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L'objet dégoûtant

Kapitel 37 Upload am 04.10.2010 um 21:15 Uhr
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Vom Anfang und Ende

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Vom Anfang und Ende
 


 

„Warum tut man sowas wohl?!“, schluchzte ich, „Er hat mir das angeboten und gemeint es würde mir dadurch besser gehen! Was tust du, wenn’s dir scheiße geht?! Du besäufst dich und kotzt dir danach nicht minder die Seele aus dem Leib!“

„Was war denn an dem Abend so scheiße, bis auf dass ich da zusammen gehauen wurde?!“, fragte Saga in ebenso harschem Ton zurück, wie ich eben meine unglaublich sinnvolle Erklärung zu dem Thema beigetragen hatte.

Aber ich befand mich meiner Meinung nach im Recht! Wenn man bedachte, was mir in letzter Zeit so alles passiert war, kam man sicher von allein darauf, dass sich da einiges angestaut hatte und tatsächlich hatte mir dieses Zeug doch geholfen, es für längere Zeit zu vergessen und wirklich Spaß zu haben – besser als Alkohol. Und der war wiederum teuer, diese Pillen hatte ich jedoch umsonst bekommen. Und der Sex mit Reita war auch nicht ohne gewesen, wenn mir ja jetzt noch alles davon wehtat…

„Denk doch mal nach, was in letzter Zeit so alles passiert ist“, schnauzte ich ihn ungewollt böse an, „würdest du dir da nich’ auch den totalen Absturz geben?!“

„Aber nicht SO!“, brüllte Saga zurück, „Und jetz’ reg dich gefälligst ma’ wieder ab, du bist sau aggressiv, man!“

„Bist du doch selber“, zischte ich, wischte mir grob die Tränen von den Wangen.

Saga hatte doch keine Ahnung! Ich konnte einfach nicht mehr, weil mit der Zeit einfach alles viel zu viel geworden war! Mein nettes, altes Leben war in so kurzer Zeit dahin, und obwohl Aoi sich jetzt bei mir entschuldigt hatte, würde nie wieder sowas wie Frieden in meinem Leben herrschen. Meine Mutter war tot und mein Vater nicht aufzutreiben, Aoi und Ruki würden nie wieder so zu mir sein wie früher und meine neuen Freunde wollten mich offenbar auch nicht verstehen. Und auch, wenn ich froh sein sollte, wenigstens ein Zuhause zu haben, konnte ich von meinem Mitbewohner wohl ein bisschen mehr Verständnis erwarten…

„Hör zu“, begann Saga etwas ruhiger und rückte ein Stück näher zu mir, „ich will gar nich’ mit dir streiten, ich will nur wissen, ob du nich’ ein bisschen bereust, was du da gemacht hast, verstehst? Das Zeug war mit Sicherheit nicht legal und ich will einfach nich’, dass du Stress kriegst, okay?“

„Kann dir doch egal sein, ich hab schon Stress genug mit mir selber“, murmelte ich, mittlerweile etwas kraftloser vom vielen Aufregen, „und wenn man mir anbietet, dass es mir besser geht, wieso soll ich’s dann nich’ annehmen?“

„Weil’s auch andere Möglichkeiten gibt, seinen Frust irgendwie zu verarbeiten!“

„Wer sagt denn, dass ich’s noch mal mache, mh? Die Gelegenheit hat sich halt geboten und ich hab sie wahrgenommen und jetzt stell dich wegen dem einen Mal nicht so an, okay?“

Dann lehnte sich Saga zurück, holte einmal tief Luft und atmete aus, ehe er mir wieder in die Augen schaute und immer noch unangenehm ernst aussah.

„Ich will nich’, dass du auch so abstürzt, wie Saki oder Dai oder wie sie alle heißen. Also versprich mir, dass du aufpasst mit dem, was du tust, okay? Wenn Reita davon was mitkriegt, hast du nen riesigen Ärger an deinem hübschen Hintern…“

„Du wirst ihm das doch nich’ erzählen, oder?“, schreckte ich auf, als er den Namen meines Freundes erwähnte, schaute ihn tatsächlich ein wenig panisch an.

Und dass er mit seiner Antwort auch noch zögerte, machte es nicht unbedingt besser!

