je größer und kräftiger der Wirt, umso potenter auch der Einfluss darauf.
 

Aber um vorranzukommen braucht es diese Trittsteine. Würde es den Sonnenbrüter tatsächlich überwältigen können, wird daraus womöglich ein Monster ungeahnten Terrors.
 

Und es ist dasselbe Yin, wie das was auch die Mutter von kleiner Apfel erwischt hatte. Warum sie jedoch so verendete, kann ich nicht erklären. Womöglich hat es etwas mit der líng qì Potenz, des Opfers zu tun.
 

Deswegen brauche ich auch deine Hilfe, da niemand hier mehr spirituelle Energie in sich trägt, als der große Lan xiān shī.“ Wangji verstand auf was Yi Ling hinauswollte und es war erstaunlich, das er in solch kurzer Zeit und mit nur einem unerwarteten Anstoß, dies alles in Betracht gezogen hatte.
 

„Was soll ich tun?“, erkundigte er sich folglich nur, war auch er interessiert, was sich womöglich noch offenbaren ließe.
 

„Allerdings bleibt weiterhin offen, was zu dieser merkwürdigen Flut der Yin-Qi Fragmente im See geführt hat.
 

Doch ich schätze die Antwort befindet sich Flussaufwärts.“ Es klang zuerst, als habe Yi Ling diese Worte eher an sich selbst gerichtet, doch schaute er dann wieder zu Wangji und schmunzelte in einer aufziehenden Manier.
 

Wangji konnte mit dem leichten, freundschaftlichen Stoß, den Yi Ling mit seiner eigenen Schulter gegen die seine machte nichts anfangen und zog nur etwas seine Augenbrauen zusammen.
 

„Ich muss sagen, dafür dass du mir so in den Ohren gelegen hast, dass ich mich nicht ausbrennen soll, hast du gute Arbeit geleistet, es für dich selbst zu ignorieren.“ Es folgte ein Schulterklopfen. „Ich weiß es jedoch wirklich zu schätzen, dass jemand wie Lan Zhan mir beisteht.“
 

Die Hand blieb einen Moment länger als notwendig erschien auf seiner Schulter liegen, bevor sie zurückgezogen wurde.
 

Befremdlich unbeholfen unter diesen, diesmal so ehrlich wirkenden Gesten und Worten, brauchte er einen Augenblick zu lang, um Yi Ling zu antworten, was dieser sofort ausnutzte. „Aw, Lan Zhan. Kann es sein, das ich dein Herz bewegt habe und du deswegen sprachlos bist?“ Dieser lachte laut und unbefangen.
 

„Ah, schön wär´s. Aber ich weiß ja, das du kein großer Redner bist und solche sentimentalen Emotionen wohl keinen Weg durch deine Jade Rüstung finden.“
 

Dieser sprang nun wieder auf und streckte sich ausgiebig und mit einem beherzten Raunen.
 

„Dann mal zurück an die Arbeit.“
 


 

Mit zurück an die Arbeit meinte Yi Ling vorerst, die Materie die sich noch immer im Bannkreis befand, weiter zu…füttern.
 

Denn es war so gesehen nichts anderes.
 

Yi Ling hatte erklärt, dass er die Materie kräftigen wolle für sein Experiment. Durch das manipulierte Yin, das, den infizierten Tieren im See anhaftete, konnte es problemlos weiter wachsen.
 

Wangji verfolgte dies mit einem unwohlen Gefühl, doch hatte ihm Yi Ling versichert, das er wisse was er tue.
 

Es war nicht unbedingt eine Erleichterung und auch wenn er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, so schien Yi Ling es ihm dennoch anzusehen oder zu erahnen.
 

„Lan Zhan, ich verspreche dir, das ich dich nicht zu Schaden kommen lassen werde.“ Er schaute souverän auf seine Worte. Dann grinste er jedoch wieder etwas. „Auch wenn ich zugeben muss, dass ich Häschen-Lan Zhan schon etwas vermisse. Du warst wirklich zu putzig.“ Yi Ling hatte die Nerven noch entzückt zu seufzen.
 

