Der dritte Tanz
Das dritte Kapitel^^
Hach, die Geschichte macht mir so viel Spaß ^o^/) *freu*
Bevor ihr allerdings lest, sollte ich noch kurz etwas zur Kleidung erklären:
-Ein Redingote ist ein - meiner Meinung nach - sehr schickes Kleid, dass die Damen teilweise trugen, es ist an die Herrenmode angelehnt und wurde aus einem Reitmantel entwickelt
-Poschen sind ein kleiner Reifrock, der nur knapp bis zur Mitte des Oberschenkels reicht und aus zwei stahlverstärkten Stoffkörben am Band, die an den Hüften getragen werden, besteht.
-Reifrock: in jener Zeit wurden sie immer 'Flunderartiger' und am Schluss konnten die Damen wirklich kaum mehr gerade durch eine Tür gehen...
-Männermode: Bestand aus einem Rock (nicht der Rock im heutigen Sinne, sondern eher eine Art Frack), einem weißen Hemd, einer Halsbinde (das sah meiner Meinung nach voll gut aus *__*), einer Weste, einer Kniehose, weißen Kniestrümmpfen, bei Adeligen einem Degen und evtl. noch einem Dreispitz, etc.
-Früher haben sich die Damen der Gesellschaft ganz weiß gepudert/bemalt und auch die männer taten das des Öfteren, außerdem waren weiß gepuderte Perrücken ebenfalls Mode...
Genug der Erklärungen, viel Spaß^^
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Carmen war froh endlich aus der stickigen und verrauchten – der Priester hatte nicht an Weihrauch gespart – Kirche herauszukommen. Sie ging zwar gerne in die Kirche, doch seit dieser neue Priester da war, wurde man regelrecht eingenebelt und sie musste sich zwingen, nicht vorzeitig heraus zu rennen und sich zu übergeben; dennoch waren seine Predigten besser als die seines Vorgängers.
Auf dem Platz vor der Kirche streckte sie sich erst einmal, wodurch ihre Schuhe zum Vorschein kamen und einige Männerblicke auf sich zogen.
„Was machst du denn?“, fauchte Emilie sie an. „Doch nicht vor dem heiligen Hause des Herrn!“ Doch Carmen lächelte nur verschmitzt und entgegnete: „Das bringt Kundschaft; hast du gesehen, wie der Priester hergesehen hat? Glaub mir, in spätestens drei Wochen liegt auch er im Bett von einer der unsrigen.“
„Sprich nicht so abfällig von Gottes Dienern! Er lebt im Zölibat, was beileibe nicht leicht ist, deswegen solltest du ihn nicht noch zusätzlich verführen!“, entrüstete sich die Französin, warf aber dennoch einen Blick auf den jungen Mann.
„Schlecht sieht er ja nicht aus.“, feixte Carmen. „Auf jeden Fall besser als der Letzte, der alte Sack.“
„Carmen!“, ertönte erneut Emilies warnende Stimme, gefolgt von einem empörten Blick, doch als sie sich wieder zu ihm umwandte, fragte sie: „Nanu? Wo geht er denn hin?“
„Wenn mich nicht alles täuscht, dann geht er zu dieser Aristokratenfamilie dort drüben…“, antwortete Carmen und reckte den Hals, um besser sehen zu können.
„Wahrscheinlich ist er bei ihnen zum Essen eingeladen.“, mutmaßte Emilie und fuhr dann fort: "Komm, lass uns gehen, wir haben noch Arbeit vor uns.“ Doch Carmen schüttelte den Kopf und widersprach: „Nein, lass uns noch etwas bleiben.“
„Es ist unhöflich andere Leute so zu begaffen, besonders wenn…“ Aber die Jüngere ließ sie nicht ausreden und beendete selbst den Satz: „…wenn sie stinkreich und obendrein noch adlig sind. Jaja.“
„Eigentlich wollte ich es nicht so flapsig formulieren, aber ja.“, seufzte Emilie.
