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Geht niemals im Streit auseinander...

...wer weiß, ob ihr euch jemals wieder seht...
von

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Schlaf und Erwachen

Kapitel 1 - Schlaf und Erwachen
 

Nach rund drei Stunden kam die Schwester wieder zu Rei.

"Sie sind fertig, der Arzt wird gleich zu Ihnen kommen."

Wieder konnte der junge Chinese nur nicken, zu mehr war er einfach nicht fähig. Nervös starrte er auf seine Hände die zitternd auf seinem Schoß lagen. Er hörte Schritte und kurz darauf fiel ein Schatten auf ihn.

"Guten Tag. Sind Sie ein Angehöriger von Herrn Hiwatari?"

"N- nein...", stammelte Rei.

"Ich darf Informationen leider nur an seine Verwandten weitergeben."

"Ich bin sein Lebensgefährte...", brachte der Junge leise hervor.

"Achso...", der Arzt nickte ein paar Mal, "...nun, Ihr Freund hat bei diesem Unfall schwere innere Verletzungen, sowie Kopfverletzungen und zahlreiche Knochenbrüche davongetragen. Die inneren Blutungen konnten wir stoppen, seine Organe funktionieren wieder vollständig. Seinen rechten Oberschenkelknochen mussten wir Schrauben, seine linke Schulter wurde ebenfalls operativ wiederhergestellt."

Rei hatte soweit starr zugehört, es war für ihn alles wie ein schrecklicher Albtraum.

"Ich muss Ihnen aber auch sagen, dass er im Koma liegt. Es kann sein, dass er nach ein paar Tagen, Monaten oder Jahren wieder zu sich kommt, genauso gut kann es aber auch sein dass er nie mehr erwacht. Das liegt leider nicht mehr in unseren Händen sondern hängt von der Willensstärke Ihres Freundes ab."

Er musste sich verhört haben, es konnte... es durfte einfach nicht sein dass Kai... sein Kai niemals wieder bei ihm sein könnte. Das konnte und wollte Rei einfach nicht akzeptieren. Er sah den Arzt aus glasigen Augen an.

"Kann... kann ich zu ihm...?"

Der Mann schien einen Moment zu überlegen.

"Nun, wir brauchen noch ein paar Informationen über Ihren Freund, aber ich denke, dass können wir auch noch in ein paar Minuten erledigen. Folgen Sie mir bitte."

Rei ging hinter dem Mann ein paar Gänge entlang. ,Intensivstation' konnte er an einem Schild über einer weiteren Tür lesen die sie durchschritten. Vor einer grünen Tür mit silberner Klinke hielten sie an.

"Hier ist es. Ich werde in fünf Minuten wiederkommen."

Der Chinese nickte und drückte die Türschnalle nach unten. Gleich als er den Raum betrat hörte er einen regelmäßigen Piepton. Sehr langsam und mit zitterndem Körper ging er auf das einzelne Bett im Raum zu. Kai hatte eine Infusion und war an mehreren Geräten angeschlossen die seine Lebensfunktionen überwachten. Wieder stiegen dem schwarzhaarigen Jungen die Tränen in die Augen.

"Kai...", sagte er leise und blieb direkt vor dem Bett stehen. Er führte seine Hand zu der des anderen und berührte sie nur sehr vorsichtig, als hätte er Angst den anderen zu verletzen.

"Es tut mir so Leid... bitte wach wieder auf, ja? Du kannst mich doch nicht einfach alleine lassen..."

Er umschloss nun Kais kühle Hand mit seiner eigenen und drückte sie ein wenig.

"Du sollst wissen, dass ich dir nicht mehr böse bin... und ich liebe dich... mach doch bitte wieder die Augen auf..."

Tränen tropften auf seinen und Kais Arm da er während dem Sprechen zu Weinen begonnen hatte. Es war schrecklich seinen Freund so hilflos zu sehen und zusätzlich nicht zu wissen, ob er jemals wieder die Chance bekommen würde ihm zu sagen dass er ihn liebte. Wäre dieser dumme Streit doch bloß niemals passiert.