„Was genau ist deine Absicht mit diesem veränderten Yin?“ Yi Ling schob den Korb zur Seite, wohl weil er dessen Inhalt aufgebraucht hatte und wirkte nachdenklich, als er zusah, wie die Materie sich die letzte Gabe einverleibte. Wo man zuerst nichts von ihr hatte mit den bloßen Augen sehen können, war sie nun ein nebelhaftes Schwarz das in bestimmten Schwaden ein rotes Schimmern zeigte.
 

„Ich denke, wir können es versuchen.“, erwiderte er als Antwort auf seine Frage und Wangji drängte nicht auf eine deutlichere Erklärung, nahm er an, das er nun eh sehen würde, was Yi Ling geplant hatte.
 

„Lass einfach dein líng qì in den Bannkreis. Am besten einen beständigen, aber nicht allzu starken Strom.“, wies dieser ihn an, und nach einem prüfenden Blick zu ihm und dessen bestätigendem Nicken, tat er wie ihm geheißen.
 

„Weißt du, es gibt da eine Sache die mich wundert.“, fuhr Yi Ling fort und schritt um das Siegel herum, ohne seine Aufmerksamkeit von der Materie darin zu nehmen. Diese nahm sein líng qì ebenso gierig auf, wie zuvor das Yin. Wangji folgte Yi Ling mit den Augen. “Wir wissen das yāoguài, und mó, nach spiritueller Energie jagen, um mehr Macht und Unsterblichkeit zu erlangen. Das war es auch was ich annahm, als wir uns dem ersten dieser Monster annahmen. Es war der logischste Verlauf. Doch nun wo ich weiß, wie hoch dein tatsächliches líng qì Potenzial, selbst nur auf halber Kraft ist, fragte ich mich, wo diese immense Energie geblieben war.
 

Dieser Rest der dich erwischte; auch wenn er sich mit deinem líng qì schlicht übernommen haben sollte, warum gab es keine Rückstände deiner spirituellen Energie? Oder, warum konnte es sich diese am Ende nicht zu Nutze machen?“
 

Wangji konnte dazu nicht viel ergänzen, war alles was er von jenem Zeitpunkt noch aufrufen konnte, das dieser unscheinbare Rest Materie ohne weiteres im Stande gewesen war, ihn von einem Moment auf den anderen, seiner Kraft zu berauben. Er hatte noch nichts Vergleichbares erleben müssen. Auch im Nachhinein, konnte er keine Schrift oder Überlieferung irgendeiner Art in seinem Kopf abrufen, die über solch eine Kraft berichtete.
 

Er schaute wieder auf die Materie und ihren unbändigen Hunger auf Energie, doch wuchs es trotz allem nicht weiter, wie durch das zugefütterte Yin.
 

„Seltsam, nicht wahr?“, schien Yi Ling seine Gedanken lesen zu können.
 

„Es verändert sich nicht. Es wird weder stärker noch schwächer. Lan Zhan, steigere die Intensität deines Qi soweit, bis ich stopp sage.“ Wangji konnte sich ein hörbares, tiefes Durchatmen nicht verbieten, über solch eine waghalsige Aufforderung, worauf er Yi Ling´s Hand wieder auf seiner Schulter spürte und er ihn nicht einmal ansehen musste, um das nötige Vertrauen in sich zu finden.
 


 

„Stopp.“ Yi Ling hatte seine Hand die gesamte Zeit über auf seiner Schulter belassen und es fühlte sich, wie die Menschen es gern beschrieben, wie eine kleine Ewigkeit an, bis dieser einwendete. Wangji war über ihren Versuch nun ebenso eine Erkenntnis gekommen, die er simpel aussprach.
 

„Es absorbiert nicht, es neutralisiert.“ Yi Lings Hand klopfte seine Schulter.
 

