Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leiden sie noch heute
23.10.
Es ist heute ein neuer, seltsamer Junge in unsere Abteilung gekommen.
Hier sind wir alle ja nicht ganz normal, schließlich sind wir in einer psychiatrischen Klinik, einer Klapse, aber er, ich glaube, er heißt Harry, hat einen völlig wahnsinnigen Blick.
Und wenn er einen ansieht, scheint durch dich hindurch zu sehen, in eine andere Welt.
Gesagt hat er bis jetzt noch nichts, nur immer gestarrt.
27.10.
Ich hab Gerüchte über ihn gehört. Wenn unsere Betreuer mit einander sprechen, sind sie nicht immer so ungehört, wie sie denken.
Sie haben Angst vor ihm.
Was ich nicht ganz verstehen. Er sagt nichts und starrt nur. Auf einem Auge ist er blind, deswegen ist es so unheimlich.
Aber ich werde ihm im Auge behalten. Betreuer sind nicht grundlos ängstlich.
28.10.
Ich glaube, er wurde vergewaltigt. Er verhält sich so. Noch ein Grund mehr, keine Angst vor ihm zu haben.
Und er hat Entzugserscheinungen.
29.10.
Ich hab ihn sprechen hören, zumindest murmeln. Was er von sich gibt, hab ich zwar nicht verstanden, aber er schienen seinen Betreuer zu verfluchen. Es klang wie Patronen, oder so.
Und er murmelte immer wieder etwas von Askaban. Und das sie es nicht verstanden. Er hätte alle gerettet.
30.10.
Einer der Betreuer wurde von dem Schwarzhaarigen angegriffen. Er hat sich auf sie aufgestürzt und geschrieen, das es ungerecht sei, das er nur alle hätte retten wollen.
Der Betreuerin ist nichts passiert. Die linke Hand des Jungen war eh verkrüppelt und auch sonst ist er nicht sehr kräftig.
Jetzt steht er wieder unter härteren Medikamenten.
4.11.
Gestern wurde er verlegt. Niemand konnte noch seinen Aufenthalt hier verantworten. Es gab wieder einen Angriff auf einen der Betreuer.
Heute erfuhren wir, das Harry ein Mörder war. Ein Giftmischer. Er hat einen Mitschüler umgebracht mit einem völlig unbekannten Gift. Die Inhaltsstoffe konnten nicht klar identifiziert werden. Wenn er jemand mit Körperkraft umgebracht hätte, wäre ich wohl sauer gewesen, dass man ihn einfach auf unsere Station hatte sein lassen. Aber hier gab es nichts, aus dem man Gift machen konnte.
5.11.
Wieder haben die Betreuer über ihn geredet. Vielleicht sollte ich nicht lauschen, aber ich war einfach krankhaft neugierig.
Und jetzt versteh ich den Jungen - ich hätte gehandelt wie er. Es war ungerecht, dass er hier sein musste.
Der Junge, den er umgebracht hatte, hatte ihn wohl über einen Zeitraum von einem Jahr fast wöchentlich vergewaltigt - manchmal auch öfters. Und drogensüchtig gemacht. Die Drogen schienen wohl Halluzinationen ausgelöst zu haben, die ihn glauben machte, er sein ein Zauberer.
Durch den Mord, der der Höhepunkt, seiner Wahnvorstellungen war, hat er den letzten Bezug zur Realität und somit alles verloren, was er je hatte.
Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Typen, die ihn so verprügelt haben, hätten es geschafft den Jungen zu töten, anstatt das er jetzt dieses Leben unter Psychopharmaka und körperlicher Beeinträchtigung in dieser bizarren Zauberwelt führen musste.
Der hatte nämlich wirklich keine Chance mehr, auf ein normales Leben.