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Verloren?

Ein Kampf um das Leben eines Menschen
von

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Die Leere in mir

Ich hab mich dazu entschlossen, doch einen Prolog zu schreiben...In diesem soll es ein bisschen klarer werden, wie Kyoko fühlt, was sie überhaupt fühlt und vielleicht kommt ja auch daraus hervor, wie sie zu sich selbst steht ^^ Der Prolog ist übrigens aus Kyokos Sicht geschrieben.

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Würde man in meine Seele blicken, könnte man nichts erkennen. Nur Dunkelheit, die nichts hereinlässt und genauso wenig heraus. Mein Herz besteht nur noch aus Angst und Verzweiflung, nicht die Hoffnung treibt mich an, ich versuche nur vor weiterem Schmerz zu fliehen. Ich bin vollkommen leer, es gibt kein Vorwärtskommen, kein Zurück. Ich stecke fest, die Leere scheint mich fest in ihrem Griff zu halten, aber ebenso wenig möchte ich, dass sie mich verlässt, denn sie ist für mich Schutz und Qual gemeinsam. Ich habe keinen Grund mehr auf dieser Welt zu wandeln. Ich bin mehr Tote als Lebendige, niemand kann mich aus dieser Starre befreien. Man sagte mir, es gäbe viele Wege, man müsse nur genau hinsehen, um sie zu erkennen. Doch so lange und genau ich auch suchte, ich fand immer wieder nur den einen Weg. Meinen Weg. Eine Auswahl gab es nicht. Es schien wohl Schicksal zu sein. Da gab ich die Hoffnung auf Heilung auf und betrat den mir einzig übriggebliebenen und anscheinend vorherbestimmten Weg: Den Pfad des Todes. Meine Entscheidung war gefallen, die schon sehr blassen anderen Wege verschwanden nun vollkommen, meine Augen schlossen sich, ich fiel immer tiefer, nur die Dunkelheit fing mich auf, umgarnte mich, flüsterte mir zu, wie einsam ich war und ich hörte auf diese Worte. Sie waren mein einziger Halt, die einzigen Wegweiser, die ich finden konnte. Da gab ich mich der Dunkelheit hin, sie war mein Freund, sowie mein Feind. So treibe ich nun dahin, ein Nichts im Universum, eine einzelne verlorene Seele, gefangen in einer dicken zähflüssigen Schwärze, die im ganzen Körper anstatt Blut zu fließen scheint. Ich habe vergessen, wer ich bin und damit auch mein Herz verloren. Doch was macht das schon? Ich brauche keine Gefühle, keine Freunde. Das ist etwas für Schwächlinge. Und ich bin nicht schwach! Nein, das bin ich nicht...Kann ich nicht...Will ich nicht...Darf ich einfach nicht sein!

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Hmmm....Das habe ich nachts um 2 Uhr geschrieben, also bitte nicht zu viel Wert drauf legen ^^
 

gruß
 

black_wolf

Hoffnung?

Halli Hallo. Dies hier ist meine erste FF, also seid bitte nicht zu hart mit euren Kommis ^^
 

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Von den lauten Stimmen zweier streitender Menschen wachte Kyoko schließlich auf.

"Das kann so nicht weitergehen. Ich kann ihnen nur empfehlen, Kyoko zu einem Therapeuten zu bringen."

"Sie wird nicht damit einverstanden sein.", vernahm sie die Stimme eines zweiten.

"Aber für sie wäre es das Beste. Das ist nun schon das dritte Mal, dass ihr sie ins Krankenhaus bringen musstet. Seht ihr es nicht ein, dass man etwas unternehmen muss?"

"Darin stimme ich ihnen überein, Doktor. Es muss etwas geschehen, doch gleich einen Therapeuten?!"

"Den hätte sie schon beim ersten Selbstmordversuch benötigt, nun wird es allerhöchste Zeit. Oder wollen Sie, dass sie beim nächsten Mal wirklich stirbt? Niemand weiß, wann es sein wird, was ist, wenn Sie zu diesem Zeitpunkt nicht anwesend sind? Kyoko braucht eine therapeutische Behandlung, sonst sehe ich Schwarz für sie. Es wäre sogar nötig, sie unter Ganztagsbeobachtung zu stellen. Man weiß nie, was als nächstes passieren könnte."

Stöhnend rappelte sich Kyoko auf. Ihr Blick war etwas verschwommen, doch nach ein paar Sekunden klärte sich ihre Sicht. Sie befand sich anscheinend wieder einmal im Krankenhaus. Schwer ließ sie sich wieder in die Kissen fallen. Neben ihrem Bett standen ihre beste Freundin, Kanae, und der Doktor. Als sie gesehen hatten, dass Kyoko erwacht war, hatten sie sich ihr sorgenvoll zugewandt und beobachteten jede ihrer Bewegungen. Schließlich sprach Kyoko:

"Ich werde zu keinem Therapeuten gehen!"

"Was habe ich ihnen gesagt, Doktor? Sie wird sich niemals behandeln lassen. Es ist aussichtslos, ich kenne sie."

"Frau Mogami, wie geht es ihnen?" Dies war eine rein rhetorische Frage, denn jeder Blinde konnte sehen, dass es Kyoko scheiße ging.

"Bestens, Doktor. Mir ging es nie besser.", meinte daraufhin Kyoko sarkastisch. Diese Leier kannte sie schon. Von ihren letzten zwei Besuchen im Krankenhaus. Gleich würde er ihr wieder aufzählen, was für Verletzungen sie davongetragen hatte und was für ein Glück sie doch gehabt hatte, das jemand in der Nähe war, sonst wäre sie gestorben. Genervt schloss Kyoko wieder ihre Augen. Sie wollte einfach nicht mehr leben. Wieso begriff das niemand? Konnte es wirklich niemand nachvollziehen? Musste sie deswegen wirklich zu einem Psychiater? Nein! Das sah sie nicht ein. Es war ihr verdammtes Leben! Sollten sie sie doch in Ruhe lassen mit ihren ständigen Fragen, mit ihrer ständigen Bemutterung, aber vor allem mit ihrer Besorgnis und ihrem Mitleid. Sie brauchte kein Mitleid. Seit sie denken konnte, hatte es keiner gehabt. Und wenn, war es nur vorgetäuscht gewesen. Da wurde sie plötzlich aus ihren Gedanken gerissen.

"Hören Sie mir zu, Frau Manami?"

"Ja", meinte diese schläfrig und missgelaunt.

"Gut. Dann werden sie mir doch bestimmt zustimmen, sich sofort in therapeutische Behandlung geben zu lassen.", dies war keine Frage mehr, es war ein Befehl.

"Sie können mich zu nichts zwingen!", trotzig hob Kyoko das Kinn und starrte dem Doktor in die Augen. Ihre kleinen Dämonen standen mal wieder kurz vor einem Ausbruch. Doch da niemand mehr etwas erwiderte, versank Kyoko wieder in ihren Gedanken, die sich nur noch um den Tod drehten. Wann, wo, wie, waren die einzigen Fragen, die sie sich stellte. Gefühle, außer der Leere in ihr, kannte sie nicht mehr. Sie hatte keinen Lebensinhalt mehr, alles erschien ihr plötzlich so sinnlos. Die Schauspielerei, die Rache an Sho...Alles war ihr egal. Es regte sie nicht mehr auf. Sie hatte ihr Ziel schon vor langer Zeit aufgegeben gehabt. Die Gleichgültigkeit anderen gegenüber veranlasste Kanae zu ständigen Wutausbrüchen, doch dies interessierte Kyoko nicht. Selbst als Kanae ihr die Lüge auftischen wollte, Sho wäre nun der beliebteste Mann Japans, hatte sie nicht mehr als ein Schulterzucken übrig gehabt. War dieses "vor sich hinvegetieren", wie es Kanae ausdrückte, wirklich schädlich für sie? Sollte sie vielleicht doch...Nein! Niemals! Sie konnten ihr auch nicht mehr helfen, dazu war sie viel zu tief gesunken. Sie wollte gar nicht mehr aus ihrem Alptraum erwachen, er hatte sie gefangen genommen und hielt sie fest.Kyoko seufzte leise, nicht wissend, dass sie die ganze Zeit über beobachtet wurde. Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu den schicksalhaften drei Monaten zurück. In dieser Zeit hatte sie sich so drastisch geändert. Nicht ohne Ironie schaute Kyoko auf ihr altes Ich zurück. Nun hatte sie schon drei Charakterwandlungen hinter sich. Und keine der drei war diejenige, die ihr wahres Ich ausmachte. Sie seufzte noch einmal. Aber was war sie dann? Sie wusste nicht mehr, wie sie mit anderen Menschen umgehen sollte. Sie wusste, sie hatte alle enttäuscht. Sie, die starke und selbstbewusste Kyoko, war nun gebrochen und kannte nur noch den Wunsch nach dem Tod. Doch noch nicht einmal das wurde ihr gewährt. Und dies war ihr Lebensziel geworden: Ihr Leben und die Qualen, die damit verbunden waren, zu beenden. Sie wusste nicht, wie sie auf den Gedanken gekommen war, aber plötzlich musste sie an Ren denken. Sie hatte schon lange nichts mehr von ihm gehört. Aber das lag wohl auch daran, dass sie sich vollkommen abgeschottet hatte. Kein Fernsehen, kein Radio. In ihren Zimmern brannte immer Licht, auch Nachts, wenn sie eigentlich schlafen sollte. Ging sie in die Stadt, schauten sie die Leute seltsam an, so verbrachte sie die meiste Zeit in ihrem Garten oder in ihrem Haus. Das Haus hatte sie von einem Verwandten geerbt, den sie aber persönlich nie kennen gelernt hatte. Es war ein ruhiges Plätzchen, weit entfernt von jeglicher Zivilisation lebte Kyoko wie im 18. Jahrhundert. Sie hatte noch das Telefon abschaffen wollen, aber nachdem Kanae ihr damit monatelang auf die Nerven gegangen war, hatte sie schließlich zugestimmt, es zu behalten. Nur für den Notfall, versteht sich. Kyoko selbst rief niemanden an. Sie wusste auch nicht wen. Und da Kanae jeden Tag anrief, bei ihr einfach mal so reinschneite oder jemanden vorbeischickte, der nach ihr sah, fand sie auch keinen Grund sich mit jemanden in Verbindung zu setzen. Sie könnte natürlich Ren Tsuruga anrufen, sie hatte ja schließlich seine Handynummer, doch was wollte sie mit ihm? Nur eine weitere Person, die ihr auf die Nerven gehen würde. Sie brauchte niemanden. Und deswegen verstand sie nun auch nicht, wieso sie die nächsten Worte aussprach:

"Nun gut, ich werde zu einem Therapeuten gehen, aber ich kann euch versichern, es wird nichts bringen. Und ich werde diesen Unsinn auch nur einen Monat mitmachen! Aber dann lässt ihr mich gefälligst in Ruhe, verstanden?"

"Wenn du diesen von dir bezeichneten "Unsinn" zwei Monate mitmachst, dann bin ich auch mit deiner Forderung einverstanden.", dabei schaute Kanae aber dennoch verletzt. Sie waren beste Freundinnen, bedeutete dies Kyoko so wenig? Langsam verwandelte sich die Traurigkeit in Wut. Sie hatte sich nun schon monatelang mit Kyokos Depri-Stimmung rumgeschlagen, versucht sie aufzumuntern, sie aus diesem schwarzen Loch zu ziehen, doch all ihre Bemühungen waren fehlgeschlagen. Nichts als Uneinigkeit zwischen ihnen beiden. Bedeutete der Besuch eines Therapeuten also gleichzeitig das Ende ihrer Freundschaft? Das wollte und konnte sie nicht glauben. Sie hatten so vieles zusammen durchgemacht. Das konnte Kyoko nun wirklich nicht bringen, oder etwa doch? Zweifel kamen in Kanae hoch. Kyoko hatte sich stark verändert, das sah jeder. Ihr war alles egal geworden, sie wollte nur noch alleine sein. Das hatte Kanae in den letzten Monaten verhindert, doch wenn die Zeit abgelaufen war und sich nichts an Kyokos Situation geändert hatte, konnte sie auch nicht mehr für die Sicherheit Kyokos sorgen. Sie wollte ihr Angebot schon zurücknehmen, da hörte sie auch schon Kyokos Antwort:

"Gut, ich bin einverstanden."

Für Kanae brach eine Welt zusammen.

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UUUUUUUUUUUUUUUUUUUnd????????????? wie fandet ihr den Anfang???? Würd mich riesig über kommis freuen ;)))) ich hoff ja ma, sie gefällt euch...
 

gruß
 

black_wolf

Anfall

Danke sehr, für all die lieben Kommis. Ich hoffe, das nächste Chap wird euch auch gefallen. Ach ja, was ich vergessen hatte zu erwähnen: Die Story spielt nach Dark Moon. So, jetzt will ich aber nicht lang rumschwätzen. Hier kommt des nächste Kapitel:

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Nun war es soweit. Sie würde das erste mal zu einem Therapeuten gehen. Und immer noch hegte Kyoko deswegen Zweifel. Doch sie hatte sich entschieden. Sie musste sich ja nur zwei monatelang mit diesen Seelenklempner rumschlagen, dann wäre sie die anderen endlich los. Mit versteinertem Gesichtsausdruck ging Kyoko los. Sie hatte nie einen Führerschein gemacht und es gab auch keine Haltestelle in der Nähe, so war sie gezwungen, zu Fuß zu gehen. Man hatte ihr zwar angeboten, sie abzuholen, doch das hatte sie abgeschlagen. Sie war ja schließlich kein kleines Kind mehr, auf das man ständig aufpassen musste. Plötzlich hörte sie leise Schritte. Mit einem Schwung drehte sie sich um, doch da war niemand. Denkend, sie hätte sich die Schritte nur eingebildet, setzte sie ihren Weg fort. Es war noch morgens, die Sonne war hinter den Wolken versteckt und somit die gesamte Landschaft ins Dunkel eingetaucht. Unbehaglich ging Kyoko schneller. Da. Da waren sie wieder! Doch als sie sich abermals umdrehte, war wieder niemand zu sehen. Sie wurde immer unruhiger. Was war das für ein Spiel? Oder war es das überhaupt? Langsam steigerte sie ihr Tempo, bis sie schließlich rannte. Die geheimnisvollen Schritte verfolgten sie. Die Dunkelheit um sie herum jagte ihr Angst ein. Sie fühlte sich wie in die eine Nacht zurückversetzt. Sie bekam Panik. Waren sie etwa immer noch hinter ihr her? Reichten die Qualen, die sie damals durchmachen musste und von denen sie jede Nacht träumte, nicht? Wieso? Was hatte sie getan? Verzweifelt rannte sie weiter. Sie wusste nicht mehr wo sie hin lief. Einfach nur weiter, so schnell sie konnte, um dem Fremden zu entfliehen. Irgendwann kam sie vom Weg ab, aber das erkannte Kyoko schon nicht mehr. Blind vor Angst raste sie einen Hügel hinauf. Als sie eine Pause einlegte, schaute sie sich mit rasendem Herzen um. Doch sie sah niemanden. Auch die Schritte waren verklungen. Erleichtert und kopfschüttelnd wandte sich Kyoko um. Hatte sie jetzt schon Halluzinationen? Da war doch niemand! Sie wollte sich selbst beruhigen, doch das Gefühl, dass sie beobachtet wurde, blieb. Beruhige dich, Kyoko! Sprach sie sich selbst zu. Dann schaute sie sich suchend um. Nun stand sie vor dem nächsten Problem: Wo war sie?? Der Weg war wegen der Dunkelheit immer noch nicht zu erkennen. Erneute Panik erfasste sie. Wenn dieser Fremde sie einholen würde! Was würde dann passieren? Sie sah deutlich die Bilder der Vergangenheit vor sich. Schluchzend brach sie in sich zusammen. Mit ihren Armen umschlang sie ihre noch immer zitternden Knie. Tränen tropften zu Boden. Ein paar Minuten ließ sie sich so gehen, dann rappelte sie sich wieder auf. Sie wischte sich die Tränen weg und sah sich genauer um. Die Wolken hatten sich währenddessen verzogen und die Sonne wärmte Kyokos Körper. Doch die Wärme erreichte nicht ihr Herz. Langsam ging sie weiter. Sie wusste nicht wohin, sie ging einfach. Noch nicht einmal die Blumen, die unter dem Einfluss der Sonne noch heller und schöner leuchteten, konnten ihre Aufmerksamkeit erreichen. Wie eine Puppe ging Kyoko durch das Blumenmeer, gebeugt, als wäre sie schon uralt. Und immer wieder schossen ihr ein und dieselben Gedanken durch den Kopf: Wieso? Wieso ich? Was habe ich getan? Doch eine Antwort auf diese Fragen fand sie nicht. Sie wurde immer trauriger und verzweifelter. Eigentlich lebte sie ja gar nicht mehr. Ihr Inneres war gestorben, nur die leblose Hülle schleppte sich noch durch die Welt. Bald würde es alles vorbei sein. Dann würde sie endlich ihren Frieden finden. Sie war jetzt schon versucht, von dieser elenden Welt zu verschwinden, aber das Versprechen, das sie gab, hielt sie davon zurück. Und während sie vollkommen in ihren Gedanken versank, bemerkte sie auch nicht die Gestalt, die sich hinter einem Baum versteckt hielt. Die Gestalt begann zu grinsen, ein leises und herzloses Lachen entfleuchte ihren Lippen. Da war sie auch schon wieder verschwunden.

Nach einiger Zeit fand Kyoko schließlich den Weg wieder. Sie war nicht mehr allzu weit von der Stadt entfernt. Sie konnte schon die Lichter erkennen, die noch nicht ausgeschaltet waren. Es war ja schließlich noch ziemlich früh. Sie blickte auf ihre Uhr. Waaaaaaaaas?? Schon 8 Uhr??? In einer viertel Stunde hatte sie ihren Termin! Das würde sie niemals schaffen! Sie suchte nach ihrem Handy, um ihre Verspätung anzukündigen (zu dem Handy hat sie auch Kanae gezwungen ^^), doch wie es das Schicksal so wollte, hatte sie es daheim vergessen. Fluchend setzte sie ihren Weg fort, doch diesmal um einiges schneller. Plötzlich brauste ein Auto an ihr vorbei. Verwundert blickte Kyoko ihm nach. Hierher verirrte sich eigentlich nie jemand. Die Straße lag so abgelegen, dass sie eigentlich nur von wenigen Touristen, die die Landschaft bewundern wollten, benutzt wurde. Und natürlich von ihr. Da hielt das Auto an. Kyoko interessierte es schon nicht mehr. Sie hasste Touristen. Sie stellten nur dämliche Fragen und konnten nichts anderes als gaffen und nerven. So schritt sie schnellen Schrittes an dem Wagen vorbei und bemerkte nur nebenbei, dass es ein ziemlich teurer Schlitten sein musste. Aber nun musste sie sich wirklich beeilen! Doch eine Stimme hielt sie zurück. Eigentlich hatte sie keine Lust und vor allem keine Zeit für ein Gespräch, doch irgendwie kam ihr die Stimme bekannt vor. Sie drehte sich um und schaute auch schon direkt in braune Augen. Sie erstarrte zu einer Salzsäule und konnte nicht anders, als ihren Gegenüber weiterhin anzustarren. Schließlich fand sie ihre Sprache wieder.

"Was zum Teufel machen sie denn hier?" >>Oh nein, Kyoko!<<, schalt sie sich selbst. So unfreundlich hätte sie jetzt auch schon wieder nicht reagieren müssen...

"Ich kam ganz zufällig in diese Gegend und dann hab ich dich getroffen.", kam es ganz lässig von Ren Tsuruga zurück. Ihm machten ihr Tonfall und ihre Worte anscheinend nichts aus. Sie musterte ihn von oben nach unten. Er hatte sich kein bisschen verändert. Immer noch dieselben langen Beine (ach was, der ist garantiert nicht geschrumpft, Kyoko...^^), diese attraktive Stimme und vor allem sein Gentleman-Lächeln. Sein falsches Lächeln, das nie etwas gutes zu bedeuten hatte. Zumindest nicht für sie. Lässig stand er an sein Auto gelehnt und betrachtete sie nicht weniger intensiv. Als er ihren skeptischen Blick bemerkte, sagte er nur herablassend:

"Dummerchen. Ich wurde beauftragt, dich abzuholen. Daheim warst du nicht, also bin ich wieder zurückgefahren."

Ohne ein weiteres Wort zu sagen, hielt Ren ihr die Tür auf. Kyoko hatte wieder ihre Maske aufgesetzt. Auch sie sprach nicht. Sie ging auf ihn zu und stieg ins Auto. Die Tür ging zu. Wenig später wurde der Motor gestartet und es konnte losgehen. Auf ihrem Weg sprachen sie kein Wort miteinander. Abgesehen von: "Wo soll ich dich hinbringen?" Darüber war Kyoko dann doch erstaunt. Erst sollte er sie abholen und dann wusste er noch nicht einmal das Ziel? Nein. Er wollte sie bestimmt wieder nur ärgern. Doch seltsamerweise fühlte sie sich kein bisschen provoziert. Es war ihr vollkommen gleichgültig. Mit monotoner Stimme antwortete sie nur: "Zum Therapeuten." Überrascht musterte Ren sie, doch als sie nicht weitersprach, konzentrierte er sich wieder auf die Straße. Kyoko, währenddessen, blickte aus dem Fenster und sah sich die an ihr vorbei rauschende Landschaft an. Sie fühlte sich hier drinnen nicht wohl. Es war eng und leicht stickig, obwohl die Klimaanlage an war. Unweigerlich wurde sie wieder daran erinnert. Sie hörte sich selbst noch schreien. Die anderen Schreie. Und dann war es plötzlich ganz still gewesen. Ein leichtes Zittern erfasste Kyoko. Das entging selbst Ren nicht.

"Hey, was ist mit dir los?", fragte er sie mit sanfter Stimme. Doch Kyoko antwortete ihm nicht. Starr blickte sie nach draußen, mit ihren Gedanken ganz woanders. Er wusste, dass er sie jetzt nicht erreichen würde, so begnügte er sich damit, ihr immer wieder einen prüfenden Blick zuzuwerfen, doch kein einziges Mal blickte sie auf. Schweigend saßen sie nebeneinander, jeder hing seinen eigenen Gedanken hinterher. Kyoko wurde plötzlich immer unruhiger. Ihr Blick wanderte überall hin, musterten alles. Ihre Hände, die zuvor in ihrem Schoß gefaltet und ruhig lagen, spielten jetzt nervös mit dem Griff der Autotür. Ren schob das alles auf den kommenden Besuch beim Therapeuten, doch das war nicht der Grund.

Kyoko schloss die Augen. Panik hatte von ihr Besitz ergriffen, doch sie ließ es nicht zu, dass sie auch ausbrach. >>Ruhig, schön ruhig bleiben. Hier wird dir nichts passieren, Kyoko.<< Sprach sie sich selbst zu, was jedoch nichts nützte. Schweiß rann ihr an der Stirn herab. Ihre Augen waren mittlerweile zusammengekniffen und sie zitterte am ganzen Leib. Sie wollte sich zusammenrollen, doch der Gurt hinderte sie daran. Sie öffnete die Augen und sah schon fast panisch auf die Tür. Sie könnte doch...Nein! Sie hatte versprochen, zuerst einen Psychoheini aufzusuchen und sie würde dieses Versprechen nicht brechen. So wiegte sie sich vor und zurück, ohne auf die merkwürdigen Blicke Rens zu achten, der sich nun doch Sorgen um sie machte.

Zuerst hatte Ren ja nichts schlimmes befürchtet. Er wusste nichts von den Selbstmordversuchen Kyokos und dachte deswegen, sie würde beim Psychiater vielleicht irgendjemanden besuchen gehen. Als sie aber auch noch anfing zu zittern wie Espenlaub und die Augen angestrengt schloss, war es für ihn ziemlich sicher, dass sie die Probleme hatte. Nachdenklich blickte er sie an. Kyoko bemerkte es nicht. Mal starrte sie aus dem Fenster, mal schloss sie krampfhaft die Augen. Ihre Hände konnten nicht still halten. Immer wieder fuhr sie sich durchs Haar, dessen Ansatz mittlerweile vom Schweiß schon ganz nass war. Er wurde immer besorgter, beobachtete jede Geste, die sie tat. Ihr Körper war nun vollkommen verkrampft, kein Muskel mehr entspannt. Sie sah aus, als wollte sie jede Sekunde fluchtartig das Auto verlassen. So fuhr er auf einen kleinen Parkplatz und hielt an. Kyoko bewegte sich nicht. Sie stieg nicht aus, sie wandte sich ihm nicht zu. Sie starrte auf einen imaginären Punkt und schien nicht ansprechbar. Ren tippte ihr sanft auf die Schulter. Keine Reaktion. Jetzt, beim näheren Betrachten, merkte er, dass nicht nur ihre Haare nass waren, sondern ihre gesamte Kleidung an ihr klebte. Unruhig stieß er sie nun weniger sanft an, bis er sie schließlich schüttelte. Kyoko bebte am ganzen Körper. Plötzlich konnte sie nicht mehr stillhalten, mit zittrigen Fingern löste sie den Gurt, sprang aus dem Wagen und rannte ein Stück weit auf eine Wieso. Dort ließ sie sich nieder, schlang ihre Arme um ihre Beine und wurde wieder still. Etwas verwirrt und geschockt von ihrer Reaktion ging ihr Ren langsam hinterher. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. So kannte er Kyoko gar nicht. So...Ja, ängstlich. Sie schien wie ein kleines Kind, dass von Albträumen heimgesucht wurde. Was war nur geschehen? Etwas hilflos kniete er schließlich vor ihr nieder. Sie hob nur kurz ihren Kopf und blickte ihm in die Augen. Doch in diesen wenigen Sekunden sah er Verzweiflung und vor allem Panik darin. Sie schaute nicht wieder auf. Starrte dumpf und mit glasigem Blick vor sich hin. Ren war vollkommen überfordert mit dieser Situation. Unsicher legte er seine Hände auf ihre Schultern. Sie zuckte zusammen und entwand sich aus seinem Griff. Sie stand auf und begann wieder zu rennen. Um sie nicht aus den Augen zu verlieren, rannte er ihr schnell hinterher. Dabei schaute er kurz auf die Uhr. Sie hatten nicht mehr viel Zeit. Kanae hatte ihn gebeten, sie rechtzeitig zum Therapeuten zu schaffen, doch daraus wurde nun wahrscheinlich nichts. Kyoko rannte immer weiter, bis Ren schließlich einen ihrer Arme erwischte und sie festhielt. Sie wehrte sich, kratzte und trat um sich. Ren schlang auch noch seine anderen Arm um sie und nach drei Minuten gab Kyoko auf. Zitternd lag sie in seinen Armen, die Augen panisch zusammengekniffen. Schweiß rann ihr am ganzen Körper hinunter. Doch langsam beruhigte sie sich wieder. Sie atmete tief durch, doch das Zittern hörte nicht auf. Sie wäre zusammengesunken, hätte Ren sie nicht gehalten. Moment mal. Ren? Sich auf ihn stützend, drehte sie sich zu ihm um und blickte hinauf in seine Augen. Sie konnte keine Schadenfreude in seinen Augen erkennen, viel eher einen besorgten Ausdruck und vor allem Erleichterung darüber, dass sie sich anscheinend zu beruhigen schien. Kyoko wusste nicht, was seine Augen an sich hatten, doch sie wurde magisch von ihnen angezogen. Immer ruhiger wurde sie, bis sie auf ihren eigenen Beinen stehen konnte und sich ihre Atmung normalisiert hatte. Doch die Umarmung hörte nicht auf. Wie versteinert standen sie da und blickten sich nur in die Augen. Bis Kyoko schließlich zurückwich. Oder besser gesagt, stolperte. Da besann sich auch Ren und bevor Kyoko zu Boden fallen konnte, fing er sie auch schon auf und stelle sie wieder auf die Füße. Er fragte nicht, was mit ihr los gewesen war, wieso sie weggerannt war. Er stand einfach nur da und wartete auf eine Erklärung von ihr, würde sich aber auch damit zufrieden geben, wenn sie darüber schwieg. Er wollte sie zu nichts drängen. Er hatte sie in der Vergangenheit so oft verhöhnt und damit auch verletzt, da konnte er nicht erwarten, dass sie ihm ausgerechnet jetzt vertraute. Und Kyoko war ihm dankbar für diese Rücksicht. Sie wollte nicht darüber reden. Mit niemandem. Zumindest noch nicht. Sie selbst war mit sich selbst nicht im reinen, wie konnte sie da jemand anderen ihre Sorgen und Ängste erzählen? Außerdem brauchte sie keine Hilfe. Bald würde sowieso alles enden. Mit diesem Gedanken wandte sie sich von Ren ab, der etwas enttäuscht schaute, und ging zurück zum Auto.

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soo...des wars ma wieder...keine ahnung, ob das ein bisschen spannend war, würd mich wieder über kommis freuen. macht auch ruhig verbesserungsvorschläge, ich nehme sie gerne an ;))
 

gruß
 

black_wolf

Schwieriger Weg

Sooooo. Das hat jetzt etwas länger gedauert, sorry. Hatte aber in letzter Zeit viel zu tun und kam daher nicht zu meiner FF ;(( Also: hier ist das nächste chap:

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Schweigend fuhren sie die Landstraße entlang bis Ren es nicht mehr aushielt.

"Wieso musst du zu einem Psychiater?" Diese Frage hatte Kyoko schon vorher erwartet, aber sie brach so abrupt die Stille, dass sie zusammenzuckte.

"Nur zwei Monate...", murmelte Kyoko vor sich hin und ignorierte seine Frage.

"Was ist in zwei Monaten?", versuchte Ren das Gespräch aufzunehmen.

Kyoko schaute hinauf in seine Augen, doch nur wenige Sekunden, denn sie befürchtete, er könnte ihre Gedanken erraten. Geheimnisvoll sagte sie nur:

"Dann ist alles vorbei."

Rätselnd, was sie mit diesen Worten meinte, schwieg Ren nun wieder und konzentrierte sich wieder auf die Straße. Doch dieses mal war es Kyoko, die die Stille zwischen ihnen beiden nicht mehr aushielt.

"Das wegen vorhin tut mir leid. Ich wollte Ihnen keinen Schrecken einjagen."

Reflexartig murmelte er nur ein "Das macht doch nichts.", bevor er sich zusammenriß und sie einige Augenblicke lang musterte.

"Was war eigentlich mit dir los?" Kyoko schien immer kleiner zu werden. Sie schämte sich für ihren Anfall. Er war total unangebracht gewesen. Und deswegen wollte sie Ren auch nicht den Grund nennen, doch als sie ihn anblickte, wusste sie, dass sie ihm vertrauen konnte. >>Halt. Vertrauen?<<, meldete sich da ihre innere Stimme. >>Vergiss nicht, du hast einem auch schon einmal vertraut und bist bitterböse auf die Nase gefallen! Willst du, dass sich das wiederholt?<< Nachdenklich schnippte sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn und starrte hinaus aus dem Fenster, während Ren ruhig neben ihr saß und immer noch eine Antwort erwartete. >> Ich bin es ihm schuldig. So wie ich reagiert habe...Außerdem hat er mir geholfen. Er verdient es.<< Entschlossen wandte sich Kyoko Ren zu, doch Ren, der ihr soeben einen Stups geben wollte, um zu prüfen, ob sie noch da war, berührte dabei etwas unabsichtlich ihre Wange. Erschrocken wollte er seine Hand wegziehen. Aber Kyoko war schneller. Sie schnappte sich seine Hand und hielt sie fest. Ren konnte sie nur noch anstarren. Was hatte sie vor? Ihre Augen waren nun klar und vollkommen bei der Sache. War es für sie so anstrengend, ihm gegenüber die Wahrheit zu sagen, dass sie ihre volle Konzentration brauchte? Er wollte den Blick abwenden, aber er konnte es nicht. Sie hielt ihn gefangen. Wenn er auch nicht wusste wieso.

Kyoko war nicht weniger überrascht über ihre Reaktion als Ren. Doch sie wusste, dass sie die Hand jetzt nicht loslassen wollte. Und das verwirrte sie. Wie stand sie wirklich zu Ren Tsuruga? War er ihr wirklich so egal, wie sie es sich hatte einzureden versucht? Sie verfiel schon wieder in nachdenkliches Schweigen, bis ihr bewusst wurde, dass Ren seine Hand nicht weggezogen hatte. Sie fuhren nicht mehr. Das Auto stand auf der Straße. Noch mehr verwirrt suchte sie seinen Blick und erkannte etwas überrascht, dass sich Wärme in seinen Augen befand. Noch nie hatte er sie so angesehen. Oder hatte sie es zuvor nur nie bemerkt? Sie wollte nicht weiter darüber nachdenken, deswegen zog sie ihre Hand wieder zu sich, starrte aus dem Fenster und nach einer kurzen Weile, während Ren sie immer noch betrachtete und den Wagen nicht wieder anspringen ließ, beantwortete sie schließlich seine Frage:

"Ich...Ich...entschuldige, aber kannst du dich mit der Antwort zufrieden geben, dass mich der Geruch im Auto, das es hier so stickig ist und eng, mich überrascht hat? Ich habe wohl eine gewisse Art von Klaustrophobie, die in Zusammenhang mit einem bestimmten Erlebnis steht, an das ich mich aber nicht gerne erinnere.", sprudelte es aus Kyoko nur so heraus.

Ren, der etwas überrumpelt von dieser plötzlichen Offenbarung war, nickte nur, startete den Motor wieder und fuhr nun schneller als erlaubt die Straße entlang. Sie waren sowieso schon viel zu spät dran. >> Muss sie etwa wegen diesem "Erlebnis" zum Psychiater? << Ren schaute noch einmal kurz zu Kyoko, doch diese hatte sich schon längst abgewandt und starrte trübsinnig aus dem Fenster. >> Was ist, wenn sie noch einen Anfall bekommt? Ob ich sie wohl unterhalten soll, damit sie sich auf etwas anderes konzentrieren kann? << Er kannte Kyoko nicht mehr. Hatte er sie überhaupt jemals gekannt? Als kleines Mädchen und dann die rachenehmende Kyoko? Er wusste nur, dass er sie zu dieser Zeit besser gekannt hatte als jeder andere. Sogar vielleicht besser als sie selbst. Doch nun verstand er gar nichts mehr. Er verstand nicht ihr Denkweise und ihr Handeln. Hatte sie überhaupt gehandelt in der Zeit, in der sie nun zusammen waren? Außer ihrem Anfall, der nur aus einer Reaktion und einer Erinnerung zustande kommen konnte, nicht. Traurig blickte er hinaus. Was war nur geschehen? War es seine Schuld? Ach, Quatsch. Seit der Premiere von Dark Moon hatte er nur noch wenig mit ihr zu tun gehabt, wie hätte er da Schuld an Kyokos jetziger Lage sein sollen? >> Du warst nicht da, als sie dich brauchte. <<, sprach sein Gewissen. >> Und deswegen trägst du auch einen gewissen Teil dazu bei. <<, unbarmherzig sprach seine innere Stimme weiter. Er konnte sich nicht dagegen wehren, denn er gab seinem Gewissen recht. Er versuchte nur ein einziges Mal sich dagegen aufzulehnen. >> Aber sie hätte mich doch anrufen können!!! << >> Nach dem, was du ihr mit deinen Worten angetan hast? Du kannst kein Vertrauen erwarten, wo keines aufgebaut wurde! << Da verstummte Ren und ließ die ganzen Vorwürfe über sich ergehen. Plötzlich verspürte er eine Berührung an seiner Schulter. "Tsuruga-san?", fragte Kyoko zaghaft. Erst jetzt bemerkte Ren, dass er das Auto wieder angehalten hatte. Seinen Kopf hatte er in seine Hände gestützt und er saß gegen das Lenkrad gelehnt da. "Was haben Sie denn, Tsuruga-san?", vernahm er wieder Kyokos Stimme. "Nichts", murmelte Ren leise und so, dass es Kyoko kaum verstand. Auf einmal schaute er auf und direkt in Kyokos Augen. Dann meinte er immer noch etwas leise: "Bin ich daran Schuld?", er wusste selbst nicht, wieso er sie das nun fragte und bereute sie auch schon. "An was sollen Sie Schuld sein?", fragte Kyoko etwas überrascht. Sie wusste nicht, was er meinte und konnte es sich auch nicht zusammenreimen. Das es dabei um sie gehen könnte, das kam ihr gar nicht in den Sinn. "Ach, egal. Vergiss es." Ein Blick auf die Uhr ließ ihn zusammenschrecken. "Scheiße!", rief er aus und brauste auch schon wieder los. Kyoko wurde in ihren Sitz gepresst und starrte ihn nun aus großen Augen an. Aber das hielt nicht lange. Ihr Blick wurde wieder kühl und leer. Sie schaute durch ihn hindurch, das merkte Ren. Wo sie wohl gerade war mit ihren Gedanken? "Woran denkst du grade?", holte er sie aus ihrer Traumwelt wieder zurück in die Realität. "Wie?", fragte Kyoko etwas verwirrt. Sie hatte ihm nicht richtig zugehört. Leicht verstimmt darüber, dass er sie in ihren Gedankengängen gestört hatte, antwortete sie etwas zu gereizt: "Das geht Sie nichts an!" Sie bemerkte gar nicht seinen verletzten Ausdruck, sie wandte sich nur von ihm ab und sprach etwas sanfter weiter: "Fahren Sie mich bitte einfach nur zum Therapeuten. Noch nicht einmal das habe ich von Ihnen verlangt. Und falls Sie vorhaben, mich dort wieder abzuholen: Vergessen Sie es. Ich komme auch allein wieder nach Hause." Bei den letzten Worten war sie wieder etwas lauter geworden und durchbohrte ihn regelrecht mit ihren Blicken. Ren zuckte zusammen bei diesem Tonfall, doch er hatte sich schnell wieder gefangen. Mit ruhigem Blick entgegnete er ihr: "Ich will dich auch nicht fahren. Es gibt wahrlich viele Personen, mit denen ich im Augenblick lieber zusammen wäre als mit dir. Und ehrlich gesagt, bezweifle ich es, dass du allein nach Hause kommst. Ob du da auch wirklich jemals ankommen würdest! Bilde dir bloß nicht ein, ich würde mich jetzt mit dir deswegen streiten. Ich habe einen Auftrag bekommen und den werde ich ausführen!" Nun war es Ren, der Kyoko durchdringend und mit eiskalten Augen musterte. >> Da ist sie wieder. <<, dachte sich Kyoko. >> Diese eiskalte Arroganz. Er hat sich kein bisschen verändert. Er kann mich immer noch nicht ausstehen. << Seltsamerweise war sie darüber traurig. Das verstand sie nun gar nicht mehr. Seit wann machte es sie traurig, wie andere über sie denken? Sie dachte, das hätte sie schon längst abgelegt. Aber dieses Gefühl in ihr erkannte sie sofort als Trauer. Wirklich die Trauer darüber, dass Ren sie nicht mochte? Noch nie leiden konnte? Genau definieren konnte sie den Grund nicht. Er blieb ihr rätselhaft. Das Auto wurde wieder schneller. Ein Blick auf die Uhr und Kyoko wusste auch wieso. Es war schon 8.30 Uhr. Sie waren schon 15 Minuten zu spät. Der Seelenklempner würde sauer auf sie sein, dachte Kyoko lächelnd. Ihr machte das nichts aus. Es war ihr egal. Sie wollte da ja sowieso von Anfang an nicht hin. Was machte es da schon, wenn sie zu spät kam? Musste sie sich wenigstens nicht so lang den Schrott anhören, den man ihr einzureden versuchen würde. Da fiel ihr auf, dass sie gar nichts auf Tsurugas Worte erwidert hatte. Sie war tatsächlich so weit mit ihren Gedanken abgeschweift, dass sie nicht auf seine provokativen Worte eingegangen war. >> Ich härte mich langsam gegen seine Kommentare ab. <<, erklärte es sich Kyoko einfach. >> Er würde mich nur wieder als unreif bezeichnen, dass ich ihm trotze. Doch das ist jetzt vorbei. Ich bin nicht mehr die Kyoko von früher. Ich habe mich verändert und das ist gut so. Wieso mache ich mir überhaupt darüber Gedanken, ob ich jetzt etwas erwidere oder nicht? Das ist doch vollkommen bescheuert! << Sauer auf sich selbst stützte sie ihr Kinn auf ihre Hand und funkelte Ren an. Doch dieser schien gar nichts zu bemerken. Er hatte sich auf die Straße konzentriert und lenkte den Wagen schnell und sicher durch die endlos scheinenden Kurven bis sie schließlich an den ersten Häusern vorbei rauschten. Leute, die einen Spaziergang unternahmen, schrien ihnen irgendetwas hinterher, doch Ren achtete gar nicht auf sie. Er wollte Kyoko nicht noch später abliefern. Einige Male mussten sie anhalten, weil der Weg zur Psychiatrie nicht ausgeschildert war, und die Einwohner nach dem Weg fragen. Schließlich, nach weiteren zehn Minuten kamen sie endlich bei ihrem Ziel an. Mit einem "Ich hol dich später wieder ab. Warte auf mich." und einem bösen Blick, der Kyoko nur sprachlos nicken ließ, verabschiedete sich Ren und verzog sich zu einem naheliegenden Café, in dem er den Eingang im Auge behalten konnte. Nun stand Kyoko vor der Tür. Sie traute sich nicht, sie zu öffnen. Irgendwie hatte sie Angst vor dem, was sie drinnen erwarten würde. Doch schließlich nahm sie ihren Mut zusammen, legte ihr Hand auf den Knauf und stieß die Tür auf.

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hmmm....irgendwie gefällt mir das chap nich so gut *kritischguck* was haltet ihr davon? hoffe, das nächste wird wieder etwas länger un besser ^^
 

gruß
 

black_wolf

Erster Besuch

So. hier kommt das nächste Chap. Keine Ahnung ob des gut ist ^^ Kyoko landet endlich beim Psychiater *lol* nach nem langen, anstrengend Weg dorthin, hat sie's endlich geschafft...Na ja, viel Spaß beim lesen ;)))

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Als die Tür ganz aufgestoßen war, lugte Kyoko in das Innere des Gebäudes. Was sie sah war ein menschenleerer Gang, vollkommen weiß, sie konnte keinen Staub erkennen. Kein Geräusch drang an ihr Ohr. Nur am Ende des Ganges befand sich eine Tür, die sie fast übersehen hätte, da sie schon fast mit der Wand zu verschmelzen schien. Schnell schritt sie darauf zu. Erschreckend laut klangen dabei ihre Tritte auf dem Boden, widerhallend von den Wänden. Unbehaglich blieb sie vor der Tür stehen. Was sie wohl nun erwartete? Ihr war das ganz und gar nicht geheuer. Hier war alles so kalt. War sie wirklich am richtigen Ort? Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie den Türgriff in die Hand nahm und ihn nach unten drückte. Mit einem Schwung und einer Leichtigkeit, sodass Kyoko nach vorne fiel, ging die Tür auf. Vor ihr war wieder ein Gang. Ebenso makellos. Der einzige Unterschied: Die Stille hier schien noch beängstigender zu sein. Schaudernd ging sie einen Schritt in ihn hinein. Die Tür viel laut schlagend ins Schloss. Erschrocken drehte sich Kyoko mit einem Ruck um und versuchte, die Tür zu öffnen, doch sie blieb verschlossen. Fast panisch zerrte sie nun an ihr. >>Ich muss hier raus! Ich halte es hier drinnen keine Sekunde länger aus!<< Der Gedanke war kaum zu Ende gedacht, da ging die Tür wie von Geisterhand wieder auf. Kyoko raste zum Ausgang und durch ihn hindurch. Nie wieder würde sie dieses Gebäude noch einmal betreten! Endlich draußen ankommend, atmete sie die frische Luft tief ein. >>Was war das??? Dort drinnen hat eine Atmosphäre geherrscht...<< Kyoko lief es eiskalt den Rücken herunter. Sie hasste ihre Feigheit, die Panik, die sie übermannte, wenn ihr etwas unheimlich wurde. Sie hatte in letzter Zeit viel zu oft ihre Kontrolle fahren lassen. Ließ sie sich denn tatsächlich von ein paar weißen und beängstigend wirkenden Wänden einschüchtern? Die Antwort lautete klar und deutlich ja. Und dann erkannte sie: Sie hatte Angst vor diesem Ort. Die ganze Zeit über gehabt. Wollte sie anfangs deswegen nicht, dass Ren sie hierher brachte? Um Zeit zu schinden? Nein! Sie konnte Ren Tsuruga nicht ausstehen. >>Wirklich?<< kam es plötzlich aus ihrem Inneren, doch sie hörte gar nicht auf diese Stimme, sie sperrte sie einfach aus ihrem Bewusstsein aus. Plötzlich legte ihr jemand die Hand auf die Schulter. Sie zuckte zusammen und erstarrte. >>Haben sie mich gefunden??? Werden sie mich nun wieder mitnehmen?<< Das war das erste was sie denken konnte. >>Ach Quatsch. Das wird sicherlich nur ein Passant sein, der fragen wird, ob auch alles mit mir in Ordnung ist.<< Sie setzte sich ihr strahlendstes Lächeln auf, dass sie zu diesem Zeitpunkt hinkriegen konnte und drehte sich zu dem Fremden um. Sofort erlosch das Lächeln und ihre Miene wurde kalt. Es stand kein anderer als Ren vor ihr. Was wollte der schon wieder?? Hatte er sie etwa beobachtet? Wut stieg in ihr hoch, doch sie ließ es sich nicht anmerken. Monatelanges hartes Training an ihrer Mimik ließ sich nun auszahlen. Mit einem inneren kalten Lächeln dachte sie: >>Du bist nicht mehr der einzige, der sich perfekt beherrschen kann, Ren Tsuruga. Du kannst mir nichts mehr anhaben. Ich werde nicht noch einmal die Beherrschung verlieren. Das werde ich nicht zulassen!<< Ein kleines Lächeln zierte nun ihr Gesicht, auch wenn es nicht bis zu den Augen reichte. Ren ließ dies kalt. Er wusste, dass Kyoko ihn nur anlügen würde, würde er nur den geringsten Anteil von Mitleid zeigen. So lächelte auch er gekonnt, schnappte sich Kyokos Arm und ging wieder in Richtung Eingangstür. Kyoko wurde mehr unfreiwillig einfach mitgeschleift. Da wollte sie auf keinen Fall wieder rein! Das hatte sie sich doch geschworen gehabt! Verzweifelt versuchte sie sich aus Rens Griff zu befreien, doch dieser ließ nicht locker. >>Dieser arrogante Mistkerl! Was bildet der sich eigentlich ein??<< Sie kochte vor Wut, doch als sie merkte, dass es nichts brachte, übernahm wieder die Gefühllosigkeit in ihr die Kontrolle. Sie ließ sich mitziehen, durch die Tür, durch den ersten Gang. >>Und davon soll ich mich beeindrucken lassen haben? Ich bin echt dämlich. Jetzt muss ich dort auch noch in Begleitung auftauchen. Die werden sicherlich denken, ich habe Angst vor denen. Echt ätzend. So komm ich da nie wieder weg.<< Die nächste Tür wurde aufgestoßen. >>Sag mal, durch wie viele Gänge muss man denn noch gehen??<< Sie kamen bei einem Fahrstuhl an und stiegen ein. Erst jetzt ließ Ren ihren Arm los. >>Hatte er etwa Angst, ich würde wieder weglaufen?<<, schmollte sie vor sich hin. Sie schwiegen. Kyoko war ihre unbegründete Panik peinlich und Ren wusste nicht, was er zu dieser Szene sagen sollte. Es sah ja schon lustig aus, wie Kyoko panisch aus dem Gebäude gestürzt war...So angsteinflößend sah es von außen gar nicht aus...Während er sich noch Gedanken über Kyokos plötzliches Auftauchen machte, kamen sie beim gewünschten Stock an. Noch einmal durch einen Gang, der diesmal mit ein paar Bildern geschmückt war, durch eine Tür und endlich waren sie angekommen. Reger Betrieb herrschte dort. Die Sekretärin blickte kurz auf und beschäftigte sich dann wieder mit ihrem Computer. Falls die beiden Neulinge etwas von ihr wollten, würden sie sie schon ansprechen. Ein paar Besucher, die wahrscheinlich auf das Entlassen ihrer Bekannten warteten, sahen sie interessiert und mit Neugierde in den Augen an. Ein Blick von Ren und Kyoko genügte und die Leute beschäftigten sich wieder mit ihren Zeitschriften, unterhielten sich leise oder spielten auf ihren Handys. Langsam ging Kyoko auf die Sekretärin zu bis sie ihr genau gegenüber stand. Erst dann blickte sie nochmals auf und fragte mit einem gekünstelten Lächeln: "Ja? Was kann ich für Sie tun? Paartherapie?" Kyoko wurde leicht rot. Vor Wut. Da fragte die Sekretärin auch schon weiter. "Haben Sie einen Termin? Wenn nicht, muss ich Sie bitten wieder zu gehen und erst einen Termin auszumachen. Wir sind vollständig ausgebucht." >>Diese Worte hören sich mehr als nur auswendig gelernt an. Ich würde zu gern wieder gehen, aber ich habe ein Versprechen einzuhalten.<< Nur kurz dachte sie daran, etwas auf ihre barschen Worte zu antworten, doch sie war auf keinen Streit aus. Das war nun wirklich das Letzte, was sie wollte. Auch wenn diese eingebildete Tussi sie wirklich nervte. >>Wer konnte so eine hier nur einstellen? Bei ihrem bloßen Anblick bräuchte ja jeder schon eine Therapie.<< Nachdem sich Sekretärin und Patient eine Minute lang angesehen hatte, unterbrach Ren den Blickkontakt mit einem leisen Räuspern. Kyoko wandte sich ihm kurz zu, drehte sich aber sofort wieder um und meinte nur:

"Ich habe einen Termin."