„Saga?!“

„Ich sag ihm schon nichts“, antwortete er endlich, „schließlich hab ich gar kein Recht dazu nach dem Scheiß, den ich gebaut hab.“

Da hatte er allerdings Recht. Wie konnte er mich bei meinem Freund verpfeifen, wenn er mir doch zu verdanken hatte, dass der nach so langer Zeit endlich nicht mehr sauer auf ihn war? Ein anderer Grund war zum Beispiel, dass er Sakito in diese Bredouille mit den Drogen gebracht hatte und sich schon genügend dafür hatte rechtfertigen müssen. Ihm würde ohnehin keiner glauben, wenn er jetzt auch noch damit anfing, dass ich genauso in Versuchung geraten war, dieses Zeug zu nehmen. Er war der Letzte, der mich verpfeifen konnte. Warum machte ich mir also Sorgen?

„Okay“, gab ich leise zurück, „ich glaub’, ich werd mich jetzt erstmal noch hinlegen.“

Still nickte Saga, stand zeitgleich mit mir auf und ehe ich mich versah, hatte er mich schon in seine Arme gezogen und hielt mich fest. Nun, bei ihm hatte ich irgendwie noch nie lange nachtragend sein können, deshalb legte auch ich meine Arme um ihn und schloss für eine Sekunde die Augen.

Ich konnte wirklich froh sein, dass ich so einen guten Freund wie ihn hatte, der mich bei sich wohnen ließ und nicht verraten würde, in was ich mich da reingeritten hatte. Und als er mich dann losließ, ich mich in mein Zimmer zurückzog und mich aufs Bett legte, hatte ich das Gefühl, einerseits einen riesigen Fehler gemacht zu haben und meine Freunde hintergangen hatte, aber andererseits hatte ich in dem Moment, in dem ich das Zeug genommen hatte, nur den Wunsch gehabt mich besser zu fühlen. Was also war so falsch daran, das Beste für mich zu tun…?

Es stand nur eines fest: Reita durfte nichts davon wissen. Sakito hatte es eine ganze Zeit lang gut geheim halten können, warum also sollte mir nicht dasselbe auch gelingen?
 

„Uru!“

Verschlafen öffnete ich die Augen einen Spalt und schaute mich um. Etwas Hartes konnte ich an meinem Hintern spüren und ich grummelte leise, als ich mich langsam von dem Gegenstand herunterrollte und auf die Seite drehte, ehe mich jemand an der Schulter rüttelte.

„Uru, wach auf! Los jetzt…!“

Irritiert, dass Saga mich überhaupt weckte und dabei auch noch so besorgt klang, blinzelte ich und richtete mich ganz langsam auf, tastete nach dem Gegenstand, auf dem ich die ganze Zeit gelegen hatte. Nicht sonderlich überrascht hob ich die Augenbrauen, als ich meine Puderdose hervorzog und grummelte erneut.

„Uruha, geh endlich ans Telefon, verdammt…!“

Telefon? Welcher Idiot rief denn mitten in der Nacht noch an?!

„Jetzt mach, es is’ wichtig, hörst du?!“

„Ja, man“, nuschelte ich verschlafen und griff nach dem Hörer, warf Saga einen missmutigen Blick zu, weil er mich geweckt hatte und hielt mir das Telefon ans Ohr.

„Hallo?“

„Takashima-san“, hörte ich eine mir bekannte Stimme, aber ich konnte sie irgendwie noch nicht zuordnen, „ich rufe Sie an, um Ihnen mitzuteilen, dass Ihr Direktor sie zu einem Gespräch eingeladen hat, und zwar noch heute, wenn es Ihnen recht ist. Schaffen Sie es, bis elf Uhr in der Schule zu sein?“

Natürlich, die Sekretärin! Unweigerlich breitete sich in mir ein ungutes Gefühl aus und ich schluckte hart. Der Direktor wollte mich also sprechen. Und als ich beiläufig einen Blick auf die Uhr warf, stellte ich fest, dass ich tatsächlich von gestern Mittag bis heute Morgen durchgeschlafen hatte. Wie zum Teufel…?!

