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Falter-chans Schreibstube, Episode 3: Erzählperspektiven I – Ich, ich, ich! Fanfiction, Schreibtipps, Schreifalter

Autor:  Kore

Willkommen zurück in Falter-chans Schreibstube! Wie immer gilt das

Disclaimer: bei Falter-chans Schreibstube geht es um Ratschläge zur Verbesserung von Qualitätsproblemen, die im FF-Archiv häufig sind. Es geht weder darum, die Leser zu großen Literaten zu machen (dafür sind die Themen zu grundlegend), noch darum, Autoren, Fandoms, Schreibstile oder FFs schlecht zu machen oder zu demütigen. Der Weblog spiegelt allein die Meinung der Verfasser wieder. Schreiben ist natürlich eine Kunst, und Kunst ist flexibel – aber Qualität gibt’s halt trotzdem.

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Schreibt man eine FF (oder eine Original Geschichte), hat man einige grundlegende Fragen zu klären. Welches Thema? Welches Fandom? Welcher Plot? Welche Charaktere? Und welche Erzählperspektive? Zur letzten Frage beginnt Falter-chan heute eine dreiteilige Reihe, die dir vielleicht etwas mit der Handhabung der verschiedenen Perspektiven helfen wird.

Man unterteilt grob vier Erzählperspektiven:

  • ich

  • du

  • personalisiert er/sie/es

  • auktorial

Um den Unterschied zwischen den letzten beiden geht es dann im dritten Teil, erstmal konzentrieren wir uns auf die erste Möglichkeit. Ich. Der Ich-Erzähler bietet dir als Autor viele Vorteile. Mit ihm kannst du Gefühlsleben, Gedanken und innere Tumulte von Charakteren viel einfacher und natürlicher darstellen als in anderen Perspektiven – und das Problem mit der Synonymsuche für den ständig auftretenden Hauptcharakter hat man auch nicht. Knorke. Blöderweise hat aber alles auch Schattenseiten, und in diesem Fall sind die sogar recht eng mit den Vorteilen verknüpft. Im Folgenden geht es um das Problem, über das die meisten Autoren als erstes stolpern werden: Wortwiederholung 'ich'.


Falls du dich noch an Episode 1 erinnerst (ja, ist lange her. Aber nicht ganz so lange wie die Koalitionsverhandlungen gedauert haben, also hey), ging es damals um die Schwierigkeit, Synonyme für Personen zu verwenden. Da macht es einem der Ich-Erzähler jetzt gleichzeitig leichter und schwerer: der ganze blumige Umschreibungskram fällt weg, denn 'ich' kann man nicht durch ein anderes Wort ersetzen – aber das heißt auch, dass es keine Alternative dazu gibt. Und dann landet man irgendwann gefühlt bei diesem Ergebnis:


Ich bin 18 Jahre alt. Ich habe braune Haare und blaue Augen. Ich mag Spaghetti. Ich treffe mich gern mit meinen Freunden. Ich habe letzte Woche einen Jungen kennen gelernt. Ich finde ihn sehr nett. Ich bin, ich habe, ich will, ich werde, ich, ich, ich.


Und dann schlägt man als Autor den Kopf auf die Tischplatte, und fragt sich, warum um catos Willen man den Ich-Erzähler gewählt hat – mit allem anderen hätte man schon viermal 'die blauäugige Uzumaki' schreiben können. Falter-chan hat für diesen Fall zwei kleine Tipps für dich, wie du deinen Kopf und deine Tischplatte schonen, und deine FF gleichzeitig interessanter machen kannst:


Möglichkeit 1: Wortfolge ändern – Grammatik einfügen


Die vielen 'ichs' werden vor allem dann auffallend, wenn sie immer am Satzanfang stehen (oder immer im selben anderen Kontext, zB hinter oder vor 'sagte'). Wenn du also die Umgebung variierst, musst du das Wort oft gar nicht mehr ändern, denn es wirkt schon von ganz allein anders.

Meistens heißt das aber, dass der Satz komplexer wird, weil du mehr Nebensätze einbaust und mit neuen Strukturen experimentierst (zB „ich schlürfe meinen Kaffee und setze mich an den Schreibtisch“ wird zu „meinen Kaffee schlürfend setze ich mich an den Schreibtisch“). Wenn du dir dabei noch zu unsicher bist, dann taste dich langsam heran: die einfachste Methode zur Überbrückung sind Bindeworte wie 'während', 'trotzdem', 'aber', 'weil'. Damit kommen die Nebensätze dann ganz von selbst, und du kannst dich auf dem Weg zum verständlichen Schachtelsatz langsam vorarbeiten.