Die Sekretärin musterte sie noch etwas, dann erwiderte sie schließlich nach einer halben Ewigkeit, wie es Kyoko vorkam: "Wie lautet Ihr Name?"

"Kyoko Mogami.", antwortete diese leicht gereizt.

"Hmmm...Sie sind spät dran. Gehen Sie in Zimmer 314. Der Doktor wartet schon. Ihre Begleitung kann hier auf Sie warten, falls sie nicht wollen, dass er dabei ist." Kyoko war wieder Luft für die Sekretärin. Ein Signal, dass sie sich auf die Suche nach Raum 314 begeben sollte. Doch da klinkte sich Ren in das Gespräch ein.

"Wenn ich Sie noch einmal kurz stören dürfte..."

"Was ist?", fragte die Angesprochene sichtlich genervt. Doch als sie aufblickte und direkt in Rens Augen sah, schien sie kleiner zu werden. Etwas höflicher fragte sie: "Haben Sie noch Fragen?"

Ren lächelte leicht und nachdem er gefragt hatte, wo denn überhaupt Zimmer 314 war, kam die Antwort der etwas verängstigten Frau so rasch, dass Kyoko sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte, wofür sie auch schon einen verärgerten Blick der Sekretärin einfing. Als sie den Weg schließlich beschrieben hatte, bedankte sich Ren kurz und beugte sich zu Kyoko vor:

"So macht man das. Du hättest wahrscheinlich jetzt noch eine halbe Stunde nach dem richtigen Raum gesucht, was?", meinte er spöttisch, doch Kyoko reagierte nicht. Sie war immer noch etwas fassungslos darüber, dass die Sekretärin Ren so einfach die Beschreibung gegeben hatte. Hätte sie gefragt, hätte sie höchstwahrscheinlich darum kämpfen müssen...Da fügte Ren noch etwas hinzu. Kyoko war gefasst auf weitere Kritik, doch er sagte einfach:

"Nun solltest du dich beeilen. Du willst den Doktor doch nicht warten lassen. Ich werde im übrigen hier auf dich warten." Und schon setzte er sich auf einen Stuhl am Fenster, nahm sich eine Zeitschrift und blätterte etwas lustlos in ihr herum. Kyoko schaute ihn kurz an, drehte sich dann aber in Richtung der vielen Gänge und Zimmer und verschwand hinter der nächsten Biegung. Nach wenigen Minuten erreichte sie schließlich Raum 314. Sie blieb noch einen Moment stehen und atmete tief durch, dann klopfte sie an. Ein "Herein!" erklang und Kyoko öffnete vorsichtig die Tür. Als sie den Raum betrat, kam ihr auch schon eine Frau entgegen, die kleiner war als sie selbst. Sie war schlank und hatte warme braune Augen, die ihr entgegen lächelten. Sie hasste diese Frau schon jetzt. Sie würde wahrscheinlich total fürsorglich sein und selbst Mitleid mit einer toten Ameise haben. Und sie wird Fragen stellen. Viele Fragen. Aber das hatte sie ja nicht versprochen. Sie hatte nur versprochen, zu einem Psychiater zu gehen und eine Therapie zu machen, nicht, dass sie dieser Person alles erzählen würde. Ein leichtes Lächeln legte sich um Kyokos Züge. Sie würde dieses Spiel mitspielen, nur anders. Sie sollte von ihrer Vergangenheit berichten? Ihretwegen. Sie würde ihr von Sho Fuwa erzählen und wie er sie hintergangen hatte und die Anfänge bei LME. Was sie damals gefühlt hat. Aber nicht, was vor ein paar Monaten geschehen war. Das würde niemals jemand erfahren. Niemand konnte es nachvollziehen und das Letzte, was sie wollte, war Mitleid. Vor allem nicht von dieser Person. Kalt sah sie daher ihrem Gegenüber in die Augen. Signalisierte dieser Frau sofort, dass sie keinen gesprächigen Patienten abgeben würde. Sie täuschte sie nicht mit einem freundlichen Lächeln. Sie zeigte ihr gleich die kalte Schulter, und dass sie nur bis zu einem gewissen Grad kooperieren würde. Das erkannte auch die Therapeutin und ihr Lächeln wurde noch breiter, wofür Kyoko sie nur noch mehr hasste. >>Diese übertriebene Fröhlichkeit, wie ich das hasse. Das die in diesem Saftladen noch nicht eingegangen ist, wundert mich...Aber wahrscheinlich muss man bei diesem Job optimistisch sein, sonst wird man schnell vom Therapeuten zum Patienten. Wie heißt sie eigentlich?<< Kyoko schielte zu dem kleinen Schild, dass an der Jacke der Frau befestigt war. Doch die Therapeutin bemerkte ihren Blick und meinte daraufhin gleich:

"Ich heiße Frau Dorimato. Eigentlich Doktor Dorimato, aber sie können das Doktor gerne weglassen." Sie legte eine kleine Pause ein. "Und Sie sind Miss Mogami? Kann ich Sie Kyoko-Chan nennen?"

"Wie Sie wollen.", war die einzige Antwort, die Kyoko ihr gab. Sie warf Frau Dorimato noch einen letzten Blick zu, dann schaute sie sich erst einmal im "Behandlungszimmer" um. >>Eigentlich recht hübsch eingerichtet, hier.<<

"Gefällt Ihnen, was Sie sehen?", fragte Kyokos Therapeutin mit warmer Stimme.

"Besser als die weißen Gänge."

"Oh ja. Wenn ich hier der Chef wäre, hätte ich das schon längst geändert.", seufzte Frau Dorimato und fügte dann lachend hinzu. "Manchmal jagen diese kalten Wände sogar mir Angst ein." Kyoko starrte die Frau an. Wusste sie etwa von der Panikattacke im Flur? Es sah nicht so aus. Unbekümmert und den Blick Kyokos nicht bemerkend, fuhr sie fort zu erklären, was sie hier alles störte. >>Bin ich hier eigentlich der Psychiater oder sie??<<, fragte sich Kyoko nur währenddessen und hörte den Schilderungen der jungen Frau schweigend zu. Sie schätzte sie so auf Mitte Dreißig. Gelangweilt setzte sie sich auf einen Stuhl und wartete, dass sie ihren Vortrag beendete, sie ihr sagte, wie respektlos es sei zu spät zu kommen und sie dann schließlich mit ihren Fragen bombardierte und quälte. Der Übergang der Themen kam ziemlich rasch. Schnell wurde geklärt, wieso Kyoko zu spät gekommen war und das sie in nächster Zeit pünktlich erscheinen sollte.

"Nun. Kommen wir zu Ihrer Therapie, Kyoko-Chan." Kyoko wurde aus ihrer Trance gerissen, die sie mittlerweile ergriffen hatte. Sie schaute auf und sah Frau Dorimato immer noch schweigend, aber fragend, an.

"Ich würde vorschlagen, Sie erläutern nun erst einmal, was sie durch diese Therapie erreichen wollen.", gespannt blickte Frau Dorimato Kyoko an. Nach kurzer Zeit und heftigem hin und her, ob sie nun die Wahrheit sagen sollte, entschied sie sich dafür.

"Eine Bekannte hat mir eine Therapie empfohlen. Ich habe eine Vereinbarung mit ihr getroffen und halte meinen Teil ein."

"Hmmm...Ich denke nicht, dass sie mir Ihre "Vereinbarung" näher beschreiben möchten?"

Kyoko lächelte. "Aber wieso denn nicht? Schließlich ist es kein Geheimnis." Und nach einer kleinen Pause fuhr sie fort: "Wenn ich zwei Monate hier durchgestanden habe, habe ich endlich meine Ruhe." Sie machte keinen Hehl daraus, dass sie die Therapie für vollkommen sinnlos und als eine Qual empfand.

"Empfinden Sie ihre "Bekannte" oder Freundin? als Belästigung?", bohrte Frau Dorimato weiter.

"Wenn Sie es so bezeichnen wollen." Sie ließ dabei die Frage offen, ob Kanae nun nur eine Bekanntschaft oder doch mehr für sie war.

"Mhm." Die Frau überlegte kurz. "Also ziehen Sie keinen Nutzen aus dieser Therapie?"

"Wer weiß. Vielleicht lerne ich hier sogar etwas.", meinte Kyoko mit einem leichten Lächeln.

"Keine persönlichen Gründe...Interessant...", murmelte die Therapeutin vor sich hin. Kyoko überhörte diese Worte und wartete auf nächste Fragen. Doch die nächste kam für sie etwas überraschend.

"Was halten sie von Therapien, Psychiater oder im allgemeinen Psychoanalyse?"

Kyoko dachte einen Moment nach und legte sich eine Antwort zurecht. Dann sprach sie schließlich:

"Ich kenne ein Sprichwort, dass ziemlich genau ausdrückt, wie ich über dieses Thema denke."

"Und das lautet?", fragte Frau Dorimato gespannt. Sie hatte zum ersten Mal diese Frage einem Patienten gestellt und hoffte auf eine positive Antwort.

"Psychoanalyse ist jene Geisteskrankheit, für deren Therapie sie sich hält."

Etwas erschrocken zog sich die junge Frau zurück und dachte über diese Worte nach. Ein einziger Satz hatte sie sprachlos gemacht. Sie wusste nicht, wie sie darauf reagieren oder antworten sollte. >>Wieso sollte sie eine Therapie machen, wenn sie noch nicht einmal etwas von ihnen hält?<<, schoss es ihr durch den Kopf. >>Ach ja, genau, die Vereinbarung.<< Sie seufzte leise, aber Kyoko hörte es dennoch.

"Tut mir Leid, wenn ich sie nun enttäuscht habe. Aber ich dachte, sie wollten meine ehrliche Meinung dazu hören.", meinte Kyoko eiskalt.

>>Verdammt. Ich sollte jetzt vielleicht auf ein anderes Thema kommen. Auch wenn ich neugierig bin, wieso sie so denkt. Na ja, so überraschend ist ihre Antwort gar nicht. Therapien gehören wohl nicht zu den Sachen, auf die man stolz sein kann. Genauso wenig wie Psychiater in der Gesellschaft beliebt sind. Aber wieso habe ich dennoch das Gefühl, sie will mich fertig machen? Das hat noch niemand geschafft. Sie wird auch nicht die Erste sein. Wenn sie hier herauskommt, wird sie ein vollkommen neuer Mensch sein, das schwöre ich mir!<< Frau Dorimato war selbst überrascht über ihre Gedanken. Bis jetzt hatte sie noch nie darüber nachgedacht, dass sie eines Tages eine Person vielleicht nicht erreichen könnte. Sie war die Beste hier im ganzen Gebäude. Ihre Patienten hatten sich am Ende immer bedankt. Wieso hatte sie also bei Kyoko Mogami solche Zweifel? Sie biss sich auf die Lippe und entschloss sich, direkt zum Punkt zu kommen. Die meisten hatten sich zwar immer dabei entspannt, wenn sie über unwichtige Themen geredet hatten und nur wie "zufällig" auf das eigentliche Thema kamen, aber dieses Mädchen saß steif auf ihrem Stuhl, die Hände im Schoß gefaltet und mit einer Miene, dass es ihr eiskalt den Rücken herunterlief. >>Wenn Blicke töten können...<<, dachte sie noch, dann versuchte sie erneut, das Gespräch aufzunehmen.

"Nun, da ich sehe, dass Sie nicht viel Wert auf Kommunikation legen, kommen wir doch zu ihrem eigentlich Besuch bei uns. Erzählen Sie mir, was vorgefallen ist. Sie können auch in der Vergangenheit anfangen, bei Themen, die Sie immer noch beschäftigen und die schon Jahre zurückliegen. Wenn Sie wollen, können Sie sich auch auf die Coach setzen, das ist vielleicht bequemer."

"Nein, danke. Hier geht es mir schon sehr gut."

>>Dieses Mädchen hat aber auch ein Talent Situationen aus dem Weg zu gehen, die sie zur Ruhe bzw. zur Entspannung bringen könnte.<<

"Auf der Coach wäre die Atmosphäre entspannter. Die meisten finden es dort leichter über ihre Probleme zu reden. Sie sollten es sich wirklich überlegen.", versuchte Frau Dorimato Kyoko zu überzeugen.

"Ich bin nicht wie jeder. Dieser Stuhl ist für mich gut genug."

Als Frau Dorimato seufzte und Kyoko nur noch bittend ansah, um keinen Streit anfangen zu müssen, erhob sich diese schließlich und ging auf den Sessel zu und setzte sich dort hin.

>>Sie weiß genau, dass das eigentlich mein Platz ist. Sie will mich wirklich herausfordern...<< Sie ging zum Fenster und ließ die Jalousien etwas herunter um den Raum etwas abzudunkeln. Dann machte sie noch einen Deckenleuchter an und setzte sich schließlich auf die Coach, die eigentlich für die Patienten bestimmt war. Währenddessen hatte sich Kyoko in den Sessel fallen lassen und jede Bewegung ihrer Therapeutin verfolgt.

>>Ich werde dich schon knacken, Kyoko Mogami. So kommst du mir nicht davon. Viele haben sich schon gesträubt. Du wirst am Ende genauso wie sie mir alles erzählen, was ich von dir verlangen werde. Nein! So darf ich nicht denken! Wie waren noch meine eigenen Regeln? Man muss Freundschaft mit seinen Patienten schließen und ihnen das Gefühl geben, einem vertrauen zu können. Ein Gefühl der Geborgenheit und der Sicherheit muss ich in ihr erwecken. Ich muss einfach nur meinen Fähigkeiten vertrauen. Wenn ich mir selbst nicht vertraue, wer dann? Sie bestimmt nicht, so misstrauisch wie sie mich die ganze Zeit mustert und beobachtet.<<

"Wollen Sie etwas trinken?", führte sie daher freundlich das Gespräch weiter.

"Nein, danke. Später vielleicht.", erwiderte Kyoko genauso höflich, doch nicht ohne ein Glitzern in den Augen. Sie hatte die Veränderung ihres Gegenübers also bemerkt. Ihr Lächeln war nun nicht mehr so strahlend wie am Anfang ihrer Begegnung. >>Mist. Ich darf bei ihr keine Fehler machen. Sie ist eine gute Beobachterin. Die kleinste Veränderung wird ihr auffallen.<<

"Was halten Sie denn von ihrer Arbeit?", kam plötzlich eine Frage von Kyoko. Frau Dorimato blickte überrascht auf. So knapp ihr Patient bis jetzt immer geantwortet hatte, hatte sie auf Gegenfragen schon die Hoffnung aufgegeben. >>Ich merke, dass ich nur noch Psychoanalyse unterrichte und sie selbst nicht mehr ausübe. Ich erwarte zu viel von der ersten Begegnung. Du musst dich gedulden. Du hast 2 Monate Zeit. Das ist eine lange Zeit. Niemand vertraut einem auf den ersten Blick. Also gehe auf sie ein.<< Leider wusste sie nicht, wie sie das auch in die Tat umsetzen sollte. >>Geduld. Irgendwann wirst du einen Schwachpunkt bei ihr sehen.<< So blieb ihr nichts anderes übrig, als auf ihre Fragen zu antworten. Falls noch weitere kommen sollten.

"Nun. Ich sehe sie nicht als Geisteskrankheit. Ich empfinde meine Beruf als sehr wichtig. Wie sollen Seelen geheilt werden, wenn sich niemand um sie kümmert?"

"Kennen Sie nicht den Spruch: Die Zeit heilt alle Wunden? Somit hätten wir schon jemanden gefunden, der sich um verletzte Seelen kümmert. Die Zeit oder genauer ausgedrückt: Man selbst.", unterbrach Kyoko sie.

"Wenn man der Zeit vertraut, dann könnte es für einige schon zu spät sein. Manche kommen noch nicht einmal nach fünf Jahren damit zurecht, dass ihr Mann sie verlassen hat. Solche Fälle hatte ich schon. Für viele, die hierher kommen, bedeuten wir Hoffnung. Unsere Arbeit sollte man eigentlich nicht als richtigen Job ansehen. Es ist wie ein Drang in einem, anderen helfen zu wollen. Wir sind Ärzte, nur heilen wir nicht sichtbare Schäden. Genauso wie es welche gibt, die nur zerstören und verletzen, muss es auch welche geben, die zusammenfügen und heilen. Ohne das eine, kann das andere nicht überleben. Gäbe es keine Psychiater mehr, gäbe es auch keine Hoffnung für von dem Weg abgekommene Seelen mehr. Wir verarbeiten unsere Arbeit, die wir zu jeder Stunde verrichten würden, ob Tag oder Nacht, mit dem Herzen. Wir opfern uns der Menschheit, um dieser Sicherheit und Zuflucht zu gewähren. Sicher, es gibt viele, die ihre Aufgabe nicht verkraften, da sie das Leid anderer Menschen nicht mehr ertragen können. Die Kunst ist es, das Leid zu erkennen, ins Herz zu lassen, aber nicht zu übernehmen. Wir sind für jeden Freunde, ob nun hilfsbedürftig oder nicht, bei uns findet man etwas, dass man nicht bei jedem finden kann. Ein offenes Ohr für alle Probleme. Dieser Beruf wird niemals aussterben. Es gibt immer solche wie uns, auch wenn sie ihre Bestimmung vielleicht selbst noch nicht erkannt haben, unbewusst tun sie es. Wir sind ganz normale Menschen. Das man uns mit Argwohn und Hass gegenübertritt, kann ich nicht verstehen. Denn ihr tut es doch auch nicht bei denen, die genauso sind wie wir, nur einen anderen Beruf haben. Für mich sind Psychoanalyse, Psychiater und Therapie nur Begriffe, die einen abstufen, doch wer sie ausübt, dem sollte großer Respekt gezollt werden, denn es ist wahrlich keine leichte Aufgabe." Ohne es zu bemerken, hatte Frau Dorimato sich in Rage geredet. Nun starrte sie Kyoko an, die tief in Gedanken versunken schien.

>>Was sie nun schon wieder denken mag? Das ist das erste Mal, dass sie so nachdenklich wirkt. Ob sie mir überhaupt zugehört hat?<< Die Erkenntnis, dass sie diesen Monolog wahrscheinlich vollkommen sinnlos gehalten hatte, ließ sie wütend machen. Doch bevor sie deswegen etwas sagen konnte, meinte Kyoko:

"Mhm. Interessant. So hatte ich das noch nie betrachtet. Aber wenn ich ehrlich sein soll: An meiner Meinung hat es nicht sehr viel geändert. Jeder Psychiater braucht am Ende selbst einen. Ich bin gespannt, ob sie mich vom Gegenteil überzeugen können." Kyoko lächelte wieder kalt und blitzte ihrer Therapeuten zu, die langsam mit den Nerven am Ende war.

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Tjaja. Ich hab keine Ahnung wie so en Psychiater drauf ist, also erschlagt mich bitte net, weil ihr da ganz andrer Meinung seid ^^
 

gruß
 

black_wolf

Machtkampf und Lügengeschichten

Sooo...Hier ist mal wieder ein neues Chap ;))) Viel Spaß damit und danke sehr für die lieben kommis ;)))

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Frau Dorimato schwieg ein paar Sekunden und starrte ihrem Gegenüber nur in die Augen. Es war ein Machtkampf, wer zuerst wegsah, hatte verloren. Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, sprach die Therapeutin weiter.

"Bevor wir hier noch mehr Zeit verschwenden, sollten wir zum eigentlichen Grund ihrer Therapie kommen. Erzählen sie mir etwas."

"Aber tu ich das nicht schon die ganze Zeit?", fragte Kyoko und brach ihrerseits den Blickkontakt nicht.

"ICH habe hier die meiste Zeit geredet, Kyoko-Chan. Sie waren wohl eher aufmerksame Zuhörerin. Es ist ihnen wohl unangenehm über sich selbst zu sprechen?"

"Ich bin der Ansicht, dass meine Probleme niemanden etwas angehen."

"Aber nur wenn Sie über Ihre Probleme und Sorgen mit jemandem sprechen oder auch nur darüber schreiben, werden sie gelindert. Haben Sie jemanden, mit dem Sie sprechen können, Kyoko-Chan?"

"Ich hatte mal jemanden. Doch das letzte Gespräch ist schon lange her."

"Und seitdem haben Sie ihre ganzen Sorgen in sich vergraben? Ihre ganzen Gefühle?"

"Wie soll ich nicht vorhandene Gefühle verbergen?", fragte Kyoko mit einem leichten Lächeln.

Die Psychologin machte unbeirrt weiter. "Jeder Mensch hat Gefühle, Kyoko-Chan. Wenn Sie sagen, Sie kennen Ihre eigenen Gefühle nicht, dann unterdrücken Sie sie nur."

Kyoko zog eine Augenbraue empor. Dieses Gespräch war wirklich amüsant, aber langsam hatte sie genug davon. Es war Zeit Schluss zu machen.

"Was haben Sie nun also vor, Frau Doktor?"

"Gefühle in Ihnen wecken, Kyoko-Chan. Das werde ich in den nächsten Stunden machen."

"Und was wollen Sie den Rest dieser Stunde machen?"

"Ihre Geschichte verstehen."

"Wo soll ich anfangen?"

"Am besten bei ihrer Kindheit.", meinte Frau Dorimato lächelnd. >>Wenn sie mir ihre Vergangenheit schildert, werde ich sicherlich auf die Lösung des Problems treffen. Ich muss darauf achten, über welche Personen sie bevorzugt spricht. Diese sind dann des Rätsels Lösung. Mit ihnen kann ich Kyoko-Chan helfen. Verborgene bzw. vergessene Gefühle wieder aufleben lassen.<< Sie war nun wieder sicher. Sie würde es schaffen. Sie wusste nicht, wie sie jemals an sich zweifeln hatte können. Das passte doch gar nicht zu ihr! Ihre Augen strahlten wieder.

>>Was hat die denn plötzlich? Ist die etwa so begeistert von ihrer Idee mir Gefühle wiedergeben zu wollen, die ich noch nicht einmal vermisse? Hmm...Ob sie wohl meine Geschichte kennt? Wenn nicht, könnte ich sie ja einfach anlügen. Ein Versuch wäre es Wert. Mal sehen, ob sie es erkennt und so schlau ist, wie sie immer tut.<< Wieder zierte ein kaltes Lächeln Kyokos Gesicht. Sie begann in Kyoto. Sie erzählte ihr, sie hätte eine sehr behütete Kindheit gehabt, viele Freundinnen, sie ging wie jedes Mädchen in die Schule, war ein Durchschnittskind, dass es überall auf der Welt auch gab. Sie zeichnete sich durch nichts besonderes heraus, ihre Eltern wären immer sehr liebevoll gewesen, niemals Stress. Schließlich entschied sie sich für den Weg der Schauspielkunst. Einfach so. Ohne jeglichen Hintergrund. Sie meinte, es wäre einfach nur ein Traum gewesen und ein Versuch schadete ja nie was, oder? Dabei lächelte Kyoko unschuldig und beobachtete jede Bewegung der Therapeutin. Sie kaufte es ihr tatsächlich ab. Das war ja einfacher als gedacht. Wenn sie herausfand, dass alles nur gelogen und erfunden war, dann würde sie noch fester davon ausgehen, dass irgendetwas in ihrer Kindheit schief geraten war, dass sie sich so entwickelt hatte. Sie würde niemals auf die Idee kommen, dass die Veränderung Kyokos durch neueste Geschehnisse zu Tage befördert worden war. Nun war sie also mit ihren Erzählungen bei LME angelangt. Ren sollte sie wohl besser nur nebenbei erwähnen. Wenn sie nun zu ausführlich über ihn redete, könnte es sein, dass sie sich mit ihm in Verbindung setzen würde, um näheres über sie zu erfahren. Das wäre nicht gut. Ren hatte nichts mit der ganzen Sache zu tun. Er sollte sich gefälligst da heraushalten. Es war ja schon schlimm genug, dass er sie hierher gebracht hatte. Irgendwann würde er Fragen stellen. Höchstwahrscheinlich wenn er sie zurück brachte. Soweit durfte es nicht kommen. Was sollte sie antworten? Die Wahrheit konnte sie ihm nicht sagen. Er würde es ja sowieso nicht verstehen. Niemand konnte das. Und diese Seelenklempnerin vor ihr erst recht nicht. Aber wollte sie überhaupt, dass sich jemand um sie kümmerte? Sich um sie sorgte? Sie zu verstehen versuchte und verstehen konnte? Wenn sie ehrlich zu sich selbst sein wollte: Nein. Sie wollte keine Hilfe. Sie wollte nur ihre Ruhe. Sie wollte vergessen. Alleine. Sie wollte diese schrecklichen Bilder verdrängen, die sie jede Nacht in Albträumen heimsuchten. Auch tagsüber schliefen sie nie. Sie verfolgten sie. Sie quälten sie. Jeden Tag spürte sie die Qualen und Schmerzen auf ein Neues. Und sie schienen heftiger zu werden. Von Stunde zu Stunde. Sie spürte fast, wie sie das alles auffraß. Bald würde nicht mehr viel von ihr übrig sein. Doch was machte das schon? So würde sie schließlich ihren Frieden finden. Es würde einfach alles enden. Es gab keinen Neuanfang mehr für sie. Sie war zu tief gefallen. Nichts würde sie mehr aus ihrer verzweifelten Lage befreien, genauso wie sich niemand darum gekümmert hatte, als sie....Nein! Darüber wollte sie sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Hier galt es eine Psychologin auszutricksen. Wenn sie nun in ihre alte Lethargie verfiel und von den Geschehnissen vollends eingenommen war, würde diese Therapeutin es merken. Und ausnutzen. Kyoko wachte aus ihren Erinnerungen auf. Sie durfte jetzt nicht nachgeben. Ein Fehler und die Therapeutin hatte sie in der Hand. Das würde sie nicht zulassen! Lieber starb sie, als sich noch einmal jemanden anzuvertrauen.

"Kyoko-Chan?"

Erst jetzt bemerkte Kyoko, dass sie mitten in ihrer Erzählung inne gehalten hatte. Sie erzählte nichts von der Love-Me-Section, das würde nur dem zuvor Geschilderten wiedersprechen. Denn wieso sollte sie in diese Section, wenn sie doch so eine behütete Kindheit hatte, wie sie es vorgab? Die Frau hörte all dem ruhig zu. Es schien sie nicht zu stören oder zu beunruhigen, dass sie unterbrochen hatte. Für sie war es anscheinend selbstverständlich, dass man bei manchen Erinnerungen inne hielt und sie noch einmal vor dem inneren Auge abspielen ließ, bevor man sie wiedergab. Schade nur, dass es nicht die Erinnerungen waren, welche die Therapeutin vermutete bzw. die gefälschten, die sowieso keinen Wert hatten. Schließlich endete sie.

"Hmm. Interessant. Und wieso leben Sie nun ganz alleine, Kyoko-Chan? Ich meine, so abgelegen wie sie wohnen, das ist nicht normal. Was war der Anlass?"

Ja. Was war der Anlass gewesen? Eigentlich war sie nur geflüchtet, geflüchtet vor ihren Häschern, sowie vor ihrem Leid. Aber das würde sie natürlich nicht antworten.

"Ich wollte einfach nur einmal ein kleines Weilchen ungestört und alleine sein. Sie wissen ja gar nicht wie anstrengend es ist ständig im Rampenlicht zu stehen, berühmt zu sein. Ich habe eine Auszeit benötigt und wollte mich von meinem Leben etwas erholen." Und das stimmte eigentlich auch. Sie wollte sich erholen. Nun ja, zumindest im gewissen Sinne. Erholen würde sie sich nie. Dafür war es zu grausam gewesen. Aber sie konnte nicht mehr, sie wollte nicht mehr. Wieso ausgerechnet sie? Wieso nicht ein anderer? Hatte sie sich nicht immer für alle aufgeopfert? War das der Dank für all ihre Mühen gewesen? Noch mehr Schmerzen? Noch mehr Pein? Wann würde es enden? >>Nie.<< Kam eine Stimme aus ihrem Unterbewusstsein. Doch. Einen Ausweg gab es noch. Wenn diese zwei Monate endlich vorbei waren, konnte sie niemand mehr zurückhalten. Ihr Entschluss stand fest. Sie würde vielleicht noch einen Abschiedsbrief hinterlassen, aber das war auch alles. Dann würde sie gehen. An einen Ort, an dem es keine hinderlichen Gefühle gab. An dem sie vergessen konnte. Vergessen, wer sie war, was sie war, was sie getan hatte. Es würde das reinste Paradies sein, da war sich Kyoko sicher. Sie bemerkte den mitfühlenden Blick Frau Dorimatos. Wie sie diesen Blick hasste. Das letzte, dass sie gebrauchen konnte, war Mitleid. Eigentlich hätte sie es sich ja denken können, dass diese Frau keine Gelegenheit ausließ, der Welt mitzuteilen, wie sehr sie diese ganzen bedauernswerten Geschöpfe, die auf ihr verweilen mussten, bemitleidete. >>Ich frag mich echt auf welchem Stern die aufgewachsen ist...<< Ihre überfürsorgliche Art ging Kyoko echt auf die Nerven. Jetzt fragte sie sie schon zum vierten Mal, ob sie denn nicht doch etwas trinken wolle. Bevor sie angefangen hatte ihre erfundene Story zu erzählen, hatte Frau Dorimato noch versucht, sie davon zu überzeugen, dass die Coach ein viel bequemerer Ort zum Erzählen sei. Aber Kyoko war standhaft geblieben. Der Sessel war bequem genug. Es war der Sessel der Therapeutin, also noch viel besser als die Coach. Kyoko musste leicht lächeln, als sie an den Aufstand dachte, den die Frau gemacht hatte, um ihren Sessel zurückzubekommen. Da hatte sie sich richtig kindisch verhalten. Nun ja, nicht weniger kindisch als sie selbst. Immerhin hatte sie nicht nachgegeben und war stur auf "ihrem" Sessel sitzen geblieben. Jetzt kam ihr die ganze Sache etwas lächerlich vor. Sie konnte sich schon denken, was Ren Tsuruga dazu gesagt hätte. >>Halt. Moment. Wieso denke ich denn jetzt an den?<< Leicht schüttelte sie den Kopf, was nicht unbemerkt blieb.

"Haben Sie etwas, Kyoko-Chan?"

>>Mann, wenn ich jetzt Verfolgungswahn kriege, weiß ich, wer Schuld daran ist. Die lässt mich ja keine Sekunde aus den Augen.<<

"Nein. Mit mir ist alles in Ordnung."

Frau Dorimato schaute sie noch einmal kurz prüfend an, dann entschied sie, die Therapiestunde zu beenden. Sie hatte heute viel erfahren, mehr war Kyoko wahrscheinlich nicht bereit zu erzählen. >>Ich will mein Glück nicht herausfordern. Morgen ist auch noch ein Tag. Bis dahin werde ich ihr etwas auftragen. Mal sehen, ob sie das ohne Murren annimmt. Ich bezweifele es.<< Sie seufzte und stand auf. Kyoko beobachtete sie.

"Ich beende hiermit die heutige Stunde. Aber ich hätte noch eine Bitte an dich..." Hier machte Frau Dorimato eine Künstlerpause. Genervt unterbrach Kyoko ihr Schweigen.

"Und die wäre?"

Die Therapeutin räusperte sich. Kyoko verdrehte nur noch die Augen. Sie wollte hier raus. So schnell wie möglich. Vor allem so weit weg wie möglich von dieser Person.

"Könnten Sie mir bitte eine Liste anfertigen?"

"Wozu?", fragte Kyoko misstrauisch. >>Jetzt gibt es auch noch Hausaufgaben? Ich dachte, das hätte ich hinter mir gelassen...<<

"Könnten Sie mir eine Liste anfertigen, einmal was Sie an sich mögen und einmal was Sie an sich nicht mögen?"

"Das sollte kein Problem darstellen.", meinte Kyoko verschmitzt. Ihr würde da sicherlich noch etwas einfallen, um diese Therapeutin weiterhin auf die falsche Spur zu schicken. Frau Dorimato hingegen sah Kyoko nun skeptisch an. Keine Wiederworte? Konnte sie Kyoko vertrauen? Dass sie es ernst nehmen würde? Nicht nur diese ihr auferlegte Aufgabe, nein, die ganze Therapie? Hatte sie das Ganze noch unter Kontrolle? Oder spielte Kyoko Mogami nur mit ihr? Sollte sie ihr besser in Zukunft nicht so viel Vertrauen entgegen bringen? Da fasste die Therapeutin einen Entschluss. Sie würde Kyoko auf die Probe stellen. Ihre Freundin oder auch nur Bekannte wusste sicherlich, ob das, was Kyoko ihr über ihre Vergangenheit erzählt hatte, stimmte. Sie würde es überprüfen. Und falls alles gelogen war, tja, dann mussten ihre Probleme ja dort liegen. Oder wollte sie sie damit auf eine falsche Fährte lenken? Mittlerweile war Kyoko schon an ihr vorbeigerauscht und aus der Tür draußen. Frau Dorimato bemerkte es gar nicht. Sie wusste nicht mehr ein noch aus. Was hatte Kyoko vor? Sie war verwirrt. Was wollte diese Person wirklich? Sie wusste einfach nicht mehr weiter. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und stützte ihr Gesicht auf die Hände. Sie musste sich nun wieder auf ihren Kurs und das Seminar konzentrieren und einen Weg finden, Kyokos verschwundene Gefühle wiederzuerwecken. Laut seufzte sie, bevor sie aufstand und ihre Unterlagen zusammensuchte.

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Hmmm...*quengel* Ich hab des Gefühl, ich hätte die Story kein Stückchen weitergebracht -.-
 

gruß
 

black_wolf

Offenbarungen

hab heut ma nix zu sagen XD nur eins: viel spaß beim lesen ;)))

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Kyoko rauschte aus der Tür heraus. Endlich war die Stunde beendet. Sie hatte sich gezogen wie Kaugummi und hatte doch im Endeffekt nichts gebracht, außer, dass sie sich beide einig waren, dass sie sich nicht ausstehen konnten. Nun ja, eigentlich wusste sie nicht, ob das auch auf Gegenseitigkeit beruhte, doch den Blicken nach zu urteilen, die Frau Dorimato ihr manchmal zugeschossen hatte, wusste ihr Psychiater auch nicht immer, was sie von ihr halten sollte. Gut so. Sie würde sie weiterhin verunsichern und verwirren. Wenn die nächsten Gespräche genauso einfach werden würden, würden die zwei Monate ziemlich rasch vorbei sein. Und die Therapie hätte nichts genützt. So in etwa war zumindest vorerst ihr Plan. Es konnte natürlich auch passieren, dass etwas Unvorhergesehenes geschehen würde. Sie musste sich noch einen zweiten Plan überlegen, um Überraschungen auszuschließen. >>Na ja, so dringend nötig habe ich Pläne dann doch wieder nicht. Ich bin Schauspielerin, Spontaneität gehört zu meinem Beruf. Mir wird schon noch was einfallen, wenn irgendetwas schief läuft.<< Besser gelaunt setzte sie ihren Weg fort. Sie bemerkte die Gestalt erst, als sie schon fast an ihr vorbeigelaufen war. Abrupt blieb sie stehen und wandte sich um. >>Oh nein. Da wartet ja schon die nächste Katastrophe.<<

"Kanae. Was willst du hier?"

"Nur mal gucken, wie's läuft."

>>Die ist ja wieder garstig heute. Ich sollte mich vielleicht mal erkunden, was die Therapeutin mit ihr angestellt hat...Oder andersherum...<< dachte Kanae und beobachtete Kyoko. Die starrte währenddessen desinteressiert an die Wand neben ihr.

"Kyoko?", fragte Kanae vorsichtig.

"Was ist?", kam die Gegenfrage von Kyoko. Sie war sichtlich genervt.

"Was habt ihr Zwei denn da drinnen besprochen?" Neugierig blickte Kanae Kyoko an.

"Nichts wichtiges. Nur ein bisschen geredet." Gelangweilt drehte Kyoko sich um und wollte weitergehen, da hielt sie noch einmal inne.

"Ach ja. Falls du Tsuruga-san irgendetwas erzählen solltest, halte ich den Deal zwischen uns für hinfällig, was zwangsweise bedeutet, dass die Therapie sofort abgebrochen wird. Hast du mich verstanden?" Eindringlich blickte Kyoko in Kanaes Augen. Die Angesprochene schluckte einmal, dann nickte sie. Sie musste unbedingt mit der Therapeutin reden. Sie hoffte, von ihr würde sie Antworten erhalten. >>Sie ist wirklich unheimlich geworden. Was geht bloß in ihrem Kopf vor? Wieso soll Ren nichts von der ganzen Sache erfahren? Das ist doch sowieso sinnlos. Immerhin hat er sie schon hierher gebracht, irgendwann wird er dann auch noch herausfinden aus welchem Grund. So etwas kann man nicht lange geheim halten.<< Kanae warf noch einmal einen Blick auf Kyoko und wandte sich dann schließlich der geschlossenen Tür zu aus der Kyoko eben gerade spaziert war. Sie wollte anklopfen, als die Tür auch schon aufgestoßen wurde. Heraus kam Frau Dorimato.

"Ehm. Entschuldigen Sie. Ich nehme an, Sie sind Kyokos Therapeutin?"

Frau Dorimato blickte zu ihr auf. Freundlich sagte sie: "Ja, die bin ich. Was kann ich für Sie tun?"

>>Oh oh. Die sieht aber gar nicht gut aus. Ich muss unbedingt wissen, was da drinnen vorgefallen ist.<<

"Ich bin Kyokos Freundin, Kanae. Ich hätte da eine Bitte an Sie." Als Kanae ihr Anliegen vorbrachte, schüttelte die Frau sofort mit dem Kopf.

"Nein, nein. Das sind vertrauliche Informationen. Ich stehe unter Schweigepflicht. Es tut mir Leid, doch ich darf Ihnen nichts erzählen, solange der Patient nicht damit einverstanden ist. Doch wenn Sie eine Freundin Kyoko-Chans sind, dann hätte ich da auch noch eine Frage an Sie." Kanae sah sie abwartend an. Sie war leicht überrascht. >> Na jetzt bin ich mal gespannt, was sie mich fragen will, dass ihr nicht auch Kyoko beantworten könnte.<<

"Wissen Sie etwas über Kyokos Vergangenheit?"

"Tut mir Leid. Nur sehr wenig. Dass sie in Kyoto aufgewachsen ist und dass sie die Schule abgebrochen hat. Muss wohl nicht sehr gut verlaufen sein, ihre Kindheit. Als sie zu LME kommen wollte, wurde sie abgewiesen, sie hatte nicht das wichtige Gefühl: Zu lieben und geliebt werden zu wollen. Deswegen wurde ja auch die Love-Me-Section gegründet. Ich glaube, ihr Grund, weshalb sie ins Show-Business wollte, war Rache, doch näheres kann ich darüber auch nicht sagen. Fragen Sie am besten Ren Tsuruga. Er war seit dieser Zeit sehr oft mit ihr zusammen, einmal wegen ihren Jobs als Praktikantin, aber auch, weil sie Schauspielerin werden wollte. Ich glaube zwar, da läuft noch mehr, aber das steht jetzt auch in den Sternen, nach Kyokos Verwandlung. Er hat sie übrigens hierher gebracht, aber ich denke nicht, dass sie ihn noch erwischen werden, ich bin Kyoko vorhin begegnet, die beiden dürften nun schon wieder unterwegs sein. Ich habe ihn aber gebeten, Kyoko morgen wieder hierher zu fahren, falls Sie also noch mit ihm reden möchten, könnten Sie es morgen versuchen, auch wenn ich nicht versprechen kann, dass er nützliche Informationen für Sie haben wird."

Frau Dorimato schwieg. >>Sie hat mich also tatsächlich angelogen. Ich muss herausfinden, was wirklich passiert ist. Also muss ich morgen unbedingt Ren Tsuruga sprechen. Hm...Bei ihr kam es so rüber, als würde sie nur wenig mit ihm zu tun haben. Vielleicht liegt bei ihm die Ursache für ihr Verhalten?<< Bei dem Gedanken sich mit dem attraktivsten und beliebtesten Schauspieler Japans zu unterhalten, bekam sie eine Gänsehaut. Diese Chance hatte nicht jeder und sie wusste auch nicht, wieso Kyoko eine tiefere Beziehung zu ihm leugnete. Das musste sie auch noch herausfinden.

"Nun, ich danke Ihnen. Sie haben mir sehr weitergeholfen. Ich muss nun los, ein Seminar. Schönen Tag wünsch ich Ihnen noch, auf wiedersehen." Frau Dorimato verschwand hinter der nächsten Ecke. Sie hatte noch viel zu erledigen heute.

Kanae währenddessen sah etwas perplex hinter der Therapeutin her. >>Was hatte die denn auf einmal? Nun ja, eigentlich ist sie ja ganz nett.<< Sie drehte sich ebenfalls um und verschwand nachdenklich aus dem Gebäude.

Kyoko lief rasch um die Ecke und fand auch schon Ren Tsuruga abwartend auf dem gleichen Stuhl sitzend vor auf dem sie ihn zurückgelassen hatte. Als er sie erblickte, stand er auf und wandte sich ihr zu. Sein Gesicht war emotionslos wie eh und je. Doch als ein paar Leute hereinkamen, zeigte er wieder sein Lächeln, das vollkommen entzückt erwidert wurde. Kyoko schüttelte bei dieser Szene nur den Kopf. Dann ging sie an den staunenden Neuankömmlingen vorbei, ohne sich darum zu kümmern, ob Ren ihr folgte oder nicht. Sie wollte ja sowieso nicht, dass er sie zurückbrachte, doch daran gab es wohl keinen Weg dran vorbei. Wieder durchquerten sie das halbe Gebäude, bis sie zur Tür kamen. Dabei sprachen sie kein einziges Wort und ignorierten sich vollkommen. Als sie aus dem Eingang draußen waren, spürte Kyoko wie die Anspannung von ihr fiel. Ihr erster Tag beim Psychiater. Ein voller Erfolg, musste sie zugeben. Runde 1 ging an sie. Ein leichtes Lächeln legte sich um ihre Züge. Nicht mehr lange...Ihre Gedankengänge wurden abrupt von Ren unterbrochen, der sie mit einem ungeduldigen und zugleich undefinierbaren Blick musterte, bevor er mit genervter Stimme zu ihr sprach.

"Kommst du nun endlich? Ich habe auch nicht ewig Zeit."

"Ich komme auch allein nach Hause. Machen Sie sich bloß keine Umstände.", antwortete Kyoko kühl und wollte schon in die entgegengesetzte Richtung gehen, die Ren eingeschlagen hatte, da wurde sie nicht gerade sanft zurückgehalten. >>Oh oh. Er ist doch nicht etwa sauer??<< Mit einem überraschten Schrei wurde sie herumgedreht und blickte nun direkt in seine Augen, die vor unterdrückter Wut zu leuchten schienen. >>Ups, jetzt hab ich ein Problem. Wie stimme ich ihn wieder friedlich??<< Etwas verängstigt blickte sie ihn an. Diese Augen...Sie erinnerten sie wieder an etwas...So wurde sie schon einmal angeblickt, bevor man etwas Schreckliches von ihr verlangt hatte. Panik wollte sich wieder in ihr breit machen, doch sie unterdrückte sie. Nicht jetzt. Nicht hier. Nicht vor ihm. Und vor allem: Nicht schon wieder vor ihm! Sie konnte sich noch lebhaft an das letzte Spektakel erinnern, dass sie fabriziert hatte und bei dem er Zuschauer sein durfte. Darauf konnte sie gut verzichten. Aber das Gefühl flüchten zu müssen, blieb. Sie hatte mittlerweile den Blickkontakt unterbrochen, sie wollte nicht, dass er ihre Angst sah. Ihre Schwäche. Sie musste sich irgendwie befreien und sich bei ihm entschuldigen, für was auch immer. >>Ist er etwa nur deswegen sauer, weil ich gesagt habe, dass ich auch alleine nach Hause komme? Das ist doch kein Grund gleich auszurasten! Ach, was soll's.<< Sie seufzte innerlich auf. An ihrer Wortwahl konnte es auch nicht liegen, so unfreundlich oder verletzend waren die Worte ja gar nicht gewesen. Dann war es wohl ihr Tonfall gewesen. Oder? Sie spürte immer noch Rens Blicke. Sie durchbohrten sie förmlich. >>Mörderblick.<< kam es ihr ungewollt in den Sinn. Sie schrumpfte merklich neben ihm zusammen. Das schien auch endlich Ren zu bemerken, denn er ließ sie los und schob sie in Richtung seines Wagens. Kyoko blieb nichts anderes übrig, als sich zum Auto treiben zu lassen. Sie kam sich vor wie Vieh. Wie ein verlorenes Schäfchen, das zurück zu seiner Herde gebracht werden sollte. >>Verdammt! Wieso kümmert es ihn plötzlich was mit mir passiert?<< Frustriert ließ sich Kyoko in ihren Sitz fallen. Sekunden später wurde der Motor gestartet. Ihr Gesicht glich wieder einer Maske. Makellos. Doch innerlich brodelte sie. Sie verachtete das Leben, das ihr all das eingebrockt hatte und vor allem verachtete sie die Menschen, die versuchten, die alte Kyoko wieder zurückzubringen. Doch das würde niemand erreichen. Die Kyoko, die sie kannten, hatte sich verändert, ihr altes Ich war tot, gestorben, nicht mehr da. Wann begriffen sie das nur alle? Sie seufzte wieder. "Nur zwei Monate...", murmelte sie vor sich hin. Ren hörte sie zwar, ignorierte es aber. Es interessierte ihn schon, was mit ihr los war, doch es hatte wohl wenig Sinn, sie in diesem Zustand erreichen zu wollen. Oh ja. Sie hatte sich verändert. Drastisch. Das hatte er gleich zu Anfang gemerkt, hatte es aber nicht wahrhaben wollen. Er fragte sich, wo ihr Stolz und ihr Selbstbewusstsein geblieben war. Früher hatte sie sich doch nie unterkriegen lassen, war immer stur geblieben und hatte jede erdenkliche Hürde überwunden, um ihrem Ziel und Traum etwas näher zu kommen. Jetzt schien sie vollkommen zerbrochen. Diese eiserne Maske, die auch er beherrschte, zierte nun ihr Gesicht, ließ keine Gefühle mehr hindurchsickern. Sie hatte sich definitiv geändert. Und nicht unbedingt zum Besseren.

