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Liebe Deutsche Autoindustrie...

Autor:  DarkSpir
...ich bin euer Kunde. Zumindest fahre ich einen Opel Astra, das sollte mich doch zu einem eurer Kunden machen, oder? Jedenfalls habe ich ein Anliegen. Deutschland geht es halbwegs gut, alle reden von Rezession, jeder braucht Geld und hat keins und wenn ich den Medien folgen kann, dann schreien jetzt, wo die Banken vorerst keinen Hunger mehr haben, die Deutsche Autoindustrie ganz laut nach Geld. Also ihr.

Doch nicht nur die Rezession ist ein Problem, auch die Rohstoffe werden knapp. Ganz besonders das Öl aus dem das Benzin gemacht wird, mit dem eure Produkte funktionieren. Oder die Ölscheichs brauchen mehr Geld und machen das Öl deshalb extra teuer. Oder die Treibstoffkonzernchefs haben sich nen lustigen Bonus für ihre Manager ausgedacht und müssen den finanzieren. Was auch immer die Ursache ist: Tatsache ist, dass der Sprit teuer ist. Natürlich ist der Sprit teuer, weil der Staat kräftig Steuer daran kassiert. Aber: Der Steuersatz hat sich irgendwie nicht verändert, die Spritpreise schon.

Mein persönliches Problem ist: Mein Auto ist alt. Und es verbraucht Benzin. Viel sogar. Je nach Fahrweise zwischen 7,8 und 9 Liter auf 100 Kilometer. Und das ist auch nicht so toll für die Umwelt. Laut Google erzeugt ein Liter Benzin 2,32kg CO2. Wenn ich jetzt den Mittelwert aus meinem Verbrauch ziehe (8,4l/100km) und das wiederum mit dem CO2-Gehalt eines Liter Benzins multipliziere, kommen wir auf 194,88 Gramm CO2 pro Kilometer, den ich mit meinem Astra fahre.

Kurzer Einwurf an dieser Stelle: Dieses Auto ist eine CO2-Schleuder ohne Ende. Aber trotzdem bekomme ich die grüne Umweltplakette. Aber dabei geht es nicht um Umweltschutz, sondern nur um Feinstaub. Hätte ich das Ding nicht an der Scheibe pappen und würde damit nach Frankfurt fahren und erwischt werden, bringt mir das einen Punkt in Flensburg ein. Ja, so stellt sich unsere Bundesregierung aktiven Umweltschutz vor. Aber ich schweife ab.

Gut, fassen, wir nochmal zusammen. Ihr habt das Problem, dass ihr Geld braucht. Alle haben das Problem, dass der Sprit immer teurer wird (und irgendwann auch mal alle ist). Ich habe das Problem, dass mein Auto zuviel Sprit kostet. Wie lösen wir zumindest euer und mein Problem? Ganz einfach, indem ich mir ein neues Auto kaufe, das weniger Sprit verbraucht (und weniger CO2 pro Kilometer in die Umwelt bläst, wir haben damit also noch jemanden glücklich gemacht).

Welche Autos verbrauchen nachweislich am wenigsten Treibstoff bei vernünftiger Leistung (hey, ich bin ein Deutscher, bei uns darf man noch fahren, also will ich auch fahren)? Richtig, Hybridautos.

Und hier kommen wir zum eigentlichen Kern des Problems. Als umweltbewusster und leistungsverliebter Deutscher löst ein Hybridfahrzeug all meine Probleme und produziert Absatz in der Autoindustrie. Aber der Markt sieht irgendwie seltsam aus. Alle deutschen Autohersteller haben Hybrid- oder Elektrofahrzeuge als Prototypen in ihren Hallen stehen. Keine Serienmodelle auf dem Markt, im Laufe von 2009 vielleicht. Oder 2010, wer weiss das so genau. Huch.

Fakt ist: Auf dem deutschen Markt (bei den Amis ist man da schon etwas weiter) gibt es genau zwei Automodelle mit Hybridmotor zu kaufen. Den Honda Civic IMA und den Toyota Prius. Upps, das sind ja gar keine deutschen Autos, das sind Japaner. Den Toyota Prius kann man seit 1997 kaufen, das Vorgängermodell vom Civic, den Honda Insight, seit 1999. Den Civic IMA gibts seit 2003.

Moment, seit über 10 Jahren gibt es benzinsparende Autos auf dem Markt? Und keiner in der deutschen Autoindustrie hat sich dafür interessiert? Und jetzt, wo der Sprit so schweineteuer ist, dass man sich ernsthaft nach Alternativen umsieht, jetzt erst kommt ihr auf die Idee, dass man mal ein paar Hybrid-Prototypen entwerfen sollte? Und ihr wundert euch wirklich, warum es euch jetzt wirtschaftlich so scheisse geht und keiner eure Spritfresser kaufen will?

Oder versucht ihr's so zu machen wie die Daimler AG mit ihren Smart mhd. mhd steht nämlich für micro hybrid drive. Der Kenner versteht unter einem Hybridmotor einen Motor, der mit zwei verschiedenen Arten Treibstoff betrieben werden kann, meistens Strom und Benzin. Oh, nicht die pfiffigen Leute, die bei der Daimler AG im Marketing sitzen. Die verstehen darunter nur, dass der Motor mit einem Start-Stopp-System versehen ist. Das bedeutet: Wenn ich an der Ampel zum Stehen komme und den Fuss auf der Bremse habe, geht der Motor aus. Nehme ich den Fuss von der Bremse (weil ich danach aufs Gas treten will), geht der Motor wieder an. Sprit spart das, keine Frage, aber ich kanns drehen und wenden wie ich will, Hybrid ist das nicht.

Und wirklich neu ist das auch nicht, das haben sich VW und Audi ausgedacht. Und zwar 1981. BMW hat das dann 2007 nochmal aufgegriffen, nachdem das seit 1985 mangels Kundenakzeptanz nicht mehr weiter verbaut wurde. Zur gleichen Zeit (also 2007) bringt Smart seine mhd-Fahrzeuge auf den Markt.

Fassen wir nochmal zusammen: Ich brauche ein neues Auto, die Deutsche Autoindustrie will mir keins bauen, die Japaner tun es seit über 10 Jahre. Ich kauf mir ein japanisches Auto (und würde mich totlachen, wenn ich es schaffe, dazu noch die Abwrackprämie abzugreifen, die unsere Bundesregierung als Konjunkturhilfe für den innerdeutschen Automarkt gedacht hat).

Liebe Deutsche Autoindustrie, manchmal hat man die Nase vorn. Dann läuft das Geschäft. Und manchmal hat man den Anschluss verpasst und hinkt hinterher (mein Spieß hätte gesagt: Man hat den Schuss nicht gehört). Dann geht die Firma kaputt. Als Rüsselsheimer und (noch) Opelfahrer wünsche ich euch deshalb von ganzem Herzen, dass ihr an eurem Missmanagement mal so richtig schön kaputt geht und Platz auf den Markt schafft für Leute, die die richtigen Ideen haben. Wie die Japaner, bei denen ich mir mein Auto kaufen werde.

In diesem Sinne: Gute Nacht, Deutschland... oh, Deutschland schläft ja schon... okay, ich schleich mich leise raus. Nacht. *sanftküss* *zudeck* *licht aus und tür zu*

...bloss nicht aufwecken.


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