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Days of Horror

Bomben auf der Christopher Street
von

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Samstag – 7. August – später

~~~~ Medical Center ~ Intensivstation ~~~~
 

Doktor Brian Foster überprüfte routiniert die Geräte und blickte dann ein wenig mutlos auf Dee MacLane. Alles schien vom medizinischen Standpunkt aus gesehen gut zu laufen. Die Werte entsprachen allen Richtlinien, aber dennoch machte der Patient, der dem Tode bei der OP mehrfach von der Schippe gesprungen war, keine Anstalten, aufzuwachen. Brian war klar, dass ihm die Motivation fehlte. Hatte er nicht fast alles verloren? Jedenfalls in diesem Augenblick? Ryo verschleppt und keine Spur in dieser Richtung, wie er erfahren hatte. Nur Sara, ihr Kind.
 

Der Arzt, der Dee dabei beigestanden hatte, die Schwangerschaft durchzustehen, würde wohl oder übel noch einmal mit diesem Commissioner reden müssen. Dee brauchte entweder das Kind, was wohl mit dieser Situation überfordert wäre, oder aber seinen Mann. Und da Ryo wohl noch eine Weile verschwunden bleiben würde, blieb nur das fünfjährige Mädchen. Ein letzter Blick auf die Monitore, die in der Stille des Zimmers leise Piep- und Summgeräusche hinausschickten, dann wollte er gehen.

Seine Schicht war schon seit Stunden vorbei. Er fühlte sich müde und ausgelaugt. Seit gestern morgen stand er hier und nun, Brian warf einen Blick auf die Uhr, vierundzwanzig Stunden später wollte er gehen. Das war eigentlich nicht normal aber hier im Medical Center die Norm. Kaum einer schaffte weniger als achtzehn Stunden am Stück und bei Notfällen war es der Krankenhausleitung egal, ob man physisch und psychisch noch in der Lage war, eine richtige OP durchzuführen.
 

Da sein Kollege, der den anderen Cop operiert hatte, schon gegangen war, wollte Foster auch noch einen Blick in das Nachbarzimmer werfen. Der Kollege hatte fast eine 30-Stunden-Schicht hinter sich und brauchte dementsprechend endlich Ruhe. Normalerweise verließ niemand einen frisch operierten Patienten, ohne darauf zu warten, dass dieser aus der Narkose aufgewacht war. Aber wie gesagt, es gab die Regel und es gab den Menschen. Fehler unterliefen schnell, wenn man übermüdet war, und so hoffte Foster, dass es dem Cop, den Namen hatte er schon wieder vergessen, gut ging.
 

Ein letzter Blick streifte Dee, der kaum zwischen dem weißen Laken zu erkennen war. Schläuche führten zu seinen Armen und ein Schlauch führte direkt in die Nase, um ihm genügend Sauerstoff zuzuführen. Auf künstliche Beatmung wollte man noch nicht umstellen, da Dee noch selbstständig atmete und das war beruhigend, wie der Arzt fand.
 

Foster verließ das Zimmer und die Tür fiel leise hinter ihm zu, als er auch schon von einem dunkelhäutigen Mann, der ihm vage bekannt vorkam, angesprochen wurde.
 

„’Tschuldigung, aber kann ich Sie kurz sprechen?“
 

„Sicher. Um was geht es?“ blieb er höflich, denn er fühlte sich zwar am Ende, durfte das aber weder bei den Patienten noch bei den Besuchern zeigen. „Möchten Sie in mein Büro mitkommen?“
 

„Nein. Eigentlich wollte ich nur fragen, ob die Möglichkeit besteht, dass Jackson Besuch empfangen darf.“
 

„Ach ja, Sie sind der Freund des Bruders. Ich erinnere mich,“ fiel es Brian auch gleich wieder ein. „Sie und Mr... Black müssten doch als Besucher registriert sein.“ Er ging zu dem Schwesterntresen und nahm sich die Besucherliste, um seine Worte gleich bestätigt zu finden. „Hier steht es... Ach auch für MacLane?“ Nun wurde er wieder wach. „Kennen Sie die Umstände um MacLane?“
 

„Sie meinen Ryo und Sara?“ hakte Prescott, denn kein anderer war es, der den Arzt vom wohlverdienten Feierabend abhielt, nach. „Ja, das bin ich, aber deswegen wollte ich Sie nicht sprechen.“
 

„Okay. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Sie sorgen dafür, dass Ryo oder Sara so schnell wie möglich bei Dee auftauchen, und ich werde mir Ihre Bitte anhören.“
 

„Ich kann das nicht so einfach...“ Kurz zögerte Mick, dann fällte er die Entscheidung allein. „Okay. Ich werde Sara herbringen. Sie denken, dass es Dee helfen wird, und das stimmt mit Sicherheit.“
 