Kyoko schaute sich desinteressiert die vorbeirauschende Umgebung an. Sie fühlte sich so schrecklich leer. Von der Wut war nichts mehr übrig geblieben, sie schien von der Finsternis ihres Herzens aufgesaugt worden zu sein. >>Bin ich jemals wieder imstande positive Gefühle wie Liebe für Mitmenschen zu empfinden?<< Und sie wusste die Antwort. Nein. Niemals wieder. Sie war gebrochen. Ihr Kampfgeist erloschen, nichts hielt sie mehr in dieser Welt außer ihr Versprechen. Oder besser gesagt ihr "Vertrag" mit Kanae. Ob sie ihn einfach brechen sollte? Niemand würde ihr es mehr übel nehmen können. Wenn sie nicht mehr war, war auch der Vertrag automatisch erloschen. Aber so viel Ehre besaß sie noch. Es waren doch nur zwei Monate. Doch der Gedanke daran, zwei Monate mehr mit ihren Albträumen und verworrenen Gedanken alleine sein zu müssen, ließ sie schaudern. Das hielt sie im Kopf nicht aus! Es war doch nur psychische Quälerei. Sie sollte dem allen ein Ende bereiten. Jetzt. Noch heute. Wenn sie wieder alleine war und sich versichern konnte, das niemand mehr über sie wachte wie über ein Kleinkind. Ja. Was machte es schon ein Versprechen zu brechen, wenn man hinterher sowieso nicht dafür büßen konnte? Doch insgeheim fühlte sie sich unwohl. Wenn sie sich mal etwas vorgenommen hatte, hatte sie nie aufgehört, bis sie es erreicht hatte. Und diese Psychiaterin in den Wahnsinn zu treiben, könnte noch recht amüsant werden. Sie dachte die ganze Fahrt über Pro- und Contra-Seiten eines Selbstmordes nach, hatte aber immer noch keine definitive Entscheidung getroffen, als Ren den Wagen vor ihrem Haus anhielt. Abwartend blickte er sie an. Sollte sie sich jetzt bedanken? Immerhin hatte er sie ja zurückgebracht...Leise seufzte sie auf. Diese Höflichkeitsfloskeln, die sie gelernt hatte, konnte sie nicht einfach so hinschmeißen, dafür waren sie viel zu sehr in ihr verankert. So bedankte sie sich bei Ren und bat ihn noch, auf eine Tasse Tee oder Kaffee mit reinzukommen. Dem Anstand wegen. Manchmal könnte sie ihre Erziehung wirklich verfluchen. Und dass sie diese nicht ablegen konnte, brachte sie ab und zu auch zur Weißglut. Wie in diesem Moment. Eigentlich wollte sie ja gar nicht, dass Ren mit hereinkam. Es war ihr unangenehm, dass er das Haus von innen sah. Er sollte sich lieber wieder auf den Heimweg oder zur Agentur machen. Hatte er nicht immer so viel zu tun? Wieso ausgerechnet heute nicht? Zudem hatte sie sich schon die ganze Zeit gefragt, wo Yashiro war, der wich doch nie von seiner Seite. Na ja, was sollte sie das schon kümmern? Es war ja Rens Leben und nicht ihres. Nach ein paar Sekunden stieg sie aus dem Auto aus und ging zur Haustür. Während sie den Schlüssel in ihrer Handtasche suchte, trat Ren neben sie. Beide gingen ins Haus. Eine unangenehme Stille breitete sich zwischen den beiden aus, bis Kyoko sie schließlich brach.

"Wollen Sie Tee oder Kaffe?" Sie sprach mit kühler Stimme, wie immer. Es schien, als hätte sie Ren nie im Leben mal näher gekannt. Und das schmerzte ihn doch irgendwie. Wo war nur die alte Kyoko geblieben?

"Kaffee.", sagte er daher nur und beobachtete, wie sie ihre Tasche in eine Ecke schmiss und dann in Richtung einer Tür ging, die höchstwahrscheinlich in die Küche führte. So war es auch. Unauffällig blickte er sich um. Persönliche Gegenstände konnte er keine erkennen, es war alles sehr einfach gehalten worden. Ein paar Schränke, in der Küche natürlich noch Herd, Spülbecken, Tisch usw., doch als er einen Blick ins Wohnzimmer erhaschen konnte, stockte er schon etwas. Es war nahezu leer. Er fragte sich schon, ob das wirklich das Wohnzimmer sein sollte, doch nachdem Kyoko ihm dieses Zimmer als das Wohnzimmer vorstellte, verwarf er diesen Gedanken sofort wieder und blickte sich nun nicht mehr vorsichtig um, sondern betrachtete alles etwas skeptisch. Ein Tisch, ein paar Möbel, zwei Stühle. Mehr nicht. Der Raum wirkte wirklich leer. Keine Bilder oder andere etwas wertvollere Gegenstände. Die Tapete war wohl noch das Schrecklichste an dem ganzen Raum. Sie sah aus, als stamme sie noch aus den 80'ern. Einfach grauenhaft. Entweder sie hatte, was das betraf, einen miserablen Geschmack oder die Tapete war schon vorhanden gewesen, als sie einzog und es hatte sie nur wenig gekümmert wie sie aussah. Die zweite Möglichkeit war für ihn wahrscheinlicher. Nun ja, es war Kyokos Haus. Er setzte sich auf einen der zwei Stühle und wartete, bis Kyoko es ihm gleichtat. Wieder breitete sich Schweigen aus. Doch dieses Mal war es Ren, der es brach.

"Schönes Haus hast du."

"Sie finden es doch grauenhaft, Tsuruga-san.", meinte Kyoko daraufhin nur und blickte aus dem Fenster.

"Woher ich das weiß? Ich habe es vorhin an Ihrem Blick gesehen. Doch mir reicht es. Es muss ja nicht immer alles perfekt erscheinen, oder?" Nun sah sie ihn doch an. Er schien immer noch etwas überrascht zu sein, dass sie ihn so leicht hatte durchschauen können. Sie schnaubte nur abfällig. Dieser Blick wäre niemandem entgangen.

"Nein, muss es nicht. Doch wenn ich an dein früheres Zimmer denke, muss ich sagen, dein Stil hat sich um einige Grade geändert. Wenn nicht sogar um 180°."

"Menschen ändern sich nun einmal mit der Zeit. So auch ich. Wenn ich die Zimmer so gestalten wolle, wie ich mich fühlte und immer noch fühle, dann hätte ich jedes Zimmer anders einrichten müssen."

"Und welche Gefühle sind das, Kyoko-Chan?" Er war schon neugierig, was sie in ihrem Inneren fühlte, denn ihr Blick war nicht mehr wie früher der Spiegel ihrer Seele.

"Das geht Sie nichts an.", meinte Kyoko daraufhin verschlossen. >>Was bildet sich dieser Mistkerl eigentlich ein? Der denkt wohl, er kann sich alles erlauben.<< Sie stand auf.

"Ich denke, Sie sollten nun besser gehen, Tsuruga-san." Der Angesprochene schaute sie kurz an, dann nickte er leicht. Es war wohl besser so. Kyoko begleitete ihn noch bis zum Auto, dann wollte sie zurück ins Haus gehen, doch als der Motor angeschaltet und fast gleichzeitig wieder abgewürgt wurde, drehte sie sich noch einmal um. Ren erschien fluchend wieder aus dem Auto. Mit knappen Worten schilderte er die Situation:

"Benzin ist alle."

Kyoko starrte ihn entsetzt an. Was genau sollte das bedeuten? Benzin hatte sie nirgends im Haus. >>Ob er wohl in die nächste Stadt gehen wird? Aber es ist schon ziemlich spät...<<

"Um in die nächste Stadt zu gehen, ist es wohl zu spät. Wenn Sie wollen, können Sie heute Nacht bei mir schlafen." Eher wiederwillig kamen diese Worte über Kyokos Lippen. Das war wirklich das Letzte, was sie wollte: In einem Haus zusammen mit Ren Tsuruga. Auch wenn sie schon vorher öfters mit ihm allein gewesen war, nun war es ihr unangenehm. Sie wollte das nicht. Sie hoffte schon, er würde absagen, da tat er auch schon das genaue Gegenteil. Er bedankte sich lächelnd bei ihr und ging dann an ihr vorbei wieder ins Haus. Kyoko stand da wie bestellt und nicht abgeholt. Dann seufzte sie kurz. >>Das kann doch nicht war sein! Er wird bestimmt Fragen stellen. Wieso das Licht selbst in der Nacht im Haus brennt. Das ist ja Stromverschwendung. Aber ICH brauche das Licht. Im Dunkeln kann ich nicht mehr einschlafen...<< Schon fast verzweifelt folgte sie Ren ins Innere des Hauses. Dort zeigte sie ihm seine Schlafstätte und eilte dann in den anderen Teil des Hauses, so weit weg wie möglich von Ren. Ohne, dass sie bewusst dorthin lief, gelangte sie in den Garten. Dort ließ sie sich in das weiche Gras fallen. Entspannt starrte sie hinauf in den Himmel. Sie bemerkte die Gestalt hinter sich erst, als sie sich direkt neben ihr niederließ. Verwundert schaute Kyoko an ihre Seite. Ren blickte nun wie eben gerade sie in den Himmel und schwieg. Seltsamerweise störte Kyoko Rens Anwesenheit nicht. Eigentlich wollte sie in solchen Augenblicken lieber alleine sein, doch nun wollte sie hier nicht einsam sitzen. Jede andere Person hätte sie abgewiesen, da war sie sich sicher. Er hatte sie damals bei den Dreharbeiten verstanden, konnte er sie nicht auch jetzt wieder verstehen? Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, sie brauchte jemanden, der für sie da war, sie beschützte und sie in den Arm nahm, wenn sie mal traurig war. Jemand, der sie verstand, der ihr in jeder erdenklichen Situation beistand und nicht von ihrer Seite wich. Und dies wollte sie jetzt. Sie konnte Ren nicht wegschicken. Sie wollte, dass er bei ihr blieb. Ja. So würde sie am liebsten bis in alle Ewigkeiten liegen bleiben. Nichts sagen, nichts denken, nur die Sterne sehen, ihren Glanz bewundern, die Stille genießen, abschalten und nur noch fühlen, was einem in diesem Moment wiederfuhr. Doch plötzlich durchschnitt Rens Stimme das Schweigen, aber wider der Erwartung, dass dieser besondere Moment vorbei war, schien sich seine Stimme der Natur um sie herum anzupassen, harmonisierte irgendwie mit dem Ganzen, kein Störfaktor, als würde er dazugehören.

"Was fühlst du, wenn du dir die Sterne betrachtest, Kyoko-Chan?" Er hatte sanft gesprochen, wie zu einem Kind. Kyoko schwieg zuerst, wendete den Blick nicht vom Sternenzelt, vollkommen versunken in seinem strahlenden Anblick. Keine Wolke versperrte die Sicht, der Mond stand rund in der Mitte dieser Pracht, Kyoko konnte Krater und Berge ausmachen. Ja. Aber was fühlte sie? Sie wusste, dass sie nicht antworten musste, Ren würde sie zu nichts zwingen, dass sie selber nicht wollte, doch seltsamerweise verspürte sie plötzlich den Wunsch ihm alles zu erzählen, doch anstatt dies auch zu tun, beantwortete sie einfach nur seine gestellte Frage mit leiser Stimme.

"Ich bin mir nicht sicher, was ich fühle. Einerseits fühle ich Frieden in mir, bin vollkommen eins mit mir und meiner Umgebung. Andererseits spüre ich Sehnsucht. Einfach nur weg, so weit weg wie die Sterne, ein neues Leben beginnen, jenseits der Vergangenheit. Fliehen vor sich selbst und seinen Gefühlen. Hauptsache weg, den Sternen hinterher. Sie sind wie ein Ruf nach der geheimnisvollen Ferne und Fremde und er zieht mich an. Immer weiter. Nicht stehen bleiben. Nicht zurückblicken, den Sternen folgen, bis sie und man selbst verglimmen, um in der nächsten Nacht wieder zu erstrahlen und um einem neue Wege zu zeigen. Wege, die man bisher übersehen hat, werden dann deutlich. Ich habe einfach nur Sehnsucht, Sehnsucht nach der Ferne, nach dem Licht, das mir den Weg durch die Dunkelheit leuchtet. Sehnsucht nach Liebe, nach Vertrauen und Zärtlichkeit. Ich möchte genauso erstrahlen wie sie, zwar strahlen sie nicht aus eigener Kraft, aber das ist egal. Solange ich nur die Finsternis verdränge, um wieder klar sehen zu können..." Hier verstummte Kyoko. Sie hatte ihm ihre geheimsten Gedanken anvertraut. War das die richtige Entscheidung gewesen? Wie würde er reagieren? Ob er ihr glaubte? Ob er überhaupt zugehört hatte? Interessierte es ihn wirklich? Immer noch nicht wagte Kyoko es, Ren in die Augen zu blicken, geschweige denn ihn auf irgendeine Art und Weise anzugucken. Schweigen breitete sich aus, man hörte nur noch das Zirpen der Grillen und Atemgeräusche. Plötzlich raschelte Gras und dann wurde Kyokos Kinn sanft mit einer Hand umfasst und zur Seite gedreht. Ren lächelte. Ein echtes Lächeln. Dann, genauso leise wie sie eben, flüsterte er ihr dicht an ihrem Ohr etwas zu.

"Du hast Angst, Kyoko-Chan, nicht wahr? Angst vor dir selbst. So wie vor anderen. Doch, weißt du, jeder Tag ist eine Chance zu einem Neuanfang, du musst nur einsteigen und dich der Herausforderung stellen. Du musst zu dir selbst zurückfinden. In der Ferne liegt nicht die Lösung, nur die Flucht und Verdrängung. Tu nicht immer so stark. Lass dich ein Mal treiben und dir helfen. Würdest du meine Hilfe annehmen?"

"Ich habe mich doch eben gerade treiben lassen. Ich habe mehr verraten, als ich eigentlich wollte..."

"Du weißt, was ich meine, Kyoko-Chan."

Kyoko sah ihn an, keine Regung zeigte sich in ihrem Gesicht. >>Er meint es wirklich ernst...<< dachte sie, als sie in seine braunen Augen schaute. Irgendwie zogen sie sie an. Irgendetwas hatten sie an sich. So viele Emotionen konnten sich in ihnen wiederspiegeln und Ren hatte sie vollkommen unter Kontrolle. Doch das erste Mal hatte sie den Eindruck, dass er es wirklich ernst meinte, sie nicht aufziehen wollte. Er ließ seinen Gefühlen freien Lauf. Etwa für sie? Wegen ihr? Sie wollte gerade seine Hilfe höflich abweisen, als sie sich auch schon selbst ein kaum wahrnehmbares "Ja..." nuscheln hörte. Aber diese einfach Antwort schien Ren zu genügen, denn er lächelte sie noch einmal an und legte sich dann wieder auf den Rücken, um die Sterne weiter zu beobachten. Kyoko tat es ihm gleich. Dabei fuhren ihr allerhand Gedanken durch den Kopf. Wieso hatte sie das gesagt? War sie einfach nur überrumpelt gewesen? >>Nein<< sagte ihre innere Stimme. Es war ihre Entscheidung gewesen. Doch wieso hatte sie zugesagt? >>Weil du immer noch einen Keim Hoffnung in dir hast. Tief verborgen...doch noch nicht erloschen.<< Ja, das stimmte. Sie war seit langem nicht mehr so ruhig und friedlich gewesen und kurz hatte sie auch ein Mal die Hoffnung in sich gespürt. Aber sie hatte sie schnell wieder verdrängt. Es gab für sie keine Hoffnung, keine Zukunft, es gab nur den einen Weg. Doch als sie ihm ihre Gefühle verraten hatte, war da nicht auch ein Keim Hoffnung gewesen...? Nein! Es war nur ein Wunschtraum gewesen und von ihr vollkommen idiotisch auf Rens Bitte einzugehen. Sie musste das klären. Jetzt. ER durfte sich keine falschen Hoffnungen machen. >>Oder doch eher du...?<< Nein, nein! Sie verfluchte ihr Inneres und wandte sich dem Ren zu. Die Worte hatte sie sich schon zurechtgelegt, doch wieder sagte sie etwas anderes, als sie eigentlich wollte.

"Was siehst du?", fragte sie ihn und blickte ihn kurz an.

>>Verdammt! Bin ich zu einem Feigling mutiert, der Ren nicht die Stirn bieten kann?<< Aber sie wusste, dass sie sich selbst belog. Sie wollte Rens Hilfe, die Hoffnung in ihr brannte lichterloh, doch immer noch versuchte sie sie zu ignorieren und wieder zurückzudrängen. Wenn sie nun weiterkämpfte, würde sie nicht nur sich selbst in Gefahr bringen. Außerdem verdiente sie es nicht zu leben. Sie hatte jemandem unrecht getan und dieser war nun tot. Sie konnte sich nicht entschuldigen oder ihren Fehler auf irgendeine Weise wieder gut machen. Sie hatte auf ganzer Wellenlänge versagt. Sie hatte nicht bemerkt, dass ihr Blick glasig geworden war, wurde aber abrupt in die Gegenwart gerissen, als jemand ihre Hand nahm. Sie zuckte heftig zusammen und versteifte sich am ganzen Körper, doch als nichts weiter geschah, entspannte sie sich langsam wieder. Immer noch wachsam auf weitere Berührungen, aber auch etwas ängstlich, drehte sie ihren Kopf dem Störenfried zu, der da einfach in ihre Gedanken geplatzt gekommen war. Schnell hatte sie auch schon festgestellt, dass das genau Rens Absicht gewesen war, konnte ihm deswegen aber nicht böse sein. Immerhin hatte er sie vor einem depressiven Absturz bewahrt. Doch das war auch nur die halbe Wahrheit. Eigentlich fühlte sie sich einfach nur vollkommen sicher in seiner Nähe, doch das wollte sie sich natürlich nicht eingestehen. So beließ sie es bei ihrer Illusion und wandte stattdessen ihre Aufmerksamkeit den ineinander verschränkten Händen zu. Keine gute Idee. Sofort schwirrten ihr wieder sämtliche Fragen im Kopf herum. Wieso ließ sie nicht los? Wieso ließ er nicht los? Was genau wollte er damit bezwecken? Und noch viele andere Fragen, die sie aber schnell beiseite schob. Mit leicht geröteten Wangen blickte sie zu den Sternen hinauf.

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so. das wars ma wieder ^^ hab ja lang genug gebraucht...also bitte kommis hinterlassen ;)))
 

gruß

black_wolf

Entscheidungen

Tut mir leid, dass das chap erst so spät kommt -.- eigentlich sollte es ja schon letzten monat erscheinen...um genau zu sein, am geburtstag meiner lieben freundin nico ^^ ich hoff, sie verzeiht mir nochma, dass das ein sehr verspätetes kleines geschenk is ^^ hat net damit gerechnet, dass ich so viel stress hab ^^ kann mich also nur entschuldigen...^^

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Es schien eine halbe Ewigkeit zu dauern, bis Ren antwortete.

"Ich habe nicht viel Zeit, um Sterne zu beobachten, die Arbeit wartet immer. Doch wenn ich sie jetzt betrachte, dann muss ich an meine Träume und Wünsche denken. Ich denke daran, was hätte sein können, wie vollkommen doch alles scheint, obwohl das Kartenhäuschen, dass man sich mühselig aufgebaut hat, langsam, aber sicher, ineinander stürzt. Und man verspürt irgendwie den Wunsch, alles zu ändern, sich zu verändern, sein Leben, einfach alles."

"Inwiefern?" Kyoko erwiderte nichts weiter darauf. Was hätte sie auch schon sagen können? Sie hätte natürlich fragen können, wieso ausgerechnet bei IHM nicht alles in bester Ordnung war, schließlich hatte er wirklich alles, was man sich wünschen konnte: Einen tollen Job, die ganze Frauenwelt zu Füßen, Geld. Das einzige, was fehlen könnte, wäre vielleicht Liebe. Aber daran war er ja letztendlich selber Schuld. Er könnte jede haben, doch zog er es vor für seine Arbeit zu leben und sich mehr von jedem abzukapseln, als auf jemanden zuzugehen und sich zu öffnen. Außerdem interessierte sie es eigentlich auch nicht wirklich. Sie war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, ihre eigenen Gedanken reichten ihr aus, da brauchte sie nicht noch den Kummer eines anderen.

"Es ist so leicht alles aufzugeben, den Job zu schmeißen, sich zurückzuziehen, ein Leben fernab der Öffentlichkeit zu führen. Manchmal habe ich das Gefühl, ich müsste aus dieser Branche aussteigen, denn all das Berühmtsein hat auch einen Nachteil: Menschen verändern sich zum negativen ohne dass sie es selber realisieren. Und wenn sie es bemerken, so ist es meist zu spät. Sie können nicht zurück in ihr altes "Ich", denn die Fans lieben die neue Persönlichkeit, mit der alten sind sie nicht vertraut, stoßen sie ab, weil sie wahrscheinlich fremdartig für sie ist."

"Hm..."

"Aber dennoch macht man immer weiter. Die Fans sind schon fast wie eine Droge. Ohne sie kann man nicht mehr leben, ohne Publikum und die Öffentlichkeit fühlt man sich leer und einsam. Du lebst eigentlich nur noch, um Erwartungen zu erfüllen, die man an dich stellt, die du selbst an dich stellst. Und wenn man dann doch neben all der Arbeit Zeit für sich selbst findet, weiß man nicht, was man mit sich anstellen soll, denn ohne es zu wissen, ist man sich selbst fremd geworden."

>>Sich selbst fremd geworden...Oh ja...Das kenne ich. An manchen Tagen bin ich mir selbst nicht mehr sicher, wer ich wirklich bin, was ich wirklich fühle. Diese Tage häufen sich in letzter Zeit. Verwirrung ist das einzige, das zurückbleibt. Doch wusste ich früher wer ich war? Oder war das nur eine weitere Illusion, um sich durch das Leben zu schlagen? War das nur Wunschdenken meinerseits gewesen und in Wirklichkeit war ich eigentlich vollkommen anders? Habe ich allen etwas vorgespielt? Habe ich mich selbst belogen? Oder habe ich damals wirklich den Sinn meines Lebens gefunden? Und nun ist er mir abhanden gekommen? Woher weiß der Mensch, wann er sich verwirklicht hat? Anhand seiner Träume? Oder ob man zufrieden mit sich selbst und seiner Umwelt ist? Oder etwas vollkommen anderes? Woher weiß man, wann man an seinem Ziel angekommen ist, wenn man es nicht kennt? Fühlt man es? WEIß man es einfach? Und was passiert, wenn man sein Ziel erreicht hat? Entsteht ein neues? Oder braucht es zum Finden das ganze Leben lang?<< Sie hätte noch ewig diesem Gedanken nachhängen können, wurde aber durch Ren unterbrochen, der sie fragend anblickte und leicht ihre Hand drückte. Diese Geste machte sie wieder darauf aufmerksam, dass sie nicht allein in ihrem Garten war. >>Will er jetzt eine Antwort von mir hören? Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll...Diese Erfahrungen habe ich alle schon durchlebt, doch sind sie nicht mehr wichtig für mich. Das habe ich hinter mir gelassen. Ich arbeite für niemanden mehr und ich misse meine Arbeit auch nicht. Das einzige, dass ich jetzt noch will, ist, meinem kümmerlichen Dasein ein Ende bereiten. Also wieso erzählt er mir solche Dinge? Soll ich etwa Seelenklempner spielen oder verfolgt er eine bestimmte Absicht? Was will er wirklich?<< Mit der freien Hand fuhr sie sich über die Stirn, sie spürte förmlich die schwere Last, die auf ihren Schultern lag und sie zu erdrücken drohte. Sie bemerkte Rens besorgten Blick nicht, sie konzentrierte sich einzig und allein auf ihren inneren Konflikt einfach aus dieser Situation abzuhauen und dem Drang ihm alles zu beichten, ihm von ihren Sorgen zu erzählen und ihm zu vertrauen.

"Es gibt Menschen, die zeigen ihr wahres Gesicht nicht, richtig?", fragte sie schließlich.

"Ja, das stimmt."

"Was ist, wenn der, der eine Maskerade trug, sie plötzlich niederreißt und sein wahres Ich zum Vorschein kommt, es jedoch undenkbar für die Mitmenschen ist, dass er so sein könnte, dass sie die Wahrheit verleugnen und lieber an ihren eigenen Meinungen festhalten?"

"Ich weiß nicht, worauf du hinaus willst..." Ren war über diesen Themawechsel wirklich verwirrt. >>Was will sie damit erreichen? Was will sie mir damit sagen?<<

"Was ich dir damit mitteilen möchte, ist, dass, egal was du mir sagst, egal was du darüber denkst, du die Wahrheit erkennen musst, egal wie schrecklich sie auch aussehen mag."

"Von welcher Wahrheit sprichst du? Über dich? Wer du wirklich bist? Oder meinst du den Grund für den Besuch beim Psychiater?"

"Vielleicht mein ich alles damit..."

"Willst du mir damit sagen, dass du bisher immer eine Maske getragen hast und nun nicht mehr?"

"Es kommt immer auf die Situation an. Manchmal ist es angebracht, sich hinter einer Maske zu verstecken, um sich nicht selbst zu zerstören, doch ein anderes Mal braucht man sie wiederum nicht."

"Und was heißt das auf dich bezogen?"

"Dass ich mich der Situation anpasse. Zur Zeit brauche ich keine Maske, doch vielleicht täte ich besser daran, sie aufzusetzen, denn andere sind mit dem, was sie sehen, nicht zufrieden."

"Wieso nicht?"

"Weil sie es nicht verstehen können."

Ren hatte das Gefühl, in diesem Gespräch nicht unbedingt sehr weit gekommen zu sein. Was genau wollte Kyoko von ihm? Wollte sie ihn mit diesen Worten loswerden oder war das ein indirekter Schrei nach Hilfe? Er hatte keine Ahnung. >>Sie hat sich wirklich verändert. Früher hätte sie niemals um den Punkt herumgeredet, sie hätte direkt ihr Anliegen vorgebracht, egal, wie irritierend sie dabei wirken würde. Was ist nur passiert? Ich sollte vielleicht einmal mit Kanae reden, vielleicht kann sie mir weiterhelfen.<< Mit diesem Gedanken suchte Ren Kyokos Blick, doch der war immer noch auf die Sterne gerichtet. Wieder schien sie tief in Gedanken versunken zu sein, sie blickte zwar auf die Sterne, doch eigentlich blickte sie durch sie hindurch in ein entferntes Ereignis in der Vergangenheit.

"Willst du, dass ich dir helfe, Kyoko-Chan?"

Überrascht blickte die Angesprochene auf. Darauf hatte sie doch schon geantwortet. Aber Ren hatte ihr mit dieser erneuten Frage die Gelegenheit gegeben, seine Bitte abzuschlagen ohne unhöflich dabei zu klingen. >>Sag ihm einfach nur die Wahrheit, Kyoko.<<

"Wieso? Die Frage hast du schon einmal gestellt." >>Ich bin doch vollkommen bescheuert, da habe ich schon einmal die Chance, alles klar zu stellen und dann rede ich immer noch so einen Mist zusammen.<< Langsam begann sie sich selbst zu verfluchen. Wieso hatte sie nicht die Kontrolle über sich selbst, wenn sie mit Ren sprach? Was war bei ihm anders als mit anderen Menschen? Wieso konnte sie ihm nicht das sagen, was sie sagen wollte? Wieso sprach sie immer das Gegenteil von dem aus, was sie ständig versuchte ihm zu erzählen bzw. zu erklären? Wieso war sie nicht sie selbst, wenn sie Ren sah? Was hatte das alles zu bedeuten?

"Ich bin mir nicht sicher, ob das vorhin deine aufrichtige Antwort war."

>>Nein, war sie nicht! Ich will eigentlich nicht, dass du in meiner Nähe bist, meinem Geheimnis immer näher kommst. Ich wünschte, ich könnte dir gegenüber genauso kalt auftreten wie gegenüber anderen. Aber irgendwie ticke ich in letzter Zeit nicht mehr richtig...<<

"Es war ehrlich gemeint." Etwas verblüfft starrte Ren Kyoko an. Das hatte er jetzt nicht erwartet. Er hätte gedacht, sie würde einen Rückzieher machen oder sich nicht genau festlegen wollen. Recht zufrieden mit ihrer Antwort widmete er sich wieder dem Himmel und den Sternen. Das Gespräch verstummte. Jeder der beiden hing seinen eigenen Gedanken nach. Stille kehrte ein, kein Geräusch war zu hören. Nur das Gras raschelte ab und zu sanft, wenn der Wind hindurchfegte. Einzig das Mondlicht belichtete diese unheimlich wirkende Szene. Ruhig lagen Kyoko und Ren auf dem Gras, starrten zum Himmel empor, nur die Hand, die die jeweils andere hielt, verband sie, denn ihre Gedanken verweilten jeweils woanders. Letztendlich war es wieder einmal Ren, der dieses Schweigen brach.

"Was hast du?"

"Nichts", meinte Kyoko leise. "Ich muss nur nachdenken." Während sie sprach, starrte sie an einen imaginären Punkt in der Ferne, selbst ihre Worte schienen nicht richtig an Ren gerichtet zu sein.

"Worüber?"

"Über alles. Diese Situation, die Vergangenheit, die zur albtraumhaften Gegenwart wurde und in die Zukunft übergehen wird, ohne jegliche Verbesserungen."

"Du solltest dich jemandem anvertrauen, denn wenn man mit jemanden über seine Probleme redet, kann man alles viel leichter ertragen, man kann sich etwas von seiner Situation differenzieren und dann werden einem auch neue Wege eröffnet. Sicher, manche schaffen es alleine, doch andere wiederum brauchen die Hilfe eines Zweiten, um wieder auf den richtigen Weg zu gelangen."

Kyoko wandte sich Ren zu.

"Du sagst, Reden hilft? Wieso dann nicht bei mir? Schon öfters habe ich es versucht, auf die eine oder andere Weise, doch nie war ich danach erleichtert oder konnte klar und deutlich eine Lösung erkennen." Traurig starrte sie auf eine alte Weide, die mitten in der Landschaft stand, kein anderer Baum war in ihrer Nähe, sie schien genauso einsam wie Kyoko sich fühlte.

"Dann hast du dich den Falschen anvertraut."

Ohne weiter auf seine Antwort einzugehen, fuhr Kyoko fort.

"Einerseits waren es die anderen, die mich zu dem gemacht haben, die ich nun bin, doch andererseits habe ich es auch verdient. Meine Fehler sind nicht wieder gut zu machen. Niemals." >>Nein...Niemand kann mir helfen. Niemand soll mir helfen. Sie sollen nicht erfahren, wie töricht ich war und wie schuldig ich mich gemacht habe. Sie sollen nicht wissen, wie leer ich mich fühle, keiner soll mir mehr zu nahe kommen, sie sind doch alle Verräter!<<

"Es hat keinen Sinn mehr. Es ist aus. Meine Probleme sollten dicht nicht interessieren, sie gehen dich nichts an, sie gehen NIEMANDEN etwas an, also hört endlich auf mich mit euren Fragen zu quälen! Ich will einfach nicht mehr, könnt oder wollt ihr das einfach nicht verstehen? Alle Bemühungen bringen nichts mehr. Es ist zu spät für Rettung, für Hoffnung. Lasst mich einfach nur allein!" Mit einem Ruck stand sie auf, löste ihre Hand von Rens und kappte damit die letzte Verbindung. Schnellen Schrittes stürmte sie ins Haus, ließ einen leicht irritierten Ren zurück. Er glaubte, einen kurzen Augenblick Tränen in ihren Augenwinkeln gesehen zu haben, doch war er sich da nicht mehr so sicher wie am Anfang. Zudem war er jetzt noch verwirrter als zuvor. Sie tat alles, um ihn davon abzubringen ihr zu helfen, doch wenn er sie direkt fragte, dann konnte sie nicht nein sagen. Seufzend richtete er sich auf. Sein Blick glitt über die Landschaft. Sie war genauso traumhaft wie zuvor, nach Kyokos rapiden Abgang war Frieden eingekehrt, alles lag wieder still vor ihm, aber dennoch schien etwas in dieser Idylle zu fehlen. Er hatte gedacht, Abstand würde dieses Gefühl, dass er während den Dreharbeiten von Dark Moon für Kyoko entwickelt hatte, abkühlen lassen, verschwinden lassen, doch nachdem er sie wiedergetroffen hatte, waren all seine guten Vorsätze zunichte gemacht worden. Er wusste, nun konnte er sie nicht mehr gehen lassen, seit langem hatte er sich nicht mehr so erfüllt und zufrieden gefühlt wie eben gerade mit Kyoko. Jetzt, wo sie nicht mehr da war, schien ihm etwas zu fehlen, er war nicht mehr vollständig, sein Herz sehnte sich nach dem andere Teil der Seele derjenigen, die diese Lücke füllen konnte. Er war sich sicher, er würde sie nicht mehr verlassen, schon alleine wegen dem Versprechen ihr zu helfen, das er ihr vor einer halben Stunde gegeben hatte. Er würde versuchen, sie zu verstehen, egal wie viele Hindernisse diesen Weg zierten. Aber er musste sich auch eingestehen, er konnte sie einfach nicht mehr verlassen, sein Weg würde immer wieder zurück zu ihr führen, es war schon fast wie ein Fluch, den er niemals loswerden würde. Die ganze Zeit über hatte er geglaubt gehabt, Kyoko vergessen zu haben, doch nun wurde ihm bewusst, dass das Gefühl nie verschwunden war, er hatte es nur verdrängt und in die hinterste Ecke seiner Seele verbannt, bevor es ihn überrannt und richtig Besitz von ihm ergriffen hätte. Und in einem einzigen unachtsamen Moment war es wiedergekommen, unaufhaltsamer als jemals zuvor. Nun würde er sich nicht mehr dagegen wehren können, es ließ sich nicht mehr einfach vertreiben, zu lange war es stillgelegt worden. Und dieses Gefühl sagte ihm gerade, dass Kyoko in großer Gefahr schwebte, nicht unbedingt vor einem Feind, viel eher stellte sie eine Bedrohung für sich selbst dar. Insgeheim schwor sich Ren auf Kyoko aufzupassen und ihr in dieser schwierigen Zeit zur Seite zu stehen. Aber eine Frage beschäftigte ihn immer noch, eigentlich schon von dem Moment an, an dem er sie das erste Mal wiedergesehen hatte.

"Was ist nur mit dir geschehen, Kyoko-Chan?"

Leise murmelte er diese Worte vor sich hin und starrte fast schon verzweifelt zu den Sternen hinauf, erhoffte sich von ihnen die Antwort, doch er erhielt keine. Stumm blickten sie zurück. Er wusste, dass der Weg zur Lösung aller Probleme und Fragen und damit zu Kyokos Herzen schwierig und lang werden würde, doch er war fest entschlossen Kyoko zu helfen, egal wie die Wahrheit auch aussehen mochte. Langsam erhob sich Ren und ging gemächlich wieder zurück ins Innere des Hauses. Er hatte keine Ahnung, in welchem der vielen Zimmer er übernachten sollte, deshalb beschloss er, einfach das erstbeste zu nehmen, dass er fand. Während er die Tür hinter sich verschloss, huschte eine dunkle Gestalt durch den Hintergarten, über den niedrigen Zaun hinweg und weiter über die Wiese, an der Weide vorbei, unbemerkt, bis sie im nahen Wald stehen blieb, ein Handy aus einer Tasche hervorholte und anfing zu telefonieren. >>Die Neuigkeiten werden ihr nicht gefallen.<< war der letzte Gedanke des Fremden, ehe jemand am anderen Ende der Leitung abhob.
 

"Dieses Flittchen! Für so dreist habe ich sie wirklich nicht gehalten! Wie konnte sie es wagen? Na warte, das wird sie mir büßen! Alfred!" Die Stimme einer Person schallte durch den ganzen Raum. Hastig erhob sich daraufhin eine andere und ging eiligen Schrittes auf ihren Vorgesetzten zu.

"Ja?"

"Sorge dafür, dass sie das Licht dieser Welt nie mehr erblicken wird! Und jetzt verschwindet alle!"

Der Mann versteifte sich etwas bei ihren Worten, doch verneigte er sich nach kurzem Zögern und zog sich wieder zurück.

"Jawohl, Ma'm."

Mit einem zufrieden Lächeln auf den Lippen, nahm die Angesprochene ihren Kater auf den Arm, der leise maunzte. Dann wandte sie sich einem großen Fenster zu, von dem sie eine herrliche Aussicht auf ihren ganzen Besitz hatte.

"Oh ja...Morgen schon wird sie nicht mehr leben." Leise lachte sie auf, kraulte dabei ihren Kater, der sich an seine Herrin schmiegte und aufmerksam auf ihre nächsten Worte lauschte. "Bevor sie es selbst schafft sich das Leben zu nehmen. Sie hat kein Recht dazu! Nur ich darf sie umbringen! Und heute Nacht wird es endlich so weit sein!"
 

Kyoko ging schnell in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Langsam ließ sie sich an ihr herabgleiten bis sie auf dem Boden saß. Sie wünschte sich, sie hätte Ren niemals den Vorschlag gemacht, diese Nacht bei ihr zu verbringen. Zu viel hatte sie ihm verraten, zu viel offenbart. Sie wusste selbst nicht, warum. Es war einfach über sie gekommen und jetzt bereute sie es. Nach ihren Abschlussworten würde er sie bestimmt nicht in Ruhe lassen. Das war vollkommen unmöglich. Sie hatte ihn damit nur neugieriger gemacht. Fest schlug sie mit der Faust auf den Boden, immer und immer wieder, fühlte zwar den Schmerz, ignorierte ihn jedoch. Sie wollte das alles nicht! Und wie hatte sie zum zweiten Mal seiner Hilfe zustimmen können? Sie hätte einfach nur sagen müssen, dass sie auf seine Hilfe nicht angewiesen war, dann wäre Ren bestimmt gegangen und hätte sie vergessen können und alles, was sie jemals zu ihm gesagt hatte. Die besondere Beziehung zwischen ihnen, die sie während den Dreharbeiten entwickelt hatten, war Geschichte. Sie war nun ein anderer Mensch, sie wollte nichts mehr mit ihren "Freunden" zu tun haben. Und sie wollte auch nicht mehr zu diesen blöden Therapiestunden gehen, so etwas brauchte sie nicht. Die ganzen Hoffnungen, die sich im Verlauf des Abends aufgebaut hatten, waren reine Illusion gewesen, niemand konnte sie aus ihrer Verzweiflung retten, niemand! Niemand sollte ihr jemals wieder zu nahe treten, der Schmerz des Verrats ging tiefer als der der Einsamkeit. In diesem Moment hatte sie ihre Entscheidung getroffen. Es gab keinen Weg zurück, die Vergangenheit konnte man nicht ändern, doch sie konnte über ihre Zukunft entscheiden. Entschlossen ging sie zu ihrem Schreibtisch und fing an, einen Brief zu schreiben.
 

Ren wusste währenddessen nicht mehr, wo er noch nach einem Zimmer für sich suchen sollte. Er hatte nun schon unzählige Türen geöffnet, doch die meisten Räume waren leer oder in ihnen stand uraltes Gerümpel, das wohl niemand mehr brauchte. Er seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Es kam ihm alles vor wie in einem Traum, ein Albtraum, aus dem er zu Erwachen nicht im Stande war. Wenn er diesen Ort einfach nur verlassen konnte, würde er sich schon wohler fühlen, doch durch sein Versprechen fühlte er sich an das alte Haus und vor allem an Kyoko gebunden. Er würde nicht einfach aufgeben! Früher hatte er auch alle Hürden überwunden, die sich in seinen Weg gestellt hatten, nun galt es, dieselbe Entschlossenheit wieder hervorzukramen, die ihn früher vorwärts getrieben hatte. Für Kyoko. Aber auch für sich selbst. Er machte sich schreckliche Vorwürfe. Hätte er schon früher wieder mit ihr Kontakt aufgenommen, wäre es vielleicht niemals so weit gekommen. Aber er hatte sich ja unbedingt in seine Arbeit stürzen müssen, um die mittlerweile siebzehnjährige Kyoko aus seinem Kopf zu verbannen. Das war ein schwerwiegender Fehler gewesen, den er nicht noch einmal begehen durfte. Er seufzte noch ein letztes Mal, dann öffnete er die nächste Tür. Interessiert schaute er sich in dem kleinen Zimmer um. Wie es schien, war dieses belegt und da Kyoko der einzige Bewohner dieses Hauses war, musste es wohl ihres sein. Er trat noch einen Schritt ins Innere des Raumes, dann blieb er stehen. Von Kyoko keine Spur. Vielleicht war sie gerade im Bad. An einen anderen Gedanken wollte Ren jetzt nicht denken. Was sie anderes tun könnte. Leicht schüttelte er den Kopf und ging zu Kyokos Schreibtisch hinüber. Ein beschriebenes Blatt Papier lag auf diesem und ein Stift lag daneben. Neugierig beugte er sich darüber, sein Atem stockte, als seine Augen über das Stück Papier huschten, immer schneller, bis er schließlich mit großen Augen einen Schritt nach hinten tat, sich umdrehte und zur Tür herausrannte. Seine Gedanken kreisten um den Aufenthaltsort von Kyoko. Wo war sie? Hatte sie wirklich vor...? Panik stieg in ihm auf. Er hatte sie doch erst wiedergefunden! Sie konnte doch nicht einfach...Doch konnte sie. Und wahrscheinlich war er auch noch Schuld an ihrem Entschluss. Er hatte sie zu sehr in die Enge getrieben mit seinen Fragen, er hätte es einfach früher bemerken müssen! Verzweifelt riss er jede Tür auf, an der er vorbeikam. Schließlich blieb er schnaufend stehen. Wieso war dieses Haus auch so verdammt groß? Er zwang sich weiter zu rennen und jeden Raum einzeln zu durchsuchen. Hatte er ein Zimmer übersehen? Nein, das konnte nicht sein. Er war sich ziemlich sicher, hinter jeder Tür nachgeguckt zu haben. Aber wo war sie dann??

"Kyoooookooooooooooooooo! Wo bist du???"

Plötzlich hörte er Geräusche. Wasser. Wie ein Besessener rannte er los. Da vorne. Eine Ecke. Dampf stieg unter einer der Türen hinauf. Erleichtert, sie endlich gefunden zu haben, klopfte er zaghaft an die Tür. Keine Reaktion.

"Kyoko! Hörst du mich? Bist du da drin? Kyoko!!"

Als er die Tür mit Gewalt öffnete, offenbarte sich vor ihm ein schreckliches Blutbad. Entsetzt starrte er die Gestalt in der Badewanne an. Nein! Das konnte nicht sein! Das durfte nicht sein! Er war nur noch im Stande ein Keuchen von sich zu geben, diese Szene schockte ihn zu sehr. Auf wackeligen Beinen, die jede Sekunde drohten einfach unter ihm nachzugeben, ging er langsam und mühevoll in das Badezimmer und blieb dann vor der Wanne stehen.

"Kyoko...??", fragte er leise.

Allerlei Gedanken rasten in seinem Kopf, ließen ihn nicht mehr klar denken. Der Brief. Die Worte schienen sich in sein Gehirn gebrannt zu haben.
 

An all jene, die meinen Tod nicht verstehen können und unbedingt eine Ursache für diesen finden wollen. Es ist ein ganz einfacher Grund: Ihr seid daran Schuld. Sicherlich trage ich durch meine Naivität und meinen Leichtsinn auch einen Teil dazu bei, doch IHR ward es, die mich zu derjenigen gemacht haben, die ich war. Und dies ist die Folge eures Verhaltens: Mein Tod. Jahrelang lebte ich in einem Traum gefangen, lebte in den Tag hinein, gab mein Bestes ohne Rücksicht auf mich, immer nur die anderen im Vordergrund stehend. Für mich war dies die perfekte Welt, ich konnte mir ein anderes Leben nicht vorstellen, wollte ich auch gar nicht. Ich war glücklich und auch die anderen waren stets mit meinen Leistungen zufrieden. Doch übersah ich eine winzige Kleinigkeit: Meine ganze Welt war aufgebaut auf der Existenz eines verdammten Mannes, mein Alltag war ohne Liebe aufgebaut, auf vielen verschiedenen Jobs, die ich einzig und allein wegen eines Mannes verrichtet hatte. Da war kein Platz für Privatleben, für Freizeit. Ich lebte einzig und allein für diesen Menschen, den ich wie meinen Schatz beschützen wollte, opferte für ihn alles, hielt meine eigenen Bedürfnisse zurück, verdrängte sie, denn sie waren wohl das genaue Gegenteil der Wünsche, die ich zu erfüllen versuchte. Wie naiv ich doch damals war, ich hatte mir mein eigenes Märchen erfunden, hoffte stets auf ein Happy End, doch das ganze Experiment war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. So geschah es dann auch, dass der Tag kommen musste, an dem ich aus all meinen Halluzinationen erwachte. Ich war viel zu leichtgläubig gewesen, ich hätte so viel erreichen können, doch ich hatte keinen Gedanken an meine Zukunft verschwendet, es hatte nur eine Sache gegeben, an der ich mit ganzem Herzen hing: Das Wohl von Shotaru Fuwa. Aber durch diese ganzen Ereignisse glaubte ich stärker geworden zu sein. Wie sehr hatte ich mich mal wieder selbst getäuscht. Es war nur eine weitere meiner vielen Illusionen. Ich dachte ich würde einfach nur ein neues Leben beginnen müssen, mich an dem rächen, der mir so übel zugespielt hatte und ihn die gleichen Leiden durchmachen lassen, die ich empfunden hatte. Und dies war wie immer der falsche Weg gewesen. All meine Pläne waren Hirngespinste, außer der Wunsch, Schauspielerin zu werden. Darin fand ich teilweise mein Glück. Ich dachte, diesmal hätte ich es geschafft, mein Ziel erreicht, jemanden gefunden, der mich wirklich akzeptiert und mag, nicht nur wegen dem, was ich leiste. Ich hatte wieder Vertrauen. Vertrauen zu den Menschen und in mein doch so schief geratenes Leben. Aber wie lange hätte das schon halten können?? Am Ende sollte es sich herausstellen, dass dies noch ein Trugbild war, alles eine riesengroße Lüge, ich war alleine, meine "Freunde" hatten mich im Stich gelassen, als ich sie gebraucht hatte, einen schlimmeren Verrat konnte ich mir nicht vorstellen. Wieso hatte sich keiner gefragt, wo ich diese langen 2 Monate war? Ich hatte Hilfe benötigt und dann, als alles vorbei war, kamt ihr und botet sie mir an, doch da wollte ich sie gar nicht mehr, brauchte ich sie nicht mehr. Mein Entschluss stand fest: Für mich ergab es keinen Sinn mehr, länger am Leben zu bleiben, nur um zusehen zu können, wie die Jahre an mir vorbeistrichen, andere ihr Glück fanden, während mir meins wohl auf ewig versagt geblieben wäre. So zog ich den Tod dem Leben vor, mit dem Wissen, dass ihr nichts verstanden hattet und selbst nach diesem Brief ratlos sein werdet, denn ihr könntet die Sicht der Dinge niemals aus meinem Blickwinkel verstehen, meine Taten und Handlungen niemals nachvollziehen können, selbst wenn ich sie euch in allen Einzelheiten erzählen würde. Aber macht euch nichts daraus. Was macht schon ein Mensch mehr oder weniger? Beschäftigt euch lieber mit den Problemen lebender Menschen, mein Leben war von Anfang an verwirkt, für mich gab es keine Rettung. Ein Toter wird nicht wieder lebendig, indem ihr in seinem Leben herumschnüffelt und eifrig nach einem Grund sucht. Und eins lass noch gesagt sein: Für mich kam definitiv jede Hilfe zu spät.
 

