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Till death do us part

von

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Kapitel 3

Stumm starrte ich meinen Gegenüber an. Trotz den 17 Jahren des Verdrängens fiel mir sofort die Ähnlichkeit zwischen Kei und diesem Jugendlichen auf. Er hatte den selben Haarschnitt, die gleiche Statur, sogar die Stimme war identisch. Es war einfach nur unheimlich. Diesen schien das allerdings nicht zu stören. Er nuckelte gelassen lächelnd an seinem Eiskaffee und beobachtete mich.

„Ich heiße Samuel Peterson, aber du darfst mich Kei nennen.“ hatte er gesagt...

„Ich wurde leider in ein Kind aus Amerika geboren, aber ich wusste noch genau, wo du wohnst.“ hatte er gesagt.

Ich hatte ihn bloß sprachlos angesehen, seiner Geschichte der Wiedergeburt gelauscht und kam mir wieder so überrumpelt vor wie da, wo ich erfuhr, das mein toter Geliebter bei mir auf dem Bett saß.

Ein gestorbener Embryo in einer schwangeren Frau, die vor meinem Haus gewesen war. Durch Erzwingung des Herzens, wieder zu Schlagen zu neuem Leben erweckt und dann den Platz der Seele eingenommen. Noch im Bauch der Frau nach Amerika geflogen und dort aufgewachsen. Und doch die ganze Zeit wissend vom vorherigen Leben und unserem Versprechen.

Hätte er mir nicht alles über Kei erzählt, hätte ich wohl gelacht. Aber ich hatte nicht gelacht. Dafür kicherte jetzt er.

„Du siehst sehr verwirrt aus... Habe ich dich so überrascht?“ Ich sah ihn nur stumm an und das reichte schon als Antwort. „Ich bin wirklich froh, das ich wieder bei dir bin. Meine ganze Kindheit über konnte ich an nichts anderes denken als an dich. Und nun sind wir endlich wieder vereint.“

Er nahm meine Hand in die seine und sah mich warm, ja fast verliebt an. „Samuel...“ fing ich an, doch er verwies mich sofort auf ein „Kei“. Ich zögerte kurz, tat ihm aber den Gefallen. „Kei... Es...freut mich, das du meinetwegen wiedergeboren und hierher gekommen bist, aber... Sieh mich an.“ Er musterte mich und das Lächeln verschwand. Er sah mich bedächtig an,die bereits angegrauten Haare, die alternde Haut, den geschmacklosen Anzug meiner Arbeit und meine zitternden Hände, welche ich habe, seit ich... seine Leiche festgehalten hatte. Er beobachtete meinen unruhigen Blick und konnte vermutlich auch mein schnelles Atmen registrieren. „Was meinst du?“ fragte er ruhig, allerdings konnte ich die Provokation raushören, ich schien ihn verärgert zu haben, vielleicht, weil ich ihn für das, was er getan hatte, unterschwellig kritisierte.

„Ich bin nun 34 Jahre alt, Kei... Das doppelte von dir. Ich könnte dein Vater sein.“ Er lehnte sich zurück und musterte mich weiterhin ruhig mit einem „Und?“. Ich holte tief Luft. Wenn er wirklich Kei war, dann wusste ich, das es verdammt schwer werden würde, ihn von etwas anderem zu überzeugen, als das, was er glaubte. „Ich habe einen Job, ich habe eine eigene Wohnung, ich...“

„Bist du verheiratet?“

Verdutzt sah ich ihn an. Er hatte es völlig gelassen gefragt, doch ich wusste, worauf er hinaus wollte. “Nein...“ sagte ich unsicher. „Hast du Kinder?“ fragte er weiter und wieder verneinte ich. „Wo ist dann das Problem? Ich war auch älter als du.“ Langsam stieg wieder Angst hoch. Er wollte mich wieder für sich einnehmen, genau wie früher. Genauso wie da, als er lebte. Genauso wie da, als er tot war. „Aber nicht 17 Jahre!“ Sein Blick wurde ernster und ich sank automatisch zusammen. Selbst jetzt, wo ich viel älter war als er, strahlte er eine unglaubliche Autorität aus. „Du hattest mich lebend geliebt. Du hast mich sogar tot geliebt, obwohl ich dir schadete. Und immer hast du dich vorher mit Händen und Füßen gewehrt. Begreifst du irgendwann, das du mir nicht entkommen kannst?“

Touché.

Erstarrt saß ich in meinem Stuhl, während er aufstand und langsam zu mir kam. Er hob mein Gesicht an, so das ich ihn ansehen musste. „Ich werde dich niemals verlassen... Und ich werde auch nicht zulassen, das du es tust.“ flüsterte er leise und geradezu zärtlich, obwohl er mich klar bedrohte. Dann küsste er mich und mein gesamter Körper sank zusammen, reagierte wie immer auf ihn. Die Leute, die uns anstarrten, waren mir egal. Unser Altersunterschied war mir egal. Selbst das er wieder aus dem Tod zu mir kam, war mir egal. Ich wollte jetzt einfach nur seinen Kuss spüren. Doch dann lösten sich unsere Lippen und sofort wehrte sich wieder alles in mir. Ich sah weg, peinlich errötet und konnte ihn überlegen schmunzeln hören. Er schlang seine Arme um mich und flüsterte mir leise ins Ohr. „Du kannst mir nicht entkommen... Du gehörst mir.“

Er behielt Recht.

