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Walking On Sunshine

A Futurama Story
von

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Mondlichtstreifen

Autor: Tsutsumi

Titel: Walking on Sunshine

Kapiteltitel: Mondlichtstreifen

Teil: 3/?

Disclaimer: Keiner der Charaktere aus Futurama gehört mir, sondern Matt Groening. Ich leihe sie mir nur aus und gebe sie (hoffentlich) unbeschädigt zurück. Ebenso hat das nix mit Geldverdienen zu tun.^^

Warning: sappy, minimal silly, kitsch, leichte OOCness

Feedback: Immer gern gesehen^^
 

Walking On Sunshine
 

Phase 3: Mondlichtstreifen
 

Es war seltsam, wie sich eine Miniaturwelt in einer Stadt entfalten konnte. Wie zwischen Dämmernebel und Mülltonnen das bescheidene metallische Silber glänzen konnte, wie das Tauwasser an den roten Häuserwänden herunterrann, in den kalten Oktoberhimmel hineinschmolz.

Manchmal stolperte man von seiner eigenen relativ begrenzten Welt in eine ganz andere, die schon an der nächsten Straßenecke anfangen konnte, aber wirkte wie eine andere Galaxis. Andere Gerüche, andere Bilder, andere Geräusche und ganz andere Menschen.

Die Verwirrung trat aber erst auf, wenn sich beide Welten zu vermischen schienen. Wenn man nicht mehr wusste, ob dies tatsächlich die Wahrheit war, oder nur ein Stück Fiktion, die sich das Großhirn zusammensammelte.

Verwirrung.
 

In der Ferne uhuten die Eulen über den kaputten Dächern, sammelten sich zu kleinen Schwärmen. Ich konnte das leise Piepsen der Ratten hören, die in der Kanalisation nach ihrem Abendessen suchten, sich mit kratzenden Geräuschen putzten.
 

Und ich versuchte, gefasst und ruhig zu wirken im Angesicht von der erschrockenen Miene meines Freundes.
 

Fry saß vor mir und schien seinen Mund gar nicht mehr zuzubekommen.

Seine Haare waren zu einem einzigen Gestrüpp geworden, wie das sprichwörtliche feuerrote Chaos. Was mir aber sehr viel schneller aufgefallen war an ihm, das waren seine Augen, unter denen sich dunkle Ringe gebildet hatten; so als hätte er sich überarbeitet oder ewig nicht geschlafen.
 

"Ja ähm...hallo Fry!" , murmelte ich und setzte ein höflich-verlegenes Lächeln auf.

Er legte, als wäre er für einen Moment lang geistesabwesend, den Kopf schief, blinzelte, noch immer sichtlich überrascht.

"Hi..Leela."

Seine Stimme klang heiserer als sonst. Wahrscheinlich dachte er gerade angestrengt nach. Darüber, wie ich ihn gefunden hatte, warum ich ihn gefunden hatte. Er hatte diesen Gesichtsausdruck aufgelegt, den ich von ihm kannte, wenn es in seinem Hirn fieberhaft arbeitete.

Doch dann schaute er mich wieder an, mit klareren Augen und diesem naiven Lächeln, welches er sonst immer aufgesetzt zu haben pflegte. Und mir fiel schlagartig auf, dass ich genau dieses Lächeln wohl am meisten vermisst hatte. Es wirkte ziemlich traurig, denn es passte nicht zu diesen müden Augen.
 

Fry räusperte sich;

"Also...also das ist echt eine Überraschung! Dich hätte ich gar nicht erwartet, zumindest nicht heute!"

Schnell waren die Hände nach oben gewandert und versuchten, die demolierte Frisur zu richten, unbezähmbar widerspenstige Haare, die nach oben abstanden, zu glätten.

"Ich hab gar nicht aufgeräumt!"

Er kicherte leise.

"Und ich hab auch gar nichts zu essen da außer ´ner Schachtel Rosinen, deren Verfallsdatum vor einem Jahr abgelaufen ist. Aber wenn ich eine probiere und in einer halben Stunde noch lebe, kann ich dir gern welche anbieten!"

Das unterdrückte Kichern hallte angenehm an den Häuserwänden wieder.

"Fry...", fing ich langsam an, doch er alberte einfach weiter;

"Also ich würde dich ja reinbitten, Leela, es ist kalt hier draußen, aber mein Karton ist nur für eine Person Platz genug. Aber wir können gern die Plätze tauschen, damit du im Warmen sitzt!"
 

Im selben Moment begann es im Nebenkarton zu rumpeln. Ein schnoddriges, krankes Husten erfüllte die Luft, hallte an den Steinmauern des Hauses ebenso wieder wie Frys heisere Stimme eben. Dann fluchte der Insasse laut, donnerte, wahrscheinlich unbeabsichtigt mit irgendeinem Körperteil gegen seine Pappkartonwand.

"Die Nachbarschaft ist ein bisschen anstrengend." , sagte Fry in unschuldigem Tonfall und grinste entschuldigend.

Ich konnte nur die Arme verschränken.

"Fry, was soll das denn?!"

Der Nachbar beruhigte sich nur ganz langsam. Er rappelte noch ein Weilchen in seinem Karton herum, dann schien er wieder eine ihm angenehme Liegeposition eingenommen zu haben und begann zu schnarchen.
 

"Du wohnst hier in einer Gosse!", sagte ich halblaut; "In einem Karton!"

"Nein, Leela, nicht einfach nur in einem Karton!", hob Fry an und zeigte stolz auf das dunkel auf die Pappe gedruckte Firmenlabel seitlich neben dem Eingangsloch.