Kyoko Mogami

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sooo ^^ das wars ma wieder...ich hoff, das chap gefällt euch ^^ na werd ich ja am ende an euren kommis erkennen können *löl* also bis zum nächsten ma ^^
 

gruß

black_wolf

See You On The Other Side

Tut mir leid, dass dieses chap nen englischen titel trägt ^^ aber als ich mir das neue korn-album gekauft hatte, fand ich den albumtitel so genial, dass ich den unbedingt verwenden wollte XD un vllt is das chap hier sogar ein recht wichtiges chap, dass die beziehung zwischen kyoko und ren ein ganzes stückchen weiter bringt ^^ nu ja, genug gefaselt, viel spaß ;)

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Regungslos blickte er auf die Szene vor sich. Blut. Da war so viel Blut. Ihr Blut. Überall. Auf dem Boden, an der Wand, im Wasser. Eine Hand ragte über dem Badewannenrand hinaus. Das Blut tropfte daran herunter, in gleichmäßigen Abständen bildete es eine kleine Pfütze auf dem sonst schneeweißen Fußboden. Dampf stieg aus dem Wasser auf, legte sich wie ein Schleier über die grauenvolle Szene. Fassungslos starrte er auf Kyoko. Sie war es. Was hatte sie nur getan? Panik erfasste ihn. Mit schnellen Schritten ging er die letzten paar Meter zu Kyoko, packte ihre Armgelenke und versuchte, die Blutung zu stillen. >>Ein Arzt! Ich muss einen Arzt rufen!<< Er erhob sich wieder und mit langen Fetzen, die er aus seiner Kleidung riss, verband er provisorisch Kyokos Handgelenke. Doch viel half es nicht. Der Verband sog sich sofort voll mit ihrem Blut, er würde die Blutung nicht stoppen können. Vollkommen entsetzt rief er den Notarzt an. Ohne auf eine Antwort zu warten und möglicherweise um Hilfe zu bitten, was er nun tun sollte, beendete er das Gespräch und konzentrierte sich ganz und gar darauf, das Blut aufzuhalten, welches sich schon einen Weg durch die erbärmlich scheinenden Verbände gesucht hatte und nun langsam weiter ins Wasser tropfte. Wie sollte er es aufhalten? Er versuchte sich daran zu erinnern, was man ihm bei einem Selbsthilfekurs beigebracht hatte, doch in seiner Panik war sein Kopf vollkommen leer, er konnte keinen klaren Gedanken fassen, er wusste nur, dass er nicht zusehen würde, wie Kyoko vor seinen Augen sterben würde.
 

Kyoko hatte gehört, wie jemand nach ihr rief, doch sie war zu schwach zu antworten. Überall sah sie nur noch Blut. Das Gesicht. Dieses Gesicht rief Erinnerungen in ihr wach.
 

Überall war es dunkel. Und feucht. Zitternd hatte sie sich in eine Ecke verkrochen, ihre Kleider stanken schon nach dieser dreckigen Grube. Plötzlich öffnete sich die Tür. Herein kam ein Mann. Er war groß gebaut, doch das war nicht das Markanteste an seinem Aussehen. Es war sein Gesicht, dass sie so abschreckte. Eine riesige Narbe zierte seine linke Wange, seine Augen waren voller Hass und Kälte und funkelten sie auf eine so bösartige Weise an, dass sie vor Schreck zusammenzuckte und versuchte, sich tiefer in ihr enges Gefängnis zu drücken. Mit großen Schritten kam er auf sie zu. Gleich würde er bei ihr sein. Sie versuchte, die Panik niederzuschlagen, die von ihr Besitz ergreifen wollte und blickte dem Mann entgegen. Vor ihre Füße warf er ein Paar Handschellen. Eine tiefe Stimme hallte durch den Raum, als er ihr befahl, sie sich anzulegen. Eilig tat sie, was von ihr verlangt wurde. Der Kerl war ihr nicht geheuer. Sie hatte selten Angst vor ihren "Besuchern" gehabt, doch dieser Mann war anders als alle anderen mit denen sie schon Bekanntschaft machen durfte. Er hatte etwas autoritäres an sich, dass keinen Widerspruch duldete und sie fügte sich ihm. Sie wusste nicht, was auf sie zukommen würde, zudem war sie erschöpft, müde und dreckig. Doch das schien ihrem Führer nichts zu bedeuten, fordernd schubste er sie hart in Richtung Tür. Wankend kam sie bei dieser an. Als sie jedoch den Gang betrat, der sich hinter der Tür befand, schrie sie auf...
 

Ein Schluchzen drang durch den Raum. Sie wollte sich nicht mehr daran erinnern. Nun war es sowieso aus mit ihr. Sie konnte schon förmlich spüren, wie das Leben aus ihr herauswich, wie ihr lebenswichtiges Blut verloren ging, doch sie ließ es fließen. Sie wollte es so. Schweratmend lag sie in der Wanne, dem stetig fließenden Fluss an Blut beobachtend. Das Wasser hatte sich schon leicht rötlich verfärbt, bald schon würde es vollkommen von Rot erfüllt sein. Müde schloss sie die Augen, sie wollte nur noch Schlafen. Für immer. Ohne je wieder das Antlitz dieser Welt erblicken zu müssen. Mit geschlossenen Augen hörte sie kurz darauf, wie die Tür aufgestoßen wurde, dann viel sie in eine wohltuende Schwärze.
 

Sie hörte ihren eigenen Herzschlag, der schwach, aber dennoch kräftig zugleich war. Um sie herum war gähnende Leere, eine Schwärze, die ihrer geschundenen Seele gut tat. Vollkommen gebannt von diesem einzigartigen Gefühl, das sie umgab und in sie eindrang, lauschte sie in die Stille hinein. Nichts. Da war gar nichts außer dieses leise Klopfen. Oder doch. Da war doch noch etwas. Tropfte da nicht etwas auf den Boden herab? Als ihr Blick auf ihre Handgelenke fiel, stöhnte sie entsetzt auf. Sie hatte mit so etwas gerechnet, aber es dennoch zu sehen, war etwas anderes, als es sich nur zu denken. Das Blut lief aus einer offenen Wunde, die Adern waren deutlich sichtbar durchgeschnitten worden. Regungslos blickte sie ihre Arme an, sie schmerzten nicht, sie fühlte nur den seelischen Schmerz. Plötzlich sah sie in weiter Ferne ein Leuchten auf sich zukommen, das so grell war, dass sie ihren Blick abwenden musste. Was war das? Es beunruhigte sie nicht. Sie war ja sowieso schon am Rande des Todes. Sollte dies etwa der Übergang in eine andere, bessere Welt sein? Der Lichtschimmer kam immer näher und wurde immer größer, bis er schließlich bei ihr angekommen war. Ruhig betrachtete sie es aus den Augenwinkeln, zu mehr war sie nicht fähig. Dann umschloss das Licht sie schon beinahe sanft und hüllte sie ein. Fest kniff sie ihre Augen zusammen, doch immer noch verspürte sie keinen Funken Angst, nur Bewunderung vor diesem seltsamen Leuchten, das in jede einzelne Pore ihres Körpers drang und sie vollkommen auszufüllen schien. Ein Friede kam über sie, dem sie schon vor langer Zeit abgesagt hatte. Erleichtert seufzte sie auf. Sie fühlte sich behoben von all dem Schmerz in ihrem Herzen, den Qualen, die sie hatte erleiden müssen. Sie war befreit worden von all dem und war im Begriff, eine Welt zu betreten, die vielleicht kein anderer lebender Mensch je zuvor erblickt hatte. Aber eine Frage beschäftigte sie noch: War sie überhaupt noch lebendig? Oder konnte sie dieses herrliche Gefühl nur genießen, weil sie vor wenigen Augenblicken gestorben war? Nein. Noch immer hörte sie leise und schwach ihren Herzschlag irgendwo in weiter Ferne schlagen. Sie lebte noch.

Langsam öffnete sie die Augen wieder und blickte sich erstaunt um. Wo war sie hier gelandet? Überall strahlten die wärmsten Farben, alles war erfüllt mit einer Kraft, die auch durch Kyoko floss, eingeschlossen in diesen ewig währenden Kreis der Kraft und fühlte sich vereint mit der Wiese auf der sie stand, mit dem Himmel, der über ihr in seinen schönsten Farben erstrahlte, der Sonne, der sie ohne jegliches Blinzeln ins Angesicht blicken konnte. Wie herrlich hier doch alles war! Sie konnte es nicht fassen. Sollte dies der Tod sein? Wenn ja, hatte sie nichts im Leben verpasst, sie liebte den Tod nun umso mehr. Formen kamen an ihr vorbei, Lichtgestalten, die wie der Wind über der Wiese schwebten, sie anlächelten, in ihrer Mitte willkommen hießen, obwohl sie doch nicht so war wie sie. Ihre nackten Füße traten auf das weiche Gras, als sie anfing loszulaufen, doch als sie zu der Stelle zurückblickte, an der sie die ganze Zeit still gestanden hatte, war da nichts, kein zertrampeltes Gras, keine Fußabdrücke in der Erde. Selig lächelnd tat sie noch einen Schritt. Sie fühlte sich so unbeschwert und leicht wie noch nie in ihrem Leben und konnte ihr Glück kaum fassen.

"Folge mir, Kyoko Mogami. Sieh nicht zurück. Komm mit uns. Wir kennen den Weg." Leise flüsterte eine Stimme an ihrem Ohr, so betörend, so wunderschön, sie konnte nicht anders: Sie musste ihr folgen.

Die Wiese schien kein Ende zu finden, die Blumen erstrahlten in ihrem eigenen Licht, sie brauchten keine Sonne, sie selbst waren ihre Sonnen. Ab und zu hörte sie fernes Kichern und Stimmen, doch nie so nah, dass sie einzelne Wörter heraushören konnte. Immer weiter zogen sie sie. Über weite Wiesen, immer weiter und sie folgte. Sie war glücklich und konnte sich keinen schöneren Ort vorstellen. Das musste das Paradies sein! Langsam begannen die lichterfüllten Gestalten Form anzunehmen oder verlor sie nur ihre? Fasziniert schaute sie sich um. Wo waren sie? Ein Wasserfall fiel von hohen Steinen in einen glänzenden See. Seltsamerweise verursachte er keine Geräusche, nur das Licht brach sich in seinem klaren Wasser. Überhaupt war es hier ungewöhnlich still. Der Wind fuhr durch das Gras und ließ es sich bewegen. Dies alles hatte eine Anziehungskraft, der sie sich nicht verwehren konnte. Magisch wurde sie von dem riesigen See angezogen. Als sie einen Fuß in das Wasser setzen wollte, gelang es ihr nicht. Verwundert lief sie ein paar Schritte auf den See hinaus, sie brach nicht ein. Gestalten am Rande beobachteten sie schweigend und lächelten ihr beruhigend zu, als sie sich noch einmal umdrehte. Sie wusste, was sie zu tun hatte. Sie musste nur die andere Seite des Sees erreichen. Hitze stieg in ihr auf und als sie ihr Spiegelbild betrachtete, beschaute sie sich erstaunt. Sie war beinahe durchsichtig geworden und das seltsame Licht, dass die anderen Wesen durchfloss, war nun auch in ihr. Plötzlich wusste sie, wieso sie alle so strahlten. Sie hatte es schon vorher gespürt, die Kraft, die diesen geheimnisvollen Ort nährte und ihr ihre Form gab. Sie wusste auch, wieso es keine Geräusche gab. Alles war nicht das, was es vorgab zu sein, alles bestand aus purer reiner Energie und besaß eigentlich auch keine Farben. Sie war es, die den Formen ihre Farbe verlieh, nur durch ihre Gedanken konnte dieser Ort so farbenfroh erstrahlen. Doch eigentlich war es das Licht, das alles zusammenhielt und als sie das erkannte, verloren sich nun auch noch die letzten Farben, die bisher diesen Ort wiedergespiegelt hatten, sie wurden immer blasser, bis sie schließlich ganz verschwunden waren. Nun strahlte ihr eine Helligkeit entgegen, die sie blinzeln ließ. Als sie sich wieder zu ihrem Ziel, die andere Seite des Sees, umdrehte, stockte sie. War das möglich? Ungläubig starrte sie die Gestalt an, die sie erwartete. Sie ließ sie zögern weiter zu gehen. Gemischte Gefühle breiteten sich in ihr aus und ließen ihr eigenes inneres Licht flackern. Schweigend musterte sie die neu hinzugekommene Gestalt. Sie hatte sich nicht geirrt. Dort stand sie in Licht gehüllt. Ihre Mutter. Seit Jahren hatte sie sie nicht mehr gesehen, ihr Anblick ließ all ihre überwunden geglaubten Gefühle wieder auferstehen. Hass, Schmerz, Sehnsucht, Liebe. Einerseits wollte sie weitergehen, ihre Mutter fragen, weshalb sie sie verlassen hatte, doch ihre Füße bewegten sich keinen Schritt. Zögernd blickte sie in das kaum wahrnehmbare Gesicht ihrer Mutter. Was sie in ihren Augen lesen konnte, ließ sie zurücktaumeln. Sie hatte Abneigung erwartet, doch was sie sah, war bedingungslose Liebe, ein Gefühl, das sie schon lange aufgegeben hatte, vor allem von dieser Person. Verunsichert trat sie ein Schritt vor. Sie wurde anscheinend schon erwartet, doch irgendetwas hielt sie noch zurück. Vielleicht das Gefühl, dass dies noch nicht das Ende war, dass dort auf der anderen Seite noch etwas geschehen würde, was ihr nicht behagen könnte. So blieb sie auf dem Wasser stehen und beobachtete still das andere Ufer.

"Bleib nicht stehen, mein Kind. Du darfst nicht zurückblicken. Das, was nun geschehen wird, wird deine Seele heilen und reinigen. Spürst du denn nicht die Magie, die diesen heiligen Ort des Friedens umwirbt? Möchtest du nicht ein Teil davon werden?" Die Stimme klang ihr vertraut. Neben ihr sirrte die Luft vor Energie. Das Lichtwesen, das sie an diesen See geleitet hatte, schwebte in der Luft und flüsterte ihr Worte der Beschwörung zu. Langsam nickte Kyoko. Sie hatte Recht. Sie hatte nichts zu verlieren. Ruckartig setzte sie sich wieder in Bewegung.

"Pass auf, meine Liebe. Noch eine letzte Prüfung steht dir bevor, ehe deine Seele so rein ist, dass sie diese Welt nicht ins Unglück und Verderben stürzt. Ich sehe dich hoffentlich wieder, Kyoko-chan. Es wird das letzte Mal sein, dass du deinen Namen hören wirst, Kyoko. Die Dinge hier tragen keine Namen, genauso wenig wie du deinen Gefühlen trauen darfst. Und nun geh." Kyoko war stehen geblieben, als sie die Stimme gehört hatte, nun brachte sie die letzten Schritte rennend hinter sich, in der Vorfreude endlich in dieses Paradies einzutreten. Wie unter Zwang ging sie in Richtung ihrer Mutter. Als sie sie endlich erreicht hatte, blieb sie stehen. Tränen aus glitzerndem und funkelndem Licht traten aus ihren Augen, energisch blinzelte sie sie weg. So lange hatte sie warten müssen. So lange war sie nun schon alleine gewesen. Dies sollte nun ein Ende finden. Und ausgerechnet durch die Person, durch die sie erst in diesen ganzen Teufelskreis eingetreten war. Aber es war ihr in diesem Moment egal. Sie freute sich einfach nur, ihre Mutter wieder in ihrer Nähe zu spüren, es beruhigte sie und machte sie stark für die vor ihr stehende Aufgabe. Etwas beklommen standen sich die Zwei gegenüber. Niemand bewegte sich, niemand sagte etwas. Dann öffnete ihre Mutter ihre Arme. Kyoko sah ein Lächeln um die kaum erkennbaren Züge ihres Mundes spielen und seufzte auf. Wie oft hatte sie sich diese Szene schon ausgedacht und niemals hatte sie daran gedacht, dass sie in ihrem Armen liegen könnte, glücklich vereint und die schweren Zeiten vergessend. Sie hatte gedacht, dass eine Kluft zwischen ihnen sein würde, die nicht zu überwinden war, dass sie all den Frust und den Schmerz der letzten Jahre und Monate an ihr auslassen würde, sie schlagen, treten und am Ende vielleicht sogar weinen würde, doch niemals daran, dass sie ihr vergab, dass sie sich selbst eingestehen würde, dass sie diese Person all die Jahre über vermisst hatte und sich nach ihr sehnte, egal, was sie ihr angetan hatte. Ein Schluchzen drang durch die Stille und mit einem Schrei stürzte Kyoko voran. Sie war so glücklich. Endlich konnte sie vergessen, endlich ihr Leben hinter sich lassen. Als sie die Energieform vor sich umarmte, durchfuhr sie plötzlich ein stechender Schmerz hinter ihrer Stirn. Sie krümmte sich zusammen und versuchte sich loszureißen, doch sie konnte nicht. Entfernt hörte sie noch einmal die Stimme ihrer Mutter, dann trat sie zu ihrer letzten Prüfung an.

"Es tut mir Leid, mein Kind. Es tut mir ja so Leid..."

Ein dunkler Strudel erfasste sie und zog sie in die Tiefe. Ein lautloser Schrei entfleuchte ihren Lippen, bevor sie in Ohnmacht viel.

Letztendlich war es diese unerträgliche Hitze, die sie weckte. Es roch leicht verbrannt und sie konnte Rauch in der Luft riechen. Das Gefühl vollkommenen Glücks war verloren, ihre alten Gefühle hatten wieder die Herrschaft übernommen. Müde öffnete sie die Augen und wollte sie sofort wieder schließen. Sie richtete sich auf und ließ ihren Blick durch ihre neue Umgebung schweifen. Da war tatsächlich Feuer. Überall. Sie lag auf einer Art Plattform in all dem an ihr vorbeifließendem Lava. Panik stieg in ihr auf. Musste sie etwa zuerst die Hölle durchqueren, um endlich in ihr Paradies zu gelangen? Verzweifelt blickte sie um sich. Wo sollte sie hin? Sie war eingeschlossen und diese Hitze. Sie vernebelte ihr Gehirn. Sie begann zu zittern, trotz der Wärme, die hier herrschte. Tränen wollten in ihr aufsteigen, doch sie unterdrückte sie. Es war doch nur eine Prüfung, sie musste sich gedulden und abwarten, was passieren würde. Irgendjemand würde sie schon finden. >>Wirklich?<< fragte ihre innere Stimme. Gequält stöhnte sie auf. Wer sollte sie hier schon finden? Wer würde schon nach ihr suchen gehen? Niemand. Genau wie damals. Da kam sie auch niemand holen. Hoffnungslos blickte sie in das Feuer, beobachtete die Dämpfe, die aus kochendem Wasser über in die Luft aufstiegen. Am Besten wäre es jetzt wohl, wenn sie einen Weg über den Lavastrom suchen würde, doch wieder kamen Zweifel in ihr auf. Ihre letzte Flucht war noch nicht allzu lange her. Zu deutlich waren die Bilder dieser Nacht in ihr verankert. Zitternd wich sie einige Schritte zurück in die Mitte der Plattform. Es gab kein Entkommen, genauso wie damals. Man würde sie nur wieder einfangen, einsperren und sie ihren Ängsten überlassen. Sie kauerte sich auf den Boden zusammen und schlang die Arme um ihre Knie. Leicht schaukelte sie vor und zurück, summte ein Lied, das sie oft in ihren Träumen vernahm und vergaß die Umgebung um sich. Zehn Minuten lang saß sie so da, ließ nichts an sich heran und versteckte sich in ihren eigenen Gedanken. Abrupt wurde sie aus ihren Träumereien gerissen. Hatte sie da nicht etwas gehört? Langsam richtete sie sich auf und blickte sich erstaunt und gleichzeitig verwirrt um. Wo war das Lava hin? Und diese Situation...Sie kam ihr so bekannt vor. Plötzlich tauchte ihre Mutter auf.

"Mama! Da bist du ja endlich! Wo bist du denn die ganze Zeit gewesen? Ich hatte solche Angst."

War das wirklich ihre Stimme? Sie klang so...kindlich.

"Ich werde gehen, Kyoko. Für deine Unterkunft ist gesorgt."

Vollkommen erstarrt blickte Kyoko sie an.

"Aber...Wieso? Du kannst mich doch nicht alleine lassen! Wir haben uns doch erst wiedergefunden!" Sie verstand es nicht. Wieso wollte ihre Mutter wieder gehen? Das durfte sie nicht! Sie war doch sonst wieder so allein. Und wenn sie alleine war, dann kamen auch wieder die Gedanken an ihre früheren Ereignisse. Nein! Sie durfte nicht gehen!

"Bitte, Mama! Geh nicht! Bitte...Das kannst du mir doch nicht antun...Mama..." Doch sie wandte sich ab. Sie ging einfach. Ließ sie alleine zurück.

"MAMAAA..." Schluchzend ging Kyoko zu Boden. Nein! Das durfte alles nicht wahr sein! Wieso sie? Wieso war es ausgerechnet sie, die immer verlassen wurde? Verzweifelt klammerte sie sich an das erstbeste, was sie in die Hand bekam: ein Stein.

"Nein...Bitte nicht...Du darfst mich nicht verlassen...Mama..." Schwer schlug ein größerer Stein vor ihr auf dem Boden auf. Erschrocken blickte sie nach oben.

"Sho...??? Aber...Was machst DU denn hier?"

"Du bist und bleibst ein Mauerblümchen vom Lande, Kyoko. Du taugst nicht als Star. Nur als Dienstmädchen." Ein Lachen schallte durch den Raum. Kyoko erstarrte. Mauerblümchen? Dienstmädchen? Ja. Das war sie tatsächlich einmal gewesen. Und sie schämte sich für diese Zeit. Aber hatte sie nicht etwas erreicht in der Zwischenzeit? Sie war zu einem Star geworden. Aber...

"Haben sie dich etwa alle vergessen, meine Süße?"

Kyoko schrie gepeinigt auf. Diese Stimme würde sie unter Tausenden wiedererkennen. Ein böses Lachen erklang. Kyoko wich zurück.

"Was willst du?"

Ohne auf ihre Worte zu hören, fuhr er fort.

"Dies hier wird der letzte Ort sein, den du jemals wieder lebend gesehen hast, Süße. Weißt du was mit solchen geschieht, die sich gegen unseren Boss stellen? Nein? Willst du es wissen? Soll ich es dir zeigen?" Langsam kam er auf sie zu. Er hielt eine riesige Axt in seiner Hand. Er drehte und wendete sie, ließ sie zuerst auf dem Boden neben sich herschleifen, bis er sie über den Kopf schwang und laut loslachte. Dann schlug er zu. Kyoko schrie auf. Die scharfe Klinge hatte sie an ihrem Bein getroffen. Bebend vor Angst kroch sie davon, doch die Schritte kamen immer näher. Immer schneller. Verzweifelt schleppte sie sich weiter, das verletzte Bein mit sich schleifend. Sie blickte nicht hinter sich, sah nur den einen Weg vor sich. Sie musste entkommen! Ein Krachen erfolgte und Kyoko wendete sich blind in eine andere Richtung, weg von dem scharfen Geräusch von Stahl auf Stein.

"Du kannst mir nicht entkommen, Süße. Ich erwische dich ja doch."

Mühsam richtete sie sich auf. Im Laufen kam sie schneller voran. Hinkend rannte sie davon, doch nicht schnell genug. Plötzlich tauchte er vor ihr auf. Abrupt machte sie kehrt und floh in die andere Richtung. Wieder erschallte ein Lachen in ihrem Rücken. Im Gehen drehte sie ihren Kopf um. Noch gerade rechtzeitig erkannte sie die Klinge, die auf sie niedersauste und duckte sich. Sie zerschnitt leere Luft. Doch irgendwann würde sie nicht mehr so viel Glück haben. Irgendwann würde er treffen. Und dieses Ereignis rückte von Sekunde zu Sekunde näher. Sie konnte nicht mehr. Das Blut lief ihr in Strömen am Bein herab. Was sie noch aufrecht stehen ließ, war ihre Angst. Nicht die Angst vor dem endgültigen Tod. Nein. Es war dieser Mann, der sie vor Angst bibbern ließ. Wieder blickte sie über ihre Schulter nach hinten. Mit riesigen Schritten kam er auf sie zu. Hilflos blickte sie ihm entgegen. Was sollte sie tun? Auf einmal spürte sie keinen Halt mehr unter sich. Mit einem Schrei stürzte sie in die Tiefe. Sie streckte einen Arm nach oben und bekam einen Stein zu fassen. Nun war sie ihm ausgeliefert. Jetzt war es ein leichtes für ihn sie zu töten. Sie schloss die Augen und wartete. Doch nichts geschah. Sie hörte nur ein Klopfen. >>Ein Klopfen?<< Verwundert lauschte sie weiter. Ja. Doch. Es war eindeutig ein Klopfen. Hatte sie das nicht schon einmal gehört? Dieses Mal hörte es sich zwar anders an, aber sie erkannte dennoch, dass es das Schlagen eines Herzens sein musste. Und dann griff etwas nach ihr. Sie schrie auf und wollte loslassen, konnte es jedoch nicht. Sie riss ihre Augen auf und blickte auf die Hand, die sie hielt. Es war eine große Hand, doch nicht die schwielige des Mannes mit der Axt. Sie ließ ihren Blick nach oben gleiten und starrte fassungslos ins Antlitz eines weiteren Mannes.

"Bitte, Kyoko-chan. Lass mich dir helfen."

Aufmerksam musterte sie seine Gesichtszüge. War das nicht wieder ein Trick von ihm? Braune Augen starrten ihr entgegen. Es lag nichts Falsches in ihnen. Ohne weiter nachzudenken, griff sie mit ihrer anderen freien Hand nach seinem Arm. Dann wurde sie in die Höhe gezogen. Als sie über den Rand kletterte, wurde sie sogleich an jemanden gedrückt.

"Mach nie wieder so etwas dummes, ja?"

Sie war unfähig etwas zu sagen. Stumm nickte sie nur. Ihr Herz schlug immer noch wie wild in ihrer Brust. Es wollte sich nicht beruhigen. Der Schreck war zu groß gewesen. Sie hatte doch gesehen, wie er gestorben war! Wie konnte er sie immer noch verfolgen?

"Lass uns gehen, OK?"

Verwirrt blickte sie auf. Sie hatte ihn vollkommen vergessen gehabt. Sanft lächelte er zu ihr herunter.

"Aber...?"

Ohne sie ausreden zu lassen, deutete er mit einem Arm in eine Richtung. Als sie dorthin blickte, erkannte sie einen schmalen Pfad über den Lavastrom. Sie lächelte zurück und nickte. Er half ihr beim Aufstehen und gemeinsam gingen sie über die Brücke, Hand in Hand. Immer wieder blickte Kyoko zu ihm auf. Sie wollte nicht, dass er sich plötzlich in Luft auflöste. Auch wenn er sie damals nicht gesucht hatte, so war er in diesem Moment an ihrer Seite.

"Kyoko..."

Sie drehte sich um. Da stand sie wieder. Ihre Mutter. Hinter ihr war das verlockende weiße Licht, dass sie wohl endgültig in das Reich der Toten führen würde. Als sie nach vorne sah, erblickte sie ein anderes Tor. Sie drehte sich wieder um und ging zögernd einen Schritt in Richtung ihrer Mutter. Sie hatte das Gefühl des Glücks und der Kraft und Energie um sich herum nicht vergessen. Sie wusste nicht, ob sie jetzt noch ihrer Mutter verzeihen konnte, aber die Wärme, die der Ort vor ihr ausstrahlte, verlockten sie doch sehr, sich für ihn zu entscheiden. Doch dann wandte sie sich entschlossen um und kehrte zurück zu ihrem eigentlichen Weg. Ren erwartete sie dort. Er lächelte. Er hatte es gewusst. Sie lachte ihm entgegen, vielleicht das letzte Lachen, dass man von ihr in nächstliegender Zeit hören würde, dann durchquerten sie gemeinsam das Tor zurück in die Realität.

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puuhh....ich war kurz davor, das chapi hier in zwei zu teilen XD un das nächste dann die letzte prüfung zu nennen, fragt mich jetzt aber net, was die erste prüfung war *löl* die war einfach heil an den ort anzukommen, wo sich der übergang befindet, also der see mit dem wasserfall ^^ nu ja...ich hoff, ihr seid zufrieden mit dem chap...hab meiner fantasie ein bisschen freien lauf gelassen *löl* merkt man, oder? ^^" also dann, wir sehen/lesen uns im nächsten chap ;) ma gucken, wie schnell das erscheint *gg* hatte mal vorgehabt, das noch fertig zu schreiben und reinzustellen, bevor ich auf skifreizeit fahr, aber daraus wurd ja dann letztendlich doch nichts...na ja, genug geschwatzt, freu mich auf eure kommentare ;)
 

gruß

black_wolf
 

PS: ja, miri...ich weiß, dass dich die eine szene an shining erinnert...

Warten auf Leben

Tjaja...von mir hört man auch ma wieder was ^^“““ hab am ende vom chap erklärt, wieso ich net weitergeschrieben hab un was ich zu halt, also is ein vorwort eig sinnlos, aber was solls...überlest das hier am besten einfach un fangt glei mitm chap an *gg*

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Ren sah bewegungslos zu, wie Kyoko auf eine Trage gebracht wurde und schließlich aus seinem Blickfeld verschwand. Er konnte es immer noch nicht fassen. Was hatte sie dazu angetrieben? Was war nur mit ihr geschehen? Was wurde ihr angetan? Und vor allem: Von wem? Verwirrt blickte er auf, als jemand seine Namen rief.

„Sie haben getan, was Sie konnten, Tsuruga-san. Die Ärzte werden nun den Rest übernehmen. Mögen wir nur hoffen, dass es noch nicht zu spät ist...“ Dann wurde er wieder allein gelassen. Mit sich. Mit seinen Gedanken. Dabei hätte er jetzt ein Gespräch gebraucht. Es hätte ihn etwas abgelenkt. Zumindest ein bisschen. Aber so...Erinnerungen kamen in ihm hoch und verschwanden genauso schnell wieder. Erinnerungen an eine glückliche Zeit mit Kyoko. Er hatte ihr nie seine Liebe gestehen können. Und nun sollte alles vorbei sein? Was war, wenn sie es nicht überlebte? Langsam ging er aus dem Bad hinaus. Fand den Weg hinaus in den Garten. Sah Kyoko und sich im Geiste hier auf dem weichen Gras liegen, die Halme standen inzwischen wieder aufrecht, doch die Szene spielte sich so lebendig vor ihm ab, als würde er eine Zeitreise in die Vergangenheit unternehmen. Die Geräusche schloss er vollkommen aus. Es gab nur das vor ihm. Kyoko und er. Gemeinsam einer besseren Zukunft entgegenschwebend. Und dann...das? Was hatte sie nur dazu angetrieben? Wieso war er nicht mitgegangen? War das nicht seine Pflicht? Sein Blick wanderte zu dem kleinen Gartentor. Es war leicht, dieses zu durchqueren, den Krankenwagen aufzuhalten und doch mitzufahren. Aber er konnte sich nicht von der Stelle bewegen. Wie angewurzelt stand er da, hin und hergerissen zwischen dem Wunsch, das Geschehen zu vergessen, in seine eigene Welt einzutauchen und nie wieder zu erwachen, und dem Verlangen, sein Versprechen einzulösen und demjenigen beizustehen, dem er sein Leben gewidmet hatte. Kyoko. Seine Augen huschten über die Landschaft, saugten jeden einzelnen Teil in sich ein, wollte die Entscheidung länger hinauszögern, bis sie ihm abgenommen wurde, als er eine Gestalt auf sich zukommen sah. Seine Augen weiteten sich, als er sie erkannte.

„Kyoko??“

Lächelnd kam sie ihm entgegen, mit geweiteten Augen folgte er ihren Bewegungen. Wie sie leichtfüßig über den niedrigen Zaun sprang und sich ihm immer mehr näherte. Er öffnete die Arme, wollte sie einschließen, sie an sich drücken und nie wieder loslassen. Wie konnte sie ihm nur einen solchen Schrecken einjagen! Immer noch lächelte sie, ihre Augen in einem so tiefen braun, dass sie golden wirkten, glänzten im Licht des Mondes, so warmherzig und liebevoll, dass ihm ganz schwer ums Herz wurde. Glücklich sah er ihr entgegen, ging ein paar Schritte, blieb stehen und wartete. Nur noch ein paar Zentimeter trennten sie voneinander. Sein Herz pochte wie verrückt, sein Mund formte sich automatisch zu einem Lächeln. Nicht mehr viel, dann würde sie bei ihm sein, dann hatte er sie wieder. Ihre Fingerspitzen berührten sich, dann die Hand. Sein Herz schlug immer schneller, seine Augen leuchteten, doch sie glitt einfach durch ihn hindurch. Erstarrt verfolgte er, wie sie weiterrannte, eine Hand nach ihr ausgestreckt, die andere langsam senkend. Sie war fort. Einfach weg. Verschwunden. In die Finsternis, aus der sie kurze Zeit davor aufgetaucht war. Seine Knie knickten ein. Er wollte weinen, seit Jahren das erste Mal, doch keine Träne bahnte sich einen Weg nach unten. Hatte er es etwa verlernt? „Kyoko...“ Seine Stimme klang heiser, sein Körper bebte und zitterte vor Schmerz und dem Gefühl des Verlustes. Ohne Vorwarnung sprang er plötzlich auf und lief los. Er musste sich beeilen. Er musste den Krankenwagen noch erwischen. Er konnte nicht zulassen, dass sie aus dem Leben floh, aus ihrem sowie aus seinem. Das konnte sie nicht tun, nicht nach dem, was sie ihm heute gebeichtet hatte. Er hatte noch so viele Fragen, so leicht würde er sie nicht einfach entwischen lassen. Nein. Er würde sie irgendwie zurück ins Leben befördern, auch wenn er dafür seine letzten Kraftreserven aufbrauchen würde. Sie war wichtiger als er. Ohne sie konnte er nicht mehr leben. Ohne sie wollte er nicht mehr leben. Er hetzte durch das Gartentor, sprang über einen Busch, der mitten in seinem Weg lag, und rannte so schnell wie noch nie zuvor. Als er die Ecke des Hauses erreichte, sah er gerade, wie die Türen des Krankenwagens geschlossen wurden. Mit einem lauten Schrei stürzte er voran. Er musste wahrlich gruselig ausgesehen haben, wie er da wie ein Irrer auf die Leute zurannte, aber das war ihm im Augenblick egal. Was einzig und allein zählte, war die Person, die sich in dem großen Wagen befand und die er zu beschützen hatte. Kurz darauf war er bei der Vordertür des Autos angelangt. Schweratmend blieb er stehen und holte tief Luft. Die Sanitäter schauten ihn abwartend an, einer musste seine Absicht wohl erraten haben, denn er öffnete wieder den hinteren Teil des Krankenwagens. Mit einem knappen Nicken befolgte er die auffordernde Geste des jungen Mannes und trat ins Innere. Er wollte sie eigentlich nicht ansehen. Der Schock, den er im Badezimmer erlitten hatte, saß noch zu tief, doch sein Blick schweifte sofort zu ihr. >>Wie hätte ich sie denn auch übersehen können? Schließlich gibt es hier nicht viel, dass man die ganze Fahrt über betrachten könnte...<< Gedankenverloren hockte er sich auf einen freien Platz neben Kyokos Liege. Wie blass sie doch aussah. >>War sie das nicht schon immer?<< Nein! Heute war sie außergewöhnlich blass. Aber das war ja auch kein Wunder. Sie hatte viel Blut verloren. Sein provisorisch angelegter Verband war entfernt worden, das sah er. Mit einem Ruck sprang der Motor an, dann raste der Krankenwagen auch schon los. Die vielen Schlaglöcher auf dem Weg zur befestigten Straße ließen das Auto rumpeln, immer wieder erbebte die Innengarnitur, doch Ren nahm das nur am Rande wahr. Wie gebannt starrte er Kyoko an, betete im Stillen, dass es noch nicht zu spät sein möge. Sieben Minuten später waren sie schließlich an ihrem Ziel angekommen. Ren stieg aus und sah zu, wie Kyoko ins Krankenhaus gebracht wurde. Langsamer folgte er diesem Zug. Drinnen erwartete ihn auch schon geschäftiges Treiben, Ärzte riefen sich etwas zu, rannten hektisch von einem Ort zum anderen, bereit für diesen Notfall. Ren wurde angewiesen auf einem Stuhl Platz zu nehmen, dann knallte die Tür rechts von ihm zu. Kyoko war nicht mehr zu sehen. Das Geräusch fuhr ihm in die Knochen, verzweifelt vergrub er seinen Kopf in seinen Armen, ein einziger Punkt der Schmerzen und der Trauer. Er wollte sie nicht verlieren! Und zum ersten Mal rann ihm eine Träne über die Wange, hinterließ eine wässrige Spur und verlor sich schließlich irgendwo zwischen Hand und Kinn. Weitere folgten, lautlos weinte er, weinte um die verlorene Zeit, um die verlorene Liebe, um das, was nie hätte sein können. Nach einer Weile saß er nur noch still da. Die Geräusche von vorbeigehenden Schritten oder Fetzen von Unterhaltungen ignorierte er. Mehrmals wurde die Tür geöffnet, jedes Mal schreckte er von neuem auf, doch es waren nur Ärzte, die kurz erschienen und wieder verschwanden. Ren stand langsam auf und ging zu einem Fenster. Mit einem Ruck öffnete er dieses und stützte seine Hände auf dem Fensterbrett ab. Unter ihm fuhren vereinzelt Autos vorbei, es war keine belebte Straße. Es war überhaupt eine recht kleine Stadt. Was Kyoko wohl dazu veranlasst hatte ausgerechnet hierher zu ziehen? Gedankenverloren starrte er auf eine Pfütze am Wegesrand. Wieso hatte sie diesen Brief geschrieben? Wann hatte sie geplant, sich in seiner Anwesenheit umzubringen? Und vor allem: Aus welchem Grund? Hatte sie gewollt, dass er den Brief fand? Natürlich wollte sie das, sonst hätte sie den Brief ja kaum verfasst, schalt er sich in Gedanken. Wie konnte er nur so blöd sein und zulassen, dass sie alleine in einem Raum war? Er hätte wissen müssen, dass so etwas passieren könnte. Kanae hatte es ihm doch erzählt. Ihre Selbstmordversuche. Ihre Verschlossenheit. Ihr zurückgezogenes Leben in einem Kaff am Ende der Welt. Er hätte es sich denken können. Und doch war es passiert, war sie nahe dem Tode. Was hatte sie dazu getrieben in die Dunkelheit ihres Herzens zu verschwinden? Wo war seine Kyoko geblieben? Die starke? Die, die niemals aufgab? Sie war schwach geworden, unglaublich schwach. Wer hatte sie so weit treiben können? Ohne, dass er es bemerkt hatte, hatte es angefangen zu regnen. Erst als der Wind die Tropfen in sein Gesicht blies, blickte er auf. Nass lag die Straße vor ihm, das Haus gegenüber kaum erkennbar, so dicht war der Regen. Doch Ren blieb am Fenster stehen. Es war ihm egal, wenn er sich eine Erkältung zuzog. Wenn er das Fenster nun schloss, dann war er sicher, würde er ausrasten. Hier, mit dem Blick nach Draußen, konnten seine aufgebrachten Gefühle sich etwas abkühlen, die frische Luft beruhigte ihn etwas, auch wenn sie ihn nicht von seinen Gedanken abbringen konnte. Immer wieder peitschte ihm Regen entgegen, sein Blick war schon ganz verschwommen deswegen. Plötzlich riss ihn etwas zurück.

„Sind Sie verrückt, Mann? Sie sind hier zwar im Krankenhaus, aber einen neuen Patienten benötigen wir nicht unbedingt!“

Mit einem weiteren Ruck war das Fenster wieder zu. Ren starrte benommen auf den kleinen aufgebrachten Mann vor sich. Er hatte schon ergrautes Haar, man sah, dass er seine besten Jahre schon hinter sich gebracht hatte, Runzeln zierten seine Haut und eine kleine Narbe zog sich direkt neben seinem linken Auge an der Schläfe entlang. Für seine Größe war er recht dürr, sein schlaksiges Aussehen das genaue Gegenteil zu seinem herrischen Auftreten, das er an den Tag legte. Die Ringe unter den Augen bewiesen, dass er mehrere Stunden konzentriert durchgearbeitet haben musste. Sein Blick war allerdings alles andere als müde. Lebhaft, konnte man ihn nennen, im Normalfall. Zurzeit eher wütend.

„Im Übrigen konnten wir Ihre Freundin wieder zusammenflicken. Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass es nicht zu spät war.“

Rens Augen leuchteten auf. Sie lebte?

„Sie lebt???“

„Ja, das sagte ich doch bereits. Sie können sie nun auch besuchen gehen, wenn Sie möchten. Sie liegt gleich dort im nächsten Zimmer.“

Sein Finger deutete in die Richtung des gemeinten Raumes. Ren nickte nur sprachlos. Er konnte sich nicht vorstellen, was er getan hätte, wäre die Nachricht negativ ausgefallen. Doch im Moment reichte es ihm, dass Kyoko noch lebte. Sein Herz zersprang fast vor Freude, die Erleichterung war ihm deutlich anzumerken. Der Arzt lächelte ihn still an. Er hatte die Anspannung bemerkt, die auf dem jungen Mann gelastet hatte und bis er Kyoko nicht mit eigenen Augen gesehen hatte, musste er ja nicht erfahren, dass dennoch unter Umständen jegliche Hilfe zu spät gekommen war. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand durch seine nassen Haare.

„Sie sollten sich übrigens umziehen. Sie sind klitschnass. Überhaupt nicht gut für ihre Gesundheit.“

„Ja...Später...“ Ren ging schon in Richtung Zimmer, als ihm jemand den Weg versperrte.

„Nein. Jetzt. Wie ich schon erwähnte, Ihre kleine Freundin bringt genug Aufregung für diesen Monat und der darauf folgende wird bestimmt nicht besser für uns werden. Also könnten Sie sich bitte umziehen gehen, bevor ich Sie des Hauses verweisen oder andere strafrechtliche Maßnahmen ergreifen muss, um Ihnen klar zu machen, dass Sie in spätestens einer Viertelstunde hier an Ort und Stelle zusammenklappen werden?“

Ren sah den alten Mann erschrocken an. So hatte man schon lange nicht mehr mit ihm gesprochen. Aber er war ja auch schon lange nicht mehr im Krankenhaus gewesen. Geschweige denn bei einem Arzt. Die mussten wohl so reden. Und verübeln konnte er es ihm nicht. Er als Schauspieler sollte wohl besser auf seinen Zustand achten, hätte er das nicht schon viel früher erlernen sollen? Zum Beispiel als Kyoko ihn versorgt hatte, als er einmal krank wurde? Nun ja, er hatte danach wieder brav alle Mahlzeiten zu sich genommen und hatte es auch nicht mehr so mit der Arbeit übertrieben, zumindest für seine Verhältnisse, aber eine wirkliche Verbesserung seines Denkens hatte sie ja anscheinend nicht bewirkt. Da kam ihm ein anderer Gedanke.

„Und was soll ich anziehen? Ich bin hier eigentlich nur zu Besuch, ich habe keine anderen Klamotten bei mir.“

„Hm...Das könnte sich als ein Problem herausstellen. Ich habe jetzt auch nichts passendes. Ich werde Ihnen eine Decke geben, in der Sie sich einwickeln können, bis ihre Kleidung wieder getrocknet ist. Zumindest ihr Oberhemd müssen Sie ausziehen, die Hose ist, sofern ich das erkennen kann, trocken.“

Und schon war der Doktor um die nächste Ecke verschwunden. Etwas ratlos stand Ren zuerst auf der Stelle und wartete, dann bewegte er sich vorsichtig in Richtung Krankenzimmer. Seine Schuhe hallten laut im leeren Gang wider, er fragte sich, wie der Arzt so lautlos hatte verschwinden können, es schien ihm vollkommen unmöglich oder er hatte es einfach nicht wahrgenommen. Vor der Tür blieb er stehen. Zimmer 212. Musternd betrachtete er den Eingang und zögerte. Schließlich gab er sich einen Ruck und öffnete die Tür mit einem Schwung.

Ein einsames Bett stand in der Mitte des Raumes, ein großes Fenster zeigte die verregnete Nacht. Vorhänge waren halb zugezogen vor dem Fenster angebracht, sodass man nur einen schmalen Streifen der halb unter Wasser stehenden Landstraße erkennen konnte. Ein leerer Schreibtisch stand an der Wand gegenüber dem Bett, über dem ein Bild, auf das eine Vase mit Blumen gezeichnet wurde, hing. Sein Blick schweifte wieder zurück zum Bett. Da lag sie. Kyoko. Seine Kyoko. Sein Herz zog sich schmerzlich zusammen bei ihrem Anblick. Friedlich ruhte sie auf dem großen weißen Bett, keine Bewegung, kein leichtes Anheben der Bettdecke verrieten, dass noch ein bisschen Leben in ihr steckte. Wie eine Leiche sah sie aus, so unnatürlich blass, die Arme auf der Decke liegend. Schnell hatte er die Distanz zwischen ihnen überwunden und setzte sich auf den einzigen Stuhl, der neben dem Krankenbett bereit stand. Sanft nahm er eine bandagierte Hand Kyokos in seine und hielt sie fest.

„Du wirst das schon überstehen. Ich glaube an dich.“

Leise sprach er diese Worte. Mehr zu sich selbst, als zu ihr. Er wollte an ein Happy End glauben, doch gab es letztendlich wirklich eines? Nach der bisherigen Lage zu urteilen sahen die Chancen ziemlich gering aus. Er starrte sie an.

