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Gräber im Schnee

Felix Hugo Fraldarius
von

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Erinnerungen an andere Zeiten

Das Gebiet von Faerghus war bedeckt von einer dicken Schicht aus schillerndem Schnee. Der Wind stäubte ein paar Eiskristalle auf, die auf Steinen oder Ästen landeten. Nur das Meer an der Ostgrenze des Landes ließ sich von der Kälte nicht einschüchtern. Trotz eines eisigen Randes am Landstich war die Wasseroberfläche nicht eingefroren und waberte still und leise vor sich hin.
 

Felix Hugo Fraldarius war in das Gebiet von Fraldarius zurück gekehrt. Auf dem Rücken seines schwarzen Pferdes kämpfte er sich seinen Weg durch die schneebedeckten Wege im Wald. Ein dicker Mantel mit Pelzkragen, der seinen Oberkörper vor den niedrigen Temperaturen schützte, lag auf seinen Schultern, war am Hals festgebunden. Seine gefütterten Stiefel dienten ihm als Schutz vor dem Schnee, in den er sprang, als er von seinem tierischen Begleiter abstieg. Er band das Reittier am nächstgelegenen Baum fest, da es ihn auf seinem weiteren Weg nicht begleiten konnte. Vor seinen Lippen bildeten sich kleine weiße Wölkchen als er ausatmete. Er ließ seinen Blick über das Wasser, die Landschaft und die Wälder schweifen. Das war einst sein zu Hause gewesen – und es barg viele Erinnerungen an andere Zeiten.
 

Trotz der Kälte nahm Felix einen tiefen Atemzug, der seine Lungen ein wenig schmerzen ließ, weil er diese Temperatur einfach nicht mehr gewöhnt war. Dann führt er seinen Weg fort. Er stapfte durch den Schnee, bis zum Ufer des Wassers. Die Bäumer hinter sich lassend trat er auf einen kleinen Felsen zu, der über einen Trampelpfad erreichbar war. Er folgte dem Weg bis zur Spitze des Felsens.
 

Dort angekommen betrachtete er drei runde Steine, auf denen eine Schicht Schnee lag, und die für jeden anderen wohl nichts Besonderes waren – für ihn jedoch waren sie das. Mit seiner behandschuhten Hand griff er nach dem Schwert in einem Gürtel, legte er vor seinen Stiefeln im Schnee ab und ging in die Hocke.
 

Jeder dieser Steine stand für eine Person, die ihm mal wichtig gewesen, jedoch nicht mehr am Leben war. Einer stand für Ingrid, einer für Sylvain und einer für Dimitri.
 

Sie alle waren während des Krieges, den Edelgard damals begonnen hatte gestorben. Die Tragödie von Duscur hatte Dimitri gezeichnet und tiefe Spuren in ihm hinterlassen. Felix wusste das und hatte es miterlebt, schließlich waren er und der Kronprinz damals Freunde gewesen. Doch dann hatte Dimitri sich in eine wilde Bestie verwandelt. Die Dämonen, mit denen er zu kämpfen hatte, hatten ihn schlussendlich vollkommen vereinnahmt und ihn in sein Verderben rennen lassen – denn vor seinem Ableben hatte er vollständig den Verstand verloren und war nur noch von Rachegelüsten getrieben.
 

Ingrid und Sylvain waren dem Kaiserreich zum Opfer gefallen, im Glauben und in der Hoffnung, Dimitri irgendwie noch retten zu können. Damals auf dem Feld von Gronder waren sie beide aufgetaucht, um für und mit Dimitri zu kämpfen, welcher das jedoch kaum wahrgenommen hatte.
 

Ingrids absolute Loyalität und ihre Ideale der Ritterlichkeit, die Felix schon immer verspottet hatte, hielten sie davon ab, dass sie den Kronprinzen im Stich ließ. Sie hatte einen Angriff abgefangen, der eigentlich Dimitri gegolten und statt ihm ihr das Leben gekostet hatte. Doch das Einzige, was sie in dem Moment bereute, war, dass sie nicht fähig gewesen war, dem Kronprinzen beizustehen und ihm zu helfen. Ihr Tod hatte Dimitri nicht kalt gelassen. Trauer über den Verlust einer guten Freundin vermischte sich mit all der Wut, die ihn antrieb. Er hatte geschrien, hatte ihr Blut sprichwörtlich an seinen Händen, weshalb er sich um so mehr nach Rache sehnte.
 

Auch Sylvain war seinem Freund und Kronprinzen bis zum Ende treu geblieben. Er hatte so viele Feinde von Dimitri ferngehalten wie er nur konnte, bis er schließlich keine Kraft mehr hatte, sich selbst zu schützen. Nicht nur die schiere Masse an Soldaten, die Edelgard schickte, auch der Tod von Ingrid, der Tod seiner Klassenkameraden und Freunde und der Zustand von Dimitri zerrten an seinen Kräften. Letztendlich wurde seine Rüstung von einer Axt durchdrungen und die Klinge schnitt in seinen Oberkörper. Er war vom Pferd gefallen und konnte in seinen letzten Augenblicken nur noch sehen, wie Kronprinz Dimitri weiter in sein Verderben lief.
 