„Und Ihr Anliegen?“
 

„Auf der Chirurgie liegt ein junger Mann. Ebenfalls verletzt, an der Halsschlagader. Er soll sich eigentlich schonen und nicht reden, aber er macht dort alle ziemlich kirre, weil er in Jackson verliebt ist und ich dachte, wenn wir ihn im Rollstuhl ein oder zwei Stunden am Tag... wenn das ginge, würde es sowohl Robin als auch Chris helfen.“
 

„Gut, ich schreibe ihn mit auf die Liste. Am späten Nachmittag kann er hochkommen. Ich gebe auf der Chirurgie Bescheid. Sonst noch was?“
 

„Nein, danke Doktor. Machen Sie jetzt Feierabend?“
 

„Ja, wenn nichts dazwischen kommt. Aber erst wollte ich noch einen Blick auf Mr. Jackson werfen. Die Werte... aber das wissen Sie ja selbst.“
 

Was sollte er auch noch länger seine Zeit auf dem Flur vergeuden.
 

Brian legte gerade seine Finger auf den Knauf der Tür, um diese zu öffnen, als der Alarm losging. Routiniert wie er nun mal war, vergaß er auf der Stelle seinen möglichen Feierabend, blickte erst gar nicht in eine Richtung, sondern stieß die Tür direkt vor sich auf. „Rufen Sie eine Schwester!“ rief er dem Dunkelhäutigen über die Schulter zu, bevor er das Zimmer des Cops betrat und sich sofort über diesen beugte.
 

„Ist er schon lange unruhig?“ fragte er den Anwesenden, der bei dem Alarm entsetzt aufgesprungen war und nun hilflos mit den Fingern um das Bettgestell geschlungen dastand.

„Hey, Beruhigen Sie sich. Ist er schon lange so?“ fragte er zwar noch immer energisch, aber nicht mehr mit der Hektik von eben.
 

„J...ja. Schon etwa drei Minuten. Es wurde immer schlimmer... ich dachte... ich dachte...“ stammelte Black und ging der hereinstürmenden Schwester aus dem Weg.
 

„Lassen Sie den OP vorbereiten, wir müssen ihn noch mal aufmachen,“ erklärte Brian ruhig und spritzte bereits das leichte Narkotikum. „Ich bin in zehn Minuten unten, ich operiere ihn selbst.“
 

Die Schwester, die wusste, wie lange Foster bereits vor Ort war, würde es nicht schaffen, ihn von seinem Vorhaben abzuhalten. Auch wusste sie, dass der Arzt das niemals von sich aus tun würde, wenn die Gefahr erstens nicht enorm und zweitens er dazu nicht mehr in der Verfassung wäre. Also nickte sie nur und verschwand, um Sekunden später mit einem Sanitäter zurückzukommen. Rasch war das Bett gelöst und wurde ohne irgendwo anzuecken auf den Flur und in den Aufzug geschoben.

Als Foster nach draußen eilte, fiel ihm der Dunkelhäutige ein.
 

„Ähm... das mit dem Besuch... verschieben wir erst einmal. Könnten Sie sich um den Herrn hier drinnen kümmern? Eine Schwester wird ihm gleich eine Beruhigungsspritze geben, das wird er brauchen,“ sagte er und verschwand erst nach diesen Worten.
 

Rasch klärte er alles, was ihm einfiel, um den Kopf bei der nun folgenden OP klar zu haben. Denn nichts war hinderlicher, als wenn man noch nachgrübeln musste, ob nicht doch etwas vergessen worden war.
 

Prescott starrte dem Arzt nach. Also er bewunderte diese Menschen. Sie standen selbst kurz vor dem Zusammenbruch und schafften Übermenschliches. Er wollte erst gar nicht wissen, wie viele Stunden der Arzt bereits hier war. Aber das war jetzt nebensächlich. Hier ging es um den Bruder seines Freundes. Er hoffte nur, dass Chris es schaffen würde. Mit einem zuversichtlichen Lächeln auf den Lippen betrat er das Zimmer, welches eben hektisch geräumt worden war, und nahm Black kommentarlos in die Arme.
 

„Ich... ich dachte, er wacht auf... ich war...“
 

„Sht... komm mit raus. Die Schwester gibt dir was... Es wird alles gut,“ murmelte Mick und hoffte, dass er mit dieser Meinung nicht alleine stand.
 

Nach der Spritze erholte Black sich ein wenig. Wollte aber dennoch nicht die Klinik verlassen. Bat im Gegenzug aber Prescott, auf dem Revier vorbeizuschauen, um zu sehen, ob es neue Erkenntnisse gab. Nur ungern ließ Mick ihn alleine zurück.
 

Auf dem Weg nach draußen fiel ihm der Bruder seines Militärbekannten wieder ein. Doch diesen Weg wollte er erst antreten, wenn er mehr über den Zustand von Chris erfahren hatte.
 

