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König der Dornen

Eine Romanfassung
von

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1. Kapitel - Die Auserwählten

Original:

Yuji Iwahara
 

Geschrieben:

Rebekka Schwarz
 

KAPITEL 1 - DIE AUSERWÄHLTEN 1

KAPITEL 2 - UMGEBEN VON DORNEN 12

KAPITEL 3 - AN JENEM TAGE 18

KAPITEL 4 - DIE GESTALT DER ZUKUNFT 23

KAPITEL 5 - DAS DORNENMÄDCHEN 30
 

Kapitel 1 - Die Auserwählten
 

Die großen Windräder drehten sich mit einem Quietschen im Wind, während sie gierig die kostbare Windenergie in sich aufsogen. Doch ich beachtete es nicht. Für mich war diese technische Errungenschaft nebensächlich. In meiner Hand hielt ich ein Foto und drei Gänseblümchen. Eine letzte Erinnerung an meine Zwillingsschwester...

Gott ist ungerecht.

Denn obwohl er weiß, dass wir Zwillinge sind...

...hat er nur mich auserwählt...

Auf dem Foto war ich zu sehen - fröhlich. Und neben mir stand miene Schwester. Es war in einer dieser lustigen Fotozellen geschossen worden, die noch lauter solches Geschnörksel daraufsetzten. Unsere beiden Namen standen über unserem Bild.

Kasumi & Shizuku

"Lass uns gehen, Kasumi."

Meine Mutter. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich wie eine Statue dagestanden war und anscheinend zu dem unendlich weit entfernt scheinenden Horizont starrte. Vor mir sah ich noch ein Stück Klippe, und dann ... nur den weiten, weiten Horizont...

Hinter mir wuchs dieses große Ungeheuer von Schloss in unermessliche Höhen und schien mich zu erdrücken.

Langsam drehte ich mich um. Die Tränen in meinen Augen waren nicht nur vorgetäuscht. Sie waren so echt, wie die wirren Gedanken, die in meinem Kopf herumspukten und mir keine Ruhe ließen. Wie in Trance bemerkte ich, dass der Nebel, der sich über das Meer gelegt hatte, langsam die Klippen heraufstieg. Ein letztes mal hatte ich die Sonne gesehen und ihr einen keinen Gruß zugesandt. Wer wusste, wie lange es dauern würde, bis ich sie wieder sah ... und ob ich sie überhaupt je wieder sehen würde.
 

"Wie Sie bereits wissen, handelt es sich bei diesem zellulären Verhärtungssyndrom - kurz >Medusa-Syndrom< - um eine fürchterliche Krankheit. Sechs Wochen nach der Infizierung kommt es zum Ausbruch und innerhalb der nächsten sechs Stunden verhärten sich die Körperzellen dermaßen, dass dies zum Tod führt..." Der Arzt gab sich alle mühe, meiner Mutter zu erklären, worauf wir wir - oder besser ich - uns da einließen, während er uns gleichzeitig das große Tor des Schlosses aufhielt, damit wir endlich eintraten. Alles an dem gebäude wirkte düster, kalt und leer, als hätte hier schon seit endlosen Zeiten niemand mehr einen Schritt hineingewagt. Vielleicht spukte es hier?

"Zu unser aller Unglück existiert immer noch kein Heilmittel..."

Neben dsiesem Ungetüm von Tür sah ich merkwürdige drachenähnliche Figuren in den Stein geritzt und darunter eine Steintafel mit dem derzeitigen Namen dieses Schlosses.

"Der Millionär Sir Henry Epstein, der seinen geliebten Sohn durch das Medusa-Sydrom verlor, möchte mit diesem Zentrum zumindest einer Anzahl von Infizierten helfen, zu überleben, bis wir ein Heilmittel gefunden haben."

Im Inneren des Schlosses sah es nicht minder unheimlich aus. Nur die vielen Leute, die mit verzweifelten bis zu resignierten Gesichtsausdrucken herumstanden, gaben dem ganzen einen etwas belebteren Eindruck. Manche trugen noch ihr normales Gewand und warteten darauf, dass man sich um sie kümmerte. Andere trugen Arztkittel und rannten geschäftig zwischen den >Gästen< herum. Manche saßen auf diesen sterilen und klapprig aussehenden Betten, andere wiederum meldeten sich gerade erst bei der Rezeption an. Zumindest glaubte ich, dass das soetwas wie eine Rezeption war.

"Zu diesem Zweck stiftete er uns diese aus dem 13. Jahrhundert stammende Festung, deren Inneres wir in unserem Sinne umbauten." Meine Mutter schien interessiert zuzuhören, ichaber sah mir, mit einem mulmigem Gefühl im Bauch, die Menschen weiter an.
 

Vor dem Schloss fuhr ein Auto vor. Vielleicht war es weiß, silbern oder grau - man konnte das nicht so genau in der Dämmerung erkennen. Aufgeregt kam ein Arzt herausgerannt und beobachtete alles aufmerksam. Ein Mann stieg vom beifahrersitz aus und stellte sich dann mit finsterem Gesichtsausdruck zur Hintertüre. Die Türe öffnete sich und einungepflegt aussehender Mann stieg aus. Lange, verwirrte, schwarze Haare sah man zuerst. Dann hob der Mann seinen Kopf und sah sich uninteressiert und mit einem verächtlichen Grinsen um. Unter seinem linken Augen war eine Narbe zu sehen - oder war es ein Tattoo?

Es hatte die Form eines Schwertes, die Spitze zeigte nach unten. Erschrocken machte der Arzt einen Schritt nach hinten. Es war nicht so, dass er Angst vor dem Mann hatte. Nun ja, vielleicht ein bisschen, aber dass hatte mehr mit dessen Ausstrahlung als mit etwas anderem zu tun. Außerdem waren die Hände des Mannes gefesselt. Was sollte man davon halten?
 

Der Arzt, der uns herumführte, breitete seine Arme aus, als sei das ganze Projekt seine Idee und nur dank ihm entstanden. Vielleicht war das auch der Fall, aber mich interessierte das eigentlich eh nicht.

"Willkommen im Cold Sleep Capsul Center! Du gehörst zu den 160 Glücklichen, dieausgewählt wurden!" Anscheinend waren meine Gefühle auf meinem Gesicht abzulesen, denn meine Mutter legte mir beruhigen den Arme auf den Rücken. Doch auch diese Geste zeigte keine Wirkung auf mich. Meine Stimmung war auf den Nullpunkt gesunken. Traurig und verzweifelt starrte ich vor mich hin.

"Hier." Der Arzt reichte mir eine Karte, die wie die Visacart meines Vaters aussah, nur das auf dieser in der oberen rechten Ecke der einzige Text und sonst alles weiß war.

079/160

Ich war also die Nummer 79 in diesem verrückten Projekt...

"Darauf befinden sich deine persönlichen Daten. Diese Karte und deine Brille dürfen mit in die Kapsel genommen werden."

Nur 160...

Nur 160 durften überleben. Mehr nicht. Meine Stimmung war jetzt definitiv unter den Nullpunkt gefallen. Irgendwo in der Tiefsee warscheinlich...

Warum...

"Wenn du dich umgezogen hast, begib dich bitte in den Kapselsaal", verlangte der Arzt von mir, dann machte er sich auf den Weg zu seinem nächsten Opfer.

...gerade ich...

Wie geheißen zog ich mich um. Was sollte ich auch anderes tun? Poetisch ausgedrück floss meine Geist praktisch im Meer der Verwirrung und Ängste und versuchte erst einmal nicht unterzugehen in den hohen Wellen die um ihn Purtzelbäume schlugen. Überleben stand nur erst einmal auf dem Plan. Um alles weitere würde ich mich kümmern, wenn ich aus diesem Selbstmitleid herausgetaucht war.

Das Gewand, das man mir gab, war weiß und erinnerte mich an den Arztkittel, den unser Führer von vorhin getragen hatte. Weißes kurzärmeliges T-shirt und weiße Bundhosen.

Meine Brille setzte ich wieder auf und dann machte ich mich auf zu diesem misteriösen Kapselsaal. Ich öffete die Türe. Und starrte auf die Szene, die sich vor meinen Augen zeigte. Tausende von riesigen Kugeln schienen in die Wand gelegt worden zu sein, als wären die Löcher in einem schweizer Käse zugestopft worden. Doch auch hier war alles in neutrales Weiß gehalten. Die Kugeln - ich nahm an, dass das wohl die Kapseln waren - maßen ungefähr einen Meter im Durchschnitt. Und sobald sich mein Gehirn wieder einigermaßen warm gelaufen hatte, kam mir auch der Gedanke, dass es wohl eher 160 Kapsel und nicht tausende waren.

Alte und junge Leute, Frauen und Männer, hübsche und weinger hübsche, dicke und dünne standen oder gingen herum, wurden mit einer Art Aufzug zu den jeweiligen Kapseln in den höher gelegenen Etagen geführt.

Patienten und Ärzte - alle rannten oder schlurften in den verschiedensten Geschindigkeitn herum.

Es war ein runder Saal. Die Kapseln waren in vier Reihen in die Wände eingelassen und alles wurde von einer riesigen Lampein der Decke beleuchtet, wie ein Scheinwerfer. Ich beobachtete, wie eine Ärztin , neben der ein älterer Herr in Patientengewand stand, auf einen Knopf drückte und plötzlich eine dieser Kugeln aus der Wand fuhr. Es stellte sich heraus, dass es natürlich keine Kugel, sondern soetwas wie ein Bett war ... oder eine Schublade.

... eine Bettschublade vielleicht?

Auf der anderen Seite des Saales sah ich, wie ein Kind schon bereit in einem dieser Bettschubladen saß und sich tränenreich von seinen Eltern verabschiedete.

"Wie findest du es?", fragte der Arzt von vorhin plötzlich von hinten. Meine Mutter war auch wieder zu mir gekommen.

Begeistert redete der Arztweiter ohne auf eine Antwort zu warten. "Mit Hilfe modernster Technik schufen wir ein perfekt abgestimmtes System zur Überwindung des Todes. Ein lang gehegter Menschheitstraum ist hier wahr geworden!"

Ein lang gehegter Menschheitstraum? Ich sagte nichts darauf.

Es war egal, der Arzt achtete nicht auf mich. Er sagte nur diesen einen Satz, den er auswendig gelernt zu haben schien, denn es waren zwar großartige Worte, aber sie klangen hohl. "Dir gehört die Zukunft."

Zukunft...

Weshalb bin ich hier...

Meine Mutter und der Mann führten mich zu miener Kapsel.

Was habe ich an diesem Ort verloren?

Ich legte mich in die Kapsel, die man mir zur Verfügung stellte und betrachtete weiterhin alles um mich herum. Der Arzt befestigte ein Armband um mein linkes Handgelenk und meinte: "Dieses Armband gibt dirAuskunft über dein Krankheitsstadium."

Es war schwarz, bis auf eine Art Display, wo ich ein paar winzige schwarze Flecken sehen konnte, die auf einmal aufgetaucht waren.

"Wenn sich der Film druch die Ausbreitung der Flecken schwarz färbt, befindest du dich in Gefahr. Merk dir das gut."

Ich berührte das abartige Schmuckstück seufzend. Meine Gedanken triffteten wieder ab.

Indem ich Shizuku im Stich lasse, überlebe ich...

Ich setzte meine Brille ab und legte sie auch meinen Brustkorb. In meinem Bauch breitete sich das mulmige Gefühl immer weiter aus, bis ich am liebsten geschriehen hätte.

Ich wagte einen Blick zu miener Mutter, doch die schien nicht mehr die Kraft zu igrnedetwas zu haben, denn alles was sie noch konnte, war in ihr Taschentuch zu weinen...

Ungerührt von den vielen traurigen Schicksalen, die sich um in erfüllten gab der Arzt seine Befehle.

"Fangen wir an."

Warum...

Ich legte schützend meine Hände über meine Brille und schloss die Augen, während das Bett unter mir einen leichten Ruck machte und mit einem leisen Zischen in die Wand hineinfuhr.

Alles um mich wurde schwarz.

Dann war es aus.
 

Du musst leben...

Ich sah meine Schwester. Sie trug ihr quergesteiftes Spaghetti-T-shirt und diese kurze Jeanshosen.

Tu es für mich...

Es war ihre Stimme, die ich hörte.

Du musst leben...

Mit diesem Satz noch in meinen Ohren wachte ich keuchend auf. Zunächst wusste ich nicht, wo ich war - Verwirrt sah ich mich um. Was war los? "Shizuku?" - doch die Erinnerung kam leider nur allzu schnell zurück.

Ich setzte mich auf und spürte auf einmal einen heftigen Stich an meinem linkshändigen Zeigefinger.

"Au!"

Aus reinem Instinkt steckte ich mir den Finger sofort in den Mund und schmeckte das warme Blut. Völlig durcheinandergebracht sah ich nach, woran ich mich verletzt haben könnte und entdeckte, dass überall um mich Dornen wuchsen...

Was war hier los? Alles um mich herum war verschwommen und ich konnte nichts erkennen, was nicht in meiner nächsten Umgebung war. Also setzte ich mir miene Brille auf, die auf meinen Schoß gerutscht war, und sah mich nochmals um.

Und starrte... starrte auf das Chaos... starrte auf den ehemaligen reingehaltenen, weißen und hellerleuchteten Kapselsaal... der von Dornenpflanzen überwuchert zu sein schien...

"Was...?!"

Auf einmal öffneten sich ein paar dieser Bettschubladen und ich konnte beobachten, wie auch sie verwirrt um sich blickten.

Ein schwarzer, Muskelbepackter Mann griff sich verschlafen an den Kopf. "Was...?"

Eine Frau mit langen blonden Haaren schien ebenfalls noch halb im Träumeland zu verweilen und fragte: "... wurde eine Therapie gefunden?"

Ich antwortete nicht, war noch immer geschockt von der Szenerie, die mich nach meinem Aufwachen ohne irgendeinen Plan zurückließ.

Immer mehr Leute stiegen aus ihren Schlafzellen und gingen verwirrt herum.

"Autsch! Was ist das?"

"Was ist hier passiert...?"

"Kann mir jemadn runter helfen? Danke..."

"Scheint, als ob nicht alle Kapseln aufgegangen sind..."

"Dornen?"Das hatte die Frau mit den blonden Haaren gefragt, nachdem sie nun endlich etwas wacher im Saal herumging, so wie all die anderen Menschen.

"Wo bleiben die Ärzte?!"

"Warum ist es hier so dunkel?"

Ein Mann mit Bille und trotz seiner Jugend - ich schätzte ihn auf mitte Dreisig, höchstens! - mit beginnender Halbglatze murmelte nachdenklich vor sich hin, während er alles mit aufmerksamen Blick betrachtete. "Seltsam... Das..."

Ein älterer Herr verlangte mit breiter Zornesfalte auf der Stirn: "Ich verlange eine Erklärung!"

Als nächstes traf mein herumschweifender Blick einen unordentlich aussehenden Mann mit langen schwarzen Haaren und einem Schwerttattoo unter dem linken Auge. Aber noch bevor ich mich weiter schlau machen konnte...

Hsss!

Irgendetwas flatterte dich an meinem Ohr vorbei! Etwas großes, fledermausartiges!

Entsetzt und überrascht schrie ich auf.