„Ähm… ja, sicher, aber… worum geht es denn?“

„Das werden Sie dann im Laufe des Gesprächs erfahren“, antwortete sie in ihrem üblich hektischen Tonfall.

Etwas hilflos schaute ich Saga an, ehe ich noch einmal fragte.

„Kann ich nicht wenigstens vorher wissen, auf was ich mich einstellen muss?“

Einen Augenblick herrschte Stille am Telefon. Und irgendwie war das ungut. Ziemlich ungut… Warum zum Geier gab diese Schnepfe mir keine Antwort?!

„Ich denke, das sollten Sie wirklich nicht hier am Telefon erfahren. Sie haben den Termin um elf Uhr. Wiederhören.“

Aufgelegt. Ich hätte es ja ahnen müssen, dass die Schule mir irgendwann Stress machen würde…

„Saga?“, fragte ich leise, als ich ihm das Telefon gab und schaute ihn zögerlich an, „Was haben die zu dir gesagt?“

Er hatte die ganze Zeit neben mir gesessen und mir zugehört und irgendwie hatte ich den Verdacht, dass er mehr wusste, als ich selbst in diesem Moment. Er schien überrascht, dass das Gespräch nur so kurz gedauert hatte, aber sollte ich das jetzt positiv oder negativ werten…?

„Zu mir gar nichts, sie wollten dich sprechen und meinten, es sei etwas Ernstes… und was haben die… zu dir gesagt?“

Etwas Ernstes. Etwas Ernstes…

„Ich soll um elf in der Schule sein und mit dem Direktor sprechen…“

„Mit dem Direktor?“

Ich nickte langsam. Gott, wie konnten die mich in meinem verschlafenen Zustand überhaupt wagen anzurufen?! Es war gerade mal neun Uhr morgens…!

Auf einmal sagte Saga gar nichts mehr, sondern stand einfach nur auf und tippte eine Nummer in sein Telefon ein. Dann ging er aus dem Zimmer und deutete mir, auf dem Bett sitzen zu bleiben.

Irritiert starrte ich ihm hinterher. Was sollte das jetzt?! Verschwieg er mir also doch etwas? Was ging denn nun schon wieder vor sich?! Ein wenig angesäuert stand ich auf und riss das Fenster in meinem Zimmer auf, um ein bisschen frische Luft hinein zu lassen und atmete tief durch. Nebenan hörte ich Saga mit jemandem sprechen, aber ich konnte nicht verstehen, was er sagte, da die Tür nur angelehnt war und Saga verdächtig leise sprach…

Es dauerte nicht lang, bis ich hörte, wie er auflegte und dann war es still. Was würde nun passieren? Ich konnte mir beim besten Willen nicht ausmalen, was die Schule von mir wollen konnte, aber dass es etwas Schlechtes war, war wohl kaum mehr auszuschließen. Na wunderbar, als wenn ich nicht schon genug Probleme hatte, dachte ich mir betrübt und schaute aus dem Fenster auf den trüben Hinterhof des Apartments, wo ein paar Container rumstanden und leere Kisten.

Leer. Genauso fühlte ich mich gerade. Einfach nicht wissen, was man denken und was man tun und was man mit sich anfangen sollte war ein furchtbares Gefühl, das sich dummerweise nicht einmal wirklich abstellen ließ.

Irgendwann öffnete Saga die Tür einen Spalt und schaute in mein Zimmer, klopfte dann leise an, obwohl er meine Aufmerksamkeit schon längst hatte.

„Reita kommt gleich her“, sagte er dann, „und geht mit dir zur Schule hin.“

Tat er nur so dämlich oder war er wirklich der Meinung, ich bräuchte einen Babysitter?!

„Schön“, antwortete ich etwas gereizt, und dabei wusste ich nicht einmal wirklich warum, „kann ich duschen?“

„Klar…“

Noch während ich mich auf dem Weg ins Bad befand, hörte ich Saga in der Küche rumwerkeln. Wahrscheinlich holte er die Schnapsflaschen aus dem Kühlschrank und stellte sie schon mal auf dem Tisch bereit, um Reita auf wer weiß was vorzubereiten, weil er hundertprozentig genauer wusste, worum es in dem Gespräch mit meinem Direktor gehen würde.