~~~~ 27. Revier ~ Barclays Büro ~~~~
 

Nach einem kurzen Klopfen und der Aufforderung hereinzukommen enterte Prescott das Büro des Commissioners. Er wartete diesmal nicht auf eine Aufforderung, sondern ließ sich einfach in den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken, schlug die Beine übereinander und legte die Hände leicht auf die Oberschenkel, wobei die Ellbogen auf den Lehnen ruhten. So schien er, zumindest für Laien, eine beruhigende Pose eingenommen zu haben. Aber so war es nicht. Innerlich war er total aufgewühlt, aber das ging die Außenwelt nun, einfach schlicht gesagt, nichts an.
 

„Dee geht es weiterhin den Umständen entsprechen gut. Die Wunde ist nicht aufgerissen, sein Herz schlägt gleichmäßig, dennoch bleibt er vorläufig am Sauerstoff hängen. Der behandelte Arzt, Doktor Foster meint, dass es nötig sei, jemand zu holen, der ihm am Herzen liegt. Ich weiß nicht, wie weit die Ermittlungen im Fall MacLane, Ryo, sind, aber ich denke, es ist ausgeschlossen, dass er bis morgen auftaucht. Ich würde Sara holen. Je eher Dee aufwacht, desto besser ist es für die Heilung,“ gab Prescott die Anweisungen des Arztes in einem Rutsch an den Commissioner weiter. Ließ sich auch nicht von den Handbewegungen oder der heftig einziehenden Atmung Ross aufhalten. Nun schwieg er, ließ das Gesagte vorläufig erst einmal sich setzen.
 

„Doc Foster? Ich kenne ihn. Zwar nicht persönlich, aber er soll gut sein. Ich vertraue seinem Urteil, und Ihnen natürlich vorläufig auch. Wir beide wollen das beste für Dee.“ Ross schwieg kurz, bevor er das Wort wieder ergriff, nicht genau wissend, wie er es formulieren sollte. „Nun. Hrm... Der einzigste, der den Aufenthaltsort von Sara kennt, ist...“
 

„Ich weiß, wo sie ist. Oder eher gesagt... Einer unserer Leute weiß, wo sie ist. Das ist wohl das bestgehütete Geheimnis hier im Umkreis und Sie werden mir wohl auch nicht widersprechen, wenn ich anfüge, dass es dafür auch einen durchaus guten Grund gibt. Wie wir alle wohl wissen. Ich wollte nur nichts gegen Ihre Entscheidung unternehmen, Commissioner. Entschuldigen Sie mich kurz?“ entschuldigte Mick sich, als er in seine Jackentasche griff, um sein Handy hervorzuholen. Ohne lange zu zögern, tippte die rechte Hand von Black eine rasche folge von Nummern ein und hielt es an sein Ohr.
 

„Steve? Ich bin’s, Mick... Was?... Nein, noch nicht. Es geht so weit... Jetzt hör... STEVE!... Nimm dir zwei, oder drei unserer Jungs und hol Sara. Sie wird abgeschirmt wie ein goldenes Ei. Passt auf, ob ihr verfo... Ich weiß, du bist kein Anfänger, dennoch... Ja, bis nachher.“ Er legte auf und steckte das Handy wieder in die Tasche.
 