"Hier war mal ein Tiefkühler von `Freezies´ drin, das sind doch die besten überhaupt!"

Ich rollte mein Auge entnervt gen Himmel;

"Es ist doch völlig egal, was mal da drin war! Jetzt bist du da drin, aber das solltest du eigentlich gar nicht sein! Du solltest in einer mindestens 30 Quadratmeter großen Wohnung sitzen und dir ein Sandwich machen anstatt dich an abgelaufenen Rosinen zu vergiften!"
 

Das reichte schon, um Frys aufgesetztes und falsches Grinsen abblättern zu lassen. Ich sah, wie er langsam den Kopf hängenließ, als sei er ertappt worden wie ein kleiner Junge. In diesem Moment kam es mir so vor, als würde ich ihn zum ersten Mal, seit ich hier hockte, richtig ansehen.

Fry hatte sich seit einer Ewigkeit wohl nicht mehr rasiert. Er sah seltsam aus mit diesem Bart, diesen hellen, roten Härchen. Zudem sahen seine Klamotten ziemlich mitgenommen aus; an der blauen Hose klebte starrer Dreck, als sei Fry durch Schlamm gewatet. Die Jacke hatte hellbraune, wässerige Flecken bekommen, die man jedoch schwerer sah als die an der Hose. Die mussten vom Schlafen auf dem aufgeweichten Karton kommen.

Über allem saß Frys betrübter und müder Ausdruck, der auf eine erschreckende Weise so niedergeschlagen und resigniert die Gedanken des Jungen wiederzuspiegeln schien. So als ob er dieses Mal überhaupt nicht bereit war, sich wieder aufzurappeln.
 

"Tut mir Leid, Leela."
 

Er setzte sich langsam, wie in Zeitlupe, in den Schneidersitz, schob den rechten Fuß mit der Mickey Mouse-Socke unter das linke Schienbein und schaute reuevoll zu Boden.

"Ich kann nur sagen, dass meine Versagerkarriere jetzt wohl endlich komplett ist an Erfahrungen und Niedergangsmöglichkeiten."
 

Über seinen Augen, die selbst im Dämmernebel so hell wie Wasserspritzer wirkten, erhob sich der sich dunkel einfärbende Himmel, schillerte in dunklen Blautönen und im heimeligen Grau einiger Smogwolken. Ich fand, dass der Gegensatz zu Frys roten, zerwuschelten Haaren und diesem Abendhimmelsblau harmonisch wirkte.

Doch er ließ den Kopf nur weiter hängen, während er müde seine einst weißen, aber nunmehr graubraunen Socken ansah, mit dem linken großen Zeh wackelte, als sei er in Gedanken vollkommen verloren.
 

"Fry", setzte ich leise wieder an. "Warum hast du dich nie bei uns gemeldet? Wieso hast du mich nie angerufen und gesagt, dass du in der Klemme bist?" Ich stützte nachdenklich die Wange in meine Hand.

"Das hast du doch sonst immer so gemacht. Ich hätte dir geholfen bei deiner Jobsuche. Oder bei der Suche nach ´ner neuen Wohnung."

Über all den Worten spürte ich, wie meine Grimmigkeit und der leichte Ärger über Fry verflogen. Und auch das seltsame, ständig nervöse Gefühl, welches mir heute den ganzen Tag die Knie so weich wie Schokolade gewandelt hatte, war wie weggepustet. Jetzt, da ich Fry sehen konnte, da ich wusste, dass ihm weder Nieren noch die Harnblase fehlten, dass er nicht komatös irgendwo herumlag, zusammengeschlagen und beraubt.
 

Philip fuhr sich müde und erschöpft mit der Hand durch das blasse Gesicht, durch die Bartstoppeln und blieb damit in den hellen Haaren hängen, halb eingekrallt in einzelne Strähnen.

"Eben!", sagte die heisere Stimme leise; "Sonst hab ich das eben gemacht. Eigentlich...hab ich ja nie etwas anderes gemacht."

Er sah vorsichtig hoch in mein Auge.

"Wie damals, als ich vom College geflogen bin und zu Hause nur vor´m Fernseher saß. Oder eben als ihr mich bei "Planet Express" rausgeschmissen habt. Danach habe ich wieder nur vor´m Fernseher gesessen und jede Nacht die Wiederholungen von "All my curcuits" gesehen. Wie ein Einsiedlershrimp habe ich nur daheim rumgesessen und irgendwie gar nicht wirklich existiert."
 

Jetzt schaue ich zu Boden.

"Krebs." Ich hatte mit einem Mal einen Kloß im Hals. "Es heißt Einsiedlerkrebs."

Und Fry folgte meinem Blick, ich konnte seine Verlegenheit wie das Herzblut so stark unter seiner Haut pochen hören.

"Oh."

"Aber..."

Irgendwo schrie eine Katze.

"Warum hast du dich nicht einfach aufgerafft und dir einen neuen Job gesucht?", fragte ich.

"So wie ich das sehe, hast du ja nicht einmal das gemacht."

Ein weiteres Mal wurde meinem Blick ausgewichen.

"Das ist..." Jetzt rieb mein ehemaliger Lieferjunge sich umständlich den Nacken. Immerhin sah er jetzt nicht mehr nur auf den Asphalt zu seinen Füßen. Jetzt schaute er zu dem ungesunden Nachbarn, der noch immer an seinem halb kompostierten Sandwich herumnagte.

"Ich...ich hab..."

Wieder Nackenreiben.

"Ich meine..."
 