Dann erstarrte ich ... ob vor Schock oder weil sich plötzlich mein Hirn auf Autosteuerung schaltete, weiß ich nicht genau. Doch dieses Innehalten gab mir die Möglichkeit dieses etwas genauer zu betrachten.

Es war eine Mischung aus Drache, Fledermaus und Dinosaurier ... und funkelte mich böse an.

Mein Gehirn setzte wieder aus, ich rutschte auf einmal nach hinten aus und ich schrie nochmals auf, als sch unter mir der Abgrund auftat. Ich fiel ... und hielt mich in letzter Sekunde am Rand der Schlafkapsel fest, bevor ich unter zerschellen konnte, wie eine teure Porzelanpuppe.

Die Leute unten sahen zu mir hinauf.

"Wa..."

"Dort oben!! Was ist das...?!"

Angestrengt krallte ich mich fester in die Seiten der Kapsel, doch da erwartete mich der nächste Schock.

An der Decke, über mir ... dort, wo mein Blick hinschweifte, da ich aus unerfindlichen Gründen erwartete, das mich gleich jemand packen und wieder hinaufziehen würde ... dort oben sah ich sie. Hunderte von diesen Dingern von diesen Ungeheuern!

Und die schienen nun alle nur auf diesen Moment gewartet zu haben. Mit einem monströsen einheitlichen Aufschrei flatterten sie los, bogen und krümmten ihre schlangenähnlichen Körper und stürzten sich auf die Menschen unten.

Hysterie brach unter den unten versammelten aus. Alle drängten zum Ausgang, und die die vor Schreck am Boden festgewachsen schienen und nicht das Glück hatten, am Rande zu stehen, wurden einfach von der breiten Masse mitgerissen.

Der ältere Herr von vorhin schaffte es stur stehen zu bleiben. "Was... was ist das?!"

Eines dieser Monster kam direkt auf ihn zugeflogen, und sofort ergriff auch er die Flucht! Langsam spürte ich, wie mich meine Kraft verließ. Meine Finger rutschten immer mehr vom Rand ab und ich konnte nichts dagegen tun. Durch die Ansterngung hatten meine Hände angefangen zu schwitzen, was den Abgrund immer näher kommen ließ...
 

Der schwarzhaarige Typ stand stumm und starr und mit dem gleichen finsteren Gesichtsausdruck wie schon die ganze Zeit herum und bewegte sich keinen Zentimeter. Er sah brutal aus. Doch nichts brachte ihn aus der Ruhe. Nichts konnte ihn von seinem Stehplatz vertreiben. Ruhig und düster stand er da und tat nichts, außer die Geschehnisse um sich zu betrachten. Er sagte kein Wort.

Er blieb einfach stehen ... wie eine Statue.
 

Die Muskeln in meinen Fingern verkrampften sich noch ein letztes mal in dem sinnlosen Versuch, meinen immer schwerer werdenden Körper doch noch zu halten. Doch das blieb nur ein Wunschtraum. Sie rutschten doch ab. Und ich fiel...

Wie durch ein Wunder landete ich am Boden; keine gebrochenen Knochen und keine zersplitterte Gliedmaße. Zumindest diese Sorge war ich los.

Die ersetzlichen Schreie um mich hörten nicht auf.

Alles erinnerte mich an diese eine Fussballspielübertragung, wo die Zuschauer so ausgeflippt waren, dass sie ohne Rücksicht auf andere auf das Spielfeld gerannt und geklettert waren. Fünf Tote und einige Schwer- und Leichtverletzte waren das Ergebnis gewesen. Auch hier musste ich hilflos zusehen, wie die blonde Frau stolperte und von anderen praktisch niedergetrampelt wurde. Die Hysterie griff um sich und machte keine Gefangenen.

Der alte Herr mit der Zornesfalte schrie über alle hinweg: "Aus dem Weg!! Lasst mich vor! Ich zuerst..."

Die meisten versuchten einen Ausweg zu finden. Der jugendliche mit der Halbglatze und der schwarze Boxer schienen eine etwas sozialere Natur zu besitzen, denn ich konnte sehen, wie sie sich um die Frau kümmerten. Gleichzeitig reistrierte ich die verzweifelten Menschen, die noch immer durcheinander schrien und alle Richung Aufzug, dem einzigen Ausgang, strebten.

"Verdammt!!"

Der alte Herr drückte wie irre auf den Knopf des Aufzuges, damit er endlich seine Türen öffnete. "Geh auf!! Na los...! Warum geht sie nicht auf?! Dieser gottverdammte Aufzug!!" Fäuste krachten gegen die Türen und verursachten einen hohlklingenden Schall, der im Kapselsaal herumschwirrte.

"Mach Platz, Alter! Ich mach das!" Irgendjemand schien sich sicher zu sein, mehr ausrichten zu können und boxte sich den Weg frei.

"Nun geh schon auf!"

"Mist!!"

"Hey! Zur Seite!!"

Jemand schrie noch lauter auf, als die anderen - anscheinend hatte eines dieser Monster ein Opfer gefunden. Ein paar Meter von mir entfernt sah ich das Kind, dass sich so tränenreich von seinen Eltern verabschiedet hatte. Nun weinte es wieder. Vermutlich aus Angst. Mich hatte dieses Gefühl jedenfalls fest genug im Schwitzkasten.

"Sie geht auf!!"

"Los! Schnell!"

Noch mehr Leute drängten an mir vorbei und ich wurde hin und her geschubst, weil ich noch immer am Boden saß und somit im Weg war.

"Nicht drängeln!"

"Warum öffnet sich nur die eine Tür?!"

"Lass mich durch!"

Wieder wurde ich weggeschubst.

Endlich brach ein Großteil der Menschenmenge durch die Öffnung und war mehr oder weniger in Sicherheit. Wieder hörte ich Schreie. "Uoohh!"

"W...was zur Hölle ist das?! Schleim...?!

"Egal! Schnell, schließ die Tür!", rief der alte Mann.

"...Aber da draußen sind noch Menschen...", wagte eine Frau zu protestieren und meinet damit die wenigesn, die noch im Kapselsaal saßen. Ich sah mich etwas benebelt um. Die Blondine, die Halbglatze, das Kind, der Tattootyp, der schwarze Boxer. Und ich.

Sechs.

Ich sah wieder durch die Türe, die sich nun langsam schloss.

Und sah...

Bamm!

Ein unheimliches Donnern folgte der Erschütterung, die im ganzen Boden zu spüren war. Alle erstarrten. Niemand rührte sich mehr. Die plötzlich eingetretene Stille hatte etwas Makaberes an sich.

Bamm!

...tripp...

...es war sicher an die fünfzehn oder zwangzig Meter groß, hatte Zähne wie Pfähle und sah äußerst hungrig aus. Obwohl ich keine Augen entdecken konnte, nahm ich an, dass dieses Monster - diese Wesen von vorhin konnte man im Gegensatz dazu nur niedlich nennen - die Leute vor dem Kapselsaal nur als Delikatesse ansah, denn ihm lief sichtbar das Wasser aus dem Mund...

Und dann biss es tatsächlich zu. Die nächsten Augenblicke waren die schrecklichsten meines Lebens. Durch die aufgekratzten Leute, die mich unbeabsichtigt hin- und hergeschubst hatten, war ich direkt vor dem Ausgang gelandet. Und hatte so den besten Blick auf die Horrorvorstellung - das Masaker - das sich vor meinen Augen zutrug. Die Menschen wurden praktisch in der Mitte entzweigebissen. Arme wurden wie von leblosen Puppen vom Körper getrennt.

Kein einziger Schrei drang an meine Ohren. Es schien, als wäre alles um mich herum in Watte gepackt. Aber ich konnte zwar nichts hören, dafür aber umso besser sehen. Mit weit aufgerissenen Augen. Die Brille saß ebenfalls völlig unversehr auf meiner Nase.

Ein lebloser Körper wurde durch die sich immer weiter schließende Türe geschleudert. Das Monster warf eines seiner Häppchen in die Luft, spielte mit ihm - das Blut spritzte nur so in der Gegend herum. Hinter mir herrschte Reglosigkeit.

Alle starrten. Durch die sich schließende Türe.

Ich glaube, das erwähnte ich schon, aber zu diesem Zeitpunkt konnte man kaum von mir erwarten, dass ich logisch dachte.

...noch einmal sah ich einen Körper, diesmal einen halben. Vielleicht hätte ich die Gedärme besser benennen können die ich da sah, wenn ich in Biologie besser audgepasst hätte...

"Nein..."

Nur noch ein kleiner Spalt trennte mich vor dem Ende des Filmes. Ich glaube, ich war die letzte, die einen Blick hinauswarf - dann schloss sich die Aufzugstüre mit leisem Klicken.

Stille.

Keiner rührte sich.

Über uns flatterten die letzten Fledermausdrachen.
 

Der schwarzhaarige Mann mit Schwerttattoo beobachtete mit seinem weiterhin aufmerksamen und düsteren Blick, wie eines der Flugdrachendinger im oberen Teil des Saales verschwand. Gab es dort oben vielleicht einen Ausgang?

Möglich könnte es sein. Es würde das später überprüfen...
 

Meine Ausweißkarte hing schief um meinen Hals. Und vor mir war eine riesige Blutlache.

Shizuku...

Mein Kinn sank auf meine Brust.

Was geschieht da vor meinen Augen?

Hinter mir kam endlich Bewegung in die Anwesenden.

Was habe ich an diesem Ort verloren?

Der Boxer fragte mich irgendetwas. Ich hörte ihn nicht. Ich konnte ihn nicht verstehen. Hatte er denn nicht gesehen, was da eben passiert war?

Shizuku und ich hatten uns gemeinsam um einen Platz hier beworben.

Ich wurde gepackt und zu den anderen getragen.

Aber nur ich wurde genommen.

Die anderen streckten hilfreich ihre Arme aus.

Shizuku überedete mich trotzdem zu gehen...

Über uns hatte die Fledermausdrachen wieder ihren lauernden Platz eingenommen.

Doch in Wirklichkeit wollte ich nicht ohne sie gehen...

Auch das Kind wurde hergetragen...vom Tattootypen.

Warum... wie konnte das passieren...

Noch immer sah ich die zerfleischten und zerfetzten Leichen vor meinen Augen.

Warum...
 

"Was für Kreaturen waren das?" Igrgendwie hatte es der Alte geschafft, sich vor dem Monster in Sicherheit zu bringen und war zurück in den Kapselsaal gekommen.

Die Frage, die er stellte, kam aus den Herzen von uns allen. Niemand antwortete. Wie auch.

Doch der Alte ließ nicht locker. Aufgebracht fuhr er den schwarzen Boxer an: "Na los! Erklären Sie es mir... Was waren das für Kreaturen?!"

"Ich habe keine Ahnung...", murmelte dieser alsdie einzige passende Antwort, die es zur Zeit gab.

Die Blondine schien dann doch noch eine mögliche Antwort zu haben, nur dass diese um einiges weniger aufbauend war. "...der Teufel ... nur der Teufel ist im Satnde, so etwas zu tun..."

Ängstlich rutschte das Kind in deren Schoß herum und sah mit verweinten Augen zu ihr auf. "Hör auf."

"Wie soll ich sie dann nennen?! Aliens?"

"Lasst uns eine etwas realistischere Erklärung finden."

Ich hatte keine Ahnung, wer diesen äußerst vernünftig klingenden Vorschlag machte.

Vor meinen geschlossenen Augen sah ich es wieder. Blut ... und Zähne ... und noch mehr Blu...!

Realistischer?

"Realistischere...?!", gab die Blondine in ungläubiger Stimme kund. Sie sprach mir aus der Seele. Auch der Alte knurrte ihr zustimmend zu. "Wo, in aller Welt, leben solche Wesen? Du da drüben! Was denkst du?"

"Ich?", fragte der Halbglatzentyp aufgeschreckt. Offensichtlich war er in Gedanken vertieft gewesen. Vorsichtig legte er seine Stirn in sanfte Falten. Er machte sich wirklich Gedanken dazu!

"...tja, also... Vielleicht handelt es sich um die neue Evolutionsdorm einer Spezies. Aber auch eine spontane Mutation wäre durchaus denkbar."

Der Alte zog ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter, brummte aber: "Hm... Guter Gedanke."

"Moment mal!", begehrte die Blondine auf, "Aber eine Evolution oder auch Mutation ... geht das denn so einfach...?"

"Eigentlich nicht. Das ist ja das Problem. Verdammt... Wer weiß, wie viele Jahre wir in diesen Kälteschlaf-Kapseln verbracht haben..."

Darauf erntete die Halbglatze nur Schweigen. Zustimmendes Schweigen.

Es hielt jedoch nicht lange an. Plötzlich rief der Alte nämlich aus - anscheinend war ihm etwas klar geworden: "Natürlich! Man schickte uns doch in die Kapseln, um eine Therapie gegen das Medusa-Syndrom zu finden! Heißt das, man hat ein Heilmittel gefunden? Wann wird man uns das Medikament verabreichen?"

"Er hat recht.", stimmte die Halbglatze zu, "Diese Kreaturen sind nicht das Einzige, das unser Leben bedroht. Denn während wir hier sitzen, schreitet das Medusa-Syndrom, an dem wir alle leiden, in unseren Körpern weiter voran. Wir haben die Wahl zwischen einem schnellen und einem langsamen Tod..."

"Aber wir sollten doch erst wieder erwachen, wenn ein Gegenmittel gefunden wurde! Wir müssen irgendwas tun! Wenn wir nicht schnell einen Weg finden, um Hilfe zu holen, dann ... dann..." Die Blondine kam ins Stottern.

"Ein Telefon!", unterbrach der Alte sie unwirsch. "Damit können wir Hilfe rufen! Wir müssen nur eins finden, dann können wir..."

"Wie wär´s damit?"

Der Schwarzhaarige warf dem Alten einen Telefonhörer zu, der auf den Boden fiel, da dieser nicht schnell genug reagiert. Er bückte sich.

"...was soll das..." Er berührte das gekappte Ende desTelefonkabels nicht schnell genug reagiert. Er bückte sich.

"...Was soll das..." Er berührte das gekappte Ende desTelefonkabels.

"Haben Sie den Hörer abgeschnitten?!"

"Hab´s vorher ausprobiert." Der Tattootyp sah auf, sein Blick düster, wie eh und je. "...keine Verbindung."

Stotternd regte sich der Alte auf: "D...deswegen haben Sie´s kaputt gemacht?!"

"Hör auf zu heulen." Der Mann lehnte lässig an der Wand und starrte zu uns rüber. "Was willst du mit ´nem Telefon ohne Verbindung?"

"W...wie reden Sie mit mir?! Ich bin Abgeordneter im Oberhaus!"

"Abgeordneter? Du? Und ich bin der Kaiser von China."

"W...was..."

"Wenn du weiter so rumschreist, greifen uns diese Viecher noch mal an. Da oben warten bestimmt noch mehr auf uns. Der mit dem meisten Angstschweiß wird übrigens immer als Erster gefressen. Heh heh..."

Ohne Vorwarnung war der Schwarze aufgesprungen und hatte den Tattootypen am Kragen zu Boden gerissen. "Halt die Schnauze, ja? Verstehst du überhaupt, was hier los ist?"

