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Falter-chans Schreibstube, Episode 1: der Uchiha-Erbe und der grünäugige Werwolf. Fanfiction, Schreibtipps, Schreifalter

Autor:  Schreifalter

Oder: Das Kreuz mit den Synonymen
 

Verfasser diesmal: Kore

Willkommen in Falter-chans Schreibstube. Falter-chan und ihre Kollegen haben sich überlegt, wie sie ihren Weblog in Zukunft etwas konstruktiver nutzen können. Und weil sie gerade einen selbstkritischen Tag hatten, haben sie beschlossen, zur Abwechslung mal nicht nur zu jammern, sondern auch was zu tun. In diesem Fall: Schreibtipps! Das hilft sogar doppelt: dem Weblog und dem Archiv. (Falter-chan und ihre Kollegen sind recht stolz auf die Idee.) Die Schreibstube wird in manchen Episoden, so wie dieser hier, Stilfragen angehen, in anderen geht’s um Grammatik. Es ist also für jeden was dabei.
Natürlich ist sich Falter-chan sicher, dass DU, lieber Leser, diese Tipps nicht wirklich brauchst. Aber du kannst sie ja trotzdem lesen – zur Erheiterung, sozusagen. Und wenn du noch etwas anzumerken hast, oder nachfragen willst, oder ein Thema für eine andere Schreibstuben-Episode vorschlagen willst, kannst du danach gerne einen Kommentar dalassen.

In diesem Sinne – Disclaimer, sozusagen: Falter-chans Schreibstube beinhaltet Ratschläge für die Verbesserung von Qualitätsproblemen, die im FF-Archiv häufig sind. Sie beinhaltet keine Vorschriften, ist nicht zur Vorführung und/oder Demütigung bestimmter Fandoms, Genres, Stile oder Autoren gedacht, und spiegelt allein die Meinung der Verfasser wieder. Schreiben ist natürlich eine Kunst, und Kunst ist flexibel – aber Qualität gibt’s halt trotzdem.

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Anna und Juli saßen in Annas Zimmer und machten Annas Hausaufgaben. Juli war besser in der Schule als Anna, darum konnte Juli Anna gut helfen. Anna sagte zu Juli: „Juli, ich versteh das nicht“. „Lass mich mal sehen“, antwortete Juli. Anna freute sich, dass Juli ihr half.


Klingt seltsam? Ist es auch. Die meisten Grundschulabsolventen wissen, dass solche Texte eher suboptimal sind, und dass man sich durchaus auch mal mit 'sie' oder 'ihre Freundin' behelfen kann, um der ständigen Wiederholung zu entgehen. Das nennt man dann Pronomen, Synonyme, Umschreibungen. Werden diese Grundschulabsolventen später aber Fanfiction-Autoren, erheben sie den Synonymgebrauch zu einer hohen Kunst, in ihrer Komplexität nicht unähnlich dem Ikebana. Und damit wären wir auch schon beim Problem.

Die Graublauäugige und ihre blonde Freundin saßen im Zimmer der Älteren und machten ihre Hausaufgaben. Die Maier war besser in der Schule als die 1,70 große, darum konnte sie dem Mädchen gut helfen. Die Schwarzhaarige sagte: „Süße, ich versteh das nicht“. „Lass mich mal sehen“, antwortete die Braunäugige. Die Jakobs freute sich, dass die Einserschülerin ihr half.


...mhm. Alles klar, ne?

Falls dir aber dieser Schreibstil jetzt wage bekannt vorkommt, hat Falter-chan im Folgenden drei kleine Tipps für dich, wie du das Problem bekämpfen kannst.



Merksatz 1: Die Menge macht das Gift.

Synonyme sind ein gutes Stilmittel, um Texte aufzupeppen, da besteht kein Zweifel. Allerdings kann man jedes (JEDES!) schreiberische Mittel ins Gegenteil verkehren, indem man es zu oft verwendet. Gerade bei Charakter-Beschreibungen ist weniger oft mehr – such dir ein, zwei, drei Umschreibungen für deinen Charakter und belasse es dabei. Alles weitere verwirrt nur, wie das Beispiel oben zeigt. Aber auch bei der absoluten Menge von verwendeten Synonymen kannst du aufpassen: wenn du in einer Szene 1000 Worte lang eine Interaktion zwischen zwei Charakteren beschreibst (lernen, Tee trinken, Sex haben, shoppen, egal), und dabei kein einziges mal ein Name gefallen ist... hast du höchstwahrscheinlich ein wenig übertrieben. Und solche Szenen gibt es im FF-Archiv leider massenhaft. Denk daran: die Vornamen sind immer noch das einfachste Unterscheidungsmerkmal für deine Leser, und sie beißen weder ihn noch dich. Du tust den Lesern eine Gefallen, wenn du mindestens einmal im Absatz den Namen des handelnden Charakters erwähnst – das hilft der Orientierung.

Merksatz 2: Kontext ist alles.