Je länger ich dahockte und spürte, wie Fry verzweifelt versuchte, mir einen Grund auf meine Frage zu nennen, desto mehr fühlte ich, dass etwas Ungeheures passiert sein musste. Ich konnte mir nicht ausmalen, wann oder wo. Oder was überhaupt mit meinem ehemaligen Kollegen geschehen war. Aber ich hatte ihn noch nie so gesehen, noch nie so voller Resignation, Verlegenheit und ohne jegliche "Ach-rutsch-mir-doch-den-Buckel-runter"-Manier. Es fühlte sich unheimlich an, seltsam und gleichzeitig faszinierend. Mir eröffnete sich hier in dieser Gosse eine ganz neue Seite des kleinen Kosmos, der sich um Fry drehte.

Er blickte mich an mit einem traurigen Ausdruck, genau in dem Moment, in dem wieder eine Eule auf das Dach seinen Papphauses schiss;

"Ich hab doch in letzter Zeit ohnehin immer alles falsch gemacht..."
 

Genau in diesem Augenblick wusste ich, warum mein Freund hier in der schäbigsten Gegend von New New York herumsaß. In einem Pappkarton. Mit dreckigen Mickey Mouse-Strümpfen und abgelaufenen, schimmelnden Rosinen.

Er hatte sich noch nie so elend wie jetzt gefühlt.

All das sagten seine Haltung, die überheisere Stimme und vor allem seine sonst nie so traurigen Augen.
 

"Alle von euch waren sauer auf mich wegen der Sache mit dem Raumschiff.", murmelte Philip müde und schniefte, als habe er eine Erkältung. Was mich nicht gewundert hätte, es war ziemlich kalt hier an der Luft.

"Darum bin ich nicht zurückgekommen. Und deswegen habe ich auch niemanden von euch angerufen oder sonst wie genervt. Ich wollte nicht schon wieder jemandem ständig auf der Tasche liegen...oder vielmehr auf der Couch."
 

Er meinte es ernst.

Das fühlte sich seltsam an. Jetzt und hier schien Fry sich einer Art Selbstverschuldung bewusst geworden zu sein. Wie oft hatte ich ihm den Arsch retten müssen Wie oft hatte er sich durch seine Unachtsamkeit und durch pure Gedankenlosigkeit fast selbst umgebracht?

Und nun schien er sich um beinahe 180° Grad gewandelt zu haben. Es war ihm unangenehm gewesen, daran zu denken, uns um Hilfe zu bitten? Das erschien mir schon irgendwo absurd. Schließlich war es Fry.
 

"Komm schon!", versuchte ich es spielerisch;

"Bisher ist es doch auch immer so gewesen, dass du uns um Hilfe gefragt hast. Und du musst mir zustimmen, von deiner jetzigen Situation ausgehend, wär es dieses Mal auch besser gewesen..."

Der Junge lächelte ganz schwach und das Dämmerlicht warf Schatten unter seine zerzausten Haare, in die Augenhöhlen.

"Wäre es schon.", räumte er ein.

"Aber...na ja..."
 

Wie verlorengegangen suchten seine Augen den Boden ab, streiften über die Nachbarkartons, ruhelos und ohne ein festes Ziel zu suchen. Es war, als hinge die Suche nach einer passenden Antwort in diesen Augen, nach einer Antwort, die es scheinbar gar nicht gab.

Fry fühlte sich fürchterlich erschöpft an. Es war die Art, wie er mehr hing als saß, wie sein Kopf schwer hing und der Rücken beinahe rundgemacht war.

Er konnte es mir nicht sagen.

Ich hatte den Eindruck, dass er gar nichts sagen konnte. Er schwebte in einem Zustand, der einem Schock ähnelte, war regungslos, wie gefesselt von fehlender Energie. Als ob er die Welt nicht verstanden hatte.
 

Fry war plötzlich ein Inbegriff der Metapher eines hungrigen, ausgesetzten Hündchens geworden, welches nass und dreckig im Regen saß und die Leute mit traurigen Augen schaute.

Nur dass er nicht fiepte.
 

Ich sah meinen Gefundenen an, versuchte aufmunternd auszusehen und legte meine Hand auf seine. Sie war ganz kühl und klamm.

"Schon gut." Im Dämmerlicht musste mein schwaches Lächeln verzerrt aussehen.

"Diskutieren wir das ein anderes Mal."

Und da lächelte Fry mit einem Mal zurück. Auch wenn es etwas verkrüppelt wirkte im Halbdunkeln, wie ausgestopft und glanzlos. So ganz Fry-untypisch.

"Danke. Ich glaube..." Er kratzte sich langsam am Kopf.

"Ich glaube, ich bin nur etwas müde."
 

Der feuchte Asphalt knirschte ein wenig, als ich mich spontan hochdrückte. Vom Hocken waren mir die Zehen eingeschlafen.

Über uns war der Abendstern erschienen, die Venus, die wie ein unendlich entfernter Scheinwerfer schwach aus dem Orbit blinkerte. Es konnte zwar ebenso ein Touristen-Raumschiff sein, doch die Vorstellung, dass gerade ein Erden-Tourist aus der Umlaufbahn des Mars auf mich herunterschaute, ein Foto knipste und sich einen Schokoriegel einhalf, war weitaus weniger romantisch. Sofern ich Romantik überhaupt wollte.

Aber erneut spürte ich, wie etwas tief in mir endlich eine Art Ruhe gefunden hatte. Wie sich alles mit einem Mal viel wohliger und freundlicher anfühlte, war es nun der dunkle und schweigende Himmel über uns oder das kackende Eulenrudel auf dem Hausdach dort drüben.
 