Gewalt ist keine Lösung, kam mir sofort in den Sinn. Mein Gerechtigkeitsgespür befalh mir, mich einzumischen. "Nein...", begann ich, doch die Halbglatze kammir zuvor. "Hört auf! Das ist der denkbar schlechteste Moment, sich zu streiten! Wir müssen jetzt ruhig bleiben und zusammenarbeiten!!"

"Heh... Meine Rede.", meinte der Tattootyp.

"Shit...", gab der Boxer von sich, ließ aber vom Schwarzhaarigen ab. "Du hast Recht... sorry."

Ich seufzte erleichtert auf. Wenigstens das war geklärt.

"Wir sollen mit diesem Halbstarken da zusammenarbeiten?", regte sich der Abgeordnete beleidigt auf. Nun gut, vielleicht war eine Schwierigkeit gemeistert, aber das hieß wohl noch lange nicht, dass alles geklärt war.

"Pfh! Sie waren doch derjenige, der hier nicht schnell genug rauskommen konnte! Als ob auf Sie mehr Verlass wäre, Herr Abgeordneter!", gab die Blondine schlagfertig zurück.

"Was?!", brauste der Alte wieder auf.

"Hey! Ganz ruhig!", schob die Halbglatze beschwichtigend ein. "Es ... stimmt was er sagt. Das Telefon funktionierte wirklcih nicht... Ich hab esvorhin gecheckt."

"Wirklich?" Der Boxer blieb misstrauisch.

"Ja."

"Tss...", schnaubte der Tattootyp verächtlich über so viel Unglaube.

"Jedenfalls ... wenn es noch kein Mittel gegen das Medusa-Syndrom gibt, dann sllten wir hier nicht einfach nur rumsitzen! Aso lasst uns irgendwas tun!", schlug die Halbglatze konstruktiv vor. Und, wie war es nicht anders zu erwarten, kam sofort eine widerwillige Bemerkung seitens Abgeordneten: "Ich rühr keinen Finger.Ich werde einfach wieder in meine Kapsel steigen und auf Hlfe warten. Hat mich schließlich ´ne Menge Geld gekostet."

"Geld?!" Die Blondine klang ungläubig. "Sie haben sich einen Platz im Cold Sleep Zentrum mit Geld erkauft?!"

"Was ist schlimm daran? Mr. Epstein schätzte das Geld mehr als das Leben."

"Was passiert, wenn wir zurück in unsere Kapseln steigen?" Der Boxer irgnorierte das Streitgespräch und wandte sich an die Halbglatze.

"Hm... Es ist nicht garantiert, dass wir beim nächsten Mal unversehrt aufwachen. Denn die Nebeneffekte auf den menschlichen Organismus, die ein lang andauernder Kälteschlaf mit sich bringt, sind unerforscht. Ob es unter diesen Umständen klug wäre, ein zweites Mal in die Kapseln zusteigen...?"

"NA hervorragend! Und was jetzt?! Wie wollen wir denn hier rauskommen?! Mit dem Fahrstuhl etwa?! Sollen wir so Hilfe holen?! Sie machen wohl Witze!! Wenn Sie einen qualvollen Tod sterben wollen, bitte! Ich jedenfalls bevorzuge einen sanften Tod im Schlaf! Haben Sie das vorhin nicht gesehen?! Alle anderen die mit uns aufwachten, wurden im Fahrstuhl aufgefressen!! Sie haben sie zerfetzt!!"

Ich zuckte zusammen und das Kind fing bei den harten Worten desAbgeordneten an zu weinen.

"Ich rühr mich nicht vom Fleck! Wer gehen will, soll gehen!", gab der Alte seinen letzten Senf dazu.

"Eh?! Was?!", regte sich die Blondine auf und nahm sofort das Kind schützen in die Arme. "Schon gut! Sie sind ja nicht hier."

"Aber..." DieHalbglatze wurde sofort wieder unterbrochen.

"Schlafende Hunde soll man nicht wecken, heißt es.", brummte der Alte.

"Dann bleib doch hier!" Der Tattootyp meldete sich wieder. "Typen ohne Überlebenswillen ... sind sowieso nur ein Klotz am Bein."

"Was..."

Dieser Satz brachte mich zur Besinnung.

"Ich gehe.", sagte der Mann schlicht.

"Na dann gehen Sie doch! Aber sagen Sie mir, was Sie machen wollen, wenn es da draußen nur so von diesen Kreaturen wimmelt?!"

"Du bist´n Feigling. Vielleicht hast du ja Recht und es lungert ´ne ganze Horde dieser Monster da draußen rum. Aber wir müssen hier raus, oder habt ihr ´ne bessere Idee?" Niemand sagte etwas.

Der Schwarzhaarige fuhr fort: "Also ... das ist die Lage." Er blickte um sich. "So was kann unmöglich in 10 oder 20 Jahren geschehen sein. Wenn sich jemand an uns erinnern würde und vorhätte, uns zu helfen, dann hätte er das bereits getan. Richtig? Was sind das für Kreaturen? Warum sind wir wieder erwacht? All das wissen wir nicht. Aber eins weiß ich..." Er hielt seine linke Hand in die Höhe und zeigte uns allen sein Armband. Ich hatte es ganz vergessen. " ,...dass mir die Zeit fehlt, hier einfach so rumzusitzen."

Jeder hielt sich sein eigenes Armband vor die Augen und betrachtete es.

"...verdammt!", stöhnte der Alte.

Die Blondine sah besonders verzweifelt aus, doch als der kleine Junge besorgt fragte: "Alles okay?", antwortete sie betont fröhlich: "J...ja...klar... Komm." Sei umarmte ihn liebevoll.

"Es ist so, wie er schon sagte. Auch jetzt, in diesem Moment, schädigt das Medusa-Syndrom undere Körper...", stimmte die Halbglatze zu.

"Genau deswegen ja! Warum gehen wir nicht zurück in unsere Kapseln...?!", wollte der Alte wissen.

"Sie wollen mit dem Wissen über die jetzige Situation zurück?", fragte er leise zurück. "Wir kamen hierher, um zu überleben. Nicht, um im Schlaf zu sterben."

Das stimmt nicht...

Ich wollte überhaupt nicht hierher kommen...

Ich tat es nur, weil Shizuku mich dazu überedet hat...

Ich sah auf, von einer unruhigen Kraft durchflossen.

Ich will es wissen! Wieviele Jahre sind vergangen? Was ist in dieser Zeit geschehen?

Shizuku...

...was mag aus dir geworden sein?
 

Du musst leben...

Ich sah, wie ich sie das letzte mal sah. Von hinten. Ihren Kopf nach unten gebeugt.
 

Ich hab´s doch nur für dich getan, Shizuku...

Plötzlich spürte ich, wie der Schwarzhaarige dicht vor mir stehen blieb. "Wer´s sich nochmal überlegen will, sollte es jetzt tun. Denn für die, die gehen, gibt es kein Zurück."

Er richtete die Worte an alle ... aber er sah mir in die Augen.

Mein Entschluss stand fest. Ganz plötzlich wusste ich, was ich wollte.

"Ähm ... also ... Lasst uns Aufbrechen!"

Ja...

Nun gibt es kein Zurück mehr.

Der Tattootyp, lächelte mir zu. Es war sein erstes Lächeln, seit ich ihn das erste mal gesehen hatte. "´Ne gute Wahl." Er sah zu den anderen hinüber. "Kommt sonst noch jemand mit?"

"Was bleibt uns denn anderes übrig?", meinte die Blondine missmutig.

"Hmph...", war der einzige Kommentar des Boxers.

"Ich denke, sie hat für uns alle gesprochen.", nickte die Halbglatze mir zu.

"Mist...!" Nur der Abgeordnete schien sichtlich und hörbar etwas dagegen zu haben, fügte sich aber der Übermacht. Er war eben ein perfekter Politiker.

Der Tattootyp blickte hinauf zu dem Loch, wo einige der Fledermausdrauchen verschwunden waren. Der nächste Ausgang ... ins Ungewisse.

"Brechen wir auf.", munterte die Blondine alle auf.

Jetzt gibt es...

...nur noch den Weg nach vorn.

2. Kapitel -

Kapitel 2 - Umgeben von Dornen
 

Der Tattootyp zog sich an seinen Händen hoch und hockte sich auf seine Fersen, als er oben in der Öffnung angekommen war, durch die die Fledermausdrachen verschwunden waren.

Alles ruhig.

Doch er traute dem Frieden nicht so ganz. Er kletterte weiter hinein in de tunnelähnliche Öffnung. Wir warteten inzwischen darauf, dass er uns grünes Licht ga, damit wir ihm folgen konnte.

"Alles okay da oben...?", murmete die Blondine halblaut vor sich hin.

"Keine Ahnung...", antwortete die Halbglatze, als sich von oben niemand meldete.

Dann war er wieder da und winkte uns, ihm zu folgen. Das Kind und ich waren schon etwas weiter auf den Dornen hochgeklettert.

"Also gut. Es geht los."

Als alle oben waren, ließen wir die Umgebung auf uns wirken. Oder besser, wir ließen uns überwältigen. Das Dach war verschwunden, überall wuchsen Bäume und Dornenränke und ab und zu sah man eines dieser fliegenden Drachenungeheuer.

"Das...! Das sieht gar nicht gut aus..."

"Oh verdammt!"

"Das Dach des Turms ist eingestürzt...!", fasste die Halbglatze resigniert zusammen.

"Vielleicht durch den Baum...?"

"Das ist ja ein richtiger Dschungel...dagegen ist der Kapselsaal ja noch im guten Zustand..."

"Allerdings. Dass wir noch lebend aus den Kapseln kamen, kann man schon als Glück bezeichnen..."

Wir sahen alle aus dem Durchgang vom Kapselsaal hinaus und ich betrachtete die traurigen Überreste des Schlosses, während die anderen debatierten.

"Glück?! So ein Schwachsinn!"

Ich beugte mich weiter vor, um aus der kleinen Höhle runterzublicken. Ungefähr einen Meter unter uns war ein Gitterboden angebracht ... und darunter...

Plötzlich löste sich unter meiner Hand ein kleiner Stein, der hinunterkullerte, am Gitter kurz aufschlug und dann durch eines der Löcher verschwand. Ich sah ihm nach und versuchte zu hören, wann er am Boden aufschlug.

Es dauerte.

Mein Herz begann immer heftiger zu schlagen; es raste beinahe!

Was hatte ich hier verloren?

Was geschah da um mich herum?

Eine Hand legte sich schwer auf meine Schulter und ich schreckte aus meinen düsteren Gedanken auf. "Nicht runterschauen.", riet mir der Tattootyp.

"J...ja ... gut."

Endlich hörte ich den dumpfen Aufschlag des Kieselsteines. Ich schluckte.

"Seht." Wir alle folgten der Richtung des Fingers, in die der Tattootyp zeigte. "Da oben ist ´ne Tür."

Tatsächlich war schräg über uns eine Türe. Um sie zu erreichen mussten wir nur über die Gitterbodenbrücke gehen und eine schmale Steintreppe hinaufsteigen. Unter normalen Umständen sicher eine Kleinigkeit und nicht der Rede wert. Aber Fledermausdrachen und blutrünstige Monster waren nun mal keine normalen Umstände.

"Der Turm ist zwar an vielen Stellen eingestürzt, aber wenn wir dieses Gerüst überqueren, kommen wir an die Treppe, die zu ihr führt. SO kommen wir vielleicht aus diesem Turm raus."

"Da sollen wir rüber?!", regte sich die Blondine zu recht auf. "Aber wer weiß, was hier für Kreaturen hausen...?!"

"Wir haben keine andere Wahl." Und schon sprang der Tattootyp hinunter auf das Gitter. Wir hielten den Atem an und warteten auf die nächste Attacke der Ungeheuer. Nichts geschah. "Alles klar. Nehmt euch vor den Dornen in Acht."

Und noch während wir alle aus der tunnelartigen Höhle runterkletterten, begann der Alte mit seinem missmutigen Gemaule. "Von wegen >Alles klar<... Warum müssen wir diesem Kerl die Führung überlassen? Gerade jetzt, wo es um unser Leben geht?

Beruhigen warf die Halbglatze ein: "Schon okay. Er ist der Mutigste unter uns ... und überaus besonnen."

"Sie scheinen den Begriff >besonnen< mit >gefühllos< zu verwechseln..."

"Hören Sie endlich auf damit! Und jetzt Ruhe!", fuhr die Blondine den Herrn Abgeordneten an. Ich gab ihr im Stillen Recht. "Als ob es nicht schon schlimm genug ist, dass wir über dieses wackelige Gerüst müssen! Darüber hinaus müssen wir damit rechnen, dass sich diese Monster wieder blicken lassen..."

Kroarrh!

Hsss...

Wenn man vom Teufel spricht. Augenblicklich blieben wir stehen und verhielten uns mehr als ruhig. Dann wurden die unheimlichen Geräusche leiser und verschwanden endlich.

"...besser, wir beeilen uns.", sprach der Boxer unseren einheiilichen Gedanken aus. "Ja, genau."

Langsam und auf jeden Schritt bedacht gingen wir weiter. "Mist! Wieso muss ich ausgerechnet hier barfuß herumlaufen...?", hörte ich den Alten vor sich hinschimpfen. Der hatte vielleicht Probleme!

Ohne irgendeine Vorwarnung - und als hätten wir nicht schon genügend unangenehme Überraschungen gehabt - begann dass Gerüst unter unseren Füßen zu wackeln; sehr bedenklich zu wackeln.

"Wa...was?!"

"Seht ihr?" - der Herr Abgeordnete schien wirklich Nerven aus Drahtseilen zu haben, wenn er sogar in so einer Situation herumnörgeln konnte. - "Ich habs´s doch gesagt! Wir sind zu schwer für das Gerüst! Hätten wir uns bloß nicht auf ihn verlassen!"

Ich sah, dass der Tattootyp vor mir sich umgedreht hatte und auf das Geschehen hinter meinem Rücken achtete. "Shit!", meinte er nur.

Die Bemerkung von Halbglatze überzeugte mich dann vollständig, dass Unheil im Verzug war. "Wir sind nicht das Problem..."

Ich drehte mich um. Am anderen Ende der Grüstbrücke stand nun definitiv ein Dinosaurier. Anders konnt man ihn garnicht bezeichnen. Groß, grün, viele stachelähnliche Dinger auf dem Rücken, schmale bösartig funkelnde Augen, Hörner und viele scharfe Zähne. Und ein Dinosaurierschwanz. Hatte ich den schon erwähnt?

"Schon wieder ein Neuer...?!"

"Das Ding sieht aus, wie ein Dinosaurier!" Danke, so weit war ich auch schon. "Was zum Teufel ist das hier? Jurassic Park?!"

Was zum Teufel...? Hm, das konnte auch möglich sein. Die Hörner für einen Teufel hatte das Unding schon.

"Los, weg! Lauft!!", rief der Boxer und packte das Kind und die Blondine unter jeweils einem Arm.

"Au..."

"Verd..."

Jeder rannte los was das Zeugs hielt, in Richtung Treppe und Tür.

"Was ist bloß mit dieser Welt geschehen...?!"

Jeder, außer mir, rannte los. Außer mir und dem Tattootyp.

"Lauf!", gab er mir den Befehl, ohne sich nach mir umzusehen. Wieso wusste er, dass ich noch dastand?

"Eh? Aber..."