Möglichkeit 2: Inhalt ändern - Beschreibungen einfügen


Dass deine FF einen Ich-Erzähler hat, heißt noch nicht, dass es außer diesem Charakter nichts in der FF gibt. Versuch mal als Experiment, ein Kapitel lang deinen Ich-Erzähler nur in zwei von drei Sätzen zu erwähnen. Hat's funktioniert? Dann in jedem zweiten. Dann jedem dritten. Hier ein paar Ideen, um die anderen Sätze füllen: Beschreibungen der Umgebung, Gegenständen und anderen Charakteren (Aussehen, Klang, Geruch, Gefühl, etc. Vor allem interessant bei Veränderung!), Handlungen von anderen Charakteren, Erklärungen zum Hintergrund und allgemeine Kommentare, direkte und indirekte Reden, Mutmaßungen und Gedanken des Ich-Erzählers OHNE die 'ich denke'-Markierung, Sätze mit 'wir' statt 'ich', etc.

Dadurch wird der Text nicht nur interessanter zu lesen, weil die ständigen Wiederholungen wegfallen, sondern auch, weil der Leser mehr Informationen bekommt. Und als nächste Stufe für dein Experiment versuchst du dann, auch in die 'Füll-Themen' Abwechslung zu bringen.


Verglichen mit den Möglichkeiten, die einem ein auktorialer Erzähler bietet, ist der Ich-Erzähler also eine recht komplizierte Angelegenheit, die viel mehr sprachliches Fingerspitzengefühl braucht, um die Geschichte halbwegs elegant über die Bühne zu bringen. Anfänger tun sich darum mit anderen Perspektiven oft leichter – aber aufgeben hat noch niemanden ans Ziel gebracht, und Übung macht den Meister. Also ganbatte!

Apropos Meister. Wie schon in Episode 1 möchte Falter-chan dir zum Abschluss auch hier wieder den grundlegendsten aller Ratschläge ans Herz legen: was würde Jesus tun? Such dir ein Buch, das dir gefallen hat und das den Ich-Erzähler verwendet, schlag eine Seite auf, lies sie sorgfältig, und achte dabei vor allem darauf, wie und wo (!) Wortwiederholungen vermieden werden, und wie und wo nicht. Falter-chan empfiehlt hier zB die Tribute von Panem (und weist darauf hin, dass Fifty Shades of Grey zwar ein Buch ist und den Ich-Erzähler verwendet, sich aber nur bedingt als Vorbild für schreiberische Weiterentwicklung eignet. Also tu Falter-chan, ihren Kollegen und Vorgesetzten und all deinen Lesern bitte den Gefallen und nimm jetzt nach Möglichkeit nicht Fifty Shades. Danke.) Na, fühlst du dich schon inspiriert?


Wir hoffen, dass dir das ein bisschen geholfen hat - oder dir das nächste mal helfen wird, wenn du dich mit einem lästigen Ich-Erzähler herumschlägst. In zwei Wochen gibt es nochmal einen Exkurs zur Grammatik (Kommaregeln, juchu), und danach geht’s dann mit dem zweiten Teil der Erzählperspektiven weiter: dem Exoten, der gar nicht mehr so exotisch ist – du.

Bis dahin wünschen wir noch einen schönen Advent, und viel Erfolg beim Geschenke jagen! =3 Falter-chans Geschenktipp: Falls dir das Geld ausgeht, kannst du deinen Freunden ja auch mal eine FF schreiben ^.~

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Datum: 30.11.2013 11:34
Vielen Dank für diesen Blog-Eintrag!!
Da ich gröstenteils den personalisierten Er/Sie-Erzähler verwende, habe ich mit den anderen kaum Erfahrung. Für das Problem, das ich beim Ich-Erzähler immer habe, das mit der Wortwiederholung, hast du hier schöne Umgehungsmöglichkeiten gezeigt, vielen Dank dafür ^^
vielleicht versuche ich mich demnächst auch mal an der ersten Person..
Ich freue mich schon auf den Du-Erzähler, mit dem habe ich nämlich fast gar keine Erfahrung - weder beim Schreiben, noch beim Lesen - wird also bestimmt interessant!
lg, mifeng
"I know exactly what I want and who I wanna be!"


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