Gemächlich zog ich mich aus und stieg unter die Dusche, wusch mich endlich sauber und fühlte mich gleich besser, als das heiße Wasser mir über den Kopf lief. Wenigstens ein paar der Sorgen fühlten sich an, als würden sie geradewegs von mir runtergespült und im Abfluss verschwinden… aber leider nicht für immer.

Gerade, als ich den letzten Schaum von meinem Körper wusch und nach dem Handtuch über der Duschwand griff, hörte ich, wie die Haustür zufiel. Reita musste gekommen sein. Ich stellte das Wasser ab und wickelte mich in das Handtuch, rubbelte mich ein bisschen trockener, ehe ich die Tür der Dusche öffnete und in die Kälte hinausstieg, um mich vor dem Spiegel zu betrachten. Nach dem Duschen sah ich eigentlich immer am schlimmsten aus… aber Reita hatte mich auch schon nach dem Sex gesehen, also ging es fast gar nicht schlimmer.

Als ich trocken war, zog ich wieder meine Jogginghose und meinen Pulli drüber, sprühte mich ein bisschen mit meinem Lieblingsparfum ein, damit ich nicht allzu sehr nach der langweiligen Seife roch und kämmte meine Haare durch, legte mir das Handtuch dann über die Schultern, damit mein Oberteil nicht nass wurde. Es gab ja nichts furchtbareres, als nasse Kleidung nach dem Duschen.

Noch einmal kurz übers Gesicht gewischt und ich machte mich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer. Reita saß wie totgeschlagen auf dem Sofa und schaute mich mit großen Augen an.

„Hey“, sagte er leise, „Saga ist… grad drüben bei Saki, weil er noch mal mit ihm reden will. Er meinte, es sei wichtig und ich sollte herkommen…“

„Warst du in der Schule?“, wollte ich als allererstes wissen, denn nachher hatte Saga ihn angerufen und extra herbestellt und er würde schon wieder unentschuldigt fehlen.

„Nein, ich…“, begann er, rückte ein Stück zur Seite und klopfte aufs Sofa, „erklär mir erstmal, worum es geht, okay?“

Seufzend ging ich zu ihm hin und ließ mich neben ihn aufs Sofa fallen, lehnte mich an ihn.

Irgendwie kam ich mir ziemlich dumm vor, wie ich ihn am Tag zuvor angefahren hatte und obwohl es nicht sonderlich nett von ihm gewesen war, sich zu weigern, Saga abzuholen, so hätte ich auch anders darauf reagieren können, dachte ich mir. Ich liebte Reita wirklich und wollte ihn auf keinen Fall verlieren und jeder Streit ließ mich tatsächlich im Nachhinein ein schlechtes Gewissen haben, egal, um welche Kleinigkeit wir uns in die Wolle bekommen hatten…

„Ich soll um elf in der Schule sein“, nuschelte ich, „der Direktor will mit mir sprechen. Saga meinte, er würde dich anrufen und dich bitten, mitzugehen. Meinst du… es ist was Ernstes?“

Ich sah, wie er mich irritiert von der Seite anschaute und spürte dann sein zögerliches Schulterzucken.

„Haben sie dir am Telefon nicht gesagt, worum es geht?“

„Nein… aber irgendwie glaub ich, dass die Saga das gesagt haben und mir nicht. Hat er dir nichts gesagt?“

„Wer, Saga? Nein…“

Ich schaute auf die Uhr. Langsam wurde es Zeit zu gehen, sonst würden wir den Bus verpassen. Also standen wir auf, zogen uns die Schuhe und ein paar dünne Jacken an und machten uns auf den Weg zur Bushaltestelle. Schweigend saßen wir nebeneinander an der Bushaltestelle. Reita war nervös, denn er rauchte eine Zigarette und schaute immer wieder in Richtung der Straße, aus der der Bus kommen würde.

„Irgendwie hab ich n dummes Gefühl“, murmelte ich, als wir aufstanden und in den Bus einstiegen. Die ganze Fahrt über sprachen wir kein Wort miteinander. Das war der Moment, in dem mir auffiel, dass es nicht nur darum ging, was mich in der Schule erwartete. Warum schwieg er mich an? War er nicht am Morgen zuvor noch sauer auf mich gewesen? Wieso war er dann plötzlich wieder so einfühlsam und kriegte doch seine Klappe nicht auf…?