Halbglatze schnappte sich meine Hand und zog mich einfach mit. "Nun komm schon! Schnell!"

"Aber was ist mit dir?!", rief ich zum Tattootyp.

"Bin gleich bei euch." Immer diese heldenhaften Machotouren.

Kurz bevor wir bei der Treppe ankamen, riss ich mich los und drehte mich besorgt um. Mir klopfte das Herz bis zum hinauf und noch höher, doch irgendetwas drängte mich, zuzusehen.

Dort stand nun dieser merkwürdige Mann, Auge in Auge mit diesem Ungeheuer, dass einem Dinosaurier so ähnlich sah. Es knurrte laut. "Du lässt nicht locker, was?", meinte der Mann mit dem Schwerttattoo grimmig und wagte dann einen kurzen Blick um sich, um die Lage zu checken. Rostige Drahtseile hielten die Brücke noch dort, wo sie jetzt war - in der Luft. Doch wenn diese Drahtseile so brüchig waren, wie sie aussahen...

"Die Brücke bricht gleich zusammen... Warum kommt er nicht...?! Dieser Idiot!", schimpfte der Alte.

"Was hat er vor?"

"Warum bleibst du stehen? Komm zu uns! Das ist gefährlich!", hörte ich Halbglatze mir zurufen.

"Aber..."Unentschlossen, auf dessen Stimme der Vernunft und meiner inneren Stimme zu hören, blieb ich wo ich war. Ich griff auf das Geländer und stach mich promt an einer Dorne. Mitten auf der Handfläche.

Du bringst es nicht über´s Herz. Ich sah erschrocken auf. Das war doch... "Shizuku..."

Wo war sie?

Du bringst es nicht fertig...

...noch jemanden im Stich zu lassen, um zu überleben.

So ist es doch, oder?

Ich versteh dich.

Die Stimme war nun lauter, doch ich sah sie nirgends. Die Stimme war in meinem Kopf ... ich erkannte sie als eine Art innere Stimme.

Es muss unerträglich für dich sein.

Was wirst du tun...

Ich betrachtete meine blutende Handinnernfläche. Was würde ich tun? Vernunft oder eigene Werte, eigene Wünsche? Der Tattootyp hatte sich inzwischen auf die Brücke geworfen und trat kräftig gegen eine der rostig-morschen Gitterstäbe. "Hrr! Verdammtes Gerüst! Du bist halb verrottet! Brich endlich durch!!" Wenn es durchbrach, würde die Brücke nachgeben und endlich in die Tiefen stürzen. Dem Dino schien das nicht zu gefallen, denn es schnappt wütend nach der am Boden liegenden Mahlzeit. Der Mann wich rechtzeitig aus. Doch für einen zweiten Angriff würde er nicht genügend Glück auf seiner Seite haben ... nicht ohne Unterstützung. "Das war´s dann wohl...", murmelte er finster vor sich hin, während er tapfer versuchte, den Mundgeruch des Ungeheuers zu ignorieren. Es riss sein Maul auf, schrie ihn an und bog dann seinen Hals, um endlich abzubeißen.

EinStein traf auf seine Schnauze. Für´s erste war es abgelenkt. Und falls es noch einer Ablenkung brauchte ... in meiner Hand lagen noch genügend Felsbrocken herum. Ich fing - mit Tränen der Angst - den überraschten Blick des Tattootypen auf. In meiner Hand lag schon der nächste Stein bereit.

"Schnell!", rief ich ihm zu und schleuderte mein Geschoss auf mein Ziel. Der Dino war abgelenkt, der Mann zog seine Füße an und trat nun endlich mit genug Kraft die Gitterstange von ihrem Platz durch.

Ehe ich mich versah, wurde ich gepackt - vom Tattootypen - und mitgerissen. Runter von der Brücke, auf die sicher Treppe zu; hinter uns brach die Brücke aus ihrer Halterung. "Los! Renn!!"

Und ich rannte. Unter uns ließ die Brücke nach.

"Spring!"

Und ich sprang. Sonst wäre ich sicher Matsch geworden. Wir schafften es beide. Und der Dino ... schaffte es nicht.

Ich atmete ein paar mal tief durch. Nun ja, eigentlich keuchte ich ziemlich erbärmlich.

"Oh Mann, mach so was nicht noch mal!", regte sich der Boxer auf und schüttelte mich grob durch. Der nächste Schock kam, noch bevor wir uns richtig gefangen hatten. Das Ungeheuer hatte überlebt und war auf dem Weg herauf zu uns. Ich hatte keine Möglichkeit auf eine Erwiderung.

"Los! Lauft! Lauft!"

Es kletterte auf den Bäumen hoch, bis es endlich auf Höhe mit dem Ansatz der Treppe war, dann sprang es herauf.

"Welch unglaubliche Wendigkeit...!", staunte Halbglatze.

"Wir haben nicht die Zeit, es zu bewundern!" Der Boxer.

"Shit!", schimpfte der Tattootyp, als er sah, dass der Alte, das Kind, die Blondine und ich noch weit hinten lagen.

"Warte ... Kleiner ... Hah...hah...", keuchte die Blondine erschöpft.

Der war jedoch endlich oben angekommen, da er einfach an den anderen vorbeigelaufen war und nun als erster bei der Türe stand. "Schnell! Schnell!", feuerte er die anderen an.

Dann wackelte die Erde ohne Vorwarnung unter seinen Füßen und hinter ihm tauchte auf einmal noch ein Dinoungeheuer auf, stieß ihn zur Seite, als hätte es ihn nicht einmal beachtet und blieb dann kurz stehen um zu sehen, zwischen was er schien als Mahlzeit entscheiden konnte. Der Kleine - von dem Stoß, den der Dino ihm gegeben hatte, ins Rollen gekommen - purzelte die Treppe hinunter. Dirket auf mich zu. Doch ich konnte es nicht sehen, da ich auf den Dino am unten Ende der Treppe konzentrierte. Und noch während ich ängstlich zitternd dastand und zusah, wie die beiden Monster unsere Fluchtwege abschnitten ... traf mich der kleine Junge in den Fußkehlen und ich stürtze auf der Treppenseite hinunter.

Ich dachte noch, jetzt ist es um mich geschehen. Ich hatte wirklich in dieser kurzen Zeit mit meinem leben abgeschlossen. Aber als ich dann auf einmal - keine drei Meter von meinem Ursprünglichen Standpunkt entfernt - auf Metallquerstreben aufschlug, konnte ich mich in letzter Sekunde noch festhalten und war gerettet.

Das alles war so schnell geschehen, dass die anderen noch gar nicht mitbekommen hatten, dass es zwei Stück von diesen Ungeheuern gab.

"Verdammt!!"

"Es sind zwei...?!", hörte ich sie nun ungläubig sagen.

Endlich hatte ich Halt gefunden und sah auf. Die beiden Dinosaurier hatten mich als Delikatesse ausgewählt und schnitten mir bereits die Fluchtwege auf den beiden gekreuzten Querbalken ab, auf denen ich in schwindelnder Höhe saß.

Die Blondine schrie mir wenig hilfreich zu: "Versuch ... zu entkommen!"

"Das wird nichts..." Der Alte war sarkastisch, wie immer. Aber wie sollte mir das helfen?

Dann stieß der Tattootyp die anderen mit einer ungeduldigen Handbewegung weiter die Treppe hinauf. "Bewegt euch, na los!"

"Was?! Willst du sie etwa im Stich lassen?!", fuhr die Blondine ihn ungläubig an während die anderen an ihr vorbei liefen.

"Natürlich..."

Die Dino´s kamen immer näher, ich kniff die Augen zusammen, wünschte mich weit weg und vermied es über die Gegenwart nachzudenken.

Alles vorbei...!

Der Tattootyp packte sich eine Dornenliane und lief schwungholend an der Wand entlang.

"...hatte ich das nicht vor!", rief er aus, packte mich sofort um die Taille herum und weg waren wir. Ich hörte ihn leise in mein Ohr murmeln: "Das war ich dir schuldig, Kleine."

Nun ja, wenn er das meinte ... ich hatte nichts dagegen.

Zielsicher schwangen wir zurück Richtung Treppe und hätten sie auch hundertprozentig erreicht, wenn diese unnötigen Ungeheuer nicht auf einmal die Lage gecheckt hatten. Ich hörte, wie sie vor Wut brüllten und dann ging plötzlich ein Ruck durch die ganze Liane. Warnend schrien die anderen auf, doch das half uns leider nicht weiter. Statt also auf der Treppe zu landen, wie wir es eigentlich vorgehabt hatten, flogen wir unten durch - das lose Seil, das diese Ungeheuer abgerissen hatten, hielt mein Retter nutzlos in der einen Hand.

"Halt dich an mir fest!!", befahl er mir und umarmte mich fest, um mich vor dem unvermeidlichen Aufprall zu schützen. Wie durch ein Wunder - oder war es mehr ein Fluch? - schlugen wir nicht auf der Wand auf, sondern segelten durch eine schlecht vernagelte Fensteröffnung, die mit Brettern versiegelt war. Ich spürte nichts weiter, als de Ruck, der durch seinen Körper ging, als er die Hölzer danke der Wucht zerschlug. Dann waren wir draußen ... unter uns tat sich plötzlich alles auf. Ich sah das Meer unter uns, die Felsen, die herausschauten und die steile Klippe, auf der das Schloss tronte. Ich spürte nur noch, wie wir im Wasser aufschlugen. Ob ich tot war oder noch lebte, ob ich beim ertrinken war oder ob ich wieder auf die Oberfläche des Wassers trieb, wusste ich nicht mehr.
 

"Wo sind sie hin?"

"Keine Ahnung..."

"...scheint, als seinen sie durch´s Fenster ins Freie gestürzt..."

Die Ungeheuer sahen auf, als sie merkten, dass ihr ausgewähltes Fressen entkommen waren.

"Und wir sollten auch schleunigst hier raus!!", meinte der Boxer vorrausschauend. Alle hörten auf ihn und verschwanden auf dem schnellsten Weg durch die rettende Tür, noch ehe die Dinosaurier die Chance hatten, sie zu erreichen. Dann verrammelte der boxer die Türe von innen und hielt sie sicherheitshalber noch eine Weile mit seinem Körpergewicht geschlossen. Als sich nichts draußen regte, seufzte er erleichtert und drehte sich zu den anderen um.

"Sie sind weg... was ist denn?"

Alle sahen in die gegengesetzte Richtung von der Türe. Ungefähr drei Schritte von der Türe entfernt hörte der Steinboden auf einmal auf und verlor sich in der Tiefe.

"Seht...", sagte irgendwer, "Das ist die Wirklichkeit."
 

Die Brandung stieß kreischend gegen die Klippen. Ihre Gewaltätigkeit war beängstigend. Kaum jemand könnte hier unverletzt aus der Gefahrenzone fliehen.

Doch plötzlich schoss eine Hand aus dem aufgewühlten Wasser heraus und klammerte sich an einem Felsen fest...!

3. Kapitel

Kapitel 3 - An jenem Tage
 

Meine Sinne spielen verrückt...

Ich schwebte.

Ist es heiß oder ist es kalt?

Alles kam mir so unwirklich vor.

Bewege ich mich aufwärts oder abwärts?

Ich hatte die Orientierung verloren...

Ich weiß es nicht...

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Warum...

Ich sah durch den Nebel, der sich auf meine Augen gelegt hatte, wie meine Brille davonschwamm.

Was mache ich hier...?

Ich konnte mich nicht bewegen.

Seit wann ...

Eine seltsame Lethargie hatte mich ergriffen.

...bin ich hier...?

Eine Welle brach sich über meinem Kopf.

Langsam bemerkte ich wieder etwas mehr von dem, was um mich geschah. Cih lag halb auf einem Felsen und halb im Wasser. Um ich herum ließ der Ozean seine ganze Wut aus. Ein Arm hielt mich davon ab, dass ich ins Meer zurück rutschte und nie mehr auftauchte.

"Hey!", brüllte mir eine Stimme ins Ohr. "Reiß dich zusammen! Hast du verstanden?"

Eine neue Welle brach sich über mir und drückte mich und meinen Retter gegen den Felsen. Als das Wasser zu einem neuen Angriff zurückwich, gingen unsere Körper wie willenlose Puppen mit. Doch der Tattootyp schaffte es trotzdem, uns weiterhin auf den Felsen zu halten.

"Hey!"; rief er noch einmal. Ich reagierte nicht. Weso sollte ich auch? Ich würde sterbe. So oder so. Das ließ sich nun einmal nicht ändern.

Meine Gedanken führten mich weg von dem lebensgefährlichen Ort und ließen mich die Vergangeheit noch einmal erleben. Vor allem den einen Tag...
 

"Kasumi." Ich sah auf. "Gehen wir", sagte meine Schwester zu mir. Die Schule war endlich aus und ich saß noch als einzige hinter meinem Pult.

"Ja..." Langsam folgte ich meiner Schwester, die mit ihren Freunden herumscherzte.

Im Gegensatz zu mir ist Shizuku offenherzig. Sie ist beliebt und hat immer alles fest im Griff. Sie ist mehr als mein Spiegelbild ... sie ist mein Ideal.

An jenem Tag wussten wir noch nichts über das, was auf unserer Welt passiert war ... und unser Schicksal...
 

Der Alte sah hinauf zum Himmel, der sich schnell verdüsterte. "Mist. Ein Sturm kommt auf! Wollen Sie ihnen unter diesen Umständen wirklich zu Hilfe kommen?!"

Die Halbglatze, das Kind und die Blondine hielten jeder jeweils einen Stein in der Hand und rieben mit auf den Dornenpflanzen herum.

"Natürlich. Sie sind sicherlich ins Meer gestürzt."

"Lassen Sie ihr sinnloses Gelaber und helfen Sie uns lieber!", regte sich die Blondine wieder einmal auf, nachdem Halbglatze seinen vernünftigen Kommentar gemeldet hatte.

"Wir müssen nur mit Steinen die Stacheln entfernen ... dann können wir diese Dornenlianen als Seile benutzen.", erklärte sie weiter und hielt dem älteren Herrn das Stück Liane vor die Augen, dass sie gerade bearbeitet hatte. "Ungefähr so."

"Wenn Sie so viel Zeit für andere Dinge haben, könnten Sie sich ja mal gefälligst um unsere Lage kümmern! Wir haben schon genug am Hals, auch ohne die beiden! Uns läuft die Zeit davon! Versteht das denn keiner hier?!"

"Gerade wenn es an Zeit mangelt, sollte man keine Sekunde vergeuden ... ansonsten bereut man das sein Leben lang."

"Er hat Recht.", stimmte der Boxer Halbglatze zu, als er hinter dem Alten auftauchte, mit einer weiteren Ladung Dornenlianen. Er ließ sie auf den Boden fallen und packte den Politiker am Kragen. "Wenn Siedas kapiert haben, dann helfen Sie mit!"
 

Das Wasser lief meinen Körper hinunter und beruhigte mich ungemein. Um mich herum hörte ich es auf den Boden der Duschkabine prasseln. Nach einiger Zeit drehte ich das Wasser ab, wickelte mich in ein flauschiges Handtuch und stieg dann auf die Waage. Es war mehr Routine als das ich wirklich Sorgen mit Gewichtsproblemen hatte. Dann stellte ich mich vor den Spiegel und starrte auf das Geischt, das dem von meiner Schwester so ähnelte. Aber auch wenn mein Körper äußerlich fast das perfekte Ebenbild meiner Zwillingsschwester war - ich nach meine Hände hoch und fasste die Haare so zusammen, dass es der Frisur glich, die eine Schwester immer trug. Dann merkte ich, wie dum ich mich verhielt. - wusste ich, dass ich nie wie sie sein konnte. Ich war eben anders.
 

