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Episoden

Aus dem Leben einer Mörderin
von

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An die, die mich lieben...

Episoden
 

- 1 - An die, die mich lieben...
 

Disclaimer: Projekt Weiß gehört (fast) alles

Warnung: WK Charas kommen erst später dazu.

Widmung: Ai no Hikari, ich danke Dir!

Erklärung: Dies ist meine erste Fic

Ich schreibe, wie ich denke - also wirr.
 


 

Warum soll ich noch schreiben, etwas erklären. Morgen, wenn man findet, was ich zu hinterlassen gedenke, stellen sich manche Menschen Fragen, die ich unmöglich heute Nacht noch alle beantworten kann.

Fragen, die ich mir stellte, dem Leben stellte, wurden doch auch nie gehört. Alles, was ich in mir höre, ist dieser Schrei, dieser nie enden wollende Schrei - mal lauter, mal leiser, immer da.
 

Erinnerung... durchaus vorhanden.

Episoden. Manchmal nur Bruchstücke. Selten schön, oft geprägt von Gewalt. Unterbrochen von wohltuenden Grauzonen, wabernder Ungewissheit.

Narben am Körper, viele schon längst wieder verblasst.

Die Seele heilt nicht, ihre Narben bleiben.
 

Wie wird es sein, zum letzten Mal die Augen zu schließen?

Oft in letzter Zeit habe ich es mir vorgestellt, habe ganz langsam die Lider zugehen lassen, genüsslich, habe ihre Wärme auf meinen Augäpfeln gespürt.

Sie ohne Angst schließen zu dürfen, wird... .
 

Nein, Angst habe ich doch schon lange nicht mehr gespürt. Nicht mehr, seit dem sein Blut neue Muster bildete, wo sich ein teurer Innenarchitekt für viel Geld verwirklicht hatte.

Er hat mich gelehrt, Angst haben nur Schwächlinge. Schwächlinge werden immer gequält. Die Starken ergötzen sich an Angst, sie mögen ihren Geruch.

Ah, Geruch, ich werde niemanden belästigen. Michiko hat mir doch Einiges beigebracht, andere Menschen nicht unnötig zu belästigen, gehörte dazu.
 

Weckauftrag für Punkt 10.00. Bitte persönlich wecken, das Telefon könnte ich überhören. Ein auffallend großer Geldschein wird der Anweisung den nötigen Nachdruck verliehen haben.

Eine große Schweinerei will ich nicht hinterlassen. Die Blutmenge ist schon lästig genug für die Reinigungsleute, denke ich mal.

Was heißt hier denken? Ich weiß doch genau, wie so eine Lache aussieht - erstaunliche Menge.
 

Warum springen mir laufend neue Bilder im Hirn umher?

Flashbacks, wirr wie ich selbst. Was war gerade? Wer hat sich gemeldet?

Klarheit der Gedanken - ich brauche Klarheit.
 

Michiko, Du wirst stolz auf mich sein.

Du hast Dir Deinen Stolz in all den Jahren erhalten und Du hast mir meinen Stolz gelassen. Ohne größere Regung, ohne Mitleid, hast Du mit leichter Hand Wunden versorgt.

Erzogen in der japanischen Tradition einer Samuraifamilie, weißt Du um Bushido, die Ehre des Kriegers, den man nicht bemitleidet.

Selbst hast Du auch alles schweigend ertragen - Alles.

Und er konnte subtil sein, ein Genie der Schmerzen, unser Baron. Alter deutscher Adel, verbunden mit einem der ältesten japanischen Häuser. Aber keine gemeinsamen Kinder. Das hat er Dir nie verziehen, Michiko, nicht war?

Hättest Du seine Kinder geboren, wäre er nicht auf die Idee gekommen, mich in sein Haus zu holen. Aber ich bin Dir nicht böse, nicht sehr, nicht mehr.
 

Will mal testen, ob mein Liebling scharf genug ist, heute Nacht.

Ich weiß, wie sich lebendiges Fleisch anfühlt, wenn es sich dem Stahl widersetzt. Federnd weicht es aus, ein guter Kämpfer, dieses Fleisch, besonders, wenn es das eigene ist. Widerspenstiger als das Fleisch Fremder. Ahnt es, was passieren wird?

Leicht ziehe ich die Klinge über den linken Unterarm, parallel zu älteren Schnitten. Extreme Schärfe obsiegt, der rote Streifen zeigt, der Stahl hat gewonnen. Wie immer, kein Schmerz, schade eigentlich.

Vielleicht bin ich ja schon viel toter, als ich bald sein werde.
 

Man sagt ja, die Seele kann sich ganz klein machen, in so einem Körper, wenn der nur genug geschunden wird. Dis-so-ziation, so nannte es der Arzt, damals.

War das vor, während oder nach dem Prozess? Egal, ändert nichts.

Wollte mir angeblich helfen. Gespräche führen, reden soll helfen, Gefühle zeigen... der ganze Mist.
 

Welche Gefühle? Irgendwie verstand ich nicht, was er von mir wollte.

Er hörte einfach nicht auf, zu bohren.

Wollte gehen, einfach nur meine Ruhe haben, aber der Nerver stellte sich mir in den Weg. Schubste ihn beiseite, da schien er sich zu freuen, faselte was von Wut rauslassen.

Er wusste doch bestimmt aus meinen Papieren, dass ich Kampfsportlerin bin.

Zwei, drei Fauststöße und ich hatte meine Ruhe.
 

Plötzlich überall Wärter. Schläge, Tritte... . Ich auf dem Boden.

Handschellen. Egal.

Hatte meine Ruhe. Vorher noch ein bisschen ausgeteilt, etwas für den Ruf getan. Die haben nicht mehr versucht, an mir rumzupfuschen.

All die Jahre vorher hats auch keiner getan. Nicht, dass es Zweck gehabt hätte.
 

Vielleicht meine ersten Jahre? So bis sechs vielleicht? Die Heimjahre, die glücklichsten meines Lebens? Wie komme ich denn darauf? Bullshit.

Leute wie ich sind nicht glücklich.
 

Ich wurde, angeblich, von IHM gezeugt. Das schließt jede Art von Glück aus.
 

Kyoko sagt, das Schicksal hätte uns füreinander bestimmt. Ich wäre in einem Eisblock gefangen, den sie tauen will. Aber ich will nicht, dass mein Eispanzer bricht.

Wie naiv diese toughe Halbchinesin sein kann. Jetzt muss ich doch tatsächlich grinsen. Hat sich mit Mitte 20 schon an die Spitze einer wirklich guten Gang gekämpft und ist doch so naiv... jedenfalls wenn es um mich geht.
 

Das im Knast damals war reine Taktik. Die beiden besten Fighter tun sich zusammen und kontrollieren alles, ist doch logisch.

Und fighten kann sie. Sieht man ihr gar nicht an. Sicher sie ist groß, jedenfalls für japanische Verhältnisse, weit über die Norm, aber sehr schlank. Ihrer schmalen Silhouette sieht man die Kraft nicht an, die Kraft, die sie als exzellente Kämpferin kaum braucht. Ihre Techniken sind unglaublich schnell.
 

Konnte nie wirklich geklärt werden, wer nun die bessere von uns beiden ist. Komisch, dass es ihr nie gelungen ist, mit mir ganz allein klar zu kommen.

Wenn es echt brenzlig wurde, habe ich immer intuitiv gewusst, wohin sie den entscheidenden Punkt setzten würde und konnte blocken.

Habe ich schon öfter erlebt. Sonst wäre ich schon lange tot. Muss aber auch wirklich erst richtig zur Sache gehen... .
 

Wie damals. Als ich wusste, dass ich nicht mehr viel Blut zu verschenken habe. Als er zum finalen Schlag ausgeholte... und ich sah den Bogen, den sein Katana nehmen wollte. Nein, nicht sehen, war es, auch nicht ahnen - nur wissen. Und dann einfach schneller sein.
 

Das unterscheidet den Gewinner vom Verlierer. Der eine taumelt, Waffe von schwacher Hand kaum noch gehalten. Der andere ist tot, bevor er den Boden erreicht.
 

Sein Ruf als Sportsmann war untadelig. Regattasegler, erstklassiger Reiter und guter Schütze... der Baron war immer bei den Siegern.
 

Im Reiten kam ich einigermaßen mit. Irgendwie habe ich die richtige Hand für schwierige Pferde. Seinen Trakehner konnte außer uns keiner reiten.

Aber sonst konnte ich seine Ansprüche nur im Kampfsport halbwegs befriedigen, bis zuletzt. Da wär er stolz gewesen, aber halt, ging ja nicht. Er war ja tot.
 

Wie Michiko erreicht hat, dass ich nach ein paar Wochen entlassen wurde, habe ich nie erfahren. Ihr Anwalt erwähnte einen Verfahrensfehler, Wiederaufnahme und Freispruch seien Formsache. Ein paar Tage später war ich offiziell freigesprochen.

Dürfte Michiko ein Vermögen gekostet haben. Naja, seit sie den Konzern führt, stehen ihr alle Konten offen, viel Spaß damit. Schließlich muss sie auch mit allen negativen Seiten klarkommen.

Dass sie mehrfach bedroht wurde, weil sie einen Verkauf beharrlich ablehnt oder so, habe ich auch nur durch Zufall erfahren. Seitdem habe ich, mit Kyoko und ihren Leuten, den Bodyguard für sie gemacht. Könnte nicht ertragen, wenn sie auf einmal wer killen würde.

Sie erinnert mich permanent an Dinge, an Gesichter, an Sachen, die einfach so passierten. Der Nerver nannte das 'triggern'.

Sie merkt es. Ich spüre ihre besorgten Blicke. Wir haben dunkle Zeiten gemeinsam überstanden. Wir sind verbunden, wir sind uns teuer.

Kyoko wird sich kümmern, ab morgen. Sie ist gut.
 

Das Shirt ziehe ich aus, lege es ordentlich zusammen, ans Fußende des Bettes. Wenn ich gleich ansetzte, will ich meinen letzten Triumph genießen.

Einmal quer rüber, dann hoch Richtung Herz. So hoch, wie die Kraft der Hand noch reicht, die das Messer hält.

Ich will es perfekt machen. Michiko soll sich nicht schämen müssen. Sie wird wissen, dass ich wie ein Krieger starb. Sie wird dann wissen, dass ich glücklich starb.
 

Handy? Nicht mehr drangehen...?

Doch. Sonst habe ich keine Ruhe.
 

Es ist Kyoko. "Was willst Du? Du störst!"

"Meine Leute haben ein Lagergebäude im Hafen entdeckt. Unsere Freunde scheinen sich da eingenistet zu haben. Komm sofort her, wir ersparen den Cops viel Arbeit und Schreibkram".

Lieblingsmesser in den rechten Stiefel, Shirt überziehen, Sitz der Waffen kontrollieren, Lederjacke über - und los. Gestorben wird dann eben später... .

Gedanken einer Mörderin

Disclaimer: Nichts von WK gehört mir.

Warnung: WK-Charas kommen erst ab dem nächsten Kapitel.

Widmung: Der Frau, die ich sein könnte.
 

War ganz in Ordnung, der Job. Lief sauber ab. Wie erwartet.

Kyoko mit ihrem Katana rechts, ich decke von links ihren Rücken.

Habe meine Sais mit den Griffen nach vorn gepackt. Wird immer wieder unterschätzt. Sehen sie keinen scharfen Stahl bedrohlich vor sich, wittern sie leichtes Spiel.
 

Der Idiot hier auch. Will mir sein Messer von unter her ins Herz treiben, attackiert sich selbst in den Tod.

Körperdrehung, seinen Arm höher gedrückt, den stumpfen Stahl in die Achsel gerammt. Klirrend fällt sein Messer. Gelähmter Arm hat keine Kraft.
 

Auf einmal... Zeitlupe. Ästhetik dirigiert den Tanz des Todes.

Wie immer, bin ich voll staunender Bewunderung, wie schön Menschen sterben können. Gönne ihm einen letzten schönen Moment. Vielleicht der einzige seines Lebens.
 

Aus dem Handgelenk die Sais gedreht. 30 cm Stahl erreichen seinen Körper, dringen gut zur Hälfte in sein Herz, gleiten zurück.

Dead man standing.

Ahnt er, dass er gerade stirbt? Weiß er zu schätzen, wie elegant er gebeten wurde, diese Welt zu verlassen?

ICH weiß es, das reicht.
 

Neben mir hat Koyko eine Blutfontäne aufgetan. Es schwallt aus offener Kehle.

Die Geräusche mag ich nicht, mag nicht dieses unkontrollierte Versprudeln.

Mag nicht besudelt werden, trete zurück.

Gefahr droht keine mehr.

Beiläufig Waffe begutachten. Kaum Blut, wirklich guter Job.

Jetzt das große Finale anschauen. Kyoko wird den Eindringling in ihr Revier exemplarisch strafen. Muss sie sogar, muss ihre Dominanz demonstrieren, wie ein Alphatier, sonst folgt das Rudel nicht mehr.
 

Sie ist schnell, präzise, gnadenlos.

Hinterlässt 6 Körperteile. Einen Torso und fünf kleinere Warnungen, in ihrem Gebiet nicht zu wildern.
 

Rückzug zum BMW, ich fahre. Sie ist noch zu stark auf Adrenalin.
 

Vor ihrer Tür sagt sie unvermittelt: "Komm mit rein."

Nein, ich will nicht. Nichts will ich. Nur meine Ruhe.

Auto, Geschwindigkeit, Temporausch.

Der Weg ist das Ziel. Allein. Sein.

Sie kennt keine Gnade.

"Du musst. Du bist in meiner Hand. Du bist mein."

Schließe den Wagen und folge ihr.
 

Muss klar denken, eine Lösung finden. Hast Du es nötig, mich zu erpressen?

Wir beide wissen die Antwort.

" Zieh Dich aus", sagst Du.

Ich tue es. Lege die Lederjacke ordentlich ab, ziehe das schwarze Shirt über den Kopf... und höre Dich scharf zwischen den Zähnen hindurch einatmen.
 

Was willst Du nur von mir? Was siehst Du? Muskeln, Narben oder die beiden Drachen auf meiner Haut? Was macht Dich an? Eigentlich egal.
 

Versuche, zu denken. Muss Deiner Falle entkommen. Darf nicht andere büßen lassen. Michiko hat genug gelitten. Muss sie schützen, noch.

Keine Chance, jetzt nicht.
 

Halte Dir die Hände hin. Du fesselst die Handgelenke, weißt, ich würde Dich instinktiv angreifen. Killerinstinkt.

Du küsst meine Lippen, ich ziehe mich zurück. Du drückst mich runter. Bin jetzt ganz tief in mir, verborgen in meinem Seelenversteck. Lasse Dir nur meinen Körper.
 

"Warum, meine Schöne? Meine Löwin ? Warum sind Deine Augen so leer? Ich will Dich ganz. Deinen Körper, Deine Seele, Deine Liebe. Alles.

Wo bist Du jetzt? Wo versteckt Du Deine Seele? Hat sie kein Mitleid mit Deinem Körper? Hat sie kein Mitleid... mit mir?"
 

Von fern höre ich Kyoko schreien. Schluchzt sie? Blutgeschmack im Mund. Wohltuend, bekannt, beruhigend.
 

Langsam kehre ich zurück.

Langsam setzten Schmerzen ein. Sie hat also wieder geschlagen.

Wütend, verzweifelt, gescheitert.

Kapiert sie es nicht? Sie hat keine Chance.

Nein, Kyoko, mich dominierst Du nicht, niemals.

Und eines Tages, Kyoko, werde ich Dich töten.

Elegant, sauber, ästhetisch.

Die Todgeweihten grüßen Euch

Episoden

- 3 - Die Todgeweihten grüßen Euch
 

Disclaimer: Nichts gehört mir, nur Deine Aufmerksamkeit, Leser.

Warnung: fightszenen, explizit beschrieben

Widmung: Ai_no_Kikari
 

Die Halle ist gut gefüllt. Gladiatorenspiele auf Leben und Tod ziehen magisch an. Unterwelt trifft Wirtschaftsbosse, dazwischen halbseidenes Gelichter. Bodyguards haben heute einen stressigen Job.

Enge Masse Menschen, Waffen en masse. Muss wohl so sein.

Aber wieso muss Michiko hier sein? Hier ein wichtiges Geschäftstreffen? Häh? Gibt es keine Restaurants mehr in Tokyo? Angeblich will sie die aufgeheizte Atmosphäre nutzen, für einen besseren Deal. Wahrscheinlich will sie wetten, genau wie Kyoko. Die Beiden sind verrückt auf Wetten, Hauptsache illegal und hoch. Können sie beides heute haben. Illegal sind die Kämpfe und hoch die Chance, Kämpfer sterben zu sehen.
 

Im Aufwärmbereich stehend, schaue ich hoch in die Loge, checke noch mal.

Hinter ihr zwei von unseren Leuten, neben ihr Kyoko.

Daneben der fette Typ ist der Geschäftspartner. Hat der seinen Sekretär dabei? Stop, nein.

Maßgeschneiderter Anzug kann die breiten Schultern nicht verbergen. Brille, aber unter der linken Achsel Schusswaffe. Sehr gepflegte, elegante Erscheinung. Der kostet.

Ist er allein? Zwei Typen dahinter, könnten dazu gehören.

Letzter Aufruf unterbricht. Gleich, endlich. Lange genug gewartet. Die Aufforderung, die Kampffläche zu betreten.

" Meine Damen und Herren, wir kommen nun zum Highlight des heutigen Abends. Fünf der erfolgreichsten Geschäftsleute Tokyos haben ihre Topfighter zu einem Best-of-all gemeldet. Das bedeutet, es kann nur einen Sieger geben. Wer nicht mehr kämpfen kann, scheidet aus. Die Regeln: es gibt keine. Allerdings auch keine Waffen. Kein Faustschutz, kein Zahnschutz, nichts. Vollkontakt. Kein Zeitlimit. Das lässt auf einen spannenden Kampf hoffen. Und nun, meine Damen und Herren, nutzen Sie die Gelegenheit, zu wetten".
 

Lach mich weg. Geschäftsleute, wie Kyoko? Sie macht in Waffen, Rauschgift und was weiß ich noch. Die anderen sind bestimmt genauso ehrenwerte Geschäftsleute.
 

Lieber mal Gegner checken. Der Kleiderschrank neben mir kann vor Kraft nicht richtig laufen. Abstand halten. Nicht zu nah ran. Am besten nur Kicks.

Gertenschlanke Geschmeidigkeit in roter Satinhose, garantiert ein Kickboxer oder Muay Thai Kämpfer. Hüpft wie ein Kängeruh. Wird ihm später fehlen, die Energie. Nummer drei zählt nicht. Was hast Du hier verloren, Scarface? Viel zu oft am Kopf getroffen. Keine Klasse.

Neben mir, mittelgroß, gute Proportionen, ruhig wie ich, Gefahr. Noch ein kurzer Blick, unter den Wimpern rüberschauen, er merkt's. Blickkontakt, Auge in Auge Akzeptanz. Es gilt, Du oder ich. Gong. Los.
 

Packe mir Scarface. Finten, hohe Kicks, beide Seiten testen. Wer hat Dich hierher gebracht? Du bist schnell, aber Dein linkes Auge nicht mehr.

Peripheres Sehen ist nicht? Halbkreiskick, unten finten, oben treffen.

Linkes Auge Totalausfall. Er taucht kurz ab, Schmerz verwinden.
 

Sehe Kickboxer und Mr. Cool beim Kleiderschrank. Ihr seid später dran, Jungs, muss noch mit Scarface spielen. Hat den Kopf noch nicht wieder ganz oben. Freundliche Geste. Einladung. Bin höflich, töte ihn. So ein Kehlkopf hält nicht viel aus.

Steppe in die Mattenmitte. Überblick verschaffen.
 

Mr. Cool hat sich wohl zurückgehalten.

Kleiderschrank macht gerade Mus aus Kickboxer. Ekliger Anblick. Deformiertes Gesicht, Matschmasse aus Fleisch und Blut. Weiße Stippen aus Zahn oder Knochen. Den würde seine Mutter nicht mehr erkennen. Wird an die Seite geschleudert, fertig.
 

Jetzt noch drei. Instinkt ist alles.

Gehen wir das Schrankproblem gemeinsam an, mein Schöner?

Fange an, steppe vor, finte, tauche seitlich weg.

Richtig. Du weißt, wie's geht. Gehst genau dort vor. Knallhart. Bist wieder weg.
 

Die Zeit nimmt sich Zeit. Ohne unziemliche Hast wechseln wir uns ab. Haben ja viel zu bearbeiten. Massiver Widerstand trifft auf sich ergänzende Eleganz.
 

Schade, dass wir uns hier treffen. Wir sind gut als Duo. Ähnlicher Kampfstil bisher. Sauber, konsequent, effektiv. Keine übermäßige Aggression, nur so viel wie nötig.

Wir beide, mein Schöner, wir wissen... gleich... gleich brauchen wir alles, wenn nur noch wir beide stehen.
 

Der Schrank taumelt leicht. Nehmerqualität ist nicht unendlich. Wer gibt ihm den Fangschuss?

Ist hier keine Ehre, nur Notwendigkeit. Komm, wir beide erledigen es gemeinsam. Mein Knie holt ihn auf komfortable Höhe. Du setzt ihm den Ellbogen ins Genick -Exitus.
 

Pas de deux. Alles wird anders. Geht jetzt erst richtig los. Sind wir nun aufgewärmt? Dann soll die Show beginnen.

Stolpere kurz, Blutlache? Bullshit, Kopf runter. Richtig. Fast zu spät.

Der Fuß streift das Jochbein, reißt den Kopf weiter herum, der Körper folgt. Drehe in der Luft, falle nicht, sondern lande. Direkt weiterrollen, dann hoch und einen Sprungkick. Hinein in seinen Ansturm.

'Konzentrier Dich'- war ich das? Egal. Bin voll da. Setze einmal nach, bin weg. Boden checken, darf nicht noch mal passieren. Versuche, in seine Rücken zu kommen. Er ist angefressen, aber nicht angeschlagen.

Kurze Infight-Sequenz, endet unentschieden. Geschenke gibt's nicht.

Man wird ja mal fragen dürfen.

Shit, das war eine Finte. In die Rippen trifft er, einmal, zweimal, dann bin ich weg von ihm.

Keine Luft, brauche Sauerstoff, fürs Hirn, für die Muskeln.

'Weitermachen, geht gleich wieder.'

Stimme in meinem Kopf? Keine Zeit, er kommt schon wieder.
 

Keucht er? Gut, ich auch. Mache mal auf halbtot. Presse den Arm an die Rippen, zeige Schmerz. Attackier die Seite, los. Das ist Deine Chance, mein Schöner.

Er umkreist mich wie ein Hai, witternd, abwartend. Will von der verletzten Seite profitieren.

Mein Mitdrehen wird langsamer. Jetzt zeige ich ihm Schwäche. Fällt er drauf rein?
 

Da kommt er. Will er hoch? Egal. Drehung. Aus dem Schwung heraus, sein Knie voll erwischt. Übles Knacken, lauter Schrei. Er kippt weg, kann sich nach vorn auf die Arme stützen. Lowkick gegen Ellbogen, Fuß zurück und sofort Ferse von oben zwischen die Schulterblätter. Aus.
 

Blut rauscht in den Ohren, Adrenalin jagt durch die Adern, kein Gegner mehr? Wirklich aus?

Berührung von der Seite. Faust hoch, ah... gerade noch gestoppt. Ist ein Sanitäter.

Was will er? Ob ich in Ordnung bin? Idiot, frag morgen mal nach. Wenn Du lebensmüde bist. Die Rippen sind geprellt, oder angebrochen. Tut ein paar Tage Scheiße weh. Besonders beim Lachen.

Decke über, wie ein Rennpferd. Erkenne Kyoko.

"Wow, Du warst genial. Dass Du Dir ein paar gefangen hast, hat die Quoten hochgejubelt. Ich hab einen Riesenschnitt gemacht. Hast ein paar Wünsche frei, werde Dich die nächsten Tage mal verwöhnen."

Wünsche frei? Sagte sie Wünsche frei?

Na dann: duschen, schlafen... und Kyoko, fall tot um.

Der Feind meines Feindes ist mein Freund

Disclaimer: Nichts ist Mein, nur ein paar Gedanken.

Warnung: Ganz viele Killer treiben ihr Unwesen.

Widmung: Ai_no_Hikari
 

Der Feind meines Feindes ist mein Freund
 

Michiko wohnt komfortabel. Umgeben von Grün ist das Gebäude ein Hochsicherheitstrakt. Nur, dass hier das Eindringen verhindert werden soll.

Aber so ganz ohne Aufwand verlässt auch niemand das Grundstück.

Schon gar nicht die Chefin.
 

Fast zeitgleich mit ihrem Klopfsignal öffnet Kyoko die Zimmertür.

"Genug gefaulenzt, Lazy. Die Chefin hat gleich eine Besprechung in der City. Tom und Jerry fahren mit ihr. Wir folgen im BMW." "Waffen"?

"Bedeckt halten. Ach, und ordentlich anziehen. Wir zwei gehen mit rein."

Sie grinst. Habe ich laut gestöhnt? Der Manga war gut, das Sofa bequem...

und dann noch umziehen müssen.

"Lederhose o.k.?" "Besser nicht, meine Schöne. Michiko scheint Eindruck schinden zu wollen. Tom und Jerry hat sie auch edlen Zwirn befohlen, obwohl sie nur im Benz warten. Und jetzt beeil Dich, Baby."

Sie flegelt sich auf mein Sofa und schaut mir zu. Ziehe die Trainingshose und das Tanktop aus und gehe ins Bad.

Kurz danach der erste Schrank. Linke Seite nur Schubladen auf Schienen, sehr praktisch. Packe mir das längere Messer, das ich links an den Unterarm schnalle, und das Stiefelmesser. Aus dem zweiten Schrank eine schwarze Hose. Kenne das Material nicht, ist aber weich und strapazierfähig, kann ich tragen. Seidenoberteil, Wildlederjacke, kurze Stiefel. Alles in schwarz.

Kyoko hält den Daumen hoch. Sie hat sich für schwarz mit leuchtendem Dunkelblau entschieden und garantiert für ihre 9 mm Parabellum.
 

Unten hat der Chauffeur meinen BMW vorgefahren und sitzt schon im Benz. Michiko winkt nur kurz aus dem Fond.

Wir steigen in den BMW. Der Benz rollt an, der schwarze PS-Protz schnurrt hinterher.

Ich liebe Autofahren. Jetzt Gas geben, am besten viele Kurven, am besten ohne Beifahrer, ohne Ziel, das Limit nur vom Tank bestimmt.

"Ich hätte Lust, mal wieder tanzen zu gehen, Baby. Was ist, sollen wir heute Abend losziehen? Wir beide, ganz in Leder. Wir machen die Kerle verrückt und die Weiber eifersüchtig - oder umgekehrt. Rrrr."

"Nenn mich nicht immer Baby. Und jetzt nimm die Hand da weg. Ich fahre."

"Was ist denn nun? Gegen wir heute Abend los, Party machen?"

Ich nicke. Ist einfacher. Dann ist Ruhe.
 

Blicke zum Benz, Blicke auf die Straße, alles automatisiert. Der größte Teil meines Arbeitsspeichers rasselt wieder die alten, noch nicht gelösten Aufgaben herunter. Wie kann ich mich aus ihrer Umklammerung lösen, ohne Michiko in Gefahr zu bringen? Wieder und wieder Aufzählen von Fakten. Habe mich einfach verkalkuliert. Dachte, unsere Sache im Knast wäre abgeschlossen. Fehler. Grober Fehler. Rauszukriegen, wo man mich finden kann, ist bei ihren Infoquellen kein Problem gewesen. War auf einmal da. Michiko brauchte Bodyguards. Hatte Schwierigkeiten. Kyoko war zur richtigen Zeit zur Stelle.
 

Mindestens drei von ihren Leuten sind permanent im Haus. Bewachen Michiko und sind eine latente Bedrohung. Was heißt latent? Kyoko war deutlich: "Du gehörst mir, solange ich Dich will. Als Kämpferin an meiner Seite, für den Spaß im Bett. Noch bist Du eiskalt, aber das wird sich ändern, warte ab. Versuch erst gar nicht, mich auszutricksen. Du willst doch nicht, dass Michiko was passiert, oder?"

Nein, Michiko ist mir teuer. Also muss ich.... Stopp. Solange ich Dich will. Das ist eine Möglichkeit. Werde also gern mit ihr weggehen. Unter Leute gehen, andere Menschen kennen lernen. Andere Frauen.

Die direkte Lösung wäre mir lieber. Kühler Stahl zwischen Kyokos Rippen.

Birgt aber doppelte Gefahr. Wie loyal sind ihre Leute? Tom und Jerry, die Unzertrennlichen, zum Beispiel. Kann Kyoko erst angreifen, wenn ich das einschätzen kann.

Normal wäre, Boss tot, Nachfolge auskämpfen, fertig. Aber hier ist nichts normal. Ihre Leute reagieren sofort. Selbst bei bloßem Blickkontakt scheinen sie zu wissen, was erwartet wird. Verehrung oder Angst? Wenn ich das blicke, kann ich sie angreifen. Dann muss ich sie nur noch töten. Die zweite Ungewissheit.
 

Der Benz rollt auf einen Firmenparkplatz. Meine Gedanken werden abgeschnitten. Unter dem Vordach steigen Tom und Michiko aus. Wir auch. Tom wird den BMW parken.

Wir folgen Michiko. Wie immer, die große Halbchinesin rechts, ich links.
 

Ein kleiner Konferenzraum. Jetzt wird es spannend.

Ovaler Tisch, zwei Businesstypen, vier Kollegen von der Waffenzunft.

Kollektiver Adrenalinflash.

Wir sind direkt neben Michiko, bereit, sie hinter uns zu drücken, sie mit unseren Körpern zu decken.

Ein dicklicher Opityp erhebt sich zur Begrüßung. Seine Leute haben schon relaxt, kommen mir bekannt vor... . Das Turnier, sie waren mit in der Loge.

Richtig, der elegante Brillenträger mit den breiten Schultern, der Langhaarige. Hier im Licht flammendes Rot, fast orange, Stirnband.
 

Der andere Verhandlungspartner steht auch schon. Er kommt um den Tisch herum, geleitet Michiko, platziert sie neben sich.
 

Seine Leute sind deutlich angespannter. Ein blasser Typ, dunkelrote Haare, fransige Strähnen um schmales Gesicht.

Der Größere wirkt schlaksig. Dunkelblondes, schulterlanges Haar, modische Sonnenbrille, lässige Gesten. Täuscht mich nicht. Spüre die Anspannung der beiden deutlich.

Irgendwas stimmt hier nicht. Zwei Kollegen relaxt, zwei mit vibrierenden Nerven, was ist los?

'Keine Gefahr. Die mögen uns halt nicht leiden.' Stimme IN meinem Kopf? Leichter Schmerz, Stirngegend. Irritierend, habe sonst nie Kopfschmerzen. Stirnband grinst halb.

Michiko nickt. Alles in Ordnung für sie.
 

Wir setzten uns auch. Augen halb schließen, Geist voll öffnen, Wahrnehmung verdoppeln. Bin immer noch irritiert. Spüre keine direkte Gefahr, aber... schlechtes Karma, Abneigung, Misstrauen, im Zaum gehaltenen Wut.

Wittere noch mal hinterher. Wer ist hier gegen wen?

Halt, die ganzen bad vibrations... kommen nur von Dunkelrot und Dunkelblond.

Auf der anderen Seite sind subtilere Emotionen, schwächer, beherrschter.

Dort ist man... amüsiert?

Der elegante Brillenträger und Stirnband lächeln ein Willkommen. Scheint ja doch noch interessant zu werden.
 

Der Opityp spricht auf einmal. "Ich habe die Ehre, die wohl ungewöhnlichste Konferenz, die je in diesem Gebäude stattgefunden hat, zu eröffnen. Ich fasse mich kurz. Meine Erklärungen, die ich stellvertretend für die Herrschaften neben mir abgebe, sind für die Damen und Herren Leibwächter bestimmt.

Sie müssen wissen, dass unsere Unternehmen oft gemeinsame Interessen pflegen.

Und das überaus erfolgreich.

In letzter Zeit haben sich unangenehme Vorfälle gehäuft. Industriespionage, massive Diebstähle, Anschläge, Bedrohung und Erpressung von Mitarbeitern nahmen nie gekannte Dimensionen an.

In jedem Unternehmen hat es Verletzte gegeben, letztlich sogar Todesfälle.

Wir wollen unsere Energien bündeln, um der Sache schnellstens Herr zu werden.

Zunägst haben wir unsere unterschiedlichen Möglichkeiten genutzt, die Quelle des Übels zu orten. Sie liegt außerhalb unseres Landes und ist derzeit unangreifbar.
 

Aber hier, vor Ort, können und werden wir mit den gleichen drastischen Mitteln zurück schlagen. Wenn möglich, die Attentäter komplett eliminieren. Und wir wollen unsere Angestellten und ihre Familien schützen. Niemand greift ungestraft unsere Häuser an."
 

Sein gemütliches Äußeres täuscht also. Seine Stimme ist so knallhart wie seine Einstellung.

"Wir haben uns diskret erkundigt, wer für diese Art Arbeit in Frage kommt.

Mir wurde Mr. Crawford mit seinem Team sehr empfohlen. Tanaka-san hat auch ein Team seines Vertrauens gefunden. Sie Michiko, Teuerste, haben ihre Wahl ja schon länger getroffen."

Seine Augen ruhen für ein kurzes Lächeln auf ihr, dann fixiert er wieder jeden der Kämpfer am Tisch.

"Wir wissen nicht, wie lange wir ihre Dienste benötigen, aber Ihre Bezahlung ist exorbitant. Dafür erwarten wir absolute Spitzenleistung.

Sie werden sich in den nächsten Stunden gegenseitig informieren. Über Waffen und Kampftechniken, Fähigkeiten oder was weiß ich.

Bilden sie ein Team, wählen Sie einen Anführer.

Wir sind im Nebenraum und gehen das Problem auf unsere Weise an. Getränke stehen auf der Anrichte bereit, Sie können beginnen."
 

Drei Bosse verlassen den Raum und hinterlassen sechs Gesichter mit sehr unterschiedlichen Ausdrucksformen.

Links, Crawford war der Name, leichtes Lächeln. Deutliches Grinsen vom Stirnband.

Auf der rechten Seite, die Beunruhigten. Jetzt blankes Entsetzen, besonders von der Sonnenbrille. Dunkelrot hält sich besser, aber nur etwas.

Und wir dazwischen... Kyokos Gesicht ist ein einziges Fragezeichen, meins wahrscheinlich auch. Warum hat mich Michiko nicht vorab informiert?
 

Kann die Reaktion der beiden von rechts nicht verstehen. In dem Job Antipathien pflegen? Bei großzügiger Bezahlung? Wie sind die denn so weit nach oben gekommen? Abgefahren. Pragmatikern wie mir unverständlich. Für eine entsprechende Summe töte ich jeden... ausgenommen Kinder.
 

Stirnband grinst noch breiter, noch schiefer. "Die können uns wirklich einfach nicht leiden. Dabei sind Braddy und ich doch so besonders liebenswerte Kerle."

"Halt den Mund, Schuldig."

Schuldig? Hat der Anzugträger gerade schuldig gesagt? Auf Deutsch?

Und schon spricht er weiter. Leise lächelnd, kultiviert. Befehlsgewohnt.
 

"Obwohl primitiv ausgedrückt, hat er jedoch nicht ganz unrecht. Mein Team und die Kollegen auf der anderen Seite des Tischs haben gelegentlich... verschiedene Interessen vertreten. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass wir jetzt auf der gleichen Seite kämpfen, dass wir ein Team sind. Der Feind meines Feindes ist mein Freund, heißt es ganz richtig. Söldner kämpfen nun mal an wechselnden Fronten. Ausschlaggebend ist nur die Höhe der Bezahlung. Wir dienen dem Kriegsherrn, der am Besten bezahlt."
 

Das dunkelrote Fransenhaar springt auf. "Das genau ist der Unterschied zwischen unseren Teams. Weiß war nie eine Söldnertruppe. Wir haben immer auf der Seite der Gerechtigkeit gekämpft. Auch diesmal wurde die Entscheidung zu Gunsten der Gerechtigkeit gefällt und nicht wegen des Geldes."
 

Crawford lächelt wieder ganz leicht. "Dann wäre das ja geklärt."

Konferenz der Killer

Disclaimer: Projekt Weiß Eigentum wird nicht zum Gelderwerb genutzt

Erklärung : Momentane Langeweile

Warnung : Konsum ist eigenes Risiko

Widmung : Freunde
 


 

Konferenz der Killer
 

"Mein Name ist Crawford. Genauso erwarte ich, angesprochen zu werden.

Wie die Kollegen gegenüber wissen, bevorzuge ich Schusswaffen.

Zur Not kann ich mich auch unbewaffnet durchsetzen."

Sein schmallippiges Lächeln macht klar, dass das die Untertreibung des Jahres war. Aber er spricht weiter, ohne Reaktionen abzuwarten.

"In Visionen sehe ich oft das Ergebnis anstehender Missionen voraus. Befürchte ich Misserfolg, ändere ich die Planung rechtzeitig. Unsere Erfolgsquote... ist dem entsprechend.

Schuldig, hier neben mir, ist unser Mastermind. Ein Telepath."
 

Ein Telepath? Dann ist mir alles klar. Wenn er einfach in mein Hirn eingedrungen ist, dann hat er meine leichten Kopfschmerzen ausgelöst.
 

Schuldig lächelt wieder so seltsam schief. Irgendwie... einseitig.

Aber einen netten Namen hat er sich da ausgesucht. Respekt.

'Bleib locker, dann tut es auch nicht weh, wenn ich mal zu Besuch komme.'
 

War er das schon wieder? Einfach so... ohne Anklopfen... ohne zu fragen...

ich kann nicht ... .
 

Stopp! Unbefugtes Betreten von fremdem Terrain! Alarm! Hier herrsche nur ich! Wie wild rasen Bilder an mir vorbei. Vorherrschende Farbe ist Rot, in meinem Kopf ist Hitze. Atem keucht, wie im Kampf.

Da sehe ich ihn, mein Eigentum verletzend. Raus hier! Will ihn verletzen. Töten. Ich jage ihn, treibe ihn vor mir her, keine Chance für ihn. Meiner Wut hält niemand stand. Keine Gnade. Will ihn bluten sehen.

Er flieht, voller Panik, Entsetzen in weit geöffneten Augen. Schön. Meine Opfer sollen die Sekunde ihres Todes erfassen.

Zu früh gefreut. Knapp erreicht er sein Territoritum. Schlägt die Tür hinter sich zu. Legt Riegel vor. Sichert. Schade. Aus die Maus. Jagd vorbei. Rotes Wabern verzieht sich. Höre noch ein Luft schnappendes Atemholen... von mir.
 

Warm sickert es von meiner linken Hand. Habe die Finger der Rechten hineingekrallt, wie ein Greifvogel, der seine Beute schlägt.

Jetzt sehe ich schräg zu ihm hinüber. Er ist auf seinem Stuhl nach hinten gelehnt. Seine Brust hebt und senkt sich rasch. Auch er pumpt Sauerstoff, wie nach einem Sprint. Der Kopf, leicht nach vorn geneigt, anscheinend zu schwer im Moment. Sein Gesicht, trotz Stirnband, von fließendem Kupfer halb verdeckt, zeigt Irritation. Schön, viel schöner als das Gesicht, das er zeigt, wenn er sich unter Kontrolle hat. Die erlangt er gerade wieder. Schaut rüber. Ruhige Augen jetzt, blicken mir offen ins Gesicht, dann nickt er. Verstanden, er hat verstanden. Mein Terrain wird nicht ohne Erlaubnis betreten.

Es tropft von meiner linken Hand. Die Nägel der Rechten sind blutig.
 

Kyoko zischt mir ins Ohr. "Was ist los mit dir? Was hast du denn da wieder angestellt?"

Langsam steht mein Gegenüber auf, kommt um den Tisch herum und reicht mir ein weißes Tuch. Seine Geste sagt, dass ich es mir um die linke Hand wickeln soll. Seine Stimme sagt: "Es war meine Schuld."
 

Crawford schaut zu mir, dann zu Schuldig. Ihre Mienen sind ausdrucklos, aber es scheint alles geklärt. Die Weißleute scheinen die Sekundenbruchteile heftiger Aktion und Reaktion total verpasst zu haben. Sind sichtlich irritiert.
 

"In unserem Team haben wir noch einen jungen Telekineten. Nagi. Er wartet im Auto mit Farfarello. Ihn kann man nur schlecht beschreiben. Was halten die anderen Leader davon, wenn wir unsere restlichen Leute rein kommen lassen? Solange kann der Weiß Leader schon mal weitermachen, einverstanden?"
 

Der Dunkelblonde greift zum Handy, Kyoko ebenfalls. Der Dunkelrote räuspert sich. Sprechen scheint er nicht sehr zu mögen. Widerwillig presst er Worte aus seinem Mund, deutet mit dem Kopf zu seinem telefonierenden Kollegen.

"Yohji benutzt Stahldraht für Angriff und Abwehr. Treffsicher, aber unberechenbar für Gegner. In unserem Team ist noch Ken, ein Nahkämpfer. Er benutzt Bugnuks. Und dann Omi, bei uns der Jüngste. Er nimmt die Armbrust oder Wurfpfeile. Mein Name ist Aya, ich kämpfe mit dem Katana."

Das scheint er lieber zu tun, als zu reden.

Geräusche verkünden, dass die Partner da sind. Yohji geht seinen Teamgefährten entgegen. Sie kommen zu dritt näher, setzen sich alle zusammen rechts von uns. Lutsche meine Fingerspitzen sauber und beobachte. Hübscher, kräftiger Kerl mit braunen Haaren, ist wohl Ken. Der Youngster ist also Omi.

Jetzt links checken. Die Truppe scheint generell etwas individueller. Deren Babyface sieht ja noch jünger aus. Aber dann... das personifizierte Borderlinesyndrom. Dieser Mensch scheint sich jeden Tag die Klinge zu geben. Nicht, dass ich kein Verständnis hätte, aber braucht man nicht einen gewissen Rest Blut im Körper zum Leben?

Die Augenklappe macht ihn auch nicht schöner. Das eine Auge starr, die Haare wirr, fast weiß. Wirkt autistisch, würde ich mal sagen. Autisten sind ja bekannt dafür, ihr Manko mit Superleistungen auf ihrem Spezialgebiet auszugleichen. Was ist seins? Wenn es töten ist, möchte man ihn nicht hinter sich wissen.

Von rechts spüre ich Abscheu und Ekel, gemischt mit Panik und einer Prise Faszination. Die Weiß Leute kann ich jetzt verstehen. Sie kennen ihn als Feind. Sie haben Grund zur Panik.
 