„Du darfst mich nicht verlassen!“

So verharrend vergingen ein paar Minuten. Ein leises Quietschen ließ Ren wieder aufschrecken. Ohne die Hand loszulassen, blickte er auf. Der Doktor stand vor ihm. In seiner Hand eine Decke haltend.

„Dort hinten ist die Heizung, da können Sie Ihre Kleidung trocknen lassen. Sie müsste eigentlich angeschaltet sein.“

Damit hielt er ihm die versprochene Decke entgegen und deutete mit einer kleinen Geste in Richtung Heizkörper unter dem Fensterbrett. Seufzend erhob sich Ren. Unwillig ließ er Kyokos Hand los, zog sein Hemd aus, legte es auf die Heizung und schnappte sich die Decke. Dann ließ er sich wieder auf seinen Stuhl fallen.

„Sie wird es schon schaffen.“, meinte der Arzt leise. <<Hoffe ich doch zumindest.>>, fügte er in Gedanken hinzu.

Schweigend musterte Ren ihn aus den Augenwinkeln. Dieser zuckte nur mit den Schultern und ging. Er wusste, wann er unerwünscht war. Er würde später noch einmal nach Kyoko schauen. Doch zurzeit konnte er nichts mehr für sie tun. Jetzt musste sich ihr Lebenswille beweisen. Und an diesem zweifelte er. Sehr.

Ren fuhr sich müde mit einer Hand durch die Haare. Er saß hier nun schon seit 1 ½ Stunden und immer noch war sie nicht erwacht oder hatte anderweitig auf sich aufmerksam gemacht. Er hatte es aufgegeben über den Grund für Kyokos Handlung nachzudenken, hatte er ja doch keine akzeptable Lösung gefunden. Sein Bein war mittlerweile eingeschlafen, er blieb jedoch sitzen. Er machte es sich so gemütlich wie es eben auf einem Stuhl ging, ließ dabei Kyoko aber nicht aus den Augen. Wann er schließlich eingeschlafen war, konnte er hinterher nicht mehr sagen, doch sein Traum war so seltsam, dass er ihm auch noch Wochen und Monate danach in Erinnerung blieb.
 

Er wachte in einer seltsamen Umgebung wieder auf. Alles um ihn herum war schwarz, kein Boden unter seinen Füßen, keine Wände oder irgendwelche anderen Gegenstände um ihn herum. Und dennoch fühlte er sich eingeengt. Es war, als würde er noch kaum atmen können und als brenne die Luft um ihn in einem Feuer, das man mit Augen nicht erblicken konnte. Angestrengt versuchte er die Dunkelheit zu durchdringen, doch es brachte nichts. Es rührte sich nichts. Er sah nichts. Plötzlich kam ein rotes Licht auf ihn zu und vertrieb die Finsternis dieses Ortes. Er wusste nicht, ob es besser war, von diesem umzingelt zu sein als von der Schwärze, aber instinktiv ließ er zu, dass es ihn einkreiste und in ihn eindrang. Ihm wurde abwechselnd heiß und kalt. Er keuchte schwer und fasste sich mit den Händen an seinen Kopf, der innerlich zu explodieren schien vor Schmerzen. Als er nahe einer Ohnmacht war, hörten die Schmerzen so plötzlich auf wie sie angefangen hatten. Er sackte in die Knie und rang nach Atem. Rauch drang in seine Luftröhre und quälend hustete er. Dann blickte er auf. Entgeistert musterte er seine neue Umgebung.

Direkt vor ihm lag ein breiter Lavastrom, um ihn herum nur kahler Fels, einzelne Hügel, umspült vom heißen Feuer der Lava. Dämpfe stiegen überall in die Höhe, giftige, zerstörende Dämpfe. Er hustete noch einmal. Seine Augen tränten, als er genauere Umrisse der Landschaft wahrnehmen wollte. Er blinzelte sie beiseite und stand langsam auf.

<<Wo bin ich hier nur gelandet??>>, fragte er sich und sah sich suchend nach einem Anhaltspunkt um. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, er wäre direkt in der Hölle gelandet. Aber da er ja schließlich nicht tot war, wie er zumindest annahm, konnte das ja nicht der Fall sein. Also, wo war er? Er seufzte. Irgendeinen Grund musste es doch geben, dass er ausgerechnet hier gelandet war. Sich einmal um sich selbst drehend, nahm er noch mal die gesamte Umgebung in sich auf. Doch er musste zum gleichen Ergebnis wie zuvor kommen. Felsen, Lava und noch mehr Lava und Felsen. Vorsichtig ging er einen Schritt vorwärts. Er hinterließ eine leuchtende Spur. Verwirrt betrachtete er sie. Mit der Zeit wurde sie blasser, doch standhaft blieb eine weiße schmale Spur auf dem Flecken Fels, auf dem er keine zehn Sekunden zuvor gestanden hatte. Neugierig ging er Schritt für Schritt rückwärts. Die Spur verlängerte sich immer mehr. Schließlich blieb er wieder stehen, zuckte die Achseln und drehte sich um. Einen Moment lang blieb er geschockt stehen. Dann wich er immer blässer werdend Meter für Meter zurück. Als er wieder auf festem Boden stand, starrte er vor sich. Lava floss direkt vor seinen Füßen, ohne es jedoch im Entferntesten zu berühren. Eine glitzernde Spur machte darauf aufmerksam, dass er anscheinend mitten auf den Strom hinausgelaufen war und heil zurückgekehrt. Denn seine Schuhe waren nicht verbrannt. Sein Blick wanderte zwischen seinen Schuhen und dem Pfad hin und her, bis er irgendwann einfach die Besinnung verlor und stürzte.

Schreie weckten ihn und ein dumpfes Geräusch, das in regelmäßigen Abständen auf den Boden aufschlug. Er musste mehrmals blinzeln, um seine Augen überhaupt dazu zu bringen, sich zu öffnen. Ruß und seine eigene Tränenflüssigkeit hatten sie vollkommen verklebt. Energisch rieb er sich mit den Händen darüber und löste den Dreck. Schlagartig kamen die Erinnerungen wieder in ihm hoch und mit einem leisen Schrei sprang er in die Höhe und machte einen Satz rückwärts. Er sah wieder zur Lava, der Weg war immer noch erhalten. Vorsichtig ging er einen kleinen Schritt darauf zu. Dann noch einen, bis er schließlich wieder am Rande angelangt war. Da riss ihn wieder ein Schrei aus seinen Gedanken. Er blickte nach vorne. Was er sah, verschlug ihm die Sprache, und den Atem.

Ein riesiger Mann mit einer Axt in der Hand streifte auf der anderen Seite des Lavastroms umher, eine Person vor sich hertreibend. Ren konnte noch aus dieser Entfernung das hässliche Lachen hören, das aus dessen Munde drang und das boshafte Lächeln, das seine Lippen umspielte und aus seinen wahnsinnig dreinblickenden Augen sprach. Den Rest verhüllten die Dämpfe, die stetig um ihn herum aufstiegen. Aber es reichte ihm auch schon. Es reichte, um ihm zu beweisen, dass er tatsächlich in der Hölle gelandet sein musste. Langsam wandte er seine Aufmerksamkeit der Person zu, die vor dem Mann flüchtete. Als er sie erkannte, erstarrte er augenblicklich.

„KYOKO!!!“, schrie er aus Leibeskräften.

Keine Sekunde später hatte er sich auch schon wieder zusammengerafft und rannte, ohne weiter darüber nachzudenken, über den Fluss aus Lava. Keuchend kam er auf der anderen Seite an. In dieser Hitze war es tausend Mal anstrengender zu rennen als unter normalen Umständen. Und da er nicht gerade leise gewesen war, bemerkte ihn der Wahnsinnige sofort. Hart schluckte er den Kloß in seiner Kehle runter und sah sich nach einer möglichen Waffe um. Doch er konnte nichts brauchbares finden.

In der Zwischenzeit hatte sich der Mann ihm bis auf ein paar Meter genähert und war stehen geblieben.

„Was willst du hier? Das Mädel gehört mir. Verschwinde. Such dir ’ne Andere.“

Ren konnte den fast eben so großen Mann wie er selbst nur sprachlos anstarren. Auf diese Reaktion hin, knurrte der andere und überwand die letzte Distanz zwischen ihnen, seine Axt zum Angriff schwingend.

„Dann wirst du eben vor ihr dran glauben müssen.“

Mit diesen Worten stürzte er sich auf Ren. Dieser löste sich endlich aus seiner Starre und sprang erschrocken zur Seite. Die Klinge der Axt traf den Felsboden und hinterließ eine tiefe Kerbe. Ren schauderte. Wenn ihn die Axt traf, dann war er Geschichte. Schnell schaute er sich nach Kyoko um. Sie rannte immer noch und jedes Mal, wenn ihn die Klinge verfehlte, wandte auch sie sich blindlings in eine andere Richtung. Dieser Wahnsinnige hatte sie beide in der Hand. Wenn er nichts unternahm, würden sie sterben. Entschlossen rannte er von Kyoko weg. Er würde nicht zulassen, dass er sie beide auf einen Zug erwischte. Vielleicht konnte Kyoko ja noch entkommen. Zumindest die Chance dafür musste er ihr geben. Doch seine Idee ließ sich schwieriger in die Tat umsetzen als gedacht. Kyokos ständiger Richtungswechsel machte es ihm schwierig, die andere einzuschlagen. Auch auf seine Rufe hin, reagierte sie nicht und irgendwann gab er es auf. Er rannte nur noch keuchend um sein Leben. Er sah Kyoko vor sich, wie sie den Kopf wendete und plötzlich im Dampf verschwand. Ein Schrei drang an sein Ohr und wie angewurzelt blieb er stehen. Ohne weiter über den Mann hinter sich nachzudenken, sprengte er vorwärts. Beinah wäre auch er den Abgrund hinabgestürzt, gerade noch rechtzeitig fand er sein Gleichgewicht wieder und stoppte. Er warf einen Blick nach hinten, doch der Mann mit der Axt war nicht zu sehen. Es war, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Als er ein leises Wimmern vernahm, drehte er sich auf der Stelle wieder zum Abgrund um. Dort, mit einer Hand festhaltend, hing Kyoko. Sie zitterte vor Angst, lange würde sie sich nicht mehr halten können. Schnell packte Ren ihr Handgelenk. Ein weiterer Schrei kam aus ihrem Mund und sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch unbarmherzig hielt er sie weiterhin fest. Er würde sie nicht fallen lassen. Nicht jetzt, wo der größte Schreck überwunden zu sein schien. Ihr Blick begegnete seinen. Er war erstaunt über das Misstrauen, dass sich in ihnen spiegelte. Aber auch die Fassungslosigkeit über sein Erscheinen bemerkte er. Also hatte sie ihn tatsächlich zuvor nicht gehört.

„Bitte, Kyoko-chan. Lass mich dir helfen.“

Kyoko reagierte nicht. Verzweifelt hielt er sie fest. Wenn sie ihm nicht half sich heraufzuziehen, würde sie ihn am Ende mit hinabzerren. Er starrte sie an. Er wusste, dass sie sterben wollte. Würde sie es jetzt wieder probieren? Oder was ging in ihr vor? Er verstand einfach ihre Denkweise nicht. Plötzlich fasste eine Hand nach seinem Arm. Überrascht blickte er darauf. Doch ehe sich Kyoko vielleicht anders entscheiden konnte, zog er sie zu sich herauf und drückte sie fest an sich. Glücklich lehnte er seinen Kopf an ihre Schulter und konnte es immer noch nicht ganz fassen. Diese ganze Situation verwirrte ihn und machte ihm zugleich Angst.

Für diesen Augenblick jedoch verdrängte er diese Gefühle und konzentrierte sich einzig und allein auf Kyoko. Sie lebte. Sie war bei ihm. Das reichte.

„Mach nie wieder so etwas dummes, ja?“, murmelte er nahe ihres Ohres.

Sie nickte nur. Er konnte ihr vor Aufregung schlagendes Herz spüren und automatisch drückte er sie noch ein bisschen fester an sich. Als er merkte, dass sie keine Luft mehr bekam, ließ er von ihr ab. Peinlich berührt, starrte er auf einen imaginären Fleck hinter Kyokos Rücken. Sie schien es noch nicht einmal zu bemerken, so weit entfernt war sie mit ihren Gedanken.

„Lass uns gehen, OK?“

Sie schaute auf. Verwirrung sprach durch ihren Blick und ließ seine Vermutung bestätigen. Sanft und beruhigend lächelte er sie an. Sie brauchte keine Angst mehr zu haben. Vorerst zumindest würde Ruhe sein.

„Aber...?“

Er unterbrach sie einfach und deutete hinter sich auf den Pfad über den Lavastrom. Er hatte es zuvor auch nicht für möglich gehalten, einen Weg hinüber zu finden, doch hatte er es irgendwie auch immer geschafft. Und darüber war er froh. Er wollte nicht auf dieser Insel festsitzen. Er konnte nicht sagen, wieso, doch er spürte, dass sich dort auf der anderen Seite ein Ausgang befand.

Gemeinsam gingen sie über die Brücke, Hand in Hand. Hinter ihnen löste sich der Weg wieder auf, es war ihnen egal. Sie wollten nicht wieder zurück.

Plötzlich blieb Kyoko stehen. Verwirrt musterte er sie. Was war jetzt schon wieder los? Sie drehte sich um. Ren blickte ebenfalls hinter sich, doch sah er nichts. Mit einem Mal war Kyoko nicht mehr an seiner Seite. Ihre Hand hatte sich von seiner gelöst und sie blickte zurück zur Insel. Ein Schritt. Noch ein Schritt. Der Weg verlängerte sich wieder und überbrückte den Fluss. Er wollte ihr zurufen. Sie stoppen. Sie zum Umdrehen bewegen, doch wie versteinert stand er auf der anderen Seite und sah zu, wie Kyoko wegging. Da wandte sie sich wieder um. Sah ihn an, sah das an, was hinter seinem Rücken lag. Das Tor. Durch dieses mussten sie gehen, um zurückzukehren. Das Tor für die Lebenden. Er würde hindurch gehen, aber wie entschied sich Kyoko? Sie war nahe dem Tode, würde sie sich letztendlich für ihn entscheiden? Nein! So war sie nicht! Auch, wenn sie sich verändert hatte, so war ihr Innerstes immer noch gleich geblieben. Und das gab sich nicht so einfach dem Tod hin. Aufmerksam beobachtete er Kyoko. Sie war unentschlossen und zwischen ihm und irgendetwas anderem, das er nicht sehen konnte, hin- und hergerissen. Nach ungefähr einer halben Minute, die ihm vorkamen wie Stunden, drehte sie sich zu ihm um. Schnell kam sie auf ihn zu. Lächelnd empfing er sie und zusammen legten sie die letzten Meter zu einer besseren, vielleicht einer gemeinsamen, Zukunft entgegen.

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puuh...ein anstrengendes chap, war das xD nu ja...eig auch scho wieder net *löl* ich hatte nur keine zeit, daran weiterzuschreiben un jetz binsch endlich ma wieder zu gekommen (scheiß schule...viel zu viel arbeit muss man sich deswegen machen...) un siehe da, es wurde vollkommen bescheuert -.- sorry, leutz...habs einfach runtergeschrieben, hab mich total oft wiederholt un ich nehms euch net übel, wenn ihr mir sagt, dass es total langweilig war...fand ich auch ^^ bin total unzufrieden mit xD na ja...kommis sin wie immer gern gesehn *lach*
 

lg

black_wolf

Schmerzende Wahrheit

Hmm ja...ich lass auch ma wieder von mir hören xD sorry, dass es ma wieder so lang gedauert hat...bei mir is das ja schon alltag ^^ na ja...schwatz ich am end noch etwas un dann stell ich’s rein ^^

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Das Erste, was sie spürte, war die unbequeme Matratze, auf der sie lag. Und die Schmerzen, die wie Wellen durch ihren gesamten Körper brandeten. Wie lange hatte sie geschlafen? Sie wusste es nicht. Und es wäre ihr lieber gewesen, wäre sie nie wieder erwacht. Wer hatte sie dieses Mal aus den Fängen des Todes gerettet? Und wie war es überhaupt soweit gekommen? Das Letzte, an das sie sich erinnern konnte, war, dass sie sich ein Bad hatte nehmen wollen. Und dann kam dieser eigenartige Traum. Aber war es wirklich nur einer gewesen? Dieses Licht...Diese Ruhe...Dieser Frieden...Sie würde es niemals im Leben mehr vergessen können und sich gleichzeitig immer danach sehnen. Die Erlösung, die sie in diesem Licht verspürt hatte, es war das erste Mal in ihrem Leben gewesen, wo sie glücklich gewesen war. Zufrieden mit sich selbst, sich selbst akzeptierend und liebend. Gefühle zu spüren, ihre Gefühle zu spüren, hatten die Sehnsucht nach mehr in ihr erweckt.

Prüfend horchte sie in sich hinein, versuchte das Gefühl wieder zu entdecken, doch sie spürte nichts als die Abgründe ihrer zerrissenen Seele. Die Wunden, die ihr zugefügt worden waren, würden nie wieder heilen, die tiefen Schluchten in ihrem Inneren, die Schwärze ihres Herzens, sie konnten nicht mehr weichen, nicht mehr gefüllt werden. Leer und einsam fühlte sie sich plötzlich wieder. Den Traum vergessend, sank sie tiefer in ihre Kissen. Sie konnte immer noch nicht genauere Umrisse erkennen, nur ein Piepen war zu vernehmen und das Geräusch ihres eigenen Atems. Sie seufzte schwer. Dabei fuhr ihr wieder ein stechender Schmerz durch die Handgelenke. Sie versuchte einen Arm anzuheben, senkte ihn aber gleich darauf stöhnend wieder. Was war nur geschehen? Wieso hatte sie solche Schmerzen? Ihr Kopf fühlte sich so schwer an, gefüllt mit Gedanken, die schwerer lasteten als jede Verantwortung.

„Du bist wieder wach.“, erklang plötzlich eine Stimme neben ihr. Mühsam drehte sie ihren Kopf in diese Richtung. Sie hatte das Gefühl, ihre gesamten Muskeln wollten ihr nicht mehr gehorchen. Mit einem glanzlosen Blick sah sie die Person in weiß an. Der Doktor.

„Dieses Mal war es wirklich knapp, Kyoko. Du hast eine Woche lang im Koma verbracht.“ Ohne mit der Wimper zu zucken, blickte sie ihn weiterhin nur stumm an. Sprechen fiel ihr sowieso viel zu schwer, ihr Mund war ausgetrocknet, ihre Lippen schon ganz rissig. Desinteressiert wandte sie wieder ihren Kopf nach vorne und starrte stattdessen an die Decke. Jetzt wusste sie auch, wo sie war. Im Krankenhaus. Doch wer hatte sie hierher gebracht? Als würde der Arzt ihre Gedanken lesen, sprach er sie erneut an.

„Ein junger Mann war so freundlich, einen Krankenwagen zu rufen. Ich denke mal, du weißt, wen ich meine.“ Er lächelte. Dann sprach er weiter. „Er war die ganze Zeit bei dir. Du solltest dich bei ihm bedanken, wenn er wiederkommt.“ Ein Ruck durchfuhr Kyoko. Wiederkommen? Hatte sie richtig verstanden? Er wollte noch einmal bei ihr vorbeischauen? Aber wieso? Da fielen ihr wieder seine Worte ein. Er hatte es ja versprochen. Müde schloss sie ihre Augen. Sie konnte wohl nichts dagegen tun. Ein Versprechen war ein Versprechen. Er würde sich daran halten. Sie konnte ihre Worte nicht rückgängig machen, ebenso wenig wie seine.

„Hier. Nimm das.“ Er reichte ihr ein Glas mit Wasser. Argwöhnisch starrte sie hinein.

„Du hast doch Schmerzen? Wenn ja, dann wird dir diese Medizin dagegen helfen. Nichts giftiges.“, seufzend hielt er das Glas an ihre Lippen. Irgendwann musste doch ihr Misstrauen enden.

Nach einigem Zögern schluckte Kyoko schließlich das Wasser. Danach wandte sie wieder den Blick ab und ignorierte den Arzt, der sich kopfschüttelnd in Richtung Tür begab. Bevor er diese jedoch öffnen konnte, hörte man ein leises Klopfen und kurz darauf trat Ren ein. Er sah müde aus. Fast so müde wie Kyoko. Aber es war auch kein Wunder: Neben seiner Arbeit auch noch auf ein Mädchen aufzupassen, dass zu jedem Unsinn bereit war, wurde mit der Zeit anstrengend. Ren grüßte den Doktor kurz und wollte schon zu Kyokos Bett gehen, als er aufgehalten wurde.

„Könnte ich kurz mit Ihnen sprechen? Es dauert nicht lange.“

„Sicherlich.“ Etwas überrascht ließ sich Ren wieder nach draußen führen. Er hatte noch nicht bemerkt, dass Kyoko wieder erwacht war.

„Nun...Es geht um ihre kleine Freundin...“

„Sie ist nicht meine Freundin.“, fuhr Ren ihm dazwischen. Der Arzt fuhr einfach fort.

„Auf jeden Fall konnten Sie sich bestimmt selbst davon überzeugen, dass ihr Zustand nicht gerade der Beste ist. Vor wenigen Minuten ist sie aufgewacht.“

Ren starrte ihn überrascht an und dann zur Tür von Kyokos Zimmer. Wie gebannt hingen seine Augen an dieser und er wollte schon wieder hineinstürmen, als er abermals aufgehalten wurde.

„Moment. Nicht so schnell. Das war noch nicht alles. Wie ich Ihnen schon sagte, ihr Zustand ist sehr labil. Sie sollte sich jetzt noch nicht aufregen, wobei sie sowieso kaum Emotionen zeigt. Daran wird es nicht scheitern, doch vielleicht an den falschen Fragen. Was ich Ihnen damit sagen möchte: Bedrängen Sie sie nicht. Sie ist nicht mehr die, die sie vielleicht einmal gewesen ist. Aber das haben Sie sicherlich schon selbst festgestellt. Sobald sie allerdings das Interesse an Ihnen verliert, werden auch Sie ihr nicht mehr helfen können. Achten Sie also auf das, was sie sagen und tun, denn die kleinste falsche Reaktion könnte für sie der Grund sein, aufzugeben. Und das möchte hier doch niemand, nicht wahr?“ Er lächelte sanft. Verwirrt blickte Ren ihn wieder an.

„Ja, das weiß ich doch schon alles. Aber woher wollen Sie wissen, was ich tun und was ich lassen sollte?“

„Sie ist mein Patient.“, meinte er nur als Erklärung und wandte sich leicht ab. Bevor er jedoch endgültig ging, fügte er noch hinzu:

„Und glauben Sie ihr nicht alles, was sie sagt. Sie ist schneller zu einer Lüge bereit als sie vielleicht annehmen. Und das kann sie gut. Darin ist sie wirklich ein Meister geworden.“

„Sie ist Schauspielerin.“, meinte Ren daraufhin nur schlicht und verschwand in Kyokos Raum.
 

Währenddessen hatte es Kyoko geschafft, sich halb aufzurichten. Die Medizin wirkte gut und schnell. Die Arme jedoch wagte sie dennoch nur minimal zu bewegen. Vorsichtig wälzte sie sich soweit aus dem Bett, dass ihre Beine über die rechte Seite baumelten. In dem Moment, in dem sie sich endgültig erheben wollte, wurde die Tür erneut aufgestoßen und herein kam Ren.

„Kyoko! Du bist wieder wach!“, sein Gesicht wies eines seiner seltenen Lächeln auf, seine Augen strahlten vor Freude und Wärme. Schnell aber wich dieses Lächeln einem Stirnrunzeln, als er Kyokos Vorhaben erkannte.

„Was tust du denn da? Du solltest besser im Bett bleiben.“

Trotzig sah sie ihm in die Augen, ehe sie sich einfach abwandte und die Beine wieder unter die Decke zog. Erschöpft ließ sie sich wieder in ihre Kissen zurücksinken und blickte aus dem naheliegenden Fenster. Die Vorhänge waren zur Seite gezogen, Sonne strahlte in den kleinen Raum. Die Straße, die sich durch die gesamte kleine Stadt zog, lag direkt unter Kyokos Zimmer, ihr gegenüber befand sich eines der zahlreichen Wohngebiete.

So friedlich dieser Anschein auch sein mochte, das Innere von Kyoko spiegelte es nicht wider. Sie musste über ihren seltsamen Traum nachdenken. Über die Worte, die gefallen waren, die Taten, die daraufhin folgten und die Erinnerungen, die sie damit verband. Vor allem jedoch beschäftigte sie die Szene in der höllenartigen Umgebung. Was hatte sie zu bedeuten? Wieso musste sie zuerst die Hölle durchqueren, um das Paradies zu erreichen? Und wieso war ausgerechnet ER darin aufgetaucht? Er war doch tot! Panik wollte sich wieder in ihr breit machen, doch sie unterdrückte sie. Es war ihr alles so real erschienen. Hatten das Träume an sich? Maß sie diesem Traum mehr Bedeutung zu als ihm zustand? Oder waren ihre Gedanken berechtigt? Verwirrt starrte sie ins Nichts. Was sollte sie glauben, sollte sie sich überhaupt welche darüber machen? <<Oder es als Hoffnungsschimmer ansehen?>> Ihre innere Stimme mischte sich wieder ein, doch Kyoko beachtete sie erst gar nicht. Hoffnung? So etwas gab es für sie nicht mehr. Das hatte sie gespürt. Damals, vor ein paar Monaten. Da hatte man sie gebrochen, ihren Willen einfach zerstört, ihre Menschlichkeit. Zu einer Maschine war sie geworden, ein seelisches Wrack, mit einer Leere in sich, die nicht gefüllt werden konnte, Wunden, die nicht schließen wollten und einem Herzen, das kalt in der Brust des Besitzers schlug, regelmäßig, aber doch gestorben.

„Wieso hast du das getan, Kyoko-chan?“ Rens Stimme drang nur leise an ihr Ohr, doch sie zuckte dennoch leicht zusammen. Aus ihren Gedanken gerissen, kehrte sie wieder zurück in die Realität und wandte sich Ren zu. Musternd schaute sie in seine braune Augen, die sie fragend anblickten. Sie wusste keine Antwort auf seine Frage, aber sie verstand, was er meinte. Der Brief. Er hatte ihn gelesen. Sie zuckte nur mit den Schultern und antwortete mit einer Gegenfrage.

„Wieso hätte ich es nicht tun sollen? Es ist mein Leben.“

„Nein!“ Seine Stimme war ungewohnt scharf. „Du weißt ja gar nicht, wie...“ Er brach mitten im Satz ab. Sah sie an. Beobachtete ihre Reaktion. Fragte sich, ob sie verstand, was er ihr mitteilen wollte. Doch nichts geschah. Kyoko starrte nur wieder dumpf vor sich hin. Als er schon dachte, er würde keine Antwort mehr erhalten, sagte sie mit bebender Stimme:

„Es geht euch nichts an! Niemanden! Es geht euch nichts an, was ich tue, was ich sage, was ich denke! Es ist allein meine Entscheidung. Ich werde nicht zulassen, dass ihr mir den Weg zu meinem letzten Frieden versperrt!“ Ihre Stimme war immer lauter geworden, ihr Blick hatte sich wieder gefestigt, kalt sah sie ihn an. Ren zuckte noch nicht einmal mit der Wimper. Er sprach einfach weiter.

„Was ist passiert?“ Er hörte sich seltsam verloren an. Als hätte er Angst vor ihrer Antwort, Angst, dass sie seinen Gedanken zustimmen könnte, dass es wirklich so war, wie er gedacht und auch gesehen hatte.

Ihre Worte durchschnitten die anschließende Stille wie ein Schwert.

„Was soll schon passiert sein? Sie haben es doch mit eigenen Augen gesehen, Tsuruga-san!“

Einen Moment lang war Ren sprachlos. Was hätte er auch darauf erwidern sollen? Sie hatte ihre Tat eindeutig gestanden. Er hatte sich nur vergewissern wollen. Hatte er das tatsächlich gewollt? Oder hatte ein anderer Teil in ihm auf eine andere Antwort gehofft? Eine, die ihn nicht so schockieren würde? Eine, die zeigen würde, dass ihr letztes Gespräch doch nicht vollkommen umsonst gewesen war?

Schweigend starrten beide aus dem Fenster und verfolgten den regen Verkehr, der während der Mittagszeit auf der kleinen Straße herrschte.

„Ich habe Sie jetzt sicherlich enttäuscht, oder? Tsuruga-san?“, ergriff Kyoko plötzlich von sich aus das Wort. Ren tauchte wieder aus seinen Gedanken auf.

„Nein.“, meinte er nur ruhig. „Ich habe damit gerechnet.“

„Wieso haben Sie dann erst die Frage gestellt, wenn Sie schon wussten, wie die Antwort lautet?“

„Um sicher zu gehen.“

Kyoko lächelte leicht. „Sie sind schon seltsam.“

„Ich?“, verwirrt schaute er sie an.

„Nein. Nicht Sie. Sie. Dort draußen. Die Menschen.“

„Wieso?“ Wollte sie einfach nur ein bisschen Konversation führen oder worauf lief dieses Gespräch hinaus?

„Schauen Sie sie sich doch mal an. Immer müssen sie Fragen stellen. Niemals können sie einfach nur schweigen. Sie sind viel zu neugierig. Und dann wundern sie sich, wenn sie immer tiefer fallen.“

Ren schwieg. Ratlos versuchte er, Kyokos Blick einzufangen, um dort vielleicht die Antwort nach seiner unausgesprochenen Frage zu finden, doch sie wich seinem Blick aus.

„Haben Sie nichts zu tun? Arbeiten?“ Kyoko wechselte plötzlich das Thema. Sie hatte bemerkt, dass Ren nichts auf ihre Feststellung zu sagen wusste. Nun, dann eben nicht. Sie hatte sowieso nur wissen wollen, wie er darauf reagierte.

„Nein. Die Arbeit für diesen Tag habe ich schon am Vormittag erledigt. Den restlichen und drei Tage danach habe ich frei.“

Überrascht runzelte Kyoko die Stirn. Drei Tage frei für Ren Tsuruga? Das musste für ihn Luxus sein. Doch wieso ausgerechnet zu dieser Zeit? Wollte oder sollte er sie etwa überwachen? Oder was steckte hinter diesen harmlos wirkenden Worten?

„Drei Tage?“ >>Wieso?? Wieso nicht eher? Damals hätten mir drei Tage Aufmerksamkeit das Leben gerettet.<< schrie ihr Inneres.

„Ja.“, er lächelte wieder. „Die Leute wollen mich wohl nicht mehr engagieren.“ Er lachte leise. Kyoko starrte ihn an. Dieser Mann vor ihr war für sie ein Buch mit sieben Siegeln. Oder vielleicht doch acht? Wollte er sie auf andere Gedanken bringen? Wollte er sie von der eigentlichen Frage ablenken? Meinte er es ehrlich mit ihr? Oder nicht? Was sollte sie von seinem Handeln denken?

„Nein.“, fuhr er schließlich fort. „Um ehrlich zu sein: Ich habe mir freigenommen. Und würde es sehr begrüßen, wenn ich diese Zeit mit dir verbringen dürfte.“ Kyokos Gedanken rasten. Was sollte sie antworten? >>Natürlich nein!<<, meinte ihr Verstand. >>Natürlich ja!<<, rief ihre innere Stimme leise dazwischen. Sie wollte schon nein sagen, doch kein Wort kam über ihre ausgetrockneten Lippen. Sie befeuchtete sie kurz und beschloss kurzerhand, seiner Frage auszuweichen, zu schwierig war die passende Antwort für diese.

„Sie sollten nun besser gehen. Ich bin müde. Ich würde gerne noch etwas schlafen.“

Ein respektvolles Nicken ihres Gegenüber. Nahm er es ihr nicht übel, dass sie ausgewichen war? Erschöpft vom vielen Nachdenken, schloss sie ihre Augen und war in wenigen Sekunden eingeschlafen.
 

Auch, wenn Ren es nicht zeigte, er war enttäuscht. Aber nachdem das Gespräch schon so katastrophal begonnen hatte, konnte es ja nicht besser werden. Er beobachtete Kyoko noch ein Weilchen, während sie schlief, dann stand er lautlos von seinem Stuhl auf, auf den er sich gedankenverloren gesetzt hatte und trat durch die Tür in den Flur des Krankenhauses. Dort erwartete ihn auch schon der Arzt.

„Wie ich sehe, ist das Gespräch wohl nicht in den gewünschten Bahnen verlaufen?“, eröffnete er das Gespräch. Ren schüttelte daraufhin nur den Kopf und lehnte sich gegen die Wand.

„Ich hatte auch nichts anderes erwartet.“ Konnte man dort in den Augen des Doktors einen kleinen Funken Triumph erkennen?

„Wollen Sie wissen, was ich von der ganzen Sache halte?“ Interessiert musterte Ren den Arzt, schwieg jedoch weiterhin.

„Kyoko hat sich dieses Mal nicht selbst umgebracht.“, sagte der Arzt schlicht.

„Was?“, entfuhr es Ren und ging einen Schritt auf den kleineren Mann zu.

„Ja.“, fuhr er ruhig fort. „Ich hatte ja schon mehrmals das Vergnügen, ihre kleine Freundin wieder zusammenflicken zu dürfen, aus diesen Erfahrungen und medizinischen Gründen ist es vollkommen unmöglich, dass sie einen, zum Glück, missglückten Selbstmordversuch unternommen hat.“

„Aber...Wieso haben Sie mir das nicht schon vorher gesagt??“ Fassungslos starrte Ren den Arzt an.

„Weil Sie sie wahrscheinlich sofort damit konfrontiert hätten.“, erwiderte der Doktor daraufhin trocken. „Nein, das war es nicht. Es war nur eine Vermutung, die Beweise haben gefehlt. Doch jetzt sind die Tests durchgeführt und ein eindeutiges Ergebnis liegt vor. Mir kam das sowieso alles schon sehr merkwürdig vor...“

„Nun sagen Sie schon, was Sie herausgefunden haben!“, unterbrach Ren seinen Redeschwall einfach.

„Nur nicht so hastig.“, grummelte er, antwortete jedoch gleich darauf auf seine Forderung. „Die Tests beweisen, dass Kyoko wohl schon vor den fast tödlichen Schnitten an ihren Handgelenken ohnmächtig wurde. Und das wohl nicht aus freiwilligen Gründen. Ihre Gehirnstruktur zeigt Störungen auf, die darauf schließen lassen, dass sie anscheinend von einem harten Gegenstand am Hinterkopf niedergeschlagen wurde, was übrigens auch die passende Kopfwunde zu dieser Tat erklärt. Auf jeden Fall können wir davon ausgehen, dass Kyoko, während ihr die Schnittwunden zugefügt wurden, nicht bei Bewusstsein war und folglich das Messer auch nicht selbst hatte führen können. Haben Sie im Badezimmer ein Messer vorgefunden? Wenn nicht, dann wird der Täter es wohl dummerweise wieder mitgenommen haben, was mich allerdings zu der Frage kommen lässt, wieso jemand ausgerechnet Kyoko sterben sehen will. Sie oder er müsste doch nur warten, bis Kyoko wieder einen Selbstmordversuch unternimmt und es schafft. Da muss man sich doch nicht an einem Mord die Hände schmutzig machen.“ Der Arzt endete.

Ren brummte der Kopf von den vielen Informationen. Kyoko hatte sich nicht selbst umgebracht? Wieso hatte sie ihm dann etwas anderes erzählt? >>Hat sie ja nicht. Sie hat indirekt geantwortet.<< Das stimmte. Sie hatte zwar gewusst, dass er nicht mehr hatte sehen können, als ihren halbtoten Körper im Wasser, doch mit keiner Silbe hatte sie erwähnt, dass sie selbst an diesem Zustand Schuld gewesen war.

„Da wurden Sie ganz schön reingelegt von ihr, wie?“ Seine Stimme klang freundlich, wie eigentlich die meiste Zeit.

„Ja...“, murmelte Ren dumpf vor sich her, immer noch in seinen Gedankengängen vertieft.

„Sie ist eben eine recht passable Schauspielerin, habe ich nicht recht?“

Ren schwieg. Dann nickte er zaghaft und kaum wahrnehmbar, doch der Arzt sah es und schien zufrieden.

„Sie sollten jetzt besser gehen, Tsuruga-san.“

Verwirrt schaute Ren ihn an. Er sollte ausgerechnet jetzt gehen? Er musste zuvor unbedingt noch einmal Kyoko besuchen. Sein Blick wanderte zu ihrer Tür und blieb dort hängen. Er wollte schon einen Schritt darauf zutun, als sich eine kleine stämmige Gestalt in seinen Weg schob.

„Kyoko braucht jetzt Ruhe. Sie können morgen wieder vorbeischauen, doch für heute bleibt die Tür zu ihren Räumen für Sie verschlossen.“ Entschlossen schob der Arzt Ren in Richtung Ausgang. Unwillig folgte er ihm. Würde er eben morgen wiederkommen. Und dann musste Kyoko ihm Antworten auf seine vielen Fragen geben.

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tja...mir kommts vor, als wäre des chap i-wie kurz ausgefallen...ich hatte ja ma vorgehabt, mehr reinzubringen *gg* aber da ich ja eine flexible persönlichkeit bin, habsch einfach ma abgebrochen un hoff, dass es euch dennoch gefällt xD

wer übrigens meine andre ff ließt, dem kann ich sagen: sie is noch nich abgebrochen oder beendet oder so...ich brauch halt die nötige zeit...un zurzeit setze ich halt eben lieber die hier fort, weilsch für die andre so viele ideen zur verfügung stehn hab, die natürlich auch alle in andere richtungen gehen, dass ich mir noch net sicher bin, welchen weg ich einschlagen will un wohin die ff führen soll xD

na ja...so viel zu dem...dann machsch mich auch schon wieder vom acker xD ma gucken, ob ich es schaff, ein nächstes chap hochzuladen, bevor die zwei anstrengenden ferienwochen beginnen, in denen ich nur unterwegs bin *gg* aber dazu werdsch auch nochma was in meinem webbi schreiben, also dann, man ließt sich ;)))
 

lg

black_wolf
 

PS: ich hab übrigens keinen blassen schimmer, ob das stimmt, was der arzt da gesacht hat mit den ganzen gehirnstrukturen un so xD da habsch mich net schlau gemacht, garantiere also auch net die richtigkeit der worte...aber das hat sich so schön professionell angehört *lach* was andres is mir auch nich eingefallen xD schau zwar manchma krimis, aber ich bin da net so die aufmerksame zuhörerin xD

Seelische Qual

*vorsichtig hereinlinst* hallo? ^^" kennt mich hier noch jemand xD ich weiß -.- bin schuldig *sich freiwillig meldet* ich sollte wohl am besten ne zusammenfassung von den vorherigen chaps geben, wie? xD wenn sich hier überhaupt noch jemand meldet -.- na ja...ich habs endlich ma geschafft, en neues chap fertig zu schreiben xD un das an silvester, wenn das ma kein grund is, mir zu verzeihen *lach* als einzige entschuldigung kann ich nur die schule darbieten xD die raubt mir einfach den letzten nerv xD mit 16 klausuren in einem halbjahr is net zu spaßen *umfall* endlich hab ichs hinter mir, aba die zeit war trotzdem schrecklich lang...na ja...ich langweile euch jetz ma net weiter ^^ hier is des neue chap:

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Der Morgen graute. Kyoko wachte langsam auf. Die Schmerzen hatten aufgehört. Sie verspürte nur noch ein leichtes Pochen in ihren Handgelenken. Eine Krankenschwester hatte ihr spät in der Nacht Schmerzmittel verabreicht, wieso sie es ihr nicht früher schon gab, blieb Kyoko ein Rätsel. Aber darüber machte sie sich auch nicht allzu viele Gedanken. Die Schmerzen waren weg, das war es, was zählte. Etwas anderes beschäftigte sie allerdings. Sie wusste, dass sie ihn angelogen hatte. Wie lange würde er brauchen, um das herauszufinden? Und wie viele wussten am Ende die ganze Wahrheit? Oder zumindest einen Teil? Sie wollte nicht, dass ihr Schicksal in aller Munde genommen wurde. Sie wollte einfach nur frei davon sein. Ein Privileg, das niemals in Erfüllung gehen würde.

»Wenn ich noch einmal so überlege...dann habe ich ihn gar nicht angelogen. Ich habe ihn nur bestätigt, doch, was er für sich gedacht hat, darauf habe ich keinen Einfluss genommen. Er hätte ja auch in anderen Bahnen denken können.« Damit schloss Kyoko dieses Thema ab. Er würde sowieso wiederkommen und dann nach einer Erklärung fordern. Bis es soweit war, musste sie sich ja nicht mit diesen unangenehmen Gedanken beschäftigen.

Leicht setzte sie sich in ihrem Bett auf. Ihr war jetzt schon wieder schrecklich langweilig. Sie wusste nicht, wann der Arzt sie dieses Mal entlassen würde, oder ob er sie gleich in eine psychiatrische Anstalt zu stecken versuchte, aber sie hatte keine Lust, hier den restlichen Tag oder gar die restliche Woche zu verbringen. Langsam streckte sie ihre Füße unter der Decke hervor und lauschte. Doch sie hörte niemanden. Zufrieden setzte sie sich an den Bettrand. Der Boden unter ihr war kalt, ihre Handgelenke begannen wieder stärker zu pochen, aber sie ignorierte es einfach. Schmerzen war sie gewöhnt. Physische und psychische. Ein paar Schnitte mehr, welchen Unterschied machte das schon? Es war sowieso egal. Alles war egal. Alles bis auf den Tod. Und bald schon würde es soweit sein. Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen, gaben ihr etwas geheimnisvolles, verschwörerisches. Dann stand sie auf. Leicht schwankend ging sie in Richtung Schrank. Dort musste sicherlich noch ihre Jacke hängen, die sie das letzte Mal hier vergessen hatte. Sie öffnete den Schrank und fand dort ihren Mantel wieder. Das Lächeln war wieder aus ihrem Gesicht verschwunden. Nachdenklich fuhr sie über das weiche Leder des Mantels. Dann zog sie ihn an, schlüpfte in ihre Schuhe, schaute sich noch einmal kurz im Spiegel an, wendete den Blick jedoch rasch wieder ab, als sie das eingefallene, leichenartige Gesicht erblickte. Man sagte sich, das Spiegelbild eines Menschen konnte mehr von ihm offenbaren als jede Drohung es könnte. Sie glaubte es. Was sie dort gesehen hatte, erschreckte sie nicht. Sie wusste es ja schon die ganze Zeit. Doch es zu sehen, war eine andere Sache. Der Tod war in ihre Züge eingekehrt.

Langsam schlurfte sie in Richtung Tür und öffnete sie. Hochbetrieb herrschte auf den Gängen. Krankenschwestern eilten von einem Ort zum nächsten und brachten den hungrigen Patienten ihre Nahrung. Bald würde auch jemand an ihre Tür klopfen. Doch bis das geschah, würde sie schon lange nicht mehr dort weilen.

Sie schlüpfte durch die Tür und bog schnell um die nächste Ecke. Ihr Ziel: Das Treppenhaus mit dem Fahrstuhl. Man hatte sie wie immer in das höchste Geschoss geschickt. Sie wusste selbst nicht, wieso ihr ausgerechnet dieses Zimmer zugesprochen wurde. Es war doch so einfach, das Fenster zu öffnen und hinaus zu springen. Wollte der Arzt sie etwa zu dieser Tat verführen? Zutrauen könnte sie es ihm nicht. So wie er sich immer um sie sorgte. Fast so schlimm wie Ren. Ren. Sein Name weckte wieder die Erinnerungen an die Wiese. Und ihre Hilflosigkeit. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Niemals würde sie frei sein, nicht in dieser Welt. In der anderen vielleicht, doch nicht in dieser. Sie hatte es gespürt. Die Wärme. Die Vollkommenheit. Die Reinheit. Alles hatte gestrahlt und es hatte geschienen, als wäre es nur für sie so gewesen. Was hatte das alles zu bedeuten? War es Zeit? Zeit zu vergessen? Loszulassen? Von den unsichtbaren Fesseln, die sie hier hielten? Vom Leben? Sie wusste es einfach nicht zu deuten.

Gedankenverloren wartete sie auf den Fahrstuhl. Er ließ sich heute mal wieder besonders viel Zeit. Zeit, die sie nicht besaß. Während sie hier seelenruhig wartete, konnte ihr Fehlen schon längst bemerkt worden sein und wo sollte man sie nicht zuerst suchen als vor dem Fahrstuhl? Seufzend zwirbelte sie eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern und schielte immer wieder zurück zur Tür, die sie von dem belebten Gang des obersten Geschosses des Krankenhauses trennte. Der Fahrstuhl kam endlich. Er war leer. »Wieso sollte auch jemand drin sein? Niemand verirrt sich gerne nach hier oben. Hier stinkt es nach Tod.« Und so war es wirklich. Alles Sterile konnte nicht den Geruch überdecken, der sich hier in all den Jahren eingenistet hatte. Der Tod der unheilbaren Krankheit. War es nun eine physische oder eine psychische. Es machte keinen Unterschied. Hier waren sie alle gleich. Sie alle standen mit einem Bein schon in der anderen Welt. Nur der letzte Ruck fehlte noch. Bei ihr nur noch ein Windhauch.

Als sie im Erdgeschoss ausstieg, sah sie noch gerade, wie Rens Körper die Treppen hoch hetzte, dann drehte sie sich um und ging geradewegs aus dem Krankenhaus hinaus. Sie hielt ihn nicht auf. Er würde schon merken, wenn sie nicht da war. Zu übersehen war es ja nicht wirklich.

Bei dem kleinen Teich mitten im Gelände des Krankenhauses blieb sie stehen und setzte sich auf eine Bank. Hier würde sie warten. Hier konnte er sie nicht übersehen. Und während sie wartete, konnte sie sich ein bisschen auf das Gespräch vorbereiten.
 

Als der Fahrstuhl nicht kommen wollte, wurde er immer ungeduldiger. Eine Art, die er gar nicht an sich kannte. Schließlich gab er seine Selbstbeherrschung auf und nahm die Treppen. Mit riesigen Sätzen sprang er sie hinauf und merkte nicht, wie sich die Türen des Fahrstuhles hinter ihm öffneten und Kyoko ihm einen Moment hinterher blickte, ehe sie sich wortlos umwandte und verschwand.

Oben angekommen, riss er eine weitere Tür auf, und stieß beinahe mit einer Krankenschwester zusammen, die auf einem großen Wagen Schalen mit Essen transportierte. Er nuschelte eine Entschuldigung, lächelte leicht, ignorierte den leichten Rotschimmer, der sich auf die Wangen der jungen Schwester legte und ging gemessenen Schrittes auf Kyokos Zimmertür zu. Dort klopfte er anstandsgemäß, als ihm jedoch niemand hereinbat, öffnete er mit einem Ruck die Tür. Und fand sich einem leeren Zimmer gegenüber. Die Decke war zurückgeschlagen, die Schranktür offen, die Schuhe verschwunden. Es war nur allzu deutlich, dass Kyoko fort war. Fluchend stürzte er wieder heraus. Wo sollte er suchen? Wo würde sie am ehesten hingehen? Er musste sich gestehen: Er hatte keine Ahnung. Er konnte sie nicht mehr einschätzen.