"Weißt du was, Fry..."

Meine Stimme klang im stillen Abend polterig und ungelenk. Der Mann, der das Sandwich gegessen hatte, war in seine Pappbehausung zurückgekrochen. Leer und seelenlos lag das winzige Gässchen zwischen den Kartons vor mir, einzelne Seiten von Zeitungen und Flyern hoben und senkten sich sanft im Wind wie Blätter an Bäumen.
 

"Es ist dunkel und kalt. Lass uns gehen!"
 

Im feucht-klammen Nebel blickte mich der Rothaarige überrascht an, als wäre er gerade wie aus einem Schlaf geweckt worden. Seine Zehen zuckten fast unmerklich.

"Was? Gehen?" Er wirkte wie aus allen Wolken gefallen.

"Wohin denn?"

Ich verschränkte die Arme;

"Nach Hause, wohin denn sonst!"

"Aber..." Seine Stimme war so heiser, dass er sich räuspern musste.

"Aber ich will dir keine Umstände bereiten... und außerdem..."

Schnell schaute Fry sich um, hielt sich an seinem Heim aus Pappe fest.

"...außerdem kann ich meine Wohnung nicht abschließen!"

"Ich glaube kaum, dass man dir das klaut, es gibt bessere Kartons auf jeder Müllkippe." Fröstelnd kuschelte ich mich tiefer in meine Jacke.

"Außerdem... kann ich dich nicht hier alleine rumsitzen lassen mit...mit diesen Rosinen."
 

Ich musste an die Donuts denken, die ich vorhin gegessen hatte und daran, wie sehr Fry diese Donuts mochte, die mit Himbeermus gefüllt waren. In seinen schlimmsten Phasen konnte er die essen bis zum Erbrechen. Und selbst danach pflegte er sie weiterzuessen. Innerlich seufzte ich.

Irgendwo verstand ich mich selbst nicht. Im Gegensatz zu anderen Menschen, Robotern und Aliens überschlug ich mich für ihn ja geradezu.
 

"Ich mach dir bei mir ein Sandwich.", versuchte ich, Fry zu locken.

Es war seltsam, ihn zu etwas überreden zu wollen, wonach er sonst immer gebettelt hatte, was er sonst manchmal ohne zu fragen genommen hatte.

Außerdem fühlte ich mich müde von der Rennerei durch die Stadt, ich fror und ich wollte uns beiden möglichst schnell eine warme Dusche, ein Abendessen und ein Bett verschaffen.

Ich ertrug den Gedanken nicht, dass Fry im oktoberkalten Nachtnebel in einem Karton schlief, der sich mit Rattenpisse vollgesogen hatte. Er tat weh.
 

Nachdenklich saß mein Freund in seinem Pappeingang und starrte zum schon finster glitzernden Abendhimmel hinauf.

"Ein Sandwich...", murmelte er verlegen.

"Ich glaub, ich hab die letzten zwei Wochen nur von Hundekuchen und alten Hot Dogs gegessen."

Ich wusste nicht recht, ob ich ihm das glauben sollte.

"Aber ein Sandwich..."

Ganz langsam ließen seine Finger den Karton los. Auf eine bestimmte Art und Weise war Fry auch gar nicht mehr zurechnungsfähig.
 

Ich reichte ihm einfach meine Hand, um ihn zu mir hochzuziehen.

Bei mir wäre er auf jeden Fall besser dran, und im Moment war es mir egal, ob es ihn verlegen machte, in meinem Apartment herumzulungern. Sonst war er um solche Sachen auch nie verlegen gewesen. Zudem hatte er Eishände, wie ich beim Hochziehen spürte. Seine Klamotten rochen klamm und die Schuhe quatschten leise, als Fry mit den dreckigen Socken hineinschlüpfte. Über Fry, über die Gasse und das ganze Viertel hatte sich ein schwummriger Nebel gelegt, der der Nacht und dem entgültig abartigem Gestank von Fäkalien langsam wich.

Jetzt brach die schlimmste Zeit in diesem Viertel hier an; wurden die größten Drogengeschäfte abgewickelt. Jetzt musste man aufpassen, dass man nicht bei jedem fünften Schritt in eine Prostituierte reinrannte.

Es reichte mir, ich wollte uns beide schleunigst von hier verschwunden haben.

Fry stolperte einmal, als wir losliefen, sodass ich seine kalte, weiche Hand energisch fasste, um ihn hinter mir herzuziehen.