„Lass uns doch noch ein bisschen gucken!“ Sie quengelte wie ein kleines Kind, das unbedingt den Gauklern auf dem Jahrmarkt zuschauen wollte. Die Französin stöhnte nur genervt, erwiderte aber nichts mehr darauf.
„Guck mal, die Frau! Einen Reifrock hat die an… ob die noch durch Türen gehen kann? Und ich meine nicht seitwärts!“, witzelte Carmen, doch ihre Freundin wies sie sogleich zurecht: „Sei nicht so gehässig, schließlich hast du doch auch deine Poschen und das gute Redingote angezogen; für den Schöpfer kann man sich nie schön genug machen.“
„Und wie sie mit ihrem Fächer wedelt, als gäbe es hier nicht genug Luft!“, fuhr Carmen unbeirrt fort. „Ihren Schirm lässt sie sich auch tragen; ob das Frauchen wohl zu schwach ist?“ Mit diesen Worten erntete sie lediglich ein Kopfschütteln ihrer Freundin, die es wohl aufgegeben hatte, sie zu Recht zu weisen.
„Und schau dir mal ihren Mann an, mit seiner Perücke! Und er ist auch geschminkt, ganz weiß hat er sich angemalt.“ Nun meldete sich Emilie doch zu Wort: „Sieh nur, da gehen zwei junge Männer auf das Ehepaar zu; ob das wohl ihre Söhne sind? Warte, der Eine kommt mir so bekannt vor… der war bestimmt schon einmal bei mir…“
„Welcher denn?“, unterbrach Carmen sie, den Blick auf die beiden Jünglinge geheftet.
„Na der mit den hellblonden Haaren…“, überlegte Emilie weiter, doch Carmen stieß ihr empört mit dem Ellenbogen gegen die Rippen und entgegnete entrüstet: "Nun komm schon, an den musst du dich doch erinnern; wie viele Männer haben in Buenos Aires schließlich helle Haare?“
„Halt dein vorlautes Mundwerk!“, fauchte ihre Freundin sie an. „Wenn du wüsstest, wie viele Freier ich in Frankreich schon hatte, die hellbraunes Haar hatten… Warte, jetzt fällt’s mir wieder ein: Das ist Don Ramón, der Sprössling der Sangres.“ Ehrfürchtig schnappte Carmen nach Luft und keuchte: „Doch nicht etwa…“
„Doch, er ist der Sohn des Duques Sangre. Und wenn mich nicht alles täuscht, müsste der junge Mann da neben ihm, mit den dunklen Haaren, sein großer Bruder sein. Hast du das Gerücht gehört? Er soll ja bald 25 werden und hat, zum Leidwesen seiner kränkelnden Mutter, noch immer keine Braut gefunden. Der Vater soll ja bald schon sechzig sein; dass er in dem Alter noch arbeitet…“ Emilies Redeschwall schien nicht mehr enden zu wollen und Carmen hörte nur mit einem Ohr zu. Sie kniff die Augen zusammen, um die beiden Männer besser sehen zu können. Der Hellhaarige sollte tatsächlich der Jüngere sein? Er hatte am breiten Kinn ein kleines Bärtchen, auf der Nase einen kleine Hubbel und offene Augen. Insgesamt war er ungefähr einen Kopf größer als der Ältere, breitschultriger und von stattlicher Statur. Der Dunkelhaarige war eher schmächtig und sein Gesicht hatte ebenmäßigere, femininere Züge, es schien nicht so grobkantig wie das seines Bruders. Irgendwie kam er ihr bekannt vor. Woher kannte sie diese anmutigen Bewegungen? Trotz des schnellen Schrittes, der seinen Rock beinahe heroisch hinter ihm wehen ließ, war sein Gang von Eleganz geprägt.