Es beschäftigte mich eine ganze Weile, bis wir schließlich an meiner Schule ausstiegen und uns auf den Weg über den Busbahnhof machten. Ich glaubte beinahe alle Blicke der Schüler um uns herum auf mir zu spüren, die gerade draußen waren, um mit ihren Freunden die Pause zu verbringen. Ja, sollten sie mich nur anstarren, sie hatten mich sicherlich noch in Erinnerung von damals, wo meine Mutter solchen Aufstand wegen mir gemacht hatte. Oder sie starrten mich an, weil sie wussten, dass ich mal der Typ ohne Freunde gewesen war, den alle fertig machen konnten und der nun mit nem Punk zusammen war und in aller Öffentlichkeit rumknutschte.

Unwillkürlich klammerte ich mich an Reitas Arm, schaute einfach zu Boden, während wir den Schulhof meiner Schule betraten und ein immer mulmigeres Gefühl machte sich in mir breit. Als ich aufblickte, nickten mir einige zum Gruß zu, andere winkten sogar kurz, aber keiner tat es wirklich gern, eher ablehnend und gezwungen. Seltsam, dass ich mich gerade innerlich ohne etwa das Gewissen darüber zu haben darauf vorbereitete, sie nie wieder sehen zu müssen.

„Uruha“, rief mich plötzlich jemand aus Richtung des Haupteingangs. Dort stand Aoi, neben ihm Ruki, der sich die Haare etwas dunkler gefärbt hatte und sich ein wenig hinter dem schwarzhaarigen hielt.

„Wie geht’s dir…?“, fragte Aoi mich und lächelte mich unsicher an. Noch während ich mit den Schultern zuckte, fiel mir Rukis etwas ängstlicher Blick auf und ich schluckte leicht. Eigentlich war ich ihm noch eine Entschuldigung schuldig…

„Darf ich?“, fragte ich unsicher an ihn gewandt und streckte unsicher die Arme etwas aus, um ihn stumm zu bitten, ihn endlich mal wieder umarmen zu dürfen. Und wenn ich es nur vorsichtig tun würde, um ihm nicht noch mal so wehzutun.

Zaghaft lächelte Ruki und tat einen Schritt nach vorne, sodass ich ihn in meine Arme schließen konnte und auch er legte seine kurz um mich, ließ mich dann aber sofort wieder los und schob mich etwas weg von sich.

„Ich glaub Reita hat dir auch noch was zu sagen“, murmelte ich und warf meinem Freund einen auffordernden Blick zu.

Natürlich hatte ich mir denken können, dass er von unserer Versöhnung noch gar keine Ahnung hatte, weshalb er auch ziemlich dümmlich aus der Wäsche guckte, aber das interessierte mich herzlich wenig. Er würde wohl kapiert haben, worauf ich gerade anspielte, denn Ruki war auf meine Worte hin merklich zusammengezuckt und bedachte Reita mit einem abschätzenden, etwas warnenden Blick. Ruki hatte Angst vor ihm und das blieb von Reita bestimmt nicht unbemerkt.

„Ich erklär dir das später, jetzt entschuldige dich endlich“, zischte ich ihm leise zu, als er sich noch immer nicht gerührt hatte und schickte ihm einen warnenden Blick zu, damit er jetzt bloß nicht wieder unnötig rumstresste.

„Wofür denn?!“

Na wunderbar. Mal wieder hatte Reita nicht kapiert, worum es eigentlich gerade ging.

„Ist schon gut“, mischte sich Ruki erstmals ins Gespräch ein und lächelte mir etwas beschämt zu, „bin ihm nich’ mehr böse.“

„Ach, meinst du dafür, dass ich dich geschlagen hab?“, fragte Reita. Konnte man eigentlich taktloser sein…?

„Komm jetzt mit rein“, nuschelte ich leicht genervt und nahm seine Hand, woraufhin er mich etwas irritiert anschaute und glücklicherweise seine Klappe hielt.