„Sie sind sehr umsichtig, Mr. Prescott.“
 

„Man kann nie vorsichtig genug sein. Ein Fehler wie bei Ryo passiert nicht noch einmal, darauf gebe ich Ihnen sogar mein Wort.“
 

„Was ist mit Jackson? Dass er der Bruder von Black ist, hat mich ein wenig umgehauen,“ gab Barclay unumwunden zu.
 

„Nun, eigentlich rede ich höchst ungern über Privates, aber in diesem Fall muss ich Ihnen zustimmen. Ich hatte genauso wenig Ahnung davon wie Sie. Obwohl die Anzeichen schon dafür sprachen,“ meinte Prescott ein wenig nachdenklich.
 

„Äußerlichkeiten? Ich finde nicht, dass sie sich ähnlich sehen.“
 

„Nein, das nicht. Eher so, wie sie miteinander umgegangen sind. Ich tippte auf langjährige Freundschaft, aber... ich denke, wir kommen vom eigentlichen Thema ab. Um auf Ihre Frage zurückzukommen, Commissioner: als ich das Krankenhaus verließ, wurde Jackson gerade wieder in den OP geschoben. Was genau ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich hoffe nur, dass er es schafft.“
 

„Funk!“ knurrte Ross. Er mochte Chris. Kannte ihn ja auch schon eine Ewigkeit. Wenn er sich zurückerinnerte, hatte er nie ein Geheimnis um seine Familie gemacht. Jetzt fiel es ihm auch wieder ein, dass er hin und wieder mal einen Halbbruder erwähnt hatte, dem er ständig helfen musste. Nicht, dass dieser unfähig wäre, etwa alleine zu machen, aber meist endete das, was dieser Bruder anfing, in einem Fiasko. Da fragte man sich doch nun, wie es Black geschafft hatte, so ein Imperium aufzubauen.
 

«Er hatte wohl gute Freunde,» dachte sich Barclay.
 

„Dann heißt es wohl jetzt warten. Er hat ein gutes, kräftiges und starkes Herz und er besitzt auch Kampfgeist. Er wird es schaffen,“ murmelte Ross mehr vor sich hin, als dass er sich laut dazu geäußert hätte.
 

„Jetzt überraschen Sie mich aber. Ich dachte, Sie würden Chris nicht mögen?!“
 

„Nein. Wir sind schon lange Freunde, was mich nur ein wenig an seiner Loyalität zweifeln ließ, war der enge Kontakt zu Black. Aber das ist ja nun geklärt. Gut. Nachdem wir das hier geklärt haben, möchte ich Sie in die laufenden Ermittlungen einweihen.“ Barclay räusperte sich und war sich tief im Innersten klar, dass er nun klein Blatt vor den Mund nehmen würde. Denn schließlich hatte er die wichtigste Mitteilung zum Lösen des Falls von Seiten Black und Prescott bekommen.
 

„Die Spurensicherung läuft noch. Die Bombe an sich, wie die Experten sagten, war nicht so ausgefeilt wie die ersten oder die letzte. Aber nach dem Stand der Ermittlung spricht alles dafür, dass dieser Mann, Scott Peter Fulton, der Attentäter in allen Bombenfällen war. Seine Kenntnisse reichten in diesem Bereich. Dank Ihrem ausführlichen Bericht, Mr. Prescott, bleibt auch kein Hauch eines Fehlers übrig. Bis auf die Frage, wer tötete den Bomber?“
 

Prescott, der bis eben ruhig und still in dem Stuhl gesessen hatte, wurde nun wieder hellhörig. „Ich verstehe nicht? War da nicht eine Explosion?“
 

„Da haben Sie Recht, und dennoch war diese Bombe nicht daran Schuld, dass Scott Peter Fulton nun nicht mehr unter uns weilt. Ich werde es Ihnen erklären, denn den Bericht habe ich noch nicht offiziell vorliegen.“

Erneute räusperte er sich und bot nun erst einmal Mick einen Kaffee an. Doch da dieser ablehnte, musste er seine Kehle erst wieder durch ein weiteres Räuspern frei bekommen.

„Mein Scharfschütze ist sich absolut sicher, dass der Attentäter sich nicht gerührt hat. Er geht sogar so weit, zu behaupten, dass er mit dem Kopf auf dem Arm oder Tisch dort gesessen haben soll. Somit lasse ich die Leiche im Augenblick gründlich untersuchen. Sollte der Verdacht sich bestätigen, dann können wir davon ausgehen, dass wir noch eine tickende Zeitbombe hier herumlaufen haben.“
 

Mick hörte ruhig zu. Stellte keine Zwischenfrage sondern machte sich vorläufig, wie es nun mal seine Art war, in seinen Gedanken stichpunkthaltige Notizen.
 