Ich konnte das Puckern seines hektischen, heiteren Pulses darin spüren.
 

~~~*~~~
 

Nein, heute keinen Kaffee mehr. Ich schwor es mir innerlich und leise, mit einem strafenden Blick auf die Kaffeemaschine, und tunkte den Teebeutel tiefer in meine Tasse.

Meine Füße schmerzten. Ich hatte sie vorsichtig auf der Platte meines Küchentisches abgelegt, während daneben Kopfschmerztabletten, Zucker für den Tee standen, sowie ein großer Teller, auf dem ich abenteuerlich Sandwiches getürmt hatte. Mit Salami, mit Schinken, Senf, Mayonnaise, Ei, Salat und Käse. Ich hatte zusammengeschmissen, was sich in den Tiefen meines Kühlschrankes angefunden hatte. Ich lehnte mich wohlig seufzend auf dem Stuhl zurück und lauschte den Geräuschen um mich herum.

Nibbler, der in seinem Körbchen schlief und mit seinem Näschen schniefte.

Die Dusche mit dem Geräusch von spritzendem Wasser, welches den Duschvorhang herunterlief.

Ich schloss müde mein Auge.
 

Neben dem Herd rumpelte die Waschmaschine leise. Wenn man durch das plastik-gläserne Bullauge im Deckel sah, dann konnte man dabei zugucken, wie sich Frys Jacke, Hose, Shirt, Schuhe, Unterhose und die Mickey-Socken im Kreis hin und herdrehten, sich verknoteten und wieder voneinander lösten. Die Klamotten und ihr Besitzer hatten eine Rundumreinigung bitter nötig.

Vor meinem geschlossenen Auge verschwommen rote und gelbe Lichtpünktchen immer wieder. Ich hegte kurzzeitig den Gedanken, morgen krank zu feiern und stattdessen den Tag im Bett zu verbringen oder von mir aus auch auf dem Fernseher, und mit Fry zusammen

Blernsball und "All my circuits" zu sehen, seine Lieblingssoap. Ich dachte daran, dass wir uns Pizza bestellen konnten, Kaffee und Slurm trinken könnten...

Dann grummelte ich leise und lauschte lieber darauf, wie das rauschende Wasser abgestellt wurde.

Das Geräusch einer sich öffnenden Schiebetür holte mich zurück aus meinen Traumtänzereien.
 

Da stand mein Gast, einzig und allein bedeckt vom Handtuch, welches er sich um die Hüften geknotet hatte. Und anscheinend hatte er das sofort umgebunden, nachdem er die Dusche verlassen hatte, denn er war noch tropfnass. Wie in irgendwelchen Duschgel-Werbungen rannen ihm Wassertröpfchen die Brust entlang, sogen sich im Handtuch fest, lagen auf den Schultern wie Tautropfen in der Nacht.

"Fertig!", grinste er und räusperte sich verlegen. Seine roten Haare waren ein einziger zerzauster Wirbel, nass und dunkel gesträhnt.

Ich lächelte Philip an.

Da war er doch wieder, der grinsende, kindlich wirkende Chaot, den ich so lange nicht mehr gesehen hatte!
 

"Ahm..."

Mein Freund watschelte langsam zum Küchentisch und ließ sich auf meinen Nachbarstuhl sinken. Er hinterließ eine Spur von Tröpfchen auf dem Parkettboden, auf dem Amy sicherlich sofort wieder ausgerutscht wäre.

"Ich meine, ich hab ja nichts dagegen, dass ich hier fast nackt rumsitze."

Mit dem Daumen zeigte Fry über seine Schulter in Richtung Waschmaschine, in der sich im Moment all sein Hab und Gut drehte.

Ich begann, meine Kopfschmerzen darüber zu vergessen. Es war nicht so, dass ich ihn noch nie nackt gesehen hatte. Solche "Zufälle" ereigneten sich auf diversen Missionen ja immer mal wieder, wenigstens dann, wenn Fry mal wieder in die Hände irgendwelcher Kampfamazonen fiel oder von Bewohnern eines fernen Sonnensystems gekidnappt und mit ihm experimentiert wurde. Natürlich passierte so etwas nur ihm in seiner Naivität des 20. Jahrhunderts.

Aber ihn hier sitzen zu lassen, so ohne alles, musste nicht sein.

"Ja, schon gut, ich werd dir solange was raussuchen."
 

Ich verpasste ihm ein schwarzes Shirt, welches mir drei Nummern zu groß war. Und typisch für sein sonstiges Verhalten, streifte er sich das Ding auch einfach über, ohne sich vorher richtig abzutrocknen. Ich musste innerlich den Kopf schütteln.

Die Suche nach einer Unterhose gestaltete sich allerdings etwas schwerer. Wir standen zusammen vor meinem Kleiderschrank, den ich hektisch zu durchwühlen begann.

"Hm, komisch.", machte Fry zwischendurch.

"Ich dachte immer, dein Kleiderschrank wäre sehr viel größer!"

Er lehnte sich leicht an die Tür des Schrankes, hinter der sich meine drei Abendkleider und Wintermäntel befanden.

"Warum?", entgegnete ich geschäftig.

Verdammt, warum hatte ich denn zweieinhalb Schubladen voller Strings? Ich hasste diese Dinger doch eigentlich. Und warum hatte ich nie daran gedacht, einem meiner Verflossenen mal eine Unterhose zu klauen um Fällen wie diesem hier vorzubeugen?

Ich seufzte leise und wälzte das Unterwäschefach noch einmal um.

"Naja, weil Frauen doch eigentlich immer so riesengroße Kleiderschränke haben."
 

Ich wandte meinen Blick vom Schrank zu Fry.

Das grelle Licht der Schlafzimmerlampe warf harte Schatten in sein Gesicht. Und plötzlich erkannte ich auf seiner Nase drei winzige Sommersprossen. Waren die schon vorher da gewesen?