Tom und Jerry setzen sich nicht. Sie stehen wie frisch getrennte Siamesische Zwillinge hinter ihrer Chefin, die jetzt ihre schöne Stimme hören lässt.

"Mein Name ist Kyoko. Mein Hauptgeschäft liegt im Warenimport und im Groß- und Einzelhandel. Meine Leute sind neben Michiko-chan's Bewachung in erster Linie für die Abwicklung meiner Geschäfte zuständig. Wir beide hier stehen als Kämpfer zur Verfügung. Sollten jedoch mehr Leute gebraucht werden... kein Problem."

Sie ist schon klasse. Ihre Umschreibungen für Erpressung, Schmuggel, Zuhälterei und was auch immer Kohle bringt, sind elegant und fantasievoll.

Und wenn sie ihre Bande komplett mobilisiert, ist Toyko in der Hand einer Privatmiliz.
 

"Meine eigene, persönliche Leibwache, haben Sie, Crawford und Sie, Schuldig, ja schon kämpfen gesehen."

"Es war in der Tat beeindruckend. Sie hatten anscheinend keine Bedenken, ihr Leben wegen einer Wette auf's Spiel zu setzen."

"Es ging um keine Wette, es ging um meine Ehre."

Kyoko scheint nicht schlecht erstaunt, den Unterschied klar stellen zu müssen.

Wenn Yakuzabosse ihre besten Leute kämpfen lassen, riskieren sie ihre Ehre. Nur schlechte Bosse haben schlechte Leute.

"Nun, meine Kämpferin hat gewonnen. Das erspart mir etliche Versuche, sich in meinem Territorium breit zu machen. Sie haben jetzt alle viel zu viel Respekt."

"Verstehe. Ein Leben stellvertretend für Viele riskiert. Würden Sie mir noch verraten, welche Waffen Sie beide bevorzugen?"

"Ich bevorzuge als Schusswaffe eine 9mm Parabellum, für den Nahkampf das Katana. Meine Kämpferin beherrscht ihre Sais, sowie das Katana.

Übrigens möchte ich vorschlagen, dass Sie der Leader dieser Mission sind, Crawford. Ich habe kein Problem damit. Sie kennen fast alle Teammitglieder. Ich nicht... und ich habe genug mit der Regelung meiner eigentlichen Geschäfte zu tun."

Crawford nickt dankend und schaut über den Tisch. "Was ist mit den Weiß Leuten? Auch einverstanden?"

Die nicken. Nicht begeistert, aber zustimmend.

"Dann ist das geklärt. Ich habe noch eine Frage, bevor wir unsere Auftraggeber über unsere schnelle Einigung informieren. Wie dürfen wir Ihren Bodyguard denn nennen, Kyoko?"

"Nennt sie einfach...Sai."

Nenn meinen Namen und stirb

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Warnung : Killer haben selten eine schöne Vergangenheit

Widmung : allen Sai-Fans
 

Nenn meinen Namen und stirb
 

Meinen Namen hasse und verabscheue ich, seit ich in sein Haus geholt wurde.

Ich hatte Vater zu ihm zu sagen. Die erste Lektion, die ich von ihm lernte, war, Wert auf Umgangsformen zu legen.

Rief er meinen Namen, hatte ich umgehend zu erscheinen. Dann hatte ich 'Ja bitte, Vater?' im richtigen Ton zu sagen. Aufmerksam, aber keinesfalls devot, oder gar ängstlich. War er nicht zufrieden, wurde es unangenehm. Er übte intensiv mit mir. Notgedrungen lernte ich schnell.

Den richtigen Klang im Kopf musste ich nur nachsprechen, auswendig gelernt wie ein kleines Gedicht. Dazu gehörte noch ein neutraler Gesichtsausdruck, nach Bedarf mit einer Prise Interesse verfeinert.

So erhielt ich meine Grundausbildung in Selbstbeherrschung... und so lernte ich meinen Namen zu hassen.

Heute nennt mich jeder so, wie es ihm passt. Jen bin ich für Michiko.

Kyoko ruft mich Lazy, wenn sie mich mal wieder beim Faulenzen stört.

Sai, wenn sie ihre Kämpferin meint. Löwin, wenn sie meinen Körper will.

Es ist belanglos. Ich höre nur, wenn ich will.
 

Crawford hatte mit den Auftraggebern gesprochen, sie informiert, dass sich das Team gebildet hatte. Wir holten unsere Sachen, hauptsächlich Waffen, in den luxeriösen Gästeflügel des großen Firmenkomplexes.

Tanaka Corp. bot optimale Bedingungen für uns. Kleine, funktionelle Zimmer mit eigenem Duschbad, einen großen Aufenthaltsraum und einem kompletten Trainingscenter. Halle mit Holzboden, Kraftraum, Dampfbad, Sauna. Ideal.
 

Michiko würde noch nach Hause begleitet werden müssen, sonst wäre ich trainieren gegangen. So gammele ich wartend im Aufenthaltsraum auf einem Sessel rum.

Dösen und dabei die Kollegen beobachten, auch Klasse. Der Autist ließ ein Messer zwischen seinen Händen rotieren, mal schneller, mal langsamer. Gut ausbalanciert, die Waffe. Abrupte Richtungswechsel verrieten den Könner. Linkshändig, rechtshändig, kein Unterschied auszumachen. Muss der Neid einem lassen, da ist er mir überlegen. Meine Sais habe ich beidhändig im Griff, aber kein Messer. Gute Idee, üben. Ziehe das Messer aus dem Stiefel und mache mit.

Gelegentlich muss ich mich bücken, das Teil macht sich selbstständig, wenn ich mit links die Richtung wechseln will. Mal rüberschauen, wie es der Könner macht.

Hat er wohl gemerkt. Er steht auf und kommt rüber.

"Mach mal." Ich mache. Rechts, links, schneller. Dann wieder, beim Richtungswechsel, landet das Messer auf dem Boden.

Er verzieht seinen seltsamen, vernarbten Mund, entblößt Raubtierzähne. Ist das seine Art, zu lächeln?

Dann zeigt mir den Unterschied. Klar, jetzt sehe ich es, habe meinen linken Ellbogen unnötig hoch genommen. Hat die Balance gestört. Zeige ihm, dass ich's gecheckt habe. Wieder lächelt er, zeigt auf meinen linken Unterarm: "Gut".

Meint er mein Messer-Handling? Oder meinen vernarbten Arm? Egal, nicke kurz lächelnd einen Dank. Das war ein wertvoller Tipp. Weiterüben, die Sache im Unterbewusstsein verankern.

Crawford kommt langsam näher. Habe Zeit, meinen momentanen Boss abzuschätzen. Sehr gute Bewegungsaktion für einen so großen, kräftigen Mann, wird bestimmt oft unterschätzt. Große Männer sind halt oft Grobmotoriker. Er nicht. Er hat seine Kraft unter Kontrolle. Eigentlich mag ich keine Anzugträger, aber ihm steht die sportliche Eleganz gut.

" Michiko möchte jetzt fahren. Wenn Sie im BMW Begleitschutz machen, nehmen Sie bitte Schuldig mit. Dann haben Sie einen Schützen dabei und ich kann mit Kyoko und Aya noch ein paar Absprachen treffen.

Generell will ich, dass jeder mit jedem zusammen arbeiten kann. Auch Sie und Schuldig." "Okay."

Soll er meine Grenzen wahren, dann kriegen wir auch kein Problem. Ich hole meine Sais und mein Headset. Michiko wartet im Gespräch mit Crawford. "Ah, Jen, da bist Du ja. Ich bin müde. Bitte bring mich heim, Liebes."

" Entschuldigung, Madam. Ich bin für meine Leute verantwortlich und darum will ich auch über Kleinigkeiten informiert sein. Warum nennen Sie sie Jen? Das ist doch... ." Crawford kommt nicht dazu, den Satz zu beenden.

Ich komme noch nicht einmal dazu, meinen Adrenalinspiegel richtig zu pushen. Michikos sonst so sanfte Stimme ist hart. "Ja, das ist meine Stieftochter. Ich nenne sie Jen. Und ja, sie hat meinen Mann getötet. Bis zu meinem Tod werde ich ihr dankbar dafür sein. Er hat sie einmal zu oft bei ihrem Namen gerufen. Das war sein Tod."

Freundschaft zwischen Killern?

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Warnung : noch keine Leichen in Sicht

Widmung : allen Sai-Fans
 


 

Freundschaft zwischen Killern?
 

Wir sitzen im BMW. Wir, das sind Schuldig, Ken und ich auf dem Weg zum Frühsport. Gestern Abend hat uns Crawford Ausgang gewährt, ohne Zeitlimit.

Aber für heute Vormittag verschärfte Überprüfung des Leistungsniveaus angekündigt.

Also sind sechs Topkiller auf dem Weg in einen Park, der für Jogger ideal ist. Die beiden Youngster brauchten nicht mit, sie wären wichtiger an ihren PCs. Der Autist brauchte auch nicht mit. Er läuft nicht gern, war die knappe Begründung. Na, mich hat es auch nicht aus dem Bett gedrängt. Ich bevorzuge schlafen, nicht laufen... besonders nach so einer Nacht.
 

Kyoko hat ihr Vorhaben, abends in einen Club zu gehen, wahr gemacht. Wir waren in einem Riesenladen, wo auf verschiedenen Ebenen die unterschiedlichsten Bären steppten, für jeden Geschmack etwas.

Gemischtes Publikum, teilweise blutjung. Schwule, Lesben, Heteros... alle gestylt um aufzufallen, um sich abzuheben von der fast unerträglich bunten Masse. Paradiesvögel wetteiferten um den schrillsten Auftritt.

Aber dann kam Kyoko. Enge schwarze Lederjeans an langen Beinen, betont durch Absatzstiefeletten, ein Seidentop, mehr Verheißung als Verhüllung, und dann dieses Haar. Sie hat das schwärzeste, seidigste und schönste Haar, das ich je sah. Taillenlang offen gelassen, ausnahmsweise. Sie sah aus wie der Engel des Todes, dunkel und kühl... unglaublich kühl, unnahbar schön.

Am Handgelenk zog sie mich hinter sich her. Bis in einen Raum, der vor wummernden Bässen vibrierte. Laszive Melodien bildeten die fast schon verzichtbare Begleitung. Zwischen den Tänzern ließ sie mich los und bewegte sich sofort im Takt. Sie hat die Anmut einer balinesischen Tempeltänzerin. Ihre Haare entwickeln Eigenleben, von allen Fesseln befreit.

Aus dem Halbdunkel waren von allen Seiten Blicke zu spüren. Neidisch bis bewundernd. "Wir sind ein schönes Paar, Löwin."

Klar, besonders ich. Lederhose und flache Stiefelletten, aber dann... .

Sie hat das knappe Tanktop ausgesucht, das viel vom Bauch sehen lässt. Denn sie findet meinen muskulösen Bauch mit dem tätowierten Drachen schön. Meine Schultern, meine Arme, wie ein Lastenträger. Sie mag's. Besonders mein Haar, lang, dunkelblond, einige Strähnen silbrig glänzend, je nach Beleuchtung. Deshalb nennt sie mich Löwin. Wegen der Mähne, deren Farbe sie an Löwen erinnert, wegen des unbändigen Drangs nach Freiheit. Wegen meiner Kraft, die mich oft gerettet hat, die mir wichtig ist. Sie ist ein Bestandteil meiner Unabhängigkeit, von Allem, von Allen... außer von ihr.
 

Enge ist mir in jeder Form zuwider, und sie engt mich ein. Vermutlich sogar bewusst. Ich habe sie im Verdacht, dass sie sich daran ergötzt, meinen Widerstand durch ihre Macht über mich zu brechen. Eine Löwin zu zähmen bringt Exotik und Gefahr zugleich. Kein Hund, der sich schnell unterwirft, den Triumph dadurch schmälert. Hätte sie den ständigen Kampf nicht, wäre sie der Sache vermutlich schnell überdrüssig.

Meinem Naturell ist Unterwerfung fremd. Zeitweiliges Stillhalten, taktisches Verharren, Wundenlecken, Kräftesammeln, das ja. Den richtigen Zeitpunkt abwarten, dann erbarmungslos zuschlagen, alles rauslassen, explodieren, zerstören.

Unterwerfung wäre der innerliche Tod, äußerlich unsichtbar.
 

Hier und heute zeigt sie ihre angenehme Seite. Ausgelassen, gar übermütig und dabei wunderschön. "Komm, wir trinken etwas."

Sie schlängelt sich tanzend durch zur Theke. Ich folge... und mich erreicht plötzlich ein deutliches Gefühl von Tod.

Keine Todesahnung, nichts Alarmierendes, sondern schlichte Präsenz.

Eine Gruppe junger, auf den ersten Blick schon extrem gut aussehender Männer. Links flammendes, langes Seidenhaar, weißes Leinen, Kamelfarbenes Leder um schmale Hüften. Rechts dunkles, fransiges Rot. Der Weißleader, Aya, ganz in Schwarz.

Dazwischen, zwei menschliche Pufferzonen. Ken, der hübsche Junge, der so normal wirkt zwischen uns Freaks, und dieser Yohji. Beide wirken nicht sehr glücklich. Wir waren auf Hörweite ran.

"Nie kann ich das vergessen und ich will es auch nicht." "Natürlich nicht. So wie die vielen Menschen, die nicht vergessen, dass du ihren Geliebten, ihren Vater, Bruder oder Freund getötet hast. Denkst du, dich hassen sie nicht genau so inbrünstig, wie du mich?" Jedes Wort ein Treffer. Schuldig.

Aya bekommt das nicht gewechselt. Mürrische Nachdenklichkeit macht sich auf seinem Gesicht breit. Er nimmt sein Glas, dreht den anderen den Rücken zu.
 

Yohji sieht Kyoko und strahlt. "Hallo, das ist ja toll, direkt zwei schöne Frauen. Kommt zu uns. Das kann meinen Ruf nur noch verbessern."

Er zieht Kyoko neben sich, ich stelle mich in eine Lücke zwischen Schuldig und Ken. "Was möchtest du trinken?" "Wasser und Wodka, bitte."

Schuldig gibt den Kavalier, niedlich. Ken lauscht dem Gesülze seines Kollegen, der Kyoko anschmachtet. Aya brütet. Wir trinken. Schuldigs Gesicht ohne Zynismusmaske ist männlich, aber gemeißelt schön, ästhetisch.

"Stehst du nur auf Frauen?" "Hä?" "Ob du nur mit ihr rummachst, oder haben Männer eine Chance bei dir?" "Bei mir?" "Komm eine Runde tanzen. Der DJ legt ab jetzt ruhige Sachen auf, da kann ich Dir dann besser ins Ohr flüstern." Tatsache, Blues-time. Aber, was will er nur? Anmache?

Ich dachte, der ist schwul. Fester Griff, aber tolerierbar, gutes Musikfeeling, geschmeidige Bewegung. Tanzen kann er. "Was ist nun? Nur Frauen oder bi?" "Wieso?" "Du strahlst Gefahr aus, das fasziniert mich. Bei Jungs mag ich die Niedlichen, aber bei Frauen macht mich nur das Außergewöhnliche an."

"Genau wie bei mir." Kyoko steht plötzlich neben uns, zieht mich in ihre Arme. Schuldig trollt sich zurück zum Wodka.

"Eifersüchtig?" "Ja, Löwin, heute schon." Sie küsst meinen Hals... und hat schon gewonnen. Wodka, Halsküsse, eine Hand krault meinen Nacken, die andere streichelt die nackte Haut über meinen Rippen... jetzt will ich sie.
 

Und nun, fast ohne Schlaf, aber mit Resten von Wodka im Blut, Fitnesstest. Schuldig neben mir hängt auch nur so im Sitz. Ken hinten ist wohl eingeschlafen. Kann ihn im Rückspiegel nicht sehen.

"Der hat mit Yohji zusammen noch ein paar Ladies bearbeitet, als ich ging. Weiß nicht, wie der drauf ist. Ich bin saumüde. Der Junge war süß, aber so was von unerfahren. War richtig anstrengend."

"Mitleid ist nicht. Bin selbst noch im Koma." "Bist ja auch erst aus Kyokos Zimmer gekommen, als ich gerade ankam." "Wann war das?" "Es war 6.00, oder 6.30, so in dem Dreh." "Grrr, hoffentlich wird das gleich 'ne ruhige Sache."

"Bei Crawford? Hahaha, der lässt uns jede einzelne Sünde von heute Nacht bereuen." Schuldig kann im Halbschlaf herzhaft lachen. Talentierter Typ.
 

Wir sind da. Ayas Porsche entsteigen gerade der Fahrer, Kyoko und irgendwie entfaltet sich ein ziemlich zerknautschter Yohji. Fitnesstest? Mit den Leuten?

Hier stehen sechs Killer im Sportdress, die aussehen wie der Tod.

Und ein Brad Crawford, der uns der Reihe nach betrachtet, geradezu mustert... und dann ganz leicht lächelt.

Fit for murder

Disclaimer : der Teil, mit dem Geld verdient wird gehört Projekt Weiß

Warnung : Liegestütze auf den Fingern tun wirklich weh

Widmung : Ai_no_Hikari zum Geburtstag
 


 

Fit for murder
 

Crawford ist ohne Zweifel ein gut aussehender Mann. Aber dieses halbe Lächeln gefällt mir nicht. Schuldigs Warnung im Ohr stelle ich meine Sporttasche auf die Bank und versuche mich einigermaßen gerade zu halten.

Schuldig schläft anscheinend im Stehen. Ken schwankt leicht, aber lehnt sich dann gegen Yohji. Aya hält sich senkrecht, ist aber blasser als am Vortag, falls das möglich ist. Kyoko sieht man den schmalen Augen die Kopfschmerzen und den Schlafmangel an.

"Gratulation, hervorragende Teamleistung. Der Leistungstest war für heute angekündigt, aber die Herrschaften mussten heute Nacht bereits ihre Leistung auf verschiedenen anderen Gebieten unter Beweis stellen. Nun, wenigstens waren sich alle einig, oder war jemand früh genug, nüchtern und allein im Bett? Nein?

Dann sind ja die Bedingungen für alle gleich."

An dieser Stelle muss ein Scherz gefallen sein, den ich verpasst habe.

Das halbe Lächeln wurde nahezu warmherzig.

"Bevor wir mit den Tempoläufen beginnen, trabt ihr ein paar Ausnüchterungsrunden. Die große Runde hat 800m, die lauft ihr zweimal, dann die kleine Runde von 400m einmal, dann solltet ihr wach genug sein. Wenn einer trödelt, lasse ich es dann die ganze Gruppe büßen. Alles klar?"

Alle schauen von Crawford zu Schuldig und wieder zurück. Scheint wirklich sein Ernst zu sein. Hole aus der Tasche ein Baumwolltuch, drehe es und binde es um die Stirn, Sonnenbrille auf und Sweater um die Hüfte binden, gleich wird es bestimmt schön warm. 2000 Meter nur zum ausnüchtern.

Wieder ein fieses Lächeln, das mir nicht gefällt. "Hier, um die Handgelenke schnallen. Euer Puls und andere Werte werden aufgezeichnet. Los."
 

Ken trabt los, der scheint einfach weiter zu schlafen, bewegt nur die Beine. Hänge mich an ihn dran. Er soll der Sportliche der Weiß sein, er kann mich ziehen. Schuldig kalkuliert ähnlich, läuft neben mir. Kyoko, Aya und Yohji kommen wohl nach, denn ich höre hinter mir schon das erste Stöhnen, noch nicht gequält, sondern eher protestierend, beleidigt Unmut äußernd. Sind der Playboy und die Halbchinesin. Aya macht auf hart, von ihm hört man nichts. Aber schon vor Ende der ersten Runde schnauft Yohji, er ist Raucher, nicht wahr?
 

Ich habe einen guten Rhythmus gefunden, Ken läuft die perfekte Geschwindigkeit für mich, nicht zu langsam, das kann ich nicht, da verbrauche ich komischerweise mehr Kraft. Ich muss eine bestimmte Frequenz halten. Hinter Ken kann ich mich einklinken, das Gehirn ausschalten, nur laufen.

Schuldig neben mir hat wohl auch sein Hirn auf Sparflamme gestellt. Er wirkt ganz ruhig, scheint solche Aktionen zu kennen und seine Kräfte gut einzuteilen. Seine Haare hat er zum Pferdeschwanz gebunden, wie ich. Muss mir sein Profil noch mal anschauen. Wow, Klasse. Wie kann ein Mann so schön sein?
 

Zweite Runde geht vorbei, vorn bei uns keine Probleme. Im Gegenteil, die frische Luft tut gut. Beim Einbiegen auf die kürzere Strecke kann ich kurz die restlichen Läufer hinter uns sehen. Aya scheint nur durch Sturheit an uns dran zu bleiben, denn nach geübtem, lockeren Laufstil sieht das nicht aus. Würde aber meinen, der hält noch lange mit, jedenfalls bei diesem Tempo. Yohji und Kyoko sind schon gefordert, die zuckeln schwerfällig hinterher. Aber Crawford sagte was von einlaufen, dann wird es für die beiden ja bald richtig heiter.
 

Bei Crawford angekommen, nehme ich mir ein Wasser und trinke ein bisschen, fühle mich wirklich besser jetzt. Ken sieht auch frischer aus als vorher. Sein Stirnband und sein Sweater sind erst leicht angeschwitzt. Niedlich.

Schuldig scheint mental abgeschaltet. Alle Kraft dem Body ist anscheinend seine Devise. Clever. Nur so geht's.

Die zwei Lauflegastheniker beugen sich keuchend nach vorn und haben zu wenig Luft, um zu trinken. Bedenklich.

Kyoko schießt mich mit einem Blick geradezu ab. Habe ich gegrinst?

Crawford ist total ernst. "Ich will jetzt Leistung sehen. Tempoläufe. 800m hart an eurer Höchstgeschwindigkeit. Hier im Ziel sofort Liegestütze auf den Fäusten, ken tate, 50 Stück, laut zählen, alles klar? Dann los."
 

Aber gern doch. Crawford will uns schinden? Testen, wie viel wir aushalten? Ich habe bis hierher überlebt, ich werde auch heute nicht versagen. Schuldig kennt Crawfords Methoden, werde mich an ihm orientieren müssen, mit ihm messen müssen. Ken als ehemaliger Leistungssportler hat bestimmt viel einzubringen, aber wie hart ist er wirklich? Zwischen Sport und Schinderei ist die Grenze fein gezogen, aber vorhanden. Ich kenne beides.

Hohes Tempo für mich. Bin hier vorn im Führungstrio die Kleinste, passiert mir oft. Egal.

Wir drei erreichen Crawford fast gleichzeitig, knallen uns auf die Fäuste und pumpen unsere ken tate. "Ichi, ni, san, shi, go....." Aya ist da, macht mit.

Yohji und Kyoko trudeln ein, langsam runter, ken tate.

Etwas trinken. Okay. Beobachte Crawford, der seine Leute beobachtet.

Kyoko macht Boden gut, sie schafft ihre 50, genau wie der Lange. Aya steht schon. Crawford grinst. "Das war ein guter Anfang. Also noch mal das Gleiche.

Ken tate im Ziel für die ersten fünf von Euch. Der Letzte macht 100. Los."
 

Kyoko war noch nicht ganz wieder oben. Die wird jetzt bestimmt aussortiert. Ken und Schuldig sind schneller, versuche , dran zu bleiben. Neben mir ist Aya. Unrund, fest in den Muskeln, schon im Sauerstoffdefizit? Wieder ken tate.

Wer kommt an fünfter Stelle? Kyoko? Kyoko. Sie taumelt, aber Yohji hält sich hartnäckig hinter ihr. Will der Idiot hier den Ritter spielen? Sie würde ihn jederzeit töten, für einen Drink, und der spielt für sie den Helden? Nun denn.
 

Vier Killer sind fertig mit ihren Liegestützen. Trinke und schaue. Drama erster Teil. Die Halbchinesin zieht sich mit letzter Kraft hoch, braucht doppelt so lang. Der Schlacks von Weiß macht 80, 90, und dann, quälend anzusehen 100.
 

Crawford grient. "So. Gleiche Aufgabe. 50 für 5, 100 für den Looser. Ihr habt es in der Hand."

Es geht ans Eingemachte. Ken und Schuldig, dann ich, kein Aya. Ha. Wir drei sind pitschnass, aber können noch relativ gut unsere 50 pumpen. Aya kommt um Einiges nach mir. Muskulatur komplett fest jetzt, blockiert, ungeübt.

Macht sich an seine 50. Dann die beiden Alptraumgestalten. Erst die fast Ohnmächtige, dahinter ihr Held, der Volltrottel.

Bin fertig und sehe erst Kyoko zusammenbrechen, dann Yohji. Na endlich. Das Kroppzeug ist raus.

Crawford spricht. "Hohes Tempo, knapp unter Vollgas. Hier im Ziel 30 ken tate, dann noch 20 auf den Fingerspitzen. Der Letzte macht 50 auf den Fingern. Los." Laufen, dranbleiben an Ken und Schuldig. 50 auf den Fingern tun weh. Das macht fertig. Zieht die Kraft aus dem ganzen Körper. Ziel erreicht, als dritter. Wir sind fast fertig, da torkelt Aya heran. Fertig, stürzt vor Crawford platt auf den Boden. Nichts mehr mit Liegestütze.

Die beiden anderen liegen auch noch. Unser Chef wirft 3 Ampullen auf den Boden. "Mineralmix, hauptsächlich Magnesium. Trinkt es, wenn ihr könnt. Die anderen laufen noch mal guten Durchschnitt. Überpowert euch nicht, es gibt noch mehr davon. Hier im Ziel wieder 30/20 und diesmal 50 extra für den Letzten. Los."

Bullshit, es wird ernst, ganz ernst. Keiner von uns ist noch halbwegs frisch. Die Kraftteile im Ziel sind die mörderische Ergänzung für das tödliche Laufpensum. Ein ehemaliger Spitzensportler und ein Landsmann, der so was auch schon öfter hinter sich gebracht hat. Dranbleiben fällt schwer, aber muss sein.

Taktik ist hier angesagt. Bleibe deutlich hinter den beiden. Schuldig scheint mir unbeeindruckt, Ken etwas gezeichnet. Das Ziel kommt in Sicht. Lasse ein lautes Stöhnen hören und werde etwas langsamer.

Schuldig läuft durch. Ken versucht, ein paar Körner zu sparen und trudelt 10 m vorher aus. Reingefallen, mein Hübscher. Bin eine saugute Sprinterin. Als zweite im Ziel. Du hast die 50 extra gewonnen. Habe mit meinen 30/20 genug zu tun, aber könnte schwören, dass Schuldig grinst.

Nächste Runde. Ken hustet. Kann dadurch nicht mehr korrekt laufen. Wird wieder dritter. Darf wieder 50 extra. Bricht bei ca. 35 ein. Kommt wieder hoch, macht weiter. Hut ab. Bist wirklich ein Kämpfer. Aber der quälende, trockenen Husten siegt. Ken krümmt sich auf dem Boden.

Fast tut er mir leid. Aber zuerst muss ich an mich denken. Jetzt nur noch Schuldig und ich. Kann man nicht austricksen, nicht besiegen, ist halt schneller, eigentlich gar keine Chance. Also los, alles geben. Alles versuchen. Aber er ist ein gutes Stück vor mir im Ziel. Mache die 30 ken tate. Weiter auf den Fingern. Verdammt, ich spüre jedes Gelenk, das mal angeknitscht war. Kapselrisse habe ich mehrere gehabt. Ausgeheilt, dachte ich. War ein Irrtum. Finger knicken weg. Kann mich fangen. Wieder hoch, weiter. Wieder und wieder versagen mir meine Finger ihren Gehorsam. Falle voll aufs Gesicht. Liege im Dreck. Sehe vor meinem inneren Auge Crawford grinsen. Sehe den Baron grinsen.

Der hat mich oft fertig gemacht, aber nie habe ich aufgegeben. Fallen ist schlimm, aber unten bleiben ist tödlich.

Komme hoch, mache weiter. Wie viele muss ich noch? Habe ganz vergessen zu zählen. Oder höre mich nicht mehr. Das Blut in meine Ohren rauscht lauter als alles Andere.

Das Rauschen löscht die Farben aus. Aus. Liege wieder mit dem Gesicht fast im Dreck, mit der Stirn auf einem Arm gelandet. Muss wohl kurz weg gewesen sein. Stemme mich hoch, schaffe es auf ein Knie, einen Fuß aufgestellt. Muss mich erstmal orientieren. Ist es vorbei, geht es weiter?

Was geht überhaupt? Das Rauschen ist immer noch laut, aber höre im Hintergrund Crawfords Stimme. "Für heute Vormittag habe ich genug gesehen. Wir treffen uns um 14.00 in der Halle. Nahkampftest. Sparring mit und ohne Waffen. Bis gleich." Unser Leader geht, dreht uns den Rücken zu. Wie leichtsinnig. Hätte ich noch Kraft, würde ich ihn jetzt gerne töten.

Fit for murder side b

Disclaimer : Projekt Weiß gehören die Typen, die starken Frauen mir.

Warnung : Nicht mit Muttis Küchenmessern nachspielen - Leute aufschlitzen

will gelernt sein.

Widmung : Alakreiel und Sempai
 

Fit for murder side b
 


 

Wir haben es bis in die Küche geschafft. Schuldig füllt drei Gläser mit Apfelschorle. Ken schält eine Banane. Ich halte die Dose mit Eiweißpulver fragend hoch. Beide nicken.

Jedem von uns ist klar, eben im Park, das war nur der Auftakt. Crawford will unsere Grenzen antesten. Also muss die Dusche warten. Zuerst Speicher auffüllen. Wir essen Eiweißpampe mit Müsli und Banane. Besonders Ken und ich halten die Löffel wie Kleinkinder. Schuldig hatte am wenigsten gelitten, aber auch er ist ernst. "Duschen, umziehen, dann unten Stretching, beweglich halten, sonst könnt ihr euch direkt begraben lassen. Klar?" Ken nickt, ich auch.
 

Selten hat warmes Wasser auf der Haut so gut getan. Heiß entspannt die Muskeln, kalt macht hellwach. Ich massiere meine Bein- und Armmuskulatur mit Sportfluid. Eine schwarze Kampfsporthose, kombiniert mit einem Bustier, darüber eine Kapuzenjacke. An den Füßen nur Zoris für den Weg runter, denn ich trainiere am liebsten barfuss. Fußgelenkschoner nehme ich mit, genau wie meine Waffen. Sais, shitai und einen Bo.

Ken und Schuldig sind bereits unten und stretchen. Ken im schwarzen Budo-Anzug lässt viel gebräunte Brustmuskulatur sehen. Schön Junge, das zeigst du mir bitte noch mal, wenn ich nicht halbtot bin.

Schuldig winkt mich neben sich.

"Gib mir mal deine Hände. Ich massiere dir die Finger." "Danke, Mama." "Ist purer Eigennutz. Ken habe ich auch massiert. Ich weiß, wie Crawford tickt. Die Besten werden auch am meisten gefordert." "Und?" "Ich bin die Nummer eins. Und ich will die Besten an meiner Seite haben, also strengt Euch an."

Hat geholfen, Finger bewegen sich auf Kommando. Gelenkschoner an und dehnen.
 

Mit dem Kopf auf einem Knie schaue ich Mastermind an. Faszinierend der Kerl. So viele Facetten, richtig unlangweilig. Schwarz steht ihm auch gut.

Packe mir meinen Bo. Grundübungen mit Griffwechseln stimmen auf einen langen Nachmittag ein. Laufe ein paar Bahnen Kihon, ohne Kraftanstrengung, nur Technik, fließend, locker.

Eine verspiegelte Wand schiebt sich zur Seite. Dahinter ein Schreibtisch, die beiden Youngster, Farfarello und Crawford. Im Sportdress. Fighthose und Trainingsjacke.

"Es ist genau 14.00. Schön, dass ein Teil meiner Leute meine Anweisungen befolgt. Omi, sorg dafür, das die Anderen umgehend erscheinen."

Sein Ton ist ruhig, kultiviert, aber für mich unnatürlich freundlich.
 

Ayas Porscheteam scheint nicht alarmiert. Die drei stehen, im Kampfsportdress, in einer Reihe.

"50 ken tate für euch drei. Ihr lasst in Zukunft die Gruppe besser nie wieder auf euch warten. Und mich ganz besonders nicht."

Das hat gesessen, und weiter. "Faustschützer an. Kämpfe Mann gegen Mann. Angedeutete Treffer an Stellen wie den Kehlkopf werden von mir als Sieg gewertet. Schuldig und Yohji beginnen."

Die beiden belegen die Hallenmitte, wir bilden einen Kreis. Wer im Straßenkampf bestehen will, braucht nicht viel Platz. Und nicht viel Zeit.

Yohji attackiert mit recht guten Versuchen, Schuldig zu finten und dann zu treffen. Der erfahrene Hund ignoriert die erste Finte, blockt im Vorgehen die zweite und ist da.

Ein Pressschlag aufs Atemzentrum bremst den Kampftrieb des Langen und lässt ihn butterweich werden. Sauber vorbereitet, ein kleiner Step schräg vor, eine Hand fast zärtlich in den Nacken gelegt, zieht ihn mit einem Ruck runter auf sein Knie. Das Knie, von unten in die Lebergegend gesetzt, hat alles klar gemacht. Der Lange ist vornüber gebeugt, kassiert einen Empi von oben in ein extrem empfindliches Gebiet neben der Wirbelsäule.

Multiple Stellen gelähmt, geschockt, unfähig zu reagieren empfängt er, angedeutet, seinen Tod durch Genickbruch. Schuldig zieht seinen Fuß zurück und schaut grinsend zu Crawford. "Zufrieden, Brad?" Böser Blick zurück, aber zufriedenes Lächeln. "Komm her, jetzt sind deine anderen Talente gefragt. Als Nächste, Ken gegen Aya."

Der Weiß-Leader gegen einen eigenen Mann. Ist immer besonders brisant. Als Boss muss man souverän siegen. Der hübsche Braune ist locker, hat sich gut vorbereitet, vielleicht hat er eine Chance. Nach wenigen Aktionen steht fest, ja, hat er. Keine Ahnung, wie gut Aya sonst ist, aber er ist vom Vormittag noch völlig fest in den Muskeln. Er trifft volles Pfund. Ken muss nach hinten wegtaumeln, fängt sich, geht sofort wieder vor, ist schnell, weicht aus, trifft selbst. Für jeden Treffer, den er bekommt, gibt er mehrere zurück. Nehmerqualitäten gut, reichlich Härte in den Attacken und ein taktisch kluger Kampfstil. Aya sieht immer schlechter aus. Nur ein lucky punch könnte ihn jetzt noch retten.

Aber den finalen Punkt setzt, verdientermaßen, Ken.

Crawfords Gesicht ist nicht lesbar. "Auch klar. Jetzt Kyoko gegen Sai. Los."

Das gleiche System. Boss gegen best man.

Kontrolliere noch mal die Faustschützer. Kyoko nutzt den Moment und kommt mit Halbkreisfußstoß Richtung Kopf. War klar, du Schlampe. Nur knapp abgeduckt, Step, und Fuß in ihre Niere. Tut's weh? Hoffentlich.

Sie bleibt unten, auf einem Knie, kreiselt, versucht mir die Beine wegzutreten. Springe weg, sie ist wieder oben. Drängt hart mit Fausttechniken. Das letzte Quäntchen Dynamik fehlt. Wir treffen beide, nicht entscheidend. Dicht aneinander stehend, Versuch der anderen Art.

Packe sie an Schulter und Haar, Absprung und Knie unters Kinn. Rumms.

Meine Kniescheibe hat's ausgehalten. Kyoko eher weniger. Sie ist groggy, geht zu Boden. Ich massiere meine Patella, hole Eisspray. Mann, tut das weh. Bei großen Gegnern mach ich damit keine Schnitte.

Crawford schaut mit den Youngsters auf einen Monitor. Schaut rüber zu Aya und Kyoko. "Fünf Minuten Pause, dann kämpft ihr zusammen mit euren Katanas gegen Ken, mit den Bugnuks."

Crawford verzieht sein attraktives Gesicht zu einem diabolischen Grinsen. Ken ist sichtlich blass geworden.

Der Leader schaut zu mir. "Du bist an Ken's Seite, mit den Sais. Keine Leichen. Wie eben. Abgestoppte Technik werte ich als Treffer."
 

Hole meine Lieblingswaffen und gehe zu Ken, der die Bugnuks anlegt. "Mit den Sais kann ich blocken. Was ist mit dir?" "Das ist nicht einfach, aber geht. Doppelblock mit beiden Händen halten die Dinger aus. Aya hat schon mal versucht, mir einen Scheitel zu ziehen." "Kyoko ist meisterlich. Halt dich möglichst fern von ihr. Beschäftige Aya." Ken grinst schief.

Wir beide wissen, dass wir schlechte Karten haben. Die einzige Chance besteht in Harmonie. Und in unserer besseren Beweglichkeit. Und wir haben keine Wut. Kyoko wird schäumen, Aya kenne ich nicht, aber er hat zweimal abgeloost.

Und schon sind die Beiden da. Die Halbchinesin geht Ken an, Aya stürmt wie entfesselt auf mich zu. Lenke den Schlag zur Seite ab und tauche unter der Waffe durch auf die andere Seite.

Bin so in Kyoko's Rücken. Die riecht den Braten, weicht seitlich aus.

Hat so Ken und mich im Blick. Ken, du Idiot. Sie war für eine Sekunde von dir abgelenkt. Jetzt haben wir sie zwischen uns. Aya steht im Abseits, kommt gerade nicht ran. Muss schnell gehen jetzt, bevor er wieder mitmischt.

Greife mit links an, sie kontert. Stahl klirrt, Handgelenk dreht und Sai blockiert Katana für den Moment. "Ken." Ja, er setzt ihr die Faust, ohne Krallen, ins Genick. Backfist.

Crawford als Kampfrichter. "Kyoko raus."

Kyoko brüllt, vor Wut. Aya solle doch tot umfallen. Ob er eingeschlafen wäre? Lustig.

Da ist Aya bei Ken. Der blockt verzweifelt, überrascht. Dieser Rote hat gewaltig Power in den Armen und extreme Wut in diesen Schlag gelegt. Blut fließt wie aus einem geöffneter Wasserhahn. "Ken raus. Omi schau nach, was passiert ist. Ihr beide weiter."

Klar doch Chef. Der Wahnsinnige hat seinem Teammitglied wahrscheinlich eine Hand gespalten. Mit der gleichen Wucht drischt er auf mich ein. Hat der schon mal Unterricht gehabt, oder hat er im Schlachthof Schweine zerteilt? Glatte Blocks wären Selbstmord. Da fehlt selbst mir die Kraft. Versuche Wucht abgleiten zu lassen, bin ständig in Bewegung. Gut, dass ich nicht steif in den Beinen bin. Wirst du müde, oder ich? Die Attacken werden unmerklich schwächer. Alles riskieren. Parierstangen fangen Katana, andere Sai zielt auf Hals.

Gotcha. Habe ihn nur leicht geritzt.

Sein Blut ist heller als sein Haar.

Why do you want to hurt me?

Disclaimer: Projekt Weiß hat die Vermarktungsrechte

Warning : hardcore fightszenen und Seelenqual

Widmung : den üblichen Verdächtigen
 


 

Why do you want to hurt me?
 

Ken ist behandelt worden. Der Werksarzt von Tanaka Corp. hat die Wunde vernäht. Hat heftig geblutet. Aber nichts Wichtiges verletzt.

Ein paar Stiche, und bitte die nächsten Tage schonen. Klar doch. Bambi nickt. Wirklich schöne braune Augen, dieser Ken. Oder doch etwa dunkelgrün? Hm.
 

Crawford hat die Jacke ausgezogen. Die Brille hat er auch abgelegt,

leichte Faustschützer festgezurrt. Er tänzelt schattenboxend durch das Dojo. Leichtfüßig, muskulös, mit Abstand der Stärkste hier. Bloß, was hat er vor. Wir haben doch alle gezeigt, was wir draufhaben. Was will er noch?

Er hat sich aufgewärmt und dreht sich zu uns. "Schuldig, mach Dich bereit. So, zu euch anderen. Von den meisten konnte ich mir ein gutes Bild machen, aber bei zwei Leuten muss ich noch nachhaken, wie sie unter extremem Stress reagieren. Die beiden stelle ich kämpferisch auf die Probe, Schuldig übernimmt die mentale Überwachung. Yohji zuerst."

Der Lange zuckt zusammen. Gerade erst von Schuldig deklassiert, soll er sich jetzt vom Platzhirsch durchprügeln lassen. Denn dass er gegen Crawford nicht den Hauch einer Chance hat, ist klar. Also hat er jetzt schon extremen Stress, haha.
 

Er will sich nichts anmerken lassen, ist kein Feigling. Gegen normale Feinde bestimmt ein guter Mann, aber hier.... Crawford trifft ihn schmerzhaft, auf die Luft, die kurzen Rippen.

Er will nicht schnell Schluss machen. Er spielt, tänzelt, trifft, absolviert eine Übungseinheit. Yohji nimmt Treffer, krümmt sich, verbeißt sich Schmerzenslaute, keucht vor Atemnot. Minutenlanges Katz und Mausspiel. Lässig klatscht Crawfords Doublette auf Yohjis Deckung.

Dann direkt ein Haken, von unten. Arme, kraftlos, schwer, vernachlässigen den Kopfschutz. Beide schwitzen. Crawford liebt den Kampf. Gut zu wissen, dass der Boss ein richtiger Fighter ist, selber zulangen kann. Jetzt steppt er zur Seite. Stummer Austausch mit Mastermind. "O.K. Yohji, das reicht. Du stehst noch, das schaffen nicht viele. Sai, jetzt Du."

Was will er? Testen, wie lange ich stehe? Den Vergleich mit dem Langen? Bin schneller, kann mehr vermeiden, sollte klappen.

Ziehe die Jacke aus, bewege die Arme, lockere die Schultern.

Sehe Schuldig halb grinsen. Mir wird schlecht. Mentale Überwachung.

Shit. Will er beidseitig angreifen lassen? Crawford den Körper, Schuldig den Geist? Soll ich zwei Kämpfe gleichzeitig liefern?
 

Crawford kommt. Wie zuvor hält er seine Kräfte im Zaum. Schnell stößt er zu, schnell kann ich weg. Ich hasse Nachlaufen, Fortlaufen, Wegrennen. Bringe mal ein paar Kicks. Ausgefallene Kombination. Wird nicht oft geboten. Sollte ihn überraschen.

Knüppelharte Abwehrblocks. Schmerzwellen durchs Schienbein. Der Spann leicht aufgeplatzt. Danke.

Humpelnd wegsteppen. Fieberhaft den Ausweg suchen. Überlegener Gegner. Nichts Neues. Schmerzen ignorieren, in Bewegung bleiben, möglichst viele Treffer vermeiden. Durchbeißen, auf Schwäche hoffen.
 