Er sorgte noch am gleichen Tag dafür, das er bei mir einzog, einen eigenen Schlüssel bekam. Er genoß meine Angst vor ihm und seiner Macht über mich und spielte mit mir, bis ich mich ihm wieder hingab und ihn tun ließ, was er tun wollte. Ich war hin und her gerissen und hatte letztendlich doch eh nie die Wahl, mich zu entscheiden. Doch dann geschah, womit ich nicht gerechnet hätte...

Es war an einem Sonntag, etwa zwei Wochen, nachdem er wieder aufgetaucht war und er hatte mich wieder völlig unter Kontrolle, konnte mit mir tun und lassen, was er wollte. Doch mitten im Ausziehen erstarrte er plötzlich und musterte mich. Ich hatte nur einen vor Lust vernebelten Blick für ihn übrig, völlig von ihm berauscht. Doch ihm schien etwas nicht zu gefallen. Er setzte sich auf und starrte mich weiter eindringlich an, strich mir über das Gesicht.

„Ich bin 17... und du 34, nicht wahr?“ fragte er völlig ruhig, beinah schon nachdenklich. Innerhalb von Sekunden fand ich wieder zu mir selbst, wendete mich beschämt ab. Er seufzte kurz kaum hörbar und ging zur Balkontüre. „Du willst es wirklich nicht... Selbst als Leiche hast du mich akzeptiert, aber wegen einem größeren Altersunterschied verweigerst du dich.“

„Ich war erkältet...“ erwiederte ich, wenig später krachte eine Vase von mir zu Boden. „Ach... Ist das so?“ fragte er und ich merkte, das er wütend war. „Heißt das, solange ich dich krank mache oder genauso alt bin wie du, darf ich bleiben?!“ Er wirbelte herum und jagte mir eine Schauer über den Rücken. Er weinte. Ich hatte ihn noch nie weinen gesehen, außer vielleicht damals, als er sich an mich geworfen hatte, weil ich ihn ignoriert hatte. Doch nun weinte er wirklich. Seine Stimme zitterte und er schien sich stark zurückzuhalten, nicht endgültig in Tränen auszubrechen. „Ist es das, was du willst?“ Plötzlich hatte ich wieder dasselbe Gefühl wie damals, als er feststellte, das ich jemanden bräuchte, der lebt. Er will mich wieder verlassen, schoss es mir durch den Kopf. Ich saß still im Bett, sah zu ihm und dieser erwiederte meinen Blick. „Aber ich will dich nicht krank machen... Niemals wieder...“ sagte er und klang dabei, als wenn er eine folgenschwere Entscheidung treffen würde. Er wird sich umbringen!, dachte ich bloß und wollte mich aufrichten, zu ihm gehen. Doch ehe ich überhaupt das Bett verlassen konnte, nagelte er mich auf dem Bett fest, sah mich verzweifelt und doch fest entschlossen an. „Also bleibt nur die Option offen, das wir beide gleich alt sein müssen...“ flüsterte er. Anfangs verstand ich nicht, was er meinte, doch dann begriff ich. Er wollte nicht sterben... Nicht alleine.

Geschockt sah ich ihn an, doch dann entspannte ich mich. Er schien es zu bemerken und musterte mich verwirrt. „Was ist, wieso versuchst du nicht, mich aufzuhalten? Oder zu fliehen?!“ Ich überlegte über eine Antwort, doch mir fiel nichts ein. Aus einem Grund, den ich selbst nicht verstand, sagte mir der Gedanke, gleichzeitig zu sterben und gleichzeitig wiedergeboren zu werden, sehr zu. Nervös beobachtete er mich, ich sah ihn nur stumm an. „Würdest du mich lassen?“ fragte er unsicher. Ich überlegte wieder, ich wusste, sollte ich ja sagen, würde er es tun und dann gäbe es kein zurück. Doch ich vertraute ihm, er hatte bereits zweimal den Weg aus dem Reich der Toten geschafft, er könnte es auch ein drittes Mal tun. Ich lächelte leicht und nickte. Er lächelte auch und sah dabei dennoch unendlich traurig aus. „Warte auf mich, wenn du dort bist, ich werde dich führen.“ flüsterte er, ehe sich seine Hände um meinen Hals schlossen. Er sah mich ein letztes Mal nervös an, doch ich schloss nur die Augen und irgendwann spürte ich den starken Druck, der mir die Luft nahm. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, doch irgendwann sah ich ein Glitzern. Ich kam mir vor, wie in einem Planetarium, nur das ich keine Sterne, sondern bläuliche und violettes Glitzern sah. Weit, weit weg sah ich eine Art Sonne, vermutlich das ominöse Licht, das man sehen kann, wenn man stirbt. Allerdings hatte es nichts anziehendes, wie es immer in Erzählungen hieß. Plötzlich sah ich neben mir ein Aufblitzen und eine kleine bunt-leuchtende Lichtkugel erschien neben mir. Sie verharrte kurz und flog dann los. Instinktiv folgte ich ihr, vorbei an weißen und schwarzen Kugeln, wobei die bunte vor mir bei jeder schwarzen kurz anhielt. Und irgendwann schien sie gefunden zu haben, was sie suchte. Eine große weiße und zwei schwarze Kugeln waren da, aus den schwarzen waren, kurz bevor wir angekommen waren, zwei kleine weiße Kügelchen Richtung Licht geflogen. Die bunte Kugel wartete kurz ab und verschwand dann in einer der beiden schwarzen Kugeln, die kurz darauf wieder weiß wurde. Ich tat es ihr nach, anfangs war es dunkel, doch dann nahm alles eine rötliche Farbe an und es wurde warm.

Sehr, sehr warm...

Und ich war nicht alleine.



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