"Männer haben eigentlich auch ein neues Auto in ihrer Garage stehen.", sagte ich und erschrak mich an meinem bissigen Tonfall.

"Und du hast ja nicht einmal eine Garage!"
 

Sofort veränderte sich der Ausdruck des Rothaarigen neben mir. In Sekundenschnelle war er wieder da, der Fry, den ich vorhin im Jammerviertel kennengelernt hatte. Der Fry, der den Kopf hängenließ und einen düsteren Blick tief in den hellen Augen innewohnen hatte. Sein Gesicht war mit einem Mal hart wie Holz und ich ertappte mich dabei, wie ich darauf wartete, dass er sich umdrehte und davonlief.

Ich Trampel hatte meinen Finger mitten in die klaffende Wunde gelegt.
 

Ohne nachzudenken fasste ich vorsichtig nach seiner Hand.

"Tut mir Leid..."

Sein bekümmerter Gesichtsausdruck gab mir einen Stich, der wie ein Blitz durch meinen Kopf jagte. Da war sie wieder, meine Migräne.

"Ich hätte das nicht sagen dürfen!"
 

Ich weiß nicht, was es war, was plötzlich diesen Moment so gefror. Ich habe keine Ahnung, ob es an seinem traurigen Blick lag, der mit einem Mal an die Oberfläche brach, ob es das feuchte Glänzen in seinen wasserhellen Augen war, welches mir den Eindruck bescherte, dass die Lampe im Zimmer zu flackern begann. Vielleicht schämte ich mich auch so sehr, dass ich mir in dieser Sekunde nichts mehr wünschte, als ihm zu zeigen, dass ich es nicht böse mit ihm meinte und dass ich ihn nicht verspotten wollte. Vielleicht war es gar nur mein Instinkt, der das Bild eines 25jährigen nicht ertragen konnte, der fix und fertig in einem übergroßen Frauenshirt und einem Handtuch neben mir stand und aussah, als wollte er flennen.

Mein Fry-eigener Beschützerinstinkt.

Was auch immer es war, ich konnte es nicht deuten in dem Moment, als ich meinen besten Freund einfach in die Arme schloss.
 

Ich konnte seine blasse, warme Haut an meiner Wange spüren, seine pieksenden Bartstoppeln, ich nahm seinen frischen Duschgelgeruch wohlig in mir auf. Über allem war er so unglaublich warm, dass ich das Gefühl bekam, ihn unendlich lange knuddeln zu können, wenn ich wollte.

Sein Atem ging ganz langsam und ruhig, beinahe als würde er schlafen. Wie ein Vibrieren konnte ich das leise Grummeln des hungrigen Bauches erfassen, irgendwo versteckt in all der Wärme und der Weichheit.

Auch wenn ich immer nach einem Mann suchte, der stark war und sich zumindest Muskelansätze antrainiert hatte, nun spürte ich, wie kuschelweich Fry mit seinem kleinen Bäuchlein wirkte. So ähnlich wie ein Teddybär.
 

Ich strich ihm tröstend über das nasse Haar als ich mich wieder von ihm löste. Es war sicher besser, die Umarmung nicht zu lange auszudehnen. Wie schnell konnte es zwischen Männern und Frauen geschehen, dass da etwas fehlinterpretiert wurde?

In Frys Augen wallte ein Mischmasch aus Müdigkeit und stumpfer Zufriedenheit.

"Ach, im Prinzip hast du ja Recht.", nuschelte er leise. Dann versuchte er seine Hände in die nicht vorhandenen Hosentaschen zu stecken- die Macht der Gewohnheit- und seine Finger glitten unkoordiniert über das Handtuch.

"Ich bin ein Nichtsnutz ohne ein Auto oder eine Garage. Wahrscheinlich wird mir jetzt gerade sogar mein Karton geklaut."

Ich wandte mich wieder dem Schrank zu.

"Ich verstehe das nicht wirklich."

Wieder nur Strings!

"Warum hast du denn nicht einfach nach einem neuen Job gesucht? Warum hast du dich nur so hängen lassen? Denn dann hättest du den ganzen Ärger jetzt nicht!"

Ich kroch halb in den Schrank hinein. Irgendwo da ganz hinten hatte mein Auge gerade etwas Verdächtiges erspäht.

"In der Gosse herumliegen und auf ein Weltwunder zu warten, das gibt dir doch auch nichts... Ah, da!"

Gerade in dem Moment, in dem ich meine ganzen Bedenken in einen kurzen Satz gequetscht bekommen hatte, fühlte ich es zwischen meinen Fingern. Das Grau einer Shorts, die ich soweit in meinen Schrank verbannt hatte, dass sie wahrscheinlich an einer andere Dimension rührte. Ich zog das Stück Stoff heraus und drückte es Fry in die Hand.

Und somit hatte sich eine Diskussion, die mir endlich Klarheit über die Gedankengänge dieses Mannes verschaffen sollte, soeben selbst im Keim erstickt.
 

Ich hatte vorher nicht gewusst, dass es nachts tatsächlich eine Wiederholung von "All my circuits" gab. Auch wenn es nur eine dumme Seife war, in der es sich um kitschig programmierte Roboter handelte, in denen Menschen nur die Nebenrolle spielten, erfreute sich die Serie großer Beliebtheit. Ich wollte nicht wissen, wie viele Frauen abends heulend vor den Bildschirmen saßen, wenn wieder irgendjemand in dieser Soap aufgespießt, verlassen, betrogen oder umprogrammiert wurde. Aber das war wahrscheinlich schon das einfache Erfolgsrezept. Und es klappte ja; sogar Bender- oder gerade Bender- war der Sendung verfallen.
 