Gerade wusste ich nicht wirklich, ob ich die Situation eher komisch oder doch zum heulen finden sollte. Da hatte sich die Sache zwischen Ruki, Aoi und mir endlich beruhigt und Reita kapierte einfach nicht, was los war und redete sich mal wieder beinahe um Kopf und Kragen. Besser das Gespräch beenden, dachte ich, bevor noch irgendein Streit entbrannte…

„Du sollst zum Direktor, oder?“, fragte Aoi mich, der Reita und mich mit Ruki noch ein Stück bis ins Foyer begleitete. Überrascht nickte ich.

„Woher weißt du das?“

„Ach… na ja, nicht so wichtig“, murmelte er plötzlich merklich nervös, schob mich dann ein Stück voraus und blieb an der Vitrine neben dem Eingang zum Sekretariat stehen. „Geh schon, sonst kommst du zu spät…“

Mit mulmigem Gefühl im Magen beschloss ich nicht weiter nachzufragen, sondern ging durchs Foyer, wo ich mal wieder neugierige Blicke auf mir spürte und öffnete die Tür zum Sekretariat. Gleich lächelte mir die Sekretärin falsch entgegen und begrüßte mich mit einem „Guten Morgen“.

„Ich sollte herkommen“, murmelte ich, „hier bin ich.“

„Der Direktor ist in seinem Zimmer und erwartet Sie. Sie können gleich reingehen.“

Ich nickte. In diesem Moment kam ich mir mehr denn je vor wie eine Puppe, die man durch diese Tür führte, die ich dann hinter mir schloss und mich dann auf einen der Stühle an dem runden Tisch setzte, ohne auch nur aufzusehen.

Natürlich wurde ich gleich streng von meinem Direktor begrüßt, der von seinem Schreibtischstuhl aufstand und sich zu mir an den Tisch setzte. Er hatte noch nie viel von mir gehalten und auch ich hatte ihn nie wirklich riechen können… und gerade jetzt war die Angst vor einer ziemlich schlechten Nachricht, die mich erwarten würde, am größten.

„Wie geht es Ihnen?“, hörte ich ihn fragen.

Wie von selbst zuckte ich mit den Schultern, schaute doch endlich auf in sein faltiges, strenges Gesicht und versuchte mich an einem schmalen Lächeln.

„Geht besser“, antwortete ich.

Er nickte. Dann holte er einige Unterlagen aus seinem Ordner auf dem Tisch, stellte sie immer wieder auf dem Tisch auf, sodass sie ordentlich übereinander lagen.

„Können Sie sich denken, warum ich Sie heute herbestellt habe?“

„Nein“, gab ich leise zurück, „man hat mir nichts sagen wollen am Telefon.“

„Das war nicht meine Frage“, gab er ohne zu zögern zurück, „ich hatte gefragt, ob Sie sich denken können, wieso Sie hier sind.“

Wieder ein Kopfschütteln meinerseits.

„Dann mache ich es kurz. Sie… müssen sicher eine schwere Zeit gehabt haben, jetzt, da Ihre Mutter gestorben ist. Mein aufrichtiges Beileid. Wir haben auch die Nachricht von Ihrem neuen Mitbewohner erhalten, dass Sie wohl einige Zeit nicht mehr in die Schule kommen können. Natürlich ist das verständlich, aber…“

„Aber?“, hakte ich unsicher nach.

Er lehnte sich vor und richtete seine Brille, schaute mich ernst an und spitzte einen Augenblick die Lippen.

„Wir sind der Meinung, dass Sie besser aufgehoben sind, wenn Sie die Schule wechseln. Uns ist aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit, wenn Sie denn mal da gewesen sind, den Anforderungen und den Leistungen, die hier von Ihnen verlangt werden, nicht mehr gerecht werden. Sie haben unter anderem Lehrer beleidigt und einige Schüler scheinen sich darüber ausgelassen zu haben, dass Sie… nun ja, dass Sie eine nähere Bindung zu diesem Jungen von der Nebenschule haben, richtig?“

Ich traute meinen Ohren nicht. Hatte er das gerade gesagt? Hatte er gerade wirklich gesagt, dass er mich von der Schule schmeißen wollte, weil ich gerade echt alles andere als lernfähig und mit einem JUNGEN zusammen war?!

