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Schwere Beute

von

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Der kleine Bub

Sie waren endlich angekommen. Line stand etwas abseits, sie betrachtete die Kneipe vor sich. Der Gedanke da gleich rein zu müssen, gefiel ihr überhaupt nicht. Es schien ziemlich voll zu sein.

Bakura und Fred hatten anscheinend etwas zu besprechen. Sie standen da und diskutierten wild. Line ließ den Blick die Straße entlang gleiten. Keine Menschenseele war zu sehen.

Es schien insgesamt eine sehr seltsame Gegend zu sein. Jeder blieb in seiner Wohnung. Man sah keine spielenden Kinder, keine Frau auf dem Balkon die Wäsche aufhängen, nicht einmal Jugendliche, die man doch sonst immer überall auf der Straße finden konnte. Es war, als wenn sich jeder hier versteckten musste. Und wahrscheinlich war genau das der Fall.

Plötzlich wandte Bakura sich um. Er warf Line noch einen Blick letzten Blick von der Seite zu, der aber nichts weiter zu bedeuten schien, und betrat durch die alte Holztür den Pub.

Fred drehte sich zu Line. „Komm.“ Er seufzte. „Wir werden uns irgendwo hinsetzen und auf Bakura warten.“

Line sah ihn aufmerksam an. „Ich dachte, ihr arbeitet zusammen. Wieso bist du dann bei der Besprechung nicht dabei?“

Fred zuckte die Schultern. „Er macht alles allein. Das ist so!“

Drinnen war es tatsächlich zum Zerbersten voll. Die Luft war stickig und es roch grässlich nach Alkohol. Es schien, als würde hier gerade der gesamte Vorrat der Stadt versoffen.

Was Line sah, überzeugte sie auch nicht gerade vom Gegenteil.

Es war unglaublich laut. Um jeden Tisch drängten sich mindestens fünf Männer, wo auch auffiel, dass die Gattung Frau gänzlich ausgestorben schien, wenn man mal von den Kellnerinnen absah, die sich mit aller Kraft durch die Menge zu kämpfen suchten, ohne sofort auf dem nächsten Schoß zu landen. Niemand schien noch nüchtern. Die Menschen schrieen sich durch die ganze Kneipe Bemerkungen zu, selten waren sie freundlich.

An fast jedem Tisch wurde Karten gespielt. Sie steckten die Köpfe zusammen und stießen immer hin und wieder mit lautem Gelächter wieder auseinander. An anderen Tischen schwiegen sie während sie ihre Karten legten. Jeder beobachtete den anderen mit großem Misstrauen. Manchmal hörte man einen lauten Aufschrei, wenn sich jemand mit lautstarken Beschimpfungen auf sein Gegenüber stürzte.

An der Theke schienen die Leute sich nur noch mit größter Mühe auf ihren Stühlen halten zu können. Der Wirt unterhielt sich leise mit einem Gast.

Niemand wirkte hier besonders vertrauenserweckend, aber am meisten bestürzte Line die Tatsache, dass Fred die ganzen Typen auch noch zu kennen schien!

Auf der Suche nach einem freien Platz machten sie immer wieder Halt. Fred schüttelte überall Hände. Es wurden ein paar Worte gewechselt, die sie nicht verstand.

Line hielt sich die ganze Zeit dicht hinter Fred. Sie fühlte sich nicht wohl hier.

Plötzlich packte sie jemand am Arm. Als sie sich erschrocken umwand, sah sie direkt in die tiefen grauen Augen eines alten Mannes.

„Was machst du hier, Mädchen?“ Seine Stimme war rau und unfreundlich. Line bekam kein Wort heraus.

„Bill!“ Fred war aufmerksam geworden und hatte den Mann hinter Line entdeckt. Dieser richtete sich ein wenig auf um Fred ins Gesicht zu schauen. „Fred.“, murmelte er nur. „Die Kleine gehört zu dir?“

Fred nickte eifrig. Line zitterte. Diese grauen Augen starrten sie immer noch an.

„Ist Bakura auch da?“, fragte er ohne den Blick ab zu wenden. Fred nickte wieder. „Ja, er wollte zu dir. Ich weiß auch nicht, wo er jetzt abgeblieben ist…“ Er sah sich suchend um. Aber wie hätte er ihn in den Massen entdecken sollen?

„Dann setz dich doch hier zu mir. Bakura muss ja irgendwann hier aufkreuzen.“, schlug der Alte vor. Fred gab sich einverstanden. Er schob Line, die sich kein Stück mehr rühren wollte, vorwärts, und ließ sich schließlich neben dem Mann nieder. Line saß daneben eng in eine Ecke gequetscht. Sie spürte die Blicke der anderen Männer am Tisch auf sich ruhen. Sie waren deutlich jünger und scheinbar bei einem Spiel.

„Fred?“ Er war schon völlig in ein Gespräch vertieft; wandte sich nun nur widerwillig zu Line um. „Ich könnte doch mitspielen.” Sie sah ihn erwartungsvoll an.

Fred schüttelte den Kopf. „Nein, das ist keine gute Idee.“

Line sah ihn verärgert an. „Warum nicht? Du weißt, dass ich gut bin.“

Fred nickte. „Eben. Aber hier ist es besser, nicht immer zu gewinnen. Weißt du, nicht jeder in diesem Geschäft nimmt einen Verlust so leicht hin, wie ich es getan habe.“

Line sah ihn verwundert an. „Glaubst du, sie verprügeln mich, wenn ich gewinne?“, fragte sie belustigt.