Er treibt mich gnadenlos, muss nach rechts ausweichen. In seinen Schlag hinein. Klatschend landet seine Faust. Mein Kopf fliegt nach hinten. Blut malt eine kleine Spur in die Luft. Harte Landung. Meine Unterlippe ist an den eigenen Zähnen eingerissen. Rote Tropfen sickern nach außen und nach innen. Der bekannte, beruhigende Geschmack ist tröstlich. Ein, zwei Sekunden liegen bleiben, vom Schock erholen. Bin auf einen ganz billigen Bluff reingefallen. Ist mir lange nicht passiert, darf nicht noch mal passieren. Der nächste Treffer könnte das Aus bedeuten. Komme langsam auf ein Knie.

Da zerreißt mir was den Schädel. Grüne Augen stehen auf der Grenze, haben sie schon leicht überschritten. Werden groß vor Anstrengung, wollen weiter vordringen. Pupillen, winzig klein, stechend schwarz, fixieren meinen Geist. Wollen meine Abwehr bannen. Nein. Nicht, solange ich lebe. Wut kocht hoch, mischt sich mit Blutrot, bildet einen hitzigen Cocktail. Fülle die Gräben der zweiten Frontlinie. Die wirst Du nicht....

Treffer am Kopf. Faust? Fuß? Es reißt mich rum, lande halb auf der Seite.

Nicht wegtreten, wach bleiben. Das dunkle Wabern vertreiben. Lichter im Dunkel. Zwei grüne Lichter. Zwei Laternen, die in der Dunkelheit leuchten?

Nein. Es sind wieder diese Augen. Schuldig, Du feiger Hund. Bastard.

Dafür werde ich Dich töten.

Gemurmel. Meine Oberarme werden gepackt, werde hochgerissen. Werde aufrecht gehalten, festgehalten.

Sehe grüne Augen, dunkle Nebel, eine rasche Bewegung. Instinktives Anspannen der Bauchmuskeln. Gut, die Faust hat es in sich. Crawford?

Ja, muss er sein, der schlägt. Kann den Kopf nicht richtig heben.

Schaue von unten. Wusch. Wieder die gleiche Stelle. Schmerz macht sich breit, auch Muskeln packen nicht unendlich. Habe ich gerade geschrieen?

Nicht schreien, macht nur die anderen stark. Schaue auf die innere Landschaft. Hat sich das grüne Augenpaar verzogen? Nein. Nein. Nicht schon hier. So tief in mir darf sich niemand aufhalten. Ich muss meine innersten Bereiche schützen. Die verbotenen Orte. Die Verliese von Geheimnissen. Kerker des Unausgesprochenen.

Panik. Überwindung. Kampf. Das alte Überlebensprinzip.

Scharfe Klingen heben sich zum letzten Gefecht. Kämpfend sterben, oder siegen. Keine Gnade dem Eindringling.

Schreie, laute Schreie aus dem Hintergrund. Brennender Schmerz übernimmt wieder das Regiment. Klatschend trifft es meinen Bauch. Zweimal, dreimal. Leder?

Die Klingen sind zu Boden gefallen. Die Hände, die sie hielten sind zu schwach.

Meine letzten Refugien werden penetriert. Ekel. Wehrlos. Würdelos.
 

Flashbacks. Ungewollt begleitete ich den Spion. Nein, nicht. Bitte nicht das. Damals war ich noch schwach. Heute bin ich...wehrlos, würdelos.

Erkalte, gefriere, erstarre, stelle mich tot. Bis bald, lieber Tod. Haben wir jetzt eine feste Verabredung? Kann ich wenigstens auf Dich zählen?

Zart streift mich eine fremde Emotion. Unbekanntes sendet einen Hauch Bedauern. Einen Lidschlag lang Vertrauen? Ein Versprechen?

Der Eindringling zieht sich zurück, hinterlässt Ekel, Schmutz, Schande.

Und, als Letztes, Schwarz. AUS.
 

Rasende Kopfschmerzen. Wo bin ich? Brauche Aspirin. Will mich aufrichten. Sinke zusammen. Kopf will platzen. Körper brennt überall.

Höre Stöhnen, dann eine Stimme: "Bleib liegen. Du bist in Deinem Zimmer. Wir haben Deine Wunden versorgt, aber sicher hast Du starke Schmerzen. Warte, wir helfen Dir."

Unter den Schultern gestützt, komme ich etwas hoch. Fühle ein Glas an den Lippen, die aufgeplatzte Stelle vermeidend. Trinke. Schmecke Wasser, ein Medikament, etwas Blut. Danke, Ken.

Morgen Grauen

Disclaimer : Projekt Weiß, weiß doch Jeder.

Warnung : Keine fight-szenen diesmal.

Widmung: : Den Heldinnen die überleben, weil schnell sterben - kann Jeder.
 


 

Episoden 11 - Morgen Grauen
 

Es murmelt. Störend. Unterbricht das wohltuende Nichts. Das wohltuende Nichts ist der Schutz vor Schmerz, Angst, Scham. Es ist willkommen. Das Murmeln nicht. Lauter wird es, störend dringt es in mein Bewusstsein. Ich kann es nicht mehr ignorieren.

Hat es einen Rhythmus? Einen immer gleich rauschenden Fluss? Dann will ich das Rauschen nutzen, um wieder in die Stille zurückzukehren. Will es mir zu Eigen machen, es als Vertrautes akzeptieren, mich nicht länger stören lassen. Also werde ich lauschen. Hinhören. Müssen. Scheinen Worte zu sein. Sprache. Eine Stimme, dann, eine zweite Stimme. Eine rau, leicht heiser, die andere schöner, jünger, leider auch lauter.

Höre Worte." Nichts... verraten... jeder... Recht... Gefahr."

Gefahr? Gefahr kenne ich. Ein Wort mit Bedeutung. Begleitet von einem Gefühl. Angenehm? Nicht immer. Willkommen nur dem Starken, der den Kampf sucht, die Herausforderung braucht. Verhasst dem schwachen Kind, das noch nicht kämpfen kann. Da ist es gemischt, das Gefühl, mit Ohnmacht und Wut. Noch nicht, aber später, wartet, wenn ich stärker bin, kämpfen kann. Dann ruft, um mich zu quälen und ich komme, um zu töten.

'Sai' sagt da jemand meinen Namen? So werde ich oft genannt, Sai. Ich bin das. Und mein Kopf tut weh. Möchte kaltes Wasser. Muss hier irgendwo sein. Kaltes Wasser hilft. Muss aufstehen. Drehe mich auf die Seite. Das tut auch weh. Lasse die Füße aus dem Bett fallen. Ein Fuß tut sehr weh. Jetzt aufstehen, aber nicht den Kopf bewegen. Augen nur ganz wenig öffnen. Es ist dunkel. Danke. Kein Licht. "Sai." Wer brüllt hier so?

"Wo willst du denn hin. Lass dir doch helfen." Nicht so laut. Psst. Schiebe mich steif schwankend Richtung Bad.

Um jeden Zentimeter kämpfend, gewinne ich. Halbblind schließe ich die Tür hinter mir. Beide Hände schmerzen. Jetzt zum Waschbecken. Aus schmalen, verquollenen Augen in den Spiegel schauen. Das war keine gute Idee. Dunkler Fleck am Jochbein, wohl älteren Datums, eine Abschürfung direkt daneben, und eine eingerissene, verkrustete, angeschwollene Unterlippe. Und das ist nur das Gesicht.

Alle Muskeln protestieren. Meine Rippenprellung ist aufgefrischt worden, der gesamte Bauch ist empfindlich, will keine Berührung, Beine und Fuß wollen auch nicht mehr.

Senke den Kopf unter den Wasserhahn. Langsam fließt die Kühle über die Stirn, den Hinterkopf. Tut das gut.

Da dröhnt es an die Tür. "Sai, bist du fertig? Antworte doch."

Dann kommt Ken ins Bad. Dreht das Wasser ab, fasst mich mit seiner gesunden Hand um die Schultern, schiebt mich Richtung Bett.

"Schlaf noch eine bisschen. Schuldig und ich wechseln uns ab, passen auf dich auf." "Nein, nicht Schuldig. Will nicht." "Okay, nicht Schuldig. Nimm noch eine Tablette und schlaf dich gesund."

Danke, Ken. Danke dafür, dass du Schuldig nicht hier rein lässt, während ich schlafen soll. Denn für mich wird es wieder für lange Zeit keinen echten Schlaf geben. Es sind nur Nächte voller Alpträume. Wiederkehrendes Grauen, einsetzende Erinnerung, angereichert mit Fetzen irgendwo aufgeschnappter Folterszenen. Todmüde sein, Angst vorm Einschlafen haben, wissend, dass das der Zustand absoluter Hilflosigkeit ist. Hilflos wie die Kinder, die ich mal war, mit acht, mit zehn, oder jünger. Gut verpackt war alles. Geschnürte Bündel lagen im Gedächtnistresor. Schuldig hat einige davon gefunden.

Sie sind aufgegangen. Jetzt muss ich leiden, bis sie wieder verstaut sind.

Gefesselt sehe ich, wie der Arm sich nähert, Schmerz, Schreie....
 

Sitze auf einmal aufrecht im Bett, zitternd, keuchend, umarmt...?

Ken hält mich, spricht leise, beruhigend. Ich lasse es zu, wundere mich über mich. Mein Atem wird normaler, ich auch.

"Geht's wieder? Crawford will in einer Stunde eine erste Besprechung abhalten. Du kannst duschen, ich bringe dir etwas zum Frühstücken. Kommst du allein klar?" "Klar. Alles okay. Danke, Ken."

Es ist hell, und dann ist wirklich alles in Ordnung.

Duschen tut weh, aber auch gut. Abtrocknen ist fies, tupfe vorsichtig. Sportsalbe, Heparin, auf den Spann Mull mit Tapeband. Routine am Morgen danach. Es klopft.

Schlüpfe sacht in die weiche Trainingshose, drehe mich um - und sehe

Schuldig. "Was willst du?" "Zimmerservice. Ken kann mit einer Hand doch kein Tablett tragen und Türen öffnen. Also komme ich persönlich und bringe dir.... Okay, okay. Ich wollte dich sehen, bevor wir gleich Teambesprechung haben. Hör mir nur zu. Crawford war klar, dass du mich aus deinen Gedanken vertreiben kannst. Er musste wissen, was dahinter steckt, um jeden Preis. Für die Sicherheit der Gruppe. Er hat von mir nur erfahren, dass du mental etwas begabt bist. Und extrem belastbar. Bis gleich."

Ich nicke. Schuldig und Crawford. Die haben jetzt beide noch was gut bei mir, nur nichts wirklich Gutes.

Crawford hat dampfenden Kaffee vor sich stehen und ein Notebook.

"Der Leistungstest war aufschlussreich. Nicht nur die offensichtlichen Ergebnisse, sondern vor allem die mentale Belastbarkeit ist doch sehr unterschiedlich. Für die Zusammenstellung kleiner Einsatzteams ist das hauptsächlich entscheidend.

Für einige der Herrschaften dürfte es gleich eine Überraschung geben. Die beiden Youngsters zuerst. Im Einsatzgebiet habt ihr im Normalfall nichts verloren. Ihr bildet das Rechercheteam.

Farfarellos Talente sind bekannt, genau wie seine Schwächen.

Schuldig ist und bleibt meine Nummer eins. Neben ihm setze ich Sai und Ken ein. Die beiden hatten die besten Werte im mentalen Bereich, absoluter Einsatz, keine unnötige Aggressivität, und erstklassige Kämpfer sind sie auch. Die drei bilden das Alphateam."

Betretenes Schweigen. Gekränkte Eitelkeit mischt sich mit Zorn. Aya und Kyoko brodeln innerlich. Crawford schaut zu ihnen rüber.

"Aya, ab sofort trainierst du mit Kyoko Katana. Nur Kraft und Wut allein lassen keinen Kampf gewinnen. Technisch sauberes Waffenhandling ist wichtiger. Alleingänge sind Geschichte, Aya. Nur das Team zählt. Kyoko, bekämpfen Sie ihr Unvermögen, eine Niederlage auch nur in Betracht zu ziehen. Ihre Überheblichkeit könnte Ihnen eines Tages zum Verhängnis werden. Ich will dadurch keinen meiner Leute gefährden.

Außerdem absolvieren sie beide jeden Morgen ein kleines Ausdauerprogramm, das ich Ihnen zusammenstellen werde. Yohji bekommt von mir persönlich ein paar Runden Sparring pro Tag. Gute Anlagen, aber sträflich vernachlässigt. Du kannst gern weiterhin rauchen, aber natürlich immer erst nach dem Laufprogramm, Yohji.

Das Alphateam trainiert nur noch gemeinsam. Ihr verbringt selbst die Freizeit zusammen. Erholt Euch, pflegt Eure Verletzungen. Lernt Euch kennen. Im Ernstfall müsst Ihr Schuldigs Kommandos auch ohne Headset empfangen können. Das muss geübt werden.

Du Ken, hast eine seltene Begabung, wie sich herausgestellt hat. Du konzentrierst Deine starken Gefühle und nutzt sie unbewusst als mentale Waffe. Die beiden Anderen müssen Dir nur helfen, Deine alles dominierende Gutmütigkeit zu verlieren, ehe sie Dich Dein Leben kostet.

Setzt alles daran, in Topform zu kommen. Das gilt für alle. Ihr wisst, was Ihr zu tun habt. Bald liegen uns genügend gesicherte Informationen vor, um die ersten Aktionen planen zu können. Dann haben wir Einsatzbereitschaft. Jeder ist jederzeit erreichbar, keiner betrinkt sich. Wenn code red angesagt wird, wird mit den Waffen neben dem Bett geschlafen - Ausgangssperre. Das war's."

Der Grundstein ist gelegt.

erste Feindberührung

Disclaimer : Produkte gehören den Konzernen

Warnung : Wenn wir kommen, ist die Party vorbei

Widmung : Den vielen Einzelkämpfern, da draußen

Grußbotschaft: Myojo_no_Kaio nach Japan
 


 

Erste Feindberührung
 

Brutal müde bin ich. Vier Nächte voll Negativ-Erholung liegen hinter mir. Auch heute morgen, nur Erleichterung über das Ende des Dunkels, kein ausgeruht sein. Versuche, einfach über die Nacht hinweg zu lesen... gescheitert.

Augen fallen zu, Denken macht Pause. Dann sind sie da und schlagen zu, die Alpträume.

Heute werde ich mich körperlich erschöpfen, bis ans Limit gehen, besser darüber hinaus. Abends will ich ins Bett fallen, zu ausgepowert sein, um zu träumen. Sollte mir leicht fallen, habe seit dem Testfight nicht trainiert, nur meinen geschundenen Body gepflegt.

Wie besessen bearbeite ich den schweren Sandsack. Schlagkombi endet mit Lowkick. Gerade, kurzer Haken, Step und Kick. Rechts, links, wieder wechseln. Erweitere um Sprungkick, hoch, zum Abschießen. Schönes Finale einer anspruchsvollen, harten Aktion. Für Crawford nicht hart genug. Ist er so gut als Fighter? Oder verschaffen ihm seine Visionen den Schnelligkeitsvorteil? Kann man testen. Demnächst mal, wenn ich selber noch besser bin. Also, noch mal, schneller, härter...

Jemand beobachtet mich. Mache Pause, greife zum Handtuch, wische Schweiß von Gesicht, Nacken, Armen. Drehe mich langsam um.

Groß, elegant, relaxt, ausdruckslos, lehnt Crawford an der Wand.

"Es freut mich, dass meine Einschätzung von dir richtig war. Du willst schneller werden, um mich herauszufordern, nicht wahr? Das kannst du vergessen, Sai. Meine Visionen machen mich zu einem unschlagbaren Gegner für Jeden. Dass du trainierst, spricht jedoch für dich und deine Einstellung. Wie geht es dir?" "O.K." "Meine Leute sollten mich nicht belügen. Körperlich bist du noch nicht wieder hergestellt. Das war auch nicht zu erwarten, nach den harten Treffern, die du abbekommen hast."

Es waren deine Schläge, die ich kassiert habe, Crawford.

Und Schuldig hat für die nötige Ablenkung gesorgt.

Ihr Beide habt was gut bei mir. Ich habe Geduld. Lass uns erst mal den Job hier erledigt haben. Dann kümmere ich mich um Euch.

"Du scheinst völlig fertig. Wahrscheinlich hast du nicht richtig geschlafen in den letzten Tagen. Du wirst dich umgehend bei Schuldig einfinden. Er soll herausbekommen, was mir dir los ist. Und es abstellen. Ich will Topleute in Topform."

Er verlässt den Raum so grußlos, wie er ihn betreten hat.

Er ist der Boss.

Duschen, umziehen, an Schuldigs Zimmer klopfen, eine Sache von Minuten.

"Crawford wollte, dass ich mich bei dir melde. Was machst du hier?"

Ken lächelt verlegen, entschuldigend, dann aber warm, beruhigend. Meine Wut ist gemildert, verflüchtigt sich. Dieser Junge hat etwas an sich....

"Genau, deshalb ist er hier." Schuldigs Grinsen lässt ihn sehr jung aussehen. "Aus welchem Grund auch immer, er hat einen positiven Einfluss auf dich. Setz dich neben ihn und entspann dich. Und zur Hölle, lass mich ohne Gegenwehr in deinen Schädel. Ich kann dir helfen. Ken gibt dir Kraft. Du wirst seine Anwesenheit spüren, und verdammt, du wirst sie brauchen."
 

Können Muskeln extrem schmerzen, beim stillsitzen? Ja, können sie.

Mein Körper verkrampft abwehrend, in Erwartung des Unbekannten. Manche Schrecken sind präsent, melden sich oft zur Unzeit. Haben sich selber leicht entkräftet, durch häufiges Erscheinen, sind bekannter, gewohnter Alltagshorror. Eigenentwickelte Abwehrstrategien haben Selbstauslöser, drängen sofort zurück.

Das macht keine Angst, höchstens mal leichte Magenschmerzen.

Aber was steckt noch drin in dem grauenhaften Grau, das sich Unterbewusstsein nennt?

Stellen, nur leicht touchiert, senden Signale, die panikartig keuchen lassen, die Alpträume voll mit Blutfluten schenken, kalten Schweiß mit Zittern mischen, das Herz stillstehen lassen, quälende Sekunden lang.

Und doch sind es weiße Flecken, diese Stellen. Unbekannt, besser nie entdeckt.

Bin ich stark genug, mich dem zu stellen? Wie schlimm wird es, wenn ich es im Ganzen erblicke?

Ist es überhaupt bei klarem Verstand zu ertragen? Muss ich nicht....?

,Psst. Das wird nicht passieren, wenn wir beide vorsichtig sind.'

Schuldigs Gedanken sind deutlich, aber ungewohnt sanft, einfühlsam. Der Berufskiller aus Leidenschaft, Zyniker aus Passion, die vielleicht dunkelste Seele von uns, begleitet mich in die Vergangenheit.

Unerfreuliche Vergangenheit. Weiter zurück.

Nun ja, da lebte mein...es ist...heute auch noch.... Nein. Weg.
 

Stehe an eine Wand gelehnt, um Atem ringend.

Um die Brust ist ein Eisenring gespannt. Aus den Tiefen, tiefer als mein Magen, als der Atlantik - älter als ich, als die ganze Menschheit, steigt mir der Schrecken empor.

Mit geballten Fäusten erwarte ich den Angriff.

Automatisiert beruhige ich meinen Atemrhythmus. Danke, Kampfsport.

Es erscheint - nichts. Wenn man den Feind erwartet, kommt er nicht.
 

Kyoko steht plötzlich neben mir. "Was tust du hier, Löwin?"

Gute Frage. Weiß nicht genau, wo ich bin, wie ich hierher komme.

Total verwirrt schaue ich mich um. Okay, der Gästeflügel von Tanaka Corp.

Sie nutzt, wie immer, die Situation aus. Nimmt mich in ihre Arme.

Zieht mich an sich. Drängt mich gleichzeitig an die Wand zurück.

Ihre Wärme, ihre Kraft, sie tun gut im Moment. Sie küsst mich auf den Hals, auf die Wange, auf den Mund. Ja, bleib bei mir. Du bist ein Miststück, aber der einzige Mensch, jetzt und hier.
 

Das Telefon weckt mich. Kyoko ist schon dran. Liegt noch im Bett, schaut zu mir rüber. "Klar Crawford, in Ordnung. Nein, nicht nötig. Sie ist hier, bei mir. Bis gleich." Sie lächelt, während sie auflegt.

"Komm, meine Schöne. Der Boss will uns sehen. Lass uns duschen."
 

Sämtliche Augen richten sich auf uns, als wir den Konferenzraum betreten. Automatisch schaue ich auf die Uhr. Crawford lächelt nicht.

"Ihr Zwei seid pünktlich. Yohji fehlt noch, wie immer."

Der Lange schiebt sich unmittelbar nach uns in den Raum.

"Gut, wir sind komplett. Die Recherchen laufen auf Hochtouren. Gestern wurde das Haus eines Laborleiters überfallen. Seine Frau und sein Kind wurden entführt und es gab zwei tote Wachleute. Unsere Gegner versuchen es mit Erpressung und Zermürbungstaktik. Heute haben wir einen Teilerfolg erzielen können. Wir wissen, wo die Beiden gefangen gehalten werden. Um den Mitarbeitern zu beweisen, dass wir in der Lage sind sie zu schützen, müssen wir die Geiseln möglichst unbeschadet befreien. Überlebende Kidnapper, die wir anschließend in Ruhe, na ja, sagen wir mal, befragen können, wären optimal. Also kommt die übliche Vorgehensweise nicht in Frage, bei der wir nur Leichen hinterlassen würden. Hier ist mehr als einfache Taktik nötig und wir brauchen ein ausgefallenes Ablenkungsmanöver. Schuldig hat mich da auf eine gute Idee gebracht."
 

Gute Idee, danke Schuldig. Deinetwegen stehe ich jetzt mitten in der Nacht vor dem Haus und lasse mich von Kyoko küssen. Ablenkungsmanöver.

Das Haus ist ein kleines Einfamilienhaus, wie seine Nachbarn nur von einem winzigen Garten umgeben. Ganz dunkel, ist die Überwachungskamera über der Haustür kaum zu sehen. Kyoko streichelt meine Brüste unter dem Tanktop. Unvermittelt schiebt sie es ganz hoch - und mich dann aus dem Aufnahmebereich der Kamera. Wenn sie jetzt noch mehr von der Show sehen wollen, müssen sie rauskommen.

Abgelenkt waren sie ja schon ausgiebig. Schuldig und Ken sind rechts und links der Tür. Die öffnet sich leise, aber weit genug.

Die ersten beiden Toten. Schuldig mit der Desert Eagle. Kyoko mit der Luger. Schalldämpfer. Kein Geräusch.

Ich reiße mein Top wieder runter, nehme meine Sais und stürme neben Ken ins Haus.

Schuldig und Kyoko folgen.

Von der Rückfront hört man ein ganz gedämpftes Geräusch. Crawford hat sich mit Aya, Farfarello und Yohji auch Zutritt verschafft.

Sie werden uns den Rücken freihalten.

Schuldig grinst halb, zeigt auf eine Tür. Kyoko nickt, öffnet sie, Schuldig sichert. Wir schleichen leise, aber schnell die Treppe runter. Ken und ich zuerst.

Zwei Typen sitzen in einem Vorraum an einem Tisch, spielen irgendwas.

Einer stirbt, Kugel im Kopf, dem Anderen halte ich eine Sai an die Kehle. Kyoko haut ihm die Knarre auf den Schädel. Haben wir da unseren Überlebenden?

Der Raum dahinter ist schallisoliert. Auf zwei Pritschen eine Frau und ein schlafendes Kind. Sofort fängt die kleine Japanerin grell an zu kreischen. Dränge mich am Rotschopf vorbei und gebe ihr eine kräftige Ohrfeige.

"Still jetzt. Wir bringen Euch zurück."

Ken nimmt das Kind auf den Arm. Es kuschelt sich an ihn, fühlt sich anscheinend sicher.

Wir schauen die übrigen Kellerräume durch, alles leer, folgen den anderen die Treppe hoch.

Von oben kommt gerade Crawford mit seinem Trupp.

Ayas Katana ist voll Blut.

Schuldig holt mit Farfarello den Überlebenden aus dem Keller.
 

Der neutrale Transporter ist vom Werkschutz der Tanaka Corp.

Rückwärts steht er vor dem Haus, halb im Vorgarten, mit geöffneten

Türen. In einer Minute sind alle drin, und wir weg.

Die Explosion sollte alle Spuren verwischen.
 

Eine Tiefgarage. Werkschutzleute laden die Frau und ihr Kind in eine Limousine. Wir anderen verteilen uns auf mehrere Autos und fahren auf verschiedenen Strecken zurück.
 

Nachbesprechung. Crawford ist relativ zufrieden. "Schuldig, nimm Dir diesen Überlebenden vor. Besorge alle Informationen, die Du bekommen kannst. Je eher wir sie noch mal angreifen, desto besser. Alle bleiben hier im Quartier. Ich habe so eine Ahnung, als würden wir bald mehr Arbeit bekommen."
 

Gut Crawford. Dann sind wir bald durch mit dem Job.

Und dann wird abgerechnet.
 

Es ist vollbracht.

Eine neue Killertruppe, der Schrecken der Verbrecher.

Wer wird sterben, wer überleben?

Eines ist sicher, nichts ist sicher.

Abgrund - tiefer Hass

Disclaimer : Konzerne regieren die Welt - aber nicht meine Fantasie

Warnung : Jeder kann jederzeit sterben - auch die Heldin

Erklärung : Der Tod ist so unberechenbar - wie das Leben

Widmung : Einem Episoden Fan, der mich erstaunt, beeindruckt und

bestätigt, etwas ziemlich Gutes zu schreiben -

Alakreiel
 


 

Abgrund - tiefer Hass
 

Es ist dunkel. Wie aus weiter Ferne... Stimmen.

Sie reden, aber ich kann ihre Worte nicht verstehen.

Hören? Ja. Verstehen? Nein.

Versuche, die Augen zu öffnen - schwer wie Blei, die Lider.

Es klappt nicht, aber die Stimmen werden lauter, deutlicher.
 

Erste Satzfetzen...haben Bedeutung.

"Sie kommt zu sich. Oh, Mann, endlich." War das Ken?
 

Leicht heiser: "Sie hat viel Blut verloren, fast zu viel. Ich habe sie bis eben kaum noch...wahrgenommen. Sie war schon weg, bis auf einen kleinen Teil. Unglaublich, dass Du sie noch erreichen konntest. Du hast sie zurückgeholt, Ken."
 

"Wenn wir sie später gefunden hätten, wäre sie jetzt tot, Schuldig. Ich kann Kyoko nicht verstehen. Wieso hat sie ihr den Rücken nicht freigehalten, wie abgesprochen?"
 

Rau, leicht lachend: "Rein rethorische Frage, Ken? Oder bist Du wirklich so naiv? - Okay, okay, schau nicht so wütend, ich erklär es Dir. Kyoko ist vernarrt in Sai. Diese Liebe ist einseitig und Kyoko erpresst Sai gelegentlich, um sie ins Bett zu kriegen. Sai macht aber nicht mehr alles mit; zu großer Druck erreicht bei ihr das Gegenteil. Unsere Bandenchefin ist eine total Durchgeknallte. Sie ist der Ansicht, was sie nicht bekommen kann, soll auch kein Anderer haben. Also...."

"Du meinst, Kyoko hat Sai niedergeschossen? Sie wollte sie töten?"

"Brüll nicht so rum, Ken. Und nein, Du brauchst nicht losrennen, um Kyoko zu töten. Sie hat Sai nicht angeschossen, nicht selbst wenigstens. Aber sie hat sie auch nicht gedeckt. So viel steht fest. Und den Rest überlassen wir Crawford, mein Freund."
 

Schuldig und Ken. Was haben die Beiden eben gesagt? Kyoko sollte mir den Rücken decken, aber...? Was war denn nur? Wo waren wir?

Will versuchen... mich zu... erinnern.

Die Halle. Sehe ganz klar eine riesige Halle, gut beleuchtet.

In der Mitte... Maschinen, Aggregate... dazwischen Gänge.

Ah... umlaufende Geländer, anscheinend mehrere Stockwerke mit Büros außen herum. Gut, das war unser Einsatzort.

Was sollten wir dort? Wo war Kyoko? ....Nichts. Null. Leere.

Also, zurück zur Halle. Was sehe ich noch?

Okay, ich bin unten. Neben Ken. Aha.

Was tun wir? Blöde Frage - töten. Was sonst?

Habe die Sais in beiden Händen. Ken und ich laufen an langen Reihen von Fabrikationsbändern vorbei. Männer und Frauen in weißer Schutzkleidung arbeiten dort. Wer sich in den Weg stellt, wird niedergestreckt. Einige... nur so.

Hinter uns kommen Farfarello und Aya, die töten den Rest.

Wo, zur Hölle ist Kyoko? Immer noch keinen Schimmer, also weiter... .
 

Schuldigs Stimme, im Headset: " In den ersten Stock hoch, los, schneller.

Direkt am Aufgang vor Euch, ein Bürokomplex. Dort sind die Bosse - und ungefähr 6 Elitewächter. Davor noch ein paar Pistoleros, aber die werden von Kyoko und ihren Leuten in Schach gehalten. Macht, dass Ihr hoch kommt und killt die Bosse."

Ah, schon wieder ein Stück vom Puzzle gefunden.
 

Jetzt erinnere ich mich an den Treppenaufgang aus Stahl. Von oben werden Ken und ich unter Beschuss genommen. Unsere Leute, Kyokos Männer, nehmen die Schützen unter Feuer. Es wird ruhiger. Ken nickt mir zu. Los.

Wir hetzen die Treppe hoch. Vor uns ein gläserner Käfig - das Büro, in dem die Bosse sterben werden. Ken nimmt das Fenster rechts der Tür, ich links. Die Sais fest in den Fäusten, Arme voraus, hechte ich durch das Glas. Landung nach Flugrolle.

Perfekter Stand und Check. Rechts Ken und zwei Typen, die ihn attackieren.

Schräg hinter mir auch zwei hässliche Vögel. Anscheinend sind wir an ihnen vorbei gerauscht. Haben wohl hinter der Tür gelauert. Idioten.

Wenige Schritte und sie folgen mir in eine Gasse zwischen Schreibtischen. Nicht viel Platz da, also hintereinander. Idioten eben.

Der Erste kommt mit einem Kurzstock.

Han Bo, wird oft unterschätzt. In der Hand eines Könners ein gefährliches Teil.

Wegrennen ist die beste Kampfstrategie. Aber dafür werde ich nicht bezahlt.

Er handhabt den Stock gut. Kurze Schwünge lassen ihn durch die Luft pfeifen.

Siegessicher treibt er mich Stück für Stück nach hinten. Bis zu seinem Tod.

Ein Kurzstock hat eine Schwachstelle. Wenn er hinten ist, zum Ausholen.

Nichts mehr zwischen dem Kämpfer und seinem jähen Ableben. Die Stockhand leicht

geblockt, stecke ich ihm eine Sai in seine Kehle. Ziehe sie sofort wieder raus und gleite unter seinem Stockarm hindurch.

Nummer Zwei hat noch gar nicht realisiert, dass sein Kollege stehend stirbt.

Idioten halt.

Überraschung, da bin ich schon. Erwische ihn seitlich. Er wollte wohl doch noch an seinem Kollegen vorbei, um mich von hinten angreifen zu können.

Verzweifelt versucht er einen Hieb mit Schlagring bewehrter Faust. Blocke mit der Sai, am Unterarm angelegt. Das reißt ihn noch weiter rum, weg von mir. Seine Nierengegend ist ein lohnendes Ziel für den anderen Stahl. Beim Rausziehen holt es ihn von den Füßen. Springe zurück und mache ihn ganz fertig.

Von oben in die Kehle.

Okay, wo sind die Anderen? Wo ist Ken?

Der hübsche Junge ist ein Tier als Kämpfer. Er wartet schon auf mich. Ich lache ihm kurz zu. Noch schneller gewesen? Macht Spaß mit Dir an der Seite.
 

Da ist eine weitere Glastür. Sie steht offen, bietet ja eh keinen Schutz.

Schuldig meldet sich. "Okay, Ihr habt sie in der Falle. Zwei Leibwächter und die beiden Laborleiter. Macht die Bosse komplett fertig. Denen darf kein Arzt mehr helfen können. Dann kommt runter. Wir geben noch mal Feuerschutz und dann sprengen wir den Rest von der Bude in die Luft. Also beeilt Euch, ich habe Hunger."
 

Niedlich unser Oberschlauer. Blick zu Ken. Ich zuerst. Er nickt.

Jage mit Karacho in das Büro. Ken dicht hinter mir.

Die beiden letzten Bodyguards haben sich auch hinter der Tür postiert. Wir sind an ihnen vorbei, wie an ihren Kollegen.

Abrupter Stopp, mit halber Drehung. Sais nach vorn. Reichweitenvorteil gegen Messer. Er nimmt beide Saispitzen unterhalb der Schlüsselbeine. Im Schock sackt er zusammen.

Ken hat seinen Widersacher seiner Kehle beraubt. Muss ein blitzschneller Schlag gewesen sein.

Die beiden Anzugträger sind starr vor Entsetzen. Im letzten Moment erinnert sich der Eine an die Pistole in seiner Hand. Er reißt sie hoch, aber zu spät. Ich wische sie an die Seite und durchbohre sein Herz gleichzeitig.

Kens Opfer ist am Verbluten. Ich gebe ihm Stahl ins Leben.

Packe meine Sais mit einer Hand und schaue zu Ken.

Der Auftrag war, die Beiden zu töten. Erledigt.

Ken meldet Schuldig, dass wir kommen.

Unsere Leute sollen noch mal Feuerschutz geben. Uns den Rückzug decken.

Kyoko und ihre Gang.

Wir laufen raus.
 

Ein ungutes Gefühl springt mich an.

Kurz vor der Treppe sehe ich genau gegenüber auf der Empore Kyoko.

Links schräg vor mir ein Kerl mit Pistole.

Kyoko schieß. Knall ihn ab.

Es gibt einen Knall.

Zeitgleich spüre ich einen festen Schlag von vorn auf den Brustmuskel.

Meine linke Seite ist taub, aber beißend, heiß, schmerzend zugleich. Geht das?

Auf das linke Knie gesunken, erwarte ich den Fangschuss.

Jetzt fällt der Typ um, der auf mich geschossen hat.

Kyoko hat die Luger beidhändig gepackt.
 

Ken brüllt in sein Headset. Versucht mir hoch zu helfen, mich zu stützen.

Ich brülle auch. Verdammt. Shit. Schmerz. Mir wird übel.

Irgendwie kommen wir die Treppe runter und in Deckung.

Aus. Nichts geht mehr.

Meine Sais fallen mir aus der Hand. Kenne ich. Schlechtes Zeichen, wenn man seine Waffen nicht mehr halten kann.

Sie werden aufgehoben. Farfarello verzieht seinen Mund und nickt mir zu.

Ich werde auch aufgehoben. Ken. Dann... Nichts.
 

Alles ist klar jetzt. Kyoko hat gewartet, bis ich mir eine Kugel gefangen hatte.

Dann erst hat sie ihren Job gemacht und den Typen umgelegt.

Kein Zweifel möglich. Sie hat auf 15 Metern keine Probleme mit Schnellschüssen.

Nicht sie. Sie wollte, dass ich erschossen werde.

So sehr hasst sie mich?

Weil ich sie nicht will? Nicht ihre besitzergreifende Art, mich als ihr Eigentum zu betrachten?

Verschmähte Liebe, getauscht gegen Hass?

Okay, Kyoko.

Das kann ich noch irgendwie verstehen - aber nicht verzeihen.

Du hast Deinen größten Fehler gemacht:

Ich lebe noch.
 


 

Es tobt ein Krieg. Die Killer im Auftrag des Guten - gegen die Nur-Bösen.

Es beginnt eine Schlacht. Kyoko gegen Sai.

Und ehrlich - keine Ahnung, wie es ausgeht...

Rache - Engel - Schuldig?

Disclaimer : Projekt Weiß und die Autorin dieser Fic

Warnung : neues Massaker am Horizont

Erklärung : selbst Leute wie Schuldig und Sai kennen Tabus

Widmung : den Fans von Sai
 


 

Rache - Engel - Schuldig?
 

"Du musst mir helfen."

Schuldig grinst und zieht eine Augenbraue hoch.

"Muss ich? Ach...und wieso?"

Weil nur Du mir Klarheit verschaffen kannst. Weil ich einige Fakten benötige. Weil Du Telepath bist. Weil....

"Verdammt Schuldig. Du weißt doch sonst alles."

Er grinst noch dreister. "Setz Dich hin. Willst Du was trinken?"

Verneinend bewege ich den Kopf, setze mich vorsichtig in einen Sessel.

Meine Schulter schmerzt unter dem leichten Verband.

"Wie geht's Dir? Kannst Du bald wieder trainieren?"

Er nimmt sich einen Drink und setzt sich gegenüber.

"Ich fange morgen an. Es ist nur noch getapted, vorsichtshalber.

Was ist? Hilfst Du mir? Ich brauche ein paar Informationen."
 

"Lass hören, um was es geht." Er lehnt sich gemütlich zurück und hört zu. In wenigen Worten erkläre ich ihm, was er tun soll.

"Okay. Ich werde also für Dich herausfinden, wie groß Kyokos Macht über ihre Leute ist. Ob sie sie lieben, oder fürchten. Und warum?"

"Es reicht, wenn ich weiß warum."

Er nickt. "Aber ich habe eine Bedingung. Du machst bei mir mit.

Ich habe da ein... nun, sagen wir mal, privates Anliegen. Crawford duldet meinen Plan zwar, aber er hilft nicht. Ich muss mir selbst Hilfe suchen und hatte schon an Dich gedacht, bevor Du Dir die Kugel gefangen hast. Ich brauche Leute ohne Gewissen. Da ist selbst bei uns die Auswahl nicht sehr groß. Pass auf."
 

Reizend, Schuldig. Während er redet, beobachte ich ihn. Cremefarbene Hose. Eng genug, um seine Beinmuskulatur zu sehen. Ärmelloses Hemd. Gute Arme. Der Typ ist schlank, aber stark. Mag ich, besonders dieses Gesicht... .

"Hallo Sai. So sehr mich Dein Interesse freut... . Wir können ja später mal was zusammen... unternehmen, okay?" Autsch. Erwischt.

Sein Grinsen ist ansteckend. Also lache ich ihn an. "Okay. Red weiter."
 

Von einer Sekunde zur anderen ist er ernst. Todernst.

"Das kann man nicht erklären, das muss man gesehen haben. Wenn ich mich nach netten Jungs umsehe, begegnen mir die komischsten Typen.

Da schnappt man Gedanken auf, die wenigsten davon sind jugendfrei.

Was ich vor ein paar Wochen mitbekam... hat mich schockiert.

Nein, kein Joke. Es gibt Dinge, die... ich stoppen will. Pass auf."
 

Er schickt Bilder. Grauen. Unfassbar. Tote... gefilmt beim... . Nein.
 

"Wer macht so was?" Mehr kriege ich nicht raus, krächzend.

Meine Kehle ist wie zugeschnürt.

"Es gibt mehrere Familien, die sich darauf spezialisiert haben.

Hier in der Gegend weiß ich von zwei Clans, vielleicht drei.

Ich will sie alle erwischen und demonstrativ brutal eliminieren.

Warnung vor Nachahmung. Aber ich brauche Helfer. Allein schaff ich das nicht."

"Frag Ken. Wenn er das sieht, was Du mir gezeigt hast, macht er mit.

Kinderquäler hasst er wie die Pest. Ich hol ihn."
 

Dankbar nimmt Ken das Glas Wodka. Er kippt ihn, ohne Reaktion.

Sein Gesicht ist blass unter der Bräune. Maskenhaft starr.

Er tut mir leid. Ich lege meine Hand vorsichtig auf seine Schulter.

Er greift sie und schaut mich an. Stumm. Entsetzt. Riesengroß sind seine verschreckten Augen. Seine Lippen bewegen sich, formulieren eine unhörbare Frage. Ich nicke. Er schließt seine schönen, warmen Augen.

Nein, Ken, wir können es nicht wegkriegen, so nicht.

Wir müssen es ausmerzen, wie Schuldig vorschlägt.

Später. Jetzt nicht.
 

Du warst schon mehrfach für mich da.

Nun kümmere ich mich um Dich, Ken. Helfe Dir, den Schock zu überwinden.

Sanft ziehe ich ihn auf die Füße und nehme ihn an die Hand. Mit meiner gesunden Rechten führe ich ihn zu seinem Zimmer.

Spüre seine Verzweiflung. Spüre, dass er nicht allein sein will, nicht allein sein kann. Setze mich neben ihn auf das Sofa. Strecke meinen Arm aus. Er versteht die Einladung und lässt seinen Kopf an meine Schulter sinken. Wie ein kleiner Junge, schutzbedürftig. So jung, unverdorben. Welche Tragödie hat ihn zum Killer werden lassen?

Und wer würde bei mir Mitleid vermuten?

Mitleid mit diesem Jungen?

Kenne mich selbst nicht. Ken weckt meine guten Anteile. In seiner Gegenwart fühle ich mich gut, fast normal, irgendwie.

Sein kräftiges Haar ist weicher als vermutet. Ich streiche über seinen Rücken. An seinen Muskeln spüre ich, dass er wieder entspannt.

Er hebt den Kopf. Seine Augen sind ganz dunkel, voll Trauer, aber gefasst, tapfer, bereit sich zu stellen.

Ich will ihn küssen. Er wehrt sich nicht. Schön. Ken.
 

Später, viel später, verlasse ich sein Zimmer. Wohl noch etwas verträumt laufe ich in Kyoko hinein. Natürlich. Sie lauert wieder, schleicht mir nach.

Ohne eine Miene zu verziehen, scheinbar emotionslos, schaut sie mich an. Sie traut sich nicht, mich zu bedrängen. Crawford hat ihr eine letzte Warnung erteilt. Aber mir nicht. Ich werde sie mir packen, wenn ich weiß, dass Michiko nicht in Gefahr ist. So oder so, bald bist Du tot Kyoko.

Das macht mich lächeln. Ich grinse. Sie scheint irritiert. Gut, mach Dir Sorgen. Hab schon mal Angst, Miststück.

Wenn Deine Leute Dir treu ergeben sind, muss ich sehen, dass Michiko in Sicherheit ist, bevor ich Dich kille. Aber wenn sie nur loyal dem Stärksten folgen, dann werde ich Dich vor ihren Augen auseinandernehmen. Das wird nicht sehr schön für Dich, Schlampe. Wahrscheinlich kriege ich auch was ab, aber es wird sich lohnen. Freiheit ist mir das Wichtigste im Leben.
 

Ken hat das verstanden, ohne viele Worte. Klammern ist nicht bei mir.

Ich komme freiwillig zurück, wenn ich will, nicht wenn ich muss.