„Wechseln Sie an eine Schule mit niedrigerem Anspruch an die Schüler, ich denke, das ist das Beste für Sie zurzeit.“

Ich schwieg. Ich saß einfach nur dort, starrte auf den weißen Tisch, ballte die Hände zu Fäusten und schwieg. Natürlich, das hätte ich mir denken können, ging es mir durch den Kopf, dieses konservative Schwein war schon immer gegen Homosexuelle gewesen, hatte meines Wissens nach vor meiner Zeit schon einmal einen Jungen, der sich zu seiner Homosexualität bekannt hatte, von der Schule geworfen. Und spätestens jetzt war ich mir sicher, dass er genau dieselben Gründe benutzt hatte, wie bei mir. Zu hoher Anspruch, zu hohe Leistungserwartung, zu wenig Disziplin.

„Fein“, murmelte ich, „bekomm ich dann die Abmeldepapiere?“

Mein Direktor sagte nichts mehr, griff nur schweigend nach seinem Ordner und holte einige Papiere heraus, die er selbst unterschrieb und mir dann in die Hand drückte.

„Sie können die Papiere in den nächsten Tagen an die Schule schicken. Wir melden Sie ab.“

„Wiedersehen.“

Mehr hatte ich ihm nicht zu sagen. Und er mir scheinbar auch nicht, denn er stand auf, verbeugte sich kurz und auch nur eher angedeutet, ehe er darauf wartete, dass ich endlich sein Büro verließ.

Und genau das tat ich ohne weitere Aufforderung. Die Pause war vorbei, doch als ich aus dem Sekretariat zurück ins Foyer kam, warteten Aoi, Ruki und Reita noch immer auf mich. Sie alle schauten neugierig zu mir, als ich die Tür hinter mir nicht gerade leise schloss und meine Tränen unterdrückte.

„Was ist passiert?“, fragte Reita.

„Was hast du da?“, fragte Aoi.

Nur Ruki, der schwieg. Er schaute mich aus großen, besorgten Augen an und schien sich nicht recht zu trauen, zu fragen, was los war.

Aber auch ich befand, dass es keiner großen Worte der Erklärung bedurfte, diesmal zumindest nicht. Ich drückte Aoi die Papiere in die Hand und es überraschte mich nicht, dass er mich, nachdem er die Überschrift der Formulare gelesen hatte, mit Entsetzen in den Augen anstarrte.

„Die schmeißen dich von der Schule…?“

In dem Moment, als er es aussprach, ließen sich die Tränen nicht länger zurückhalten. Reita schaltete als erster und nahm mich in den Arm, streichelte mir tröstend über den Rücken. Die anderen beiden standen dort, lasen sich abwechselnd die Papiere durch und der Unglaube war ihnen wie auf die Stirn geschrieben. Ja, sie hatten wohl gerade verstanden, dass ich bald nicht mehr auf ihrer Schule sein würde, dass es jetzt erst recht nie wieder so sein können würde, wie früher.

Konnte es eigentlich schlimmer kommen?
 

©
 

~*~*~

Tut mir Leid, dass es gedauert hat, aber ihr kennt das ya... Klausurenstress Xx

Das nächste wird in den Osteferien kommen, hoffe ich >3<
 

LG,
 

Shio <3



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Kommentare zu diesem Kapitel (14)
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Von:  -Kazu-
2009-09-21T16:09:22+00:00 21.09.2009 18:09
so endlich hab ich es auch mal geschafft es zu lesen : D
gut geschrieben wie die restlichen kapitel,ich finds gut wie du uruhas gefühle beschriebst und ich find reita süß ; 3
nur leider kommt mir die situation irgendwie bekannt vor...
nun ja das kapitel ist toll geworden und ich bin gespannt wie es weitergeht.
<3
Von:  -chAOsBoRn-
2009-08-27T00:35:38+00:00 27.08.2009 02:35
Mal wieder klasse!
Gut geschrieben, tolle Emotionen und hya~
Aber ich denke, dass jetzt so langsam Uruhas Welt in sich zusammenbrechen wird, Stück um Stück und die werden wohl nicht klein sein.
Wenn er weiterhin so sensibel ist, wird er sich doch hoffentlich nicht am Ende umbringen?
*seufz
Ich werds ja lesen.