">Das Medusa-Syndom, das bereits große Teile der Welt erschütterte, hat nun auch die Küsten Japans erreicht. Die Regierung hat den Ausnahmezustand verhängt<" Der Fernsehsprecher sagte das so gefühllos, wie er auch alles andere vortrug. Trotzdem merkte man ihm an, dass er leicht nervös war, denn er hatte sie Augenbrauen fast unmerklich hochgezogen. Shizuku saß auf dem Sofa und trank eine Dose Limonade, während ich hinter ihr stand und meine Haare trocknete. ">So wurden die Krankenhäuser zu erhöhter Wachsamkeit ermahnt, während fieberhaft nach der Infektionsquelle gesucht wird.<" der Nachrichtensprecher wandte sich zu dem Experten um, der neben ihm saß. ">Könnten Sie mir als Laien kurz die Symptome und den Krankheitsverlauf schildern?>" Der andere mann drehte sich zu Monitor hinter sich um und zeigte auf ein Bild von einer Gestalt, die wie eine vertrocknete Lehmpuppe aussah und auf dem Boden lag. Dann erklärte er: ">Auffälligstes Merkmal der Krankheit ist eine Art ´Versteinerungseffekt´. So wie hier auf dem Foto. Die Degeneration der Körperzellen lässt sich am ehesten mit dem Austrocknen von Lehm vergleichen. Die Hautpigmentierung verschwindet ebenfalls. Die Risse, die Sie sehen, beschränken sich nicht nur auf die Hautoberfläche. Auch das Muskelgewebe und die Knochen sind davon betroffen. In einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit reicht bereits ein geringer Stoß und der Körper des Betroffenen zerbricht im wahrsten Sinne des Wortes.>" ">Und es gibt derzeit kein Mittel gegen diese Versteinerung?<", fragte der Nachrichtensprecher nach.

">Nein. Leider nicht. Eine Ansteckung mit dieser Krankheit ist de facto ein Todesurteil.<"

"Wie schrecklich...", murmelte ich, während ich mich neben Shizuku setzte. "Ja...", meinte sie mit einem etwas skeptischen Blick.

">Sehen Sie sich diese Aufnahmen an...<" Auf dem Bildschirm wurden unglaubliche Bild von Menschen u#in den verschiedensten Formen der Erkrankung oder des Todeszustandes gezeigt. Wie gebannt sogen meine Augen die Szenen auf. In mir breitete sich eine Welle von Mitgefühl aus, auch wenn ich wusste, dass das nichts brachte. Ohne es wirklich wahrzunehmen, schlich sich auch Angst in mein Herz.

Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie Shizuku meine Brille vom Beistelltisch nahm und dann aufsetzte. "Soll ich dich nachmachen?"

"Eh?" Ich verstand zuerst nicht, was sie meinte.

Sie setzte sich auf den Boden krümmte sich zusammen und sah mit Mitleiderregend an. "Ähmmm ... Shizuku ... halt mich... Es ist so furchtbar!" Dann bekam sie einen Lachanfall und kugelte am Boden herum.

"S...so soll ich sein...? Stimmt doch gar nicht!" Ich stürzte mich auf sie. "Meine Brille! Gib sie zurück!" Wir kreischten und rangelten herum, doch am Ende setzte ich meine Brille siegreich auf. Hinter mir wurde das Gelächter meiner Schwester immer leiser und gekünstelter, bis sie ganz aufhörte. Überrascht über ihren Stimmungswechsel sah ich sie an. Sie erwiderte meinen Blick. Doch ich konnte ihre Mimik nicht enträtseln. "Eh...? Was ist?" "Nichts." Sie stand auf und warf die Limodose in den Mitskübel.

"Shizuku..." Eigentlich wollte ich so lange auf sie einreden, bis sie ir endlich beichtete, was ihr auf der Seele lag. Als die Haustüre jedoch geöffnet wurde, hielt ich inne.

"Ah. Hallo!", grüßte Shizuku. "Papa... Ma..."

Vater hielt den Arm um Mama, die weinend in ein Taschentuch schniefte.

"...ma...?"
 

">...so wird aus allen Teilen Japans berichtet, dass sich die Krankheit unaufhaltsam ausbreitet.<"

Ich hörte den Fernseher sogar bis draußen vor die geöffnete Haustüre. Shizuku und ich saßen nebeneinander. Sie starrte hinauf zum Sternenhimmel. Ihr Gesichtsausdruck war, im Gegensatz zu meinem, ein einziges Pokerface. Mir konnte man die Traurigkeit und Verzweiflung kilometerweit ansehen...
 

Der Tattootyp hielt seinen Schützlich verzweifelt fest. Er war nicht bereit, sie an den herzlosen Ozean zu verlieren.

Über das Rauschen des wilden Meeres hinweg konnte er sie plötzlich murmeln hören.

"Wenn Shizuku ... bei mir wäre ... würde alles gut werden."

In dem Moment spürte er, wie sich alles in dem Körper des Mädchens lockerte und dann rutschte sie langsam den Felsen hinunter. Unter seinem Arm hinweg. Er schaffte es gerade noch, die am Saum ihres weißen T-shirts zu packen. "Gib jetzt nicht auf!!", schrie er sie wütend und verzweifelt an.

"Da!", hörte er eine weibliche Stimme leise über sich brüllen. Erstaunt sah er hoch. Die Blondine schwang sich auf einem Seil an den Klippen herunter zu und zeigte gleichzeitig aufgeregt zu ihnen herunter.
 

"Dort! Ich habe sie gefunden!"

Oben hielten die drei Männer das Dornenseil, wobei eigentlich der Boxer das meiste Gewicht zu tragen hatte. Der kleine Junge beobachtete derweil aufgeregt aber trotzdem hilfreich, was unter geschah und gab den Männern weiter, was er sah und was die Frau hiaufschrie.

"Habt ihr das gehört?", fragte Halbglatze bewundernd.

"Wow! Die sind hart im Nehmen!", stimmte ihm der Boxer zu. "Jetzt nur nicht die Nerven verlieren!"

Halbglatze wandte sich zum alten Mann um: "Was sagen Sie nun? Man muss nur wollen!"

"Noch ein bisschen runter!", rief die Blondine. "Noch ein klein wenig, gab, der Junge den Befehl weiter.
 

"Gleich hast du´s!", machte die Frau den Beiden Mut und hielt gleichzeitig ein Zweites Seil hinunter, das für die Opfer bestimmt war.

Der Tattootyp krallte seine Finger verzweifelt in das Kleidungsstück, doch er merkte, dass er knappt davor war, sie zu verlieren. "Ich kann sie nicht mehr lange halten! Mit einem Arm schaff ich´s nicht!"

In dem Moment sah die Blondine das Schrecklichste. Sie riss entsetzt die Augen auf und kreischte: "Pass auf!!" Aber es war zu spät. Die größte aller Wellen kam ohne Rücksicht auf die beiden unten Gefangenen zu. Dann brach sie sich an den Felsen ... und entriss dem Tattootypen seinen Schützling.

Ich schwebte wieder.

Es ist in Ordnung...

Wasser drang in meinen Mund...

Ich wehre mich nicht mehr dagegen...

...doch ich schloss ihn nicht...

...denn...

Ich hatte wieder das Bild von ihr vor meinem inneren Auge.

...ohne sie...

Es war das letzte, was ich von ihr gesehen hatte...

...will ich nicht mehr leben...
 

"Verdammt!!", schimpfte er und stieß sich ohne viel Federlesen vom felsen ab, um sie zu retten. "Verd...", regte er sich nochmals auf, holte tief Luft und tauchte unter Wasser.

Suchend sah er sich im dunklen Gewässer um und achtete auf alles, was ihm gefährlich werden konnte oder wo das Mädchen sein könnte. Er hatte schon vorhin gemerkt, dass sie mit ihrem Leben abgeschlossen hatte. Sie sollte noch nicht sterben. Nicht so jung.

Da! Er sah einen dunklen Haarschopf. Kurze Haarsträhnen. Das musste sie sein! Er schwamm auf sie zu.
 

"...Kasumi."

Alles war dunkel um mich.

"Kasumi."

Was...?

"Kasumi."

Ich öffnete meine Augen einen Spalt. Da sah ich sie!

Shizuku? Schon wieder...

Ich träumte wohl schon wieder.

"Nein. Gib nicht auf. Du darfst nicht sterben."

Aber warum? Dann kann ich endlich zu dir...

Ich will dorthin, wo du bist, Shizuku...

"Nein! Wenn du stirbst..."

Ihr Blick wurde hart.

"...verzeihe ich dir das nicht."

Shizuku...

Ich konnte ihre Hand spüren, die mich hinauf in Richtung Wasseroberfläche zog.

"Ich lasse dich nicht sterben."

Langsam begann ich meine Füße zu bewegen, ich schwamm mit ihr mit. Endlich verstand ich, was sie von mir wollte.

Shizuku, verzeih mir. Ich will von nun an mutiger sein...
 

Verdammt! Ich habe sie verloren... Wo ist sie?, regte sich der Tattootyp wütend auf, wärend er sich weiterhin suchen umsah. Nachdem eine Welle über ihn hinweg gespült war, war das Wasser so aufgewühlt worden, dass er den Körper des Mädchens aus den Augen verloren hatte. Er würde aber sicher nicht ohne sie gehen.

Plötzlich spürte er eine Berührung auf seinem Bein und zuckte zusammen. Er blickte an sich hinunter, gefasst auf jedes weitere Monster.

Doch statt dem nächsten Ungeheuer ins Maul zu sehen traf sein Blick den erstaunlich entschlossenen des Mädchens. Sie nickte ihm zu. Er lächelte.

Gemeinsam tauchten sie letztendlich auf und schnappten keuchend nach dem ersehnten Lebenselixier namens Sauerstoff. Die Blondine war nun weit genug herunten, um ihnen das zweite Seil zu geben. Erfreut rief sie ihnen zu: "Hier! Ihr schafft es! Nimm!" Als sie sicher war, dass der Tattootyp und das Mädchen sicher am Seil hingen gab sie dem Jungen das Signal. " Okay! Zieht uns hoch!"

"Hochziehen!", leitete der Junge den Befehl weiter. Sofort kam Bewegung in die drei Männer. "Los! Bloß nicht loslassen! Weiter so!", motivierte der Boxer seine Kameraden und selbst das Kind griff entschlossen zu, bereit zu helfen.

Es sah tatsächlich so aus, als würden sie es schaffen. Anscheinend hatte die Natur etwas gegen den Erfolg der kleinen Gruppe von Überlebenskünstlern. Eine zweite Welle, noch größer als ihre Vorgängerin, kam ohne Hindernis auf die am Seil hängenden Personen.

"So groß...", murmelte die Blondine entsetzt.

"Shit!", fluchte der Tattootyp. Ich sagte nichts dazu.

Die Welle krachte mit so großer Wucht gegen die Felsen, dass sie beim zurückweichen alle mit sich riss. Die Blondine, den Tattootyp und mich, weil es unausweichlich war, und die drei Männer und den Jungen, weil sie durch die Seile von uns mitgerissen wurden.
 

Möwen kreischten. Das Meer rauschte. Ich konnte hören, wie jemand stöhnte. Der Boxer war als Erster aufgestanden. "Wo sind die anderen...?"

Das Kind saß etwas benommen am Boden und betrachtete verwirrt die Gegend. Halbglatze und die Blondine regten sich nun ebenfalls.

"Scheint, als hätten wir´s überlebt ... irgendwie..."

"Ja ... wie durch ein Wunder... Bist du okay?", fragte die Frau und streichelte den Jungen beruhigend die Wange.

"...ja..."

Suchend sah sich der Boxer um. "Sind wir komplett?"

Der Alte Hielt sich die Stirn und stöhnte am lautesten. Unter seiner Hand quoll Blut hervor. Ich setzte mich nun ebenfalls auf. Alle Knochen taten mir weh und überall spürte ich beginnende blaue Flecken.

Hinter uns breitete sich eine weite Fläche aus und vor uns war das Meer. Und gegenüber von uns, ein gutes Stück über das Meer hinweg, ...

"Wo sind wir...?"

... erhoben sich die Klippen auf denen das Schloss tronte und spottend auf uns herunter sah.

"So wie es aussieht, wurden wir ziemlich weit weggespühlt..."

Wir waren jetzt jedenfalls in Sicherheit. Ich auch. Und das verdankte ich nur dem Tattootyp. "Wenn er mich nicht so fest gehalten hätte...", redete ich so vor mich hin und beachtete die anderen nicht mehr. Stattdessen sah ich mich suchend um.

"Stimmt! Der tätowierte Mann ist nicht hier!" Damit sprach die Blondine den gefürchteten Gedanken aus, der schon die ganze Zeit in meinem Kopf spukte, seit ich wieder zu mir gekommen war. "Wo ist er?", wollte ich wissen. Niemand antwortete mir.

"Aber als wir ihnen zu Hilfe kamen, war er doch noch da...", meinte der Boxer nachdenklich. Er dachte den Gedanken, den alle anderen auch hatten. Nur ich merkte nichts davon. Wollte es auch nicht merken.

"Was...?" Ich sah mich genauer um. Wo war er

"Hat es ihn etwa noch weiter weggeschwemmt?!", wagte der Boxer den Gedanken auszusprechen. Ich war nicht bereit so pessimistische Gedanken in mir zuzulassen. "Lasst uns erstmal hier nach ihm suchen." Damit machte ich mich auf den Weg und begann mit der Suche. Vielleicht war er vor uns aufgestanden und kundschaftete die Gegend aus.

Der Alte blieb sitzen und hielt sich weiterhin die Stirn. "...Ich werde mich hier ausruhen..."

"Alles in Ordnung?", fragte Halbglatze besorgt.

"Ja... Hab mir nur den Kopf gestoßen."

Also blieb er beim Meer sitzen und wir anderen starteten die Suchaktion. Ich brauchte jedoch nicht lange suchen. Nachdem ich ein paar Schritte am Meer entlanggelaufen war, sah ich eine Gestalt in Bauchlage am Boden liegen.

"Ich hab ihn gefunden! Da drüben!", rief ich den anderen aufgeregt zu. In mir machte sich Erleichterung breit. Tatsächlich hatte ich irgendwie die befürchtung gehegt, dass er im Meer verschwunden war und nie wieder auftauchen würde.

"Ist alles in Ordnung?" Sacht schüttelte ich ihn auf der rechten Schulter. "Wach auf..." Durch die Berührung und die Erschuütterung meiner Berührung rollte sein Kopf vom Hals. Als nächstes bemerkte ich die Risse in der Haut.

Dann schrie ich.

4. Kapitel

Kapitel 4 - Die Gestalt der Zukunft
 

"Tot... Er ist tot!!", brachte ich endlich heraus. Ein Zahn brach aus dem Kiefer aus und fiel fast geräuschlos auf den Boden.