War schon immer so. Die konnten mir zusetzen, wie sie wollten.

Eingesperrt war ich oft. Prügel kassiert bis zum Abwinken, egal.

Innerlich bin ich immer frei.

Auch und besonders, wenn... nun, wenn diese Dinge passierten, die mir heute noch zusetzen im Traum. Alptraum meines Lebens.

Schuldig muss Ähnliches erlebt haben, bei seiner radikalen Einstellung.

Der hat doch sonst nur sein Amüsement im Sinn. Aber hier, bei Kindern,

absolute Härte bei ihm.

Ken liebt Kinder. Vielleicht will er etwas Gutes bewirken.

Etwas, was ihm fehlte, in seiner Kindheit. Oder, was er kennen lernen durfte, weitergeben... . Irgendwas in der Art.
 

Plötzlich steht Farfarello neben uns. Er schaut Kyoko sehr seltsam an, einäugig, starr, durchdringend. "Weg. Geh weg von ihr."

Kyoko geht. Ist ja toll, wie Farfarello auf sie wirkt. Sie scheint beeindruckt. Sogar erschreckt. Wie niedlich.

Er lächelt mich an. Habe mich ja noch nicht bei ihm bedankt. Er hat meine geliebten Sais gerettet. Ich habe sie losgelassen, als mich die Kraft verließ. Mit der Kugel in der Schulter, die ich Kyoko verdankte.

"Hey Farfarello. Hast Du Lust, mir Nachhilfe mit dem Messer zu geben?"

Er scheint sich zu freuen, aber deutet auf die verletzte Stelle.

"Bin mit links noch vorsichtig. Und danke, dass Du an meine Sais gedacht hast. Sind meine absoluten Lieblingswaffen."

Er nickt lächelnd, scheint für ihn sehr verständlich. Lieblingswaffen.

Auf diese Art kann man sich wunderbar mit ihm verständigen.

Und für Messer kenne ich keine Besseren.

Wenn Schuldig ein Massaker will, dann hätte ich für ihn noch einen guten Mann.

Farfarello.
 

Ankündigung: Kapitel 15 nur 'adult'

Kapitel 16 ist die entschärfte Version

Strafe - Urteil - Schuldig

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Urteil? Schuldig!

Disclaimer : Mein Gerechtigkeitssinn und Projekt Weiß

Erklärung : für die Minderjährigen habe ich die genauen Schilderungen

durch Punkte ersetzt

Warnung : auch so harter Stoff...

Widmung : für Myojo, für die ich mir gern die Mühe gemacht habe
 

Strafe - Urteil - Schuldig
 

oder
 

Urteil? Schuldig!
 


 

Wir lauern im Hinterhof.

Wir, das sind Schuldig's Strafkommando. Also Ken, Farfarello, Aya

und ich.

Schuldig steht in vollkommener Konzentration. Wir warten. Da kommt sein Zeichen. Ich gehe, die tiefen Schatten ausnutzend, mit Farfarello an Schuldig vorbei in den Korridor. Ken und Aya folgen sofort.

Aya. Auch so ein Ding. Wer hätte gedacht, dass er sich unserer privaten Mission anschließt? Aber Ken war sich sicher. Er hat mit ihm gesprochen

und er hat Recht behalten.

Geradeaus führt der Gang in den Versorgungstrakt einer Großraumdisko,

die vom Hof her beliefert wird. Links, hinter der jetzt offenen Tür, liegt die Treppe ins Grauen. Unten ist unser Ziel. Der Vorhof der Hölle.
 

Der Typ, der die Türwache gemimt hat, bekommt Farfarellos Dolch von unten in den Leib gerammt. Er hat noch nicht registriert, dass der Ire ihn aufschlitzt, so gut hat ihn der Telepath im Griff.

So was sehe ich zum ersten Mal, wirklich beeindruckend unser Mastermind.

Das unten nur noch eine gepolsterte, aber ansonsten unbewachte, unverschlossene Tür ist, hat Schuldig schon vorher in Erfahrung gebracht. Hat einen der Frischfleischlieferanten abgefangen.

Auf welche Art er die Befragung wohl durchgeführt hat?

Wen interessierts?

Dass das ,Studio' im Halbdunkel liegen würde, war uns klar. Der Drehort liegt gut ausgeleuchtet weiter hinten. Die Szenerie...irgendetwas mittelalterliches, nach Folterkeller aussehend. Egal, dorthin stürmen Schuldig und Farfarello. War so abgesprochen, Ken, Aya und ich verteilen uns in den Räumlichkeiten und rollen die Sache von hinten auf.
 

Aya übernimmt die beiden ,Kameramänner' und schaltet sie aus.

Ken sichert nach links in den Raum, der als Gefängniszelle für die armen Opfer dient, die noch auf ihren Auftritt warten müssen.

Ein einziger, letzter, großer Akt vor den Kameras. Was von ihnen übrig bleibt...nun ja, angeblich übernimmt ein Krematorium die Entsorgung.

Gegen Cash.

Auf der rechten Seite ist ein halboffener Raum für die Requisiten.

Ich husche schnell hindurch. Kein Mensch drin. Nebenan ein Schminkraum, wie im Theater. Mehrere Spiegelplätze, eine Ecke mit Kaffeemaschine und Flaschen voll hochprozentigem Alkohol.

Die Päckchen im Regal darüber? Flüchtiger Blick verrät Pillen, Spritzen und so ein Kram.

Werden damit die Opfer willig gemacht, oder bringen sich ihre überlebenden Profipartner damit in Form?

Auch völlig egal. Wird alles nachher in die richtigen Hände gelangen, hoffe ich.

"Was machst Du hier?" Die entrüstete Frage kommt von einem verlebten

Ex-Bodybuilder, der sich gerade das platinblonde Toupet kämmt.

Netter Kontrast zum Schwarzbraun seiner Knitterhaut.

Im gleichen Moment sind von draußen ein oder zwei entsetzte Schreie zu hören. Die Mumie, die im Sessel hängend, ihrem nächsten Einsatz entgegen döst, schreckt hoch. Das weißblonde, knitterbraune, weibliche Gegenstück zum Muskelmacker fängt an zu kreischen.

In diesem Moment spüre ich Kens Anwesenheit neben mir.

Wohltuend, beruhigend. Ohne den Kopf zu wenden, frage ich leise:

"Und?" Er antwortet genauso ruhig, den Blick nicht von den beiden

lassend. "Ein Junge, ungefähr ....... Er fragt nach seinem Freund.

Aber der war schon dran."

Ich lege den Kopf leicht schief und überlege.

Ich will nicht, dass Ken sich an üblen Rachemethoden beschmutzt.

Er wäre jetzt dazu in der Lage, kein Thema. Aber könnte er damit leben?

Ken ist ein Killer, wie ich, wie wir alle hier. Aber wir stehen nicht alle auf der gleichen Stufe.

Farfarello will Blut sehen, egal von wem.

Aya ist es gleich, ob Jemand blutet, dabei stirbt. Es scheint ihn kalt zu lassen. Nur beim Kampf selbst wird er hitzig. Ist der vorbei, schaltet er ab, wie ein Cyborg.

Schuldig hat sich schon vor langer Zeit entschieden, dass die üblichen Regeln für ihn keine Bedeutung haben.

Er lebt in seinem eigenen Schuniversum.

Ich...ich habe Regeln. Ich habe einen Ehrenkodex, womöglich strenger als die Buchstaben des Gesetzes, die Gebote der Religion und aller Traditionen zusammen.

Eine meiner Grundregeln besagt, wer sich an Kindern vergreift, hat mich zum Feind.

Streng bin ich mit mir - und mit meinen Feinden.

Somit kein Problem, einen der Kinderschänder in kleine Stücke zu schneiden, aber Ken...

Ken ist der absolut sauberste Killer, den ich kenne. Er tötet, wenn es sein muss, schnell, hart, brutal - aber sauber. Keine unnötige Aktion, nicht der Hauch einer Perversion, einer Obsession.

Ich glaube, dass er die Erinnerung nicht ertragen könnte, wenn er heute

seinen Grundsätzen untreu wird.

Ich werde ihn schützen, vor sich selbst.

"Kannst Du ihn bewachen? Ich bringe die Kreischerin nach vorn, okay?"

Die Mumie stößt unglaublich grelle Töne aus, als ich nach ihr greife.

Der Muskelmann will dazwischen, will sie schützen. Aber keine Chance Mann, Ken ist mit im Raum. Ken hat den Jungen gesehen. Er schlägt mit den Bugnucks zu, hinterlässt tiefe Fleischwunden in seinem Bauch und in der Seite. Der Typ bricht zusammen und es breitet sich sofort eine Blutlache um ihn.

"Bleib bei ihm." Ich ziehe die kreischende Mumie mit einem Ruck an ihrem Handgelenk zu mir. Mit einer leichten Drehung gebe ich ihr eine Rückhand über den Mund. Sie stoppt das Gekreische und die lahmen Versuche, nach mir zu schlagen.

Ken nickt nur kurz und ich schubse die Alte Richtung Tür.

Wie ein bockiges Pferd bleibt sie stehen. Wie Schlachtvieh, dass den Tod

wittert. Sie hat ja Recht. Sie wird gleich sterben und das sehr schmerzhaft, hoffe ich.

Keinen Bock auf Gezicke, greife ich in ihr ziemlich langes Haar und schlinge es um meine rechte Hand. Von hinten gebe ich ihr ein Knie in die Nierengegend. Ächzend sinkt sie in sich zusammen. Keine Gnade, sie ist kleiner als ich, ziehe sie am Haar hoch und drücke sie nach vorn.

Weich in den Beinen, kann sie sich nicht wehren. Ich reiße ihr fast die Haut vom Schädel, so hart ist mein Griff. Wie ein Zombie, wie ferngelenkt, wankt sie der Hauptbühne entgegen. Eines ihrer Augen kann ich halb sehen. Es vergießt Ströme von Salzwasser. Schön.

Sie keucht. Angst? Schmerz? Atemnot? Ich weiß es nicht, will es nicht wissen. Es geht mir nur auf den Nerv, also kriegt sie noch ein Knie.

Sie driftet nach vorn, wird wieder zurückgerissen, will in die Knie, wird hochgezogen und wir sind da.

Mit ihr zusammen schaue ich mich um. Aya's Katana hat die beiden Kameraleute zerstückelt. Besonders der Typ mit der Tragbaren scheint Aya erzürnt zu haben. Wollte er weg kriechen, ........? Ging wohl schlecht. Die Mumie wimmert bei dem Anblick. Ich lasse sie in Ruhe schauen, soll was davon haben, kommt ja keine Wiederholung.
 

Hat Schuldig Farfarello auf die Idee gebracht, oder war der selbst so kreativ?

...............................................................................

Schmor in der Hölle, Mistkerl.
 

Der kleine Körper ist zugedeckt. Schuldig hat ein weißes Laken gefunden. Er steht still davor.
 

Jetzt dreht er sich zu uns um.

"Die letzte?" "Schon. Einer verblutet gerade, vermutlich schon hinüber."

Ob's stimmt ist egal. Ken soll bleiben, wo er ist.

Farfarello schiebt sich näher. Sein Auge glänzt, Sein Gesicht ist ausdruckslos. Die Mumie kreischt wieder. Gute Instinkte, die Alte.

Ich reiße sie auf die Knie und zwänge ihre Kiefer auseinander.

Den gedrehten Haarschopf quer durch den Mund und nach hinten gezogen, ist es viel ruhiger. Ihr Haar ist lang genug, kann es locker verknoten. Wird nicht lange halten, aber der Ire hat sie schon neben den ehemals männlichen Star geworfen und beginnt sein Werk.

Ich warte, bis er fertig ist, dann hole ich Ken. Sein Opfer ist tot, wie vermutet. "Wir können."

An der Treppe sammeln wir uns. Die Overalls in einen Sack gesteckt.

Die Waffen ebenfalls hygienisch verstaut. Ich gebe Schuldig eine Telefonnummer. "Es klappt?" "Natürlich. Das Team ist bereit."

Das wird das I-Tüpfelchen der Mission. Schuldig bekommt das Optimum.

Grinsend greift er zum Handy. Er nennt die Adresse, erklärt knapp die Lage des Studios, beendet das Gespräch nach wenigen Sekunden.
 

Wir sind nach einer Minute in dem unauffälligen Lieferwagen, der um die Ecke geparkt war und fahren los.

"Wollen wir nicht warten? Bis sie kommen?" Schuldig scheint über diesen Teil besonders erfreut.

"Nein. Da sind sie ja auch schon." An uns vorbei schießt ein Übertragungswagen des größten Nachrichtensenders. Dahinter, der Sportflitzer, bestimmt einer der Medienstars.

Ja, ist schon von Vorteil, wenn man Leute mit Beziehungen kennt.

Und die Bilder überspielen die garantiert live zum Sender, bevor sie die Polizei rufen.

Ich glaube, als Warnung für die anderen gedacht, erfüllen sie ihren Zweck.

Ken nimmt meine Hand. Gemeinsam schauen wir zu Schuldig.

Er lächelt.
 


 

Nachwort:

WK ist kein Teenietraumstoff.

In meinen Episoden überwiegt der Kampf für das Gute - mit drastischen Mitteln.

Mein Anliegen ist die Schilderung, warum, wodurch Menschen zu solchen Taten

befähigt werden und ist nicht als plumpe Schilderung heftigen Blutvergießens zu verstehen.

Kommentare werden ernstgenommen, wenn sie es verdienen.....

Treue - schädliche Nebenwirkung: Tod

Disclaimer : Projekt Weiß, Autokonstrukteure und Pferdezüchter

sollte ich Jemanden vergessen haben - ich bekomme keine Kohle!

Warnung : weniger Brutalität als sonst, seid nicht allzu enttäuscht

Erklärung : Sai braucht zum Töten - noch immer - einen Grund

Widmung : Kitty, die Sai 'coolste Tusse im FF-Urwald' nennt
 


 


 

Treue - schädliche Nebenwirkung: Tod
 

Die Tür öffnet sich. Crawford betritt den Korridor und mustert uns kurz.

Schläft der Mann denn nie? Bald wird der Morgen dämmern und der ist in seinem

Büro. Noch oder schon? Keine Ahnung, denn er ist korrekt gekleidet, wie immer.
 

"Alles glatt gelaufen, Brad." Schuldig ist auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum, stoppt nicht. Die anderen schauen kurz zum Boss rüber. Der hat anscheinend kein Problem damit, dass der 24 Stunden-Nachrichtensender lockt.

Ich will mich abdrehen, anderes Ziel, aber seine kühle Stimme nagelt mich fest.

"Michiko hat angerufen und wollte Dich sprechen, Sai."

Einen Herzschlag lang packt mich Angst.

"Was wollte sie?

Mr. Cool zeigt keine Mimik, trotzdem klingt er etwas wärmer als sonst. "Nichts Außergewöhnliches. Ihr sind zwei Pferde angeboten worden und sie möchte, dass Du sie Probe reitest. Sie erwartet Dich gegen fünf in den Stallungen."

"Okay. Kann ich Ken und Schuldig mitnehmen?" Soviel ich weiß, sind Tom und Jerry zur Zeit bei ihr im Dienst. Die beiden Leibwächter, die ich am Meisten im Verdacht habe, Kyoko blind zu folgen. Deren Gehorsam mich davon abhält, ihre Chefin zu töten. Michiko wäre dann in größter Gefahr. Sie aus Rache umbringen zu lassen, wäre Kyoko zuzutrauen. Selbst aus dem Jenseits.

"Du hast das gleiche Recht wie Schuldig, Deine privaten Interessen zu vertreten. Ich begrüße es sehr, wenn meine Leute kämpfen, dass sie ihre Konzentration voll und ganz beim jeweiligen Auftrag haben. Also kläre die Fronten."

Unbewegtes Gesicht. Aber seine Augen verraten ihn. Er weiß mehr, als er sagt.

Visionen? Wegen Kyoko und mir? Sind wir so wichtig? Egal.
 

Ich stecke meinen Kopf in den Aufenthaltsraum. Aya hängt mit halbgeschlossenen Augen in einem Sessel. Farfarello sitzt leicht vorgebeugt, die Kopfseite mit dem goldglänzenden Auge dem Bildschirm zugewandt. Schuldig lehnt lasziv an der Bar, einen Drink in der Hand, simuliert Gleichmut. Ken fehlt.

"Er wollte es sich nicht noch einmal anschauen." Schuldig beantwortet meine stumme Frage sofort. "Was hast Du vor?"

"Jetzt? Trainieren. Und morgen gegen fünf erwartet Michiko mich beim Stall. Wenn Du mitkommst, könnten wir anschließend was unternehmen. Ken frage ich auch noch, okay?"

Wieder lautlose Kommunikation. Er nickt.
 

Mit den Fingernägeln trommele ich kurz an die Tür. Mache sie dann sofort auf und betrete lautlos sein Zimmer. Er ist schon ausgezogen, bis auf die Shorts.

"Duschen oder trainieren?" Dass dieser Job selbst ihm Schlafprobleme macht, war klar.

"Erst duschen, dann trainieren." "Guter Plan, Wir treffen uns unten."
 

Wie immer, brauche ich keine fünf Minuten. Habe den eingebildeten Blutgeruch abgewaschen. Jetzt fehlt noch körperliche Erschöpfung, damit ich ein Mindestmaß an Schlaf bekomme. Nach Waffen ist mir nicht. Auch nicht nach ausgefeilter Technik.

Werde den Sandsack bearbeiten.
 

Er war wohl ein paar Sekunden schneller und wechselt zwischen Highkicks und Lowkicks. Wortlos geh ich auf die andere Seite, versuche, mich seinem Rhythmus anzupassen. Fast zeitgleich, von der anderen Seite kommende Kicks, stoppen die Pendelbewegungen des Sandsacks. Sidesteps ändern die Lage sofort. Mal geht Ken, mal steppe ich zur Seite. Aber immer bearbeiten wir unseren ,Trainingsgegner' von beiden Seiten, gut eingespielt. Kens Frontkick bringt das Leder näher zu mir. Lasse nur einige Zentimeter zu, treibe es sofort zurück. Hätten wir einen Feind zwischen uns, ihn könnte keine Rüstung retten. Höchstens ein Wunder, vielleicht.

Wie Seelenzwillinge legen wir unser Leid, unsere Wut in die Kicks.

Wieder ein wuchtiger Tritt von vorn. Verkürze die Distanz und bringe Schlagserie.

Gerade, Haken, Gerade, Haken, zum Abschluss eine Rückhand. Viermal Körper, einmal Kopf. Ken grinst kurz, keuchend, schwitzend. Nickt dann.

Also gebe ich ihm Futter. Zwei kurze Atemzüge. Dann gebe ich alle Kraft in einen halbhohen Kick, mit dem unteren Schienbein, voll aus der Drehung. Mir reißt es fast das Bein aus der Hüfte, aber den würde auch keiner stehend nehmen.

Ken arbeitet sich mit knallharten Fäusten fast durch den Sandsack.

Die nächste Aktion beginnt wieder er. Einen eleganten Rückwärtskick beantworte ich mit einem Kniestoß, seitlich hochgezogen. Die Hände fixieren das Leder. Bringe noch ein Knie, versenke einen tiefen Haken. Knapp gedreht, jetzt Ellbogen - Finaltechnik.

Wir arbeiten wie besessen. Ohne Zeitgefühl.
 

Plötzlich ist bei mir der Akku leer.

Sandsacktraining ist Sau anstrengend. Ich steppe zurück, winke müde ab.

Ken stoppt, torkelt ebenfalls unmerklich. Ist dann neben mir. Legt einen Arm um mich. Lehne mich kurz an ihn, ruhe mich ein paar Sekunden lang aus. An dieser breiten, verlässlichen Brust, in der ich das Herz jagen spüre.

Er legt seinen anderen Arm um mich und hält mich fest. Ich bleibe entspannt.

Ein größeres Maß an Vertrauen ist bei mir nicht zu erwarten.

Ken hat mehr geschafft, als jeder Therapeut erreicht hätte.

Ich will in seinen Armen schlafen.
 

Wir fahren zu dritt. Der BMW bringt uns zu Michikos Festung. Habe den größten Teil meiner Klamotten noch immer dort, auch die Reitsachen. Schuldig und Ken sind zum ersten Mal mit dort. Ken scheint beeindruckt. Schuldig ist lässig, Luxus gewöhnt. Crawford ist anscheinend erfolgreich bei der Auftragsbeschaffung.

Dass mir enge Reithosen mit Stiefeln gut stehen, kriege ich öfter zu hören.

Die beiden so unterschiedlichen Männer reagieren wie erwartet. Schuldig schaut sich alles ganz ungeniert an, grinst dann vergnügt. Ken lächelt, irgendwie leicht verlegen, niedlich. Plötzlich schauen sie sich an. Einheitliches Männergrinsen. Da sind sie doch gleich. Mir wird klar, die Beiden habe ich gern an meiner Seite. Gerade weil sie so unterschiedlich sind.

Ken, der mich beruhigt und mein Vertrauen gewonnen hat - Schuldig, der mich aufregt, angenehm aufregt. Bei seinem Anblick fallen mir extreme Sachen ein.

Die Jägerin könnte ihn mal mitnehmen, auf einen der nächtlichen Streifzüge.

Einfach so. Wäre bestimmt spaßig, mit ihm auf die Pirsch zu gehen.
 

Michiko lächelt zur Begrüßung. "Du kennst meine Schwäche, was das Reiten angeht. Also schau mal, Liebes, ob eines der Tiere für mich in Frage kommt. Es wäre mir ein Vergnügen, mit Deinen Freunden solange den Tee zu nehmen. Oder hätten Sie lieber einen Drink?" Perfekte Gastgeberin, lässt sie sich von Ken und Schuldig zur Terrasse der Clubanlage begleiten. Von dort oben haben sie einen guten Blick auf den Abreiteplatz. Und Tom und Jerry am Nebentisch.

Also, an die Arbeit.

Eine mittelgroße braune Stute aus Hannoveraner Zucht. Hübsches Tier.

Ich kontrolliere das Zaumzeug und die Hufe. Mit Schwung aufgesessen, reite ich sie auf den Platz. Mache ihren Schritt länger, sie geht willig. Gurte noch mal nach und trabe sie an. Behutsam stelle ich sie an den Zügel. Auch hier macht sie gut mit.

Ihr Galopp ist raumgreifend, aber sie lässt sich sofort versammeln. Das ist für Michiko besonders wichtig. Sie hat nicht genug Kraft. Ihre Pferde müssen sich vor einem Sprung freiwillig zurück nehmen lassen, sonst gehen sie mit ihr durch das Hindernis, statt darüber. Aber das hat ihr verblichener Ehemann nicht verstanden. Hat sie immer wieder auf Böcke gezwungen, die sie gar nicht halten konnte.

Dass sie jetzt ihren gesellschaftlichen Verpflichtungen auch zu Pferde nachkommt, spricht für ihre Disziplin, ihren Schneid. Ist mir eine Ehre, ihr dabei zu helfen.

Teste die Dressurausbildung der hübschen Stute. Schenkelweichen, versammelter Galopp mit fliegendem Wechsel, Rückwärtsrichten und Durchparieren zum Stand, perfekt.

Dann gehen wir mal über ein paar Stangen. Reite sie absichtlich nicht forsch an, sondern so sanft wie Michiko. Trotzdem geht sie das Hindernis an, ohne Versuch seitlich auszubrechen. Taxiert die Distanz, ohne um Kopffreiheit zu kämpfen wie wild.

Leichtes Abdrücken und drüber. Gar kein Problem.

Dann mal den mittelgroßen Oxer. Doppelhindernis. Breit wie hoch. Nicht mächtig, aber macht vielen Pferden Angst. Ihr nicht.

Dann mal eine halbe Stunde ins Gelände. Da ist eine Straße zu überqueren. Plötzlich auffliegende Vögel, Rascheln im Gebüsch. Sie ist aufmerksam, aber nervenstark. Hätte mehrfach durchdrehen können, aber bleibt sicher.

Ich reite sie mit Karacho zurück, überlasse das Trockenreiten einem der Stallburschen. Werden gut bezahlt dafür.

"Alles klar, die kannst Du nehmen. Die ist ideal für Dich." Ich setze mich zu Michiko, Ken und Schuldig an den Tisch, lasse mir ein Wasser bringen.

Leicht gespannt schaue ich in Schuldigs Augen. Hat er etwas in Erfahrung bringen können?

Bevor ich eine Reaktion bemerke, unterbricht Michikos Stimme meine Gedanken. "Würdest Du denn bitte das andere Tier noch reiten? Auch wenn Du es für Zeitverschwendung hältst, Du tätest mir einen großen Gefallen damit. Mir wurde das Tier so überschwänglich angepriesen, dass es unhöflich wirken würde, wenn Du es nicht einmal unter den Sattel nimmst. Du wirst bestimmt einen Grund finden, der es mir möglich macht, es abzulehnen, ohne dass der Verkäufer sein Gesicht verliert."
 

Mit einem Seufzer stehe ich wieder auf, nehme noch einen Schluck Wasser und lächele meiner Stiefmutter beruhigend zu. Für sie tu ich doch Alles.
 

Mit dem größeren, in Japan gezogenen Wallach hätte ich gar keine Probleme, aber das ist ja nicht der Punkt. Mache ihn flott und versuche ihn sacht an den Zügel zu reiten. Er fängt sofort an zu zicken, kämpft um seine Kopffreiheit, hätte bei Michiko damit auch Erfolg. Ich treibe ihn noch weiter an und ärgere ihn absichtlich.

Er beginnt mit der Hinterhand auszukeilen. Als er sich beruhigt hat, reite ich ihn ziemlich lasch auf ein Paar Stangen zu. Wie erwartet schüttelt er den Kopf und poltert seitlich am Hindernis vorbei. Michiko hat genug gesehen und winkt mir zu. Ich könnte absteigen, aber ich lasse ein Pferd damit nicht durchkommen.

Jetzt nehme ich mir noch die Zeit und reite ihn vernünftig an den Zügel.

Er ist kein schlechtes Pferd, aber braucht eine energische Hand.
 

"Bist Du zufrieden?" Ich frage Michiko, aber schaue kurz in Schuldigs Augen.

Er nickt unmerklich.

Im BMW suche ich wieder Blickkontakt. "Und? Sag schon."

Er grinst. Seine Augen funkeln, wie in Vorfreude.

"Sie sind ihr treu ergeben. Bis in den Tod."

Blut-s-Bande

Disclaimer : Alles Mein, bis auf ein paar Ausnahmen

Warnung : wieder keine Blutlachen

Erklärung : keine

Widmung : Euch!
 

Blut-s-Bande
 

"Ich verstehe es nicht, Sai. Was ist...." Ken bricht mitten im Satz ab, während er in den Sitz gepresst wird. Der BMW springt in eine raketengleiche Beschleunigung.

Mir immer noch zu langsam. Schuldig kichert auf der Rückbank. Ihn freut die schlechte Nachricht. Vorfreude auf Kampf mit Tötungsabsicht?

Ken platziert sich wieder etwas bequemer.

"Was hat das denn nun...?" "Jetzt nicht."

Ich kann mich nicht unterhalten, während ich versuche, den Wagen durch die Kurven zu prügeln. Auch nicht mit Ken. Seine Verwirrung soll jetzt nicht mein Problem sein.

"Zieh Dir was Nettes an, Sai. Dann fahren wir zu einem Club, in dem wir alle auf unsere Kosten kommen. Auch Du Ken." Wieder kichert es von hinten.

Seidenweiches Haar kitzelt mich am Hals. Schuldig hat sich nach vorn gebeugt,

hält sich an den Vordersitzen fest.

"Wir können uns in einer angenehmen Atmosphäre unterhalten, Ken.

Schau nicht so wütend. Schließlich willst Du wissen, was hier läuft. Sai sucht nach Lösungen und ich, ich suche Spaß."

Er klingt zufrieden. Und er hat Recht. Ich suche nach einer Lösung. Endgültig.

Aber anscheinend hat Kyoko immer noch die besseren Karten.
 

Selbst die Türsteher sind erste Sahne. Designeranzüge, vermutlich Armani. Schusswaffen dezent verborgen. Modelmäßiges Dauerlächeln.

Sie begrüßen Tokyos Hochfinanz, jedenfalls den jüngeren Teil davon.

Alter Adel und neues Geld werden begafft und beneidet. Eine kleine Schar Jugendlicher steht sich beharrlich die Füße in den Bauch, auf ein Wunder hoffend.

Was treibt sie, unbedingt dort hinein zu wollen? Sie würden sich nicht mal einen Drink leisten können.

Ich parke den BMW in einer der reservierten Buchten seitlich vom Eingang.

Er wird sofort taxiert. Die gut geschulten Ohren haben sicher den satten Klang des Motors richtig eingeschätzt. Er ist eine Sonderanfertigung vom Tuningexperten, genau wie das Fahrwerk.

Wir nähern uns dem abgesperrten Bereich. Ich registriere, dass Schuldig als Stammkunde angelächelt wird. Keinerlei Anstalten, uns aufzuhalten. Bin ich auch nicht gewöhnt. Michiko gehört definitiv zur Hochfinanz. Der Familienname reicht immer, aber habe keine Lust, ihn zu nennen.

Schuldig ist exquisit in beige gehüllt. Wildseide, Kaschmir, Nubuklederhose.

Seine leicht getönte Haut, sein schönes Gesicht, diese intensiv grünen Augen -

durch die Gafferschar geht ein Seufzer.

Ken auf meiner anderen Seite, das Kontrastprogramm in dunkel.

Seine Haare, seine Augen, seine gebräunte Haut. Lederhose, Seidenhemd in schwarz. Seinem Gang sieht man die Menge durchtrainierter Muskeln an.

Seinem Gesicht die leichte Verlegenheit.

Während Schuldig es in vollen Zügen genießt, angeschmachtet zu werden.

Er schlendert betont langsam und lässig an seinen Bewunderern vorbei.

Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Wenn er jetzt noch huldvoll winkt,

besorge ich ihm eine vierspännige Kutsche. Aber er bleibt kurz stehen und spricht mit einem der Türsteher.

Kurz darauf sind wir in einer Nische, gut einen Meter über der großen Tanzfläche.

Ein Geländer trennt unseren Bereich, wie einige andere auch, vom allgemeinen Teil des Luxusschuppens. Schuldig grinst. "Ist doch hübsch hier, oder? Hast Du Deine Kreditkarte dabei? Mein Konto ist ein wenig....strapaziert im Moment und diese separaten Nischen kosten eine Kleinigkeit extra. Aber dafür haben wir unsere Ruhe."

Ich nicke nur kurz und grinse ebenfalls. Schuldig und Ruhe. Hier kann er sich besser bewundern lassen. Aber soll er haben. Michiko hat mir das Konto zur Verfügung gestellt. Meines Wissens nach ohne Limit.

Mit einem Wasser in der Hand versuche ich zu denken. Habe ich jetzt überhaupt eine Chance, mich von Kyoko zu befreien? Muss ich weiter abwarten? Wie kann ich sie auf Distanz halten? Will ich das überhaupt...?

Es ist zum Schreien komisch. Diese Frau bringt mich zur Weißglut. Sie erpresst und bedrängt mich. Sie hat fast meinen Tod verschuldet. Sieht mich als ihr Eigentum an.

Will meinen Körper, ohne meine Seele zu achten. Fordert meine Loyalität, will meine Liebe, bedingungslos. Aber auf ihre verdrehte Art liebt sie mich wirklich. Tragisch.

Und es gab eine Zeit, da hat mir das geschmeichelt. Tut es heute noch manchmal, irgendwie.

Kens Stimme unterbricht. Schuldig antwortet: "Wenn Tom und Jerry ihrer Chefin treu bis in den Tod sind, dann muss erst geklärt werden, was mit dem Rest ihrer Leute ist. Vorher kann Sai nicht aktiv werden, ohne Michikos Leben zu gefährden." "Aber wir können Michiko doch schützen und damit Sai den Rücken freihalten." Guter Ken. Jetzt wende ich mich zu ihm. "Nicht solange wir einen Auftrag haben. Nicht solange Michiko auch von außen bedroht wird. Ich kann sie nicht an beiden Fronten schützen, auch nicht mit eurer Hilfe Ken."

Sein Gesicht wird ernst. Er hat verstanden. Von einem unbekannten Gegner als Konzernchefin angegriffen, braucht Michiko absolute Sicherheit in ihrer direkten Umgebung.

"Da kommt meine Überraschung." Schuldig steht mit einer fließenden Bewegung auf.

"Ich habe mir gedacht, die jungen Leute sollen doch mal sehen, wie es hier drinnen aussieht und habe sie eingeladen. Ist das nicht nett von mir?"

Grinsend schaut er den acht Boys und Girls entgegen, die ihn eben noch vor der Tür bewundert haben. Der Typ ist unglaublich.

Aber er bringt mich zum Lachen. "Ja, Schuldig, richtig nett. Und bestimmt sind sie auch richtig dankbar." Er lacht ebenfalls. "Das will ich doch hoffen."

"Dann kann ich ja gehen." "Nein, Du bleibst, genau wie Ken. Crawford will, dass wir uns besser kennen lernen und ich, ich will das auch."

Charmant begrüßt er die fünf Girls und die drei Jungs. Angestellte bringen weitere Gläser und Flaschen. Wodka, Champagner und anderes Zeugs. Ken nimmt sich ein Bier. Er wirkt nicht besonders glücklich, dass Schuldig ihm zwei der Mädels an die Seite setzt. Der zwinkert mir zu und beugt sich zu mir rüber. "Die beiden Girls sind eindeutig heiß auf Ken. Du bist doch nicht eifersüchtig, oder?" Er lacht kurz auf.

Es wäre ihm doch auch völlig egal. Aber Eifersucht kenne ich wirklich nicht. Gerade ich nicht. Kurz schaue ich zu Ken rüber. Genieße es doch, mein Hübscher.

Schuldig ist in seinem Element. Er steht inmitten seiner Bewunderer. Die drängen sich um ihn, wie Küken um die Henne. Fast rangeln sie, um ihm möglichst nah zu sein. Es ist faszinierend, welche Anziehungskraft er auf Männer und Frauen hat.

Gleichzeitig nervt mich das Getue. Haben die keinen Stolz? Würden sie sich auch noch um seine Gunst bemühen, wenn sie wüssten, wie sehr er sie verachtet?

Denn das tut er.

Ich lehne mich an das Gitter und schaue über die Tanzfläche. Dann sehe ich sie.

Yohji und Kyoko. Muss sie eine Menge gekostet haben, hier rein zu kommen.

Und was will sie von ihm? Er sieht gut aus, perfekt gestylt. Bei einem anderen Typ würde die Aufmachung übertrieben wirken, aber ihm steht das Outfit. Nur steht Kyoko definitiv nicht auf Männer, und auf den Dandy von Weiß schon gleich dreimal nicht. Also hat sie irgendwas vor. Oder will sie sich Yohji warm halten?

So quasi für den Eventualfall?

Der soll ja einen hohen Frauenverschleiß haben. Und Kyoko ist eine Herausforderung für ihn, schätze ich. Armer Yohji. Keine Chance. Wie ein Spinnenmännchen bei der Schwarzen Witwe. Wird benutzt und dann gefressen.

Na ja, mal abwarten. Vielleicht verschluckt sie sich. Und ich bin ja auch noch da.

Ich könnte ihm helfen. Wenn ich gerade in Stimmung dazu bin.

Oder ich schaue nur zu. Einfach so.
 

Allen Splatter-Fans zum Trost:

bald wird er wieder flie0en, der rote Strom

Jäher Zorn

Disclaimer : verschiebt sich immer mehr von Projekt Weiß zu mir

Erklärung : haben Leute wie Schuldig und Sai nicht nötig

Warnung : die Party ist gut, wenn _wir_ Spaß haben

Widmung : extremen Fans von Schuldig, Ken und Sai
 


 


 

Jäher Zorn
 


 

Das Licht in der Nische ist gedämmt. Die sachten Laute verraten, wer da seinen Spaß hat. Ich sehe hinunter auf Kyoko und Yohji. Sie spielt mit ihm. Wenn sie ihn auf kleiner Flamme kocht und bei Laune hält, habe ich noch ein Problem mehr.

Und jetzt keine Geduld mehr.

Abrupt drehe ich mich nach links. Im Halbdunkel leuchten die weit aufgerissenen Augen des Jungen, der vor Schuldig kniet. Mit stahlhartem Griff hält dieser den Kopf des jungen Japaners fest. Hat dessen Haar gepackt. Schmerz und Entsetzen verzerren das Gesicht des Kleinen.

Ich bin noch nicht ganz heran, da versetzt Schuldig ihm einen lässigen Fußstoß.

Und schließt seine Hose. "Was gibt es?"

"Ich fahre. In zwei Minuten. Wenn ich Euch mitnehmen soll, dann los. Hol Ken."

Schuldig grinst. "Gleich."

Ungeduldig warte ich im BMW. Rasch kommen die Beiden näher, steigen ein.

Ken schaut mich nicht an, macht ein betont harmloses Gesicht. Ich deute stumm auf seinen Schritt und auf den vergessenen Knopf. Schuldig kichert von hinten.

"Warum hast Du Dir keinen Spaß gegönnt?"

"Vielleicht ist meine Vorstellung von Spaß unterschiedlich von Deiner." Jedenfalls heute. Bin nicht in Laune. Keinen Bock auf eine schnelle Nummer. Ich möchte meinen Körper spüren. Im Kampf. Ja, das will ich jetzt.
 

Vor meiner Zimmertür stoppt Ken mich kurz. "Sai...."

"Ken, ich will allein sein. Hat echt nichts mir Dir zu tun."

Er nickt beruhigt, aber lächelt nicht. Ich auch nicht. Will keine Zeit verlieren.

Die Nacht ist jung und ich habe noch keinen Plan.

Wechsele einen Teil der Kleidung. Messer in den Stiefel. Meine Blicke streicheln meine übrigen Waffen, bleiben an den Sais hängen.

Die Tür öffnet sich. Wütend drehe ich mich auf dem Absatz herum.

Schuldig steht an den Rahmen gelehnt da. Völlig entspannt. Ebenfalls ganz in Schwarz. Die Haare zurückgebunden. Ein Mundwinkel leicht verzogen.

"Lass uns zusammen auf Tour gehen. Ich kenne gute Reviere."
 

Pechschwarz zeigt der Himmel noch keine Spur von Morgendämmerung.

Leise schleichen wir uns in den Gästetrakt, müde, zufrieden, nur noch eine Dusche und Schlaf im Sinn.

"Es war...schön, mit Dir." "Sollten wir wiederholen." "Jederzeit."

Schuldig grinst mir zu, will sich abwenden, in sein Zimmer gehen, da zuckt er zusammen. "Shit."

Wieder einmal hat Crawford uns abgepasst. "Ihr habt Euch hoffentlich gut, aber dezent, amüsiert. Wir haben eine neue Phase erreicht. Geht sofort schlafen. Lagebesprechung um 12.00h.
 

Dezent amüsiert? Ja, das schon. Die leichte Rippenprellung nehme ich dafür in Kauf.

Hat mich nicht voll erwischt, der Drecksack.

Jetzt muss ich die Schmerzen wegdrücken, denn wir sind da.
 

Die Mauer umgibt ein Gelände, auf dem etliche Gebäude stehen, verschachtelt

wie Bauklötze. Früher waren hier Familienbetriebe, Manufakturen.

Heute, hinter den Kulissen, Hightech-Sicherheitssysteme. Und das Basislager für Attentäter.

Omi und Nagi línken irgendwie den Datenfluss. Die Monitore der Überwachungskameras zeigen alte Bilder - keine besonderen Vorkommnisse.

Kyokos Scharfschützen sind auf hohen Gebäuden im weiteren Umkreis verteilt.

Mit ihren Präzisionsgewehren könne sie die Riesenentfernung locker abdecken.

Alles, was vom Gelände fliehen will, werden sie umnieten.

Aber hier drin, innerhalb der Mauer, müssen wir sie bekämpfen.

Haus für Haus, Raum für Raum.

Mindesten 20 Leute halten sich hier auf. Überwiegend Kollegen der Waffenzunft, nur auf der falschen Seite arbeitend. Dazu ein paar Spezialisten für Industriespionage.

Wenn wir dieses Nest komplett ausräuchern, liegen wir wieder weit vorn, meinte Crawford. Er hat seine Truppe komplett neu sortiert. Die Unübersichtlichkeit des Areals fordert kluge Strategie. Und das ist Crawfords besondere Stärke.

Er hat Yohji und Kyoko mit Schusswaffen an seiner Seite. Aya und Farfarello mit Stahl hinter sich. Diese beiden Linien sind für das Grobe. Was die Kugeln nicht töten, erledigen Aya und Farfarello. Sie rücken in breiter Front vor.

Schuldig hat das Kommando Treibjagd übernommen. Er stöbert mit Ken und mir in den Winkeln herum, entdeckt Räume mit getarnten Zugängen, scheucht Leute aus Verstecken. Wir sorgen dafür, dass sie Crawford in die Schusslinie laufen, oder eliminieren selbst. Dank der letzten Nacht kühl und effektiv, wie es sich gehört.

Der Spannungsabbau hat die Harmonie zwischen uns gefördert, so wie Crawford es von Anfang an wollte. Wir verständigen uns knapp, aber eindeutig. Schuldigs Warnungen kommen bei mir klar an. Bei Ken auch, denn wir reagieren immer gleichzeitig.

So wie jetzt. ,Hinter Euch!' in meinem Gehirn, drehe ich auf der Stelle, keine Sekunde zu früh. Ein Stück Wand hat sich verschoben. Drei Typen springen auf Ken und mich zu. Ein Revolver fliegt durch die Luft. Ken hat aus der Drehung gekickt und die Hand erwischt. Er setzt mit den Bugnuks nach.

Ich lasse einen Angreifer ins Leere laufen, blockiere den Messerarm des Anderen hart mit einer Sai. Das Messer klirrt zu Boden. Ich spüre, dass der dritte Mann fast hinter mir ist, gleite zurück und stoße mit einer Sai rückwärts zu. Habe ihn voll in den Bauch getroffen, ziehe die Waffe wieder heraus, infernalisches Gebrüll in den Ohren.

Ken ist mit dem verhinderten Revolverhelden fertig und attackiert den Kerl, der sein Messer verloren hat. Mit Waffe wäre er auch chancenlos gewesen. Kens Treffer lassen ihn zurücktorkeln. Ich gebe ihm einen Sprungkick ins Kreuz. Er fliegt Kens Fäusten wieder entgegen. Der dritte Mann brüllt nicht mehr. Unter Schock krallt er beide Hände in seine Bauchmuskulatur, als könne er das Leben zurückhalten, das aus ihm strömt. Innerlich verblutet er ohne Notoperation in wenigen Minuten, aber warum warten? Sein Herz tut den letzten Schlag, während es von einer Sai getroffen wird.