„Zum Beispiel.“, murmelte er. Damit war für ihn das Thema erledigt und er wandte sich wieder seinem eigentlichen Gesprächspartner zu.

Line lehnte sich zurück. Schweigend beobachtete sie das Kartenspiel der Männer. Neben ihr redete Fred angeregt auf den älteren Mann ein. Es schien um etwas Geschäftliches zu gehen. Line fühlte sich schläfrig. Sie schloss für einen Moment die brennenden Augen und war im nächsten eingeschlafen.
 

...
 

...
 

...
 

„Hallo Karoline.“, säuselte ihr jemand ins Ohr.
 

Sie fuhr auf.
 

Ihr Name.
 

Als sie die Augen aufriss, hatte sie das Gesicht von einem der jungen Männer direkt vor sich. Sie schreckte zurück und spürte daraufhin ein starkes Stechen im Rücken, als sie gegen die harte Wand hinter sich prallte. Sie schaute sich um.

„Wo ist Fred?“ Fragte sie misstrauisch. Der Mann grinste. „Der hat ein kleines Geschäft zu verrichten.“ Und belustigt fügte er hinzu. „Wir sollen auf dich aufpassen.“

Er warf einen Blick zu seinen Freunden. Sie grinsten ihm zu.

„Du bist also die kleine Geisel vom Bakura.“ Fuhr er fort, während er sie ausgiebig betrachtete. Lines Mundwinkel zogen sich nach unten. Das hörte sich ja wieder toll an.

„Na und?“ Fragte sie beleidigt. Er beachtete den pampigen Ton in ihrer Stimme gar nicht.

„Warum läufst du eigentlich nicht weg?“ Fragte er grinsend. „Du kannst weiß Gott nicht behaupten, du hättest nicht die Chance dazu!“ Line schwieg. Ihr gefiel das hier überhaupt nicht. Wo blieb Fred?!

Die anderen Männer begannen erneut ein Spiel. Der eine aber blieb neben ihr. Und er hatte den Versuch, mit ihr ein Gespräch aufzubauen auch noch nicht aufgegeben.

„Hör mal, ich kenne Bakura. Er lässt normalerweise keine Überlebenden zurück und erst recht nicht, nimmt er welche mit. Was also ist passiert?“ Fragte er wissgierig. Line starrte ihn an, ohne den Mund auch nur einen Millimeter zu öffnen. Was wollte er eigentlich?

Der Typ rückte ihr immer näher auf die Pelle. „Du weißt es nicht?“ Fragte er triumphierend. „Ich kann natürlich auch nur raten.“ Und sein Gesicht näherte sich langsam dem ihren. „Aber vielleicht hat er noch was vor mit dir.“

Sein Grinsen war widerlich. Line starrte ihn an. Sie war nicht fähig eine Antwort zu geben, nicht einmal in der Lage zu reagieren, als seine raue Hand ihren Nacken berührte. Sie fuhr ihren Hals entlang, schlich sich tief ihren Rücken hinunter.

Line war wie betäubt.
 

Und umso schneller wieder bei Bewusstsein, als ein plötzlicher Aufschrei sie zurückholte. Mit einem Ruck war alles zusätzliche Gewicht auf ihrem Körper verschwunden.

„Bakura! Ich hab ihr nichts getan!“ Der Mann lag auf dem Boden. Seine Hand fuhr über die Nase, die zu bluten begann. Bakura schaute aus kalten Augen zu ihm herab. „Das sehe ich anders. Und jetzt mach, dass du hier weg kommst.“

Der junge Mann richtete sich auf. Er lächelte schon wieder. Dieses grausame Lächeln.

„Du solltest mich nicht einfach fortschicken. Ich hab noch was für dich.“ Sagte er ruhig.

Bakura schüttelte entschieden die weiße Mähne. „Darüber reden wir morgen.“

Der Mann schaute ihn ernst an. „Morgen ist es zu spät.“

Bakuras Miene verfinsterte sich. „Verschwinde.“

Einen Moment lang herrschte Schweigen.

„Gut.“ Der junge Typ grinste hässlich. „Ich gehe. Morgen wirst du sehen, was du davon hast.“ Er lachte. Im nächsten Moment war er verschwunden.

Bakura starrte einige Minuten lang auf das Getümmel, in dem er eingetaucht war. Die Leute wandten sich wieder ab. Er ließ sich neben Line fallen. „Wo ist Fred?“ Fragte er wütend.

Line schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht.“ Sprach sie leise. Sie zitterte.

Bakura warf ihr kurz einen Blick zu. „Alles in Ordnung?“ Fragte er ohne sie anzuschauen. Line nickte schwach. Sie betrachtete ihren Entführer. Sein Blick ging war schon wieder auf die Menschenmassen ringsum gerichtet. So als wäre nichts gewesen. Einige Sekunden verstrichen.

Line sah ihn noch immer an. Dann, ganz vorsichtig, legte sie ihren Kopf auf seiner Schulter ab und wartete gespannt. Keine Reaktion. Lächelnd schloss sie schließlich die Augen.



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