Er sprang wie ein gehetztes Tier die Treppen wieder hinunter und lief ins Freie. Und dort sah er ihre kleine Gestalt. Sie saß auf einer Bank und blickte ihm entgegen. Als wenn sie ihn erwarten würde. Sein Zorn war mit einem Mal vollkommen verraucht. Er machte einen Schritt, noch einen, dann blieb er wieder stehen. Die ganze Nacht hatte er überlegt, wie er es am Besten anstellen sollte. Er hatte feststellen müssen, dass es keinen indirekten Weg zu seinen Fragen gab. Und Kyoko schien es auch nicht auch nichts anderes zu glauben. Sie lächelte nicht, doch ihre Augen blickten wissend. War er so durchschaubar? Oder gehörte es zu ihrem Spiel? Zögerlich ging er ein paar Schritte weiter und blieb anschließend wieder stehen. Wie töricht er sich doch benahm. Hatte er etwa Angst vor den Antworten einer Halbwüchsigen? Sie war gewachsen, das stimmte. Nicht nur körperlich, auch geistig. Erheblich sogar. Doch zu ihrem Nachteil. Er wollte es ins Gegenteil umkehren. Er wusste nicht, was sie hatte durchmachen müssen, doch egal, was es war, sie musste es überwinden, nicht für ihn, nicht für die Schauspielkunst, sondern für sich selbst, um ihre Seele mit sich selbst in Einklang zu bringen. Um wieder sie selbst zu werden. Zu Kyoko. Die einzig wahre. Und nicht diese aufgesetzte Maske. Entschlossener überwand er die letzten paar Meter zu ihr und damit zu seinen Antworten.
 

Er zögerte. Sie wunderte sich. Er hatte noch nie gezögert. Wieso jetzt? War er unschlüssig? Sie sah die Fragen eindeutig in seinen Augen wiederspiegeln. Sie hatte sich nicht geirrt. Er wollte Antworten. Und zwar heute. Jetzt. Zu diesem Zeitpunkt. Vielleicht würde sie lügen müssen. Es kam auf seine Fragen an. Einige kannte sie, doch es würden auch ein paar dabei sein, die sie bestimmt überraschten. Und zu Antworten verleiten ließen, die sie nicht von sich geben wollte. Weil es Schwäche war. Weil es Gefühl war. Weil es Hoffnung war. Weil es nicht mehr zu ihr gehörte.

Ungeduldig wartete sie darauf, dass er etwas sagte. Dass er etwas tat. Immerhin, es trennte sie nur noch zwei Meter. Schließlich schien er sich doch noch dazu aufzuraffen, sich seinen Fragen und seinem Inneren zu stellen und schloss zu ihr auf. Fast schon erleichtert atmete sie aus. Wie er so vor ihr gestanden hatte, ratlos, fast schon verwirrt und irritiert, hatte sie zum ersten Mal richtige Angst vor ihm gehabt. Sie kannte seine Maske, wenn er zornig war, sie kannte sein falsches Lächeln, wenn sie etwas falsch gemacht hatte und sie kannte das Lächeln, dass seine Augen erstrahlen ließ, doch diese Emotionen hatte sie noch nie zuvor an ihm erblickt. Und sie erschreckten sie. In diesem Moment schien Ren sein überirdisches Wesen einen kurzen Augenblick abgelegt zu haben und war zu einem Mann aus Fleisch und Blut geworden. Jetzt war er wieder zu Ren Tsuruga geworden. Der Schauspieler. Sie wusste nicht, wie sie auf diesen abwegigen Gedanken kam, doch sie wünschte sich plötzlich, dass er noch einmal diesen Titel ablegte, um das zu sein, was sie benötigte: einen Menschen. Einen Freund. Insgeheim hatte sie sich über seine Zuwendung gefreut, freute sich gerade eben darüber, dass er neben ihr saß und ihr Gesellschaft leistete, der andere Teil, der größere, wollte nichts mit ihm zu tun haben und leugnete die Freude in ihrem Inneren vehement. Es verbannte sie in die Ecke der verbotenen Sachen. Doch etwas blieb immer zurück. Und dieses Etwas wusste ganz genau, dass es nicht Ren Tsuruga bedurfte, um sie zum Sprechen zu bewegen, sie bedurfte den Mann, der hinter diesem Namen stand. Erst wenn er das begriff, würde er mehr aus ihr herauskriegen können als sie wollte. Doch sie würde dieses Geheimnis hüten. An diesem einen Abend war er nur ein Mann gewesen. An diesem Abend hatte sie mehr zugegeben als ihm zustand zu erfahren. Es durfte sich nicht wiederholen, Sie musste ihn, irgendwie auch immer, entmutigen. Sie musste ihm zum Aufgeben bewegen. Möglicherweise ihn sogar dazu zwingen. Egal wie, sie hatte keine andere Wahl, wenn sie sich schützen wollte.

„Wieso bist du nicht auf deinem Zimmer?“, fragte er sie plötzlich, schaute sie aber nicht an. Seine Stimme klang reserviert, es war nur eine nebensächliche Frage, er erwartete keine Antwort darauf, er hatte nur irgendwie das Gespräch eröffnen wollen.

„Mir war es dort oben zu eng.“, meinte sie daraufhin nur leise. Abwartend schaute sie ihn an. Sie hatte nicht den ganzen Tag Zeit. Außerdem wurde es allmählich kalt hier draußen. Einen Moment schien Ren noch zu zögern, dann rückte er endlich raus mit der Sprache.

„Gestern...Wieso hast du mir nicht die ganze Wahrheit erzählt?“

„Also beschuldigst du mich nicht, dir Lügen berichtet zu haben?“

„Sollte ich?“

„Nein.“

Schweigen breitete sich aus. Ein Vogel trällerte sein Lied, Fische plätscherten munter in dem kleinen Teich, Besucher liefen den Weg entlang Richtung Eingang des Krankenhauses.

„Also?“ Mit einem Räuspern führte Ren das Gespräch fort.

„Hätte es etwas bezweckt?“, stellte sie wieder eine Gegenfrage. So schnell würde sie ihm keine Antworten geben. Die musste er sich erarbeiten.

„Ja.“

„Was hättest du dann von mir gedacht?“

„Das Gleiche wie am Tag zuvor.“

„Ach wirklich?“, fragte sie leicht höhnisch.

„Ja.“

„Und das wäre?“

„Dass du Hilfe benötigst. Und dass du einsam bist.“

„Einsam?“ Dieses Gespräch entwickelte sich in die falsche Richtung. Wohin sollte es denn nun schon wieder führen? Sie hatte gedacht, sie würden nur über die jüngst erlebten Ereignisse sprechen und dann wäre gut für eine Weile. Wie kamen sie nun schon wieder auf ein so abwegiges Thema? »Ich sollte wohl besser aufhören, die Fragen zu stellen und lieber auf seine antworten...«

„Ja. Du bist einsam. Schon die ganze Zeit. Kein Wunder, wenn man so abgeschieden lebt wie du.“ Es sollte sich wohl anhören wie ein Scherz, doch seine Stimme war ernst und Kyoko war nicht zum Lachen zumute.

„Es hat seinen Grund.“, flüsterte sie nur leise, „Alles hat seinen Grund.“

„Dann nenn ihn mir.“, meinte er schon beinahe verzweifelt und blickte sie zum ersten Mal seit dem Anfang des Gespräches direkt an.

„Das kann ich nicht.“, immer noch flüsterte sie. Sie hatte den Blick auf ihre ineinander verknoteten Finger gewendet und traute sich nicht, ihm in die Augen zu blicken, da sie Angst hatte, er könnte ihren Widerstand mit einem einzigen seiner Blicke brechen.

„Wieso?“

Sie schüttelte heftig den Kopf. „Du würdest es nicht verstehen. Noch nicht. Bitte begreif doch. Es geht nicht.“

Er schüttelte seinerseits den Kopf. „Wie soll ich dir helfen, wenn ich noch nicht einmal den Grund deiner Angst und Traurigkeit kenne?“

„Traurigkeit?“ Sie wurde beinahe hysterisch. Traurigkeit? Was für eine Traurigkeit? Es war viel schlimmer als das. „Das nennst du Traurigkeit? Du kennst mich wirklich noch weniger als ich dachte.“

Ren hatte das eigenartige Gefühl, einen riesigen, dummen Fehler begangen zu haben. Wäre er doch lieber nicht weiter auf dieses Thema eingegangen. Jetzt war es zu spät. „Vielleicht kennst du dich ja weniger als du dachtest.“, meinte er nur mit fester Stimme.

„Ich weiß sehr wohl, wer ich bin.“, wies sie ihn scharf zurecht. Wie konnte er nur so etwas von ihr behaupten?

„Dann sag es mir.“

Wortlos starrte sie ihn an. Er starrte zurück. Und wartete. Er wusste, dass er gewonnen hatte. Sie sah es in seinen Augen. Keinen Triumph, aber das Wissen darum. Sie verkniff es sich, mit den Zähnen zu knirschen und stand stattdessen auf. Sie lief zu den Ufern des Teiches und ließ sich dort anschließend wieder auf dem nassen Gras nieder. Die Kälte drang fast sofort durch ihren Mantel, sie störte es nicht. Sie musste ihre Gedanken erst einmal wieder sortieren.
 

Ren ließ ihr die Zeit, die sie benötigte. Er spürte, dass er zuvor nichts weiteres mehr aus ihr herauskriegen würde. Sie sprach, wenn sie es wollte, er hatte nicht die Macht dazu, ihr etwas befehlen zu können, er konnte nur fragen. Und auf eine Antwort hoffen. Er wusste, dass er nicht ganz so hilflos war wie er schien. Schon oft hatte er sie mit einfachen Wörtern ködern können. In letzter Zeit war es schwieriger geworden, doch er sah Kyoko an, dass sie mehr erzählen wollte, doch irgendetwas hielt sie stets davon ab. Heute wollte er erfahren, wie weit er sich tatsächlich vorwagen konnte, ehe Kyoko ihn rigoros von sich wies. Zurzeit stand sie reglos am Ufer des kleinen Teiches und starrte gedankenverloren in seine dunklen Tiefen. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und schickte ihre sanften Strahlen über das sich leicht kräuselnde Wasser. Alles schien still auszuharren und zu lauschen. Die Menschen, die zu dieser frühen Stunde schon wach waren, bemerkten es nicht. Munter liefen sie an den beiden Schauspielern vorbei, würdigten sie keines Blickes und Ren war dankbar dafür. Jetzt benötigte er keine wildgewordene Horde Fans, die auf ihn einstürmten und ihn anfassen wollten, was er benötigte, war genug Selbstbewusstsein und Mut, um vor Kyoko bestehen zu können. Zeigte er einen Moment lang Schwäche, würde Kyoko ihm nicht mehr genug trauen, um ihm mehr zu erzählen. Er musste stark sein. Für sie beide. Denn Kyoko hatte ihre Stärke anscheinend verloren. Oder in die hinterste Ecke ihrer Seele verbannt. Irgendwie musste er sie erreichen und wiederbeleben. Sie musste wieder leben. Und um diesen Willen wieder zu erreichen, benötigte sie Kraft. Kraft, die sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht besaß, die sie tief vergraben hatte, die er jedoch wieder zum Vorschein zwingen würde. Mit der Zeit würde sich herausstellen, wie er das angehen sollte.

Abrupt unterbrach er seinen Gedankengang. Er hatte ihr genügend Zeit gelassen, um sich zu sammeln. Er wollte nicht, dass das Gespräch bei der Ankunft zu vieler Menschenmassen erstarb. Das musste er unbedingt verhindern. Also war der Moment gekommen, den nächsten Schritt zu wagen.

Er holte tief Luft und bewegte sich gemächlich auf Kyoko zu. Sie bemerkte ihn nicht. Erst als er schon beinahe ihre Schulter berührte und neben ihr inne hielt, zuckte sie erschrocken zusammen und wendete ihm für einen kurzen Augenblick ihr Gesicht zu. Rasch stierte sie jedoch wieder auf den Teich, als wich sie seinem bohrenden Blick aus. Er machte sich keine weiteren Gedanken mehr über dieses Verhalten. Mittlerweile war er es von ihr gewöhnt. Er musste sich jetzt auf etwas anderes konzentrieren. Auf wichtigeres. Auf die Körpersprache, die ihm deutlich sagen würde, was er von ihren Antworten halten sollte.

„Es ist Zeit, darüber zu sprechen, was vorgefallen ist.“, sagte er mit leiser, ernster Stimme. Sie zuckte abermals zusammen. Dann nickte sie zaghaft. Das Katz-und-Maus-Spiel konnte beginnen.

„Wieso hast du mir nicht die ganze Wahrheit gesagt?“ Er sah ihr förmlich an, dass sie sich wieder in eine Gegenfrage flüchten wollte, doch unterdrückte sie diesen Reiz und antwortete dieses Mal mit einem ordentlichen Satz. Zumindest war es ein Anfang.

„Weil es keinen Zweck hat.“

„Warum?“, forderte er sie zum Weitersprechen auf, doch sie schwieg. Er wollte seine Frage gerade wiederholen, als sie fortfuhr.

„Du würdest es mir nicht glauben. Es ist einfach zu absurd.“

„Du hast es noch nicht versucht.“ Wie im Gespräch zuvor hatte sie alle Höflichkeitsfloskeln fallen lassen und sprach ihn vertraulich an. Sein Herz raste. War das der Beginn des Vertrauensaufbaus? Er wusste es nicht.

„Ich will es nicht versuchen.“, kam es unwillig über ihre Lippen und er bemerkte, wie heftig sie sich dagegen sträubte, jemandem zu vertrauen, ihm zu vertrauen. Es schmerzte. Doch er ließ sich nichts anmerken.

„Doch. Das möchtest du.“, entgegnete er sanft, „Tief im Inneren. Das sehe ich dir an.“

Sie explodierte. Mit wutverzerrtem Gesicht wendete sie sich ihm zu. Er freute sich über diese Gefühlsregung. Ihr schien es nicht bewusst zu sein. „Was weißt du schon von meinem Inneren? Du hast keine Ahnung, wie es ist, stets im Dunkeln leben zu müssen, ständig die Angst zu verspüren, die dir die Brust zuschnürt und dich zu Dingen zwingt, die du nicht möchtest, dich Sachen sehen lässt, die du nicht mehr ertragen kannst.“ Sie verstummte abrupt. Sie hatte zu viel gesagt.

„Nein.“, meinte Ren leise. „Das kann ich wohl nicht nachempfinden. Es gab eine Zeit, da war ich der Verzweiflung nahe, doch ich konnte mich noch rechtzeitig retten.“

Sie unterbrach ihn mit einer herrischen Geste. „Und das gibt dir das Recht, sich in fremde Angelegenheiten einzumischen und zu denken, du könntest ihnen mit ein paar netten Worten und Blicken helfen?“

„Für dich ist es auch noch nicht zu spät, Kyoko-chan.“, sprach er eindringlich. Er musste sie auf andere Gedanken bringen. „Du siehst es bloß nicht mehr. Du bist blind gegenüber der Hilfe und der Hoffnung geworden. Schau dich doch einmal um, Kyoko. Hier sind überall Menschen, die dir gerne helfen würden. Lass dich nicht so gehen.“

„Die Hilfe kommt zu spät.“, flüsterte sie kaum hörbar. Der Wind trug ihre Stimme weit fort. „Zu spät.“

Ren schauderte. Eine düstere Aura hatte sich um Kyoko aufgebaut. Doch nicht die, die er kannte, wenn sie wütend und erregt war, nein, ihre Aura hatte etwas kaltes, abweisendes angenommen. Er mochte sie nicht und doch musste er sie bezwingen, um an die wahre Kyoko zu gelangen. Es war ein schwieriges Unterfangen. „Es ist niemals zu spät, so lange du noch am Leben bist. Und bist du das nicht?“

„Ich bin schon vor langer Zeit gestorben.“, meinte sie nur tonlos und drehte sich von ihm weg.

Ren schüttelte den Kopf. „Nein. Das kann ich nicht glauben. Da steckt noch etwas von der Kyoko in dir, die ich einmal kennen gelernt habe. Da bin ich mir sicher.“

„Dann kannst du dir ebenso sicher sein, dass deine sinnlosen Hoffnungen enttäuscht werden.“

„Das werden wir ja noch sehen.“, meinte er lächelnd und wechselte abrupt das Thema. Es war zur Genüge darüber gesprochen worden. Jetzt musste sie sich endlich der einen Nacht stellen. Heute würde er sie nicht wieder so einfach davonkommen lassen. Der Arzt hatte ihm Dinge erzählt, die ihm keine Ruhe ließen. Er brauchte Antworten. Sofort. „In der Nacht, als ich bei dir schlief...“ Er unterbrach sich selbst und sah hilfesuchend zu ihren Augen, die ihm nun wieder ihre Aufmerksamkeit schenkten. Sie schien zu verstehen, doch sie sagte nichts und wartete, bis er seinen Satz beendete. „Was genau ist passiert, Kyoko-chan? Sag es mir. Alles.“

„Kann man sich das nicht denken?“, fragte sie mit heiserer Stimme. Er sah sie unverwandt an. Sie stieß einen Seufzer aus. Auch wenn sie ihm nichts schuldig war, die Worte schienen nur so aus ihrem Inneren strömen zu wollen. Nur ihr Mund und ihr Verstand verboten es ihnen noch, zu entfliehen. Aber schließlich gab sie dem Drängen in ihrem Inneren nach. Sie holte noch einmal tief Luft und begann mit zittriger Stimme zu erzählen. Und unterschrieb gleichzeitig ihr eigenes Urteil. Nicht das des Todes, nein, sie verdammte sich an die Seite Ren Tsurugas, der sie nun sicherlich nicht mehr alleine lassen würde.

„Nachdem ich ins Haus gegangen bin...“

„Gestürmt ist wohl der bessere Ausdruck.“, unterbrach Ren sie leichthin und erhielt daraufhin von ihr nur einen bösen Blick.

„Unterbrich mich nicht, wenn du es erfahren möchtest.“ Sofort verstummte er. „Ich bin in mein Zimmer gegangen. Dort habe ich den Brief geschrieben, den du kurze Zeit danach gefunden hast. Er war nicht für diesen Zeitpunkt bestimmt. Und vor allem nicht für dich. Doch das ist jetzt egal.“ Mit tonloser Stimme erzählte sie die Ereignisse dieser Nacht. Ren hörte aufmerksam zu, unterbrach sie kein weiteres Mal. „Die heißen Dämpfe verbargen alles. Ich konnte nichts sehen, nichts hören, ich spürte es nur.“ Sie schauderte kurz, fasste sich jedoch schnell wieder. „Ein kalter Luftzug, mehr diente nicht als Vorwarnung. Dann spürte ich auch schon einen leichten Schlag auf den Hinterkopf. Er war nicht hart, nur hart genug, mich außer Gefecht zu setzen. Ich weiß nicht, ob ich mich gewehrt hätte, hätte ich es gekonnt. So lange hatte ich auf diesen Moment gewartet.“, flüsterte sie leise. „Und als er kam, war ich nur noch überrascht, verwirrt und in Panik. Die Panik stellte sich leicht wieder ab. An ihre Stelle trat Freude, Freude darüber, dass es endlich vorbei sein würde. Die ganzen Qualen, die letzten Monate und Jahre, endlich würde es enden. Ich weiß nicht, ob es Absicht war, dass ich wie durch einen Schleier noch alles um mich herum bemerkte, alles spüren konnte, was mit mir geschah. Ich schätze mal, der Fremde drang durch das Fenster ein. Er schnitt mir die Pulsadern durch, nein, er zwang mich, es für ihn zu tun. Sie sehen überrascht aus, Tsuruga-san.“, meinte Kyoko lächelnd zu ihrem Nachbarn. „Der Arzt hat ihnen etwas anderes erzählt, wie? Ich sei bewusstlos gewesen. Ich war auch am Rande einer Ohnmacht. Der Schlag war nicht ganz so sanft gewesen wie ich es geschildert habe. Ich spürte das Blut meinen Nacken herunterströmen, konnte aber nichts tun, um es aufzuhalten. Es war ein gut gesetzter Schlag. Ich war unfähig mich zu bewegen und sank gegen den Badewannenrand. Die Blutspuren darauf hätten hinterher so ausgesehen, als sei ich darauf gefallen, nachdem ich mir die Pulsadern aufgeschnitten hatte. Er hat es wirklich geschickt angestellt.“ Nachdenklich zwirbelte sie eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern. „Dafür verdient er wohl schon meine Hochachtung, nicht?“, sagte sie leicht schmunzelnd, erwartete allerdings keine Antwort. Unbeirrt fuhr sie fort. „Er drückte mir das Messer in die Hand und führte mich. So hinterließ er keine Fingerabdrücke, die leichten Fußabdrücke auf dem Boden ließen sich schnell wegwischen und der letzte Rest Beweismaterial wurde vom Dampf vernichtet. Er verschwand auf dem gleichen Weg wie er hereingekommen war: durchs Fenster. Das Messer nahm er mit sich. Er sagte mir noch, dass es der einzige Beweis seiner Anwesenheit bleiben sollte. Es war kein Fehler seinerseits. Dieser Mann wurde zum Töten ausgebildet. Er macht keine Fehler.“ Sie schüttelte heftig mit dem Kopf. „Wer weiß schon, ob er nicht in der Nähe lauert und uns belauscht?“ Ren schreckte aus seinen Gedanken hoch und blickte instinktiv um sich. Kyoko lachte leise. „Auch wenn er da wäre, wir könnten ihn niemals sehen. Er könnte ein Schatten sein, er könnte ein Patient sein oder ein harmlos aussehender Besucher, woher sollte man schon wissen, wie die Menschen in ihrem Inneren wirklich sind?“ Abrupt wechselte sie wieder zu ihrem früheren Thema und beantwortete Rens unausgesprochene Frage. „Er wollte mich nicht umbringen. Es ist sein Job, so einfach ist das. Er tötet für Geld. Ob ich es jetzt gewesen wäre, Sie oder irgendjemand anderes macht keinen Unterschied, solange die Summe stimmt.“ Sie lachte freudlos. „Ich sollte sterben an diesem Abend. Es sollte langsam und qualvoll vonstatten gehen. Wären Sie nicht erschienen, hätte er sein Werk vollendet. Ich weiß nicht, ob ich mich über Ihr Eingreifen glücklich schätzen soll. Er wird nicht wiederkommen, aber es gibt genügend andere, die seinen Platz einnehmen können und werden.“ Sie verstummte und drehte sich Ren zu. „Haben Sie jetzt alles, was Sie wollten?“, fragte sie mit bebender Stimme. Auch wenn es nicht den Anschein hatte, dieser Monolog von ihr hatte ihr mehr abgefordert als bloß ein paar Worte.

„Wer will dich tot sehen?“, fragte er mit recht ruhiger Stimme. Hatte ihm ihr Geständnis so wenig ausgemacht? Er war ein hervorragender Schauspieler. Wenn er nicht wollte, dass man jegliches Gefühl an seinen Gesten erkannte, dann schaffte es auch niemand.

„Woher soll ich das wissen?“, fragte sie leicht zynisch. „Es gibt wohl genügend Leute, die eifersüchtig auf unsere Beziehung waren.“

Er hob fragend eine Augenbraue hoch.

„Sagen Sie mir jetzt bloß nicht, dass Sie es nicht bemerkt haben. Die Blicke, wenn wir zusammen auf der Straße gesehen wurden. Es war doch offensichtlich. Und einigen gefiel es nicht. Sie dachten, ich würde Sie der Menge ausspannen.“ Sie lachte leise, als würde sie es amüsieren.

Er nickte stumm. Sicherlich hatte er es bemerkt. Wie hätte er es auch ignorieren können? Er hätte allerdings nie erwartet, dass seine Fans so weit gehen würde. Da steckte mehr dahinter. Und er war sich sicher, dass Kyoko mehr darüber wusste als sie zugeben wollte. Aber mit der Zeit würde sich herausstellen, was es war, wovor Kyoko solche Angst hatte, dass sie lebte wie ein Einsiedler und der letzte Mensch auf Erden. Für heute hatten sie einen guten Start hingelegt. Weiteres würde folgen. Er musste ihr nur Zeit geben. Zeit, die sie nicht besaßen. Ihr Mörder würde so lange aushalten, bis er sein Werk vollendet hatte. Und wenn er nicht aufpasste, dann würde dieser Augenblick schneller kommen als ihm lieb war.

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und? *angst und bange sei* es is schrecklich langweilig gewesen, wie? -.- na ja...freu mich auf kommis ^^ un schön ehrlich sein :)))
 

lg

black_wolf

Darkness of my heart

Hmm...Ja...so viel zu dem "ich will nur einma einen englischen titel verwenden" xDD na egal ^^ ich schätz ma, das wird jetz niemanden stören *gg* aba ich fand das wort darkness so schön, also musst ich das halt ma verwenden...wie der titel scho sagt, wird das chap en bissl düsterer wieder...na ja...ich hoff ma, ich krieg i-wann ma die kurve un schaff es, über sie positiver zu schreiben *lach* dann will ich euch jetz ma net weiterhin belästigen xDD

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„Und?“

Verwirrt schaute Ren Kyoko an. Ungeduldig fragte sie: „Was gedenken Sie nun zu tun, nachdem Sie die Wahrheit erfahren haben?“

„Dich nicht mehr aus den Augen zu lassen.“, antwortete er prompt und unüberlegt. Kyoko seufzte nur. Hatte sie es sich doch gedacht.

„Wie wollen Sie es denn anstellen, in meiner Nähe zu bleiben, wenn ich Ihre Nähe nicht dulde?“

Ren störte es erheblich, dass sie ihn wieder so unpersönlich ansprach. Sie wechselte so oft zwischen den verschiedenen Formen, dass er nie wusste, was jetzt die angebrachteste Reaktion auf ihre Fragen war. „Sprich mich doch bitte mit Du an. Schließlich kennen wir uns dafür doch lang genug, nicht wahr?“ Er brachte ein halbes Lächeln zustande.

„Das ist keine Antwort auf meine Frage.“, meinte Kyoko daraufhin nur und ließ ihn nicht aus den Augen.

Er seufzte. „Du machst es einem auch nicht unbedingt leicht, dir eine Antwort zu geben.“

„Weil ich Sie in diesem Moment nicht mit Du ansprechen möchte?“ Fragend zog sie eine Augenbraue hoch. Das war doch lächerlich.

„Unter anderem.“, sagte Ren nur kurz angebunden.

„Unter anderem? Was sind denn die anderen Gründe?“

Ren konnte förmlich spüren, wie es in ihrem Inneren wieder anfing zu brodeln und stöhnte leise auf. Wieso musste er auch immer das Falsche zum falschen Zeitpunkt sagen? Bei anderen Menschen hatte er dieses Problem nie. Nur bei ihr. Er wich einen Schritt zurück und sagte spontan das, was ihm gerade in den Sinn kam. Das Falsche, wie sich herausstellen sollte. „Einer der anderen Gründe wird wohl sein, dass du so verschlossen geworden bist.“ Ihre Wut spiegelte sich jetzt deutlich in ihren Augen wider. Er schluckte schwer und wich noch einen kleinen Schritt zurück.

„Sie sollten nicht zu laut mit solchen Tönen um sich spucken, Tsuruga-san. Es könnte die Möglichkeit bestehen, dass ich ihre Meinung ernst nehme.“

„Oh, ich glaube, das hast du schon unbewusst getan, Kyoko-chan.“, meinte er mit süßlicher Stimme. Innerlich verfluchte er sich. Hatte sich sein Gehirn ausgeschaltet? Die Antwort war eindeutig ja. Aber die Angewohnheit, Kyoko so oft wie nur möglich zu provozieren, konnte er nicht so einfach ablegen. Ein schwaches Argument.

„Ach ja?“, fragte sie mit bebender Stimme und eindeutigem Zorn, „Dann dürfte es Sie ja auch nicht weiter interessieren, wenn mich jemand umzubringen gedenkt, nicht wahr? Es ist schließlich meine Sache und nicht die Ihre. Also halten Sie sich gefälligst aus meinem Leben heraus. Ich hoffe, das war Ihnen offen genug, Gentleman.“, rief sie zynisch, drehte sich um und eilte davon. Ren sah ihr nur nachdenklich hinterher. Er hatte sich schon ausgemalt, dass sie so heftig reagieren würde. Jetzt war sie wieder sauer auf ihn. Und er allein trug die Schuld daran. Ob sie ihm noch einmal verzeihen würde? Er seufzte laut und beachtete die Blicke nicht, die auf ihn fielen, als er so reglos vor dem Teich stand und offensichtlich auf ein Wunder wartete. Es würde nicht leicht werden. Das hatte er noch nie angenommen. Zumindest nicht seit dem Augenblick, seitdem er Kyoko das erste Mal seit Monaten wieder gesehen hatte. Und der Weg, den die ganze Sache einzuschlagen begann, war gewiss der Falsche. Wenn er sich nicht von seinen Gewohnheiten verabschiedete, dann war es auch um Kyoko geschehen, so viel stand schon einmal fest. Aber das war leichter gesagt als getan. So lange hatte er sich nicht mehr umzustellen gebraucht, das hatten immer die anderen getan, um ihm zu gefallen. Doch er hatte wohl keine andere Wahl.
 

Wutentbrannt ging Kyoko zurück ins Krankenhaus und direkt zur Rezeption. Die Empfangsdame sah sie abwartend und mit einem freundlichen Lächeln im Gesicht an. Wie sie diese gestellte Freundlichkeit doch hasste.

„Ich checke aus.“ Die Frau wirkte verwirrt.

„Entschuldigen Sie, aber ich glaube, das müssen Sie mit Ihrem zuständigen Arzt ausmachen.“

„Dann können Sie ihm ja von mir ausrichten, dass es mir wieder besser geht und ich nach Hause gegangen bin.“

„Das kann ich nicht verantworten. Wenn der Arzt nicht sein Zugeständnis gibt, dann können die Patienten auch nicht einfach auschecken.“

Kyoko seufzte. Das wurde in diesen Tagen ja schon fast zur Gewohnheit. „Hören Sie, mir ist egal, ob sie etwas dagegen haben oder nicht. Fakt ist, ich werde jetzt gehen. Leiten Sie das weiter oder vergessen Sie diese Information wieder, falls sie ihren Job gefährden sollte. Auf wiedersehen.“ Bevor die Empfangsdame noch etwas erwidern konnte, war Kyoko verschwunden. Kopfschüttelnd wendete sie sich wieder der Arbeit zu. Wenn jemand nach dieser Person fragen sollte: Sie hatte sie nicht gesehen.

Direkt, nachdem sie die Eingangstür des Krankenhauses passiert hatte, blieb sie stehen. Zögernd warf die einen Blick in Richtung Teich. Ren stand dort immer noch. Mit sich selbst hadernd, ging sie einen Schritt auf ihn zu, blieb dann stehen, drehte sich und ging wieder einen Schritt weg. Als ihr ihr peinliches Verhalten auffiel, fasste sie einen Entschluss. Ein Taxi war ihr zu teuer, auch wenn sie das Geld für eines besaß. Aber trotzdem: Man musste es ja nicht verschwenden. Zum Laufen war es einfach zu weit. Sie hätte nicht gezaudert, wäre ihr Zuhause nicht fast drei Marschstunden entfernt. Aber Ren hatte ein Auto. Und sie war sich sicher, dass er sie zurückbringen würde. Ohne irgendwelche Frage zu stellen, ob sie das Krankenhaus überhaupt verlassen durfte.

Schnell stand sie wieder vor ihm und schaute ihn schweigend von unten herab an. Auch Ren schwieg. Wusste er nur nichts zu sagen oder schmollte er? Konnte das ein Ren Tsuruga überhaupt?

„Was willst du noch?“ Oh ja, er war sauer. Das war nicht zu überhören. Sie zögerte noch einen Moment, gab sich dann jedoch einen Ruck.

„Es tut mir Leid, dass ich vorhin so aggressiv reagiert habe.“

Ren musterte sie kurz. „Das war doch noch nicht alles.“

Betreten schaute sie weg. „Ich will nach Hause, weiß aber nicht wie. Könnten Sie mich vielleicht fahren?“

„Wieso sollte ich das tun?“

„Weil Sie sich zu meinem Retter aufgeschwungen haben, haben Sie das vergessen?“, fragte Kyoko mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Auch wenn sie oft genervt wirkte, so war sie doch irgendwie ein bisschen froh über Rens Beharrlichkeit, ihr helfen zu wollen.

Kurz blitzte etwas in Rens Augen auf. Kyoko konnte nicht benennen, was. Dafür war es zu schnell wieder verschwunden.
 

Ren ging einfach los. Als Kyoko ratlos stehen blieb und ihm hinterher blickte, drehte er sich noch einmal um. „Kommst du?“, fragte er warm lächelnd. Kyoko nickte erleichtert und rannte ihm nach. Kurze Zeit später saßen sie auch schon im Auto. Erinnerungen stiegen wieder in Ren hoch. Prüfend schaute er Kyoko aus den Augenwinkeln her an. Vollkommen ruhig und gelassen saß sie in dem Sitz neben ihm. War sie jemals hier drin ausgeflippt? Es schien nicht so. Doch der Schein konnte trügen. Auf jeden Fall war es am besten, er behielt sie im Blick, um einer weiteren Szene vorzubeugen. Zurzeit war aber alles noch ruhig. Ruhig lehnte er sich in seinen Sitz zurück und genoss zum ersten Mal seit langer Zeit die zwischen ihnen stehende Ruhe. Er hatte kein Bedürfnis mit ihr zu reden. So konnten keine Missverständnisse entstehen, so konnte er nicht unüberlegte Sachen sagen und Kyoko zur Weißglut treiben. Im Moment war das Schweigen die beste Lösung für ihren kleinen vorhergehenden Disput. Jeder konnte seinen Gedanken nachhängen und musste nicht auf den anderen achten.

Während Ren den Wagen durch den kleinen Ort lenkte, schaute Kyoko gedankenverloren aus dem Fenster auf ihrer Seite. Sie fuhren an der psychiatrischen Klinik vorbei, weiter an den Geschäften und den Wohnhäusern, doch das alles interessierte Kyoko nicht. Diese Dinge gehörten schon längst zu einem Teil ihrer Erinnerung, die sie sich nicht noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen musste. Auch wenn sie nicht sehr oft hier war, so kannte sie doch fast jeden Flecken und fand mühelos von einer Ecke des Ortes zur anderen. Sie hatte es schmerzlich erlernen müssen. Egal, wo man sich befand, man musste seinen Standpunkt kennen, ihn beschreiben und den Rückweg finden können. Wenn nicht war man verloren. Gefangen in einer Umgebung, die überall gleich aussah, die einem nichts sagte und von der man nicht profitieren konnte. Jeder Schritt konnte eine Falle bedeuten, in die Zukunft führen oder einen zurückleiten in die Vergangenheit. Sie hatte einen Einfluss darauf, in welche Richtung ihr Weg ging. Ihn zu erkennen und die richtigen Entscheidungen zu treffen, das war eine andere Frage. In einem Augenblick hatte sie mehr Wege offen, die sie zu erkennen vermochte und es gab nur einen unter ihnen, der nach vorne führte. Vor langer Zeit hatte sie ihn gekannt, war ihm stets gefolgt, bis er ihr abhanden gekommen war und von Schatten erfüllt wurde. Seitdem blieb er verschwunden, eine leise Erinnerung in ihrem Gedächtnis an andere Zeiten, die ihr die schönste Zukunft vorschwärmte, die man sich vorstellen konnte. Diese Zukunftsträume waren geplatzt. Auf brutale Art und Weise, die sie nicht vergessen konnte und die ihr ständig vor Augen geführt wurde. Die winzigsten Gesten, die kleinsten Anzeichen von Veränderungen in einer Geste, alles führte sie zu dem Anfang zurück. Zu dem Punkt, als sich ihr Leben drastisch änderte und sie damit leben musste. Es gab keinen Weg zurück, keinen nach vorne, aber wo stand sie dann? Sie drehte sich auf einem Fleck, unfähig sich zu bewegen, unfähig klar zu denken und unfähig sich aus ihrem Käfig zu befreien. Sie konnte nicht sagen, wo sie im Leben stand. Vielleicht war sie mit einem Teil ihrer Seele in der Gegenwart, doch der Rest befand sich eindeutig da, wo er nicht mehr hingehörte: in der Vergangenheit. Aber nicht in jenem Teil, der sie hätte glücklich werden lassen können, nein, es war der Part, der Grauen und Schrecken in ihr verbreitete. Und aus diesem konnte sie sich nicht mehr befreien. Wie ein Schatten verfolgte er sie, holte sie immer wieder ein, um sie auf ein Neues zu verschlingen und in die Abgründe menschlicher Seelen zu zerren. Wie ein Untier fraß es von ihrem Leiden, und vermehrte sie gleichzeitig. Es ließ sie nicht mehr los, nie wieder würde sie frei sein können, da war sie sich sicher.

Das Auto hielt an. Erschrocken tauchte Kyoko wieder aus ihren Gedanken hervor. Die Fahrt war ihr gar nicht so lange vorgekommen. Schnell öffnete sie die Beifahrertür und stieg aus. Tief atmete sie die frische Luft ein, die ihr kleines Häuschen stets umgab. Sie konnte sich immer noch nicht richtig an den stickigen Geruch im Auto gewöhnen. Nicht mehr, seitdem...Sie unterbrach sich selbst, indem sie Ren musterte, der gerade aus dem Auto stieg. Er schien sich kein bisschen verändert zu haben. Die Welt war im Wandel, jeder in ihrer Umgebung hatte sich verändert, nur er nicht. Welch eine Ironie des Schicksals. Wieso hatte er nur immer so viel Glück? Er konnte alles haben, was er wollte. Nicht nur die materiellen Dinge dieser Welt, er schien auch die vollkommene Kontrolle über seine Gefühle zu haben. Und die anderer. Es war wie ein Fluch, der über sie hereingebrochen war. Ren Tsuruga. Ihr Fluch. Und sie konnte nichts dagegen tun, dass sie ihn immer noch ebenso sympathisch und anziehend fand wie all die Monate vor dem einen Schicksalstag. Aber das wichtigste in ihr war zerbrochen worden. Vertrauen. Konnte sie diesem Mann vertrauen, der für sie fremd und vertraut zugleich war? Sie schien alles an ihm zu kennen, seine möglichen Antworten auf ihre Provokationen, sein Gentleman-Lächeln und sein wahres Lächeln, jede Geste, die er zur Unterstreichung seiner Worte gebrauchte. Alles schien so einfach zu sein, und doch zu kompliziert, um das ganze Ausmaß ihrer Gefühle erfassen zu können. Und alles hatte mit diesem Vertrauensbruch begonnen. Früher hätte sie es ihm noch gestehen können. Während den Dreharbeiten von „Dark Moon“ hatten sie sich so gut verstanden, waren sich immer näher gekommen. Sie konnte nicht genau sagen, ob sie einmal in ihn verliebt gewesen war. War es wirklich diese aufrichtige Art von Liebe gewesen, die sie verspürt hatte? Oder nur eine Illusion, ein Wunschdenken ihrerseits? Es war so anders gewesen als bei Shotaro. Allerdings hatte sie ihn nur bewundert, oder? Sie konnte es nicht genau sagen. Ihre Gefühle waren über die Bewunderung hinausgegangen, aber war es dann schon Liebe gewesen? Eigentlich nicht. Und bei Ren? Wie war es bei ihm gewesen? In seiner Nähe hatte sie Herzklopfen gekriegt und sie hatte stets gewollt, dass er sie anlächelte, es machte ihn einfach um einiges sanfter und freundlicher. Sie hatte jede Seite an ihm zu schätzen gelernt, aber auch lieben? Vor einigen Monaten hätte sie sich das noch selbst zugestanden, dass sie verliebt war. Doch jetzt? Wie stand es jetzt mit ihren Gefühlen? Konnte sie noch von sich behaupten, überhaupt so etwas zu fühlen? War es nicht eher das Verlangen nach diesen Gefühlen? Oder kamen sie aus ihrem Innersten und wollten gelebt werden?

Abrupt schüttelte sie den Kopf. Das waren Gedanken, die sich nicht zu denken lohnten. Sie kam sowieso zu keinem Schluss. Ren räusperte sich unauffällig. Schnell bedankte sich Kyoko bei ihm.

„Keine Ursache. Ich werde in dem nächsten Dorf ein Hotelzimmer nehmen. Wenn dir irgendetwas passiert, wirst du mich anrufen, verstanden?“

Automatisch schüttelte Kyoko den Kopf. „Nein. Ich brauche deine Hilfe nicht.“ Ren kam einen Schritt auf sie zu, sie blieb wie angewurzelt stehen. „Findest du nicht, das schuldest du mir für all die Mühe, die ich mir mit dir mache?“

„Das war deine Entscheidung. Ich habe nicht darum gebeten.“, meinte sie kühl und trat einen Schritt zurück. Zu viel Nähe bereitete ihr Unbehagen.

„So?“ Er musterte sie eingehend. Sie zuckte unter diesem Blick zusammen. Sie wusste genau, auf welche Situation er anspielte. Die Nacht im Garten. Aber das war etwas Besonderes gewesen, dass sich kein zweites Mal wiederholen würde. Da sie nicht wusste, was sie darauf erwidern sollte, schwieg sie.

„Versprich mir, dass du mich anrufst.“, verlangte er plötzlich. Stirnrunzelnd blickte Kyoko ihn wieder an. Versprechen? Das war nicht gut. Ganz und gar nicht. „Sieh mich an und sag es.“, forderte er. Sie reagierte nicht. Sah sich lieber den Boden zu ihren Füßen an. Eine Hand zwang sie schließlich sanft dazu, doch ihren Blick zu heben. Wie gebannt starrte sie in seine Augen. Sie hatten sich ebenfalls nicht verändert. Noch immer so geheimnisvoll und ernst wie eh und je. Wie konnte sie diesen Augen nicht vertrauen, da sie doch eine solch starke Ruhe und Gelassenheit ausstrahlten? Sie versprachen ihr, dass alles in Ordnung kommen würde, wenn sie sich nur endlich auf ihn verlassen würde. Und war es nicht das, was sie im Innersten wollte? Eine Person, die sie beschützte vor all dem Übel in dieser Welt? Vor ihr selbst? Ihre Ängste hinwegfegte wie ein stürmischer Wind und ihre Zweifel zerstreute? Ihr Wohlbehagen und ein Gefühl der Sicherheit bescherte? Sie lehrte, wie es war, glücklich im Leben zu sein. Und diese Person, stand sie jetzt nicht vor ihr? Sie musste sich nur dazu hinreißen lassen wie in dieser einen Nacht. Und sich daran halten. Dann würde er es für sie regeln. Dann würde wieder alles in Ordnung kommen. Und sie endlich ihren Frieden finden.

Langsam nickte Kyoko und sprach mit belegter Stimme ihr Versprechen. Sie hörte noch ein erleichtertes Aufatmen von Ren, dann wurde sie auch schon an den Armen an ihn gedrückt. Zuerst verspannte sie sich merklich, aber mit der Zeit löste sich diese Verspannung und sie lehnte sich leicht an ihn. »Eine Person, die mir Halt gibt...Das ist es, was ich will...«Hatte sie sie endlich gefunden? Früher war er ihr Halt gewesen. Konnte er es ein weiteres Mal sein? Sie hatte ihn nicht verloren, wie sie gedacht hatte. Sie hatte nur die Erinnerung verweigert. Den Gedanken an eine bessere Zukunft. Den sie früher stets gehegt und gepflegt hatte. Eine gemeinsame Zukunft. Und als er dann nicht für sie da gewesen war, war es, als wenn ein großes Kartenhäuschen zusammenklappt. Alles hatte sich im Sturz befunden, und niemand, der sie auffing mit ihren Hoffnungen und Träumen. Diese Person, die sie ihr damals alle eingepflanzt hatte, diese abwegigen Träume von einer gemeinsamen und glücklichen Zeit, konnte sie darauf vertrauen, dass er sie wieder in ihr weckte? Oder war es zu spät?

„Ich muss gehen. Du hast ja meine Handynummer, oder?“, flüsterte Rens Stimme leise an ihrem Ohr. Schwach nickte Kyoko. „Ich werde dich morgen abholen.“, fuhr er fort.

Irritiert und stirnrunzelnd blickte sie zu ihm auf. „Wieso?“

Er lächelte ihr sanft zu. „Das hast du wohl vergessen, wie?“

Verständnislos sah sie ihn an.

„Du musst zu deiner Therapie, wie du es versprochen hast und ich werde dich dorthin bringen, wie ich es versprochen habe.“ Leise murrend gab sie ihr Einverständnis. Es war ja nicht mehr lange. Und wegen der Geschichte mit dem Mordanschlag musste sie sich eben etwas einfallen lassen. Ihre „Hausaufgabe“ hatte sie kurzerhand daheim verlegt. Damit war das auch erledigt. Kyoko löste sich von Ren und trat einen Schritt zurück. Ihr Kopf schwirrte immer noch von diesem betörenden Gefühl und Rens Geruch. Sie brachte nur ein schiefes und zittriges Lächeln zustande und hob die Hand, um sich zu verabschieden. „Bis morgen.“, brachte sie heraus und sah zu, wie Ren ebenfalls die Hand zum Gruß erhob und dann wieder zu seinem Auto ging. Ehe er einstieg, drehte er sich allerdings noch ein letztes Mal um.

„Vergiss nicht, dass man ein Versprechen niemals bricht.“ Bevor ich irgendetwas erwidern konnte, war er schon eingestiegen und brauste davon. Kyoko lächelte ihm hinterher. Dummkopf. Das wusste doch jedes Kind. Und sie war wohl die Letzte, die es brechen würde.

Mit einem eigenartig gut gelaunten Gefühl in der Magengegend öffnete sie die Tür zu ihrem Häuschen und trat ein. Still, dunkel und verlassen lag es vor ihr, doch das hemmte nicht ihre fröhliche Stimmung. Sie betrat das Wohnzimmer und ließ sich seufzend auf einen der beiden Stühle fallen. Fast gleichzeitig schreckte sie das Klingeln des Telefons wieder hoch. Hastig griff sie über den Tisch hinweg zu dem Hörer und nahm ab. „Hallo?“, fragte sie vorsichtig. Es geschah selten, dass sie hier jemand anrief. Nur Kanae rief ab und zu an. Eigentlich fast jeden Abend.

Zuerst hörte sie rein gar nichts. Dann raschelte etwas im Hintergrund und sie hörte ein lautes Atmen. Angst brach in ihr aus. „Hallo?“, wiederholte sie ihre Frage noch einmal mit einem deutlich zu vernehmenden Zittern in der Stimme.

„Ah...Kyoko...“, antwortete ihr schließlich eine raue Männerstimme. Kyoko erstarrte. Beinahe hätte sie den Hörer fallen lassen, fasste sich jedoch und fragte leise: „Was wollt ihr von mir?“

„Das weißt du doch ganz genau, Kyoko...Wir wollen dich. Und wir werden dich bekommen, das versprechen wir dir.“

„Wieso könnt ihr mich nicht einfach in Ruhe lassen? Reicht es denn nicht, dass ihr mein Leben vollständig zerstört habt?“, schrie sie die fremde Stimme panisch an.

Nach einem kurzen Knacken im Hörer meldete sich die Stimme wieder. „Nein...Das können wir nicht. Ich sage mal, es ist unsere Aufgabe.“

„Was?“, fragte sie höhnisch. „Mich fertig machen, bis ich nicht mehr kann?“

„Du kannst doch jetzt schon nicht mehr, kleine Kyoko. Wir beobachten dich, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Keine deiner Bewegungen entgeht uns. Willst du wissen, was du gerade so machst?“

Panisch sah sie sich um. Wo waren sie?