„Ich weiß, dass Sie über das, was ich Ihnen nun sagen werde, noch nicht informiert sind, aber ich glaube, es ist nun wirklich Zeit, von beiden Seiten aus gesehen mit offenen Karten zu spielen.“ Kurz zauderte Mick, bevor er mit seiner Rede fortfuhr.
 

„Black, ich sowie Chris und Dee haben uns regelmäßig getroffen. Wo und wann ist im Augenblick wohl unwichtig. Aber wir haben unsere Gedanken ausgetauscht. Spuren erneuert oder verworfen. Wenn man einen Fall aus verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet, wird manches schnell klarer. Und da die polizeiliche Ermittlung nicht vorankam, sahen wir alle, all die Erwähnten, in dieser Zusammenkunft die Möglichkeit, schneller zum Ziel zu gelangen.“
 

„Demnach wurde dort auch Ryo’s Aktivität beschlossen?“
 

„Ja!“ Mick nickte und fühlte sich wegen der gescheiterten Observation ein wenig müde.

„Worauf ich jedoch hinaus will... Chris erzählte, nein, es war Dee... Dass Ihr Profiler McNear einen Ansatz gefunden haben könnte, dass es sich tatsächlich um zwei Männer handeln könnte.“
 

Das hatte Barclay zwar nicht vergessen, aber irgendwie schien ihm bis dato nichts darauf hinzuweisen, dass diese Vermutung zutraf. Nun, wenn er jetzt alle Aspekte zusammenfügte, bestand die Möglichkeit, dass dies nun doch der Fall sein könnte. Könnte, wohlgemerkt. So rasch ließ er sich nicht gleich überzeugen.
 

„Das entspräche dann auch der Möglichkeit, dass Scott Fulton getötet wurde, bevor die Bombe explodierte. Somit müsste er wohl in unmittelbarer Nähe des Explosionsherdes gewesen sein.“
 

„Brrr... warten Sie mal. Was Sie da andeuten, gefällt mir nicht,“ fuhr Ross in der Stimme hoch, ohne jedoch seinen Körper dabei zu bewegen.
 

„Ich sagte nichts in dieser Richtung. Lediglich, dass er in der Nähe hätte sein müssen. Auf der Straße, eventuell im Hinterhof oder in einem der Gebäude rundherum,“ wurde Mick ein wenig genauer. Und wusste, dass er eigentlich genau das meinte, was er nicht wagte auszusprechen. Noch nicht. Noch waren die Beweise einfach zu dürftig. Und noch hatte er auch keinen im Visier. Die meisten kannte er, und obwohl er nicht jedem sein Leben anvertrauen würde, so würde er doch für einige von ihnen die Hand ins Feuer legen, dass sie nicht käuflich waren.
 

„Okay... Sehen wir mal... Die Bewohner wurde nur gebeten, in ihren Häusern zu bleiben, wobei das eigentliche Zielgebäude ruhig evakuiert worden war. Auf der Straße und rund herum waren nur Cops. Bliebe also, wenn wir davon ausgehen, dass es ein Außenseiter ist, nur noch die Anwohner.“
 

„Wenn...“
 

„Ich würde für meine Jungs hier durchs Feuer gehen, Prescott,“ knurrte Ross nun, richtig angepisst über so eine Anschuldigung, zurück.
 

„Für Ihre schon. Aber was ist mit den anderen?“ Als Mick keine Äußerung von Ross vernahm, fuhr er fort: „Bombensquat? Spurensicherung? Sondereinsatzkommando und nicht zuletzt die Jungs von den Krankenhäusern und die Feuerwehr? Ich wollte Ihnen nicht auf die Zehen treten, aber denken Sie mal nach... Wenn Sie nichts mehr haben, ich möchte gerne zurück ins Krankenhaus.“
 

„Schon gut. Gehen Sie. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten, was ich von Ihrer Seite ebenfalls erwarte.“
 

Nachdem Mick zugestimmt und sich verabschiedet hatte, wurde die Tür schon wenige Augenblicke erneut aufgestoßen.
 