Fry und ich saßen nebeneinander auf der Couch. Unsere Augen hatten sich auf den Monitor fixiert, ruhig und amüsiert unterhalten. Ich musste nur ab und an gähnen.

Auf dem Couchtisch stand mein Sandwichteller, den ich anfangs so vollgehäuft hatte, bedeckt mit traurigen Weißbrotresten. Im Fernsehen lief gerade die Werbung zwischen den zwei Blöcken der Sendung; epileptische Anfälle auslösend schnell sausten Markennamen und Slogans an uns vorbei und ich kaute bedächtig auf meinem letzten Brot herum.

Zuerst hatte ich überlegt gehabt, ob ich eine Wolldecke holen sollte, nachts kühlte das Apartment etwas aus. Doch Frys warme Nähe reichte vollkommen, stellte ich bald fest. Nicht dass wir kuschelten. Wir hatten nur einen sehr kleinen Abstand zueinander.
 

"Das Fernsehen habe ich vermisst!"

Fry gähnte herzhaft, presste sich, während er sich leicht streckte, die Hand auf den Mund und entblößte für einen winzigen Moment, in dem er den Rücken durchbog, seinen Bauchnabel.

"Ach, wieso denn?", entgegnete ich gelangweilt.

"Außer einigen Sachen kommt doch nur Mist. So wie da."

Ich nickte demonstrativ mit dem Kopf nach vorn.

Es war schon nach Null Uhr in der Nacht und dementsprechende Werbesendungen flimmerten über den Bildschirm. Wenn nicht gerade obszön konstruierte Roboterweiber ihre nackten Stromkreise in die Kamera hielten, fummelten sich blonde, mit Silikon überfüllte Frauen an den Brustwarzen herum, hauchten Telefonnummern durch den Lautsprecher und schlossen die Augen dabei mit den langen, schwarzen und buschigen Wimpern.

"Das war vor tausend Jahren auch schon so.", kommentierte Fry mit einem typischen Lächeln, in dem sich ein Hauch von Amusement und teenagerartiger Aufregung wiederspiegelte. Er klebte ja förmlich mit dem Blick an diesen Tussen.

"Man muss es nur ignorieren!"

"Und das kannst du erstaunlich gut!" , sagte ich leicht bissig und verschränkte die Arme.

"Ansonsten hättest du dich wohl schon vollgesabbert und deine Augen lägen auf dem Parkett! Erzähl mir nicht, dass du gerade das vermisst hast!"

Er kicherte leise.

"Nein, das stimmt, das hab ich nicht. Wenn ich so was will, muss ich nur meine Fantasie anwerfen!"

"Was?", lachte ich spöttisch;

"Die gibt es noch in deinem fernsehorientierten Verstand?"

Da legte er den Kopf schief und schaute mich an. Seine Augen waren klein und müde geworden, und so trübe, als würde ich sie mir durch Milchglas ansehen.

Ich spürte mich leicht zusammenzucken, als ich mir bewusst wurde, dass ich ihn schon zum zweiten Mal so attackierte.
 

"Es tut mir Leid.", sagte ich reuevoll.

"Ich glaube, ich habe lediglich was gegen das Bild einer Frau in deinem Kopf."

Verdrießlich schaute ich auf den leeren Sandwichteller. Es fühlte sich seltsam an, nicht alleine in dieser Wohnung zu sitzen wie sonst jeden Abend. Normalerweise hatte ich sonst eine Gurkenquarkmaske auf dem Gesicht und schaute DVDs. Oder kraulte Nibbler. Oder putzte irgendwas, solange bis mir der Quark an der Nase antrocknete. Es war eigentlich immer so still hier in diesen vier Wänden, dass ich mich nun in meiner eigenen Wohnung ein wenig fremd fühlte.

"Es ist nun mal nicht wahr, dass Frauen immer so große Kleiderschränke haben, dass sie sich darin verlaufen. Und die Weiber da im Fernsehen bekommen Geld dafür, dass sie sich sonst wohin fassen und halbe Orgasmen vortäuschen."

Fry lehnte sich langsam zurück.

"Das weiß ich doch, Leela."

Und er lächelte müde, als ihm ganz langsam, als hätte ihn jemand auf Zeitlupe gestellt, die Augen zufielen.
 

Ich würde ihn nie verstehen. Genausowenig wie andere Männer. Ich würde nie dahinter steigen, warum Fry sämtliche Fernsehprodukte heißhungrig verschlang, obwohl er wusste, wie unrealistisch und erfunden all das war. Das gehörte zur Ambivalenz in ihm, die sich durch sein gesamtes Leben zog. Ebenso wie die Sache mit dem Wohnen in der Gosse, warum er sich dort verkrochen hatte, obwohl er genau wusste, dass er das hatte verhindern können. Eine Antwort auf die Frage vor dem Kleiderschrank würde ich morgen verlangen, kostete es was es wollte.
 

Der Mond schien sanft auf die Zeitanzeige im DVD-Player, als ich den Fernseher leise abschaltete, als ich Fry, der im Sitzen eingeschlafen war, vorsichtig in die Rückenlage drückte.

Schwebeautos flitzten am Fenster vorbei und ihre Lichter zerrten blitzschnelle Schatten hinter sich hier, die aussahen wie Geister, die sich in den Jalousien verfingen, sich verkrümmten und in das feste Tief der Wände verschwanden. Das Geräusch ihrer Motoren lag leicht in der Luft, verflog schnell wieder, machte müde. Es war 1 Uhr.

Und taubstumme Stille füllte die Wohnung auf einmal aus.
 

Ich spürte wie die Kühle der Nacht langsam in das Zimmer kroch. Es fühlte sich so ähnlich an wie die weißen Nebelschwaden an den Hauswänden. Als hätte ich den Nebel mit heimgenommen, als würde er noch immer in mir sein, in Fry.