"Nein...", murmelte jemand entsetzt hinter mir. "D...das Medusa-Syndrom...?"

Medusa...

"Ja... daran gibt´s keinen Zweifel..."

Die Blondine bracht erschüttert zusammen. "Dann..." Sie zitterte am ganzen Körper und die Tränen liefen ihr über die Wangen. "Dann war also alles umsonst..." Sie griff sie mit der Hand an das Armband. "Wir werden alle versteinern, egal, wie sehr wir uns auch dagegen auflehnen..." Ich betrachtete das Display auf ihrem Armband und erschrack. Es war beinahe ganz schwarz gefärbt! "...wir können unserem Schicksal nicht entrinnen." Ihr Zittern verstärkte sich. "Es gibt kein Entkommen..."

Wir konnten nichts darauf sagen. Sie hatte ja recht... Betroffen schwiegen wir und starrten vor uns her.

"Jetzt macht mal halblang."

Mein Kopf ruckte so schnell in die Höhe, dass man es laut knacken hörte. Das konnte doch nicht wahr sein, oder?! Ich träumte, richtig?

"Wollt ihr etwa so schnell aufgeben?" Es war unmöglch!

"Dabei hat das Spiel doch erst begonnen." Doch es war wahr.

Der Tattootyp stieg über die flachen Klippen der Insel zu uns herauf. Sein T-shirt hielt er in der rechten Hand und wir konnten sehen, dass er im wahrsten Sinn des Wortes ein Tattootyp war. Überall auf seinem Rücken, auf den Schultern und zum Teil auch auf seiner Vorderseite trug er Tätowierungen, wie Kriegsnarben. Sene ganze Statur war kräftig ... wie von einem Krieger. Er ging an dem Alten vorbei und auf uns zu.

Ich sah, wie der alte Politiker auf dessen Rücken starrte. "N...na so was..."
 

Ein großes M darunter, etwa dreiviertel kleiner, stand ARC. Darunter waren zwei ineinander verschlungene Kreise und unter diesen Zeichen stand, in der selben Größe wie das ARC, WEN.

Dieses Tattoo..., dachte sich der alte Mann und zerbrach sich den Kopf. Woher kenne ich es...?

Dann lenkte ihn wieder der stechende Schmerz auf der Stirn ab.
 

Glücklich lächelte ich meinen mehrfachen Lebensretter an. "Du hast es überlebt!"

"Dachtet ihr, ich geh so schnell drauf?", meinte er verächtlich.

Halbglatze sah auf die zerbröckelnde Gesatlt am Boden. "...aber... Wer ist dann das...?"

Der Tattootyp warf sich das T-shirt über die Schulter. "Jedenfalls keiner von uns. Aber es gab ja noch andere mit solchen Armbändern." Es stimmte, der Tote trug ebenfalls so ein Armband, wie wir.

Halbglatze stellte die Fakten dar: "Schon, aber gerade als wir hier angeschwemmt wurden, ist er an dieser Stelle abgekratzt. Das bedeutet, dass er noch vor uns erwacht sein muss. Wie kann das sein..."

"Tja... Er könnte Recht haben...", stimmte der Boxer ihm zu. "Als wir aus unseren Kapseln stiegen, haben wir schließlich nicht gezählt, wie viele es waren..."

"Jemand, der vor uns aufgewacht sein muss... Was hat das zu bedeuten...?", führte Halbglatze die Gedankengänge weiter.

Alle starrte nachdenklich vor sich her. Irgendetwas merkwürdiges ging hier vor.

"Fang.", sagte der Tattootyp und plötzlich segelte etwas auf mih zu. Reflexartig riss ich die Arme hoch und fing den Gegenstand. Ich betrachtete es. "Ah...! Meine Brille!"

"Du hattest Glück. Sie klemmte zwischen zwei Felsen."

Deshalb war er also wieder im Meer gewesen! Wow!

"Den Steilhang hab ich schon gecheckt..." - er zeigte hinter sich auf die Klippen mit dem Schloss - "...da kommen wir nicht rauf. Keine Chance. Aber dafür hab ich was Interessantes entdeckt."

"Etwas Interessantes?"

"Ja. Es ist bei den Klippen. Von hier aus kann man´s nicht sehn... Kommt mit. Dann versteht ihr´s."

Also folgten wir ihm. Was sollten wir auch anderes machen?
 

"Dort" Er zeigte auf ein flaches Gebäude. Es war direkt an das Meer bebaut und ich hörte, dass das Wasser dort lauter rauschte als sonst wo. "Was ist das", fragte die Blondine.

"Ein Wasserkraftwerk...", antwortete Halbglatze ihr.

"Ein Wasserkraftwerk?", wollte ich noch einmal wissen. Ich verstand nicht, wie er darauf kam. Und was hatte ein Wasserkraftwerk hier überhaupt zu suchen? "Natürlich... Warum habe ich nicht schon früher daran gedacht! Die Systeme des Cold Sleep Centers brauchen schließlich Strom... und den bekommt es von hier!" Halbglatze klatschte sich die Hand an die Stirn, als Strafe dafür, dass er nicht schon viel früher darauf gekommen war. "Das innere des Karftwerks ist also noch unversehrt! Es ist voll funktionsfähig! Dort sind wir sicher!", meinte er schließlich freudig. "Das wir ins Meer stürzten war unser Glück! Denn dorthin wird bestimmt keines dieser Monster kommen!"

Die Blondine sah ihn hoffnungsvoll an. "Wirklich? Heißt das wir haben noch eine Chance, gerettet zu werden?"

"Allerdings! Bestimmt gibt es dort allgemeines Notfallwerkzeug und Geräte, die uns den Kontakt zur Außenwelt ermöglichen!"

Man merkte sofort den Stimmungsumschwung von ´deprimiert' zu 'hoffnungsvoll enthusiastisch'.

"Lasst uns gehen!" Und schon war Halbglatze losgelaufen.

"Ja!", rief das Kind, und gleich darauf waren wir alle im Laufschritt dort angekommen. "Aber wie sollen wir ohne Schlüssel..." Gleichzeitig mit diesen Worten griff der Boxer zum Türknauf. Es klickte leise, als er ihn drehte, dann öffnete sich die Tür einen kleinen Spalt. "Offen...!"

Wir starrten alle hinein, gespannt, welches Abenteuer nun auf uns wartete,... oder welcher Schock. "Okay. Wartet hier", bat Halbglatze die Blondine, den Jungen, den Alten und mich. "Ja, machen wir..."

Sobald die Türe dumpf zufiel, setzte sich der alte Politiker auf den Boden und lehnte sich stöhnend an die Hauswand. "Macht, was ihr wollt...", brummte er schlechtgelaunt. Wir beachteten ihn nicht weiter. Alte Menschen wurden oft zu Griesgrämen.

"Ob jetzt alles gut wird?", fragte ich in die Stille hinein.

"Ja ... ich glaube schon..."

Dann warteten wir wieder.
 

Nach einiger Zeit ging die Tür wieder auf. Halbglatze kam mit ernstem Gesichtsausdruck heraus. Erwartungsvoll sahen wir ihm entgegen.

"Alles in Ordnung... Keine Monster!" Sein Lächeln fiel etwas kläglich aus, doch ich beerkte es nicht, so sehr freute ich mich.

"Essen und Wasser...? Etwas, mit dem wir unsere Verletzungen behandeln können...?" Ich dachte wieder einmal völlig praktisch.

"Und auch keine Monster...?", war das einzige Problem der Blondine. Natürlich warteten wir die Antwort nicht ab. "Wir sind gerettet! Wir haben´s geschafft!"

Der Kleine lachte glücklich.

"Ah...", begann Halbglatze, doch er kam gar nicht zum Reden.

"Los! Worauf wartet ihr?" Die Blondine war schon in den Gang hinter der Türöffnung gelaufen und ich folgte ihr mit dem Jungen freudig.

"Aber...", versuchte Halbglatze noch einmal zu protestieren und irgendetwas zu sagen. Er meinte es gut, ich wusste es, doch die Freude, die uns mitriss, war unübertrumpfbar.

Nichts konnte sie jetzt zerstören.

"Jetzt müssen wir uns keine Sorgen mehr machen...", jauchzte die Blondine überschwenglich.

Dann sahen wir es.

Nun wusste ich, dass selbst die größte Freude gedämpft werden konnte. Das ist, glaube ich, die schlimmste Art von Schock, die man bekommen kann...

"Vor den Monstern mögen wir hier sicher sein...", begann Halbglatze hinter uns düster. Die Blondine begann zu zittern. Noch stärker als am Meer vorhin. Ihre Augen waren weit aufgerissen.

In dem Maschinenraum, der etwas herabgesetzt war, standen zwei Sessel. Auf dem einen saß ein Mann. Seine Hand lag, abgetrennt vom Körper, auf dem Boden und kleine bröckelige Stückchen waren darum herum verstreut. Hinter dem Mann lagen zwei weitere Menschen am Boden - ein zweiter Mann und ein Junge mit blondem Haar. Auch ihre Körper waren in einer schlechten Verfassung. Bei dem einen fehlten zum Teil die Finger, die etwas weiter vo Körper entfernt lagen oder so schlimm zerbröckelt waren, dass man sie nicht einmal als Finger identifizieren konnte. Beim anderen, dem Kind, fehlte die Nase. Mehr konnte ich nicht erkennen, wollte ich nicht erkennen!

"...aber vor der Krankheit nicht.", vollendete Halbglatze düster seinen Satz.
 

In diesem Moment erklang der furchtbarste schrei, den ich jemals gehört hatte. Er kam aus dem Innersten...

Ein Verzweiflungsschrei...

Traurig...

...und bitter zugleich.

Wie Messerklingen stach er in meine Brust.
 

Halbglatze packte die um sich schlagende Blondine.

Als er merkte, dass Halbglatze sie unmöglich alleine bändigen konnte, kam ihm der Boxer zu Hilfe.
 

In diesem Moment erfasste sie ihre Situation...

...ihre Zukunft.
 

"IiiaaaaaH!! Lasst mich...!!"

"Bringen wir sie da rüber." Der Boxer deutete mit dem Kopf in die Richtung eines anderen Zimmers, wo der Anblick niemanden an die schrecklichen Schicksale erinnerte.

"Ja."

Die Blondine schrie weiter.
 

Mir...

...ging es ähnlich...
 

Ich schloss den Erste-Hilfe-Kasten und betrachtete stumm die liegende Gestalt. Die Blondine hatte sich endlich beruhigt und lag nun auf einem Sofa. Ich wusste nicht, ob sie munter war, oder ob sie sich in den Schlaf geweint hatte, denn sie reagierte auf keine meiner Fragen. Ohne etwas zu sagen hatte sie sich von mir verarzten lassen.

Wie ein Wachhund saß vor dem Sofa und gab keinen Mucks von sich, geschweige denn, dass er sich bewegte. Auch ihn hatte ich verarztet. Ich merkte das ich bei den beiden nichts ausrichten konnte und machte mich auf, den Raum zu untersuchen.
 

Seufzend kam Halbglatze die Treppe herunter in den Maschinenraum.

"Wie geht es ihr?", fragte der Boxer.

"Ich habe ihr ein Beruhigungsmittel verabreicht. Sie wird eine Weile schlafen."

Ein schleifendes Geräusch ließ ihn sich umdrehen und er konnte sehen, wie der Tattootyp den letzten der Toten in einen Abstellraum schleuderte.

"Es muss doch irgendeine Erklärung für unsere Situation geben...", regte sich der Boxer auf. Niemand sagte etwas und die Unsicherheit lag zum Schneiden dick über den Anwesenden. Nur der Tattootyp blieb locker und ließ sich keine Gefühle anmerken.

"Haben Sie ihr Armband gesehen?"

"Ja... Ihr Display ist schon fast schwarz...", antwortete der Boxer Halbglatze. "Sie hat nicht mehr lange..."

"Der Tote dort draußen ... er war wohl auch hier..."

"Wahrscheinlich... Ihn hat es wohl als letzten erwischt und er ist in Panik ins Freie gelaufen... Sie fanden keine Möglichkeit. Von hier weg zu kommen ... und alle sind jämmerlich gestorben." Der Alte und der Tattootyp sagten nichts darauf. Sie schwiegen weiter.

Düster fuhr der Boxer weiter: "Und uns ... wirdes auch bald so ergehen. Diejenigen, bei denen die Krankheit schon fortgeschritten ist, könnte es bereits in einer Woche erwischen... Im günstigsten Fall wird das Medusa-Syndrom den letzten von uns in sechs Wochen hinwegraffen."

Der Tattootyp stieß sich von der Wand ab, an die er sich gelehnt hatte und ging auf eine weitere türe zu. "Wo wollen Sie hin?" Halbglatze war wirklich neugierig.

"Ich wird mich hier noch mal umsehen. Wir wollen schließlich weg von hier." Hinter sich schloss er die Türe ab.

"Der Kerl gibt sich nie geschlagen. Aber wenn´s hier irgendwas gegen die Krankheit geben würde, lägen hier keine Toten rum.", meinte der Boxer.

"Na ja... aber wie er schon sagte: Man kann nur etwas erreichen, wenn man es auch anpackt.", entgegnete Halbglatze.

"Stimmt schon... Aber diese auffälligen Tattoos behagen mir nicht..."
 

Auf der anderen Seite der Türe stand der Tattootyp, der natürlich jedes Wort des Gespräches mitgehört hatte. Ein unangenehmes Gefühl machte sich in ihm breit. Anscheinend passte seinen Gefährten etwas nicht an ihm.

So etwas konnte schnell in Gefahr umschlagen.

Entschlossen nahm er eine Schraubzwinge. Die würde es im Notfall sicher als Waffe nützen. Vor allem wenn das Überraschungsmoment auf seiner seite war.
 

Ich stellte den Notfallkasten auf seinen Platz zurück und sah dann hinauf zur Lampe.

Die Lebensdauer einer neonröhre ist nicht lang.

Als ich aus meiner Kapsel stieg...

...und diese Kreaturen sah...

Ein kalter Schauer lief meinen Rücken hinunter.

...traute ich meinen Augen nicht, denn ich dachte, dass solche Wesen seit hunderttausenden von Jahren ausgestorben seien.

Alles um mich herum war plötzlich fremd, doch diese Dinge hier sind mir bekannt, denn sie stammen aus meiner Zeit.

Ich hob einen Becher vom Boden auf.

Selbst das Herstellungsdatum dieser Cup Nudeln stimmt mit meiner Zeit überein...

Nur...

Ich stellte den Becher auf den Abstelltisch.

...wie lange mögen sie hier schon liegen?

Es scheint, als hätte...

Ich sah mich noch einmal um.

...die Zeit...

Alles sah aus, als wäre nie etwas außergewöhnliches geschehen.

...hier keinerlei Spuren hinterlassen...

"Bleibst du bei ihr?", fragteich den Jungen, obwohl ich wusste, wie seine Antwort lautete. Er hatte die Frau ins Herz geschlossen und ich vermutete, dass er sie als eine Art Mutterersatz und gleichzeitig auch als Freundin sah.

"Ja." Er lächelte mich leicht an.

Ich ging.

Ich sollte...

Ich drückte die Kleidung, die ich in einem Kasten gefunden hatte, an mich.

...mich wenigstens...

Ich seufzte leise...

...bei diesem Mann bedanken...