Er betrachtete Kai noch einmal eingehend und nun blieb sein Blick an den vielen Schrammen und Verletzungen auf dessen Körper hängen. Der Russe hatte auf der linken Gesichtshälfte eine bereits genähte Platzwunde oberhalb der Augenbraue und eine recht große Schürfwunde an der Wange. Seine ebenfalls linke Schulter befand sich in einem dicken Verband, sein Ellenbogen hatte einige Kratzer abbekommen und sein Handgelenk war eingegipst. Seine rechte Körperhälfte hatte bei weitem weniger abbekommen, denn abgesehen von dem Oberschenkelbruch und einem total abgeschürften und mit Schnitten übersäten Unterarm war sie unverletzt geblieben.

Die Tür öffnete sich und der Arzt von vorhin trat in den Raum.

"Kommen Sie?"

Rei drückte noch einmal die Hand seines Freundes, flüsterte ein "ich liebe dich" und folgte dem grauhaarigen Mann aus dem Zimmer. Sie gingen zurück in den Eingangsbereich wo er zu einer jungen Schwester geschickt wurde die allerlei Zettel bei sich liegen hatten.

"Aus seinem Führerschein wissen wir seinen Namen, sein Alter und seine Adresse", begann sie und holte einen Stift heraus. "Welche Staatsbürgerschaft hat er?"

"Russland."

"Seine Versicherungsnummer?"

Rei holte seine Brieftasche heraus und suchte seine eigene Versicherungskarte. Auf deren Rückseite hatte er die Daten von Kai geschrieben. Er legte sie auf den Tisch und die Frau schrieb die Ziffern ab.

"Hat er Allergien oder nimmt er regelmäßig Medikamente?"

"Nein."

Sie stellte ihm noch ein paar Fragen über Kais Krankengeschichte bis sie ankündigte zum letzten Punkt zu kommen.

"Haben sie Namen oder Telefonnummern seiner Angehörigen?"

Rei dachte kurz nach was er ihr sagen sollte. Voltaire war Kais einziger lebender Verwandter gewesen und dieser hatte vor zwei Jahren das zeitliche gesegnet. Er hatte durch sein Testament im Übrigen all seinen Besitz seinem Enkel zukommen lassen.

"Er ist Vollwaise", antwortete Rei ihr schließlich knapp.

Die junge Frau sah ihn einen Moment überrascht an, schrieb dann jedoch auf ihrem Blatt weiter.

"Könnte ich dann bitte Ihre Daten haben?"

Der Chinese nickte. Er nannte ihr seinen Namen, seine Telefonnummer und seine Adresse damit sie ihn im Notfall sofort verständigen konnten. Als schlussendlich alles Organisatorische erledigt war und sie ihm die Besuchszeiten mitgeteilt hatte sah sie Rei aufmunternd an.

"Er wird schon wieder aufwachen, verlieren Sie nur nie den Mut."

Der Chinese nickte ihr dankend zu und verließ das große Gebäude mit wankenden Schritten.
 

Nach einer knappen halben Stunde stand Rei genau an der Stelle, an der das ganze Unglück mit Kai geschehen war. Auf der Straße sah man die schwarze Gummispur der Autoreifen, wie sie zu schlingern begannen und dann auf den Gehsteig führten. Dann waren überall kleine Splitter von der zerborstenen Windschutzscheibe, vom Scheinwerfer und dem Blinker zu sehen. Ein schiefes, gequältes Grinsen schlich sich auf Rei's Lippen. Kai hatte das Fahrzeug also ebenfalls ganz schön zugerichtet.

Dann jedoch verschwand das Grinsen mit einem Mal... zwischen lauter gesprayten Zeichen und Schriftzeichen der Polizei befand sich Blut... Kais Blut. Die Einkaufstasche war samt verstreutem Inhalt bereits beseitigt worden, so wusste Rei immer noch nicht warum Kai überhaupt draußen gewesen war.
 

Zu Hause angekommen hängte Rei sich sofort ans Telefon. Er benachrichtigte Max, Takao und Kenny, erzählte ihnen was er wusste und die drei versprachen sofort zu ihm zu kommen.