„So meine Vermutung, die sich dank dir nun auch bestätigen ließ.“ Er klang noch immer ernst und Wangji konnte es ihm nicht verdenken.
 

„Uns bleibt nicht mehr viel Zeit. Der Sonnenbrüter bleibt so oder so, das Opfer dieser Materie und somit auch der Berg.“
 

Yi Ling hatte Recht. Zudem wäre angebracht seinem Bruder über diese Enddeckung Bericht zu erstatten. Es könnte auch für die ihren zu einem Problem werden, wenn sie es ignorierten.
 

Doch dazu müsste er zurück in die Wolkenschlucht. Es würde einige Zeit in Anspruch nehmen sie zu erreichen, wollte er solch eine Angelegenheit nicht über einen Boten mitteilen. Es würde sicherlich Fragen zu dieser Sache geben, auf die er persönlich Antwort geben wollte.
 

Aber er hatte genauso wenig vor, dem Dorf und seinem vorherrschenden Problem, den Rücken zuzukehren.
 

Noch gab es keine Lösung und auch ihm war bewusst, dass die Geduld der Waldseelen sich früher oder später erschöpft zeigen würde.
 

Aber nun hatten sie wenigstens schon einmal einen Hinweis, wenn auch noch immer keine direkte Lösung.
 

Etwas anderes als Zuversicht, würde sie allerdings nicht weiterbringen und so behielt Wangji diese weiterhin bei.
 


 

Es war am übernächsten Tag, oder bessergesagt der frühe Morgen dieses Tages, als Yi Ling einen Plan entwickelt hatte.
 

Er lachte etwas aberwitzig über seine Notizen und Aufzeichnungen.
 

Es war ein Plan.
 

Ein Plan mehr, als sie gestern noch hatten, doch es war immer noch die Umsetzung die die größte Herausforderung darstellte.
 

Sie brauchten etwas das das Wasser von dem manipulierten Yin-Qi säuberte und dann ebenso verhinderte, dass weiteres nachfolgte.
 

Sie konnten schwer den Zustrom des unterirdischen Flusses lahmlegen. Es würde am Ende erfordern den halben See aufzuschütten, laut den Informationen die Lan Zhan zugetragen worden waren.
 

Etwas das ihre Arbeitskräfte nicht hergeben würden, selbst wenn hier hundertmal mehr Menschen lebten.
 

Sie müssten den Berg an einer Stelle abtragen, um überhaupt das notwendige Material dafür aufzubringen.
 

Also blieb nur der Weg der Magie.
 

Aber auch auf dem, sah es nicht weniger herausfordernd aus.
 

Über diese Aussichten, ließ er sich auf den Rücken fallen und schloss nachdenklich seine Augen, während er seine Arme hinter dem Kopf verschränkte.
 

Das Hauptproblem war das Maß an Qi, das er dafür benötigte.
 

Yi Ling seufzte müde.
 

Sein Plan war ebenso nicht ohne Risiken. Etwas worüber er Lan Zhans ernste Stimme, schon in den Ohren hatte.
 

Er atmete langgezogen durch.
 

Wenn sie kein líng qì würden nutzen können…dann müsste er es mit yuàn qì versuchen.
 

Bis jetzt hatte er noch nie ausgetestet, solch eine gewaltige Menge davon kontrollieren zu wollen. Und nur mit Chenqing würde er dies auch nicht schaffen.
 

Er bräuchte so etwas wie einen Speicher.
 

Einen Verteiler, der dafür sorgte das kontrollierte Energiemengen dorthin flossen, wo sie hin sollten und das sie auch dort blieben.
 

Es wäre mehr als kontraproduktiv, wenn sein eingesetztes yuàn qì am Ende das veränderte Yin zwar auflösen könnte, nur um dann selbst dessen Platz einzunehmen.
 