Als ich oben an der Treppe stand, hörte ich die Stimmen der Männer.

"Schließlich wissen wir nicht, in welchem Jahr wir uns befinden."

"Aber immerhin funktioniert dieses Wasserkraftwerk noch. Das ist doch schon mal ein Anhaltspunkt."

"Stimmt... Und Staub liegt hier auch nur sehr wenig rum...", gab der Boxer zurück.

"Aber das könnte auch daran liegen, dass sich hier nur selten jemand aufhielt.", bedachte Halbglatze. "Wären hier oft Leute rein und raus gegangen, dann läge hier auch mehr Staub."

Ich sah mich um. Er ist nicht hier..., dachte ich traurig.

"Ähm... Wo ist eigentlich der Mann mit den Tattoos...?"

Halbglatze deutete auf eine Türe. "Er ist durch diese Tür, wenn ich mich recht entsinne. Weshalb willst du zu ihm?"

"Na ja ...seine Kleidung ist ein wenig ,unkonventionell'..."

"Ach so!"

"Danke..."
 

Halbglatze hob eine Augenbraue und grinste leise vor sich hin.

"Sie ist schon süß, oder?"

"Ob es okay ist, die beiden da drinnen allein zu lassen?", sorgte sich der Boxer, doch er stand nicht auf und machte auch sonst keine Anstalten, die Anstandsdame zu spielen.
 

Ich schloss die Türe hinter mir, dann sah ich mich mit mulmigem Gefühl um. Überall waren Rohre und die ganzen Wände waren mit Metallplatten ausgelegt. Suchend sah ich mich um. In dem kleinen Raum war niemand. Da entdeckte ich, dass ein Gang an den Raum grenzte. Ich ging ihn entlang, sah aber konnte aber noch immer keine Menschenseele entdecken. Ich kam in einen Weiteren Raum. In diesem Teil des Gebäudes herrschte ein einziges Labyrinth. Immer wieder hörte ich es überall von irgendwelchen Geräten piepsen. Ein Teil des Raumes, in dem ich mich zur Zeit befand, war mit Gitter von dem Teil abgegrenzt, in dem ich stand. Auf dem Gitter hing ein Schild: Caution; zwei Dreiecke mit gelben Blitzen darin standen neben dem Wort. Als ich noch immer niemanden sah, beschloss ich mich, bemerktbar zu machen.

"Äh... Hallo...?"

Niemand meldete sich. Ich schluckte nervös, als ich merkte, dass mein Hals ganz trocken war.

Sie sagten, es sei hier sicher...

"...hallo..."

Auf einmal schoss eine Hand aus dem Dunklen hervor und legte sich auf meinen Mund. Meine Pupillen wurden sicher pünktchenklein, vor lauter Schreck. Als ich sicher war, dass der Besitzer der Hand mir nichts Böses wollte - zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt - wagte ich einen Blick über meine Schulter.

Es war nicht die Person, die ich erwartet hatte.

"Sei still.", sagte der Alte und zog mich in die dunkleren Tiefen des Labyrinths. Mein Entsetzen ließ in keinster Weise nach.

"He he... Jetzt weiß ich´s wieder. Dieses Gesicht... Das tätowierte >M< auf seinem Rücken..."

Wovon sprach der Mann? Von dem Tattootypen? Kannte er ihn etwa? Fragend sah ich zu ihm auf.

"Marco Owen."

Ein leises Klopfgeräusch erklang hinter uns. Als würde man ein Werkzeug gegen die Metallwände schlagen...

"Richtig."

Durch den Körper des Alten ging ein Ruck, als er merkte, dass er seinem Feind in seinem schutzlosen Rücken hatte.

"Du kannst dich also an mich erinnern. Scheiß Politiker."

Was war hier los?

Der alte Mann wollte hinter sich blicken, um zu sehen, wie die Situation genau lag. "Verd... Wie lange..."

"Von Anfang an ... Arschloch."

Noch ein Ruck ging durch meinen ,Entführer', diesmal jedoch, weil der Tattootyp - oder Marco Owen, wenn ich das richtig verstanden hatte - ihn mit einem Schraubschlüssel im Schwitzkasten hatte. Ich kam endlich los.

"Du willst doch nicht sterben, oder? Hm?", fragte Marco Owen sein Opfer. "Dann halt gefälligst dein Maul."

5. Kapitel

Kapitel 5 - Das Dornenmädchen
 

Durch den Ruck, kam ich also endlich von meinem Gefängniswerter los und stolperte prompt über eines der vielen Kapel, die hier herumlagen.

"Marco Owen. Also doch!"

"Genau. Jetzt hast du´s doch rausbekommen."

"Wurden Sie nicht geschnappt, als Sie gerade dabei waren, auf illegale Weise ein CIA-Konto zu manipulieren? Was hat Sie hierher verschlagen?"

"Was interessiert dich das?"

Eh...?!

Was...

Über was reden die beiden?

Marco Owen sah zu mir. "Rühr dich nicht vom Fleck." Er zeigte mit dem Schraubschlüssel auf mich und hielt mit dem anderen Arm seinen Gegener in Schach.

"Ja ... okay ..."

Dieser Mann machte mir Angst. Wie konnte jemand zuerst so nett und sympathisch und dann auf einmal so ... widerwärtig sein? Himmel, der Mann hatte mir mein Leben gerettet! Und das nicht nur einmal. Aber nun konnte ich rein gar nichts machen. Nur versuchen, zu verstehen, was da vor sich ging.

Auf einmal befreite sich der Politiker mit einem Ruck aus dem Klammergriff. "Loslassen!"

Das war jedoch ein schwerer Fehler. Marco Owen trat ihn mit voller Wucht weg, so dass der alte Mann gegen die Wand geschleudert wurde. Wütend stand der Tattootyp da, wie ein Rachegeist.

Als sich der Alte so weit erholt hatte, dass er wieder aufstehen konnte, schimpfte er: "Nun zeigen Sie uns ihr wahres Gesicht! Ich kenne solche Typen wie Sie! Sie verfolgen hier nur ihr eigenes Ziel! Ist es nicht so?!"

"Mein Ziel?", fragte Marco ruhig. "Dasselbe wie eures. Ein Mittel gegen das Medusa-Sydrom finden."

"Pah! Wer soll Ihnen das glauben? Jemand wie Sie bringt es mit Leichtigkeit fertig, das computergesteuerte Auswahlprogramm des Cold Sleep Projektes so zu manipulieren, dass unter den 160 Auserwälten Ihr Name auftaucht! Danach mussten Sie nur noch eine Krankenkarte fälschen und schon haben Sie sich in einen Medusa-Patienten verwandelt!"

Was?!

...fäschen...?

...verwandelt...?

"Wollten Sie das Chaos, das durch das Medusa-Sydrom verursacht wurde, nutzen, um Ihre Gefängnisstrafe zu überspringen?! Wenn ja, dann ist Ihnen das gelungen! Aber was haben Sie nun vor?! Los! Antworten Sie!!"

Myrco machte eine kaum sichtbare Handbewegung, so schnell war sie. Gleich darauf knallte der Schraubschlüssel nur wenige Zentimeter vom Kopf des Alten gegen die Wand.

"Noch ein Wort ... alter Mann ..."

Er riss die Augen vor Wut weit auf.

"...und ich bring dich um!"

Ich erschrak. Das meinte er doch nicht ernst, oder? Nein, das konnte nicht sein. Er hatte mich immerhin gerettet! Wie konnte jemand einen Menschen retten und im nächsten Moment einen anderen umbringen?

Doch er hatte es so ernst gesagt ... so glaubwürdig...

"Siehst du?", meinte der Alte aufgeregt zu mir und zeigte auf Marco. "Ich hatte Recht! Du darfst diesem Kerl nicht trauen! Der Kerl ist ein berüchtigter Network-Hacker! Ein gemeingefährlicher Terrorist, der es sich in den Kopf gesetzt hat, die gesellschaftliche Ordnung aus dem Gleichgewicht zu bringen! Das darf nicht wahr sein! Ausgerechnet ein Krimineller musste sich unter uns mischen!"

Ich schwieg betroffen. Konnte das alles stimmen?

"Lass dein selbstgefälliges Geschwätz!", meinte Marco nur.

Dann ging die Türe auf und der Boxer stand da. Wütend.

"Ist das wahr? Was er da sagte... Stimmt es?"

Als niemand etwas sagte und nicht einmal Marco selbt versuchte es zu leugnen, packte der Boxer ihn am Hals und begann ihn mit einer Hand zu würgen. Gleichzeitig hielt er mit der anderen eine Hand vom Tattootypen fest. Die Hand, mit dem Armband...

Er sah auf das Display. Dann verzog sich sein Gesicht zu einer Maske aus Ungläubigkeit. "Sein Display hat keine schwarzen Flecken...!!"

Mich traf das völlig unvorbereitet. Ich hatte bis zum Schluss, bis jetzt an der ganzen Geschichte gezweifelt, hatte gedacht, dass mein Lebensretter aus Stolz nichts verneint hatte. Doch das...

"Es stimmt also..."

"Verd..."

Die beiden begannen sich ordentlich zu prügeln. Ich konnte nicht genau erkennen, was geschah. Einerseit war ich noch immer geschockt von den ganzen Geschehnissen, andererseit machten die beiden so schnelle und geschickte Bewegungen, dass ich einfach nicht mitkam. Am Ende lag Marco jedenfall am Boden und der Boxer war über ihm. "Du hast gar kein Medusa!!!", schrie er ihm spuckend ins Gesicht. Er war wirklich wütend und hatte sich nun nicht mehr unter Kontrolle. Also sich Marco versuchte zu befreien und wieder die Oberhand zu gewinnen, schleuderte der Boxer ihn einfach weg.

"Nein!", kam es unwillkürlich über meine Lippen.

"Heh..." Schadenfroh packte der Politiker den Schraubenschlüssel, der von vorhin noch in der Metallwand steckte, und warf ihm den Boxer zu. Der fing ihn geschickt auf, holte Schwung und...

Also, jetzt ging es mir zu weit! Da konnte doch nicht wahr sein, dass hier Menschen gegenseitig töteten. Vielleicht waren wir die letzten, die es noch gab! Also blieb mir nur eins.

Ich schrie und kreischte mir die Seele aus dem Leib, mit zwei Worten: "HÖRT AUF!!"

Ich war einer Verzweiflung nahe. Das alles war einfach zu viel für mich und ich merkte, wenn diesem Wahnsinn nicht bald ein Ende gesetzt würde, befiel es letztendlich auch mich. Und das wollte ich nicht.

Mein Schrei zeigte zumindest ein wenig Wirkung. Alle Bewegungen im Raum waren eingestellt. Der Boxer hielt das Werkzeug noch immer hocherhoben über sich, sah jedoch mich an. Auch Marco, der Alte und Halbglatze sahen mich an.

"Bitte...! Hört auf damit...", setzte ich etwas lahm dazu. In meinem Kopf herrschte nun eine einzige große Leere. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.

Da kam mir Halbglatze zu Hilfe. "Sie... sie hat Recht. Gewalt ist das falsche Mittel!"

Der Boxer machte ein verächtliches Geräusch, ließ das Werkzeug jedoch sinken. Dann Schlug er mit dem Fuß heftig zu.

"Nein!" Mein Körper bewegte sich wie von selbst. Ich stützte zu meinem Lebensretter und schützte ihn mit meinem Körper. "Das reicht jetzt!"

Der Angreifer grummelte zwar vor sich hin, ließ aber ab von einer weiteren Attacke. "Alles in Ordnung?", fragte ich besorgt, als sich Marco langsam aufsetzte.

"Hör auf, ihn zu beschützen! Der Kerl hat uns die ganze Zeit belogen!", regte sich der Schwarze auf.

"...aber...", protestierte ich, wusste jedoch nicht genau, was ich sagen sollte. Er hatte recht mit seiner Behauptung. Trotzdem...

"Zuerst behauptet er, er habe nicht die Zeit, untätig rumzusitzen... Und dann stellt sich raus, dass er der Einzige unter uns ist, für den Zeit keine Rolle spielt! Das wusste er von Anfang an. Das alles hat er nicht für uns, sondern für sich selbst getan! Während uns die Angst vor dem Medusa-Sydrom halb lähmte ... hast du dir still und heimlich ins Fäustchen gelacht! So war´s doch!!"

Er hatte sich nun wieder so weit in Rage geredet, dass er nochmals mit dem Fuß ausholte und mit voller Wucht auf sein Opfer eintreten wollte. Marco jedoch packte den Fuß geschickt, bevor er sein Ziel erreichen konnte, mit beiden Händen.

"Und wenn´s so wäre? Ob ihr nun über mich bescheid wisst, oder nicht... Das ändert rein gar nichts an eurer Situation."

"Er hat recht!", mischte sich Halbglatze wieder ein. Streit war nun mal nicht sein bevorzugtes Mittel, Lösungen zu finden.

"Shit!" Doch der Boxer ließ von ihm ab, da er übertrumpft worden war.

Marco stand auf, wobei etwas wackelig auf den Füßen stand. "Ihr seid echt erbärmlich! Vier Tote habt ihr schon gesehen ... und trotzdem kriegt ihr´s nicht auf die Reihe, mal klare Entscheidungen zu fällen, wie wir von hier weg kommen. Das Einzige, was ihr könnt, ist an meiner Lebensweise rummeckern.Ich jedenfalls werde von hier verschwinden. Und zwar sofort!", meinte er energisch und mit wildem Blick.

"Wie denn?!", fragte der boxer verächtlich.

"Aber ... es gibt keinen Weg, von hier zu entkommen...", fügte Halbglatze noch hinzu.

"Nur weil ihr denkt, es gäbe keinen."

Ich sah überrascht zu Marco auf.

"Der Kerl ist verrückt!", versuchte der Alte noch einmal die Stimmung aufzuheizen.

"Bin ich das?", fragte marco leise. "Der Kerl, der an der Klippe verreckt ist... Die Tür, die mit ´nem Schlüssel geöffnet werden muss... Der Grund, warum diese Leute hier blieben... als sie wussten, sie würden sterben... Die Rolle, die dieses Gebäude spielt... Anhand dieser Hinweise müsste es euch doch mal dämmern."

"Na?", fragte ich. Was meinte er mit dem Ganzen?

"Kommt ihr immer noch nicht drauf? Wenn diese Leute so wie wir hier angeschwemmt wurden ... wie haben sie´s dann geschafft, die Tür aufzukriegen?"

Der Alte schnaubte missmutig: "Vielleicht war sie ja gar nicht verschlossen..."

"So ein Schwachsinn!"

"Jetzt reicht´s aber!" Der Alte suchte wohl wirklich Streit, wenn er immer so aufbegehrte.

"Verstehe... Die Tür lässt sich nur von der Innenseite ohne Schlüssel aufmachen... Wenn diese vier Toten die letzten waren, die die Tür öffneten, dann würde das bedeuten, dass..." Halbglatze dachte wirklich nach. Ich bewunderte ihn dafür, jetzt so einen klaren Kopf zu haben.

"Genau! Es gibt hier noch ´nen anderen Eingang!"

"Aber das kann nicht sein! Es gibt keinen anderen Eingang. Das war doch das erste, wonach wir gesucht haben!" Der Boxer war noch immer skeptisch und verärgert.