Schuldig huscht an uns vorbei bis zur nächsten Ecke. Mental checkt er den Raum, der sich vor uns öffnet. Irgendwer hat die Beleuchtung abgeschaltet. Durch kleine Fenster dringt diffuses Dunkelgrau der sternklaren Nacht. Mannshohe Regale, anscheinend war das mal eine Lagerhalle.

Handzeichen von Schuldig, Ken und ich sollen uns trennen. Er nimmt die rechte Fensterfront, ich die linke. So können wir beide die Mitte einsehen, haben eine Seite gesichert. Schuldig zwischen uns, hängt etwas zurück. In jedem Zwischenraum sehe ich rechts Ken gleichauf vorrücken. Plötzlich wird das Dunkelgrau schwarz. Jemand blockiert das Restlicht. Auf meiner Seite? Nein. Kampfgeräusche kommen von drüben. Es klingt nach nur einem Gegner. Kein Grund zur Sorge.

Oder?

Einen Sekundenbruchteil lang bekomme ich panikartige Angst um Ken. Bin schon unterwegs zu ihm, da kommt Schuldigs Befehl. ,Hilf Ken' klingt mehr als dringend.

Ein zweiter Angreifer hinter Ken. Der kommt irgendwie von Nummer eins nicht los.

Eine Statur wie ein Bär, hält der Ken an einem Arm gepackt. Der ist in seiner Bewegungsfreiheit mehr als eingeschränkt. Kann gerade noch einen Rückwärtskick abschießen. Dadurch taumelt der neue Feind nach hinten, mir entgegen. Aber er ist zu nah bei Ken und ich kann nicht erkennen, ob er bewaffnet ist. Ich kann ihn nicht einfach so umlegen. Er könnte Ken noch sterbend gefährlich werden, falls er ein Messer oder so hat. Ist einfach nicht genug Platz hier. Jetzt ist Zeit für Plan B.

Ich bewege mich nach rechts, so weit es geht. Gebe ihm gleichzeitig mächtig mit dem Unterarm vor den Hals. Das verlängert sein nach hinten Torkeln und macht Distanz. Schiebe mich zwischen Ken und ihn. Er hat sich gefangen und springt mich an. Richtig, er hat ein Messer in der Linken. Mein Instinkt hat mich mal wieder gut beraten. Ich blocke. Schon kommt er mit rechts. Noch ein Messer. Und gar nicht mal so klein. Okay. Blocke seinen Angriff noch mal. Gleichzeitig rechte Sai gedreht und zugestoßen. Abgerutscht. Sein Brustbein war im Weg, oder eine Rippe. Mist. Er steckt den Schock gut weg und sein Messer trifft meinen rechten Oberarm. Bin schon dabei, ihn wegzunehmen. Brennender Schmerz. Der Muskel scheint noch zu funktionieren. Er setzt mit seiner Linken nach. Ich habe immer noch nicht genug Platz, aber Feuer im rechten Arm. Und Wut. Und keine Ahnung, was Ken da treibt.

Mein Gegner ist auch angefressen - und schnell. Wie eine Schlange stößt seine Messerhand vor. Schnell...bin ich auch. Wie immer, unter Druck am besten.

Ganz rüber gesteppt, lenke ich den Stich ab. Er schaut mir wütend in die Augen,

dabei macht ihm der Stahl im Hals schon Atembeschwerden. Wenn man zwei Waffen trägt, sollte man auch beidhändig kämpfen können.

Mit einem Frontalkick befreie ich mich von seinem sterbenden Körper. Was ist mit Ken? Der steht über seinem Gegner und schaut zu mir. In diesen engen Gängen ist kaum Hilfe für den Partner möglich.

Da kommt Schuldig über Headset. "Hier ist jetzt alles sauber. Wir können."

Zu Dritt verlassen wir das Gebäude. Ken springt an die Mauer, zieht sich hoch.

Dann hilft er mir. Schuldig ist schon drüber. Noch ein paar Hinterhöfe, halb verfallene Häuser und wir sind im Wagen. Vom Rücksitz Geräusche. Ich sehe in den Rückspiegel. Schuldig kichert, völlig abgedreht. Ken dreht sich im Sitz zu ihm.

"Was gibt es zu lachen? Erzähl, wir wollen auch." Schuldig kichert noch einmal.

"Okay, Leute. Wir sind Killer, klar? Als ich merkte, dass Du in Schwierigkeiten kommen könntest Ken, war Sai schon losgestürmt. Wie eine Glucke, die ihr Küken beschützt. Die Frau, die ihre schlechte Laune bekämpft, indem sie Leute tötet.

Und Du hilfst ihr über die Mauer wie ein Kavalier. Dabei hast Du gerade einem Mann den Brustkorb zerfetzt, der sich im Todeskampf an Dich geklammert hatte. Wir sollten uns einen Namen geben. ,Killer mit Herz', oder so. Kommt bestimmt gut, wenn wir uns um Aufträge bewerben." Wieder fängt er an, blödsinnig zu kichern.

Nun ja, jeder hat da seine eigene Art von Humor.... Plötzlich gluckst Ken.

*Killer mit Herz? Nicht schlecht, aber was hältst Du von einem Buch? ,Umgangsformen für den Mörder von Welt'?" Nicht auszuhalten. Die beiden Kerle fangen laut an zu lachen. Ken sieht aus wie ein Teenager, wenn die Anspannung weg ist. Und verdammt, wir sind jung. Ich muss grinsen. Mit zwei Killern der absoluten Oberliga an Bord. Die sich vor Lachen biegen.

Die ich beide, auf meine Art, mehr als mag.
 


 

Diese - Killer - haben - Gefühle !

Wenn Du damit nicht klar kommst, schreib mir...

Abschiedsschmerz

Disclaimer : Projekt Weiß - Brainstorming mit Kitty - tough

Warnung : hart und dark

Erklärung : Drama formt am besten!

Widmung : Den grandiosen WK-Schreibern - den hardcore Fans
 


 


 

Abschiedsschmerz
 


 

Sachte setze ich einen Fuß vor den anderen. Mir ist der Boden nicht geheuer.

Misstrauen - zu spät.

Ganz klar nehme ich meine Umgebung wahr. Ich kann sie sehen. Geräusche dringen nur gedämpft durch. Fühlen? Fehlanzeige.

Mein Körper ist auf Sparflamme geschaltet.

Mein Gedanken ruhen, wenn sie nicht anfallartig rasen. Aber dann setzt sofort wieder der Verteidigungsmechanismus ein. Das System fährt runter. Auf fast Null.

Ganz tief in mir ist nur noch diese unbestimmte Sehnsucht.

Nach diesem Menschen. Nach Ruhe. Nach Sicherheit.

Leise öffne ich die Tür. Bin vor seinem Bett. Er schläft, atmet gleichmäßig. Seine breite Brust hebt und senkt sich. Ich möchte ihr dabei zusehen. Diese ganze verdammte Nacht lang.

Er öffnet seine Augen. Sie schauen erschreckt. Sein ganzes Gesicht wirkt so...

Er springt auf. Spricht mit mir. Nimmt meinen Körper in die Arme.

Ich höre nur Worte. "Sai, was ist los? Warum stehst Du hier? Du zitterst ja. Kein Wunder, Du bist eiskalt. Komm, setz Dich aufs Bett. Ich wickele die Decke um Dich.

Nein, warte bitte. Setz Dich. Ja, so ist gut. Deine Haare sind nass. Warum? Sai, bitte Sai, antworte. Warum sind Deine Haare so nass?"

Meine Haare? Nass? Ach ja. " Ich... habe... geduscht." Das war mühsam. Will nicht mehr sprechen. Will, dass mein Körper sich warm zittert. Hier. Bei ihm. Aber ohne Sprechen.

Leise höre ich ihn wispern. Dann ist da noch eine zweite Stimme. Lauter, leicht heiser. Die kenne ich auch. Ist in Ordnung. Außerdem ist er dabei.

Ganz dicht ist sein Gesicht vor meinem. Drängend seine Blicke. Seine schönen Augen. Schau nicht so traurig, Ken.

Jetzt ein anderes Gesicht. Ganz anders. Diese Augen haben keinen Ausdruck.

"Gut, dass Du mich gerufen hast. Sie steht völlig neben sich. Ihre Hand ist auch voll Blut. Wir müssen ihr die Jacke ausziehen."

Meine Hand soll voll Blut sein? Ja. Da ist die Stichwunde am Arm aufgegangen. Der Einsatz in der alten Fabrik. Der Typ, der Ken von hinten anging. Der mit den beiden Messern.

Messer. Sind aus Stahl. Kalt, scharf, ziehen rote Spuren nach sich. Farfarello mag Messer. Ich im Moment nicht so sehr. Aber es kann mir egal sein.

"Mach einen Druckverband. Die Wunde ist ziemlich tief. Ich halte sie solange.

Sai, lass ihn den Arm verbinden. Wo warst Du nur? Sprich doch mit mir.

Schuldig, ihr Shirt ist so feucht. Verdammt, wer war das?"

Mein Bauch wird kalt. Sie haben mein Tanktop hochgeschoben. Noch mal.

"Wer war das?" Langsam schaue ich auf meine Rippen. Der Drache ist umgeben von Schnitten. Wer das war? Ich sehe ihn nur an.

"Ken, lass sie in Ruhe. Ich muss mich konzentrieren. Das muss Crawford sehen."

Crawford. Wann war das noch mal? Er hat mich in sein Büro gerufen.

"Setz Dich Sai. Auch einen Kaffee? Michiko hat mich informiert, dass sie ihre übliche Europareise machen will. Gerade zurzeit wäre es unklug, wenn sie ihre Gewohnheiten ändern würde. Sie ist eine entschlossenen Frau und couragiert obendrein. Aber natürlich lasse ich sie nicht ohne Schutz nach ,Good old Europe'. Ich habe es mir nicht leichtgemacht, ihre Begleitung auszuwählen. Ich habe mich für Kyoko entschieden. Sie wird Tom und Jerry mitnehmen. Die sind ein eingespieltes Team, während ich Dich hier im Ernstfall an der Seite von Schuldig und Ken brauche. Wir haben eine ruhige Phase, also gebe ich Kyoko und Dir ein paar Tage frei. Sie kann ihre Angelegenheiten regeln und Du kannst Dich von Michiko verabschieden."

Großzügig vom Leader. Scheint großzügig zu sein, wenn seine Leute es sich verdient haben.

Jetzt höre ich Crawfords Stimme. Ziemlich nah. Ist er auch hier bei ihm?

Eine Brille wird mit dem Finger zurückgeschoben. Ein Räuspern. "Ja, ich hab's gesehen. Am Hals. Im Nacken auch. Abdrücke von Zähnen. Ken, das wird nie wieder passieren. Du hast mein Wort. Schuldig und ich, wir sorgen für Ordnung. Sie hat meine letzte Warnung anscheinend schnell wieder vergessen." "Selbst Farfarello hat sie nie gemocht, Crawford." Farfarello. Ich darf nicht vergessen, mich bei ihm zu bedanken. Sein Training hat mir das Leben gerettet. Neulich, als ich mit Schuldig unterwegs war. Im Hinterhof. Ein Kampf gegen Zuhälter. Schuldig hat auf meinen Sieg gewettet. ,Deine Jungs gegen meine Kleine hier'. War schwer. Vier Kerle gegen mich. Und Schuldig hat einem noch einen Basie zugeworfen. Um es spannender zu machen. Sagte hinterher, mein Sieg sei für ihn so sicher gewesen, wie ,die Bank von England'. Hat mich irgendwie gefreut. Ist halt ein Halunke. Tief in mir muss ich ein bisschen grinsen.

"Sie ist tough genug. Sie erholt sich schon. Schuldig und Ken, kümmert Euch um sie, bis sie wieder ansprechbar ist. Sie soll sich ausruhen. Um den Rest kümmern wir uns dann später."

Der Rest. Kyoko. Sie wollte eine Aussprache vor ihrem Abflug. Zum Abschied.

Für Michiko fuhr ich zu ihr. Wollte deren Sicherheit noch einmal selber checken.

Die abgedrehte Halbchinesin hatte Alles vor, nur keine Aussprache.

Sie will mich. Noch immer. Je weniger ich ihre Berührungen ertrage, desto mehr will sie mich. Das hat sie mir klargemacht. In meine Haut geritzt. Mit ihren Nägeln gekrallt. Und, dass sie von Crawford gelernt hat.

"Hey Löwin, wegtauchen ist nicht. Ich kann es verhindern. Ich weiß jetzt, wie es geht. Ich habe gut zugesehen, als er Dich mit Schuldig zusammen in die Mangel genommen hat. Nein, die Hände kriegst Du nicht los. Da kannst Du zerren, wie Du willst. Du bist immer in meiner Gewalt, kapier das endlich, Du Idiotin."

Idiotin hat sie gesagt. Langsam steigt Wut in mir hoch. Ich bin eine Idiotin, okay.

Aber ich lebe immer noch.

"Schuldig schau, ihre Augen." "Ja, da ist sie wieder. Hallo Sai, willkommen bei Ken im Bett. Wir machen hier gerade ne wilde Party."

Müde bin ich, erschöpft, aber ich sehe, dass er irgendwie erleichtert wirkt. "Ruh Dich aus. Bleib hier bei Ken. Morgen reden wir dann in Ruhe über den Vorfall. Mit Crawford." "Nein, jetzt."

"Okay, vielleicht besser. Dann kriegst Du vielleicht eher eine Mütze voll Schlaf. Und ich auch." Gähnend schickt er ein Signal.

Kurz darauf ist der Leader da.

"Crawford, ich muss sie töten. Und irgendwie muss Michiko geschützt werden."

"Sai. Das habe ich mir mit Schuldig schon längst überlegt. Er geht das Problem frontal an. Er wird Kyoko persönlich das übersteigerte Interesse an Dir austreiben."

Fragend schaue ich rüber zu Mastermind. Das übliche Grinsen mit einer Mundhälfte wirkt nicht fröhlich. "Wenn sie wieder im Lande ist, werde ich mich mit ihr beschäftigen. Ich werde sie bitter bereuen lassem, dass sie Dich so zugerichtet hat.

Schmerzvoll wird die Lektion sein, aber lehrreich. Schließlich wollen wir zusammen noch viel Spaß haben, nicht wahr Ken?"

Im Einschlafen sehe ich noch einmal Schuldigs Gesicht. Wenn einer mein Problem lösen kann, dann er. Mich überrascht ein wohltuendes Gefühl. Ken als Freund, Mastermind als Kumpel. Irgendwie gut.
 

Alles hat auch ein Gutes - selbst das Drama!

Leader of the pack

Disclaimer : Projekt Weiß + tough

Warnung : keine Fightszenen

Erklärung : diese Schreiberin bevorzugt Episoden mit Hintergrund

Widmung : kuroneko_kitty und alle übrigen hardcore Sai-Fans
 


 

Leader of the Pack
 

Das Wachwerden war seltsam. Ich lag auf der Seite. Eine Hand hielt ein Stück Stoff fest umklammert. Sehr fest. Den anderen Arm auf einer glatten, harten Oberfläche von wohltuender Wärme. Leichte Bewegung alarmierte mich.

Augen auf. Unmittelbar vor mir etwas hellblauer Stoff und braune Haut. Bauchmuskeln wie gemeißelt. Ken.
 

Sofort beugte er sich zu mir. "Wie geht es Dir? Hast Du Schmerzen?"

Er lächelte, beruhigend und besorgt zugleich. Die Stichwunde am Arm puckerte leise, die anderen Schnitte waren nicht spürbar, also schüttelte ich den Kopf.

Beim Aufsetzen bekam ich die Quittung. Die Rippenprellung meldete sich energisch.

War nicht meine erste, da kannte ich mich aus. Mit angehaltenem Atem krabbelte ich ganz aus Kens Bett. Im Stehen wurde mir kurz schwindelig, dann hatte sich mein Kreislauf gefangen.

"Willst Du Dich etwas frisch machen? Ich bringe Dir dann was zu essen, okay?

Du wirst zu dünn." Dünn? Ich? Vielleicht in diesem schlabberigen T-Shirt. Ken lachte leise. "Ich habe Dir eines von meinen Shirts angezogen. Ist ein bisschen zu groß." "Wieso hast Du mich nicht einfach rübergebracht, in mein Zimmer?"

Leicht verlegen, aber offen schaute er mich an. "Du hast mich nicht weg gelassen. Deine Alpträume müssen schlimm gewesen sein, aber Du wurdest ruhiger, wenn ich Dich in die Arme genommen habe. Also, ich wollte Dir keine Chemiekeule verpassen lassen, und...na ja, ich dachte, so ist es am Besten."
 

Wieder hat er sich um mich gekümmert. In Kens Nähe empfinde ich stets eine Art von Sicherheit. Völlig neues Gefühl. Relaxen, ohne einen Teil des Systems in Kampfbereitschaft zu halten. Harmonie.

Harmonie - die mir Angst macht. Angst, dass sie ihm Macht über mich verleiht. Mir unentbehrlich wird, wie eine Droge. Sie mir fehlen wird, wenn er nicht mehr da ist.

Alles eine Frage der Dosis. Also taktischer Rückzug. Für ein paar Tage jedenfalls.

Seine warmen Augen. Zuerst Unverständnis, Ratlosigkeit im Blick. Dann der Wechsel zum Verstehen, Akzeptieren. Er muss meinen inneren Widerstreit empfunden haben. Er ließ mich gehen, ohne Erklärung.

Und hat doch gewonnen, was ich glaubte, nicht zu haben.

Vertrauen.

Nein. Ich will das nicht. Abhängig, angreifbar, verletzlich sein.

Ich will Härte, Selbstbestimmung.

Einsamkeit ist Schutzzone. Innere Stahlrüstung gegen Enttäuschung. Misstrauen ist der Garant für Überleben.

Einsamkeit? Auslegungssache. Allein sein, heißt die Gesellschaft des einzigen Menschen teilen, auf den man sich verlassen kann.
 

Mitten in die Überlegung summt das Phone. Crawford ist dran.

"Teammeeting. Sofort."
 

Im Besprechungsraum sitzt Crawford am Kopfende. Schuldig, wie gewohnt, neben ihm. Aber irgendwie scheinen die Beiden dichter als sonst nebeneinander zu sitzen.

Schuldig hat seinen Kopf dem Leader zugewandt. Kupfersträhnen verdecken das halbe Gesicht. Der sichtbare Teil wirkt ernst, konzentriert.

Links haben sich Aya und Yohji postiert. Rechts Ken. Neben ihm Farfarello.

Der Empath hat eine klare Linie in seinem Verhalten an den Tag gelegt.

Seine Schwarzkollegen akzeptiert er aus Gewohntheit, Kyoko mag er nicht.

Mit Ken kommt er klar, so wie mit mir. Aber über Aya und Yohji scheint er sich insgeheim zu amüsieren. Die Beiden können ihre Abscheu vor ihm nicht ganz verbergen. Ihre Körpersprache verrät sie. Farf mustert sie provokativ. Er lächelt nicht. Er erinnert mich an eine Katze, die die Angst der Mäuse genießt.

Kens Mundwinkel zucken. Sein Humor ist recht komplex.

Die Youngsters hängen zusammen über einem Laptop und kichern.

Kurz bleibe ich in der Tür stehen. Nicke unserm Leader zu und streife den Rest mit einem weiteren Blick.

Ken lächelt mir zu. Die Chibis haben keine Zeit, ihre Köpfe zu heben. Das Spiel ist wohl in einer heißen Phase. Farfarellos Auge blitzt einmal kurz auf. Freude, gepaart mit Lust auf Blutvergießen schwappt dabei rüber. Nun, das ist unsere Band, unsere Gemeinsamkeit. Da sprechen wir die gleiche Sprache, ohne Worte.

Von links weht mich Feindseligkeit an. Warum?

Crawford räuspert sich, klopft mit der flachen Hand auf den Tisch. Ungeduldig, fast gereizt, wartet er auf unsere Aufmerksamkeit. Ich setze mich neben die beiden Weiß.

Vielleicht kriege ich raus, was sie gegen mich haben. Oder wir diskutieren das mal im Trainingsraum aus.

"Aufgepasst. Ich werde mich nicht wiederholen. Nagi. Das Spielzeug weg. Sofort."

Crawford ist noch knapper im Ton als sonst. Irgendwas zerrt an seinen Nerven. Oberflächlich besehen wirkt er kühl wie immer. Doch die Finger einer Hand trommeln Stakkato, werden gebremst, trommeln wieder. Fast unhörbar, nur mit den Kuppen.

Sein Jackett ist offen. Das Schulterhalfter ist zu sehen. Entspricht nicht seiner sonstigen, überkorrekten Art.

Er räuspert sich schon wieder.

"In der letzten Nacht hatte ich Visionen von ungeheurer Tragweite, die jeden von uns betreffen. Einzeln, in verschiedenen Konstellationen. Teilweise diffus, dann wieder greifbar real. Eines ist absolut klar geworden. Ihr werdet Eure Verhältnisse untereinander hier und jetzt klären müssen, denn jeder von uns ist für das Überleben der Anderen wichtig."

Langsam blickt er in die Runde. Seine Augen sind müde, aber kraftvoll, fesselnd.

"Normale Regeln gelten für uns nicht. Zusammenarbeit ist bei uns nur und ausschließlich erfolgsorientiert. Persönliche Vorlieben, Sympathien, Antipathien...können tödlich enden, wenn sie im Einsatz zum Tragen kommen. Andererseits gibt es Killer der Spitzenklasse selten ohne Macken. Eure Obsessionen könnt Ihr in Eurer Freizeit austoben, solange es diskret abläuft. Eine gewisse Großzügigkeit kann mir da wohl niemand von Euch absprechen. In der letzten Zeit ist aber Einiges aus dem Ruder gelaufen. Kyoko ist noch in Europa. Mit ihr werde ich mich noch eingehend beschäftigen." Ein Mundwinkel verzieht sich leicht. Schuldig dagegen grinst ganz ungeniert.

Yohji dreht den Kopf zu mir und verströmt eine Woge von Unbehagen. Ihn scheint es zu stören, dass man in ihrer Abwesenheit von der Halbchinesin spricht. Er hat sich wirklich vergafft. Sie würde ihn nicht mal beachten, wenn er seinen letzten Tropfen Blut für sie gäbe.

Aya verzieht keine Miene, aber auch er schaut zu mir. Eisige Verachtung umgibt ihn, eine Art kalter, beherrschter Aggression. Interessant, muss ich mir merken.

Crawfords Stimme schneidet durch die Gedanken. "Genau das, was jetzt abläuft, will ich abstellen. Kudo, Du kannst Kyoko privat anschmachten, das interessiert mich nicht. Aber Sai gegenüber Eifersucht zu zeigen, ist dumm. Du wirst in naher Zukunft auf ihre Hilfe angewiesen sein, wenn Du nicht verrecken willst. Schuldig, zeig's ihm. Zeig ihm die Vision, die ich von ihm hatte. Dann mag er in Ruhe überlegen, ob er sich seine Eifersucht leisten kann."
 

Ein paar Sekunden später. Yohji wirkt verunsichert. Schuldig lächelt zufrieden.

"Aya. Du verachtest Kyoko und Sai. Frauen, die nicht, oder nicht ausschließlich auf Männer stehen, findest Du abartig. Du würdest uns alle abschlachten lassen, ehe Du Hilfe von einer dieser Frauen annehmen würdest."

Crawford wirft einen unmerklichen, blitzschnellen Blick rüber zu Nagi, schaut dann in Ayas wütendes Gesicht. "Was ist denn Deiner Meinung nach abartig? Oder, anders gefragt, wie nennst Du Deine Gefühle für Deine Schwester? Brüderlich? Gehen sie nicht um Einiges darüber hinaus? Kämpf nicht dagegen an. Aber ich warne Dich. Deine verbogenen Moralvorstellungen interessieren uns nicht. Also bleib uns vom Leib damit. Mach Deinen Job. Und das mit jedem Partner, den ich Dir zuweise. Nagi, Du kannst ihn jetzt loslassen, glaube ich. Aya hat sich beruhigt, oder Schuldig?"

Vergnügtes Grinsen als Bestätigung.

Ich bin immer noch fasziniert. Crawfords Stimme...so zwingend. Und Aya hat da....

"Sai. Schuldig und ich sorgen dafür, dass Kyoko Dich nicht mehr erpressen kann. Auch die linken Aktionen werden wir ihr abtrainieren. Den Rest wirst Du mit ihr klären. Aber ohne Waffen. Ohne Todesfolge. Ihr habt beide einen festen Platz in dieser Gruppe. Jedenfalls noch eine ganze Zeitlang. Verstanden?"

Ich nicke, was sonst? Michiko wird geschützt und ich kann mich mit der Chinesin prügeln. Wenn die aus Europa wiederkommt, bin ich auch wieder fit. Dann werden wir mal sehen. Sie hat sich nicht mehr ums Training gekümmert. Ich sollte Meister Hiura anrufen. Einzelstunden....

"Ken. Trainier weiter mit Sai und Schuldig. Und auch mit Farfarello. Messerabwehr. Deine Instinkte sind gut entwickelt. Du musst noch intuitiver werden. Ihr werdet einen starken Viererblock bilden und eine verzweifelte Schlacht gewinnen können. Wenn ihr Euch aufeinander einlasst. Farfarello, Du trainierst Ken und Sai im Messerkampf, aber sei vorsichtig, ja? Sie sind für Dich da, wenn Du sie brauchst, um Gott zu strafen. Denk immer daran.

Omi und Nagi. Ihr seid keine Konkurrenten mehr. Informationsbeschaffung, Datenverwaltung, Programme cracken...das ist kein Wettbewerb. Stellt fest, wie Ihr Euch ergänzt und zieht das dann durch. Wenn ich noch einmal erlebe, dass Ihr meine Zeit verschwendet, weil ihr Euch gegenseitig ausstechen wollt, werde ich sehr ungemütlich.

Ansonsten Herrschaften, bekommen wir bald einen neuen Einsatzbefehl. Vermutlich im Ausland. Wir gehen in Feindesland. Das wird eine ziemliche Herausforderung an meine Planung und Eure Zusammenarbeit. Wir wollen Leichen hinterlassen. Fremde Leichen. Keine aus unserer Gruppe."

Sein Gesicht ist müde. Sein Blick entschlossen. Die Atmosphäre im Teamraum ist hochkonzentriert. Einheitlich. Geschlossen.

Er hat es geschafft. Diese Freakshow hat einen Anführer.

Crawford ist der 'Leader of the pack'.
 

Für die nahe Zukunft sind die Fronten geklärt.

Kyoko und Sai - der Endkampf ist verschoben.

Aber der unsichtbare Gegner sollte schon mal beginnen,

Panik zu entwickeln.

Unter Crawfords Führung ist diese TRuppe - nahezu - unschlagbar.

Oder?

Fremdes Terrain - Feindesland

Disclaimer : Projekt Weiß und tough

Warnung : no fights this time

Erklärung : kluge Strategen am Werk

Widmung : meiner momentanen Muse kitty
 


 


 

Fremdes Terrain - Feindesland
 


 

Der Anblick ist beeindruckend. Jedenfalls, wenn man auf Protz und Prunk steht.

Das schlossähnliche Riesengebäude liegt auf einem Plateau. Das Plateau in einem Seitenarm des weitläufigen Tals in den Schweizer Alpen.

Hinter dem Schuppen, der größenmäßig dem Buckingham Palace Konkurrenz macht,

steigt die Landschaft sanft an. Unterbrochen von einigen Baumgruppen, leuchten die Bergwiesen ekelhaft grün in der frühen Nachmittagssonne. Weißrote Tupfer markieren die Lage der kleinen Chalets, die zum Hotelkomplex gehören, angemietet von Menschen, die vorgeben, noch mehr Ruhe zu brauchen, als alle Anderen.

Die Übrigen residieren im Haupthaus, um sich für ihr Geld etwas Bedeutung zu kaufen. Denn neben dem, unbestritten reichlich vorhandenen Luxus, sorgt eine Heerschar von Angestellten für ihr Wohlbefinden. Und zu denen gehöre ich ab jetzt.
 

Ungeachtet dessen fahre ich den Porsche mit Schwung die kurvige Auffahrt entlang bis vor die Eingangsstufen.

Der Typ in Livree eilt mir dienstbeflissen entgegen und ist entsetzt, dass ich das Auto ohne seine Hilfe verlassen kann. „Madame….“ „Schon gut. Monsieur de Savoyes erwartet mich.“

Ehe er reagieren kann, werfe ich ihm die Autoschlüssel zu.

An der Rezeption melde ich mich mit dem gleichen Spruch und füge noch den Namen hinzu, der in all meinen Papieren steht.

Ein Page führt mich in den versteckt liegenden Bürotrakt und klopft an die Tür des Mannes, der mein Chef sein wird und meldet mich an.
 

Der Franzose ist ein Kavalier der alten Schule. Charmant lächelnd erhebt er sich zur Begrüßung. „Miss West. Willkommen im Beau Rivage. Wie war ihre Fahrt? Bitte nehmen Sie Platz. Darf ich Ihnen eine Erfrischung anbieten?“

„Danke Monsieur. Einen Kaffee hätte ich gern. Aber dann möchte ich mir einen Überblick über meinen Tätigkeitsbereich verschaffen.“

„Eine löbliche Einstellung. Aber warten Sie, bis Sie in Ruhe Ihren Kaffee hatten.

Ihr Kollege, Ansgard Stenholm, ist informiert und wird Sie mit Freuden herumführen.“

Wie auf Kommando klopft es kurz und ein blonder, braungebrannter, gut aussehender Nordeuropäer schiebt sich lässig ins Büro.

„Ah, Ansgard. Wie immer ein exzellentes Gespür für das richtige Timing.

Darf ich Ihnen Ihre neue Kollegin vorstellen? Mss. Jennifer West.“

„Mit Vergnügen. Ich bin Ansgard, aber unsere Gäste nennen mich Andy.“

Sein Händedruck ist fest. Seine Augen blicken fröhlich, vordergründig jedenfalls. Ist natürlich einstudierte Dauergrimasse. Das wird total klar, während er mir die Anlage zeigt.

„Jennifer. Lässt Du Dich Jenny nennen?“ Mein stummes Nicken registriert er nur aus dem Augenwinkel. Seine Aufmerksamkeit gilt den Hotelgästen. Besonders die reiferen Damen scheinen entzückt von seinem strahlenden Lächeln.

„Ich zeig Dir die Gebäude und erklär Dir direkt die geltenden Regeln, okay?

Wir Trainer sind die Spitze der Personalhierarchie, außer dem Alten natürlich. Du machst in Workout und Fitness? Aber kannst mir beim Tennis helfen?“

Faszinierend. Wie ein Wasserfall strömen die Infos aus seinem Mund und doch signalisiert er seinen Kunden, sie hätten seine volle Aufmerksamkeit.

„Hi Mary-Joe. Morgen früh, zehn Uhr? Ich freu mich drauf, Baby.“

Die pummelige Mittdreißigerin kichert wie ein Teenie und er eilt weiter.

Rasch genug, um keine Antwort abzuwarten.

„Da hast Du Deine erste Kundin. Die fette Qualle will sich in Europa mit Klamotten Größe 36 eindecken, dabei frisst sie nur den Weißmehlmistkram, auf den die Amis so stehen. Und wir sollen schauen, dass sie die 5000 Kalorien abbaut, ohne sich anzustrengen. Morgen werde ich versichern, wie gut ihr der Tennisdress steht, ohne rot zu werden. Und wenn sie die Uhr springen lässt, die ich ihr gezeigt habe, werde ich ihr anschließend beweisen, wie verrückt mich ihre Figur macht. Ohne zu kotzen.“
 

Sein peripheres Sehen ist stark ausgeprägt, denn meine Miene hat er sofort richtig interpretiert. „Was ist? Du willst mir doch nicht erzählen, dass Du die Nebeneinkünfte nicht mitnimmst? Den Porsche hast Du doch nicht mit Kursen finanziert, oder? Habe Deine schwungvolle Ankunft gesehen.“ „Ist nur ein Boxter. Und ich bin Personaltrainer. In New York hatte ich nur Privatkunden, keine Kurse.“

„Na dann doch erst recht. Brauchst keine Show abziehen, der Alte hat nichts dagegen. Solange wir diskret sind…und die Gäste zufrieden. Schau mal die da.“

Unmerklich deutet er auf die schlanke Gestalt, die gerade einem Pagen einen Hund in Ameisengröße abnimmt. „Sieht aus wie ein Supermodel, oder? Zickig genug ist sie jedenfalls.“ „Sieht topp aus. Was ist mit der?“ „Gewerbe. Aber internationale Oberliga. Die sucht hier ihren Begleiter für die Europa-Sommer-Saison. Die kriegste nicht für ne Nacht. Die sucht einen Financier und die alten Böcke suchen ein weiteres Prestigeobjekt. In manchen Kreisen kannste mit den Billigludern halt nicht auftauchen.“

Er grinst kurz und zeigt seine Grübchen. „Aber Nutte bleibt Nutte.

Auch wenn sie Dolce e Gabbana trägt. Sie ist erst seit zwei Tagen da und die ersten Kontakte laufen. Mal sehen, wer das Rennen macht. Wenn wir hier durch den Wintergarten gehen, können wir Dein Gepäck aus dem Wagen holen und ich zeige Dir unsere Zimmer. Wir residieren direkt über dem Seitenflügel mit den Indoor-Sportanlagen. Ebenerdig der Pool, Sauna und Wellnessbereich. Die Leute dort sind Domestiken. Mit denen geben wir uns nicht ab. Drunter ist die Muckibude, eine kleine Halle fürs Workout und so. Im ersten Stock sind die Kosmetiktanten und darüber haben wir unseren Trakt mit den Trainerräumen. Wir haben einen separaten Zugang über die Außentreppe. Da, siehst Du? Deinen Flitzer holen wir auch hierher.“

Cool. Diskrete Ausflüge sind also ziemlich einfach. Checke das Gelände, während wir zum bewachten Parkplatz gehen. Der Boxter wartet unterm Carport. Zwischen dem Lamborghini und dem Cadillac-Oldtimer wirkt er eh ziemlich ärmlich. Ist halt nur bessere Mittelklasse. Aber das Plappermäulchen ist dennoch beeindruckt.

„Alles klar. Nur ein Boxter. Was bist Du sonst gewöhnt? Kannst ja noch nicht lange im Geschäft sein und hast schon nen Porsche. Bisschen arrogant, den schlechtzumachen. Oder, Jenny-Baby?“

Prima, er hat seine Deckung komplett unten. Sind ja auch keine Gäste in der Nähe. Da kann er seinen Neid und seine Gehässigkeit ruhig raus lassen.

Mir ist richtig warm ums Herz, mit so einem Goldstück als Kollegen.

„Steig ein. Wir fahren bis vor die Treppe. Und wenn Du schön lieb bist und mir mit dem Gepäck hilfst, ziehe ich Dich in die engere Wahl der Kaufinteressenten.

Habe die Karre schon über und was Besseres in Aussicht. Was hältst Du von nem Vorzugspreis unter Kollegen?“

Na, diesen Köder nimmt er gierig, ohne den Haken zu bemerken. Jenny-Baby hat nun einen Stein im Brett bei ihm. Er fährt ja auch nur Golf-Cabrio. Armer Kerl.

Randy-Andy trägt brav die schweren Taschen mit dem Sportzeug, während ich die beiden mittelgroßen Hartschalenkoffer über die Außentreppe hoch bringe. Einer davon ist für meine wenigen Klamotten. Der Andere ist voll Metall. Und sauschwer. Aber das muss Andy ja nicht merken. Wozu habe ich Muskeln?

„Ich geh gleich die Geräte ausprobieren. Erzähl mir noch was über die Leute hier, während ich mich umziehe, okay?“

Schnappe mir ein paar Sachen und gehe ins Bad. Die Tür lasse ich auf. So kann ich ihm zuhören. Und ihn im Spiegel beobachten. Neugierig streifen seine Blicke umher.

Aber er bleibt sitzen.

„Nun. Interessant für Dich ist bestimmt der komische Schriftsteller. Er stammt irgendwo aus Neuengland. Ganz altes Geld und Null Talent. Aber da er nicht arbeiten muss, rennt er laufend mit seinem Notebook rum und versucht, endlich was Brauchbaren zusammen zu reimen. Ich glaube, der hat sogar einen kleinen Buchverlag gekauft, nur um sein Geschreibsel gedruckt zu kriegen. Komischer Kauz. Scheint an normalem Amüsement nicht interessiert. Erst dachte ich sogar, der ist schwul. Selbst unsere Edelnutte hat ihn vergebens angeblinkert. Aber heute Morgen quatscht er mich an, wann denn die neue Muckitrainerin kommt. Bin mal gespannt, was der unterm Tweed verbirgt. Und ob Du was abgreifen kannst bei ihm. Er hat noch so ein verzogenes Bürschlein dabei. Seinen Neffen oder so. Der nimmt Tennisstunden bei mir. So was von lustlos. Den trete ich Dir sofort ab. Dieses Frettchen ist mir unheimlich.“

Sehr gut, Andy. Bei Crawford lagst Du voll daneben, aber Nagi, der ist schon unheimlich. Vor allen Dingen, wenn er Tennis spielt – ohne Schläger.

Fremdes Terrain - Stille Invasion

Disclaimer : Projekt Weiß - und ich

Warnung : WK-Charas getarnt

Erklärung : ist manchmal nötig - auf fremdem Terrain

Widmumg : kitty!
 


 

Fremdes Terrain – stille Invasion
 

Andy ignoriert meinen longline geschlagenen Ball und lässt seinen Schläger achtlos fallen. Nickt nur knapp rüber. „Sorry, mein Handy.“

Keine zehn Sekunden später steht er neben mir. „Pause, Süße. Hab gerade erfahren, dass der Star des heutigen Tages im Anmarsch ist. Los, komm mit, das dürfen wir uns nicht entgehen lassen.“

Schläger schnell in die Tasche und schon haste ich mit ihm Richtung Hauptgebäude.

Für einen normalerweise stinkfaulen Hund kann der Typ ernorme Geschwindigkeit entwickeln, jedenfalls wenn er einen Vorteil wittert.

„Was soll die Panik? Hat Dir eine der Quallen nen Lamborghini versprochen?“

Eine selten dreckige Lache hat der Kerl. „Schön wär’s. Komm, wir gehen ins Foyer. Vor der Rezeption aus hat man den besten Blick, ohne als Gaffer zu gelten.“

Wie ausgewechselt durchquert er das Gebäude. Routiniert täuscht er den Gästen vor, sie hätten seine Aufmerksamkeit.

„Ah, da ist er. Mein Informant hat nicht übertrieben.“

Vor dem Haupteingang hält ein cremefarbener Bentley Arnage RL mit goldfarbenen Zierleisten, Radkappen, Scheinwerfern und Türgriffen. Andy lässt ein Keuchen hören. Hoffentlich läuft ihm kein Geifer aus dem Mundwinkel.

Die fast Sechsmeterkarosse ist kaum zum Stehen gekommen, da öffnet sich die Fahrertür. Der Mann im dunkelblauen Anzug stoppt den Hoteldiener mit einer einzigen, autoritären Handbewegung. Anscheinend will er seinem Fahrgast persönlich die Tür zum Fond aufhalten. Andy hat sich wieder im Griff. „Ich platze bald vor Neugier. Das Kerlchen dort in dem Bentley ist von Beruf Sohn. Der Papa soll ein Waffenschieber aus Osteuropa sein. Offizielle Version ist, er wäre im Erdgasgeschäft. Und wenn dieser Fahrer nicht mindestens ne Achtunddreißiger unter der linken Achsel hat, fresse ich meinen Tennisschläger.“
 

Nun, jedenfalls ist der Anzug maßgeschneidert, denn von einer Waffe ist nichts zu sehen. Auch die Sonnenbrille ist ein Designerstück im Pilotenstil. Sie verdeckt einen Teil des extrem gebräunten Gesichts. Tadellose Figur, gute Bewegungsaktion.

Wow, wenn der Fahrer schon so aussieht, bin ich auf den Besitzer des Bentleys gespannt.

Ein kleiner Rundblick verrät, dass selbst hier, im Beau Rivage, allgemeines Interesse an Bentleys herrscht.

Zuerst sehe ich einen Stiefel. Cognacfarbenes Wildleder, halb verhüllt von einem Hosenbein. Eine ausgewaschene Blue Jeans. Na das hat was. Dann wird ein Aktenkoffer herausgehalten. Am Handgelenk ein Meisterstück der Uhrmacherkunst,

Schwarzwald oder hier aus der Schweiz. Wieder ein Keuchen von rechts.

„Krieg Dich ein, Andy. Wenn der nicht schwul ist, hast Du ja eh keine Chance.“

„Aber wenn, Jenny-Baby, dann habe ich ausgesorgt für den Rest meines Lebens.“

Der Kerl meint das anscheinend ernst. Hoffentlich kippt er jetzt nicht komplett aus den Latschen. Der Fahrer nimmt das Köfferchen und stellt sich neben dem Wagen in

Position. Er checkt den Eingangsbereich, während sein Boss ganz sichtbar wird.

Die Jeans sitzen perfekt an langen, muskulösen Beinen. Schmale Hüften haben beide Männer. Aber der professionelle Sohn ist größer. Dafür etwas zierlicher im Gesamteindruck. Sein kobaltblaues Hemd steht halb offen. Fein modellierte Brustmuskulatur, nur leicht gebräunte Haut. Ein Gesicht wie eine Statue von Michelangelo. Männlich-schön. Lange, blonde Haare, mit einem Kupferstich.

Gelangweilt schaut er sich um.

Erst auf ein Nicken des Fahrers hin setzt er sich in Bewegung. Da ist ein eingespieltes Team am Start. Und kommt auf uns zu.

„Mr. Romanescu möchte seine Suite beziehen. Ist alles vorbereitet, wie wir es erwarten dürfen?“ Der Chauffeur scheint auch den persönlichen Assistenten zu geben. Den teuren Füller des Angestellten ignoriert er, zieht etwas Goldenes aus der Brusttasche und trägt sich und den Sohn ein.

„Darf ich vermuten, dass Sie die Sporttrainer sind?“ Jetzt haben wir die Aufmerksamkeit des Multitalents. Ein paar schwarze Haarsträhnen reichen bis über den Brillenrand, der Rest ist kurz.

Andy stellt uns gekonnt vor. „Was können wir für Sie tun?“

„Mr. Romanescu möchte mittags einen Court mit Trainer. Gelegentlich spielt er gerne ein Doppel. Am besten stehen Sie dann beide zur Verfügung. Ich persönlich trainiere gern abends im Kraftraum. Gibt es da ein Problem?“

„Kein Problem. Der Kraftraum ist meine Domäne, Mr. …?“

„Dacascos.“

Sein Englisch klingt flüssig, mit hartem Akzent, wie man hier in Mitteleuropa von einem Osteuropäer erwarten würde. Er nimmt die Brille ab. Vermutlich ist er Kasache, oder aus einer der vielen ehemaligen asiatischen Sowjetrepubliken.

Er lächelt charmant, aber seine Augen blicken unpersönlich und hart.