„Ich werde es dir zeigen.“, flüsterte die Stimme in ihr Ohr. Als sie eine schattenhafte Bewegung am nahen Waldrand bemerkte, schrie sie unwillkürlich auf. Schweiß hatte sich auf ihrer Haut gebildet. „Du entkommst uns nicht, kleine Kyoko.“

„Wieso bringt ihr es dann nicht zu Ende?“, fragte Kyoko mit matter Stimme.

„Du benötigst keine näheren Beweise für unsere Anwesenheit?“, spöttelte der Mann.

„Nein...“ Dieses Mal war es Kyoko, die leise sprach. „Das reicht mir vollkommen...Aber wieso...?“ Sie konnte nicht weitersprechen.

„Wieso wir dich noch nicht töten? Oder wieso wir dich beschatten? Du musst dich klarer ausdrücken, meine Süße.“ Ich erschauderte bei dieser Bezeichnung. Ich hasste es, wenn mich jemand „meine Süße“ nannte und dieser Mann musste von dieser Abneigung wissen. War er also damals gar einer meiner unmittelbaren Peiniger gewesen? Dann hätte ich allerdings seine Stimme erkennen müssen. Außer es war einer meiner schweigsamen Begleiter gewesen...Ich wusste es nicht.

„Beides“, murmelte Kyoko in den Hörer.

„Hmm...Das ist eigentlich ganz einfach zu beantworten. Wieso wir dich nicht umbringen? Das haben wir doch schon versucht. Aber da unser Arbeitgeber möchte, dass du leidvoll stirbst und nicht präzisiert hat, wann, entscheiden wir die weitere Vorgehensweise. Wobei wir vor einigen Tagen ziemlich Ärger erhalten haben, weil du noch lebst. Aber als wir es geklärt haben, war unser Auftraggeber voll Feuer und Flamme für unser „Projekt“.“

„Euer „PROJEKT“?“, unterbrach Kyoko schrill.

„Ja...So könnte man es ausdrücken. Reicht dir das für diese Frage?“ Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr der fremde Mann fort. „Und nun zu deiner zweiten. Aus welchen Gründen wir dich beschatten. Wir müssen darüber im Klaren sein, was du in deiner Freizeit so treibst. Über jeden Schritt müssen wir genauestens Bescheid wissen, um allem vorzubeugen, dass unserer Sache schaden könnte. Und deine Beziehung zu Ren Tsuruga entwickelt sich allmählich zu einem Störfaktor.“

„Wieso?“, wagte Kyoko schwach einzuwerfen, auch wenn sie befürchtete, die Antwort schon zu kennen.

„Nun...Eine Vertrauensperson ist das Letzte, was wir für dich wollen. Und wenn du zu viel sagst...Dann weißt du ja sicherlich, was wir mit ihm machen müssen, oder?“ Ein leises Lachen schall durch den Telefonhörer. Kyoko zuckte zusammen und schloss gepeinigt die Augen. Sie durfte nicht zulassen, dass in diese Sache mehr Leute hinzugezogen wurden als nötig. Aber Ren wurde sie so schnell nicht mehr los.

„Aber was soll ich denn machen?“, fragte sie verzweifelt.

„Keine Sorge, meine Süße.“ Der Mann schien sich wieder beruhigt zu haben. „Dieses Problem haben wir bereits beseitigt bzw. haben wir uns ausreichend darum gekümmert, sodass uns eine Lösung vorliegt.“

„Ihr habt doch nicht...?“ Der Schock fuhr ihr bis unter die Haut. Sie hatten doch Ren nicht einfach in einen „Unfall“ verstrickt, der für ihn tödlich enden sollte?

„Tz...Was denkst du denn nur von uns? Ren Tsuruga lebt noch. Er befindet sich zurzeit noch auf dem Weg zu dem kleinen Dorf in der Nähe deines Hauses. Du solltest ihn am besten nicht wegen dieser Sache hier behelligen, verstanden?“

„Ja...“ Zu mehr war sie nicht imstande.

„Sehr schön. Dann...“

„Warte. Ich habe noch eine Frage.“, unterbrach sie ihn erneut.

„Beeil dich lieber damit, Schätzchen, ich habe nicht die ganze Nacht Zeit.“

„Wieso habt ihr mich angerufen? Glaubt ihr, ich hätte euch auch nur einen Augenblick vergessen?“

„Nein. Da sind wir uns sogar ziemlich sicher. Uns vergisst man nicht so leicht, wenn wir es nicht wollen. Sagen wir, es gehört zu dem Spiel, Kyoko. Es ist alles nur ein Spiel. Für dich geht es um dein Leben, doch für uns...Was bleibt für uns übrig, Kyoko? Richtig. Der Spaß. Das Vergnügen, die Angst und die Panik unserer Opfer zu vermehren, zu zerstreuen, um sie anschließend noch heftiger hervorbrechen zu lassen. Es ist ein Spiel. Und wir stellen die Regeln. Du hast keine andere Wahl, als daran teilzunehmen.“ Es gab ein Klicken und der Anrufer hatte aufgelegt. Kyoko ließ den Hörer in ihren Schoß fallen. Ihr Hochgefühl war komplett dem der Angst gewichen. Sie war also nie wirklich frei gewesen. Wieso hatte sie die heimlichen Beobachter nie bemerkt? »Weil sie es nicht wollten...« flüsterte ihre innere Stimme. Niedergeschlagen ließ sie sich noch tiefer in ihren Stuhl gleiten. Was sollte sie jetzt tun? Sie konnte nichts tun. Nichts als abwarten und beobachten, was geschah. Sie würden sich sicherlich wieder bei ihr melden, auf welchem Weg auch immer. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie noch relativ sicher. Aber was war mit den anderen? Mit Ren? Der Mann hatte gemeint, sie hätten für ihn gesorgt. War das etwas Positives oder Negatives? Da sie nicht annahm, dass man ihr eine glückliche Überraschung bereitete, fiel diese Antwort wohl in den zweiten Bereich der Frage. Etwas Negatives. Aber was konnten sie planen? Sie hatte plötzlich Angst. Nicht nur um sich selbst. Auch um Ren. Was war, wenn sie ihn doch als zu gefährlich einschätzten und ihn einfach umbrachten? Dann war es ganz allein ihre Schuld. Sie hätte ihn niemals so nah an sich heranlassen sollen. Und sie konnte ihn noch nicht einmal warnen. Das hatte man ihr klar und deutlich verboten. Was hatte das alles also gebracht? Sie hatte sich Ren anvertraut, hatte ihn um Hilfe gebeten, ihn immer wieder abgewiesen, um genau diese Situation nicht wachzurufen. Und jetzt? Jetzt war dies alles geschehen und sie hatte verloren, noch ehe sie richtig den Kampf hatte ansagen können. Wieder breitete sich dieses Gefühl der Leere in ihr aus. Sie war gefallen. Würde sie sich ein weiteres Mal von diesem Sturz erholen können? Sie glaubte nicht mehr daran. Die Hilfe, die ihr angeboten wurde, würde nicht nur ihr schaden, sondern allen, die damit in Berührung kamen.

„Was soll ich nur tun?“, flüsterte sie vor sich her.

Verzweifelt stand sie auf und ging hoch in ihr Zimmer. Sie hatte Angst, an den Fenstern des Hauses vorbeizulaufen. Dort draußen lauerten sie wie gefräßige Wölfe. Warteten darauf, dass sie sich zeigte, dass sie sich eine Blöße schenkte, um zuzuschlagen.

Unbehelligt erreichte sie ihr Zimmer und zog sogleich die Vorhänge vor ihrem Fenster zu. Im Dunkeln saß sie zitternd auf ihrem Bett, versuchte wieder die Gefühle vor dem Anruf in ihr zu wecken, doch nichts als diese kalte Leere umklammerte ihr Herz. Plötzlich erschien ihr alles wieder so sinnlos. „Es ist alles nur ein Spiel...“ Die Worte hallten in ihrem Kopf wieder und alles fügte sich zusammen wie ein Puzzle. „Ein Spiel...“, sagte sie laut vor sich her und brach in hysterisches Lachen aus. Ja. Es war alles nur ein Spiel. Ein Spiel, bei dem sie von Anfang an verloren hatte. All ihre Bekanntschaften, die neu aufgebaute Freundschaft mit Ren Tsuruga, alles war geplant gewesen. Sie sollte wieder aufgebaut werden. Was wollten diese Leute mit einem menschlichen Wrack, das keine Gefühle mehr zeigte, über die sie sich lustig machen konnten? Es bereitete ihnen Vergnügen, den Menschen leiden zu sehen und zurzeit wollten sie sie leiden sehen.

In dem Moment, in dem sie endlich begriff, brach sie zusammen. Sie wusste nicht mehr ein, noch aus. Wieso hatte Ren sie gerettet? Wieso hatte er sie nicht sterben lassen? Was für einen Sinn hatte es schon? Sie fühlte Tränen ihre Wange hinablaufen und hasste sich dafür nur noch mehr. Wieso war sie so schwach? Wieso hatte man sie nicht gehen lassen? Wieso? Wieso durfte sie in dieser Beziehung keine eigene Entscheidung treffen? Wieso mussten sich alle in ihr Leben einmischen? Es ging sie nichts an! Es war ihres! Und sie lebte es so, wie sie es wollte. Warum? Nie hatte sie jemandem etwas getan. Standen denn alle gegen sie? Sie ließ sich gehen, schwelgte in Erinnerungen an Zeiten, in denen sie noch hätte glücklich werden können. Und mit einem einzigen Schlag war alles zunichte gemacht worden, was sie sich mühselig aufgebaut hatte. Sie wollte nur noch ihre Ruhe haben. Ruhe vor ihren eigenen Gedanken und denen anderer Leute. Wieso ausgerechnet sie? Es gab dort draußen Millionen Menschen und ausgerechnet sie, Kyoko Mogami, hatte es getroffen. War sie denn wirklich verrückt? Menschen wichen ihr aus, das hatte sie schon gemerkt und sie hatte es auch so gewollt. Nichts konnte sie aufhalten, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Sie musste nur warten. Warten auf den perfekten Zeitpunkt, dann würde man sie auch nicht wieder retten. Dann hätte sie endlich, was sie bekommen wollte. Sie versuchte sich wieder auf ihren Tod zu freuen, doch es geschah nichts. Die Leere in ihr blieb. Man konnte sie nicht füllen, würde es nie mehr können. Wieso sahen die anderen nicht, dass sie eine wandelnde Leiche war? Wieso hatten sie noch Hoffnung? Sollte SIE nicht diejenige sein, die Hoffnung hat? Doch die hatte sie schon längst aufgegeben. Sie war für sie in weite Ferne gerückt, nicht mehr erreichbar. Der Zug war an ihr vorbeigefahren ohne zu halten. Dafür hatte ein anderer gehalten. Der sie in den Tod führen würde.

Mit zitternden Fingern holte sie sich ein Messer. Lange starrte sie es an. Es war schon alt. Nicht mehr ganz so scharf. »Genauso abgestumpft wie ich.« dachte Kyoko plötzlich und rammte das Messer direkt vor sich ins Bett. Eine kleine Weile lang starrte sie es an, dann zog sie es mit einem Ruck wieder heraus und fuhr mit einem Finger seine Klinge entlang. Nur ein Schnitt. Es war doch so einfach! Plötzlich quoll Blut aus einer Wunde in ihrem Finger. Fasziniert starrte sie den Tropfen an. Er hinterließ eine rote Spur auf ihrem Finger. Immer weiter wanderte der Tropfen, ihren Arm entlang, bis er schließlich an ihrer Seite abrutschte und auf das Bett tropfte. Sanft legte sie das Messer beiseite, wie ein Schatz, der nicht verloren gehen durfte. Dann drückte sie auf die kleine Wunde. Mehr Blut floss aus ihr heraus, suchte seinen Weg ihre Hand entlang bis sie neben dem ersten Tropfen auf ihrem Laken landete. Sie war vollkommen versunken in diesen Anblick. Tropfen um Tropfen floss. Sie wusste nicht, wie lange sie so saß und ihr Blut betrachtete, doch es war ihr egal. Sie fand es interessant. Sie nahm das Messer wieder zur Hand und vergrößerte die Wunde, vertiefte sie, nicht zu viel, doch tief genug, dass das Blut von alleine floss. Sie hob ihren Finger an die Lippen und leckte einen Tropfen auf, metallischer Geschmack lag auf ihrer Zunge. Den Schmerz fühlte sie nicht. Sie schmeckte das Blut, ihr Blut. Und es war ihr egal. Es war zwar nicht gerade köstlich, doch es zog sie wie magisch an. Außerdem vergaß sie so die Leere in ihrem Inneren. Konnte sie eine Zeitlang verdrängen. Später würde sie wiederkommen, doch dann wäre sie wieder stark genug, sie auszuhalten. Sie würde nicht an ihr zerbrechen.

Sie beobachtete weiter fasziniert die Tropfen. Irgendwann schnitt sie sich in die Arme oberhalb ihrer Verbände um die Handgelenke. Sie wusste, dass sie keine Narben hinterlassen würden, sie hatte es schon zwei Mal gemacht, um sich abzulenken und jedes Mal fand sie dieses Schauspiel wunderschön. Sie wollte die psychischen Schmerzen mit physischen ausgleichen. Niemand würde die Schnitte jemals zu Gesicht bekommen und wenn sie jemand sah, dann wäre es schon zu spät. Dann würde sie irgendwo tot liegen und vermosern. »Mir ist egal, was sie mit meinem Körper anfangen werden. Ich brauche ihn dann nicht mehr. Ich will ihn jetzt schon nicht mehr haben.« Der Körper sperrte sie ein. Sie wollte doch nur raus da! Einfach weg. Es war ihr egal wohin. Hauptsache weg. So weit es ging. Und nie mehr zurückkehren.
 

In dieser Nacht ging sie spät zu Bett. Und immer noch hatte sie den Geschmack des Blutes auf ihrer Zunge. Das Loch im Bett ignorierte sie vollständig. Darum würde sie sich morgen kümmern. Wenn es denn ein Morgen geben würde.

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ich hoff, es war net zu düster xDD vor allem das ende...ich hatte den letzten teil mit dem blut i-wann ma geschrieben gehabt un da ich mein material net sinnlos zusammenschreib, hab ich gedacht, bau ichs lieba noch rasch hier ein, ehe ich dafür keine gelegenheit mehr erhalte xDD

aber es gibt auch was positives *gg* die ff nähert sich so allmählich ihrem höhepunkt un damit auch ihrem ende xDD entweder nächstes oda übernächstes chap wirds actionreicher *gg* wobei ich da auch scho wieda ne neue idee hab, die das ganze etwas (um eins zwei chaps vllt *gg* aba mehr so in richtung ein chap...oda vllt auch nur die hälfte, wer weiß, was sich in meinem kopf noch so zusammenbraut...) in die länge ziehn würd...da muss ich ma schaun xDD un mich mit en paar leutz beraten *löl* na ja...ich hoff trotzdem, das chap hier hat euch gefallen xDD un schreibt eifrig kommis :)))
 

heagdl *knuddel*

black_wolf
 

PS: ich hab mich endlich auch für ne variante für goodbye pretty life entscheiden können *gg* dank lauras hilfe xDD es könnte also gut möglich sein, dass ich die ff entweder erst dann fortsetz, wenn diese hier beendet is oda mich vorher scho der schreibwahn dafür überfällt xDD ma schaun...aba trotzdem noma ganz spezieller dank an mein black_unicorn *gg*

Möge das Spiel beginnen

soo ^^ ich habs geschafft, ein nächstes chap hochzuladen xDD *ganz stolz auf sich sei* ich hoffe, ihr werdet auch stolz auf mich sein un vor allem zufrieden mit dem chap *gg* im nächsten kommen wir dann wahrscheinlich der offenbarung von kyokos geheimnis noch näher xDD vllt beginne ich da sogar schon von zu berichten ^^ ma schaun, wie viel ich zu schreiben hab xDD na ja...dann lest das hier erstma schön brav durch :PPP freue mich wie immer über jeden kommi, danke sehr an alle, die mir treu bleiben, obwohl ich so ne trantüte bin xDD

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Völlig übermüdet und mit dunklen Ringen unter den Augen, wachte Kyoko schließlich am nächsten Morgen auf. Sie hatte die halbe Nacht nicht schlafen können, zu sehr hatte ihre Angst sie im Griff gehalten. Ständig war sie wieder aufgewacht, ein Albtraum nach dem anderen hatte sie verfolgt, das Haus war ungewöhnlich still und leise gewesen und hatten nicht zu einem Gefühl der Sicherheit beigetragen.

Schnell warf Kyoko einen Blick auf ihren Wecker. Sechs Uhr morgens. Da sie wusste, dass sie sowieso nicht mehr einschlafen konnte, stand sie auf und machte sich fertig. Im Laufe des Tages würde Ren wiederkommen. Sie hatte nachts manchmal darüber nachgedacht, die Warnung des Fremden in den Wind zu schlagen, Ren anzurufen und ihn über die Sache mit dem Anruf zu informieren, doch jedes Mal siegte ihre Angst vor der Reaktion ihrer Peiniger. Sie würde Ren kein Wort sagen, das hatte sie sich geschworen. Er war schon viel zu tief in die Sache mit hineingezogen worden, sie wollte nicht sein ganzes Leben gefährden. Aber wie sollte sie ihn davon überzeugen, sie in Ruhe zu lassen? Sie tat ständig das Falsche und erzeugte genau das Gegenteil dessen, was sie erreichen wollte. Ren wurde immer hartnäckiger. Sie hatte keine Ahnung, wann sie den letzten Schritt dazu getan hatte, doch eines war sicher: Ren würde nicht mehr gehen. Und um ehrlich zu sein: Sie wollte auch nicht, dass er ging. Sie wollte in seiner Nähe sein. Auch wenn sie es nicht war, sie fühlte sich sicher bei ihm. Er fand sicherlich eine Lösung für all ihre Probleme, wenn sie sich ihm nur anvertrauen könnte. Doch das würde niemals geschehen. Nicht so lange so viel auf dem Spiel stand.

Kyoko seufzte leise, als sie ihre Küche betrat und sich etwas zum Trinken besorgte. Sie bereitete ihm nichts als Probleme. Wieso konnte er das nicht einsehen , Kyoko einfach Kyoko sein lassen und verschwinden? Dann hätte sie immerhin ein Problem weniger, um das sie sich sorgen musste. Aber Ren würde das niemals einsehen. Ebenso wenig wie sie es wahrscheinlich an seiner Stelle getan hätte.
 

Die Zeit verging schleppend, doch schließlich hörte Kyoko das erlösende Klingeln an ihrer Tür. Sie sprang aus ihrem Stuhl empor, in dem sie bis eben ausgeharrt hatte und hastete schon fast zur Tür, um sie zu öffnen. Wie erwartet stand Ren vor ihr und lächelte ihr zu. Erleichtert erwiderte sie leicht das Lächeln.

„Hallo.“, begrüßte Ren sie. Er war verwundert, dass sie ihn für ihre Verhältnisse fröhlich empfing und ihm nicht gleich die Tür vor der Nase zuschlug. Aber er ließ sich nichts von seinem Misstrauen anmerken und beobachtete still ihre weiteren Reaktionen.

„Hi.“ Sie wusste auch nicht warum, aber plötzlich fühlte sie sich befangen und wusste nicht, wohin mit ihren Händen. Was sollte sie jetzt sagen? Er durfte nichts merken. Und nach seinem Gesichtsausdruck zu schließen, war er vollkommen ahnungslos und hatte auch keinen Verdacht. Aber er war Schauspieler. Da wurde die Konversation wohl auf einem höheren Niveau durchgeführt. Zumindest wenn beide Gegenspieler den gleichen Beruf ausübten.

„Du hast noch eine Viertelstunde Zeit, um dich fertig zu machen, dann müssen wir los.“

„Ich bin fertig.“, antwortete Kyoko schnell. Ren musterte sie nur eingehend. Kyoko hielt seinem Blick stand und schwieg. Ihre anfängliche Unsicherheit schwand. Sie musste jetzt stark sein. Für ihn. Nicht für sich selbst. Um sie war es sowieso geschehen.

Schließlich brach Ren den Blickkontakt. „Dann werde ich dich eben noch zu einer Tasse Kaffee einladen.“, meinte er aufmunternd lächelnd.

„Nein.“, widersprach Kyoko. Sie fühlte sich nicht wohl in der Gesellschaft vieler fremder Leute. Wer wusste schon, wer diese Personen alle waren? Es konnten einfache Bürger sein, oder aber auch gefährliche Psychopathen. Kyoko wollte sich einfach nicht in der Öffentlichkeit zeigen. Und in ein Café zu gehen, bedeutete definitiv Öffentlichkeit.

„Kommt doch noch für eine Viertelstunde herein.“, fügte sie entschuldigend für ihr grobes Verhalten hinzu. Ein kurzes Nicken aus Rens Richtung veranlasste sie, sich zu wenden und ins Innere des Hauses zu verschwinden. Ren folgte ihr in die Küche.

„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, dass der Kaffee schon etwas erkaltet ist. Ich habe ihn vor längerer Zeit aufgesetzt.“

„Kein Problem.“ Das Gespräch kam ins Stocken. Während Kyoko, ohne sich ein einziges Mal zu Ren umzudrehen, den Kaffee vorbereitete, starrte Ren Löcher in die Wand. Wieder fiel ihm dieses grauenhafte Muster der Tapete auf, die auch die Küche zierte. Innerlich schüttelte er den Kopf. In solchen Wänden würde er sich unwohl fühlen. Aber deswegen eine Diskussion vom Zaun zu brechen, wollte er auch nicht. Sie hatten in der Vergangenheit schon genug Auseinandersetzungen ausgelebt und er konnte auf eine weitere liebend gern verzichten. Aus diesem einfachen Grunde schwieg er und wartete, dass Kyoko das Gespräch wieder aufnahm. Doch auch sie schien ihre Worte für sich behalten zu wollen und arbeitete still vor sich her. Als der Kaffee dann schließlich zubereitet war, drehte sie sich zu Ren um und hielt ihm auffordernd seine Tasse entgegen. Plötzlich erstarrte sie. Die Tasse fiel ihr aus der Hand. Laut zerschellte sie auf dem dunklen Steinfußboden. Der Kaffee spritzte wie ein Überfall aus seinem Behälter, verbreitete sich rasch auf dem Boden, hinterließ ein dunkles Massaker. Doch Kyoko reagierte auf diesen Geräuschpegel erst gar nicht. Ihre Augen waren starr auf das Fenster gerichtet. Ren war in der Zwischenzeit aufgesprungen, um die Tasse noch vor seinem Bruch zu retten, doch er kam zu spät. Er fluchte leise und wollte nach einem Küchenhandtuch greifen, das in Reichweite lag, als er Kyokos Blick bemerkte. Er folgte dem ihren. Überrascht riss er die Augen auf, entsetzt las er die klaren Worte, die mit roter Farbe auf die Fensteraußenscheibe geschrieben standen.
 

Heute holen wir dich.
 

Sekundenlang wusste Ren nicht, was er tun sollte. Er blinzelte, doch die Worte schwanden nicht. Dann drehte er sich entschlossen zu Kyoko um, trat einen Schritt vor sie und versperrte somit die Sicht auf das Fenster. Just in diesem Moment schien sie wieder zu sich zu kommen. Panik breitete sich auf ihren Zügen aus.

„Du musst gehen!“, rief sie mit angsterfüllter Stimme. Ren schüttelte nur stumm den Kopf. Sie wich einen Schritt vor ihm zurück. „Doch! Geh!“ Sie schlang schützend die Arme um sich selbst und wippte auf ihren Fußballen hin und zurück. Apathisch blickte sie auf Rens breite Schultern, sah durch ihn hindurch, schien wieder das Fenster vor ihrem inneren Auge zu sehen.

Ren folgte ihrer Bewegung und ergriff Kyoko an ihren Oberarmen. Verschreckt zuckte sie zusammen, wollte sich wieder aus seinem Griff befreien, doch er war stärker als sie. Mit einer einzigen Bewegung hatte Ren sie an seine Brust gezogen und hielt sie umfangen. Er verstand nicht, was die Worte bedeuten sollten, er wusste nur, dass er jetzt für sie da sein musste. Andernfalls würde sie vollkommen zugrunde gehen. Die Umarmung war eine spontane Reaktion seinerseits gewesen, genauso unbedacht wie die Unterhaltungen, die sie vor einigen Stunden geführt hatten. Doch entgegen all seiner Vermutungen, ließ sich Kyoko ein Stück weit gehen und lehnte sich leicht an ihn. Er hätte ebenso gut eine Mauer sein können, Hauptsache ein starker Gegenstand, der sie hielt, damit sie nicht einfach zusammenbrach.

Ren löste sich ein wenig aus der Umarmung, um sie vor sich her ins Wohnzimmer zu schieben. Dort drückte er sie auf einen Stuhl und ging mit einem leisen „Bin gleich wieder da“ zurück in die Küche. Er füllte Wasser in ein Glas ab und übergab es im Wohnzimmer Kyoko. Sie leerte es mit einem Zug, knallte es auf den nebenstehenden Tisch und sah zum ersten Mal seit diesem Vorfall in Rens Augen. Ihre Bitte lag klar und deutlich offen in ihnen. Sie konnte jetzt nicht zur Therapie. Und Ren verstand sie. Er wollte sie keine Sekunde aus den Augen verlieren. Auch nur einen Raum von ihr getrennt sein. Wenn diese Drohung wirklich ernst gemeint war und nicht irgendein Scherz, dann sollte er wohl auch am besten die Polizei verständigen.

„Wir müssen das melden.“, flüsterte er leise, als wenn schon diese Wörter das Unheil vollenden könnten.

„Nein...“ Nervös spielte sie mit einem Zipfel ihrer Bluse. „Sie könnten mir nicht helfen...“

„Wieso? Sie werden dich besser beschützen als ich es zurzeit vermag.“

Kyoko schüttelte heftig den Kopf. „Sie dürfen nichts davon erfahren. Niemand darf das. Selbst du dürftest nichts wissen. Es tut mir leid, dass ich dich da mit hineingezogen habe, das war wirklich nicht meine Absicht. Ich weiß auch nicht, wieso ich dich nicht einfach härter abgewiesen habe, damit du es auch verstehst. Ich habe dir unbeabsichtigt oder vielleicht auch nicht unbeabsichtigt Hoffnungen auf Heilung gegeben. Diese Hoffnungen konnten von Anfang an nur enttäuscht werden. Es tut mir so leid, ich...“

„Hör auf, dich zu entschuldigen! Es war nicht dein Fehler, dass ich geblieben bin. Es war ganz allein meine Entscheidung. Du hättest nicht das Geringste an ihr verändern können.“ So aufgelöst hatte Ren Kyoko selten erlebt. Wieso entschuldigte sie sich ausgerechnet in einem solchen Moment bei ihm? Es musste wirklich ernst sein.

Er kniete sich vor ihr auf den Boden und nahm ihre mittlerweile ineinanderverknoteten Hände in seine. „Hörst du? Es war ganz allein meine Entscheidung.“

Mit trübem Blick musterte Kyoko ihn. Das wusste sie doch bereits. So oft hatte er ihr das gesagt, gezeigt. Aber dennoch wütete dieses Schuldgefühl in ihrem Inneren, sie konnte nichts dagegen tun. Selbst seine Worte waren nicht Balsam für ihre Seele. Und dennoch keimte da etwas in ihr auf. Sie konnte nicht genau benennen, was es war, doch es fühlte sich gut an. Zu gut. Sie musste dieses lästige Gefühl wieder loswerden. Es würde nur hinderlich auf ihrem weiteren Wege sein. Nur hinderlich.

„Ich möchte mich etwas ausruhen.“, murmelte sie leise vor sich her. Ren verstand. Sie brauchte etwas Zeit zum Nachdenken. Die sollte sie erhalten. Doch er würde dabei nicht ihre Seite verlassen. Sie stand unter seinem Schutz. Und jetzt war die Zeit gekommen, an der sie diesen am meisten nötig hatte.

Er geleitete sie in ihr Zimmer im oberen Stockwerk und setzte sich an ihren Schreibtisch. Einen Moment lang stand Kyoko unschlüssig im Raum, ehe sie sich dann in ihr Bett legte und die Augen schloss. Ren beobachtete sie eine Zeit lang. Er wusste, dass sie nicht schlief, doch ihr Gesicht wirkte auf wundersame Weise plötzlich viel offener, freundlicher, aber auch verletzlicher. Er hatte sie schon in den verschiedensten Situationen erlebt, und immer wieder überraschte es ihn, wie facettenreich dieses zierliche Mädchen vor ihm war. Ihre Art und Weise, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und niemandem von ihrem Leid und Schmerz zu erzählen, hatten es ihm angetan. Schon früher war er ihr verfallen. Im wahrsten Sinne des Wortes verfallen. Er hatte nichts dagegen unternehmen können. Aber hatte er letztendlich nicht zu lange Zeit damit verschwendet, sie sich auszureden? Wäre er schon früher ehrlich nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu Kyoko gewesen, hätte er die jetzige Situation vielleicht verhindern können. Dann wäre sie bei ihm geblieben. Dann hätte sich Kyokos Schicksal nicht in diese grausame Richtung gekehrt. Er hätte nur offener sein müssen. Seinen Stolz und seine Vorurteile überwinden sollen, um für den Menschen da sein zu können, der ihm am meisten bedeutete.

Plötzlich klingelte es. Kyoko und Ren fuhren gleichzeitig hoch. Wer besuchte sie zu dieser Stunde? Oder waren sie gekommen, um Kyoko zu holen? Rens Herz klopfte ein wenig schneller. Was sollte er jetzt tun? Sie beschützen. Nur wie? Wenn sie mehr als nur einer waren, hatte er keine Chance gegen sie. Sein Blick glitt zu Kyoko. Wie ein Häufchen Elend saß sie zitternd auf ihrem Bett. Ihre Hände hatten sich in die Decke gekrallt, die Augen waren weit aufgerissen. Sie hatte Angst. Große Angst. Wenn er nicht bald etwas unternahm, dann würde sie durchdrehen, das sah er an ihrem irren Blick.

„Ich gehe hinunter und schau, wer geklingelt hat.“, durchbrach Ren die Stille. Kyoko reagierte nicht. Steif saß sie da, beobachtete ihn nur noch aus den Augenwinkeln, als er aufstand und sich zur Tür begab. Er warf noch einen letzten Blick nach hinten zu Kyoko, dann überwand er sich zu einem Lächeln und sagte: „Es wird alles wieder gut, du wirst schon sehen. Wahrscheinlich ist es nur der Postbote.“ Doch er konnte seinen eigenen Wort selbst nicht glauben schenken. Zu lächerlich hörten sie sich an. Er schloss die Tür wieder hinter sich und stieg vorsichtig die Treppen hinunter, jeglichen Krach vermeidend. Zur Sicherheit nahm er sich noch einen Besen aus einer kleinen Kammer und öffnete dann mit einem Ruck die Haustür. Ein überraschter Ausruf kam von der Person ihm gegenüber.

„Was...? Tsuruga-san? Was machen Sie hier?“

Er schaute von dem Besen in seiner Hand zu Frau Dorimato und wieder zurück. Verunsichert murmelte er: „Ähm...Putzen?“ Ja, was sollte er sonst mit einem Besen in der Hand tun? Fremde Eindringlinge verscheuchen? Das kam der Wahrheit ziemlich nahe, auch wenn es lächerlich erschien, dass jemand vor einem Besen Angst haben sollte.

„Interessant...Ist Kyoko bei Ihnen? Sie kam heute nicht zur Therapie und da dachte ich, ich schaue mal nach ihr.“

„Es ist alles in Ordnung. Sie hat sich heute nur nicht so wohl gefühlt, deswegen habe ich ihr erlaubt, daheim zu bleiben. Wollen Sie nicht hereinkommen?“ Er hatte sich recht schnell wieder gefasst. Einladend hielt er die Tür offen und deutete ins Innere des Hauses.

„Gerne.“ Bereitwillig ging sie Rens Aufforderung nach und betrat den kühlen Flur. „Kann ich vielleicht mit Kyoko sprechen? Oder schläft sie?“

„Warten Sie doch einen Augenblick im Wohnzimmer. Ich schaue nach ihr und sage Ihnen dann Bescheid. Möchten Sie etwas trinken? Ich kenne mich hier zwar noch nicht so gut aus, aber für einen Kaffee oder eine Tasse Tee sollte es genügen.“

„Wie immer der Gentleman in Person. Nein, danke. Ich habe nicht vor, lange zu bleiben. Ich muss mich noch auf eine Vorsprechung vorbereiten und habe deshalb nicht allzu lange Zeit.“

Ren antwortete daraufhin nichts mehr, sondern ging nur eiligen Schrittes zurück in Kyokos Zimmer. Er hatte als letztes erwartet, dass ausgerechnet Frau Dorimato hier erscheinen würde. Eher wäre der Weihnachtsmann persönlich zu Besuch gekommen. Sie musste sich wirklich Sorgen um Kyoko machen. Genauso wie er. Er beschleunigte seine Schritte noch etwas und stand kurze Zeit darauf vor Kyokos Zimmertür. Leise klopfte er an. Nichts regte sich. Kein „Herein“, kein einziges Geräusch, das darauf deuten ließ, dass dort jemand im Inneren des Raumes anwesend war. Vorsichtig öffnete er die Tür.

„Kyoko? Deine Thera...“ Er stoppte abrupt. Vor ihm lag ein leeres Zimmer. Die Fenster waren weit geöffnet. Der Schreibtisch war zerkratzt, Blätter flogen in der Luft herum und lagen auf dem Boden. Ein Handtuch lag in Fetzen auf dem Stuhl, die Bettdecke lag zerknüllt in einer Ecke, das Kissen war erst gar nicht mehr wiederzuerkennen, so heftig war es mit einem Messer bearbeitet worden. In blutig roter Farbe stand in Großbuchstaben ein Satz an der Wand neben dem Bett geschrieben.
 

Niemand entkommt uns, auch du nicht.
 

„Kyoko...?“, flüsterte er leise mit Entsetzen in seiner Stimme. Plötzlich schrie jemand hinter ihm laut auf. Wie in Zeitlupe drehte er sich zu der Person um. Frau Dorimato. Sie war ihm also doch gefolgt.

„Was...?“, rief sie entsetzt und panisch. „Was wird hier gespielt? WAS IST DAS FÜR EIN SPIEL?“ Ihre Stimme wurde immer lauter, überschlug sich mit jedem weiteren Ton. Dann las sie die Botschaft. Sie verstummte augenblicklich. Wieso hatten sie nichts davon mitgekriegt, was hier oben geschah? Das Chaos war unübersehbar. Es hätte eine Menge Krach verursachen müssen.

„Sie...Sie...ist...weg?“, flüsterte Frau Dorimato leise. Dann kippte sie einfach um.

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tjaja...ich weiß, ich weiß...-.-" das hier is wirklich armselig kurz geraten *lach* aber dafür hab ichs geschafft, es noch diesen monat zu beenden xDD also beschwert euch bloß net darüber...un da ich heute (wie auch schon übrigens die letzten tage xDD) nicht so auf geistiger höhe bin, bitte ich inständigst, die rechtschreibfehler einfach zu überlesen xDD ich hab halt auch keine lust, die chaps ständig nochma zu kontrollieren...so viel zeit bleibt einem einfach nie *lach* na ja ^^ dann schreibt ma eifrig kommis :))) freu mich schon drauf :)))
 

lg

black_wolf

Tanz der Schatten

soooo xDD nach endlos langer wartezeit hab ich es auch endlich ma wieda geschafft, ein chap zu schreiben xDD is zwar net besonders lang geworn, aber ich hoff, es wird euch dennoch gefallen ^^

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Reglos starrte er an die ihm gegenüberliegende Wand. Frau Dorimato saß zusammengekauert in ihrem Stuhl, noch immer unter Schock stehend, nur von ihrer Ohnmacht erholt. Dann sprang sie plötzlich auf. „Wir müssen etwas unternehmen! Das ist Entführung! Die Polizei...“

„...wird nichts ausrichten können. Sie kannte diese Personen, daran besteht kein Zweifel. Nicht umsonst hat sie panische Angst vor ihnen gehabt. Ich weiß nicht, was in den Monaten zuvor geschehen ist, doch es hat sie geprägt. Es können keine Anfänger sein, wenn sie so lange unentdeckt bleiben konnten.“

„Aber vielleicht ist genau das der Fehler all der anderen Opfer, falls es noch welche gibt. Anscheinend wurde niemals die Polizei gerufen. Vielleicht könnten sie das schaffen, was uns verwehrt bleibt.“

„Nein. Keine Polizei. Wir wissen nicht, zu was sie fähig sind. Am Ende muss sie noch mehr leiden als sie es jetzt schon tut.“ Ein Blick von ihm und Frau Dorimato wurde bewusst, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu diskutieren, Ren würde es nicht einsehen und standhaft bei seiner Meinung bleiben. Nach einem Moment des Schweigens, fragte sie schließlich leise in die Stille hinein: „Und was sollen wir tun?“

Ren entwich ein Seufzer, seine Schultern sackten nach unten. „Nichts.“, flüsterte er mehr zu sich gesprochen, „Gar nichts.“

„Wir sollen also abwarten, was passiert? Was ist, wenn Kyoko-chan in dieser Zeit...?“ Sie beendete den Satz nicht. Ren sprang auf und tigerte in dem kleinen Zimmer herum. Nervös strich er mit den Fingern über sein Hemd, glättete nicht vorhandene Falten, bis er schließlich vor dem zweiten Stuhl im Zimmer inne hielt und sich schwer seufzend darauf fallen ließ. Er barg sein Gesicht in den Händen und rührte sich nicht mehr. Unwillkürlich wurde es still in dem Raum. Nichts rührte sich, als würde die Zeit still stehen. Plötzlich klirrte ein Fenster. Frau Dorimato und Ren fuhren beide erschrocken auf. Wortlos schauten sie sich an. Keiner rührte sich, lauschten auf weitere Geräusche. Doch nichts war zu vernehmen. Langsam schob sich Ren zur Tür. Frau Dorimato folgte ihm. Eine Bewegung ließ ihn zusammenschrecken. Wieder ausatmend erkannte er im gleichen Augenblick, dass es nur ein Vorhang war, der im Wind wehte. Das zerbrochene Fenster. Auf dem Boden lag der Grund des Bruches. Ein Stein. Ein Zettel war darum gewickelt worden. Vorsichtig schaute er sich um und schlich zu dem Übeltäter. Keine Bewegungen außer die des Vorhangs. Keine verdächtigen Geräusche. Es war wieder still. Beinahe zu still. Doch vielleicht war ein solches Schweigen angebracht in dieser komplizierten Stunde.

Schließlich war Ren bei dem Stein angekommen. Er hob ihn hoch und schaute sich noch einmal um. Nichts. Frau Dorimato schob sich in sein Blickfeld und schaute fragend auf den um den Stein gewickelten Zettel. Zitternd entknüllte er ihn. Groß waren drei Wörter auf ihn geschrieben.
 

DREH DICH UM
 

Er erstarrte auf der Stelle. Plötzlich hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden. Da war etwas. Nein. Da war jemand . Hinter ihm. Direkt hinter ihm. Er konnte schon beinahe die leisen Atemzüge hören. Zu nah , schrie alles in ihm. Flucht kam ihm in den Sinn. Er musste hier weg. Schnell. Sich in Sicherheit bringen. Wo war er in Sicherheit? Sie konnten ihn überall erreichen. Langsam neigte er seinen Kopf zur Seite. Er hätte niemals geglaubt, solche Angst vor einer Situation zu haben. Jetzt hatte er sie. Panische. Er wusste nicht, was hier geschah. Wusste nicht, was mit ihm geschah. Er wusste nur: Es war nicht gut. Eine Gestalt streifte sein Blickfeld. Er blinzelte, dann war sie auch schon wieder weg. Wohin? Mit einem Ruck drehte er sich um. Was er sah, ließ ihn zusammenzucken. Der Stein fiel mit einem lauten Klonk auf den Boden. Rollte außer Sichtweite. Ein riesiger, breitschultriger Mann stand vor ihm. Ein hässliches Lachen drang aus seinem Mund, ein boshaftes Lächeln glitzerte ihm aus kalten Augen entgegen. Eine große Axt schleifte auf dem Boden. Nichts rührte sich. Nur das Lachen hallte durch den kleinen Raum, verbreitete sich, brannte sich in seine Nervenbahnen.

„So sieht man sich wieder.“, hauchte der Mann in einem tiefen Ton. Zu tief. Zu bösartig. Zu grausam. Woher kannte ihn der Mann? »Der Traum.« Der Traum. War es einer gewesen? Doch was war es dann gewesen? Es war unmöglich. Vollkommen unmöglich.

Immer noch entsetzt starrte Ren ihn an. Frau Dorimato gab einen erstickten Laut von sich und rannte blindlings los. Aus den Augenwinkeln erkannte er, dass sie panisch die Augen weit aufgerissen hatte, den Mund zu einem lautlosen Schrei des Grauens geöffnet. Da fuhr auch schon die Hand des Riesen aus. Die Axt schwenkte herum, sirrte in der still stehenden Luft. Nur eine kleine Bewegung. Beinahe nebensächlich. Sie fand ihr Ziel. Bohrte sich in einen warmen Leib. Schien genau dorthin zu gehören. Ohne einen Mucks von sich zu geben, sackte eine Frau in einem Haus jenseits der Zivilisation in sich zusammen. Nur die überrascht aufgerissenen Augen zeugten von dem Augenblick, als ihr das Leben auf so grausame Weise genommen wurde. Mit einem Ruck wurde die Axt aus dem Körper entfernt. Fast schon provozierend ging er an Ren vorbei in den hinteren Teil der Küche. Die Axt schleifte auf dem Boden, hinterließ eine blutige Spur hinter sich. Er schwang sie auf den Tisch und ließ sie dort krachend einschlagen. Die Tür lag nur wenige Meter von Ren entfernt. Wenn er...Nein. Er wäre zu langsam. Die Axt würde ein erneutes Ziel treffen. Er befeuchtete seine Lippen und starrte entsetzt auf den Leichnam von Frau Dorimato. Kein Wort wollte seinen Weg nach draußen finden. Der Mann bemerkte seinen Blick. „Sie war sowieso überflüssig. Man hat mir nichts von einer zweiten Person gesagt.“ Gleichgültig klang seine Stimme. Vollkommen gleichgültig. Rens Blick fuhr über seine Züge. Keine Reaktion auf seine Tat. Er war es gewohnt. Gewohnt, zu töten. Was war dies hier nun wieder für ein Spiel? »Ein Spiel auf Leben und Tod. Vielleicht bin ich der Nächste, wer kann das schon sagen.« Er wagte es nicht, sich zu rühren. Die unausgesprochenen Worte standen in der Luft. Wehe du wagst es, zu fliehen. Es hatte keinen Sinn. Er musste sich ihm fügen. Um zu überleben. Um Kyoko wiederzusehen. Um zu leben...Reglos harrte er aus. Versuchte nicht, auf die Leiche zu starren. Dennoch glitt sein Blick immer wieder zu der toten Frau. »Sie hatte nichts damit zu tun. Also wieso?« Aus eben genau diesem Grund. Hätte sie auch nur das Geringste mit dieser Situation zu tun gehabt, wäre sie am Leben geblieben. Sie hätte nicht sterben müssen. All das Blut...Sie hätte leben können. Wäre sie nur nie Kyoko begegnet. Wäre sie nie hierher gekommen. Wäre sie dort geblieben, wo sie hingehörte. Hinter ihren Schreibtisch. In einen Raum voller Studenten, die den gleichen Eifer zeigten wie sie. Ihr Tod war sinnlos. So vollkommen sinnlos. Einfach aus Spaß begangen. Wie ein Reflex. Zu was war dieser Mann alles fähig? Er wollte es nicht wissen. Er wollte nur hier weg. Eine Bewegung riss ihn aus seinen Gedanken. Der Riese hatte sich bewegt und kniete nun neben Frau Dorimato. Die Axt steckte immer noch provozierend in dem alten Holz des Tisches. Nur ein paar Schritte...Zwei, drei Schritte...Dann würde er sie erreichen können. Doch er blieb reglos stehen. Leise gemurmelte Wörter erfüllten den Raum. „Das werde ich wohl noch entsorgen müssen.“ Ärgerlich schlug er mit einer seiner Pranken auf den Boden. Ren konnte nur erahnen, dass es nicht in dem Sinne des Mannes gestanden hatte, Frau Dorimato so kaltblütig zu ermorden. Auch wenn es ihm sichtlich nichts ausmachte. Es war nur eine kleine Unannehmlichkeit. Nicht weiter wichtig.

„Was hast du nun vor?“ Rens Stimme klang selbst in seinen Ohren überraschend kühl und ruhig. In seinem Inneren sah es dagegen ganz anders aus. Der Mann blickte auf und runzelte die Stirn.

„Das wirst du schon sehen, Schauspieler, das wirst du schon sehen...“ Ein Lächeln zierte seine Gesichtszüge, nichts beruhigendes an sich habend. Er stand auf und trat näher. „Du wirst es bald herausfinden.“ Dann deutete er auf die Tür und wartete, dass Ren sich in Bewegung setzte. Widerstrebend befolgte er seine Anweisung. Vor dem Haus angekommen, sah er einen schwarzen Wagen am Straßenrand stehen. Ohne sich nach ihm umzudrehen, lief ihm der Riese voraus. Er schien keinerlei Angst zu verspüren, sein Opfer zu verlieren. Kurz verspürte Ren den Drang zu flüchten, doch als sich die Finger des Mannes fester um den Griff seiner blutigen Axt wanden, setzte er sich gehorsam in Bewegung und folgte ihm. Ohne zu fragen, öffnete er die Wagentür. Der Mann zog nur eine Augenbraue nach oben und nickte bedächtig. Er hatte wohl mit Widerstand gerechnet.

Die Tür schloss sich mit einem Klacken hinter Ren. Durch die Scheiben konnte er nicht nach draußen schauen. Da beugte sich plötzlich der Riese zu ihm nach hinten. „Ab hier darfst du nichts mehr wahrnehmen, tut mir leid, Schauspieler.“ Da spürte Ren auch schon nur noch, wie ihm die Sinne schwanden. Er hörte noch das Klacken einer Autotür, etwas, das auf dem Boden herbeigeschleift wurde, dann wurde alles schwarz.
 