"Ihr habt auch nur ... die Wände abegsucht.", war Marco´s einziger Kommentar. In meinem Kopf machte es sofort Klick!, als ich plötzlich verstand was er meinte. Ich sah auf den Boden und wieder sah ich das Schild ... Caution!

"Eine Bodenluke?!!"

Marco lachte schadenfroh. "Was sagt ihr jetzt?"

"Aber sie wurde verschweißt...! Kommen wir auf diese Weise hier weg?", stellte der Alte die Frage in den Raum.

"Hm... Ich denke schon..." Der Boxer untersuchte die Luke genau.

Halbglatze schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. "Nein. Diese Leute... Sie haben die Klappe nicht ohne Grund verschweißt. Alle Köpfe ruckten in die Höhe. "Welchen Grund sollten sie gehabt haben?!"

"Na, dreimal dürft ihr raten..."

Alle dachten das gleiche. Monster, Ungeheuer...

Ein Zischen ertönte in der plötzliche Stille. Ich drehte mich um und sah Marco ... mit einem Schweißgerät... Er hatte es aufgedreht angezunden...

"Na, dann wollen wir mal!", meinte er unheilvoll.

"H...hey! W...was hast du vor?!!", schrie der Alte entsetzt.

Als der Feuerstrahl das Metall berührte, musste ich plötzlich wegen der aufflammenden Helligkeit wegsehen.

"Ich werde ein Loch reinbrennen!"

"Nein!! Lassen Sie das!! Was machen wir, wenn diese Kreaturen durch das Loch reinkommen?!"

Marco beruhigte ihn einfach mit den Worten: "Große werden da nicht durchpassen."

Nun ja, beruhigend konnte man das nicht nennen. Das schien auch der alte Mann so zu sehen. Er ließ sich dadurch keinesfalls beruhigen...

"Das ist nicht dein Ernst!! Es wird schon einen Grund haben, dass diese Klappe verschweißt wurde!", regte er sich weiter auf.

"Mist!", schimpfte der Boxer und wollte sich wieder auf Marco stürzen. Ein Feuerstrahl, der sich plötzlich auf ihn richtete, hielt ihn von diesem Schritt ab.

"Aus dem Weg!", verlangte Marco entschieden.

"Wer bist du? Und was hast du vor?!", fragte der Boxer noch einmal.

Ich stand hinter Marco und konnte seinen Gesichtsausdruck nicht sehen. Doch das was er als nächstes sagte, ließ mich innehalten.

"Das ist doch egal. Ich tue, was immer ich will!"

Der alte Politiker hatte also recht gehabt.

Ich tue, was immer ich will...
 

Draußen ging die Sonne mit einem glanzvollem Abschied im Meer unter. Das Rauschen, wenn das Wasser gegen die Brandung schlug, war die perfekte dramatische Untermalung dazu. Erst wenn man genau hinsah, konnte man die kleine Gestalt eines Mädchens erkennen, die auf dem Dach des Wasserkraftwerkgebäudes stand. Ihr Langer Mantel war schwarz und hatte eine breite Kaputze, die das Mädchen so über den Kopf gezogen hatte, dass man nur wenig von ihr erkennen konnte. Sie trug Flipp-Flopps. Langsam beugte sie den kopf und meinte dann mit einem leisen Lächeln: "Die Nacht bricht herein."
 

Noch während Marco den boxer mit dem Schweißgerät bedrohte, begann der Boden zu wackeln. Oben im Zimmer, riss die Blondine, die erst vor kurzem aufgewcht war, den keinen Jungen schützend in die Arme.

Der schwarze Boxer schrie entsetzt: "Was ist das?!"

Marco beobachtete finster die Bodenluke. Sie hatte sich wegen der Hitze ein Stück nach innen gebogen. Nun versuchte er angestrengt in der Finsternis, die dahinter herrschte, etwas zu erkennen, was Aufschluss auf die kommenden Gefahren gab.

Doch er musste nicht lange warte. Die Gefahr kam von ganz allein.

Ganz plötzlich, als hätte jemand eine wilde Bestie freigelassen, schoss die Luke nach außen auf undriesige Ranken schlengelten sich mit unglaublicher Geschwindigkeit heraus. In Selundenschnelle breiteten sie sich überall hin aus und überwucherten alles, was ihnen in den Weg kam. Als eine der Pflanzentriebe auf mich zuraste, schrie ich auf und wich geschickt aus.

"Dornen!!", hörte ich den Boxer rufen. "Wie kommt des Zeug hier rein?!"

"Die Ranken werden von niemandem reingedrückt... Sie...sie wachsen von selbst in den Raum hinein!! Deswegenhaben sie die klappe verschweißt!!", meinte Halbglatze entsetzt.

"Das ist doch jetzt egal...", kommentierte Marco.

Das brachte den Boxer wieder in Rage. "Sie! Das ist alles ihre Schuld!!"

"Im Moment sitzen wir alle im selben Boot." Marco wandte sich nun an mich. "Die beiden, die noch oben sind. Bring sie her!"

"O...okay!!" Und schon lief ich los, wobei ich mich unter einer Ranke hindurchduckte.

"Was zur Hölle hast du vor?!", schrie ihn der Schwarze an.

"Das, was ihr auch wollt... Weg von hier!" Und damit warf er das Schweißgerät wieder an und attackierte die dicksten der Pflanzen - die, die am nächsten bei der Luke waren.
 

Ich lief inzwischen zur Türe, die in den Maschinenraum führte. Dicht auf meinen Fersen folgten mir die Ranken. Ich packte keuchend den Türknauf, doch gleichzeitig wickelte sie eines dieser Dornenpflänzchen darum und drückten mir ihre Stacheln ins Fleisch.
 

"Geht´s dir besser?" Der Junge führte die Frau vorsichtig aus dem raum, während er befürchtete, dass sie jederzeit wieder zusammenbrach.

"Ja, schon viel besser... Entschuldigung, wegen vorhin. Mach dir keine Sorgen um mich." Müde lächelte die Blondine ihn an und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.
 

Ich spürte, wie die Tür in ihren Angeln quietschte. Dann gab sie mit einem kaum zu überhörenden Kreischen nach und wurde aus ihrem Rahmen gerissen.

...ich stolperte unbeholfen hinterher.

Oben konnte ich die Blondine und den Jungen auf der Treppe sehen. "S...seid ihr in Ordnung?", fragte ich aufgeregt.

"Das wollte ich dich gerade fragen. Was ist das?!", zeigte die Blondine auf die Dornenranken.

"Keine Ahnung. Ihr sollte runterkommen."

"A...alles klar!" Sie lief nach einer schnellen Eingabe noch einmal zurück und schnappte sich den Erste-Hilfe-Koffer. Danach packte sie das Kind - von der Hektik, die von mir ausging - und rannte zu mir.

Plötzlich schrie der Junge auf und seine Hand riss sich aus der von der Frau. Entsetzt sah er auf seinen Fuß. Die Dornenranken hatten sich um seine Fessel geschlungen und hielt ihn fest.
 

In dem dornenverseuchten Raum kämpften die Männer weiterhin mit dem Unkraut. "verdammt! Sie haben gleich den ganzen Raum überwuchert!"

Doch Marco ließ sich dadurch nicht abhalten, den Feuerstrahl auf die Dornen zu richten.
 

Gleich nachdem der Junge bemerkt hatte, dass die Pflanze ihn gefangen genommen hatte, wurde er auch schon in die Höhe gerissen.

"Hilfe!"

"Kleiner!" Mit ungläubiger Meine musste ich tatenlos mit ansehen, wie das Kind von immer mehr Pflanzen umschlungen wurde. Die Dornen drückten sich in seinen Bauch und rissen die Haut auf.

"Aarghh! Es tut so weh! H...hilf mir..." Er streckte uns die Hand entgegen und versuchte gleichzeitig, die tötlichen Dornen von seinem Hals fernzuhalten.

"Bin gleich da!", rief ihm die blondine zu und griff sich eine der Rankenenden. Innerhalb von wenigen Sekunden rann auch ihr das Blut aus den Händen herunter.

"Ich komm nicht frei!"Langsam aber sicher zogen sich die Ranken immer stärker um den kleinen Körper. Nun hörte ich nicht mehr Schreie, sondern würgende Geräusche.

"Nein! Du darfst nicht..."

Jedes Mal...

Wieso?

Ich kniff die Augen zusammen, als könnte ich so dem ganzen Wahnsinn hier entrinnen.

Immer wenn es drauf ankommt, fehlt mir die Kraft...

Shizuku ... was soll ich tun? Sag es mir...

In dem Moment hörte ich ein Zischen. Ich schrak auf und blickte in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Es war ein Kabel, das zum Teil aus der Verankerung gerissen war. Funken spritzten heraus... Mir kam eine Idee. Ich hastete hinüber und kappte die Verbindung zum Gerät. Dann nahm ich das Kabel und rannte zu den Dornen.

"Achtung! Zur Seite!", schrie ich die Blondine an ... dann steckte ich das ungeschützte Ende des Kabels in die grüne Ranke der merkwürdigen Pflanze. Es leuchtete hell auf und ich wurde von dem Energieschlag zurückgestoßen.
 

Die Ranken hatten aufgehört, zu wachsen und siebewegten sich auch sonst keinen Millimeter mehr.

"Was ist los?"

"Sie wachsen nicht mehr...?!", fragte Halbglatze und sah sich erstaunt um.

Marco grinste leise vor sich hin. Der Kampf gegen diese Monsterpflanze war gewonnen.
 

Der Junge war in Ohnmacht gefallen und drohte nun aus dieser bemerkenswerten Höhe herunter zu fallen, in der er von den nun schlaffen Dornen gefangengehalten worden war.

Die Blondine fing ihn geschickt auf und untersuchte seinen Körper besorgt. Er lebte noch. "Ist er stark verletzt?", wollte ich wissen.

Sie sah michg erleichtert und gleichzeitig traurig an. "Es sind nur leichte Schnittwunden. Er wird wieder..."

"Gut." Ich atmete erleichtert auf.
 

Im Raum, wo die Falltüre war, frummelte der Politiker wieder in alter Manier herum.

"Mist. Dafür tragen Sie die Verantwortung!", stellte er sofort in der eingetretene Stille klar.

Marco Owen antwortete nicht darauf.
 

Draußen auf dem Dach stand noch immer das Mädchen. Sie sah mit leerem Blick auf den Boden. "Wie langweilig...", murmelte sie leise.

Auf ihrem Rücken trug sie einen Rucksack, in Form eines Tieres.
 

Ende - 1. Band
 

¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬¬

Fortsetzung folgt...
 

Das erwartet euch in Band 2:
 

Die sieben Überlebenden kehren durch einen Tunnel am Meeresboden wieder zurück in die alte Festung, in der sie erwacht sind. Doch auf dem Weg dorthin zurück muss Kasumi mit ansehen, wie einer der Sieben auf schrecklichste Weise ums Leben kommt. Noch immer geschockt von diesem blutigen Erlebnis wird Kasumi auf dramatische Weise von der Gruppe getrennt und ist plötzlich allein. Die Ereignisse überschlagen sich...

Da wäre ja auch noch das rätselhafte Mädchen, das den Überlebenden in keiner Weise zur Hilfe kommt, sondern es scheinbar genießt, wie einer nach dem anderen in sein Verderben läuft. Hat sie vielleicht auch Einfluss auf die urzeitliche Kreaturen aus den Schlossruinen, die mit den Auserwälten auf grausame Weise ,spielen'?



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: abgemeldet
2007-07-12T14:23:04+00:00 12.07.2007 16:23
Hey^^ Also ich finde die Fanfic klasse^^ ich habe alle 6 Bänder und hoffe, dass die Romanverfassung weiterlaufen wird^^ (ja, es sind 6.. und am Ende bin ich mir leider nicht sicher, wer nun wer ist.... etwas verwirrend^^) also, schreib schön weiter^^ (vielleicht, wenn du so weit bist, dass ich das dann auch ganz verstehe^^') mach weiter so^^
cucu
Von:  Sinystra
2007-04-02T21:14:02+00:00 02.04.2007 23:14
Das finde ich super. ^_^
Ich habe vor kurzem die 6 Bände gelesen und war wahnsinnig beeindruckt von der Story des Manga.
Diese 'Romanfassung' von dir finde ich ganz große Spitze.
Der Schreibstil gefällt mir auch ziemlich gut. ^^
Gerade bei diesem Manga war/ist das nicht leicht, deswegen Respekt dafür dass du das so gut hinbekommen hast! ^^
Also kann ich nur sagen: weiter so!
Von: abgemeldet
2006-04-26T18:50:33+00:00 26.04.2006 20:50
meine liebe cissy... abgeschlossen hab ich DESWEGEN hingeschreibselt, weil (!) es der erste band is, du eierbär! :P den hab ich immerhin fertiggeschrieben ^^ jetzt fehlt mir halt noch der 2. ... den ich von dir brauche ... ^^ und irgendwann sollte einer von uns den dritten kaufen, damit ich den auch noch zamschreib *gg*
und dann fehlt ja eigentlich nur noch einer, oder? es solln ja nur 4 bände werden... oder irre ich mich da grad...? *grübel*
nja, egal ^^

*blub* schnecke
Von: abgemeldet
2006-04-22T19:14:15+00:00 22.04.2006 21:14
Aaaaaalsooooo...
Ich hab jetzt nicht wirklich viel gelesen, aber mir ist gleich etwas aufgefallen, was mich wundert: WIESO ABGESCHLOSSEN?!? *entsetzt schau*
Liebe Rebekka, die Serie ist nicht abgeschlossen und somit auch diese Romanfassung nicht (denk ich mal). Also was soll das? *fragend schau* Nja, egal, bis denne dann! ^^ *gg*
Von: abgemeldet
2006-03-27T09:45:10+00:00 27.03.2006 11:45
Hier ich wieder!
XD
Ich finde auch dieses Kapitel sehr gelungen. Hier ist mir allerdings aufgefallen, dass du oft Tippfehler drin hast. Das kann passieren, wenn man schnell schreibt. XD Ist also nicht schlimm.

Sehr schön fand ich es, wie du die Szene beschrieben hast, die man im Manga ja eigentlich nur sieht. Ich finde echt, dass du das super umsetzt.

Bei dem Gedankengespräch zwischen Shizuku und Kasumi wäre es ein bisschen besser gewesen, wenn du diesen Abschnitt als einzelnen Absatz gemacht hättest. Dadurch wirkt er besser und geht nicht in der Masse des Textes unter.

Aber wie schon gesagt. Ich find die FF echt klasse.

gruß jenki
Von: abgemeldet
2006-03-27T09:33:38+00:00 27.03.2006 11:33
Hallo du!
Ich bin erst seit kurzem Leser der Mangaserie und ich muss echt sagen, dass du die Story aus dem Manga echt super umgesetzt hast. Ich bin wirklich beeindruckt. Auch von deinem Stil. Der ist echt super flüssig und lässt sich echt super lesen. Echt schadem dass du nicht noch mehr Kommies hast. Das würde sich echt lohnen.

Ich finde es gut, wie du den Einstieg verfasst hast. Und auch der weitere Verlauf ist dir gut gelungen. Es ist nicht leicht das umzusetzen, was in einem Manga knapp und präzise dargestellt wird, aber du hast das echt genial gemacht. Großes Lob an dich und ich geh mal weiterlesen.

gruß jenki


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