Die Jungen teilten sich mit drei Mädchen eine WG; Max und Takao waren seit zwei Jahren zusammen und ziemlich glücklich, bei den Mädchen handelte es sich um Emily, die mit Kenny zusammen war, Natalia und Sophie, ein lesbisches Pärchen.

Rei machte sich erst einmal einen starken Tee und setzte sich damit auf die Couch. Überall waren Bilder mit ihm und Kai, und auf jedem Photo waren sie so glücklich... zusammen. Die Tränen stiegen ihm schon wieder in die Augen und als es an der Tür läutete wischte er sich mit dem Handrücken schnell darüber.

Max stand als erster vor ihm und umarmte ihn auch sogleich.

"Es wird schon wieder alles werden...", sagte er leise.

Der Chinese nickte und wurde nach dem Amerikaner noch ganze dreimal umarmt, nämlich von Takao, Kenny und Emily.

"Wenn du willst bleiben wir heute hier bei dir, damit du nicht so alleine bist. Natalia und Sophie passen schon auf die Wohnung auf", bot der blauhaarige an.

"Das wäre echt nett von euch..."

Endlich konnte Rei all seinen Schmerz rauslassen und nun erzählte er den anderen auch von dem dummen Streit den er und Kai vor dem Unfall hatten. Der Chinese war so fertig, weil sie sich nicht mehr versöhnt hatten bevor dies passiert war und er riet seinen Freunden immer wieder, niemals im Streit auseinander zu gehen.
 

Am nächsten Tag ging Rei sofort zu beginn der Besuchszeit, exakt zehn Uhr, ins Krankenhaus und in Kais Zimmer. Dessen Zustand hatte sich kein bisschen verändert, was den Chinesen etwas deprimierte.

So verliefen die nächsten vier Wochen. Jeden Tag besuchte Rei seinen Freund und jedes Mal kam die ernüchternde Mitteilung dass sich nichts geändert hatte, Kai lag nach wie vor im Koma. Der Chinese fühlte sich immer unglücklicher, langsam aber sicher fand er sich damit ab, dass der Russe wohl nicht wieder erwachen würde.
 

Es war ein verregneter Tag an dem Rei sich wieder einmal auf den Weg ins Krankenhaus machte. Er war deprimiert wie immer und als er das Gebäude betrat begrüßten ihn sogleich auch die Ärzte und das Pflegepersonal. Jeder wusste weshalb er kam und jeder bedachte ihn mit traurigen, mitleidigen Blicken.

Rei's Stuhl, auf dem er jeden Tag neben Kais Bett saß und mit diesem sprach, stand wie immer an derselben Stelle. Der Chinese nahm langsam darauf platz und begann wie jedes Mal Kai von seinem Tag zu erzählen. Er hoffte, dass irgendwas zu dem anderen durchdrang und dass dieser vielleicht dadurch wieder die Kraft bekam, aufzuwachen.

Er wollte eben aufstehen und sich etwas zu trinken holen, als er ein Stöhnen hörte. Erschrocken sah er Kai an und tatsächlich zuckten dessen Augenlieder, bevor auch schon strahlend rote Augen mehrmals blinzelten und sich schließlich im Raum umsahen.

Rei rannte sofort hinaus und holte den Arzt, welcher es kaum fassen konnte dass der Russe erwacht war. Sofort eilte er in dessen Zimmer und überprüfte ein paar Körperfunktionen.

"Können Sie sich an irgendetwas erinnern?", fragte der grauhaarige Mann schließlich.

"Ähm... ja...", begann Kai leise da sein Kopf schmerzte, "...das letzte was ich weiß ist, dass ich einkaufen war und dann... auf dem Weg nach Hause... und jetzt bin ich hier."

"Wissen Sie wie Sie heißen, woher sie kommen...?", fragte der Arzt hoffnungsvoll nach.

"Mein Name ist Kai Hiwatari... und ich wurde in Russland geboren, lebe aber seit Jahren in Japan. Ich habe eine Wohnung ganz in der Nähe..."

Freudig blickte der Arzt zu Rei und deutete diesem näher zu kommen.

"Wissen Sie auch wer das ist?"