„Also acht Uhr. Okay?“ „Okay, Mr. Dacascos.“ „Boris. Nennen Sie mich Boris.“
 

Inmitten einer Schar von Kofferschleppern entschwinden die Beiden Richtung Lift.

„Puh. Das war ja eine glückliche Fügung des Schicksals. Du kannst heute Abend noch dem Bodyguard beim Eisenstemmen zusehen. Versuch rauszukriegen, auf was sein Chef so steht. Und morgen Mittag will ich dann perfektes Aussehen, auch bei Dir.

Wäre doch gelacht, wenn nicht wenigstens einer von uns seinen Vorstellungen entspricht. Hey Francis. Mach mir mal nen Friseurtermin klar für morgen früh.“
 

Randy-Andy ist so aufgeregt, dass er mich einfach stehen lässt. Aber ich bin nicht lange allein. „Miss West, kann ich Sie einen Moment sprechen? Mein Name ist Davenport. Lucius Davenport. Aus Maine. Sie sind auch Amerikanerin? Woher kommen Sie denn, meine Liebe?“

Der groß gewachsene Mann schaut neugierig und kurzsichtig zu mir herab.

„Westküste. San Diego. Nennen Sie mich einfach Jenny. Was kann ich für Sie tun, Mr. Davenport?“

Der Mittdreißiger hat schon graue Schläfen und eine denkbar schlechte Haltung.

Wie kann ein Mann nur seine Schultern so hängen lassen. Er könnte sonst glatt um Jahre jünger wirken. Und dieses Tweedjackett mit den Lederflicken macht ihn noch blasser. Das soll der Typ sein, der sich einen Verlag gekauft hat, weil sonst kein Mensch seinen Mist drucken wollte?

„Nun, eigentlich bin ich ein Mann des Geistes, aber wie heißt es so schön? Gesunder Geist in gesundem Körper. Also habe ich mich entschlossen, etwas Fitnesstraining zu betreiben. Meinen Neffen lasse ich ja schon Tennisstunden nehmen, aber für mich ist die Lauferei nichts. Ich dachte eher an Muskeltraining. Was meinen Sie? Könnten Sie mir ein paar Übungen zeigen?“

„Aber gern. Passt es Ihnen um sechs Uhr? Ich würde vorher gern einen kleinen Fitnesscheck mit Ihnen machen.“

Ja, darauf freue ich mich ganz besonders. Kann mich noch gut erinnern, wie ich getestet wurde. Brutale Tempoläufe wechselten mit Liegestützen, bis ich zusammenbrach. Da kanntest Du keinen Pardon, Crawford. Mal sehen, wie Du Dich auf dem Laufband hälst.

Ich glaube, mein Lächeln ist gerade besonders warmherzig.
 

...tbc...

Fremdes Terrain - zerstörtes Land

Disclaimer : Projekt Weiß

Erklärung : WK Undercover

Warnung : ungewöhnliche Mordmethoden

Widmung : F4-Phantom - ein Sai-Fan der Extraklasse

kuroneko_kitty - geht nicht anders!
 


 


 

Fremdes Terrain – zerstörtes Land
 


 

Der Rückflug ist lang. Ich bemühe mich, zu schlafen. Der Jetlag wird unbarmherzig zuschlagen. Aber vielleicht kann ich wenigstens mein jetziges Schlafdefizit minimieren.

Leider scheint mein Sitznachbar von unruhigen Träumen geplagt zu werden.

Wieder holt mich eine heftige Bewegung aus dem Dämmern.

Dabei bin ich selbst noch nicht komplett runtergekommen. Heftig waren die letzten Tage. Generalstabsmäßig geplant, aber ohne Puffer. Ohne jede Sicherheitszone. Auch für Crawford eine echte Herausforderung.

Kühl wies er uns die Aufgaben zu, ohne seine Tarnung zu vernachlässigen.

Aber über Allem lag eine Spannung. Die Atmosphäre war unnatürlich dünn, und das lag nicht an der Höhenlage des riesigen Hotelkomplexes.

Er hat sein Ziel erreicht. Wir waren gut. Alle Zielpersonen fast zeitgleich dezent ausgeschaltet. Ein Hoteldirektor, der die Kantonspolizei gut genug schmiert. Die wiederum ihre Untersuchung durchführt und gleichzeitig falsche Fährten legt.

Alle Überlebenden, Gäste wie Personal, vollkommen überzeugt, dass eine rabenschwarze Serie von Unglücksfällen das Beau Rivage heimgesucht hat.

Das macht Crawford einzigartig. Und fast könnte ich ihm vergeben, was er mir antat, als er mich für sein Team testete. Nein, Korrektur. Ich vergebe nicht, aber ich verstehe es. Unsichere Kantonisten, wie Aya und Yohji, hat er auch nicht mitgenommen.

Wir waren in der Höhle des Löwen. Wer nicht perfekt funktioniert, gefährdet die Mission, die ganze Gruppe. Und damit die Menschen, die wir schützen sollen.

Die Löwen, das waren ranghohe Unterführer des Feindes. Immer noch unbekannt, aus welcher Richtung der Angriff kommt. Klar ist nur, dass Konzerne in Japan und Europa im Fadenkreuz stehen.

Aber vier Sektionsleiter mit mehr als einem halben Dutzend Eliteleibwächter auf einmal zu verlieren, wird auch den unsichtbaren Drachen im Hintergrund hart getroffen haben.

Schade. Crawfords elegante Regieführung und unsere radikale Umsetzung so

vertuschen zu müssen, ist beinahe bedauerlich. Ich ertappe mich beim Grinsen.

Doppelt schön, dass ausgerechnet Kyoko eine Rolle spielen musste, die ihr mehr als verhasst war. Absicht? Oder nur Zufall? Egal. Ihr eine Qual, mir ein Vergnügen.

Als Luxusnutte mit einem Mann... Laken zu verknittern, war ihr zuwider. Lieber hätte sie eine Küchenhilfe gegeben. Cool.

Aber so hat sie es mit einem fetten Boss getrieben und dessen Bodyguard unter Zeugen heiße Blicke zugeworfen. Bestimmt hat sie lange geduscht danach. Jedenfalls saß sie in der Bar, als die beiden Männer sich stritten. Eifersucht ist übel, besonders wenn Mastermind sie entfacht. Der Bodyguard hat sich pflichtschuldigst selbst erschossen, nachdem er seinen Chef getötet hatte. Dem Erfinder des Schalldämpfers ist zu verdanken, dass die Leichen erst am nächsten Tag gefunden wurden.

Und wenn ich Kyoko zum Brechreiz treiben will, brauche ich nur fragen, wie sich so ein Schwabbelbauch anfühlt. Mehr als cool.

Aber es gab noch mehr Erfreuliches.

Andy hatte ja eine intuitive Furcht vor Nagi. Gute Instinkte, alles was Recht ist.

Also war dann nachmittags Tennisstunde für den Neffen des verhinderten Schriftstellers angesagt. Nagi gab den linkisch-mürrischen Teenie und Crawford schaffte es mal wieder, seine Toppathletik in einer Tweed-Tarnung zu versenken.

Mit den hängenden Schultern wirkte er klein und unbedeutend. Großes Theater.

Alles im Allem waren wir gute Schauspieler.

Den Nachbarcourt belegte ein drahtiger Mittvierziger mit seinem Partner. Gut in Form, der Ältere. Und das ließ er seinen jüngeren, bulligen Gegner zu jeder Gelegenheit spüren. Ist wohl schwer, wenn man dem Alter sonst überall Tribut zollen muss. Aber beim Tennis zählen Technik und Erfahrung ebenso, wie Schnelligkeit und Reaktion. Der Jüngere wurde wie ein Hase über den Platz gehetzt.

Andy kam angetrabt, als sich die Unterrichtsstunde dem Ende näherte, und winkte uns zu. „Mr. Romanescu und sein Chauffeur haben uns für ein Doppel gebucht. Also bleib direkt hier, Jenny.“ Er strahlte voller Vorfreude, als er den reichen Typen mit seinem Fahrer näher kommen sah.

Crawford strich seinem ‚Neffen’ wohlwollend eine Strähne aus der Stirn. „Zieh Dir bitte Deinen Sweater über, Julius. Du wirst doch so schnell krank. Und ich würde wirklich gern das Doppel anschauen. Da können wir bestimmt eine Menge lernen.“
 

Wir spielten ein paar Sätze. Wow, dieser Chauffeur war ein wirklich guter Spieler.

Andy hatte alle Mühe, seine Aufschläge zu retournieren. Und sein Boss hatte wohl auch mehr als eine Trainerstunde. Und schöne Beine, die Beiden. Jobs in Shorts auszuüben, hat auch seine angenehmen Seiten.

Beim Seitenwechsel trafen wir uns Alle an der Bank. Auf dem Nachbarplatz war der Jüngere mittlerweile sichtlich wütend geworden. Anscheinend war das eine persönliche Frage der Ehre.

Es war klar, dass seine volle Kraft in dem Schmetterschlag lag, der den Älteren ungebremst am Solar Plexus traf.

Der Bodyguard war wie paralysiert. Nagi schrie schrill auf und sein Onkel nahm ihn rasch in den Arm und drehte ihn weg. So ein Anblick ist nichts für einen Teenager.

Auch nicht, wenn dieser den Ball gelenkt und beschleunigt hatte.

Andy telefonierte schon nach dem Hotelarzt, während Boris elegant über die Absperrung sprang und vergeblich nach Lebenszeichen suchte. Er schüttelte nur den Kopf, was sein Boss mit einem halben Grinsen quittierte. „Könnten wir dann bitte endlich weiter spielen?“ Aber gern doch. So ein bisschen Leiche auf dem Nachbarplatz sollte uns doch nicht stören. Das können wir noch besser.
 


 

tbc

Fremdes Terrain - zerstörte Körper

Disclaimer : Wie immer - Projekt Weiß (und mein Kopf)

Warnung : nicht sehr menschenfreundlich

Erklärung : Wer durch das Schwert lebt....

Widmung : Elsteryn, die Sai nicht mag - sondern mehr, sie versteht!
 


 

Fremdes Terrain – zerstörte Körper
 

Wieder ist mein Sitznachbar schlafend am kämpfen. Vorsichtshalber rücke ich ein Stück weiter ab. Genug Platz bietet der Jet ja. Da brauche ich mir keinen Ellbogen geben zu lassen. Der Schweizer Job war hart genug. Vielleicht sollte ich was trinken und es dann noch mal mit Schlafen versuchen.

Tag und Nacht im Einsatz. Tagsüber in der Tarnung der Fitnesstrainerin, nachts das, was ich am besten kann. Leute killen.

Präventivschlag nennt Crawford das. Genialer Stratege, aber Rücksichtnahme kennt er auch bei den eigenen Leuten nicht. Er treibt uns, bis wir fast aus den Schuhen kippen.

Und exakt nach der Uhr, damit es die Alibis nicht versaut.

Das ist nicht mein Ding. Ich kämpfe lieber frontal und offen. Hier war mir viel zuviel Hinterlist am Werk. Allerdings erfolgreich.

Und wenn es uns ein paar freie Tage verschaffen sollte, nun, dann soll mir das egal sein.

Meine Gedanken gleiten in die Sphäre zwischen Wachzustand und Halbdämmerschlaf. Bilder tauchen auf. Deutlich. Mit Ton.
 

Was für ein Anblick. Abends im Trainingsraum.

Ich schaue gerade gelangweilt einem fetten Kerl beim Bankdrücken zu. Er liegt auf dem Rücken und versucht, die Langhantel über seinem Brustkorb nach oben zu wuchten.

Dabei ist sein Shirt über den Nabel hochgerutscht. Sein behaarter Bauch ist Bewegung, weil darunter anscheinend ein Rest Muskulatur die Arbeit aufgenommen hat. Dennoch hat sein Bodyguard alle Hände voll zu tun. Hinter ihm stehend, soll er eigentlich nur sichern. Wenn so eine Langhantel abrutscht, trifft sie zerbrechliches Material. Aber der Kollege macht die eigentliche Muskelarbeit. Sein Boss mimt den Macho und hat sich ordentlich Scheiben aufgepackt. Allein bekäme er nicht ein Viertel davon nach oben. Aber alt, fett und hässlich, will er wenigstens so tun, als würde er hart trainieren. Wahrscheinlich hinterher kräftig saufen und mit seiner Leistung angeben.

Da öffnet sich die Tür und das Kontrastprogramm betritt den Raum.

Der als Mr. Romanescu bekannte reiche Schönling und sein Chauffeur. Boris.

Der Kupferhaarige ganz in schwarz. Ein toller Kontrast zu seinem langen Pferdeschwanz. Es gibt Männer, die sehen damit tuntig aus. Er nicht. Das liegt auch an dem Inhalt seines Muskelshirts.

Sein Chauffeur hat so ein Teil in Weiß an. Ebenfalls schwarze Trainingshose. Lässiger Schnitt, aber die Fantasie braucht sich nicht bemühen. Dass hier zwei Körper in Toppform antreten, ist mal klar.

Der Schwarzhaarige nimmt sofort seinen Bizeps in Arbeit.

Ich sehe im Spiegel ungeniert zu. Ist das Beste an dem Job. Man sieht gute Sachen.

Als Ausgleich für schwitzende Schweine beim Bankdrücken.

Boris grinst. Nicht uneitel, der Hübsche. Na klar, warum auch nicht. Ich verstecke meine Muskeln ja auch nicht. Also grinse ich zurück.

Währenddessen scheint sich Mr. Romanescu noch zu überlegen, welchen Teil seines Luxuskörpers er heute stylen will. Ganz in Gedanken schaut er dem unappetitlichen Treiben auf der Flachbank zu.

Da ist gerade die Satzpause vorbei und der Boss will wieder Hilfe beim Stemmen.

Aber sein Mitarbeiter geht in den Streik. Er schüttelt nur kurz den Kopf. Irgendwie verwirrt verlässt er eilig den Raum. Was hat er nur so schnell zu erledigen?

Bevor sein Boss reagieren kann, bin ich schon hinter ihn getreten. Und stehe auf dem Steg an der Hantelablage. Beruhigend lächele ich zu ihm runter. Rücke meine Handschuhe zurecht. Und fasse dann von oben an die Stange.

„Keine Angst. Ich helfe Ihnen solange gern aus. Bei drei. Eins, zwei, drei....“

Drei ist das Stichwort. Stange auswuchten, hoch ziehen. Höher, als er wollte. Seine Hände verlieren für einen Moment den Kontakt. Ich lasse los. Die Stange kracht mit ihren zwanzig Kilo und den aufgelegten einhundert Kilo runter auf seinen Hals.

Die Schlüsselbeine kriegen die Hauptlast ab. Krachend brechen sie. Durchbrechen die Haut. Er stirbt so unappetitlich, wie er gelebt hat.

Ich bin längst weg.
 

War auch bei meiner Kraft anstrengend, das Gewicht hochzureißen.

Die gurgelnde Laute mag ich auch nicht hören.
 

Gehe lieber schauen, wie weit die Sache in der Sauna ist.

Boris und sein Chef haben den Übergangsbereich mit den Sitzgruppen zum relaxen erreicht.

Dort hängt ein sichtlich angetrunkener Mitarbeiter der Badeabteilung in einem der Clubsessel. In trauter Zweitracht mit dem Bodyguard, der eben erst das Fitnessstudio verlassen hat.

Gut, dass der Komplex schalldicht isoliert ist. Ob er seinen Boss hätte retten können?

Kraft dazu hätte er gehabt.

Aber nun ist er nur daran interessiert, die auf dem kleinen Tisch stehenden Flaschen schneller zu leeren, als der Bademeister. Und der will auch nicht Zweiter werden. Niedlich. Wettsaufen wie bei pubertierenden Jungs.
 

Boris und sein Chef eilen weiter. Ich hinterher.

Die große Sauna ist voll aufgeheizt. Ein Abzieher steht praktisch und griffbereit vor der Tür. Dumm nur, dass die sich jetzt nicht mehr von innen öffnen lässt.

Das Getrommel von Fäusten ist dumpf zu hören. Und schwache Hilferufe.

Aber hier ist Niemand. Es ist Party-Time. Hier hat nur ein Bademeister Dienst.

Und der ist schon ziemlich abgefüllt. Und es sind immer noch nicht alle Flaschen leer.

Das gibt einen Mordskater.
 

Zu dritt benutzen wir den Schleichweg. Hoch zu den Personalquartieren.

Umgezogen sind wir schnell. Die Sachen lagen schon bereit. Genaue Planung halt. Die Treppe hinab und durch den Hintereingang ins Foyer. Kurz Lage checken.

Der Kupferhaarige betritt die Bar vor uns. Boris und ich folgen zwei Minuten später. Arm in Arm. Ich habe ihm noch schnell die Haare zerzaust. Und ehrlich, der Kuss war auch nicht schlecht, für die Tarnung.

Die lockere Runde scheint dem charmanten Geplauder von Mr. Romanescu schon länger zu lauschen. Aber man wird doch auf Boris und mich aufmerksam. Eine stark geschminkte Lady droht uns spielerisch mit dem manikürten Zeigefinger.

„Ihr zwei Schlingel. Ihr solltet Euch schämen. Ihr habt noch die ganze Nacht zum Turteln.“ Stimmt. Ich schaue zu Boris. Und nicke der Lady lächelnd zu.

Ja, Belohnung muss sein.

Auch für Randy-Andy. Er hat uns ungemein unterstützt. Ohne sein Wissen und, mit Sicherheit, ohne es zu wollen. Aber er war hilfreich. Darum habe ich ihm die Papiere für den Boxter dagelassen. Mit einer Nachricht. Hätte keinen Bock, in einem Laden zu arbeiten, in dem die Leute wie die Fliegen sterben. Das solle er dem Direktor bitte mitteilen. Und den Boxter würde ich nicht mehr brauchen. Würde in Zukunft Bentley fahren. Den Arnage...er wüsste schon.

Man trifft sich im Leben bekanntlich mindestens zweimal. Warum sollte man sich also einen Lebenskünstler wie Andy nicht warm halten?
 

Plötzlich rüttelt mich Jemand sanft an der Schulter. „Sai. Aufwachen. Wir sind im Landeanflug.“ Schade. Gerade habe ich so schön geträumt. Von Mr. Romanecu.

Und seinem Chauffeur. Boris. Ich lächele bei der Erinnerung.

„Stehen Dir gut, die schwarzen Haare. Boris“ Er lächelt auch.

Hübsch, wie immer. Ken.

Intuition - die Erste

Disclaimer : Projekt Weiß, cu123, tough - die beiden Letztgenannten machen

kein Geld damit

Erklärung : Oktober-Challenge des Inner Circle
 

cu123 hat ihren OC Schneider fest im Griff... und ich habe nur

versucht, ihn kurz einzubinden.

Ich erhebe nicht den Anspruch, ihn so korrekt zu schreiben

wie sie.
 

Warnung : es werden mehrere Kapitel

Widmung : kissos
 


 

Intuition – die Erste
 


 

Ganz langsam kommt wieder Licht ins Bild. Der Blickwinkel vergrößert sich, aber Farben leider Fehlanzeige. Grau in grau weiterhin. Vielleicht auch gut so.

Denn irgendwie scheint meine Lage beschissen wie nie. Seit dem Klick….
 

Ich weiß noch genau, dass ich die Kleine bis an ihre Haustür gebracht habe. Dass ich mal wieder den Kavalier spielen musste. Alles lag im Dunkeln, die Türbeleuchtung anscheinend defekt, der Mond nur eine schmale Sichel.

Und dann machte es klick….
 

Für einen Moment schließe ich die Augen. Vielleicht ist es einer dieser beschissenen Träume…. Aber eine befehlsgewohnte Stimme holt mich auf die Erde zurück.

„Nichts da. Augen auf. Genug geschlafen. Wir machen weiter, wo wir aufgehört haben… und ich werde Dich nicht wieder in eine Ohnmacht fliehen lassen.“

Klingt nicht mal hämisch… einfach sachlich. Nicht gut.

Leicht den Kopf bewegen, testen, ob noch alles dran ist… oder eine Beule zu viel.

Ganz leichter Schwindel, aber anders als sonst. Ich scheine nichts besonders Heftiges auf den Schädel bekommen zu haben.

Arme, Beine checken… und da haben wir das Problem. Mein unbekannter Gastgeber ist auf Nummer sicher gegangen. Und das gleich doppelt und dreifach. An den Handgelenken klirrt es. Anscheinend ganz profane Handschellen. Unter der Decke sind die Dinger mit Stricken an einem dicken Heizungsrohr befestigt. Meine Füße kann ich nur hüftbreit auseinander bringen. Auch da Stricke.

Nur, wie komme ich in diese Lage? Das ist wichtig, ich muss mich erinnern….
 

Der Abend war schwül. Die Großstadt unruhig, wie vor einem Gewitter. Und ich war… gereizt. Es herrschte schon viel zu lange Ruhe, für meinen Geschmack.

Training, ausruhen, warten… und alles wieder von vorn.

Irgendwie war mir nach Action. Unbewusst suchend ließ ich den BMW durch die zunehmende Dunkelheit schnurren. Die City mit ihren grellen Lichtern… nicht mein Revier. Und schon gar nicht heute.

Wenn mir jetzt so ein paar Tausendschönchen auf die Nerven gehen… gibt es Kollateralschaden.

Meile um Meile durchquere ich den Hotspot. Immer näher komme ich einem sehr bekannten Gebiet. Noch weit entfernt vom Hafen merke ich, wohin es mich zieht. Leise muss ich über mich selbst lachen. Freiwillig in die Schlangengrube. So bescheuert kann nur ich sein. Aber warum nicht? Kyoko ist eine Viper, aber immer unlangweilig. Und sie wird entzückt sein, wenn ich unvermittelt reinschneie.
 

Die Gegend wird dunkler, die Gebäude einfacher. Immer mehr Fabrikationsstätten mischen sich zwischen schmalbrüstige Wohnhäuser. Und immer wieder mal eine Bar für den Normalverdiener. Oft auch Treff für die ortsansässigen Gangs. Etwas schäbig, etwas gefährlich… und in letzter Zeit total angesagt bei den übersättigten Nachkommen der Oberschicht. Diese verblödeten Kids haben alles schon durch.

Jetzt brüsten sie sich mit ihrer Kontaktaufnahme zum organisierten Verbrechen, wollen den besonderen Thrill… und wissen nicht zu schätzen, wenn sie nur bestohlen, aber ansonsten wohlbehalten nach Hause kommen.

Was ist schon Daddys Kreditkarte im Tausch für das eigene Leben? Und hier stirbt

es sich dezenter als im Hafen, aber genauso schnell.

Ich biege um eine Ecke. Ab hier geht es nur noch geradeaus und ich bin bald in Kyokos Revier. Das ist die schnellste Route. Jetzt bin ich fest entschlossen. Die abgedrehte Halbchinesin wird mir die nötige Action für diese Nacht bieten.
 

Meine Scheinwerfer erfassen eine Szene, die mich genauer hinschauen lässt. Ich bremse weiter ab, lasse den schweren Motor nur leise blubbern… und ziehe abrupt rum, an den Straßenrand.

In der nächsten Sekunde bin ich draußen.

„Braucht ihr Hilfe? Dann können wir die Kleine ja zu Viert schubsen… oder so.“

Überrascht drehen sich alle Köpfe zu mir um. Eine kleine Japanerin, nicht lange aus dem Teeniealter raus, der Typ, der sie am Handgelenk hält und mit der anderen Pranke ihre Schreie unterdrückt. Und seine zwei Kollegen. Die blöden Mistkerle. Ihre Absichten sind deutlich.

Blöde kleine Bitch. Die sollte ihre Mum einsperren, bis sie alt und grau ist… wenn sie nur unbeschadet zuhause landet.

„Verpiss Dich in Deine Angeberkarre, sonst gibt es aufs Maul.“ „Wie kommt so ne Tusse überhaupt zu so einer heißen Karre?“ „Hör auf zu strampeln, Du blöde Schlampe.“

Okay, das war jetzt der nette Teil der Unterhaltung. Zwei liebevolle Ansprachen für mich, eine Anweisung für die Kleine. Untermalt mit eindeutigen Gesten und einem Schlag mit der flachen Hand gegen den Kopf der Kleinen. Ihre weit aufgerissenen Augen zeigten den Schmerz, die Angst… und etwas Hoffnung, als sie zu mir schaut.

Noch ziemlich abgeneigt, mich um den Privatkram anderer Leute zu kümmern…

lasse ich mich doch nicht gern beleidigen. Und dem Gör eine Vergewaltigung zu ersparen, nehme ich dann mal als gute Tat der Woche.

„Schluss mit lustig. Lasst sie los.“ Und da ich genau weiß, dass sie das bestimmt nicht freiwillig tun, setzte ich direkt nach. Zwei Schritte geben Schwung für den Sprungkick, der Nummer eins gegen die Hauswand schmettert. Sein Aufprall ist hart, seinen Schädel reißt es nach hinten. Touché. Er rutscht die Wand entlang runter auf das Pflaster.

Wenn die beiden anderen schlau wären, würden sie jetzt abhauen. Aber da ich weiß, dass solche Typen nie schlau sind, gibt es aus der Drehung einen Lowkick gegen das Knie des Nächsten.

Er hat keinen Bock mehr auf Sex. Dem könnte ich jetzt eine Nutte auf den Bauch binden. Der will nicht mehr. Der kniet völlig verrenkt auf dem Pflaster neben seinem schlafenden Kumpel und brüllt vor Schmerzen.

Ich drehe mich zu Nummer drei. Der hat noch gar nicht recht mitbekommen, was abgeht. Hat das Girlie losgelassen, aber ansonsten Null Reaktion. Da ich gerade dabei bin, kriegt er auch noch eine Lektion fürs Leben. Eine Dreierkombi vor die Brust und eine Faust unter die Nase. Zum Abschluss meinen Stiefelspann von unten in den Schritt. Hoffentlich hat er genug Eis im Haus… kühlen soll ja helfen.

Ich nehme nun das Handgelenk der wirklich kleinen Japanerin und ziehe sie zum BMW. „Steig ein. Üble Gegend für Dich. Ich bring Dich in die City.“

Wie eine Puppe lässt sie sich auf den Beifahrersitz drücken. Nur das nervige Schluchzen verrät, das sie lebt. Dicke Tränen rinnen aus ihren Augen. Schwarze Bahnen verraten, dass ihr Mascara nicht wasserfest war.

„Hör auf zu heulen. Ist doch vorbei. Wo kann ich Dich absetzen?“

Sie bemüht sich sichtlich. Fahrig wischt sie mit ihren schmalen Handrücken über die Augen. Kindlich, rührend. Anscheinend hat sie nicht mal ein Papiertaschentuch. Ich muss lächeln.

„Bitte, so kann ich nicht nach Hause. Meine Mutter bringt mich um. Und dann darf ich nie wieder raus, solange ich lebe. Ich muss mich irgendwo frisch machen.“

Na da hat sie mal Recht. Ihre Wange ziert ein roter Fleck, von der Ohrfeige.

Ihre Augen sind verschmiert und verquollen. Darunter ist ihr Gesicht so… frisch und jung. Unverdorben. Und ich habe Zeit. Mich erwartet ja keiner.

Einen Sekundenbruchteil fühle ich… nichts. Ist schon wieder weg. War zu flüchtig, das Gefühl. Also lächele ich ihr beruhigend zu. „Nimm Dir ein Taschentuch aus dem Handschuhfach. Du kannst Dich bei mir frisch machen. Mein Appartement ist in der Nähe. Okay?“

Und damit fing der ganze Bullshit wohl an.
 

Meine Bauchmuskeln schmerzen, wie nach einem harten Kampf, aber ich habe keinerlei Peilung. Mein Rücken drückt empfindlich gegen eine sehr raue Wand, wenn ich mich nach hinten hängen lasse.

Es ist an der Zeit, sich genauer umzuschauen.

Ich muss in einem Kellerraum sein. Es riecht etwas muffig und das erklärt auch die unverputzten Wände.

Eine nackte Glühbirne hängt von der Decke. Sie zeigt mir den Sprecher.

Da steht ein sehr großer Typ mittleren Alters im dunklen Anzug. Sieht aus wie so ein verfuckter Broker. Was ist los? Ist die Tokyoter Börse geschlossen?

Noch bevor ich den obligatorischen, viel besser in die Szene passenden Handlanger richtig registriere, überkommt mich ein stechender Schmerz. Beide Schläfen werden umklammert, der leichte Schwindel wandelt sich in Brechreiz.

Dann plötzlich klatschende Geräusche, dicht auf gefolgt brennende Schmerzen an Brust und Bauch. Das alles kenne ich doch. Crawford hat mich geschlagen, damals, damit Schuldig mich besser checken konnte. Voll Panik pumpe ich alle Energie in den Schild, der mein Hirn schützt.

Was auch immer der Typ will, er soll es nicht kriegen.

„Stopp. Es hat keinen Zweck so.“ Alles fällt gleichzeitig ab. Der Druck auf die Schläfen, die Schläge, mein Würgen in der Kehle.

Hustend versuche ich, wieder ruhig durchzuatmen. Wenn ich nicht bald checke, was Sache ist….

„Du bist gut geschult, dabei hast Du kaum Talent. Crawford hat sich ein gutes Team zusammengestellt.“

Intuition - die Zweite

Disclaimer : wie immer... und cu123

Warning : a little touch of yuri

Erklärung : manchmal sind Frauen die besseren Kerle

Widmung : kissos
 


 

Intuition – die Zweite
 

„Warum nicht einfach mit Gewalt… Sir?“ Der Handlanger mischt sich ein. Und obwohl der große Anzugträger ihm bestimmt keine Antwort geben müsste, scheint er sich um eine allgemeinverständliche Antwort zu bemühen. Und die interessiert mich auch, brennend.

„Weil mir kaputte Mitarbeiter nichts nützen, Harada.“ Sein Unterton schwingt noch nach. Und selbst Harada kapiert die unterschwellige Warnung. Nicht nerven, Bursche.

Handlanger sind ersetzbar, beliebig austauschbar.

Langsam wendet er mir sein Gesicht zu. Seine Augen sind unangenehm. Ich gehe kein Risiko ein, sondern fixiere den Punkt zwischen seinen Augenbrauen. Dabei scheint er mich gar nicht wirklich wahrzunehmen, sondern nur zu überlegen.

„Die Kleine hatten Sie ja im Handumdrehen im Griff, Mr. Schneider, Sir.“

Der Handlanger ist ein Schleimbeutel. Und wird überhaupt nicht beachtet.

Nicht vom Anzugträger und nicht von mir. Aber was er da eben gesagt hat, ist von Interesse. Die Kleine…. Ich weiß jetzt Bescheid. Nicht über das Warum, aber in groben Zügen über das Wie. Fuck. Im wahrsten Sinn des Wortes.
 

Der Fahrstuhl geht direkt von der Tiefgarage hoch ins Penthaus. Die Kleine staunt schon, während ihr noch immer die Schultern zittern, trotz der Wärme.

Ich schalte die indirekte Beleuchtung an und zeige ihr die Tür zum Gästezimmer.

„Da ist ein Bad. Mach Dich frisch. Du findest alles, was Du brauchst. Aber mach schnell, ich hab noch was vor.“

Ich warte im Wohnraum. Die Riesenscheiben lassen sich versenken. Der Blick über Tokyo-City fasziniert mich immer wieder. Nur aus dem Grund wollte ich das Penthaus.

So dicht am Puls der Großstadt… und doch so allein. Gewollt.

Mit einem doppelten Wodka in der Hand genieße ich den friedlichen Augenblick.
 

Ihre Schritte sind etwas zögerlich, als sie sich nähert. Ich mag meine Augen noch nicht von dem berauschenden Panorama lösen und frage, ohne den Kopf zu drehen.

„Und, besser jetzt?“

Sie scheint einmal tief durchzuatmen. „Es geht. Ich habe mich noch gar nicht bedankt. Wahrscheinlich würde ich jetzt gerade die Hölle durchmachen….“

Ihre Stimme klingt angenehm, aber immer noch zitterig. Für ein normales Mädel war das vorhin gut für einen Schock. Ich vergesse das immer.

Also drehe ich mich um.

Sie hat anscheinend schnell geduscht. Ihre ziemlich kurzen Haare sind leicht feucht. Aber ihre Augen sind immer noch verquollen. Ihr schwarzes Designerkleid hat sie sich wohl geliehen. Es ist etwas zu groß. Die schmalen Träger drohen von den schmalen Schultern zu rutschen. Und es gibt einen schönen Blick auf ihre Figur frei. Die Brüste sind nur knapp bedeckt. Aber gar nicht mal so klein. Vielleicht sogar mehr als bei Kyoko. Überhaupt, ein wunderschönes Decolleté.

Ein toller Teint. Cremig. Bestimmt seidenzarte Haut….

„Ich heiße Kimiko. Bestimmt sehe ich noch total schrecklich aus.“ Ich schaue ihr wieder ins Gesicht und sehe ein zaghaftes, aber irgendwie auch tapferes Lächeln. Sie hat sich noch nicht wieder komplett im Griff, aber sie bemüht sich. Damit hat sie einen weiteren Pluspunkt bei mir.

„Schrecklich ist übertrieben, aber so sollte Dich Deine Mum noch nicht sehen. Magst Du was trinken?“ Ich greife zu einem sehr alten, sehr sanften Cognac. Sie greift den Schwenker vorsichtig.

„Was ist das? Ich vertrage nicht viel Alkohol. In den Discos trinke ich meist nur eine Flasche Bier. Corona. Kennst Du das? Und musst Du nicht weg? Wie heißt Du eigentlich?“

Ein Minuspunkt fürs Plappermäulchen. Aber ansonsten recht niedlich.
 

Also sage ich, dass sie mich Sai nennen kann… und ja, Corona kenne ich.

Nicht schlecht, die mexikanischen Biere. Sie erzählt, dass sie Schuhe verkauft. In einem der Nobelläden, in denen die Reichgeborenen kaufen. Und sie völlig ignorierend, die Tipps über die angesagten Läden austauschen. Sie sei ja mit einer Freundin verabredet gewesen, aber die hätte dann kurzfristig abgesagt, Grippevirus oder so, und so sei sie halt allein losgezogen. Als die Typen sie umlagerten, sie antatschten, sie in die Seitenstraße drängten… war sie in Panik geraten.

An dieser Stelle kam noch mal ein Danke. Jetzt mit einem Lächelgrübchen in der linken Wange.

Und drei Cognacs weiter wird es wieder spannend.

„Ich wusste nicht, dass Tokyo bei Nacht von oben so schön ist. Wie viele Lichter das sind… unglaublich. Schön….“

Sie steht direkt an der Brüstung… und ich direkt hinter ihr. Sie schaut auf die City runter… und ich auf ihren Nacken. So zart, so zerbrechlich. Eine wunderschöne Linie.

Ich habe kein Interesse an den Lichtern. Ich setzte meine Lippen auf diese Linie.

Sie duftet nach Wasserlilien. Perfekt. Ich sollte meinen Serviceleuten einen Bonus zahlen.

Die Kleine dreht sich zu mir um. Überrascht… und zum Glück sprachlos. Eine gute Gelegenheit lasse ich mir nie entgehen. Wer weiß, was der nächste Tag bringt. Oder ob es überhaupt einen nächsten Tag gibt. Also nehme ich ihren Hinterkopf behutsam in eine Hand und ziehe sie noch etwas näher. Ich streife ihre Lippen und küsse ihren schönen Hals runter. Der lockere Träger ist mit einem Finger beiseite geschoben.

Ihre linke Brust ist perfekt geformt. Eine eindeutige Aufforderung, gestreichelt zu werden.

Ihr Atem an meinem Hals, aus leicht geöffneten Lippen… ihr zierlicher Körper liegt fast vollkommen in meinem linken Arm. Meine Intuition hat mich nicht getrogen. Die Nacht wird was ganz Besonders. Und Kyoko kann ich auch morgen Nacht noch besuchen. Ich nehme sie auf beide Arme und trage sie rein.

Sie wird etwas unruhig.

„Keine Angst. Ich bin sanft.“ Okay, sonst vielleicht nicht immer. Aber bei dieser Kindfrau halte ich mich zurück. Habe ja schließlich Selbstbeherrschung.

Und das zahlt sich aus….
 

Es ist noch so dunkel, wie es in einer Metropole wie Tokyo um 4.00 nur sein kann.

Ich bin zufrieden wie eine satte Katze. Und die Kleine möchte nur noch schlafen. Aber nicht hier, Kleines.

„Zieh Dich an. Ich fahr Dich nach Hause.“ Sie zieht eine Schnute, aber pellt sich aus den Laken.

Da kenne ich nichts. Bei mir übernachtet keiner. Aber ich bin Kavalier. Ich bin ein guter Lover. Ich sorge auch für ein sicheres Nachhausekommen.

Und das war mein zweiter Fehler.

Intuition - die Dritte

Disclaimer : Projekt Weiß Kreuz und cu123

Warnung : weitere Kapitel werden folgen

Erklärung : immer noch eine Challenge-Antwort

Widmung : kissos - wie die ganze Reihe 'Intuition' - es passt so gut
 


 

Intuition – die Dritte
 

Während ich den Punkt zwischen seinen Augenbrauen fixiere, schleicht die Zeit immer langsamer vorbei. Und dann steht sie still, die alte bitch. Als wollte sie ausgerechnet noch seine Chancen erhöhen. Und mir ist klar, dass ich an die Grenze meiner Belastbarkeit gelangt bin. Weiteren harten Angriffen auf meine geistige Unabhängigkeit werde ich nicht mehr lange standhalten können.

Dass ich körperlich und mental noch auf eigenen Füßen stehe, hat wohl nur mit seiner eigenen Kalkulation zu tun. Weil ihm ‚… kaputte Mitarbeiter nicht nützen’.

Aber ich will nicht zu seinen Mitarbeitern gehören. Ich will weg hier.
 

Und während ich weiter den alten Kämpfertrick anwende, nur auf einen Punkt zu starren, aber dafür peripher alles zu sehen, was wichtig sein könnte… und während er grübelnd durch mich hindurch zu sehen scheint… fallen mir immer mehr Details auf.

Er ist riesig. Womöglich noch größer als Crawford. Aber genau wie dieser wirkt er nicht plump. Die sparsamen Bewegungen bisher verraten einen durchtrainierten Körper, gepaart mit äußerster Effizienz. Auch ohne telepathisches Talent wäre er schon gefährlicher als die meisten meiner Gegner. Bullshit. Mir sind ausgeflippte Psychopathen lieber. Die kann man aufreizen, aus der Reserve locken, manipulieren.

Den hier… nicht mal ansatzweise. Jedenfalls ich nicht.

Was mag er aushecken? Seine extrem hellblauen Augen sind unangenehm. Wölfe oder manche Hunde haben solche blicklosen Augen. Aber sie weisen wenigstens nachgewiesenermaßen Sozialstrukturen auf.

Seine blonden Haare sind… eigentümlich frisiert. Messerhaarschnitt, schön kurz, schön deutsch. Passt exakt zu seinem Namen. Schneider. Gibt es in Deutschland eigentlich eine besondere Telepathenschwemme? Da lebe ich in Tokyo und mir laufen dauernd deutsche Supertelepathen über den Weg.

Die Stirnfalten werden von einigen längeren Strähnen bedeckt. Ist er eitel? Jedenfalls gönnt er sich eine individuelle Note, trotz aller Effizienz. Denn die Haare können ihm nicht über die Augen fallen, ihn nicht behindern… aber sie mildern den Gesamteindruck ab.

Sein Anzug ist dunkel, gedeckt, solide Qualität. Nicht das lässige Understatement von Crawford. Dem kann das Garn nicht edel genug sein. Luxus ist ihm ein Bedürfnis. Hauptsache, es fällt dem Durchschnitt nicht auf.

Der Anzug hier, wirkt… uniform. Und unwillkürlich suche ich nach Rangabzeichen. Bestimmt hätte er mindestens drei Streifen. Kapitän zur See. Mindestens.

Auf jeden Fall wirkt er puristischer, reduzierter als Crawford. Hätte nicht gedacht, dass das überhaupt möglich ist.

Noch bevor er ein Handy aus der Tasche zieht, weiß ich, dass er sich entschlossen hat. Unwillkürlich lasse ich meinen Atem flacher gehen. Nur nichts verpassen, Sai. Jetzt wird es richtig spannend.

Ohne sich abzuwenden, mit dem gleichen indifferenten Gesichtsausdruck,

stellt er Forderungen, als Fragen getarnt.

„Schneider hier. Ich brauche eine Einheit Thiopental. Kann ich das Zeug sofort haben?“ Anscheinend antwortet der Gesprächspartner mit Gegenfragen.

Eine leichte Vertiefung seiner Stirnfalten zeugt von seiner Ungeduld. Seine Stimme bleibt unverändert.

„Mir egal. Auf jeden Fall Natrium-Pentothal für geschätzte… 65 Kilo Körpergewicht.“

Wieder wartet er einen Einwand oder eine Frage ab. Immer noch ohne Veränderung kommt seine Antwort. „Weiblich, aber hoher Muskelanteil. Wenig Körperfett. Und höchstens eine Viertelstunde. Lieber wäre mir, wenn sie schneller abbaut. Ich komme jetzt sofort vorbei. Stellen sie alles bereit.“
 

65 Kilo… meint der etwa mich? Und Natrium-Pentothal… ist das nicht das Zeugs, das als Wahrheitsserum gehandelt wird?
 

Es bleibt keine Zeit für weitere Überlegungen. Der große Typ dreht sich auf dem Absatz um. Während er sein Handy wieder verstaut, geht er mit federnden Schritten der einzigen Tür entgegen.

„Pass gut auf sie auf, Harada. Ich bin bald wieder da.“

Die Tür fällt laut in ihren Rahmen. Stabiler Stahl. Keine Isolierung. Also ist das Haus verlassen oder der Keller separat schalldicht.

Und was bedeutet ‚bald wieder da’? In jedem Fall… handeln. Jetzt oder nie.

Ich schau mir Harada genauer an.

Er hat sich auf den einzigen Stuhl gefläzt und blättert in einem Heft. Wahrscheinlich ein Tittenmagazin. Auf dem Cover prangen nur zwei Riesenhupen und irgendein blond gerahmtes Dutzendgesicht.

Ob er wohl schon in Stimmung ist? Mal testen.

„Harada, ich habe furchtbaren Durst.“ Gut, das typische Weibchengequengel kriege ich nicht hin. Nicht mal jetzt. Aber ich gebe mein Bestes. Und Harada nimmt wenigstens den Kopf hoch.

„Nur ein Glas Wasser, bitte.“ Ich lasse mich etwas in den Fesseln hängen, als wäre ich ziemlich kraftlos. Dabei checke ich, wie viel Spielraum ich in den Dingern habe. Sieht wohl auch etwas lasziv aus, denn Harada steht auf und kommt unentschlossen näher. Nur noch nicht nahe genug. Ich torkele nach vorn. Jetzt zeichnet sich alles, was ich zu bieten habe, deutlich ab. Hoffentlich kommt er bald auf den Geschmack.