Allmählich wachte er wieder auf. Sein Kopf dröhnte, als hätte man ihn mit Hämmern bearbeitet. Um ihn herum war alles viel zu hell, als er versuchte, seine Augen zu öffnen. Reflexartig schloss er sie gleich darauf wieder. Beim nächsten Mal ging er es langsamer an und ließ seine Augen sich an das grelle Licht gewöhnen. Stimmen schwirrten um ihn herum und er dachte schon, er hätte das alles nur geträumt, da erblickte er die Gestalten, die um sein Lager standen. Er kannte sie alle nicht, zumindest sagten ihm ihre Gesichter auf den ersten Moment hin nichts. Als er seinen Blick weiter schweifen ließ, verharrte er abrupt bei einer Gestalt an der Tür. Diesen Mann würde er nie wieder vergessen können. Der Mann mit der Axt. Seine Aura hatte etwas beständig bedrohliches, angsteinflößendes. Überlegenheit gepaart mit Stärke, Kraft und einer Boshaftigkeit, die alles andere übertraf, dass Ren jemals in seinem Leben gesehen oder gespielt hatte. Er hatte schon häufiger Rollen von zornigen und einfach nur unmenschlichen Personen gespielt, doch jemals vor einem solchen Menschen zu stehen, übertraf seine Fantasie. Um nicht länger in das erstarrte Gesicht des Mannes blicken zu müssen, wandte er sich wieder den Leuten um sein Bett herum zu. Wieso lag er überhaupt in einem Bett? War er zuletzt nicht in einem Auto eingeschlafen bzw. bewusstlos geworden? Wo war er jetzt überhaupt? Und wo war Kyoko? Plötzlich öffnete sich die Tür und eine Person trat ein. Der Mann mit der Axt war verschwunden. Die Tür schloss sich leise wieder. Gebannt starrte Ren den Neuankömmling an. Irgendwoher kannte er sie. Dass es sich um ein weibliches Wesen handelte, war leicht zu erkennen, doch ihr Gesicht lag im Dunkeln. Kurz blieb sie stehen und musterte ihn, dann trat sie vollständig in das Licht, das fast ausschließlich nur um sein Bett herum brannte. Ihre Stimme ließ in zusammenzucken.

„Habt Ihr gut geschlafen, Tsuruga-san?“

Die Erinnerung traf ihn wie ein Schlag. Die Dreharbeiten von „Dark Moon“. Eine unscheinbare Person, die eine unscheinbare Rolle im Film spielte. Die ihn ständig mit Blicken verfolgte, sich jedoch niemals traute, ihn anzusprechen. Mayumi Takigawa. Steckte sie hinter all dem? Aber aus welchem Grund sollte sie so weit gehen?

„Wieso?“, fragte er mit leiser Stimme, die selbst in seinen Ohren fremd klang.

„Wieso? Das fragt Ihr noch? Ich habe alles getan, um Eure Aufmerksamkeit zu erhalten, doch Ihr habt...“ Abrupt brach sie ab. „Das ist jetzt nicht weiter wichtig.“

„Wieso Kyoko?“

Einen Moment lang starrte sie ihn hasserfüllt an, dann gewann ihre Maske wieder die Oberhand und ihre Gesichtszüge wurden ausdruckslos. „Eben aus diesem Grund. Kyoko. Sie stand im Weg. Also musste sie beseitigt werden.“ Die anderen Personen um sie herum grinsten breit. Es war ihr Job. Grausamkeit. Grausamkeit war ihr Job. Härte gehörte zu ihrem Geschäft. Barmherzigkeit? Darauf konnte man lange warten.

„Was habt ihr mit ihr gemacht?“, fragte er lauter werdend. Er schälte sich aus den Bettlaken und setzte sich auf. Mayumi Takigawa war eine kleine Frau. Selbst im Sitzen war sie genauso groß wie er. Ihre kalten Augen blitzten.

„Wollt Ihr es wirklich sehen, Tsuruga-san?“ Vergnügen huschte über ihre Züge, als er kurz angebunden nickte. Mit einem Schnippen öffnete sich ein Teil der Wand und ein Fernseher war zu erkennen. Mayumi trat einen Schritt von ihm weg und auf den Bildschirm zu, nahm eine Fernbedienung in die Hand und drückte einen Knopf. Das Bild flackerte und wurde klarer. Ren gab ein ersticktes Keuchen von sich. Steinwände bildeten ein dunkles Verließ. Durch einen schmalen Spalt fiel ein bisschen Licht in das Gefängnis, doch die Finsternis konnte es nicht durchdringen. Er konnte sich den Gestank förmlich vorstellen, so viel Dreck lag auf dem Boden. In der hintersten Ecke, halb verborgen im Schatten, lag eine Gestalt zusammengekauert auf dem Boden. Ihre Kleidung war zerrissen, die Haare waren schmutzig, Arme und Beine von blutigen Striemen überzogen. Kyoko.

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sooo...wie scho gesacht...ein kurzes chap ^^ zu mehr hat die zeit net gereicht, auch wenn ich grad ferien hab *gg* würd mich über kommis freun :)))
 

lg

black_wolf

Schatten der Vergangenheit

soo xDD das chap kommt jetz en bissl früher, is allerdings auch kürzer als die anderen xDD hatte keine lust mehr weiterzuschreiben, sorry *löl* un war eig auch ne ganz gute stelle, um abzubrechen xDD na ja ^^ das lest ihr ja dann selbst ^^
 

@punky93: sorry, das sollte natürlich Axt anstatt Angst sein *löl* war mal wieder mit meinen gedanken woanders xDD du kennst mich ja *lach* hdggggggggggggggggggggggggggggggsmdl *knuddel*knuff* ;)

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Leise rasselten Ketten in der Stille. Flacher Atem war zu hören und ein unterdrücktes Schluchzen. Zitternd hatte sie sich in eine Ecke zurückgezogen. Eine Ecke, die ihr noch zu lebhaft in Erinnerung war. Dunkelheit umgab sie, der schmale Lichtstreifen fiel genau auf die Tür. Wie ein Stückchen Hoffnung, ein Stückchen Freiheit, ein Stückchen Frieden. Etwas, dass so nah und doch gleichzeitig so fern lag. Pure Ironie, denn es gaukelte einem etwas vor, dass es hier unten nicht zu erreichen gab.

Sie bewegte sich ein bisschen. Wieder rasselten die Ketten, gaben ein nahezu beruhigendes Geräusch von sich. Beruhigend. Leise lachte sie auf. Solange sie hier unten war, konnten sie ihr nichts antun. Aber irgendwann würden sie wiederkommen. Wie sie es versprochen hatten. Sie hätte es beinahe vergessen, den modrigen Geruch, der Geruch nach Blut, Ausdünstungen, Exkrementen und Tod. Nur durch ihn hätte sie es beinahe vergessen. Ihre Vergangenheit. Schon einmal hatte er sie vor ihrer Vergangenheit beschützt und es ihr leichter gemacht, damit abzuschließen, um in ein neues Leben einzutreten. War das nun die Strafe für diesen Wunsch? Den Wunsch, eine einfache Schauspielerin zu sein, mit einem Mann an ihrer Seite, der zugleich Mentor und Freund war. Mehr hatte sie sich nicht gewünscht. Am Anfang war noch der Wunsch nach Erfolg vorhanden, doch nachdem sie mit Sho abgeschlossen hatte, war es ihr egal geworden. Die Dreharbeiten von „Dark Moon“ hatten ihr dabei geholfen. Und natürlich eine Person, die ihr mehr bedeutete, als sie zu sagen vermochte. Ren. Sie hätte niemals seine Hilfe annehmen dürfen. Hätte sie sich nur von ihm ferngehalten, wie sie es am Anfang hatte tun wollen. Aber andererseits: Hatte er nicht immer die Initiative ergriffen? Er hatte sie angesprochen, mit ihr geredet, sie aufgemuntert, wenn es ihr schlecht ging, sie auf den Boden zurückgeholt, wenn sie zu viele Sterne vom Himmel holen wollte. Ob sie ihn geholt hatten? Hatte sie ihm schon zu viel anvertraut? Hatte sie ihnen damit Grund genug gegeben, um ihm das gleiche Schicksal zuzumuten, dass sie bereits durchmachen musste?

Verzweifelt ließ sie ihren Kopf an die Wand hinter sich sinken. Die Schnitte an ihren Armen und Beinen bemerkte sie gar nicht richtig. Dafür war sie in ihrem Inneren viel zu aufgewühlt. Das Blut trocknete auf den Wunden, hinterließ dunkle Krusten. Gedankenverloren kratzte sie sie ab. Der Schmerz brachte sie abrupt zurück in die Gegenwart. Tränen liefen an ihren Wangen herab. Verwundert fing sie eine mit dem Finger auf. Seit wann weinte sie?

Plötzlich hörte sie Schritte. Reflexartig versuchte sie sich noch tiefer in den Schatten zu verbergen, doch die Wand hinderte sie daran. In unregelmäßigen Abständen kamen mehrere Paar Schuhe auf dem Boden auf. Ein schlurfendes Geräusch kam hinzu. Kyoko schluckte schwer. Die Geräusche verklungen. Schlüssel rasselten. Panisch drückte sie sich gegen die steinigen Mauern. Ihre Ketten scheuerten ihre Fußgelenke auf, doch sie beachtete es nicht. Ihre Finger krallten sich automatisch in ihre Handflächen, warmes Blut sickerte aus den neuen Wunden. Mit flachem Atem lauschte sie. Dieses schlurfende Geräusch...Sie kannte es. Jede Nacht war es ihr in ihre tiefsten Albträume gefolgt, unaufhörlich, bis sie vor Angst schwitzend und mit zerwühlten Bettlaken erwachte. Doch das hier war kein Traum mehr. Die Realität hatte sie wieder eingeholt und fest in ihrem Griff.

Ein Schlüssel fand seinen Weg in das Schloss. Mit einem Knirschen wurde er herumgedreht. Kyoko verhielt sich still. Vielleicht gingen sie doch noch weiter. Vielleicht war sie doch noch nicht an der Reihe. Leise knarrend öffnete sich die Tür. Kyoko schloss die Augen. Sie spürte einen Hauch Wärme, Fackeln. Sie kniff die Augen noch fester zusammen. Sie konnte sich nicht mehr verstecken. Seit sie wieder hier war, war alles vollkommen hoffnungslos geworden.

Etwas Schweres wurde beiseite gelegt. Sie traute sich immer noch nicht, ihre Augen zu öffnen. Hart wurde sie am Kinn gepackt. Ihr Körper schrie vor Schmerz bei dieser brutalen Behandlung. Nur ein Stöhnen kam über ihre aufgesprungenen Lippen.

„Haben sie dich also wieder einfangen können, meine Süße?“ Er lachte leise. Sie zitterte stärker, versuchte aber nicht, sich aus seinem Griff zu befreien.

„Schau mich an!“, zischte eine Stimme direkt neben ihrem Ohr. Ohne zu zögern folgte sie seinem Befehl. Braune, kalte Augen starrten ihr entgegen. Vertraute Augen. Ein kantiges Gesicht, eine Narbe verlief quer über seine rechte Wange. War sie neu hinzugekommen? Sie ließ einen Moment ihren Blick schweifen und erhaschte am Rande ihres Blickfeldes weitere Menschen. Was sie wohl alle hier wollten? Zusehen, wie sie vor Angst zerging? Wie sie sich den Tod erflehte?

„Da erwartet dich jemand zu sehen, meine Süße.“ Leise flüsterte er ihr noch etwas ins Ohr. Kyoko erbleichte leicht und nickte. Eine Nacht. Dann gehörst du wieder mir.

Er stand auf und nahm seine Axt wieder an sich. Mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht befahl er den Männern hinter sich näher zu kommen. Sofort erkannte sie die große Gestalt in ihrer Mitte. Sie wurde noch bleicher. Also hatten sie ihn da auch noch mit hineingezogen. Aber dafür, dass er hierher verschleppt wurde, sah er noch recht gesund und munter aus. Ren. Ob er ihr das jemals verzeihen würde? Sein Gesicht glich einer Maske, sie konnte keinerlei Emotionen daran ablesen. Die Männer ließen sie allein. Vorsichtig richtete sie sich halb auf und keuchte unwillkürlich auf. Die Ketten rieben an ihren schon wunden Fußgelenken, ihre Schnitte auf Armen und Beinen brannten. Erschöpft lehnte sie sich gegen die Wand und vergaß für einen Moment, dass sie nicht allein war in der Zelle. Jetzt war alles zu Ende. Wofür hatte sie überhaupt gelebt? Nur um all das durchmachen zu müssen? Das Schicksal meinte es wirklich nicht gut mit ihr. Plötzlich spürte sie eine Hand an ihrer Wange. Erschrocken zuckte sie zusammen und machte sich reflexartig so klein wie möglich. Die Hand verschwand abrupt.

„Kyoko?“, flüsterte Ren leise. Sie sah ihn an. Keine kalten Augen, kein regungsloses Gesicht blickten ihr entgegen. Tränen traten ihr aus den Augen. Es war wie ein Wunder. Für sie hatte er seine Maske aus Stein fallen lassen. Für sie hatte er vielleicht sein Leben aufgegeben. Er hätte jede andere haben können, doch er hatte sich entschlossen, sich ihrer anzunehmen. Und jetzt war er hier. Sie war nicht allein. Solange er bei ihr blieb. Eine Nacht. Eine Nacht war ihr vergönnt, dann würde er verschwinden. Und sie mit ihm. Er hatte es verdient, alles zu erfahren. Von Anfang an. Sie würde es noch einmal durchstehen, sie würde noch einmal ihre Vergangenheit erleben, doch mit der Gewissheit, dass sie am Ende ihrer Geschichte nicht alleine stand. Wenn der Übergang ins Totenreich wirklich so war, wie er ihr in ihrem Traum erschien, dann würde sie dieses Mal nicht alleine das Wunder der Freiheit genießen, sie konnte mit der einzigen Person auf dieser Welt zu dem See laufen, der sie voll und ganz vertraute.

Sie hörte, wie sich etwas Schweres neben ihr niederließ, dann hatte Ren sie auch schon in seine Arme gezogen. Erschrocken und vor Schmerz schrie sie leise auf, entspannte sich allerdings recht schnell wieder. In dieser Situation war sie nicht allein. Sie war nicht allein. Würde es nie wieder sein. In diesem Moment konnte sie sich fallen lassen. Es war jemand da, der ihren Fall bremsen würde. Er hatte sie wirklich verdient, die Wahrheit. Wenn sie es ihm jetzt nicht erzählte, würde sie es sich später nicht verzeihen können, das wusste sie. Sie holte schon tief Luft, um ihn aufzuklären, als er ihr zuvor kam.

„Kyoko?“ Ohne sie überhaupt sprechen zu lassen, fuhr er fort, „Als ich dich vorhin sah, wurde mir eins bewusst. Ich hatte es schon vorher bemerkt. Ich konnte meinen Blick vom ersten Augenblick an, da wir uns trafen, nicht von dir nehmen. Es war wie ein Wunder. Es schien Schicksal, dass wir uns von da an immer öfter über den Weg liefen. Manchmal zufällig, manchmal bewusst. Ich wusste, dass ich dich nicht mehr in Ruhe lassen konnte. Meine Schritte folgten unwillkürlich deiner Richtung, auch wenn ich mich dagegen sträubte. Zu Anfang war ich neugierig, was aus dem kleinen Mädchen wurde, das ich einst kannte...“

„Moment“, unterbrach Kyoko verwirrt, „Wir haben uns schon einmal getroffen? Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“ Angestrengt dachte sie nach, doch an die einzige Person, an die sie sich bewusst erinnern konnte, war Koon. Und dieser saß jetzt sicherlich nicht neben ihr und sprach solch sonderbare Worte.

„Es ist schon lange her.“, meinte Ren nur ausweichend. Dass er ihr sein Geheimnis immer noch nicht anvertraute, selbst unter diesen Umständen, überraschte ihn selbst. Er wusste, dass sie sich nichts lieber wünschte als das Geheimnis um ihren alten Freund zu lüften, doch er war noch nicht bereit für eine solche Aussprache. Zu lange war es nun schon her. Sie hatten sich beide verändert, diese Episode blieb am Besten noch unausgesprochen. „Zu lange.“, murmelte er leise vor sich hin, dann fuhr er etwas lauter fort, „Zuerst war es nur ein distanziertes Interesse, dein Vorwärtskommen in der Business-Welt, die Veränderlichkeit deiner Persönlichkeit, die Gründe für deine Handlungen und letztendlich, dir das Leben nicht allzu einfach zu machen.“

Sie schnaubte. „Das haben sie auch, wer weiß nicht wie oft, geschafft.“

Er überhörte ihre Worte einfach. „Aber allmählich wurde es zu einem drängenden Bedürfnis, über dich zu wachen und auf dich aufzupassen. Schon vor den Dreharbeiten von „Dark Moon“ war mir klar, dass ich mehr für dich empfand als gut für unsere freundschaftliche Beziehung war. Ich verlange nicht, dass du mir erzählst, was hier mit dir geschah, doch du könntest mich vielleicht mehr über die Hintergründe aufklären, wo ich doch jetzt auch ein Gefangener bin.“ Er lächelte sanft und schaute sie liebevoll an. Sprachlos starrte sie zurück. Hatte er ihr da gerade seine Liebe gestanden? » So lange schon? « Sie konnte nicht genau den Zeitpunkt bestimmen, an dem ihre Gefühle sich verstärkt hatten, doch dass sie mehr als nur Freundschaft von ihm wollte, war ihr während den Dreharbeiten von „Dark Moon“ bewusst geworden. Wieso hatte er es ihr nicht schon früher gesagt? Dann hätte alles anders kommen können. Dann hätten sie hier vielleicht nicht sitzen müssen. Dann hätten sie...Nein. Es wäre dennoch geschehen, weil es geschehen musste. Musste nicht erst diese Situation eintreten, damit ihnen beiden klar wurde, was der eine für den anderen wirklich empfand und es auch zugab? Dieses Gefühl akzeptierte als das, was es war. Liebe. Sie liebte ihn und dafür wurde er bestraft.

„Es war fast direkt nach der Premiere von „Dark Moon“. Meine Tante, die ich bis dato noch nicht kannte, verstarb und hinterließ mir ihr Haus. Kurzerhand nahm ich mir eine kurze Auszeit, da ich schon neue Angebote erhalten hatte, um zu dem Anwesen meiner Tante zu fahren. Es geschah eins, zwei Tage nach meiner Ankunft, als sie mich besuchen kam...“

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soo ^^ das wars auch schon *löl*

wenn ich i-was scho in den vorigen chaps verraten ham sollte, das sich im widerspruch mit diesem chap befindet, sagts mir bitte ^^ ich wusste jetz net, ob ich schon geschrieben hatte, dass kyoko weiß, ob ren koon is oder net, ich habs kurzerhand als nein ausgelegt xDD ebenso mit dem haus...ich weiß net, wie viel ich darüber berichtet hab *gg* wie sie daran gekommen is un so ^^ is scho so lang her, dass ich die ersten chaps verfasst hab *löl* un mein gehirn is da seeeeeehr vergesslich xDD nu ja ^^ hoffe, euch hats trotzdem gefallen :)))
 

lg

black_wolf

Der Anfang einer Feindschaft

soo...das hat jetzt wirklich lange gedauert, bis mal wieder was neues von mir on kommt...ich entschuldige mich für diese umständlichkeit, aber ich hatte einfach keinen bock, weiterzuschreiben, auch wenn ich immer noch das ziel hege, diese ff endlich einmal zu beenden...aber wenn man nur sätzeweise weiterschreibt und das alle paar monate, dauert es etwas länger, bis man mal ein pitelchen fertig geschrieben hat *gg* ich verbiete euch nicht, euch auf das nächste chap zu freuen, aber das wird wahrscheinlich wieder seine zeit brauchen, denn ich bin jetz in abipanik un lieber schreibe ich fünfzig jahre net mehr an der ff weiter, als dass ich durchs abi riesel...aaaalso...

der anfang wird für euch wahrscheinlich erst einmal unverständlich sein, da ihr sicherlich nich mehr wisst, was davor so passiert is...aber ich hoff mal, dass ihr euch wieder reinlest...irgendwie...ich glaub an euch *gg* also dann...viel spaß beim lesen :)

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Neugierig stieg ich aus dem Taxi. Dass das Anwesen meiner Tante so tief in der Natur lag, hatte ich nicht vermutet. Ich wollte gar nicht wissen, wie hoch die Taxirechnung sein würde. Das war hier aber auch eine verfluchte Gegend. Nichts als Wald und Wiese. Die nächstliegende Stadt kam mir Stunden entfernt vor. Wenn ich auch nur daran dachte, das ganze Stück wieder zurücklaufen zu müssen, das ich mit dem Taxi gefahren war, kam mir das Gruseln. Wie sollte man hier nur überleben? Da musste man sich ja einen Vorrat für die nächsten zehn Monate anlegen, damit sich der Weg in die Stadt überhaupt lohnte. Obwohl Kashino den Namen Stadt überhaupt nicht verdiente. Ich hatte drei Mal den Bus wechseln müssen, um dorthin zu gelangen. Laut Reisebüro sollte Kashino nämlich die nächstliegendste Stadt sein. Als ich dann schließlich ankam, hatte ich feststellen müssen, dass das Anwesen noch ein paar gute Kilometer entfernt lag. Kurzerhand hatte ich ein Taxi beauftragt. Und nun stand ich hier. Vor einem halb zerfallenen Gebäude. Der Taxifahrer saß wartend in seinem Wagen und blickte ebenso skeptisch wie ich mich innerlich fühlte. Zögerlich trat ich auf die Haustür zu und öffnete sie. Quietschend schwang sie auf. Ein Schritt und ich war drinnen. Das Haus stürzte nicht ein. Aufatmend wagte ich mich weiter. Der Flur mündete in einer Küche, die wohl schon seit langem keinen Tropfen Wasser mehr zu spüren bekommen hatte. Hier konnte man unmöglich kochen, wenn man sich nicht unbedingt Bazillen einfangen wollte. Angeekelt wandte ich mich ab und erkundete mein neues Haus weiter. Nach zehn Minuten war ich schließlich fertig. Das Haus hatte an allen Ecken und Enden gequietscht und geknarrt, doch nirgendwo war es eingestürzt. Dennoch war mein Resultat eher ernüchternd: Die wenigen Möbel waren altmodisch und viele konnte man auch schon nicht mehr gebrauchen, die Tapeten waren potthässlich, und ich hatte auch eine Maus vorbeihuschen sehen. Von dem vielen Staub ganz zu schweigen, der sich überall eingenistet hatte. Ob ich wohl einen Käufer finden konnte, der das Haus auch ohne Renovierungen wollte? Wohl kaum. Seufzend begann ich, die nötigsten Mittel für eine Instandsetzung auf einen Zettel zu kritzeln. Vielleicht wäre es sogar am sinnvollsten, das gesamte Haus abreißen zu lassen und den Grund und Boden zu verkaufen. Aber als ich daran dachte, dass eine meiner Verwandten genau mir dieses Haus vermacht hatte, verwarf ich diesen Gedanken wieder. Meine Familie war noch nie besonders nett zu mir. Auch wenn das Haus überall Makel aufwies, es gehörte mir. Und vorerst wollte ich es noch behalten. Wer weiß: Vielleicht würde es mir eines Tages von Nutzen sein. Aber vorerst musste hier einiges verändert werden, ehe es überhaupt bewohnbar war. Für den Anfang wollte ich in einem Hotel übernachten. Falls Kashino überhaupt eines besaß.

Ich kehrte meinem neuen Haus den Rücken zu und marschierte zurück zum wartenden Taxifahrer. Er sagte nichts, doch sein Blick verriet mir seine Gedanken. Ich lächelte nur unverbindlich und gab an, zurück nach Kashino zu wollen.

Am nächsten Tag kehrte ich zur Bruchbude zurück, die ich mein Eigentum schimpfen durfte. Putzmittel hatte ich in dem kleinen Ort besorgen können, jetzt musste ich nur alles in Ordnung bringen. Zumindest so viel, dass ich darin für eine kleine Weile leben konnte.

Einen halben Tag lang schuftete ich, doch das Resultat war eher niederschmetternd: Die Küche war sauber, das Wohnzimmer benutzbar, der Flur vom gröbsten Dreck befreit. Nach weiteren zwei Stunden war auch der Flur wieder sauber und das Wohnzimmer bis auf zwei Stühle, einen Tisch und einen Schrank vollkommen leer geräumt. Die restlichen Möbel hatte ich draußen auf dem Hof zusammengeworfen. Man konnte sie beim besten Willen nicht mehr verwenden.

Es fing schon an zu dämmern, als ich meine Arbeit für diesen Tag beendete. Ich stand in der Küche und begutachtete mein Werk, da hörte ich Schritte auf dem Kies. Überrascht drehte ich mich um. Und da stand sie. Mayumi Takigawa. Ich erinnerte mich noch daran, dass sie erfolglos versucht hatte, während den Dreharbeiten von „Dark Moon“ Rens Aufmerksamkeit zu erregen, doch er hatte sie nicht beachtet. Wieso stand sie also plötzlich an meiner Haustür? Neugierig trat ich einen Schritt näher und begrüßte sie.

„Takigawa-san, ich bin überrascht, Sie hier zu sehen. Kann ich Ihnen behilflich sein? Wohnen Sie hier irgendwo in der Nähe?“ »Wenn ja, müsste das ein ziemlich großer Zufall sein. Und sie hätte einen sehr langen Spaziergang unternehmen müssen, um ihrer neuen Nachbarin ihre Aufwartung zu machen.«

„Nein. Ich wohne nicht hier. Sie erkennen mich.“ Das war keine Frage, es war eine Feststellung.

„Natürlich erkenne ich Sie. Wieso sind Sie dann hier?“ Ich trat noch einen Schritt näher. Mayumi Takigawa benahm sich seltsam. Ich konnte ihr Verhalten nicht einordnen, also wandte ich einfach das an, was ich in meiner Kindheit gelernt hatte. „Kommen Sie doch herein. Draußen wird es schon dunkel. Ich kann ihnen leider keinen Tee anbieten, ich bin selbst erst gestern hier angekommen und hatte nur die Möglichkeit, für das Nötigste zu sorgen.“

Mayumi trat ohne Zögern ein. Ich geleitete sie zur Küche. Es schien fast so, als wusste sie auch ohne meine Hilfe den Weg. Ich zuckte mit den Schultern. Und wenn schon. Die Küche war schließlich nicht besonders schwer zu finden.

In der Küche angekommen, blieb sie vor dem Fenster stehen und starrte hinaus in die Landschaft. Ohne sie weiter zu beachten, bereitete ich den Tee vor. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Mayumi zu. Abwartend betrachtete ich ihren Rücken. Als hätte sie meine Blicke gespürt, fing sie auch schon an zu sprechen:

„Ein wunderschöner Tag heute, nicht wahr?“

„Ich habe nicht viel davon mitbekommen. Ich war beschäftigt.“

„Ja, ich weiß.“ Allmählich begann ich mich über Mayumi zu ärgern. Erst tauchte sie wie aus dem Nichts auf und dann konnte sie einem noch nicht einmal das Gesicht zuwenden, wenn man mit ihr sprach. Was war bloß los?

Plötzlich drehte sich Mayumi mit einem Ruck um. „Ich habe Sie beobachtet.“

Stirnrunzelnd betrachtete ich sie. „Wann?“

„Heute. Gestern. Vor ein paar Wochen. Vor ein paar Monaten.“

Hatte ich jetzt schon Wahnvorstellungen oder betrachtete sie mich gerade mit den Augen einer Raubkatze, die kurz davor stand, ihre Klauen in die Beute zu schlagen? Hm. Das konnte ja noch interessant werden. „Warum?“

„Weil ich Sie nicht mag.“

„Wenn ich jeden beobachten würde, den ich nicht mag, wäre ich den Rest meines Lebens damit beschäftigt.“

„Nun, aus sehr viel besseren Gründen sind Sie nicht ins Show-Business eingestiegen, oder?“

„Anscheinend spricht sich diese Tatsache ja ziemlich schnell herum.“

„Sie streiten es nicht ab?“

„Was? Dass ich aus Gründen des Hasses gegenüber einer bestimmten Person berühmt werden wollte? Nein, das bestreite ich nicht.“ Mein Blick verdüsterte sich bei der Erinnerung an diese Person. Ich hasste ihn immer noch. Auch wenn mein Bekanntheitsgrad immer weiter anstieg, ich konnte einfach nicht aufhören, ihn zu hassen. Ich wollte sehen, wie er sich am Boden wand, ich wollte sehen, wie sein cooles Image vor der Kamera zerbröselte wie trockener Kuchen. Meine Rache war noch nicht vollendet. Aber bald, bald schon würde Shotaro Fuwa so schnell von der Bühne verschwinden wie er zuvor aufgetaucht war.

„Das ist doch wirklich das Letzte. Aus solch biederen Gründen ins Show-Business einsteigen zu wollen...Schämen Sie sich denn gar nicht dafür? Schließlich ist die Welt dort draußen kein Kinderspiel.“

Ich musste zugeben: Ihre offene Feindseligkeit amüsierte mich. Auch wenn ich keine Ahnung hatte, womit ich sie mir verdiente. Viele hassten mich sicherlich nur aufgrund meines Motivs, aber dieser Hass reichte niemals so tief wie der ihrige.

Und trotzdem. Auch wenn mein Leitmotiv die Rache war, so hatte die Zeit auch daran etwas geändert. Es machte mir Spaß , ich liebte mittlerweile die Arbeit am Set. Und diese Erfahrung konnte mir nichts und niemand vermiesen. Kein Shotaro Fuwa, keine Mayumi Takigawa. Sollte sie mich doch hassen, so viel sie wollte. Das war ihr Problem.

„Wissen Sie: Im Spielen bin ich nicht besonders gut. Ich verliere mehr als das ich gewinne. Ich erreiche das, was ich will nicht aufgrund eines Spieles, ich erreiche es, weil ich dafür arbeite.“

„Ich kann wirklich nicht verstehen, was er an Ihnen findet. Er verabscheut Ihr Motiv noch mehr als ich es tue und dennoch akzeptiert er Ihre Nähe. Ich verstehe es nicht.“

„Von wem sprechen Sie?“, fragte ich verwirrt. Allmählich wurde ich ratlos. Und wütend. Direkt vor mir stand die Unhöflichkeit in Person. Sie war anscheinend mit dem festen Ziel gekommen, so viele Beleidigungen wie möglich auf einmal loszuwerden.

„Tun Sie nicht so, als hätten sie keine Ahnung!“, brauste Mayumi plötzlich auf, „Von wem sollte ich schon sprechen? Ich spreche natürlich von dem besten Schauspieler, den die Welt jemals gesehen hat und jemals sehen wird: Ren Tsuruga!“

Verblüfft starrte ich sie an. Sie sprach von Tsuruga-san?

„Er ist einfach nur perfekt. Egal, was er tut, es wird ihm gelingen. Sie sind ein Nichts im Vergleich zu ihm. Sie werden niemals so gut schauspielern können, dass Sie es auf sein Niveau schaffen. Er steht über Ihnen. Und Sie sollten Ihren Platz kennen.“

„Meinen Platz?“, fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Ich stand kurz vor einem Lachanfall. Anscheinend hatte ich es mit einem schwer verknallten Fan zu tun. Das war einfach nur lächerlich. »Fast ein Ebenbild meines früheren Ichs. Schwärmerisch. Total vernarrt und einfach nur dumm.«

„Ihr Platz ist zumindest nicht an seiner Seite. Er verdient etwas besseres.“

Ich konnte es nicht unterdrücken. Einer meiner Mundwinkel begann verräterisch zu zucken. Mayumi schien nichts davon zu bemerken. „Jemanden wie Sie?“

Ihr Blick wurde auf einmal verhangen, nachdenklich. Dann schüttelte sie den Kopf. „Nein. Noch bin ich nicht würdig genug, an seiner Seite leben zu dürfen. Aber ich werde besser werden.“ Ein begeistertes und verträumtes Funkeln trat in ihre Augen.

Ich versuchte ernsthaft, nicht zu Lachen. Aber ich konnte nicht anders. Es brach einfach aus mir heraus. Mayumi begann derweil wieder, mich wütend und hasserfüllt anzustarren. „Lach...mich...nicht...aus!“ Sie betonte jedes einzelne Wort, vergewisserte sich, dass ich ihren Satz auch vernommen hatte. Mit Tränen in den Augen hörte ich auf zu lachen und beobachtete sie belustigt. Zu einem Teil konnte ich sie verstehen. Früher hatte ich auch nicht anders gekonnt. Besser zu werden, um seine Aufmerksamkeit zu erringen. Besser zu werden, um ihm würdig zu sein. Besser zu werden, um nicht überflüssig zu sein. Alles nur für ihn. Egal, welches Opfer es von mir verlangte, ich tat es. Seinetwillen . Es war einfach nur dumm gewesen. Naiv. Ein Traum verpackt in eine Seifenblase. Und im nächsten Moment war sie schon geplatzt. Und was war zurückgeblieben? Ein junges Mädchen, das alles aufgegeben hatte, um demjenigen zu folgen, den es vergötterte. Ich konnte mich wirklich glücklich schätzen, dass mir die Augen geöffnet wurden. Für nichts in der Welt hätte ich mein altes Leben wiederhaben wollen.

„Ich sagte, du sollst mich nicht auslachen!!“, schrie Mayumi mich an. Überrascht betrachtete ich sie. Ich hatte doch schon längst aufgehört, was wollte sie also jetzt noch? So wütend hatte ich selten einen Menschen gesehen. Vollkommen irrationaler Zorn. Mayumi kam einen Schritt auf mich zu, blieb stehen und hob drohend die Hand. „Wehe, du wagst es, noch einmal über mich zu lachen! Ich bin besser als du, in jeglicher Hinsicht. Ich könnte dich ohne große Mühe aus dem Verkehr ziehen. Denk bloß nicht zu hoch von dir selbst!“

„Ich tue doch gar nichts.“, meinte ich trocken. »Aus dem Verkehr ziehen? Soll das eine Drohung sein?« Amüsiert schmunzelte ich.

„Halte dich fern von Tsuruga-senpai!“

„Dürfte ich Sie darauf hinweisen, dass Sie mein Privatleben nichts angeht? Mit wem ich rede oder nicht rede, fällt nicht in Ihren Aufgabenbereich. Wenn Sie jetzt bitte so gütig wären, mein Haus zu verlassen?“ Ich wusste nicht, wieso ihre Worte mich so sehr in Rage versetzten. Es sollte mir eigentlich egal sein. Vor allem wenn Ren Tsuruga ins Spiel kam. Zwischen uns bestand eine professionelle Beziehung, nichts intimes. War es vielleicht diese Tatsache, die mich so zornig stimmte? »Nein. Das würde ja bedeuten...Nein!« Aber ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz einen kleinen freudigen Sprung bei der Erinnerung an ihn machte.

„Das wirst du mir büßen. Ich werde dafür Sorge tragen, dass du freiwillig das Show-Business verlässt und Tsuruga-senpai aufgibst. Du wirst dich selbst nicht mehr im Spiegel erkennen, ich werde dir alles nehmen, was du dir auf so prüde Weise genommen hast!“ Mit diesen Worten rauschte sie an mir vorbei. Ich spürte währenddessen wieder einmal meine kleinen, inneren Dämonen aufkommen. An der Tür blieb Mayumi noch einmal kurz stehen und drehte sich ein letztes Mal zu mir herum. Ich konnte regelrecht spüren, wie ein Schauer sie überlief, als sie mich betrachtete. Ich wandte mich ihr zu und schaute sie eiskalt an. „Verschwinden Sie. Und wagen Sie es nicht, bei mir auch nur ein zweites Mal anzuklopfen. Sie sind hier nicht mehr willkommen.“ Meine Dämonen jagten ihr hinterher, als sie die Tür aufstieß und eiligst nach draußen rannte. Als die Tür wieder zufiel, blieb ich allein zurück. Allein mit einem unbändigen Zorn. Ich schnaubte wütend. Ich musste mich ablenken. Sofort. Ich schnappte mir Putzlappen, Eimer und Besen und stürmte die Treppe in den nächsten Stock hinauf. Ich riss eine Zimmertür auf, betrachtete kurz den verstaubten Raum und ernannte es anschließend zu meinem Schlafzimmer. Wie eine Wilde begann ich zu putzen. Nach nur einer halben Stunde war ich mit dem größten Teil fertig und ließ mich erschöpft auf einen Stuhl fallen, der im Zimmer stand.

„Das hat gut getan.“ Ich streckte mich und betrachtete zufrieden mein Werk. Mein Zorn war verraucht.

Als ich auf die Uhr schaute, erstarrte ich erschrocken. Kurz vor neunzehn Uhr, das Taxi musste in wenigen Minuten mein Haus erreichen. Schnell packte ich meine Siebensachen zusammen und schloss anschließend sorgfältig mein Haus ab. Für einen Tag hatte ich viel erreicht. Als nächstes musste ein Bett her, damit ich nicht die ganze Zeit über im Hotel übernachten musste. Ich hatte zwar einiges an Geld durch „Dark Moon“ verdient, aber ein Millionär war ich deswegen noch nicht. Hoffentlich fand ich irgendwo ein gebrauchtes Bett zu einem geringen Preis. Aber darüber konnte ich mir auch noch am nächsten Tag Gedanken machen.

Ungeduldig wartete ich auf mein Taxi. Doch ich hörte kein Motorengeräusch, kein Auto war in Sichtweite. Eine seltsame Stille lastete auf der Landschaft um mich herum. Und plötzlich hatte ich das eigenartige Gefühl, angestarrt zu werden. Ich drehte mich einmal im Kreis, aber da war niemand. Ob sich wohl Mayumi hinter diesem Streich versteckte? Wenn ja, beschloss ich, sie zu ignorieren. Sicherheitshalber behielt ich allerdings meine nähere Umgebung im Augenwinkel, um nicht doch einer unangenehmen Überraschung zu unterliegen. Da bewegten sich plötzlich die Büsche direkt mir gegenüber. »Aha. Das Versteckspiel ist jetzt wohl beendet.« Ich machte schon den Mund auf, um Mayumi anzuschreien, als sich ein sehr viel größerer Schatten aus den Gebüschen quälte als Mayumi ihn jemals werfen könnte. Ich klappte den Mund wieder zu und wartete. Der Schatten bewegte sich langsam auf mich zu. Eine Männergestalt. Und er hielt etwas Unförmiges in seiner riesigen Hand. Beim Nähertreten erkannte ich eine Axt. Erstaunt starrte ich ihn an. Wer trug heutzutage noch eine Axt mit sich herum? Dumme Frage. Wer wohl? Das musste ein Schauspieler sein.

„Hey, Sie da!“, rief ich ihm zu, „Falls Sie sich verirrt haben sollten, hier in der Umgebung finden keine Dreharbeiten statt.“ Der Mann blieb stehen.

„Ich bin kein Schauspieler.“

„Natürlich nicht.“ » Für wie blöd hält der mich eigentlich?« Heute war einfach nur total verhext.

„Ich suche jemanden.“, fuhr er fort und bewegte sich wieder auf mich zu. Der Mann war wirklich riesig. Riesig und breit. Unwillkürlich wollte ich ein Stück zurückweichen, um ihm besser im Blick zu haben, zwang mich aber dazu, stehen zu bleiben.

„Hier?“, fragte ich ungläubig. Außer mir und ihm war hier weit und breit keine Menschenseele. Davon hätte ich erfahren.

„Ihr Name lautet Kyoko Mogami.“

„Die steht direkt vor Ihnen, Mister...?“

„Mein Name ist unwichtig.“ Er trat einen weiteren Schritt auf mich zu. Wir standen uns nun direkt gegenüber. „Ich muss Sie bitten, mir zu folgen.“ Braune Augen starrten mich an. Sie waren vollkommen kalt, als könnte nichts auf der Welt sie erwärmen. Abwehrend trat ich einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wieso?“

„Ich kann Sie auch mit Gewalt dazu zwingen, Mogami-san.“, sagte er gleichgültig, als wenn es keinen Unterschied für ihn machen würde, ob ich freiwillig kam oder nicht. Machte es für ihn wahrscheinlich auch nicht. Mit seinen Muskeln konnte er bestimmt zwei widerspenstige Kyokos abführen. Aber so leicht würde ich mich nicht einschüchtern lassen. Ein dämonisches Lächeln funkelte um meinen Mund herum.

„Wenn Sie mir sagen, wohin die Reise geht, werde ich es mir vielleicht überlegen, aber zwingen lassen, werde ich mich nicht.“ Ich spürte, wie sich meine Aura verdunkelte, meine Dämonen wieder in meinem alten Zorn auftauchten und gegen den fremden Mann anstürmten. Den kümmerten sie allerdings nicht. Er ließ sie ihren Angriff durchführen und schnitt sie dann mit einer einzigen Handbewegung ab. Überrascht starrte ich ihn an. Eine solche Reaktion hatte ich nicht erwartet. Dieser Mann war so unerreichbar wie die nächstliegendste Stadt in dieser Wildnis.

„Wie ich bereits sagte, Mogami-san: Gewalt ist stets ein gutes Mittel, um zu seinem Ziel zu gelangen.“

Meine Dämonen zuckten zu mir zurück, immer noch geladen mit Zorn, jetzt mischte sich allerdings noch ein anderer Duft hinzu. Ein Hauch von Angst. Es war an der Zeit, einen Rückzug zu machen. Das Taxi musste sich schon auf dem Weg hierher befinden. Ich konnte ihm also entgegenlaufen. Oder besser gesagt rennen. Die Axt würde den Mann um einiges zurückwerfen. Ich war eine gute Sprinterin. Also los. Und mit diesem Gedanken zischte ich los. An dem Mann vorbei, die Straße entlang. Ich muss zugeben: So schnell bin ich noch nie in meinem Leben gerannt. Wenn es mit der Schauspielerei nicht klappte, dann könnte ich jederzeit bei Olympia antreten. Die Landschaft rauschte an mir vorbei und ich spürte den Boden kaum unter meinen Füßen. Ich habe zu diesem Zeitpunkt wirklich geglaubt, nichts und niemand könnte mich einholen. Aber wenn man sich bei einer Sache zu sicher ist, muss hinter der nächsten Tür natürlich die Enttäuschung lauern. In meinem Fall hinter der nächsten Kurve. Vielleicht hätte ich entkommen können, vielleicht auch nicht. Hinterher beschäftigt man sich zwar oft mit diesen Gedanken, aber die Vergangenheit ändern, tun sie nicht.

Aber ihr wollt sicherlich wissen, was sich hinter dieser Kurve versteckte. Keine Sorge, es ist nicht der Mann mit der Axt. Es ist der Mann mit der Axt neben der Leiche meines Taxifahrers. Ich hatte gerade noch Zeit zu beobachten, dass der eine lächelte und der andere nicht, als ich auch schon über meine eigenen Füße stolperte und stürzte.

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das wars mal wieder...wurde etwas kürzer als die anderen chaps, ich weiß xDD und der anfang is langweilig...aber mir gefällt das ende ^^ mal schaun, wie ich weiterschreiben werde :P
 

lg euer

wölfchen



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Von: abgemeldet
2009-02-14T22:49:01+00:00 14.02.2009 23:49
Hallo,
ja Wahnsinn, da ist ja tatsächlich was Neues von Dir! Super!
Aber bitte, schreib diesmal schneller weiter, ja? ;)
Ich bemüh mich ja, nicht ungeduldig zu sein, aber weniger als 2 Jahre dürfen es schon sein...

Gratulation zum Chap, es ist gut =D Besonders das Ende. Ich mag Deinen Schreibstil sehr, aber das weißt Du ja. Bin sehr gespannt, wie sich die Sachen zusammenfügen werden...

Panta
Von:  Kuon-kun
2009-02-08T22:59:32+00:00 08.02.2009 23:59
Hehe... *zwischen lachen und ärgern pendel*
Also wirklich, das ist ne typische Autorenkrankheit *g* Man findet immer geeignete Kliffhanger, um seine Leser zappeln zu lassen ;) *gg*

Erstmal klasse, dass von dir auch wieder ein Kapitel online ist! :D
War richtig überrascht und habe zur Sicherheit nochmal Kap. 15 gelesen, bevor ich hier angefangen habe. Gott sei dank, sonst wäre ich wirklich aus der Storyline draußen gewesen. ^^
Und alle Achtung, langsam kommt also Licht in das Dunkel von Kyokos Erlebnissen. :) Bin schon riesig gespannt, wie es weitergeht! Ich würde auch gerne schreiben "Schreib bitte bald weiter", aber da ich den Abistress selbst durchgemacht habe, kann ich verstehen welcher Druck das ist.
Daher sage ich besser: Viel Erfolg bei den Klausuren und auch den mündlichen Prüfungen! :D Ich drück dir die Daumen, dass du die Punktzahlen erreichst, die du möchtest. ;)

gruß
Mi-chan
Von:  Kyoko-Hizuri
2009-02-08T21:20:00+00:00 08.02.2009 22:20
ich kann es nicht glauben...*sprachlos*
nur weil Ren "angeblich" damals nicht in sie verliebt war, ist Kyoko so geworden, ich kanns nicht fassen...*leichtverärgertwirk*
man...,naja ich freue mich das du wieder weiter schreibst und hoffe das nächste Kap dauert NICHT 2 Jahre^__^
bis dann
Kyo-Hizu
Von: abgemeldet
2009-02-08T20:06:06+00:00 08.02.2009 21:06
Super schaurig das Kap...*zitter*
Endlich weiß ich, warum Kyoko so is.
Einfach geil geschrieben.
Weiter so.Freu mich schon aufs nächste Kap.
Bis die Tage.
Gruß Angel ^-^

Von:  Susilein
2009-02-08T18:51:20+00:00 08.02.2009 19:51
das Kap war cool *-*
voll hefti was diese Frau von Kyoko verlangt nur weil die zu vernarrt in ren ist O__o
okay.. wie gehts weiter?
weiter so^o^

Angel
Von: abgemeldet
2008-10-21T19:37:23+00:00 21.10.2008 21:37
Hey

Wow war ich schon lange nicht mehr hier. Dachte mir ich les mal deine FF weiter. Sry das ich so lange auf mich hab warten hab lassen.

Aber hat sich echt gelohnt, keine Frage. Voll gemein das es genau DA aufhöhrt aber ich will jetzt unbedingt den schluss wissen, was mich schon echt crazy macht. Bin kein Gedultsmensch aber naja ich warte

Falls du lust hast, würde ich mich aber freuen wenn du mir per ens bescheidgibst das du ein neues Kappi freistellst. Bin ohnehin schon voll selten da und ob ich da noch groß rumsuchen würde kp
glg
Von:  Susilein
2007-12-07T17:43:27+00:00 07.12.2007 18:43
coooooooooooooooool Xd
mach weiter, es ist so schön^^
Von: abgemeldet
2007-11-29T08:41:10+00:00 29.11.2007 09:41
hi da du dich bei skip beat angemeldet hast bist du auch ein Fan oder?
Und ich bin jetzt ganz ehrlich. Kyoko würde doch nie selbstmord begehen vorallem weil sie so taff ist und keiner der vor etwas davon läuft.

Haine-chan11
Von:  Sorcha_Nyx
2007-08-29T23:06:53+00:00 30.08.2007 01:06
Das war mal wieder ein sehr gelungenes Chap!!!!! ^^ Sogar Romantik war dabei!!! Kam ja sehr überraschend (zumindest bei dieser hammermäßig düsteren Fanfic ^^)!!! Fand ich gut!!! Aber dieser fiese Cliffhanger wieder...immer das gleiche...ich reg mich da jetz auch (ausnahmsweise mal) nich auf...!!! Aba BITTE: Schreib GANZ SCHNELL weiter!!!!!! Bin schon so gespannt wies weiter geht!!!! Also bitte mach so schnell du kannst!!!!! LG!!! Ren
Von: abgemeldet
2007-08-19T16:11:28+00:00 19.08.2007 18:11
ich finde du schreibst sehr lebensecht...echt gut....und dieses Kap macht einem schon wahnsinnig gespannt aufs nächste...na ja die Umgebung ist ja nicht gerade romantisch...aber wie du scheibst einfach wunderbar...also weiter so !!!!Lg Clarissa

P.s. Ich hoffe Ren klärt alles... ``glänzende Augen bekommt ^` jetzt wirds noch spannender


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