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Letter to him Second - erfolgreich gescheitert Beziehung, Liebe, Liebeskummer, Trennung

Autor:  Yu_B_Su
Warum tue ich mir das an? Erklär mir das bitte! Nimm deine Psycho-Bücher zur Hand und erklär mir, warum ich mir das alles antue! Warum habe ich dich wieder angeschrieben, obwohl ich wusste, dass es nicht gut für mich ist? Im Grunde war es ein Selbsttest, ich fühlte mich dir gewachsen, ich dachte, ich ertrage deine Worte – aber dem ist nicht so.

Es ist hart. Es ist hart zu hören, dass du dein Leben weiterlebst – und ich? Wir werden beide getragen von unserer Umwelt, von Arbeit und Uni – aber du gehst aus – und ich? Ich meine, was habe ich denn außer der Trauer in meinem Leben? Den gleichen monotonen Ablauf, die gleichen Menschen, die gleichen Blicke – und so perfide es klingt, du bist eine gute Abwechslung. Ich bin im Grunde auch lieber traurig als fröhlich, es hat eine gewisse Sicherheit, weil es immer nur eines ist: schwarz. Fröhlichkeit dagegen bedeutet nach vorne zu schreiten, das Risiko in Kauf zu nehmen, dass man scheitert. Und davor habe ich Angst. Auch wenn ich immer nach Glück strebe. Aber wahrscheinlich gefällt mir die Traurigkeit ganz gut.

Warum muss ich mir von dir anhören, dass du nicht über uns nachdenkst? Warum versuche ich zu analysieren, was passiert ist, während du alles in eine Kiste packst und wegschließt. Es tut weh, dass ich dir so wenig bedeutet habe.

Dabei waren wir so einzigartig. Nicht nur, weil zwei Menschen einzigartig sind, sondern weil wir am Anfang so kreativ, so nett zueinander waren – ganz anders als am Ende, als wir uns nichts mehr zu sagen hatten und das nicht zugeben wollten. Das tröstet. Das nicht alles schlecht war.

Aber ich frage mich trotzdem, wie es dazu kommen konnte. Wie ich von absoluter Verehrung, Verklärung deinerseits dazu komme, dich fast zu hassen, obwohl ich das nicht will. Du warst am Anfang so perfekt – jetzt bist du nur noch kalt. Es nervt, dass ich dich über mich, du mich aber über nichts aus deinem Leben auf klärst. Du erzählst und erzählst – aber du könntest genausogut gegen eine Wand reden, du willst gar nicht hören, was ich dazu zu sagen habe. Das nervt. Warum erzählst du es mir dann? Um mir zu zeigen, wie toll es dir geht? Ist das ein Psycho-Trick, um mir zu sagen ‚Schau nach vorn‘?

Und das schlimmste ist, wahrscheinlich ist es auch noch wahr. Ja, vermutlich denkst du wirklich nicht an mich. Du hast mit allem abgeschlossen. Nach so kurzer Zeit. Realistisch betrachtet ist das sogar logisch: ich war der Götterbote, der dich über den Fluss von deinem alten Leben in dein neues trägt, ich war die letzte, bevor du Abschied genommen hast, indem du mich verlassen hast, hast du mit deinem Leben hier, in dieser Stadt, abgeschlossen. All die guten und schlechten Erinnerungen. Meine Stadt war nur eine Durchgangsstation und vielleicht bleibst du in deiner. Ich hoffe trotzdem, dass du scheiterst.

Ich hasse deine Stadt. Ich hasse sie vermutlich noch mehr, weil du mich wegen ihr verlassen hast. Aber grundsätzlich ist deine Stadt hässlich. Sie erinnert mich an einen fetten Mann, der nur daliegt und sich auf der Geschichte ausruht, bei dem jeder Versuch der Modernität total übertrieben und misslungen wirkt. Ich hasse deine Stadt zutiefst. Das Möchte-gern-Repräsentative hängt mir zum Hals raus, im Gegenzug ist bei euch schon um halb sieben Schluss. So bieder und spießig. Am liebsten würde ich eine Bombe nehmen und deine Stadt auslöschen, einschließlich dir. Dann wärst du weg. Dann hätte ich keine Hoffnung mehr. Ich müsste nichtmehr darüber nachdenken, ob wir Freunde werden könnten, ich muss mir nicht deine Kälte antun. Und dass es dir besser geht.