Im Titel steht etwas von Uchihas, und tatsächlich war das Naruto-Fandom Ausgangspunkt für eine ganz neue Synonym-Welle – Nachnamen. Und da Wellen es so an sich haben, sich auszubreiten, gibt es inzwischen nicht nur den Uzumaki und die Haruno, sondern auch die Granger, den Hiwatari und sogar den Schweinsteiger (letzteres ist je nach Kontext btw sehr amüsant). Wirft man nun einen Blick auf die jeweiligen Serien, so stellt man fest: bei Naruto macht das durchaus Sinn. Es spielt in einer Welt, in der die Clanstruktur, der Familienname, extrem wichtig ist, also die Selbst- und Fremdwahrnehmung der Charaktere stark beeinflusst. Sasuke als 'den Uchiha' zu bezeichnen passt also, weil er als 'ein Uchiha' handelt. Hermiones Eltern hingegen sind canon nebensächlich – und wenn sie über ihre Familie definiert wird, dann über den Muggelstatus, nicht den Clan. Wenn du also Umschreibungen für deinen Charakter suchst, dann nimm nicht blind irgendwas, was Autor 17B auch getan hat, sondern denk nach, was deinen Charakter jetzt gerade ausmacht. Ist sein Alter wichtig? Dann nenn ihn ruhig 'der Ältere'. Wenn nicht, dann lass es. Aber immer an Merksatz 1 denken! Auch gerechtfertigte Synonyme werden in Herden irgendwann albern.

Merksatz 3: Was würde Jesus tun?

Der beste Weg, sich zu verbessern, ist, von Leuten zu lernen, die schon besser sind. Natürlich kann man nicht von heute auf morgen ein Nobelpreisträger werden, aber wer bewusst liest, schreibt auch bewusster. Nimm mal ein Buch zur Hand, das dir gefallen hat. Schlag eine Seite auf und lies sie – und achte dabei darauf, wie die Charaktere genannt werden. Wie oft kommen die Namen vor? Wie oft Pronomen? Und wie oft Umschreibungen? Und denk daran: das ist ein Buch, das dir und einer Menge anderer Fans gut gefallen hat, es ist also ziemlich sicher gut geschrieben. Kann wohl nicht schaden, sich da ein bisschen was abzuschauen, oder?
Selbstversuch: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes, Seite 350. Worte: ungefähr 330. Charaktere: vier. Namensnennungen: 18. Pronomen: 17. Umschreibungen: null. Got it?

In der nächsten Schreibstuben-Episode geht es dann etwas ernster zu - Rechtschreibung und Grammatik. Buuuuuuuuh! (Happy Halloween, nachträglich ^.~)

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Datum: 01.11.2013 17:34
Super Serie!!! :D


(ich schreib zwar keine Fanfics...aber es gibt ja auch andere Dinge, bei denen man die Tipps gebrauchen kann :) )
Käsebrot!
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Datum: 01.11.2013 17:45
Was würde Jesus tun...?

Das werd ich mir merken xd
FSK 6 Es gibt kein richtiges Mädchen
FSK12 Der Held bekommt das Mädchen
FSK16 Der Böse bekommt das Mädchen
FSK 18 Alle bekommen das Mädchen
Datum: 01.11.2013 17:48
Das ist richtig cool. Wirklich mehr davon. Das ist konstruktiv und auch noch so geschrieben, das man wirklich die Muße hat sich dies anzusehen und anzueignen.
Weiter so!
Es gibt viele Gründe, alles beim Alten zu lassen, und nur einen einzigen doch endlich etwas zu verändern: Du hältst es einfach nicht mehr aus!
Hans Curt Flemming
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Datum: 29.11.2013 21:58
Bin grad erst drüber gefallen, finde es aber ziemlich nützlich. :)

Was ich bei Synonymen noch hinzufügen würde: Synonyme wirken nicht in jedem Fall neutral. Ein gutes Beispiel dafür wäre z.B. "die Streberin" statt "die Einserschülerin" aus dem Beispiel oben.

Aber auch Nachnamen-basierende Synonyme gehören dazu, gerade dann, wenn man aus der Perspektive eines Charakters schreibt. Das hängt letztendlich damit zusammen, wie Namen verwendet werden. In unseren Breitengraden drückt die Verwendung von Vornamen Nähe und Vertrautheit aus, die Verwendung von Nachnamen hingegen Distanz, die höflich bis abwertend sein kann.

Ganz generell kann es helfen, wenn man es einmal selbst ausprobiert und sich überlegt, wie man verschiedene Leute aus seinem Umkreis selbst nennt, wenn man über sie denkt oder spricht. Wie nennt man seine Eltern? Wie seine Freunde, seine Mitschüler/Arbeitskollegen, den Busfahrer, den Punk mit den roten Haaren auf der anderen Straßenseite oder die ätzende Nachbarin, die ständig über einen motzt?
(Etwas, das man natürlich beliebig auf die Charakter seiner Geschichte erweitern kann. Wie nennt Harry Hermione? Wie nennt Professor McGonagall sie? Und was sagt Draco Malfoy dazu?)
Ich bin zwar für das verantwortlich, was ich aus deinen Postings lese, aber du trägst die Verantwortung für das, was du schreibst!


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