Er legte eine Handfläche direkt auf den Boden auf dem er lag und ließ einen Energieimpuls über das Holz fließen, bis es das Siegel erfasste, welches er über einen versteckten Hohlraum darunter angelegt hatte.
 

Dort bewahrte er diverse Aufzeichnungen auf, die nicht für andere Augen und Köpfe gedacht waren. Und sollte das Siegel aus irgendeinen Grund doch einmal brechen, dann würde dennoch niemand seine Schriften öffnen können, hatte er sie mit einer Blutsignatur und einem Talisman-Schlüssel versehen. Sollte er irgendwann sein Leben lassen, würden sich seine Aufzeichnungen selbstzerstören, sodass er sicher gehen konnte, dass sie auch nach seinem Dahinscheiden, nicht in falsche Hände gerieten.
 

Vielleicht war er auch etwas paranoid was dies betraf, doch er wusste das man nicht vorsichtig genug sein konnte, mit dieser Art von Wissen.
 

Wissen das er sich über die Jahre seiner Wanderschaft angeeignet hatte, um seine unstete Kenntnis, über das was er bereits wusste, zu festigen.
 

Sich yuàn qì als eine eigene Form zu Nutze zu machen.
 

Und wer wäre dafür besser geeignet, als jemand dessen halbe Existenz davon besessen war?
 

Das Yīn Hǔ Fú (Stygian Tiger Seal) war bis jetzt nur Gedankengut auf Pergament, aber er hatte es über die Jahre immer wieder verbessert und geschliffen. Einzigartig werden lassen.
 

Ein Objekt, das die Bürde seines verfluchten Lebens, nach all der Zeit, in der er sein Entkommen aus den Grabhügeln, als einen makabren Weg des Schicksals angesehen hatte, geformt, und das Macht gewähren konnte etwas auszurichten, wo es keine anderen Optionen mehr gab.
 

Und genau in solch einer Lage befanden sie sich nun.
 

Yi Ling trommelte mit den Fingerspitzen einen gedankenverlorenen Rhythmus auf die rauen, hölzernen Dielen.
 

Er war nicht naiv genug anzunehmen, dass die Waldseelen seine Methode gutheißen würden, doch am Ende müssten sie sich die Frage stellen, ob in diesem Fall ein gewagtes Risiko, das Erfolg versprechen könnte, nicht besser sei, als gar nichts gewagt zu haben.
 

Ah, Lan Zhan wäre so aufgebracht, würde er davon erfahren, wie er gedachte die Situation zu meistern.
 

Was ihn zu einem anderen Gedankengang brachte, den er in den letzten Tagen, in den unruhigen Momenten nachgegangen war, wenn er trotz aller Müdigkeit nicht einschlafen konnte.
 

Lan Zhan hatte es bis jetzt nicht angesprochen, und er glaubte, dass es daran liegen mochte, dass er sich an dieses unheilvolle Problem von Xīzhào Shùlín gebunden sah. Er kannte ihn nun schon so weit, dass er behaupten würde, dass es dessen Edelmut und fast schon unschuldige Moral war, die ihn hier hielten.
 

Das er deswegen überging, das seine Schuldigkeit, die ihn dazu gebracht hatte ihm in erster Linie zu folgen, erfüllt worden war.
 

Dessen tiefreichende Rechtschaffenheit wäre für sein Vorhaben nun allerdings im Weg.
 

Das Lan Zhan gegen die Kultivierung dämonischer Energie war, hatte er nie verheimlicht.
 

Doch lief ihnen die Zeit davon.
 

Es bestärkte ihn nur noch mehr darin, dass er schließlich mit ihm reden sollte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RamDamm
2021-05-15T10:23:09+00:00 15.05.2021 12:23
Yīn Hǔ Fú ?

Ah ja, er ist doch größenwahnsinnig unser Yi Ling.... Aiyah ich kann nur hoffen das es gut geht...

Für mich steht der Name nur für Katastrophen ungeahnten Ausmaßes. Ich hoffe er weiß was er tut.


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