Als ich vorsichtig durch die Jalousien nach draußen lugte, konnte ich den Mond leicht verschwommen erkennen. Geheimnisvoll hatte er sich in eine Wolke gekuschelt und ließ ihre Konturen wie verwischte Wasserfarben in der Finsternis schimmern.

Die Müdigkeit war da.
 

Ich liebte diese friedliche Stille.

In einer Welt, die so durchorganisiert und so weit vorgedrungen war in die Privatsphäre eines jeden, dass er selbst schon Werbung in seinen Träumen angezeigt bekam, waren Momente wie dieser absolut rar. Der Kühlschrank in der angrenzenden Küche surrte leise, wurde vom letzten Rumpeln des Trockners übertönt, hallte an den dunklen Wänden wieder.

Nibbler schnuffelte beinahe geräuschlos im Schlaf und wenn ich am Fenster das Auge langsam schloss, meinte ich, Frys ruhige Atemzüge ausmachen zu können.
 

Es war nicht oft vorgekommen bisher, dass ein Gast bei mir übernachtete. Aber es fühlte sich nicht schlecht an. Ausgefüllter, sinnvoller.

Ich nahm aus meinem Bettkasten die Ersatzdecke, die ich eben gerade für Besucher gekauft hatte und klemmte mir das Kissen unter den Arm.

Meine Füße verursachten leise Tipp-Tapp-Geräusche; sie wurden fast unhörbar, als ich auf Zehenspitzen zu laufen begann. Das hatte ich auch noch nie vorher gemacht.
 

Der Mond schien durch die Schlitze der Jalousetten auf Fry, sodass sich auf dem schwarzen Shirt Lichtstreifen bildeten. Mondlichtstreifen.

Ich musste ein wenig grinsen, als ich sah, wie eng meine Shorts an meinem Freund aussahen, presste mir kurz die Hand auf den Mund und fasste ihn sanft an der Wange um ihm das Kissen unterzuschieben.

Erst jetzt sah ich, dass er sabberte. Das spärliche Licht ließ das feuchte, feine Rinnsal am Mundwinkel ein wenig glitzern- es hatte beinahe etwas pathetisches an sich.

Ich schüttelte leicht den Kopf.
 

"Nein Bender...", nuschelte Fry heiser im Schlaf. Ich breitete vorsichtig die Decke über ihm aus und hoffte, dass die Couch nicht zu schmal oder zu unbequem für ihn sein würde. Allerdings hatte er davor auf dem Asphalt geschlafen. Es würde sicher gehen. Hoffentlich.

"Nein Bender, danke... Ich rauche nicht..."

Die Decke, bis zum Kinn hochgezogen, dämpfte die helle Stimme ein wenig.

Ich strich fürsorglich noch einmal darüber und betrachtete meinen Schützling nachdenklich.

Das rote Haar glänzte leicht in den Mondscheinstreifen.

Unter den geschlossenen Augen berührten dunkle Ringe die Lider.

Es stimmte wirklich. Nachts sah einfach jeder ein wenig anders aus.
 

Ich ertappte mich dabei, wie ich den Schlafenden anlächelte...
 

To be continued...
 

Vielen Dank an den Freischalter!^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Selia
2005-08-23T10:14:03+00:00 23.08.2005 12:14
So, gerade hab ich einen Pfirsich gefrühstückt und nebenbei den 3. Teil deiner Story gelesen *-* Gott, ist das alles süß! Ehrlich, wie du aus Leelas Perspektive Fry beschreibst ist einfach nur göttlich; niedlich, chaotisch, dann diese Verzweiflung auf der einen Seite und diese Sehnsucht nach seinem sunshine-Lächeln (ich nenn es jetzt mal so XP)... Man merkt einfach, dass ihr trotz der Misere mit dem Raumschiff viel an ihm liegt, andernfalls wäre sie ja auch nicht in diese grottige Gegend gegangen, um ihn zu suchen. Außerdem würde ich mal glatt behaupten, wer Fry vorher nicht kannte, kann nicht mehr anders als ihn nach dieser Geschichte zu lieben *g* Das gleiche gilt übrigens auch für Leela; beim Lesen kommt so deutlich rüber, dass du die Charaktere einfach unheimlich gern hast, dich mit ihnen beschäftigt hast und ihnen entsprechende Tiefe verleihst... =) So etwas liebe ich und leider besitzen nicht viele FF-Autoren diese Gabe; du gehörst jedoch definitiv dazu! ^^
Übrigens kann ich irgendwo gut nachvollziehen, dass sich Fry dieses Mal nicht an seine (ehemaligen) Mitarbeiten und Freunde gewandt hat. Wenn man der Ansicht ist, jeder sei zu recht sauer auf einen, zieht man es nun wirklich nicht vor, den Leuten noch zusätzlich auf die Nerven zu gehen =/ Umso froher bin ich darüber, dass er sich von Leela aus seinem Gossenquartier hat rausholen lassen ^^ Die Stelle, als er ihr Rosinen anbietet, ist göttlich *ggg* oder welchen Ausdruck ich z.B. auch total witzig fand, war das "halb kompostierte Sandwich". *lol* Na guten Appetit!
Die Umarmungsszene war total toll :D und irgendwo hatte ich die ganze Zeit über an die Betitelung "Teddybär" für Fry denken müssen und dann steht es da tatsächlich! ^^ Und die Angelegenheit mit dem Fernsehen ist auch eine herrliche Sache für sich =3
Wie immer freue ich mich auf den nächsten Teil =) Dein Stil ist wundervoll, sowohl was deine Beschreibungen anbelangt als auch die Stilmittel! Ich würd' ja näher drauf eingehen, aber ich hab von solchen Sachen noch nie eine Ahnung gehabt XD ...

*Selia*


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