Rei spürte wie die roten Augen des anderen in musterten, doch dann schüttelte Kai den Kopf.

"Tut mir Leid, diesen Jungen habe ich noch nie gesehen..."

"W- was...? Aber... aber Kai..."

Der Russe wandte sich wieder dem Arzt zu.

"Wer ist das?"

"Er sagt er ist Ihr Freund..."

Wieder schüttelte sich der Kopf des blau-grauhaarigen.

"Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich ihn nicht kenne..."

Geschockt verließ Rei das Zimmer und wartete vor diesem auf den grauhaarigen Mann.
 

Nach langen zehn Minuten kam dieser auch heraus und blickte Rei traurig an.

"Es handelt sich wohl um partielle Amnesie. Ist irgendetwas vorgefallen zwischen Ihnen beiden, bevor der Unfall geschehen ist?"

"Wir...hatten Streit..."

Der Arzt nickte.

"Das kann schon passieren dass Patienten nach einer schweren Gehirnerschütterung Teile aus ihrem Leben verdrängen und einzelne Personen vergessen, vor allem wenn es mit diesen kurz zuvor Auseinandersetzungen gegeben hat. Ich kann es Ihnen nicht versprechen, aber normalerweise sollte sein komplettes Erinnerungsvermögen nach einiger Zeit wieder zurückkehren. Da heißt es wohl warten. Erzählen Sie ihm möglichst viel über gemeinsame Erlebnisse, zeigen sie ihm Photos oder Videos... versuchen Sie seine Erinnerungen hervor zu locken."

Rei war kurz vor dem verzweifeln. Da wachte Kai endlich aus dem Koma auf und dann wusste er nicht mehr, wer er war... er hatte seinen Freund vergessen. Es schmerzte ihn und er wusste nicht, ob er es schaffen würde Kai so nahe und doch so fern zu sein.

"Ich denke dass wir ihn, sofern sein Zustand stabil bleibt, übermorgen entlassen können. Selbstverständlich müssen Sie sich rund um die Uhr um ihn kümmern bis seine Gliedmaßen wieder vollständig verheilt sind und er sich wieder selbst helfen kann. Ich wünsche Ihnen wirklich alles Gute."

Rei bedankte sich bei dem Arzt und kehrte an diesem Tag todunglücklich nach Hause zurück. Immer wieder stellte er sich diese eine Frage... warum nur hatten sie sich über so etwas dummes dermaßen heftig gestritten...?
 

Zwei Tage später holte er Kai vom Krankenhaus ab und als der Russe die Wohnung betreten hatte fühlte er sich zwar sofort wieder wie zu Hause, alles was jedoch mit dem Chinesen zusammenhing behauptete er nicht zu kennen und noch nie gesehen zu haben. Er nahm im Wohnzimmer ein Photo in die Hand auf dem sie beide zu sehen waren: Rei stand lächelnd und mit glücklich wirkenden Augen da, er selbst stand hinter diesem, hatte die Arme um ihn geschlungen und seinen Kopf an den des anderen gelehnt... und er wirkte ebenfalls sehr zufrieden und glücklich. Es tat Kai zwar sehr Leid, aber er konnte sich einfach nicht daran erinnern den anderen jemals zuvor gesehen zu haben... aber Photos konnten doch nicht lügen, oder?
 

Für den Chinesen begann eine schwere Zeit...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  AyshaMaySezaki
2007-07-03T17:24:18+00:00 03.07.2007 19:24
Ray tut einem so leid *heul*
aber auch kai, denn er hatte ja den unfall *heul*

freu mich schon auf das nächste pitel zu lesen

deine tsukiko-chan
Von:  Pheo
2005-01-01T23:41:31+00:00 02.01.2005 00:41
Armer Rei T-T
Da wacht kai nun endlich auf und erkennt ihn nichtmal wieder...*mit Rei mitfühl* Sowas hat er nicht evrdient...
Aber imemrhin versucht Kai sich wenigstens zu erinnern...*nod*
Die Story ist wieder suepr geschrieben ^-^
Freue mich schon aufs nächste chapter ^-^
baba Pheo ^^


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