Und trotzdem willst du mir helfen. Du, die Ursache, willst mir helfen. Ich soll mir von dir sagen lassen, wie ich von dir loskomme?! Ich glaube, du bist der letzte, den ich fragen würde – obwohl du in meiner Vorstellung immer der erste wärst. Weißt du, es nervt, dass du nie da bist. Wenn ich dich anschreien will, wie mies es mir geht – du bist nicht da. Wenn ich dich ohrfeigen will – du bist nicht da. Du bist nie da. In meiner Vorstellung träume ich davon, dass wir uns gegenübersitzen, und du mir zuhörst. Dass du dir alles anhörst, was ich zu sagen habe, meine Wut, meine Trauer, aber auch, wie ich dich sehe. Aber das wird nie passieren. Manchmal frage ich mich, warum ich deine hässliche Seite kennenlernen musste – deine schöne war so schön.

Und ich hasse meine Stadt. Weil darin soviele Erinnerungen an dich gespeichert sind. Die Brücke, über die wir so oft gegangen sind. Der Park, in dem wir zuerst die Sterne betrachtet haben und der zum Symbol für das Ende geworden ist. Der Blick auf den Fluss, dessen Schönheit mir zum ersten Mal aufgefallen ist. Ich hasse diese Stadt. Ich hasse es so sehr, dass ich manchmal keinen Schritt tun, nicht einmal blinzeln möchte, weil mich alles an dich erinnert.

Und ich hasse den Schnee. Während du das Unvermeidliche (?) hinausgezögert hast, habe ich immer gedankenverloren aus dem Fenster geguckt – und ich habe nichts als Schnee gesehen. Eine weiße, feuchte Masse. Jeden Tag. Monotonie, die uns kaputt gemacht hat. Ich hasse Schnee. Ich hasse ihn so sehr.

Warum hast du damals nicht einfach gesagt, es wäre besser, wenn wir es lassen sollten? Warum hast du alles nur immer angedeutet und erwartet, dass ich das richtige tue? Das ist der Gedanke, der mich am meisten nervt – all das hätte vermieden werden können, wenn du rechtzeitig etwas gesagt hättest. Jetzt muss ich mit dem Vorwurf leben, gemerkt zu haben, dass etwas falsch war, aber nichts tun zu können. Vielleicht hätte ich etwas tun können. Vielleicht aber auch nicht.

Vielleicht muss ich dein ganzes Tun akzeptieren. Ich muss dir zugucken, wie du es beendet hast, ich muss dir dabei zugucken, wie glücklich du ohne mich bist. Oder muss ich nicht?

Selbst mein Schmerz hat langsam keine Kraft mehr, über dich nachzudenken, die Sätze einzuprägen, die nicht in meinen Kopf wollen, dass du dir die Schuld gibst usw. – es geht einfach nicht. Ich fühle mich erschöpft und ausgebrannt, ich will mich nicht aufgeben, aber ich weiß nicht, was an die Stelle unserer Villa treten soll. Ich weiß, ich muss ein neues Haus bauen, etwas, was neu ist und das alte nicht verachtet, wie Erlwein gesagt hat. Aber habe das Gefühl, dass das noch sehr lange dauern wird. Wie konnte ich mich nur so sehr selbst belügen? Werde ich das beim nächsten Mal wieder tun? ich weiß, du bist Vergangenheit, das hast du mir schmerzlich klargemacht. Und ich hoffe, dass du die Erinnerung an mich noch eine Weile behalten wirst. Aber ich will im Moment niemand neuen. Ich weiß nicht, wie das aussehen soll. Und selbst wenn: du wirst davon nie erfahren.

Ich möchte, dass du endlich aus meinem Leben verschwindest. Dass du dein Leben lebst und ich meines und wir uns irgendwann wiedertreffen und wie Menschen miteinander reden können. Aber ich muss mich von dir loslösen, es geht nicht anders. Weißt du, ich hatte mir vorgenommen, dir eine gute Ex zu sein – kein Kontaktabbruch wie Nr. 1, keine Belästigung wie Nr. 2 – aber ich weiß nicht, ob ich jemals so weit sein werde. Du hast mir gesagt, ich solle selbstbewusster werden – jetzt verinnerliche ich es. Auch wenn das bedeutet, dass ich mich von dir loslösen muss.

Aber dieser Selbsttest hat bewiesen, dass es mit dir nicht geht. Ohne dich vermutlich besser.

Aber es wäre nett, wenn es irgendwann mal aufhören würde wehzutun.


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