„Ramóns Bruder soll ja ein ganz tugendhafter und pflichtbewusster Mann sein. Um ihn ranken sich, bis auf das eine, keinerlei Gerüchte, ich weiß nicht einmal wie er heißt…“, hörte sie Emilie sagen und ergänzte abwesend: „Julio.“ Völlig aus dem Kontext geworfen, sah die Französin erstaunt zu ihr und fragte: „Was?“
„Er heißt Julio. Don Julio Sangre.“, wiederholte Carmen ihre Worte und ihre Augenbrauen zogen sich Unheil verkündend zusammen.
„Woher weißt du das schon wieder?“, fragte Emilie erstaunt und Carmen antwortete zähneknirschend: „Weil er der Mann ist, der mich letzte Nacht in seinen Armen hielt.“ Darauf wusste selbst die Ältere nichts zu erwidern, sondern starrte die Dunkelhaarige nur mit offenem Mund an.
„Sie schauen rüber. Komm, lass uns gehen!“, sagte Carmen und drehte sich auf dem Absatz um, sich beeilend, bloß schnell weg von hier zu kommen. Doch beim Gehen ließ sie es sich nicht nehmen, so mit dem Rock zu wippen, dass die Männer bei jedem ihrer Schritte einen Blick auf ihre schlanken Knöchel erhaschen konnten.
„Puh, ich dachte schon, der wollte uns ausräuchern, der olle Pfaffe!“, seufzte Ramón erleichtert auf, als er die zarten Sonnenstrahlen auf seiner Haut fühlte.
„Auch wenn diese Wortwahl etwas dürftig ist, muss ich dir zustimmen, das war in der Tat zu viel des Guten, so sehr stinken wir nun auch nicht; wir sollten ihn beim Essen darauf hinweisen, schließlich war das sein erster Gottesdienst.“, bestätigte Julio die Worte seines Bruders und lachte innerlich, als er sah, wie dieser sich ungeschickt mit der Hand Luft zufächerte. Ein Grinsen auf den Lippen tadelte er ihn: „Vater hat dir noch bevor wir aus dem Haus gingen den Fächer angeboten, aber der feine Herr hat den ja abgelehnt; Schweiß mache männlich, hat man geprahlt.“
„Ach, sei doch still“, knurrte der Hellhaarige. „Der Fächer war ohnehin zu sehr in rosé gehalten, wie sähe das zu meinem roten Rock und meinen roten Hosen aus?“
„Jedenfalls hätten sich die Wäscherinnen gefreut, hätten sie deine riesigen Schweißflecken unter den Achseln nicht aus deinem Hemd waschen müssen.“ Julio musterte seinen Bruder. Den roten Rock, sowie die roten Hosen hatte er neu; die beige Weste besaß er schon länger, ebenso wie die Schnallenschuhe, die, nicht wie bei dem Dunkelhaarigen, gänzlich unpoliert waren und nicht mehr wirklich glänzten. Bei den weißen Kniestrümpfen stutzte er allerdings. „Sind das nicht meine Strümpfe?“
Ramón zuckte nur mit den Schultern, ging jedoch nicht weiter darauf ein, sondern sah sich auf dem mit Kopfsteinen gepflasterten Platz um. Nach wenigen Augenblicken hob er erstaunt die Augenbrauen und pfiff leise durch die Zähne. Julio folgte verwundert der Richtung seines Blickes, konnte aber ob der Menschenmasse nichts erkennen und sah fragend zu seinem Bruder. Als dieser seinen Blick auf sich spürte, grinste er: „Hast du eben etwa nicht das Frauenzimmer gesehen, die sich geräkelt hat, dass die Hälfte ihrer Waden zu sehen waren?“ Julio schüttelte den Kopf und seufzte: „Du denkst auch immer nur daran…“
„Woran denn sonst?“, fragte der Größere und Julio konnte nur erneut seufzen, weil er genau wusste, dass diese Frage ernst gemeint gewesen war.