Viel Erfolg bei den Klausuren
<3
Von:  VULGAR
2009-08-13T23:18:00+00:00 14.08.2009 01:18
ich hab des kapitel grad zum 10ten mal oder so gelesen und nach endloslanger zeit hinterlass ich endlich mal nen kommi
*faule sau*
wenn der es wagt wieder drogen zu schlucken, verprügel ich ihn -.-
argh ><
Von:  UmbrellaXD
2009-07-01T21:53:04+00:00 01.07.2009 23:53
ich weiß nciht, was mich überkam, aber ich kannte die ff bis hier her ja schon und waruma uch immer musste ich sie nochmal am stück lesen xD
und da es schon ne weile her ist, dass du geschrieben hast, dachte ich mir, ich schreib dir nen kommi ;D
vlt muntert dich das ja dazu auf, weiterzuschreiben ^^
würde mich jedenfalls freuen xD
lg umi
Von:  Kei_
2009-04-28T13:29:15+00:00 28.04.2009 15:29
Oh ich hab die ganze Zeit gehofft, dass es doch etwas Positives sein könnte, was der Direx ihm sagen will...
*wein*
*Uru knuff*

Alsou diese FF ist wirklich gaaaaanz wundertolliq muss ich sagen <3
Bitte schreib schnell weiter ja, weil weil.... aaaaaach ich will doch wissen wie weiter geht *rumhibbel*
*durchtdrehts*

Gaaaaaaan lieber Gruß <3
Von:  Bakugou
2009-03-28T14:36:05+00:00 28.03.2009 15:36
sposti ._.~
alsu der Direx .3.'
gooott, ich hasse solche Menschen xD~
du steigerst meinen Aggressionspegel erheblich, schatz |D
aber hab ich mir i-wie schon gedacht, dass sowas kommt .__.~
hauptsache nochma drauftreten, wenn Uru eh schon am Boden liegt T_T~


Von:  lunatic_Luka
2009-03-25T16:19:42+00:00 25.03.2009 17:19
Herrlich. Du beschreibst die Gefühle von Uruha so unheimlich gut. Ich werte das als Einleitung zu einem Drogen'problem'.. da kommt sicher noch mehr ^^ *das auch hoff*
Er scheint noch etwas in der Schwebe, zwischen alten Leben und Gewohnehiten und all dem neuen, kann sich nicht entscheiden was er will, weil e nicht zusammen passt. (Also unter einen Hut bringen..)

Das ihn dass mit der Schule so nah geht, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Seit er mit Reita und den anderen verkehrt, mochte er da doch sowieso nicht mehr sein, auch wenn er sich nun mit Aoi und Ruki vertragen hat. Er wäre doch, wenn in der Schule in den Pausen in der anderen. Wenn er nun offiziell dort als Schüler sein kann, ist doch nichts schlechtes dran.

Freu mich wenns weiter geht!
*glück wünsch für alle Klausuren & Co* ^^v
Von:  Doushite
2009-03-20T15:39:08+00:00 20.03.2009 16:39
irwie wusste ich jah das er vonner schule fliegt..
frag nicht wieso XDDD''
bin mal gepannt wann reita das rausfindet mit dem drogen..
ich denke mal cniht das uru wortbehöllt und es nich wieder macht <<'
myah~
kurzes aber tolles kapi^^
♥liiebe♥
Von:  Jiyong
2009-03-19T21:54:02+00:00 19.03.2009 22:54
uhhh~ tollig x3
es geht weiter =)
aber irgendwie macht mir dieses kapitel angst...xD
weil~ jetzt passiert so viel negatives
uruha wird doch sicher abstürzen und nach den pillen greifen...QQ~
aber DAS wäre wirklich mal interessant zu lesen
was dann in seinem kopf vorgeht und wie reita reagiert...hihi
das kapitel hier verspricht sehr viel : D
hoffe geht bald weiter =)
Von:  cookie-monster-kyo
2009-03-19T12:07:10+00:00 19.03.2009 13:07
mir war schon klar, dass das mit der schule nich so lange gut geht aber..
wegen dem grund jemanden von der schule zu schmeißen? krank..
freu mich schon aufs nächste kapi^^


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