Felix erinnerte sich noch an ein altes Versprechen, das die beiden sich einst gegeben hatten – jedoch niemals einlösen konnten. Ganz naiv hatten sie sich geschworen, gemeinsam zu sterben. Hätten sie auf derselben Seite gekämpft, dann wäre das vielleicht sogar möglich gewesen. Doch während Sylvain Dimitri treu geblieben war, hatte Felix dem Kronprinzen von Faerghus den Rücken gekehrt, sich stattdessen dem Haus der goldenen Hirsche angeschlossen. Es lag nicht an Claude oder dessen Ambitionen, die Welt zu verbessern, dass Felix diese Entscheidung gefällt hatte, sondern an Byleth.
 

Als sie an die Militärakademie kam, von ihrem ersten Schwertkampf an, hatte Felix eine ganz besondere Verbindung zu ihr gespürt. Zuerst war es ihre Stärke gewesen, die ihn angezogen hatte. Dass er nicht einen Trainingskampf gewinnen konnte, hatte ihn zwar frustriert, aber ebenso angespornt. Als dann das Kaiserreich seinen ersten Angriff startete und Byleth für ganze fünf Jahre verschwand, war es so als ob ein Teil von ihm fehlte.
 

Heute wusste Felix, was sie für ihn war: seine Seelenverwandte.
 

Sie verurteilte ihn nicht für seine Entscheidungen, half ihm sogar, die Vergangenheit reflektiert zu betrachten. Insbesondere da sie mittlerweile viel mehr Informationen über die Vorfälle in Duscur und dem Kaiserreich hatten – sowohl Dimitri als auch Edelgard waren Opfer einer alten, verbitterten Zivilisation und einer egozentrischen Erzbischöfin geworden. Mit all diesem Wissen hätte Felix beinahe an seinen Entscheidungen gezweifelt, doch Byleth war für ihn da gewesen und er hatte akzeptiert, dass er nichts hätte ändern können.
 

Der Ring an seinem rechten Ringfinger, versteckt unter seinem Handschuh, bezeugte etwas, das er vor zehn Jahren nicht für möglich gehalten hatte – nämlich dass er wieder jemanden lieben konnte. Trotz all der Verluste in der Vergangenheit und jenen im Krieg war sie seine Konstante gewesen. Dank ihr existierten diese drei Steine, die Gräber im Schnee – eine Erinnerung an drei alte Freunde, an ein früheres Leben. Nicht mehr und nicht weniger, denn Felix glaubte nicht an ein Jenseits oder ein Leben nach dem Tod.
 

Eine Hand auf seiner Schulter erregte seine Aufmerksamkeit. Er musste jedoch nicht aufschauen, um zu wissen, dass es Byleth war. Sie kamen immer gemeinsam an diesen Ort und jedes Mal gab sie ihm die Zeit, die er für sich brauchte. Er griff nach seinem Schwert und kam aus der Hocke hoch.
 

Felix lebte im Hier und Jetzt, gemeinsam mit Byleth, die zu seiner Frau, Freundin und Familien geworden war. Obwohl er seinem alten Leben nicht hinterher trauerte, so erlaubte er sich dennoch manchmal, an seine Freunde zurück zu denken.
 

Mit Byleths Hand in seiner trat Felix den Heimweg an, ließ die Erinnerungen Erinnerungen sein und konzentrierte sich auf die Gegenwart und die Zukunft.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Swanlady
2023-12-29T11:02:54+00:00 29.12.2023 12:02
Herrje, wie tragisch Felix‘ Schicksal in jeder anderen Route ist, ist mir jetzt beim Lesen mal wieder aufgefallen D: Aber das war lustigerweise genau mein zweiter Run, Felix bei den Hirschen und mein Byleth Endgame. <3
Die winterliche Atmosphäre ist so schön, aber sie trägt gleichzeitig auch zur Traurigkeit der Momentaufnahme bei. Er macht sich diese Gedanken sicher nicht zum ersten Mal, vermutlich halten ihn die ‚Was wäre wenn?‘-Gedanken sehr oft wach und ich kann mir bildlich vorstellen, wie Byleth über die Jahre hinweg für ihn da war, während ihn die Zweifel geplagt haben. ;o; Ihre Anwesenheit verpasst dem Ganzen eine Prise Hoffnung, die wirklich schön ist.
Ich mag es ganz besonders, wie subtil durchschimmert, dass sie ihn und seine Bedürfnisse versteht. Sie hätte ihn sofort zu den Gräbern begleiten können, aber stattdessen hat sie ihm einen Moment allein mit seinen Freunden gegönnt.
Von:  Votani
2023-12-10T23:36:35+00:00 11.12.2023 00:36
Hey du,

So viel habe ich habe bisher zwar noch nicht ueber Felix/Byleth nachgedacht, aber ich find die Geschichte sehr traurig, aber trotzdem irgendwie niedlich, weil Felix zu Byleth gefunden hat. Der Prompt passt einfach perfekt und das Wintersetting hast du auch super gut eingefangen. Das war eine kleine, aber sehr nette Momentaufnahme, die Einblick in Felix' Inneres und seine Beziehung zu Byleth gibt. Perfekt fuer den Adventskalender! :)

LG
Antwort von:  SarahSunshine
12.12.2023 10:08
Danke dir! Und schön, dass die Stimmung gut durch gekommen ist :)
Btw ich liebe die Supports von Byleth und Felix, es ist schön wie er dabei aufgeht 😁


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