„Komm, wir sollten zu unseren Eltern gehen; Mutter wird schon ungeduldig.“ Mit diesen Worten deutete Julio auf ihre Mutter, die sich mit dem Fächer unruhig Luft zufächerte und von einem Sklaven den Schirm getragen bekam. Neben ihr stand ihr Gatte und redete offensichtlich beruhigend auf sie ein. Ramón grinste allerdings daraufhin und erwiderte: „Ja, und der olle Priester kommt auch schon zu ihnen rüber; warum mussten sie ihn denn eigentlich zum Essen einladen?“
„Weil es sich so gehört.“, antwortete Julio nüchtern und setzte sich in Bewegung, Ramón kam ihm hinterdrein gelaufen.
Als sie bei ihren Eltern anlangten, hatten diese schon den Kutscher losgeschickt, die Kutsche zu holen und unterhielten sich freundlich mit dem Pfarrer
„Einen schönen Guten Morgen wünsche ich, Pater.“, begrüßte Ramón den Priester und auch Julio deutete eine Verbeugung an, die der Gottesdiener ehrfürchtig erwiderte. Ihre Eltern stellte sie dem Mann vor und gingen dann wieder auf das Gespräch, das sie kurzweilig abgebrochen hatten, ein.
Ramón sah sich gelangweilt auf dem Kirchplatz um. Diese gesellschaftlichen Konversationen hatten ihn schon immer angeödet, wie er Julio immer zu erzählen pflegte. Der Ältere behielt ihn aus den Augenwinkeln heraus im Blick und als sich ein Grinsen über das Gesicht des Größeren stahl, wandte er ihm gänzlich das Angesicht zu und raunte, dass nur Ramón es verstehen konnte: „Du solltest nicht so grinsen, wenn sie über die Beerdigung Tante Maries sprechen, sonst fliegst du noch auf. Was hast du denn eigentlich entdeckt?“ Ramón nickte zur gegenüberliegenden Seite des Platzes und wisperte: „Da ist die Hure von eben und sie scheint sich mit einer Kollegin über uns zu unterhalten, denn sie schauen beide her.“ Kaum hatte er das gesagt, kniff er die Augen zusammen, als könne er so besser sehen und fügte erstaunt hinzu: „Nein, warte, die Eine kenne ich. Sie heißt, so weit ich mich erinnern kann, Emilie, ist Französin – einen süßen Akzent hat die – und arbeitet im Rosa Cama.“ Nun folgte Julio dem Blick seines Bruders und stellte erstaunt fest, dass die dunkelhaarige, junge Frau Carmen war.
„Das ist sie! Die Hure von der ich dir erzählte.“, flüsterte er fassungslos. Gerade wollte er zum Gruße die Hand heben, da machte sie auf dem Absatz kehrt und lief, sodass man die Hälfte ihrer Waden sah, vom Platz in Richtung des Rio de la Platas.
Gekränkt und zugleich leicht erregt durch diese Aussicht auf ihre Beine sah er ihr nach, um sich dann von seinem Bruder auf die Schulter klopfen und sich sagen lassen zu müssen: „Nun ja, offensichtlich warst du nicht annähernd so gut wie sie…“ Ein giftiger Blick seitens Julio durchbohrte ihn, worauf er gleichgültig die Achseln zuckte und hinzufügte: „Lass uns heute noch einmal hingehen; meine Lenden sehnen sich nach der Hingabe einer erfahrenen Französin und dann kannst du der Kleinen beweisen, dass du doch nicht so schlecht bist.“
Die Kutsche fuhr vor und bevor die Beiden als letzte einstiegen, hielt Julio seinen Bruder kurz zurück und flüsterte: „Geh du lieber alleine. Ich fühle mich heute nicht besonders und sollte mich lieber schonen, bevor mich die Grippe erwischt.“ Ramón zuckte wieder nur mit den Schultern und stieg schließlich ein, gefolgt von Julio, hinter dem der Kutscher die Tür schloss.
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Nun ist auch dieses Kapitel zu Ende *schnüffz* ich hoffe, es hat gefallen (auch wenn mal wieder kein Mensch das liest uû *suefz*).
lG *Kekse verteil* Terrormopf^^