Harada, Idiot. Du bist nur ein dämlicher Handlanger und hattest gerade ein Tittenmagazin in der Hand. Nun mach schon, komm näher.

„Ich weiß nicht, Süße. Will nicht, dass der Boss sauer wird.“

„Nur ein Glas Wasser. Das merkt doch kein Schwein.“

Das war ein guter Auslöser. Die Denkarbeit hinter seiner flachen Stirn ist deutlich sichtbar. Wenn das mit dem Wasser kein Schwein merken würde, dann könnte ein entschlossener Typ direkt noch ein bisschen mehr für sich rausschlagen….

Stück für Stück schiebt er sich in die richtige Zone.

Er ist noch nicht auf Armeslänge heran, aber genau in Reichweite meiner Füße.

Jetzt muss alles klappen.

Ich springe hoch, packe die Fesseln, ziehe die Beine an… und dann katapultiere ich ihn zurück auf seinen Stuhl. Der Abflug ist so gut gelungen, dass er Brennholz fabriziert bei der Landung. Doch der schwerste Teil kommt noch. In den Handschellen hängend, ziehe ich die Füße rauf auf das Wasserrohr.

Nur mit der Linken einen Teil vom Strick gepackt, versuche ich das Stiefelmesser mit der Rechten zu erwischen. Wenn das runter fällt, ist alles aus.

Das Futteral ist eng. Ich ziehe extrem vorsichtig. Jetzt habe ich es zwischen den Fingern. Es ist nur ein einziger Strick, der die beiden Handschellen mit dem Wasserrohr verbindet. Wenn ich den durch habe, falle ich voll auf mein Kreuz… wenn ich nicht sehr geschickt bin. Dann findet Schneider mich wie einen Käfer auf dem Rücken. Hilflos, mit gebrochener Wirbelsäule.

Ich lasse die Füße oben eingeklinkt, während ich schneide. Faser für Faser verliert der Strick an Halt. Kurz bevor ich die letzte Faser angehe, lasse ich meine Beine runter. Mein volles Körpergewicht lässt die Sache von allein klappen. Der Strick reißt und ich lande weich abfedernd. Bleibe kurz unten, trenne die Fußfessel und orientiere mich. Harada rührt sich nicht. Der hat noch Pause. Dann los.

Zuerst suche ich nach den Schlüsseln für die lästigen Armbänder. Glück gehabt. Die finden sich in seiner Jacke.

Und meine Jacke liegt auch in der Ecke. Mein Handy ist unbeschädigt.

Ich will sofort weg hier. Weg von einem bald zurück kommenden Schneider. Weg von einer Droge, die mir unheimlich ist. Aber ich muss Crawford warnen. Sofort. Und dann hau ich ab.

Er meldet sich beim ersten Ton. Ich unterbreche ihn. „Hör genau zu. Mich hat ein Kerl namens Schneider erwischt. Er ist hinter Dir her oder hinter dem Team. Keine Ahnung. Ich sollte eine Sonderrolle spielen. Also setze ich mich ab. In den Hafen, zu meiner Freundin. Überseeverladestation. Kai 11. Da ziehe ich den Kopf ein, bis Du Entwarnung gibst.“

Ohne seine Antwort abzuwarten, trenne ich die Verbindung.

Ich gebe Harada noch einen deftigen Tritt in die Rippen. Abschied nehmen fällt mir immer so schwer. Und die Kleine bekommt auch noch mal Besuch von mir. Aber erst muss ich aus der Reichweite dieses Mr. Schneider kommen.

Ich habe nur ein paar Minuten gebraucht. Kann nur hoffen, dass sein Apotheker nicht um die Ecke wohnt.

Der Flur und die Treppe sind leer. Die Tür oben unverschlossen. Morgendämmerung wird von der frühen Sonne vertrieben. Wo bin ich? Kimikos angebliches Wohnviertel ist das nicht. Schäbige Häuser, kleine Läden. Von Schneider nichts zu sehen. Auslagen werden aufgebaut. Und nicht nur von Japanern. Vor dem Eckladen fegt ein älterer Chinese. Vielleicht habe ich Glück.

Die wenigen Brocken Chinesisch, die ich so oft gehört habe, lassen ihn mitten in der Bewegung erstarren. Besonders das Wort Kyoko hindert ihn fast am Atmen.

Ich lächele ihn sparsam an und fahre japanisch fort. „Du hast mich verstanden?“

Er nickt. Seine Angst ist greifbar. Und im Moment finde ich das ganz in Ordnung.

„Ich bin Kyokos Nummer eins. Ich brauche sofort ein Auto. Sofort. Beweg Dich.“

Seine Hand zittert, als er in die Tasche greift. Er hält mir stumm die Schlüssel entgegen, völlig in sein Schicksal ergeben.

„Welches?“ Er zeigt auf einen Nissan-Kombi, direkt am Straßenrand. Ziemlich neu für seine Verhältnisse. Vielleicht alles, was er besitzt. Ich werfe einen Blick auf sein Ladenschild. „Ich lasse den Wagen zurück bringen.“

Ohne Umwege steuere ich den Nissan Richtung Hafen. Weg von Schneider.

Und hoffe intensiv, dass Crawford alle Hinweise mitbekommen hat. Auch die, die ich nicht ausgesprochen habe.

Intuition - die Vierte

Disclaimer : Projekt Weiß - cu123 und tough

Warnung : weder Gewalt noch Sex, sry

Erklärung : auch Killer sind nur Menschen

Widmung : kissos
 


 

Intuition – die Vierte
 

Den Nissan habe ich weit genug vor Kai 11 geparkt. Kai 11… ,den es so eigentlich gar nicht gibt. Bei Crawford müssen sämtliche Systeme Alarm gegeben haben.

Er weiß genau, dass Kai 11 für die Tokyoter Unterwelt die gleiche Bedeutung hat, wie Little Big Horn für die nordamerikanischen Indianer… oder Wounded Knee, je nachdem wie die Sympathien verteilt sind.

Kyoko hat ihre Festung auf einem ganz anderen Pier. Kai 11 war der Ort ihrer endgültigen Machtübernahme. Hier war das legendäre Gemetzel, das ihren Ruf begründet.

‚Legt euch nicht mit der abgedrehten Halbchinesin an’ oder in Kurzform - Kai 11.
 

Ihre Beobachter sind überall. Kyoko hat ihre Augen immer ganz weit geöffnet.

Nur so hat sie bisher jede Krise gemeistert.

Ich möchte gern durchatmen, jetzt in der Sicherheit ihrer Festung. Aber meine innere Unruhe lässt sich nicht komplett abschütteln. Ich bin wach wie auf Speed.

Also dusche ich schnell, wechsele die Sachen und rüste auf. Es ist beruhigend, die Waffen zu spüren. Obwohl sie mir gegen Schneider nichts bringen würden. Trotzdem.
 

Kyoko schläft noch. Ihre Leute bemühen sich, sie nicht wegen Kleinigkeiten zu stören. So was kann sich nachteilig auf die Lebenserwartung auswirken.

Also kümmere ich mich selbst um die notwendigen Angelegenheiten.

Das Bereitschaftszimmer ist gut besetzt. Gerade kommen die Männer herein, die den Nissan zurück bringen sollten. Natürlich mit einem Umschlag. Der Wagenverleih soll sich für den Alten finanziell gelohnt haben. Außerdem sind kleine Gefallen immer förderlich, falls er mal auf Kyokos Gnade angewiesen sein sollte.
 

Kurzes Nicken signalisiert, dass der Nissan ohne besondere Vorkommnisse abgeliefert wurde. Theoretisch hätte sich Schneider ja noch dort rum treiben können…. Aber den habe ich anscheinend abgehängt. Trotzdem lasse ich die erhöhte Alarmbereitschaft bestehen.

Das Klingeln des Handys kommt unerwartet. Innerlich zucke ich zusammen. Mein Magen meldet Gefahr. Zu dicht scheint mir der Zusammenhang. Denn es ist das Handy des Typen, der hier den Befehl hat, bei dem die Infos zusammen laufen.

Und meine Intuition hat mich nicht getrogen. Er lauscht ohne Reaktion. Und dann hält er das Ding gegen seine Brust, ohne die Verbindung zu trennen. Noch bevor er mich anschaut, weiß ich, dass es mit mir zu tun hat.

„Ein Taxi hat ein junges Mädchen abgesetzt, noch weit vor unseren Linien. Sie hat mehrere Leute angesprochen. Sie sagt, sie heiße Kimiko… und sie fragt nach Sai. Das Taxi wartet anscheinend auf sie. Was sollen unsere Leute antworten?“
 

Kimiko. Das ist ein Hammer. Was will sie hier? Mir wieder eine Falle stellen?

Hat Schneider sie geschickt? Dann wäre er sehr schnell, hätte reagiert, ohne zu zögern. Nur, was sollte er noch von mir wollen? Ich bin doch total unwichtig. Er will doch Crawford, schätze ich.

Was soll ich jetzt tun? Sie einfach wegschicken lassen? Dann wüsste ich immer noch nicht genau Bescheid. Und hätte die permanente Ungewissheit, was zur Hölle Schneider mit mir vorhatte. Bleibt ein Restrisiko. Mehr als nur lästig.

Andererseits könnte ich mir Kimiko schnappen und sie ausquetschen. Um ihr anschließend den Arsch aufzureißen.

Nur, dann muss ich jetzt blitzschnell sein. Muss die Kleine in Sicherheit bringen, bevor Kyoko was mitkriegt. Denn sonst bleibt von ihr noch nicht mal ein Arsch übrig, den ich aufreißen kann. Und irgendwie ist ihre Kehrseite denn dann doch zu niedlich….

Bestenfalls prügelt Kyoko sie halbtot und schickt sie dann anschaffen.

Soll mir eigentlich egal sein. Verdient hätte sie es. Aber zuerst will ich sie sprechen.

Vielleicht ist sie ja auch total ahnungslos. Dieser Harada hat irgendwas davon erwähnt, dass Schneider sie problemlos im Griff hatte. Wenn er sie mental ‚im Griff’ hatte, ist sie eigentlich unschuldig. Das sollte ich in Erfahrung bringen.

Mein Gefahreninstinkt ist ausgeprägt, der wird mich nicht im Stich lassen. Besonders jetzt, wo ich wenigstens die Richtung weiß. Und wenn sie nicht in Schneiders mentaler Umklammerung ist, sondern nur ganz plump auf eine Mischung aus Bestechung und Erpressung hin agiert hat, dann kann ich sie eigenhändig… überreden, mir alles zu verraten, was sie weiß.

Diese Art der Überredung beherrsche ich auch, nur bleibt dann am Ende noch ein Stück Mensch im Ganzen übrig. Bei Kyoko ist das durchaus nicht sicher. Wenn sie erfährt, dass ich die Kleine auf der Matratze hatte… bestimmt eher nicht.

Also handeln. Und wenn nicht jetzt, dann nie. Wie so oft.
 

Kyokos Mann schaut mich immer noch an, wartet stumm auf meine Befehle.

Er würde nicht wagen, mich zu drängen. Wahrscheinlich waren es auch nur Sekundenbruchteile….

„Gib Anweisung, sie auf unser Gebiet zulaufen zu lassen. Sie sollen sie langsam näher dirigieren. Ich werde mich der Sache persönlich annehmen.“
 

Ich lasse mir ein Headset geben. So kann ich mich auf Umwegen anschleichen und gleichzeitig der Kleinen die Marschroute diktieren. Über den Umweg ihrer ‚zufälligen’ Begegnungen. Hafenarbeiter, LKW-Fahrer, Lieferanten, frühe Nutten, späte Kleinkriminelle… oder andersrum.
 

Es ist relativ easy, dank meiner Ortskenntnis. Ich lasse Kimiko einen kleinen Bogen schlagen. Verschaffe mir einen Zeitvorteil. Hetze durch Kyokos Gebiet und bin schon auf einem Flachdach, als die Kleine in meinem Blickfeld auftaucht.

Ich renne geduckt auf dem Dach ganz nach vorn und peile die Lage.

Keine Meldung über Headset, kein Schneider in Sichtweite. Auch sonst wirkt alles unverfänglich. Normales Alltagsbild.

Langsam kommt Kimiko näher. Sie ist noch relativ weit entfernt, wirkt verunsichert… und ganz mädchenhaft. Blue Jeans, ein duftiges, blumiges Irgendwas oben rum….

Mir fällt es schwer, bei dem Anblick an Verrat zu denken. Und doch…. Keine Ahnung, was in dem hübschen Köpfchen vorgeht. Dazu muss ich sie erst in die Hände kriegen.
 

Ein Hauch von Schwindel lässt mich noch einen Moment auf den Knien abwarten.

Was war das? Ich richte mich vorsichtig auf, aber es wiederholt sich nicht.

Ich schüttele den Kopf, versuche, ihn klarer zu kriegen. Kein Wunder, bei dem Schlafmangel. Hätte mir doch ein Amphetamin rein ziehen sollen.

Zu spät. Jetzt ziehe ich das Ding bis zum Schluss durch. Die Kleine ist noch weit genug weg. Ein paar Schritte Anlauf und ich springe auf das tiefer liegende Dach des nächsten Lagerschuppens. Auch dort sprinte ich bis zum anderen Ende.
 

Jetzt bin ich über ihr, sehe sie zögerlich weiter gehen. Immer wieder bleibt sie stehen, blickt sich suchend um. Ich mache das Gleiche. Immer noch alles ruhig.

Die letzte Anweisung war, Kimiko einfach geradeaus zu schicken. Sie ist noch nicht auf Kyokos Gebiet. Jetzt muss ich zugreifen.

An der Frontseite steht ein Truck. Ich springe auf den Container. Von dort auf das Fahrerhaus und auf die Schnauze des Ungetüms. Lautlose Landung auf dem

Asphalt mit den Teerflecken. Mit wenigen Schritten bin ich direkt hinter ihr.

Hinter ihrem Nacken, den ich mit einer Hand zerquetschen könnte. Was ich vielleicht auch tue, wenn sie mich absichtlich verraten hat. Wenn sie nicht besser ist, als die Nutten, die hier ihrem harten Geschäft nachgehen.

Das weiße, blumige Irgendwas ist halb durchsichtig. Will sie mich damit einwickeln?

Ablenken? Als wenn ich auf so was reinfallen würde….

Ich werde ihr das Teil mit einem einzigen Ruck vom Körper fetzen, bevor ich sie….

Sie hat meine Anwesenheit wohl gespürt. Abrupt dreht sie sich um.

Ein Leuchten geht über ihr Gesicht.

„Sai. Endlich.“

Intuition - die Fünfte

Disclaimer : Projekt Weiß - cu123 und tough

Erklärung : Irren ist menschlich

Warnung : Sai verunsichert

Widmung : kissos
 


 


 

Intuition – die Fünfte
 

Ihre Freude wirkt so echt, so unverfälscht. Nichts und niemand auf der Welt könnte so was heucheln.

Und noch mal sagt sie mit ihrer weichen, sanften Mädchenstimme meinen Namen.

„Sai.“ Klingt gut.

Sie hebt ihre Arme, möchte sie mir auf die Schultern legen… ich mache einen Schritt zurück. Nichts wäre mir lieber, als sie in meine Arme zu reißen… aber mein Misstrauen stoppt mich.

Ihre Enttäuschung scheint so echt wie ihre Freude. Jung und unerfahren… wo sollte sie gelernt habe, sich zu verstellen? Und doch….

Vor ihrer Haustür bin ich in eine Falle getappt. Weil ich sie nach Hause gebracht habe, hätte mich dieser Schneider um ein Haar voll Drogen gepumpt. Und was dann?

Ist doch nur gerade so eben gut gegangen. Also bleib ich erst mal auf Distanz, Baby.
 

Über mein Headset erkundige ich mich nach der Lage. Antwort ‚alles normal’.

Beruhigt mich nicht wirklich. Anscheinend bin ich nervöser, als ich es von mir gewohnt bin. Weiß nicht, was ich jetzt mit ihr anstellen soll….

Sie kann nicht hier bleiben, wo überall Kyokos Augen sind. Ich will aber den Hafen nicht verlassen. Wenn ich irgendwo in Sicherheit vor Schneider bin, dann in der Nähe der Halbchinesin und ihrer Leute. Gegen eine Hundertschaft fanatischer Anhänger mit Macs in den Händen ist er machtlos. Garantiert.
 

Wieder hebt sie eine Hand. Versucht es noch mal, Hoffnung im Blick. Tapfere, kleine Optimistin. Oder durchtriebenes Luder?

Abrupt fange ich ihr Handgelenk, bevor sie meine Wange berühren kann. Es knackt leicht. Schmerz verzieht ihr Gesicht.

„Sai, Du tust mir weh. Was hast Du nur?“

Gute Frage. Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber ich lockere den Griff. Vergesse immer, wie filigran die Frauen hier sind, im Vergleich zu mir. Und noch will ich ihr ihre Knochen nicht brechen….

„Was ist vor Deiner Haustür gelaufen? Nachdem Du rein gegangen bist? Schnell, antworte.“

Hätte ich nur Schuldigs Fähigkeiten. Dann könnte ich in ihrem Hirn lesen. So muss ich mich auf ihre Augen verlassen. Und auf meine Intuition. Sie wirkt völlig… überrascht. Ahnungslos wohl auch. Verdammt großes Kino, wenn sie das nur spielt.

„Wieso Sai? Was meinst Du? Was soll denn noch passiert sein…?“
 

Im Hintergrund kreischen die Schienen des schweren Verladekrans. Ich folge kurz ihrem Blick, zucke dann mit den Schultern. Ein großer Überseecontainer wird gerade zwischen den beiden Schuppen abgesetzt. Das ist nun wirklich nicht von Interesse.

Wahrscheinlich soll er aus einem der beiden Lagerräume beladen werden. Wir sind schließlich… am Kai 11. Ein schlechtes Omen für Abergläubische. Nicht für mich.
 

„Sag doch, Sai. Warum bist Du so… ernst? Ich dachte, Du wärst sofort zurück gefahren. Was soll denn noch gelaufen sein?“

Ihre Fragen klingen plausibel, wenn sie wirklich keine Ahnung hat, nicht Teil des Plans war. Ich bin ratlos. Habe selber keine Peilung im Moment. Wenn ich wenigstens wüsste, was sich vor der Haustür abgespielt hat.

Meine Erinnerung reicht bis zu einer letzten Umarmung. Meinerseits reine Pflichterfüllung. Mit einer Hand ihren Hinterkopf haltend, die andere an einer wohlgeformten Hüfte, mit den Fingerspitzen zum Abschied leicht ihren Oberschenkel antippend… und sie plötzlich mit aller Vehemenz an meiner Brust. Klammernd.

Irgendwie rührend, aber zugleich höchst lästig. Also habe ich sie unter ihren Achseln gepackt und ein Stück von mir weg geschoben.

„Nun geh schon rein. Ich bin müde.“

„Wann sehen wir uns wieder?“ Die von allen Nachtfalken, die nur im Dunkeln streifen, gefürchtete Frage.

‚Wann’ werden wir gefragt, dabei ist doch allein der Rest der Frage von Interesse…. ‚Sehen wir uns wieder’ ist die einzig entscheidende Sequenz… und die kann niemand von uns beantworten.

Gerade habe ich in meinem völlig übermüdeten Kopf einen Entschluss gefasst. So hat das alles keinen Sinn.

Im Hintergrund taucht ein Taxi auf und kommt langsam näher. Ich kann sie nach Hause, oder wohin auch immer, schicken. Vielleicht ist das ja sogar der Wagen, mit dem sie gekommen ist. Umso besser. Dann bin ich sie erst mal los. Ich muss schlafen, dann sehen wir weiter.
 

„Bitte, Sai. Ich habe Dich gesucht. Ich musste Dich wieder sehen….“

Klingt das kitschig…. Aber was hat sie gerade gesagt? Sie hat mich gesucht? Hier im Hafen? Woher weiß sie denn davon? Sie war nur in meinem Penthouse. Mir gehen sämtliche Lichter gleichzeitig an. Bullshit.

Ich packe ihr zweites Handgelenk und schüttele sie kräftig durch. Ihr Kopf fliegt vor und zurück. Sie ist anscheinend zu erschrocken, um zu schreien.

„Fuck. Woher weißt Du, dass ich im Hafen zu finden bin? Und jetzt gib bloß eine gute Erklärung, sonst drehe ich Dir hier auf der Stelle den hübschen Hals um, Baby.“
 

Das Taxi ist in der letzten verbliebenen Lücke stehen geblieben. Nicht von Interesse. Aber jetzt öffnet sich die Fahrertür. Ein sehr großer Mann steigt geschmeidig aus. Eine einzige, geschickte Bewegung im dunklen Anzug. Er wirft die Chauffeursmütze lässig zurück auf den Sitz und kommt mit großen Schritten schnell näher.

Ich drehe die Kleine und lege einen beidhändigen Hebel an ihr Genick.

„Keinen Schritt weiter, Schneider. Sonst ist sie Geschichte.“

Wie schnell können Kyokos Leute reagieren? Sind sie schneller? Oder der Deutsche, der mir Gänsehaut verpasst, wie schon sehr lange nicht mehr.

„Aber, aber Sai. Lass die Kleine los. Sie kann nichts dafür. Ich habe sie mental an der langen Leine. Und Dich dann auch gleich.“

Ruhig lächelnd zieht er ein Päckchen aus der Tasche. Ich brauche nicht lange raten. Ein Spritzenbesteck. Dann muss ich an ihm vorbei… und zwar sofort.

Hinter mir ist der Container, die Schuppen sind auch zu hoch. Ich muss an ihm vorbei. Wenn ich ihm Kimiko entgegen schleudere….

„Irrtum. Das Fliegengewicht würde mich nicht irritieren, Sai. Und Kyokos Leute kommen auch nicht. Störsender sind schon eine tolle Erfindung. Und nun zier Dich nicht länger. Bringen wir es hinter uns. Du kommst nicht an mir vorbei. Keine Chance.“

Er lächelt immer noch völlig ausdruckslos. Das scheint eine rein geschäftliche Angelegenheit zu sein. Aber warum ich? Was will er von mir?

„Wenn es Dich beruhigt. Es hat nichts mit Dir persönlich zu tun. Ich wollte Crawford und sein Team unterwandern. Den hast Du ja nun gewarnt. Aber Plan B ist auch nicht schlecht. Über Dich an Kyoko. Und nun her mit dem Arm.“

Intuition - die Sechste

Disclaimer : Projekt Weiß - cu123 und tough

Erklärung : Intuition ist der Dreh- und Angelpunkt

Warnung : Machtmenschen unter sich

Widmung : kissos
 


 

Intuition – die Sechste
 

‚Und nun her mit dem Arm.’

Er ist nur noch einige Meter entfernt. Und wir scheinen allein auf diesem Planeten.

Kimíko steht völlig still, ohne Regung, ohne Reaktion.

Die Entfernung zum einzigen Durchlass. Zu weit. Er ist zu nahe. Und zu schnell. Da könnte ich drauf wetten. War es das…?

Er lässt sich Zeit, näher zu kommen. Wickelt unterwegs das Spritzenbesteck aus….
 

„Hier, Sai. Hopp. Hoch mit dem hübschen Hintern.“

Rechts baumelt plötzlich ein dickes Tau vom Lagerschuppen. Knoten garantieren guten Halt. Farfarello zieht mich mit einem einzigen Ruck hoch. Neben Schuldig. Der Ire platziert sich wieder auf seinem Stammplatz. Neben Crawford geht er sprungbereit auf ein Knie. Schneider sollte jetzt keinen Fehler machen.
 

Der schaut nur einmal von Schuldig und mir zu Crawford. Nickt dem großen Amerikaner zu. „Lange nicht gesehen, Crawford.“

Das nenne ich mal Selbstbeherrschung.

„Kyokos Gang braucht nicht aufmarschieren. Ich weiß, wann Schluss ist. Wir müssen reden.“

Das klingt nicht nach Niederlage, nicht nach Verhandlung. Nicht mal nach gleichberechtigtem Partner. Er scheint immer noch im Befehlston bleiben zu wollen.

Crawford gegenüber? Interessant.

Ich atme innerlich ein paar Mal ruhig durch. Schuldig schiebt mir ein Grinsen rüber.

‚Relax, Baby. Wir waren doch rechtzeitig da.’ Rechtzeitig…? Kann man so sehen. Zwei Sekunden vor einem Megagau ist natürlich rechtzeitig… wenn man die Maßstäbe eines Schuldig anlegt. Alles reine Nervensache.
 

Crawford wirkt nicht im Geringsten beeindruckt. Warum sollte er auch? Er ist in der besseren Position. Verhandelt von oben nach unten. Mit einem Farfarello zu Füßen, Schuldig mit mir zur Linken und rechts von ihm wartet die ultimative Waffe. Nagi.
 

Mittlerweile hat es sich Kyoko nicht nehmen lassen, ihre Aufwartung zu machen.

Auf dem Schuppen gegenüber, inmitten einer ansehnlichen Menge Pistoleros. Alle mit Macs, wie in einem guten, alten, amerikanischen Gangsterfilm. Nun, es ist ihr Gebiet, da lässt sie schon aus Gewohnheit die Chefin raushängen.
 

„Worüber sollen wir denn reden, Schneider? Möchtest Du mir erklären, warum Du versucht hast, meine Strukturen zu infiltrieren? Warum Du nicht einfach Kontakt aufgenommen hast? Und warum Du geglaubt hast, Du könntest auch nur ansatzweise Erfolg haben?“

Knallharte Fragen. Beiläufig gestellt. Beide Männer haben so viel gemein.

Der Kerl unten hat sein Pendant hier auf dem Dach. Nur bevorzugt Crawford die hellen Anzugfarben, wenn es der Anlass erlaubt. Heute trägt er makelloses Eierschalweiß. Seine dunklen Augen kontrastieren noch schärfer als sein Haar.

Der ganze Mann ist….

Meine Überlegungen werden von Schuldig gestört. Er zeigt auf Kimiko runter.

‚Sie steht völlig im Stand By. Alles, was Recht ist. Das hat er drauf. Hätte ich selber nicht besser machen können….’

Seine selbst verliebte Art macht mich rasend. Es hat vollkommen ausgereicht, dass ich auf sein Können angewiesen war. Er nutzt jede Gelegenheit, um seine Spielchen zu treiben…. Und so dicht an einer Katastrophe war ich ewig nicht mehr.

Danke, Schuldig.

‚Da nada, Kleines. Ich hatte schon ewig nicht mehr so viel Spaß. Schneider, der betrogene Betrüger… und meine kleine Sai als Köder’.

Sein Grinsen ist durchdringend. Wie gern würde ich mich abschirmen, aber ich bin jetzt wirklich platt. Die vorsichtigen, aber energischen Versuche Schneiders abwehren, während Harada mir Schmerz als Ablenkung gab… und dann die Gemeinschaftsarbeit mit Mastermind. Ihm mein Hirn zu öffnen… und ihn filtern zu lassen, was Schneider wahrnehmen sollte… ich bin völlig ausgelaugt.
 

Eingeloggt war Mastermind schnell und routiniert.

Er hat mich in Kyokos Privaträumen schon erwartet, unbemerkt von ihren Leuten.

Crawford hat anscheinend sofort auf meinen Warnanruf reagiert. Sein Plan war perfekt…. Schuldig lockt unter meiner Signatur Schneider an, bis der in der Falle ist.

Nur der Teil bis dahin war… nicht so amüsant.

Meine Rolle spielen, als Ahnungslose. Und erst mal selber in der Falle sitzen. Schneider mit der Spritze immer näher kommen zu sehen…. So einen Job brauche ich nicht öfter.

„Ich hielt es für eine gute Vorgehensweise. Erst mal einen Brückenkopf einrichten, dann die Übernahme. Wir hatten ja lange kein Geschäft mehr miteinander. Ihr habt damals auftragsgemäß gehandelt und wir ließen Euch wie versprochen von der Leine.…“

„Und jetzt? Was hat sich geändert?“

„Nun, die Lage spitzt sich zu. Alte Vereinbarungen müssen überdacht werden, im Interesse aller. Und jedenfalls weiß ich jetzt genau, dass meine Reise nach Japan nicht vergebens war. Du hast ein perfektes Team, Crawford. Seit wann wusstest Du Bescheid?“

Weiß Schneider das nicht? Hat er nicht den Durchblick, ab wann Crawford das Heft in der Hand hielt? Er hat seit meinem Warnanruf keine Zeit verloren….

Schuldig neben mir kichert böse. Warum schaut er dabei zu mir?

„Schneider, Du müsstest mich gut genug kennen. Aber wahrscheinlich warst Du zulange in der geschützten Atmosphäre der Akademie. Die Welt hier draußen ist schmutzig und gemein. Hier lernt man besser laufend dazu… oder stirbt schnell.

Meine Fähigkeiten sind nicht mehr auf einem Level, das irgendwer bei Rosenkreuz auch nur annähernd ermessen könnte.“

Crawford teilt mit der großen Kelle aus. Innerlich applaudiere ich ihm. Die Momente der Panik, Schneider könnte mich in eine Art Zombie verwandeln….

‚Freu Dich nicht zu früh, Süße.’ Wieder kichert Schuldig laut. Und ein ganz böses Gefühl will sich in meinem Magen einnisten.

„Ich wusste Bescheid, seit Du einen Fuß auf japanischen Boden gesetzt hast.“

Mit voller Wucht schlägt sie ein, die Gewissheit. Die leise Unruhe, die unklare Intuition, war der Vorgeschmack auf das miese Gefühl nur eine Schachfigur zu sein, benutzt zu werden. Egal, von welchem der Spieler….

„Gratuliere Crawford. Du hast nicht nur Deine Fähigkeiten verbessert, auch Dein Stil ist unverwechselbar. Aber was, wenn ich Sais Widerstand geknackt hätte? Du hast sie in voller Absicht in meine Hand gespielt….“

„Was sollte schon passieren? Ihren Widerstand haben Schuldig und ich schon getestet… unter harten Bedingungen. Sie kann eine Menge vertragen, das war gut kalkulierbar.“

Schneider lässt nicht locker, stellt meine Fragen, während Schuldig neben mir unablässig kichert.

„Und doch, wenn ich sie geknackt hätte, was dann?“

Crawford schenkt mir nicht mal einen Seitenblick.

„Nichts. Dann wäre sie als Sicherheitsrisiko deklariert worden. Schuldig hätte sich des Problems angenommen.“

Und für eine Sekunde schweigt alles. Ich habe absolute Ruhe. Langsam sickert die Erkenntnis durch. Als perfekter Köder war ich ahnungslos… und chancenlos.

Standhalten, oder aussortiert werden. Crawford gnadenlos, wie erwartet.

Beweise Dein Können oder stirb.

‚Nun wenigstens hätte er Dich nicht selbst erschossen. Das hätte ich übernommen, meine Kleine. Premiumbehandlung.’ Und das meint Schuldig völlig ernst.
 

Crawford lacht kurz und freudlos auf.

„Jetzt bin ich wieder dran. Warum bemühst Du Dich persönlich hierher?“

Schneider ist das Plaudern anscheinend leid. „Nicht hier und jetzt. Zu viele Subalterne anwesend. Nur so viel… alte Widersacher aus grauer Vorzeit haben ihr Versteck verlassen. Besondere Vorzeichen zeugen von größerer Gefahr denn je.

Wir müssen sprechen. Ich werde Dich anrufen.“

Grußlos dreht er ab, geht auf das Taxi zu.
 

Siedendheiß fällt mir etwas ein.

„Schneider. Du hast da was vergessen.“

Ich zeige auf Kimiko. Egal, was hier gerade abgeht, aber eine junge Frau in mentaler Dauerabhängigkeit… das ist mir zu gruselig.

Er lächelt kurz hoch zu mir. Nicht mal unsymphatisch. Nickt seine Zustimmung.

Braucht nur einen kurzen Augenkontakt mit Kimiko, ist Sekunden später wirklich weggefahren.
 

Und die Kleine wirkt, als käme sie nach langer Ohnmacht zu sich. Sie schaut sich um, als sei sie gerade erst eingetroffen. Dann blinzelt sie hoch zu uns. Und ihr Blick bleibt an meinem Gesicht hängen. „Sai. Endlich.“

Sie scheint mich als einzigen Orientierungspunkt zu sehen, in einer Umgebung, die sie verwirrt, zwischen Menschen, die mehr als nur bedrohlich wirken….

Ausgerechnet mich. Überreizt, übermüdet…. Sie muss weg hier.

Ich schaue, wer sie nach Hause schaffen könnte, bevor…. Zu spät.

Kyoko hat ein paar schlaue Schlüsse gezogen. Oder wurde mit der Nase drauf gestoßen. Schuldig kichert immer noch.

„Kleine, was machst Du hier? Suchst Du einen Job? Ich hätte da was für Dich.“

Ihre Stimme trieft vor Gift. Wahrscheinlich schneidet sie in ihrer Fantasie kleine Scheibchen von der Süßen….

Ich springe mit einem Satz runter. Lande federnd neben Kimiko und fasse sie fest am Oberarm. „Komm, Du musst weg hier.“

Ihre schwachen Versuche, sich zu wehren, ignoriere ich. Sie hat mir kräftemäßig nichts entgegen zu setzen. Und meine Geduld ist am Ende. Ich stoße und zerre sie relativ grob zu einem von Kyokos smarten Japan-Boys. „Nimm Dir einen Kollegen und fahrt sie nach Hause. Und auf dem Rückweg bringt mir meine Karre mit.

Und beide bekommen besser keinen Kratzer ab, wenn Euch Euer Leben lieb ist.“

Ich drehe mich abrupt auf dem Absatz um.

Ich brauche Ruhe, eine Pause, wenn ich kann, Schlaf. Ich brauche keine weiteren Probleme. Und so schalte ich ab, während ich von hinten ihre Rufe leiser werden höre. „Sai, warte. Was habe ich falsch gemacht? Warum gehst Du einfach? Kann ich Dich wieder sehen? Sai….“

Interlude - Wiedergutmachung

Disclaimer : Projekt Weiß

Warnung : a little touch of yuri

Erklärung : Sai braucht keine... und ich auch nicht

Widmung : kissos
 


 

Interlude - Wiedergutmachung
 

Ihr Kopf liegt in meinem Schoß. Ich streichele ihre schönen Brüste und das tiefe Tal zwischen ihnen. Nicht in sexueller Absicht, denn wir sind beide satt und zufrieden.
 

Es beruhigt mich, ihren Körper zu berühren. Beiläufig, wie man eine schnurrende Katze kraulen würde. Und nach den Geschehnissen der letzten Tage brauche ich alles, was mein inneres Gleichgewicht wieder herstellen hilft.
 

Dass mich Crawford einfach so durch das feindliche Feuer gehetzt hat… einsehbar.

Auch die Verteilung der Waffen… ich mit einem Brotmesser gegen einen Hightech-Krieger… kann man noch als Vertrauen in meine Kampfkraft und Widerstandsfähigkeit verbuchen. Dass ich nicht informiert war über die von ihm vorhergesehene Falle… lässt sich nachvollziehen. Ein Gefangener kann keine Geheimnisse verraten, wenn er keine kennt.

Und doch… die Beiläufigkeit, mit der im Falle des Versagens mein Tod einkalkuliert war…. Die gehässige, hämische Amüsiertheit Schuldigs, der mich darüber informiert hat, war noch am leichtesten zu verpacken. Ihn nehme ich diesbezüglich nicht ernst. Er kann nicht anders. Aber Crawford…. Mit ihm bin ich noch nicht ganz durch.

Wenn ich selber kühl überlege, hat er perfekt entschieden. Vorher wäre ich ein erhöhtes Sicherheitsrisiko gewesen. Während der Aktion war keine Zeit. Aber nachher… irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass er mich kontaktiert.

Nun denn… ich werde es abhaken, wie so viel, wie eigentlich immer. Alles.
 

Ich richte mich auf und greife zu meinem Glas. Ausnahmsweise habe ich mir einen Rotwein aufgemacht. Kimiko rutscht ab und schlägt die Augen ganz auf. Ihrem hübschen Köpfchen ist das Grübeln anzusehen.

„Was hattest Du eigentlich mit diesen Typen im Hafen zu tun? Warum musste ich sofort weg? Und warum war diese Frau so…?“

Ihr fehlen die Worte, um Kyoko zu beschreiben. Das mag ich an ihr. Völlig unverdorben. Eine Viper wie Kyoko hat sie wahrscheinlich noch nicht mal im TV gesehen.

Aber sie schaut mich unverwandt an. Also werde ich ihr eine belanglose Antwort geben müssen, die ihr die Lust auf weitere Fragen verdirbt.

„Ich kann mir meine Geschäftspartner nicht immer aussuchen, Baby. Aber meine…

Freundinnen. Also nicht nerven, Kleines.“

Um sie abzulenken, fahre ich mit meinen Fingerspitzen unter ihren Brüsten über die eleganten Linien ihrer Rippen und die leichte Andeutung von Bauchmuskulatur.

Und so klingt es nicht so herb. Sie gibt sich zufrieden. Kluges Mädchen.
 

Aber schon wieder öffnet sie ihr Plappermäulchen. Müssen eigentlich alle typischen Weibchen so viel reden?

„Holst Du mich jetzt öfter vorm Laden ab, Sai?“

Das habe ich gerne. Da habe ich einmal den Märchenprinzen für sie gegeben… und schon will sie mehr. Etwas amüsiert schaue ich auf sie runter.

Ob sie sich vorstellen kann, dass sie es Schuldig zu verdanken hat?
 

Der hatte einen Riesenspaß, als er mir vorgestern seine neuen Stiefel unter die Augen hielt.

„Und? Stiefel. Schön….“

Das in den letzten Tagen nicht mehr zu stoppende Gekicher nervt langsam.

„Sai, Sai, Sai…. Die Stiefel… und ihre Verkäuferin. Beides schön. Und ihre Sehnsucht nach einer gewissen BMW-Fahrerin. Ihre quälenden Fragen, was sie wohl falsch gemacht hat, dass ihr erster weiblicher Lover nichts mehr von ihr wissen will. Und ihre Erinnerungen an die tolle Nacht…. Ui, Sai… Du hast wohl alle Register gezogen. Die Kleine ist ja hin und weg. Du bräuchtest nur mit dem Finger zu schnipsen und sie würde ohnmächtig vor Begeisterung. Aber ich glaube, ich werde Kyoko mal einen Tipp geben. So aus Solidarität einer alten Kameradin gegenüber…. Die Gute ist bestimmt ganz dankbar, wenn ich sie vor einer potentiellen Nebenbuhlerin warne….“

„Kimiko ist keine Bedrohung für Kyoko. Das weißt Du genau, Schuldig.“

Damit ist das Thema abgehakt.
 

Aber meine Gedanken laufen in einer anderen Richtung weiter….

Ich soll alle Register gezogen haben? Sie denkt immer noch an mich? Ist ja irgendwie… rührend. Sie wäre nie mit Kyoko zu vergleichen, die niedliche Maus… aber vielleicht sollte ich ihr wirklich mal zeigen, was ich alles zu bieten habe.
 

Und weil ich wissen wollte, ob ich mich in ihrer Nähe wieder so… gut fühlen würde… weil ich einfach neugierig war, ob sie sich wieder so leicht verführen lassen würde… und vielleicht auch, weil ich sie auf eine Art entschädigen wollte….
 

Aus verschiedenen Gründen stand ich dann gestern Abend vor dem verdammten Schuhladen, in dem sie arbeitet. Direkt gegenüber vom Eingang, an meinen BMW gelehnt.

Die obligatorische Security hat sich schnell wieder abgeregt, nachdem ich ein knappes Lächeln rübergeschickt habe. Verständlich, dass der abgehalfterte Cop beunruhigt war. Klamotten genauso schwarz wie die Karre, Sonnenbrille und das lässige Auftreten eines Menschen, der weiß, dass er nahezu jeden Kampf gewinnt…

hätten mich auch einen zweiten Blick rüberschmeißen lassen.

Aber er hatte genug Erfahrung, um mich als ungefährlich einzustufen, wenigstens vorübergehend.
 

Die letzten Kunden verließen den Laden. Und dann die ersten Angestellten.

Eine kleine Gruppe junger Männer. Ziemlich hipp gestylt. Ist ja auch ein erstklassiger Laden. Und nach Feierabend sollte es vermutlich direkt auf die Piste gehen.

Sie stoppten abrupt, als seien sie vor eine Wand gelaufen. Mitten im Rumgealber.

Ein Mund blieb deutlich offen. Und alles sah in die gleiche Richtung.

Strikt an mir vorbei, nur den BMW im Blick. Ich verstand sie so gut… könnte mich schließlich auch jeden Tag neu verlieben.

„Hey Mann. Schau Dir nur diese Karre an… die Reifen sind breiter als Dein Kreuz, Ito.“ „Doppelauspuff. Mann, ich will den Motor hören. Wetten, der röhrt wie ein Hirsch?“ „Da wette ich nicht, keine Chance. Was mag der laufen? 250? Oder ist der schneller?“ „Müsste man mal den Fahrer fragen….“

Und dann gingen die Blicke hoch zu mir. Immer wieder lustig. Wäre ich eine Tusse, im Ledermini und auf High-Heels unterwegs, hätten sie den Sugar-Daddy gesucht. Aber so… irritiert wichen sie zurück, verzupften sich in einem Durchgang zum Nachbarladen. Dabei hatte ich doch gar nichts getan. Ihnen nur einmal in Ruhe den Kopf zugegewandt.
 

Und so hörte ich plötzlich ihren Namen. Kimiko. Mitten im Geschnatter einer Schar junger Gänse. Anscheinend ihren Kolleginnen.

Durcheinander hüpfend kicherten und redeten sie gleichzeitig. Ein Knäuel junger Körper… schicke Outfits, wenig Geist. Reduzierte Aufmerksamkeit auf Oberfläche gerichtet. Und auf eine noch unsichtbare Gestalt in ihrer Mitte.

„Nun sei nicht so blöd, Kimiko. Komm schon mit. Das wird die super Party heute….“

„Lass unseren Trauerkloß in Ruhe. Mit dem Gesicht verschreckt die uns doch alle guten Typen.“ „Seid nicht so gemein zu ihr. Sie hat Liebeskummer, das sieht man doch. Lasst sie in Ruhe.“ „Wie lange denn noch? Ist doch schon letztes Wochenende gewesen…. Der Typ hat sich die ganze Woche nicht gemeldet, da kommt doch nichts mehr.“ „Außerdem… warum soll ich Mitleid haben? Sie hat uns doch rein gar nichts erzählt. Die hatte ein tolles Wochenende und wir erfahren nichts davon. Ist doch voll gemein so was.“

Für einen Moment öffnete sich der Kreis. Und so konnte ich sie sehen. Und sie mich.

Und dieser Moment… hatte etwas ganz Besonderes.

Interlude - Widerstreit

Disclaimer : Projekt Weiß und tough

Erklärung : Killer haben Gefühle

Warnung : tut ihnen nicht gut

Widmung : kissos
 


 

Interlude – Widerstreit
 

Sie genießt meine Berührungen, schwelgt anscheinend noch in der Erinnerung. Sie scheint so klar in ihren Empfindungen, so eindeutig… so anders.
 

Als sie mich gestern sah, noch an meinen BMW gelehnt, hätte alles geschehen können. Aber es war… anders.

Eigentlich hatte ich keine Erwartung, nur das unbestimmte Gefühl, ihr etwas schuldig zu sein. Und so stand ich reglos, überließ ihr das Weitere. Hoffte inständig, dass sie mir nicht quietschend oder heulend eine Szene macht. Wollte mit ihr essen gehen, vielleicht. Oder in eine Bar, ihr einfach beim Plaudern zusehen, oder so….

Aber sie… zögerte nur unmerklich. Kam zielstrebig auf mich zu, mit ihren kleinen, beschwingten Schritten und schaute mir kurz ins Gesicht.

„Sai.“ Mein Name klang wie eine Bestätigung. Und dann legte sie ihre Stirn gegen meine Brust, als wäre sie zu Hause.
 

Ich muss in dem Moment komplett erstarrt sein. Es lag so viel… Vertrauen in dieser Geste. Unabdingbares Vertrauen. Vollkommen verwirrend für mich….

Aber dann legten sich meine Arme ganz automatisch um ihre Taille und zogen sie näher.

Und für eine kurze, verhuschte Sekunde habe ich das Gefühl genossen.

Ihr Anschmiegen, die Umgebung vergessend, nichts weiter beachtend als die Sicherheit meiner Umarmung. Es war… rührend?
 

Und dann war ich sofort wieder in der Realität, registrierte die Reaktionen ihrer Kollegen. Das Stutzen, Wundern, Abchecken, Sortieren….

Sah das Schwanken zwischen Verachtung und Neid. Wollte ihnen kein Schauspiel liefern. Nicht auf Kimikos Kosten. Und schob sie vorsichtig einen halben Schritt zurück.

„Du hast einen Wunsch frei. Wo möchtest Du essen gehen?“

Sie nannte eines der angesagten Restaurants, für das man normalerweise Tage vorher reservieren muss. Aber das war nicht das Problem. Wozu gibt es Handy?
 

Das Problem… liegt jetzt hier.

„Hast Du Dir schon mal was so sehr gewünscht, dass es weh tut?“

Anscheinend hat sie auch eine intensive Phase der Grübelei. Und die Antwort wäre ja, wenn ich ihr antworten würde. Aber das hätte keinen Sinn, denn ich kann mich nicht mehr erinnern, wann ich die Wünscherei eingestellt habe. Als Spinnerei abgetan. Im Bewusstsein, genug Schmerz zu empfinden, auch so.
 

„Wieso?“ Gegenfragen sind unhöflich, aber taktisch ungeheuer wertvoll.
 

„Weil ich mir jeden Tag gewünscht habe, dass Du genau dort stehst… vor dem Eingang, an Deinen BMW gelehnt, auf mich wartend. Und ich habe jeden Abend die Lider zusammen gekniffen und gezwinkert… und gehofft, dass Du wirklich da bist. So deutlich hatte ich dieses Bild vor Augen.“

Sie rollt sich auf die Seite, schaut mir ins Gesicht. „Ich weiß nicht warum, aber ich wäre wieder in den Hafen gegangen, um Dich zu suchen, trotz der schrecklichen Typen, die ich dort gesehen habe. Es wäre mir egal gewesen, wie gefährlich das sein kann. Und es ist mir völlig unklar, warum ich weiß, dass ich Dich im Hafen wohl eher finden könnte als hier.“

„Vergiss es einfach. Es ist nicht wichtig.“
 

Nichts ist wirklich wichtig. Nicht für sie und nicht für mich.

Ich lebe doch nur noch irgendwie dem Ende entgegen. Immer auf dem Sprung. Getrieben durch Leute wie Crawford. Durch eine Verkettung von Ereignissen, die beschissener nicht ablaufen konnten. Von geborgter Zeit….

Ein plötzlicher, gewaltsamer Tod ist mir sicher. Heute, morgen, vielleicht ein bisschen später. Gefahr für alle, die dann mit mir sind.

Wenn sich das Loch bildet, durch das ich dieses Leben verlasse, tun sich Strudel auf. Unberechenbar in ihrem Sog. Dann will ich Unschuldige wie Kimiko nicht in meiner Nähe wissen.

Und das mit dem Hafen muss ich ihr auch austreiben. Da hat sie nichts verloren.

Kyoko würde sich abrollen vor Lachen, wenn sich das Frischfleisch schon freiwillig selber in ihr Schlachthaus liefert.

Kimiko sieht jünger aus als sie ist. Beste Voraussetzung für ne Karriere als Nutte.
 

„Sai. Woran denkst Du? Du hast ganz böse Augen, Du machst mir Angst….“

Ich schaue böse? Das will ich nicht. Nicht bei ihr.
 

Ich umfasse ihren Körper und ziehe sie hoch, ganz fest in meine Arme.

„Sch….“

Es ist angenehm, sie so im Arm zu halten. Ihre Wärme tut gut. Ihre Augen scheinen ständig zu fragen, was das Leben jetzt wohl Schönes bringen mag. Und im Augenblick verbindet sie ihre positive Einstellung wohl mit mir.

Schmeichelhaft, ohne Wenn und Aber. Wie gern würde ich sie einfach nur verwöhnen. Ihre Freude erleben. Und ihr so eine nette Mischung bieten… aus Weihnachtsmann, guter Fee und Märchenprinz.
 

Aber nichts da. Schluss mit der unnötigen Sentimentalität. Ich bringe sie nur in Gefahr. Sie und mich.

Diese Grübelei führt zu nichts. Macht mich nur mürbe. Zieht mir zu viel Energie ab. Und die brauche ich zurzeit für mich. Standortbestimmung ist angesagt. Verhältnisse müssen neu geklärt werden. Crawford ist noch nicht durch, Schuldig nicht und Kyoko erst recht nicht. Da reise ich lieber mit leichtem Gepäck und binde mir nicht noch einen Klotz ans Bein.

Und sie ist Ballast. Ein niedlicher… und überaus anziehender.

Unwillkürlich habe ich meine Berührungen wohl zärtlicher werden lassen. Sie biegt sich genießerisch meinen Händen entgegen. Ihr angenehmer Eigenduft spricht von erlebtem Vergnügen… und macht Lust auf mehr.

Und genau das wird jetzt passieren. Ohne Grübelei, ohne Bedauern, ohne Rücksicht auf Konsequenzen.

Morgen ist früh genug, ihr den Abschied zu geben. Jetzt gebe ich ihr, was wir beide wollen. Jetzt.

Interlude - Umbruch

Disclaimer : Projekt Weiß Kreuz macht die Kohle

Erklärung : der Inner Circle hat das Challenge-Thema 'Umbruch'

Warnung : Irritationen zu beenden, ist meistens brutal

Widmung : allen Sai-Fans (besonders kissos, jenki, Lunar...)
 


 


 

Interlude – Umbruch
 


 

Wir waren noch einmal gemeinsam essen gegangen. Vor den Toren der Stadt. Ein Restaurant mitten in einer Parklandschaft, Teich und Ziervögel inklusive. Romantik pur. Jedenfalls für Kimiko. Sie konnte sich kaum halten vor Begeisterung.

Und ich saß ihr gegenüber und genoss ihren Anblick.

Die wuscheligen Haare, das hübsche Gesicht, die wohlklingende Stimme… und wie sie mit dem Essen spielt, vor Aufregung.

Wenn sie wüsste, dass ich sie heute endgültig abservieren will…. Aber noch schiebe ich das grausame Ende des Abends hinaus. Hier im Laden will ich keine Szene.

Das unvermeidliche Geheule kann sie im BMW vor ihrer Haustür anfangen.

Wenn ich sie bei ihrer Mum abliefere.
 

Während des Essens hat sie meine wenigen Fragen ausführlich beantwortet.

Ihr Vater ist bei einem dummen Unfall ums Leben gekommen. Sie kann sich kaum an ihn erinnern. Muss schwer gewesen sein für ihre Mum, allein mit einem Kleinkind.

Hat ihre Schneiderlehre zuerst genutzt, um für die Nachbarn Änderungsarbeiten zu machen. Hat sich dann bis zu einem eigenen kleinen Laden hochgearbeitet.

Macht Maßanfertigung für Problemfiguren. Und kopiert für ihre Mode verrückte Tochter die angesagten internationalen Trends.

An der Stelle habe ich Kimiko gefragt, warum sie nicht Design studiert. Ihre Antwort war ganz einfach. Sie hatte keinen Bock mehr auf Schule, wollte lieber früher als später eigenes Geld verdienen.

„Dann wirst Du noch auf den Knien rumrutschen, um Tussen beim Anprobieren der Schuhe zu bedienen, wenn Du alt und grau bist. Willst Du noch ein Dessert?“

„Nein, Sai. Hier nicht. Lass uns fahren, ja?“

Sie wird frech, die Kleine. Gefällt mir eigentlich ganz gut. Aber es ist wirklich an der Zeit, sie los zu werden.
 

Wir gehen ein Stück. Der Parkplatz ist dezent ins Gelände integriert. Am Teich bleibe ich abrupt stehen. Ein seltsames Gefühl… von Bedrohung. Nicht direkte Gefahr, eher liegt eine Art... Ärger in der Luft.

„Was ist los, Sai?“ „Nichts. Los, zum Wagen.“

Ich umfasse ihre schmale Taille und zwinge sie, den netten Spaziergang zu beschleunigen. Dabei versuche ich, die schon ziemlich dunkle Umgebung zu checken.

Ich sehe absolut nichts Alarmierendes, aber das unbehagliche Gefühl bleibt.
 

Etliche Wagen stehen auf dem Parkplatz, das Restaurant war noch gut gefüllt.

Am besten, ich wechsele auf vertrautes Terrain… und das möglichst schnell.

Im BMW atme ich unmerklich durch.

„Setz Dich und schnall Dich an, heute noch.“

Mein Ton war wohl eindeutig. Sie handelt und schaut erst dann fragend rüber.

„Sai, sag doch….“ „Jetzt nicht.“

Geschmeidig gleitet der Schlitten durch die ersten Kurven. Hier kann ich noch nicht schnell fahren. Immer wieder gibt es Einmündungen von rechts und links.

In diesem riesigen Parkgelände liegen etliche Ausflugsziele. Ich will keine Familienkutsche rammen, oder irgendein Liebespärchen.

Ich will schnell in die City, aber sicher. Und dann will ich rauskriegen, was hier in der Luft liegt. Mit Ärger verbinde ich einige Gesichter. Vielleicht liege ich aber auch völlig daneben. Vielleicht sitzt der Grund auf dem Beifahrersitz. Das niedliche Ding, das mich entspannen lässt, aber auch so seltsam weich macht.

Vielleicht war es ja mein eigenes Bauchgefühl, mein Instinkt… da auf dem Parkplatz.

Wird wohl so sein, denn ich peile immer noch keine reale Gefahr, aber mir ist seltsam.

Das kenne ich nicht an mir. Und das will ich nicht. Ich will nicht weich werden. Ich will nicht grübeln. Ich werde sie abservieren. Heute noch.

Wieder öffnet sie ihren Mund, will Antworten. Ich sehe es aus dem Augenwinkel.

Ich komme nicht mal dazu, verneinend den Kopf zu schütteln… denn plötzlich sind Scheinwerfer im Rückspiegel, werden explosionsartig größer.
 

Ich ramme das Gaspedal kurz bis zum Bodenblech. Mir ist nach Abstand. Und ich will sehen, wer da so überraschend auftaucht. Der andere Fahrer muss in einer der Einbuchtungen gewartet haben. Jetzt habe ich die reale Gefahr, nach der ich eben noch vergebens geschaut habe.

In der nächsten lang gezogenen Kurve sehe ich die Breitseite des anderen Wagens.

Der Antritt des BMW ist eben unnachahmlich…. Bullshit. Die Karre hinter mir ist ein Lexus. Jetzt kann ich auch den Ärger mit einem Gesicht verbinden. Kyoko.
 

Okay, die Kleine muss in die City. Wenn ich sie sicher abgesetzt habe, werde ich mich der Halbchinesin und ihrem Überfallkommando widmen.

Noch ein paar Kurven und wir sind aus dem Grüngebiet raus. Auf der breiten Ausfallstraße kann ich dann alle Pferdchen rennen lassen. Da werde ich mir den nötigen Vorsprung verschaffen.

Fuck. Knapp vor uns kurvt ein Amischlitten scheinbar aus dem Gebüsch auf die schmale Straße. Zufall? Wohl nicht, denn der Fahrer zwingt mich runter vom Gas. Und er blockiert gekonnt die gesamte Strecke. Da komme ich nicht dran vorbei.

Wieder sehe ich seine Bremslichter. Die wollen mich hier komplett ausbremsen….
 

Wie auf Bestellung sehe ich die Ankündigung für einen Parkplatz. Dann wollen wir mal hoffen, dass der uns einen Ausweg bietet. Muss nur rasant schnell gehen, das Ganze. Nehme nur kurz den Fuß vom Gas beim Abbiegen. Gebe sofort wieder Gummi.

Müsste an dem Ami vorbei sein, ehe der merkt, dass ich einen kleinen Abstecher in die Botanik mache.

Fuck. Fuck. Fuck. Der hat gespannt, was ich wollte. Steht mit blubberndem Motor vor mir und verstopft die Ausfahrt. Ich hämmere den Rückwärtsgang rein und jage den BMW rückwärts. Powerslice. Vielleicht komme ich wieder auf die Straße….

Negativ. Der Lexus versperrt die Einfahrt. Ich habe mich perfekt in die Falle manövriert. So viel kann selbst ich nicht fluchen.

„Egal was passiert, Du bleibst im Wagen. Und wenn Du merkst, dass irgendwo Platz ist, hau ab mit dem BMW. Ich komm schon irgendwie in die City.“

Hoffentlich ist sie klug und macht, was ich sage. Hoffentlich kann ich Kyoko aufhalten. Kommt drauf an, welche Überraschung der andere Wagen für mich bereithält.

Während ich auf ihn zugehe, sinkt meine Hoffnung für Kimiko. Denn es ist eine Viper. Es ist Schuldig.

Lehnt lässig am Kotflügel, kichert wie blöde und winkt mir divenhaft zu.

„Überraschung, Sai. Schau mal, was Onkel Schuldig für Dich vorbereitet hat. Eine Party. Mit all Deinen derzeitigen Gespielinnen… oder habe ich eine vergessen? Lass mal sehen… die Halbchinesin, die da gerade auf Dich zustürmt… hat ihre besten Jahre schon fast hinter sich, die gute Kyoko, oder? Im BMW, noch völlig unversehrt übrigens, als Kontrastprogramm eine blutjunge Volljapanerin. Kimiko war der Name, nicht wahr? Na ja, muss man sich nicht merken. Wenn unsere Abgedrehte erst mal mit ihr durch ist, passen die Reste in eine Zigarrenkiste. Das wird ein Spaß.“

Für eine kleine, verträumte Sekunde lang stelle ich mir vor, ihn zu töten.

Aber ich habe jetzt keine Zeit für Spaß.
 

Kyoko ist schon fast am BMW. Ich renne ihr entgegen, denn da hat Mastermind wirklich Recht… sie sollte Kimiko nicht in die Hände kriegen.

„Geh aus dem Weg, Sai. Ich mache die Kleine platt und dann fahren wir nach Hause.

Also weg da.“ „Nein, Kyoko. Du wirst ihr kein Haar krümmen, das machen wir ….“

Rumms. Ihre Faust kracht gegen meinen Wangenknochen. Ansatzlos. Anscheinend hat sie keinen Bock auf ein klärendes Gespräch. Auch gut.
 

Ich nutze mein Wegtaumeln für Distanzgewinn und zahle es ihr zurück. Lowkick knapp über ihr Knie. Sie verzieht kurz ihr schönes Gesicht, aber blockt meine folgenden Highkicks. Sie kennt mich einfach zu gut. Taucht unter dem Letzten weg und gibt mir einen Handballenstoß vor die Brust. Ich sehe ihren Sprungkick kommen, aber kann nur meinen Kopf schützen.

Es drängt mir den kompletten Sauerstoff aus den Lungen und ich falle rücklings über die Motorhaube des BMW. Sie setzt einen Moment zu spät nach. Anscheinend humpelt sie. Ich ziehe einen Fuß an und vergrabe ihn unter ihren Rippen.

Hustend weicht sie nach hinten aus. Ich würde jetzt auch gern in Ruhe ein bisschen husten, aber… keine Zeit.

Ich schnappe nach ihrem Handgelenk, drehe mich hinter sie und lege ihr den freien Unterarm unter den Kehlkopf. Sie erkennt die Gefahr, aber je mehr sie kämpft, desto härter nehme ich ihren Hals in Arbeit.
 

Und dann, während wir fast synchron um Atem ringen… ein Moment der seltsamsten Klarheit. Alles scheint heller und deutlicher. Besser ausgeleuchtet, scharf konturiert.
 

Schuldig hat irgendwie Kimiko aus dem Wagen dirigiert, hält sie um die Taille, halb auf seinem Oberschenkel, lacht wie betrunken.

Kimiko stößt kleine, wehklagende Laute aus, versucht, Schuldigs Umklammerung zu lösen, zappelt mit ihren Beinen, die den Boden nicht annähernd erreichen.

Kyoko gräbt die Nägel ihrer freien Hand in meinen Unterarm, aber es wird immer kraftloser. Allmählich wird ihr Körper schwerer in meiner Umklammerung.
 

Und mit einem weiteren Herzschlag, einem weiterem Rauschen in meinen Ohren…

ohne unterscheiden zu können, ob es Kyokos oder mein Blut ist… mit einem letzten Blick auf Schuldig mit Kimiko auf dem Schoß… lockere ich den Griff.

Vorsichtig, denn ich bin mit einem Mal völlig ruhig. Leicht halte ich Kyoko, fühle ihren Atem auf meinem Arm, fühle, wie das Leben wieder spürbar durch ihre Adern pulst.

Und leise spreche ich beruhigend in ihr Ohr.

„Hör auf, Kyoko. Lass es gut sein. Er ist es nicht wert.“ Und während ich die Halbchinesin vorsichtig umdrehe, aber ständig fest in meinen Armen halte, schaue ich rüber zur Viper. „Kimiko, warte im BMW auf mich.“

Der zweite Blick geht etwas höher. Und wird nicht kommentiert. Schuldig braucht keine verbale Unterstreichung meiner Forderung, Kimiko sofort los zu lassen.

Die Kleine gehorcht umgehend. Sie scheint zu spüren, dass sie jetzt nicht dran ist, dass Größeres im Gang ist. Meine ungewohnte Ruhe, meine Entschlossenheit hat auch Schuldig erreicht. Sein dämliches Lachen ist verstummt. Gut für ihn.
 

Scheinbar habe ich mich in letzter Zeit zu sehr treiben lassen. Trotz meiner Stärke, scheinen alle möglichen Leute mit mir spielen zu wollen. Schluss damit. Es gibt Einiges zu klären. Und ich fange sofort damit an.

Ich löse meinen festen Griff und umfasse die schöne Wange vor mir.

„Es wird immer irgendeine Kleine geben, Kyoko. Finde Dich damit ab, denn schließlich komme ich immer zu Dir zurück. Fahr nach Hause und warte. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.“

Sie liest in meinen Augen, dann nickt sie. Ich streichele mit den Fingerspitzen kurz über ihre Lippen. Sie hat etwas Blut im Mundwinkel. Habe ich sie dort getroffen? Ich kann mich nicht erinnern. Zu schnell ging das eben… und eine von uns könnte tot sein.

Kyoko nickt noch einmal, dreht sich um und geht zum Lexus. Sie humpelt nur die ersten paar Schritte. Selbstbeherrschung par exellence.
 

Ich steige zu Kimiko in den BMW, ohne Schuldig noch weiter zu beachten. Hinter dem Lexus verlassen wir die kleine Lichtung, die mir gezeigt hat, was zu tun ist.

Ich streiche Kimiko über den Unterarm. Sie zittert.

„Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Jetzt ist alles in Ordnung, aber es gibt da ein paar neue Regeln.“

Und während ich sie zurück zu ihrer Mum fahre, mache ich ihr meine Bedingungen klar. Ich werde ihr ein Stipendium besorgen, dann kann sie sorgenfrei Textildesign studieren. Sie bekommt eine Telefonnummer, deren Anrufbeantworter ich regelmäßig abhöre. So können wir uns gelegentlich treffen, wenn mir nach etwas mädchenhafter Normalität ist. Sollte sie unangemeldet auftauchen, oder wieder nach mir suchen… werde ich sie eigenhändig zerlegen.

Das sind meine Bedingungen. Sie akzeptiert sie, langsam nickend. Sie ist nicht dumm.

Vor ihrer Haustür gebe ich ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. „Schlaf gut, Kleines.“
 

Bevor ich in den Hafen fahre, bevor ich Kyoko ein paar Dinge sage… nehme ich den Weg in ein ganz anderes Viertel.

Trotz des wenigen Verkehrs ist es eine gute halbe Stunde, die mir zum Nachdenken bleibt. Ich werde Kyoko nicht sagen, dass sie mir den Thrill bietet, den ich manchmal einfach nur will. Sie braucht nicht zu wissen, wie sehr mir ihre verdrehte, aber unabdingbare Liebe schmeichelt. Sie ist eine Regentin… und legt mir jeden Tag aufs Neue ihr Königreich zu Füßen. Ich bediene mich mit vollen Händen. Bin mir immer gewiss, dass es nie eine andere Frau für sie geben wird. Sie würde mich lieber töten, als mich mit einer Anderen zu sehen… und tut es doch nicht. Heute hat sie Kimiko angegriffen, nicht mich. Also werde ich ihr sagen, dass ich zu ihr zurück komme… immer wieder. Aber immer nur freiwillig. Meine Bedingung ist, dass sie nie wieder zu viel Druck macht. Und schon gar nicht, damit ein Schuldig seine grenzenlose Langeweile vertreibt.
 

Und jetzt bin ich am Ziel meiner vorläufig letzten Erledigung. Er ist wach, was sonst. „Crawford, Du schuldest mir noch ein paar Erklärungen. Ich höre.“



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Von:  JinShin
2009-07-20T16:29:51+00:00 20.07.2009 18:29
Hi,
da bin ich noch ein (wer weiß...?) letztes Mal.
Schade, dass du gar nicht weiter schreibst - ich hoffe, du schreibst und veröffentlichst es nur nicht hier auf Animexx. Wär sonst sehr schade um dein wirklich großes Talent!

Ich war sehr überrascht über diese kleine "Romanze"... mädchenhafte Normalität, wie Sai es nennt.
Aber es freut mich, dass sie auch mal was Nettes erlebt!
Und erstaunlich finde ich, dass ausgerechnet das, was weich und verletzlich machen könnte, gleichzeitig Sai so viel Kraft gibt, dass sie ihr Leben schließlich selbst in die Hand nimmt (soweit möglich).
Ich habe auch den Eindruck, sie übernimmt zum ersten Mal Verantwortung was ihre Beziehung zu Kyoko angeht; kann mich nicht erinnern, dass sie jemals freiwillig zu ihr gegangen ist... *?*

Das ist zumindest das, was ich daraus lese. Vielleicht liege ich auch total falsch.
Aber genau das macht mir Mut.

Eigentlich ein sehr schönes Ende.
Danke dafür.



Von:  JinShin
2009-07-14T10:19:55+00:00 14.07.2009 12:19
Komisch... bei dir finde ich WK gar nicht mehr langweilig... *grins*
Muss wohl an dem Können der Autorin liegen.
Schönes Rätselraten, wer denn nun wer ist... Bin dir voll auf den Leim gegangen.
Bis demnächst,
lese den Rest natürlich auch noch, bevor ich WK endgültig eintüte!
Von:  JinShin
2009-07-14T10:05:42+00:00 14.07.2009 12:05
Wieder so ein Kapitel der Extraklasse...
In Rückblende, gute Idee.
Alles perfekt durchorganisiert, von Crawford und von dir.
Dazu dein trockener Humor - einfach köstlich!
Von: abgemeldet
2008-02-05T15:14:29+00:00 05.02.2008 16:14
AAAARH! Wenn ich nicht der festen Überzeugung wäre, dass ein Lesen aller Kapitel dazu führt, dass sich Eindrücke verlieren und überschneiden, und ich zudem nicht so verteufelt stur sein könnte, ich würde die Episoden gleich nach der letzten Klausur am Stück runter lesen und das hauptsächlich, um die hier angedeuteten Entwicklungen nachverfolgen zu können. Ich erinner mich an die knappen Sätze der ersten Kaps, Sais lässige Souveränität, ihre (in Ermanglung eines besseren Wortes) Unabhängigkeit und ihre Art, hart und unverrückbar wie ein Fels in der Brandung zu erscheinen, an die einseitige, bisweilen schmerzhafte Liebe Kyokos und Sais nüchternen Umgang damit. Und dann das. Aber der Reihe nach ^^ .

Ein Umstand, der mir schon im ersten Absatz positiv aufgefallen ist: der Name Kimiko. Ich mag die Begegnungen zwischen ihr und Sai, die von einer gewissen Sanftheit bestimmt werden. Keine Schwäche in dem Sinne, mehr die Sanftheit vom Wasser rundgeschliffener Steine, ohne scharfe Kanten und doch noch immer steinhart.
Die kurze Szene im Restaurant hat etwas ungewohnt Leichtes, fast Verspieltes, betont durch kleine Details, wie Kimikos Spiel mit dem Essen vor lauter Aufregung. Ich kann mir die vorangegangenen Minuten lebhaft vorstellen. Schön integriert sind die alltäglichen, in Anbetracht der Anwesenheit einer Person wie Sai fast schon banal zu nennenden Informationen über Kimikos Leben, welche eine Illusion von bodenständiger Normalität erwecken. Und, täusche ich mich oder sind einzelne Sätze in diesem Interlude tatsächlich länger und weicher strukturiert, wie schon der auffällige Wechsel von Kapitel eins auf zwei, eine Anpassung an Sai?

Bisweilen scheint es mir so. Sprünge von kurz zu lang, von hart zu weich und wieder zurück, ein formales Gegenstück zu Sais Konflikt. An der einen Hand scheint sie Kimikos natürliche Unbeschwertheit wirklich zu genießen, an der anderen fühlt sie sich durch genau dieses Genießen geschwächt. Weicher werdend. Entspannung bedeutet nachlassende Aufmerksamkeit, Zuneigung bietet Schlupflöcher für Verletzlichkeit, und beides kann und will Sai sich nicht leisten. Also wird der Grund dafür – wenn auch nur in der Theorie – einfach abserviert. Angenehm allerdings der Umstand, dass sie selbst in Zusammenhang mit diesem harten Wort weiterhin Verantwortungsbewusstsein zeigt. Kimiko wird selbstverständlich noch nach Hause gebracht und nicht einfach als erledigt abgehakt und abgeschoben. Alles andere wäre Sai nicht gerecht geworden.

Auffällig sind im Kontext des Weichwerdens auch Sais diffuses Gefühl auf dem Parkplatz und der ungewohnt oft vorkommende Begriff „hoffentlich“ bzw. „hoffen“. Ich habe bisher nicht den Eindruck gehabt, dass Sai eine Person ist, die hofft. Analysieren, annehmen, Ziel festlegen, das Beste draus machen, das schien mir bisher ihre Handlungen geprägt zu haben, kombiniert mit einem Gefühl innerer Sicherheit. Wie hier geschildert, wirkt sie tatsächlich etwas weicher, obgleich keineswegs schwächer. Eher… einfach menschlicher. Sie ist nun einmal keine stumpfe Killermaschine.

Im Gegensatz dazu der erste Eindruck von Kyoko. Bei ihrem Anblick wäre ich in Sekundenschnelle auf dem nächsten Baum gewesen. Wie es aussieht, heißt es nicht umsonst, dass eifersüchtige Frauen die schlimmsten Feinde wären.
„Ich mach die Kleine platt und dann fahren wir nach Hause.“ Einfach, sachlich, brutal. Sai steht als Opfer/ Gegnerin erst einmal vollkommen außer Frage, ein Umstand, der in meinen Augen sehr für Kyoko und ihre Gefühle spricht. Ich hätte nicht gedacht, dass ich an diesen Punkt kommen würde, doch nach diesem Kapitel kann ich ihre Liebe als eben solche anerkennen. Besonders nach diesen Sätzen:
„Sie ist eine Regentin… und legt mir jeden Tag aufs Neue ihr Königreich zu Füßen.“
„Bin mir immer gewiss, dass es nie eine andere Frau für sie geben wird. Sie würde mich lieber töten, als mich mit einer Anderen zu sehen… und tut es doch nicht.“
Das ist so herrlich, dass ich Kyoko Glück wünschen möchte, vielleicht eines Tages doch mehr von Sai zu bekommen (auch wenn ich keine Hoffnungen hege). Nicht, weil sie mir Leid tut, sondern weil sie so hingebungsvoll liebt, auf ihre Art und Weise, unter vollem Körpereinsatz (im wahrsten Sinne des Wortes).

Auch mein Lieblingsabsatz dreht sich um diese beiden Frauen:
„Ich löse meinen festen Griff und umfasse die schöne Wange vor mir. ‚Es wird immer irgendeine Kleine geben, Kyoko. Finde Dich damit ab, denn schließlich komme ich immer zu Dir zurück. Fahr nach Hause und warte. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.‘ Sie liest in meinen Augen, dann nickt sie. Ich streichele mit den Fingerspitzen kurz über ihre Lippen. Sie hat etwas Blut im Mundwinkel. Habe ich sie dort getroffen? Ich kann mich nicht erinnern. Zu schnell ging das eben… und eine von uns könnte tot sein.“
Der plötzliche Sanftmut der Szene ist überhaupt nicht mit der ‚Niedlichkeit‘ (ich finde kein besseres Wort, auch wenn dieses hier nicht zu 100% passt) des Teils über Sai und Kimiko zu vergleichen, mutet aber gerade aufgrund der Spannungen in der Beziehung zwischen den Frauen noch süßer an. Ich freue mich auf mehr.

Und dann haben wir da noch Schuldig. Ehrlich, ich hätte es zu gerne gesehen, wie Sai ihre Faust auf seiner Nase platziert! Er hat sich ja großartig amüsiert; dieses kleine Szenario, das so große Wellen hätte schlagen können, entspricht sicherlich ganz seinem Geschmack. Schon sein Auftritt hat mich gereizt, noch bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hat. Damit, Kyoko und Sai gegeneinander aufzuhetzen (oder wenigstens die passenden Bedingungen zu inszenieren) ist er einen großen Schritt zu weit gegangen. Schuldig in Reinform – umso befriedigender, dass Sai sein Spiel durchschaut, mit seinen Regeln bricht und ihn letztlich sogar zum Schweigen bringt. Ich bin gespannt, was das für die Zukunft zwischen den beiden bedeutet. Sai machte nicht den Eindruck, als würde sie fortan noch einmal so leicht mit sich spielen lassen…

Drei schöne Umbrüche, die Beziehungen Sai-Kimiko/ Sai-Kyoko/ Sai-Schwarz oder auch die verspielte, naive Romantik/ Gefahr und Action/ härtere, fast brutale Romantik oder vielleicht die Kombination intuitive Grübelei/ Erkennen/ Konsequenz. Oder auch alle drei auf einmal, ineinander verschachtelt und nicht klar trennbar. Auf jeden Fall ein mir noch etwas unvertrauter, sehr spannender Beitrag mit schönen Momentaufnahmen, dessen stillschweigende Versprechen und artikulierte Konsequenzen hoffentlich ihren Niederschlag in den folgenden Episoden finden werden.
Und zu guter Letzt – ich habe wieder nicht alles aufgegriffen, aber mir geht die Puste aus ^^° - mein persönlicher Lieblingsspannungssatz:
„Und dann, während wir fast synchron um Atem ringen… ein Moment der seltsamsten Klarheit. Alles scheint heller und deutlicher. Besser ausgeleuchtet, scharf konturiert.“
Da hält man unwillkürlich die Luft an.


Oh, da ist noch einer: „Er ist es nicht wert.“
Ich denke, das muss ich nicht weiter kommentieren. Außer eines vielleicht: Ich hätte nur zu gerne sein Gesicht gesehen!

Von:  abranka
2008-02-02T09:41:33+00:00 02.02.2008 10:41
Livekommentar, wie immer eben.

„Wenn sie wüsste, dass ich sie heute endgültig abservieren will…. Aber noch schiebe ich das grausame Ende des Abends hinaus. Hier im Laden will ich keine Szene.“
=> Oha... Spiel zu Ende, was? So ein süßes Mädchen passt wohl doch nicht auf Dauer in Sais Leben. Wenigstens denkt sie es. Ob sich das auch alles so entwickelt? Abwarten... Ich glaub nicht so recht daran, aber ich bin auch ein grenzenloser Romantiker. *drop*

„Sie wird frech, die Kleine. Gefällt mir eigentlich ganz gut. Aber es ist wirklich an der Zeit, sie los zu werden.“
=> Wie heißt es so schön in Goethes Faust? „Zwei Seelen schlagen, ach in meiner Brust...“

„Vielleicht war es ja mein eigenes Bauchgefühl, mein Instinkt… da auf dem Parkplatz.
Wird wohl so sein, denn ich peile immer noch keine reale Gefahr, aber mir ist seltsam.
Das kenne ich nicht an mir. Und das will ich nicht. Ich will nicht weich werden. Ich will nicht grübeln. Ich werde sie abservieren. Heute noch.“
=> ...und sie grübelt doch schon längst. Obwohl sie genau das doch eigentlich gar nicht will.
Interessant, Sai so zu sehen. Ein wenig verwirrt, etwas durcheinander. Verletzlicher, nicht weicher. Das sicher nicht, denn jemand wie Sai ist einfach nicht weich. Aber... menschlicher.

Oha. Ärger mit Kyoko. Das hatte ich nicht unbedingt auf der Liste, aber es ist logisch und liegt nahe, nach dem, was doch kürzlich erst geschehen ist... Kyoko lässt sich schließlich nicht einfach so vorführen und Kimiko wird ihr nicht in den Kram passen...

„Es ist Schuldig.
Lehnt lässig am Kotflügel, kichert wie blöde und winkt mir divenhaft zu.“
=> Auftritt Mephisto, der ein wenig spielen will... Das dürfte interessant werden. Und Schuldig... Bei ihm ist es wohl müßig, nach dem Warum zu fragen, oder? Er neigt dazu, sich jeglicher Logik zu entziehen und dennoch fragt man sich, warum er diese Dinge tut...

„Für eine kleine, verträumte Sekunde lang stelle ich mir vor, ihn zu töten.“
=> Durchaus ein kleiner Hinweis darauf, dass ihr doch mehr an Kimiko liegt...

„Geh aus dem Weg, Sai. Ich mache die Kleine platt und dann fahren wir nach Hause.
Also weg da.“
=> Irgendwer sagte mal, dass eifersüchtige Frauen am gefährlichsten sind. Da ist wohl definitiv etwas dran. O_o

„Meine ungewohnte Ruhe, meine Entschlossenheit hat auch Schuldig erreicht. Sein dämliches Lachen ist verstummt. Gut für ihn.“
=> Scheint, als wenn da Schuldig etwas doch nicht auf seiner Rechnung gehabt hätte...
Cool, wie Sai Kyoko ausgeschaltet hat. Beinahe schon sanft – obwohl der Kampf absolut ernst war.

„Es wird immer irgendeine Kleine geben, Kyoko. Finde Dich damit ab, denn schließlich komme ich immer zu Dir zurück. Fahr nach Hause und warte. Ich habe noch ein paar Dinge zu erledigen.“
=> Kyokos Nachgeben ist schon fast zu einfach... Einfach so, obwohl sie gerade noch gerast hat vor Zorn und Eifersucht? Es... passt nicht unbedingt zu ihrem einnehmenden Wesen, jetzt einfach so zu gehen... Eher geht sie ihre Wunden lecken und kommt dann wieder... Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie bereit ist, zu teilen.

„Ich werde ihr ein Stipendium besorgen, dann kann sie sorgenfrei Textildesign studieren. Sie bekommt eine Telefonnummer, deren Anrufbeantworter ich regelmäßig abhöre. So können wir uns gelegentlich treffen, wenn mir nach etwas mädchenhafter Normalität ist. Sollte sie unangemeldet auftauchen, oder wieder nach mir suchen… werde ich sie eigenhändig zerlegen.“
=> Wie war das? Sie abschießen? ...klar... Und Sai hängt doch an ihr. Daran, sie wenigstens hin und wieder in ihrem Leben zu haben...

Das mit Kyoko... Soll das wirklich funktionieren? Ich kann es mir kaum vorstellen, auch wenn Kyoko weiß, dass Sai alles ernst meint. Und dennoch...

„Crawford, Du schuldest mir noch ein paar Erklärungen. Ich höre.“
=> Mal schauen, ob sie die bekommt...

Es war spannend, wie immer. Ein Umbruch steht definitiv an, denn Sai erkennt, wie sehr sie bisher durch andere „Mächte“ umhergeworfen wurde – und nimmt das Heft jetzt anders, fester und entschlossener in die Hand. Wie lange das allerdings gut geht – ob das überhaupt gut gehen... Wir werden sehen.
Crawford wird diese Art der Stärke wohl eher gutheißen, Kyoko... Nun, ich habe meine Zweifel ja geschildert. Und Schuldig... Seit wann kümmert sich Schuldig um die Wünsche und den Willen anderer?
Von: abgemeldet
2008-02-01T11:05:44+00:00 01.02.2008 12:05
Sai spielt tatsächlich für jemand anderen den Märchenprinzen! Aber anscheinend nicht nur für Kimiko, sondern auch für sich selbst. Um zu sehen, ob Kimiko ihr selbst wieder das gibt, was sie beim letzten mal gefühlt hat... Und aber auch, um ihr etwas schlechtes Gewissen zu beruhigen. Beide Gründe sind sehr gut nachvolziehbar!!
Und Sais Auftritt vor dem Schuhladen kann ich mir richtig schön vorstellen... Ist ein geniales Bild in meinem Kopf!!

Ach ja... Und ich bin sehr froh, dass Sai die Sache mit Crawford als noch nicht komplett beendet sieht!! Es scheint sie ja doch ziemlich mitgenommen zu haben...
Bin sehr gespannt, wie es da wohl weitergeht!!
Von: abgemeldet
2008-01-20T20:07:02+00:00 20.01.2008 21:07
Wow!! Ich bin schockiert! Mit dieser Wendung hab ich nun wirklich nicht gerechnet!!
Dass Crawford von Anfang an Bescheid wusste und Sai komplett ahnungslos bei Schneider ins offene Messer hat laufen lassen, finde ich extrem krass!

Wie Schneider selbst sagt: "Du hast ein perfektes Team, Crawford." Genau, er hat ein super Team zusammengestellt. Er hat sich die Mühe gemacht und versucht, Unklarheiten und Probleme, die die Kollegen untereinander hatten, zu beseiteigen. Und dann geht er so lapidar das Risiko ein, Sai vielleicht später, wenn auch durch Schuldig, töten lassen zu müssen?? Er sagt zwar, dass es gut kalkulierbar war, was auch ein Kompliment an Sais Fähigkeiten ist, aber trotzdem finde ich diese Aktion etwas zu leichtfertig angegangen.

Allerdings geht Sai dann dem Kyoko-Problem schön aus dem Weg, indem sie die kleine Kimiko einfach in einen Wagen setzt und wegbringen lässt. Gut gelöst!! ;-)
Von: abgemeldet
2008-01-20T19:29:26+00:00 20.01.2008 20:29
Geniales Kapitel! Die ganze Szene hat sich, Dank deines grandiosen Schreibstils, sehr lebendig vor meinem inneren Auge abgespielt! Die Spannung war zum Greifen nah!!

Sais Konflikt, ob sie Kimiko glauben soll, oder nicht, ist sehr gut dargestellt. Sie denkt daran, was Kyoko mit der Kleinen machen würde, wenn sie es herausfindet, oder ob Kimiko vielleicht die ganze Zeit unter der Kontrolle von Schneider war... Aber andereseits berührt es Sai doch irgendwo in in ihrem Inneren Kimiko wiederzusehen. Wie das wohl weiter geht???

Und dann die Erkenntnis, die leider etwas zu spät kommt, weil Sai wohl doch zu übermüdet und gestresst ist (wobei es bei mir auch so lange gedauert hat, bis es Klick gemacht hat): woher weiß Kimiko, dass sie Sai im Hafen suchen soll?? Tja, so uninteressant ist das Taxi dann wohl doch nicht.
Schneider taucht wieder auf, und die Situation erscheint wieder ausweglos! Bin gespannt, wie Sai da raus kommt!!
Von: abgemeldet
2008-01-18T09:12:07+00:00 18.01.2008 10:12
Wieder ein Kapitel, das mir ein mißtrauisches 'hm' im Kopf rumsummen läßt.
Sai hat einfach kein eigenes Leben, selbst wenn sie sich was sucht, wird sie kontrolliert. Schuldig, der ihre Liebschaften in die Hand nimmt, der sein Spiel spielt, ohne darauf zu achten, ob die Spielsteine explodieren ... je mehr ich lese, desto verwirrter werde ich.
Und warum behält sie Kimiko? Der Strang zurück zur Normalität? Ich komm mir vor wie meine Oma, die immer mit dem Kopf schüttelt und raunt: 'Oh Gott Kindchen, das nimmt kein gutes Ende.'
Aber wer erwartet so etwas schon?
Ich hab das Gefühl, als ob ihr wieder einmal gesagt wurde, dass ihr Leben nicht mehr, niemals mehr, in ihrer Hand liegen wird, egal wie sehr sie es auch versucht zu ändern.
Da hat Sai einen Teufel gegen eine handvoll eingetauscht und ist den ersten noch nicht mal losgeworden dabei.
Schön.
Es grüßt,
die Elster.
Von: abgemeldet
2008-01-16T18:58:43+00:00 16.01.2008 19:58
Schönes, spannendes Kapitel. Ich finde es faszinierend, wie Sai auch in ausweglos erscheinenden Situationen einen kühlen Kopf bewahren kann; sie ist halt Voll-Profi.

Und andererseits dieser geniale, trockene Humor, mit dem sie manche Sachen oder Situationen bedenkt: "Gibt es in Deutschland eigentlich eine besondere Telepathenschwemme? Da lebe ich in Tokyo und mir laufen dauernd deutsche Supertelepathen über den Weg." Super!!!

Dann bekommt für Sai die wahrscheinlich einzige Chance zur Flucht und sie kann sie auch erfolgreich nutzen - Sai macht den kleinen Schleimbeutel fertig!! :-)
Und zu guter Letzt kommt ihr Kyokos Freundschaft auch noch Gute. Den Trumpf hat sie perfekt ausgespielt!!


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