„Sorry, Ross. Kann ich kurz?“ Ein blonder Kopf erschien in der Türöffnung und trat erst komplett ein, als er das Nicken des Commissioners gesehen hatte.
 

„Was treibt dich hierher, Jim?“
 

„Ich war eben drüben im Gerichtsgebäude. Wegen der Obduktion. Da hörte ich auch von der Vermutung, dass Fulton bereits tot sein sollte. Da meine Jungs noch immer alles mögliche zusammenkehren, habe ich mir halt die Zeit genommen, um mir mit dem Arzt dort ein wenig genauer die Leiche zu betrachten.“
 

„Und?“ fragte Barclay, der noch immer keine Ahnung hatte, ob es nun etwas wichtiges war, was jetzt gleich auf den Tisch kam, oder eher unwichtig. Aber so wie er Cambel kannte, würde er bald mit der Sprache rausrücken. Er brauchte halt seine Anläufe.
 

„Ob du es glaubst oder nicht, aber...“
 

„Jim! Bitte. Es ist schon ein langer Tag für mich gewesen... Bitte, komm zum Punkt!“ forderte Ross ihn nun doch auf, endlich mit dem Wichtigsten rauszurücken.
 

„Du siehst auch komplett verspannt aus. Soll ich dich massieren?“ fragte Cambel und kam nun völlig vom Thema ab.
 

„Jim!“ sagte Ross ernst aber dennoch sanft. „Nicht jetzt.“
 

„Okay, dann halt später,“ grinste er ihn sanft an, holte dann sein Notizbuch aus seiner Jacke, hockte sich auf den Schreibtisch und ließ wie nebenbei einen kleinen runden Gegenstand in Barclays Hand rutschen.
 

„Punkt eins. Den trug die Leiche. Warte, bevor du mich anfährst. Keine Spuren drauf. Weder Fingerabdrücke noch Fasern. Außer von der Leiche, das habe ich schon gecheckt. Punkt zwei. Fulton war bereits tot, als J.J. auf ihn geschossen hat. Das ergibt sich aus zwei weiteren Punkten. Bist du neugierig oder willst du die offizielle Version des Gerichtsmediziners abwarten?“
 

„Nein, Leg los.“
 

„Ich will dich nicht mit dem ganzen Fachwissen volltexten, also halte ich mich schlicht, damit du es auch...“
 

„Jim!“ fuhr er nun wieder genervt zwischen die nichtssagenden Worte.
 

„Schon gut. Also Fulton war schon mindestens ein oder zwei Stunden tot, bevor er erschossen wurde. Dazu braucht man noch nicht einmal gründlich zu forschen. Aber ich sehe dir schon an, dass du gleich... gut, ich red ja schon weiter. Ähm... also. Fulton starb an Herzversagen. Jedenfalls wäre das die offizielle Äußerung. Aber da uns das nicht reicht, sind wir genauer vorgegangen. Wir haben die möglichen und eigentlich üblichen Orte genau untersucht... Du verstehst nicht, was ich meine, also doch nicht so... gut... Also dann...“

Jim legte einen Finger gegen die Lippe, grübelte kurz nach und begann dann nochmals von vorne.

„Herzversagen war die Ursache, für die sich J.D. und ich uns entschieden, doch dann kam dein Anruf und wir nahmen uns sie Leiche nochmals gründlicher vor. Kein an sich gesunder Kerl mitten im Leben erleidet einen Herzanfall und stirbt. Wenn wir in Betracht ziehen, dass ihn jemand, der ihn womöglich auch noch kannte, umgebracht hat, dann wirft das alles ein anderes Licht auf das ganze. Also sind wir von einer banalen Spritze ausgegangen. Ein wenig Luft reicht aus, um zu so einem Ergebnis zu führen. Es war nicht leicht, aber wenn man die bekannten Stellen kennt, die Verbrecher bevorzugen, dann findet man sie auch auf einer leicht ramponierten und zum teil verkohlten Leiche.“
 

„Ihr habt also was?“
 

„Einen Einstich knapp unter dem rechten Ohr. Somit wäre der Täter, wenn er hinter ihm stand, wovon man ausgehen sollte, Rechtshänder. Obwohl auch eine beiderseitige Handlung nicht ausgeschlossen werden kann.“
 

„Und der Ring?“
 

„Nun, eigentlich habe ich ihn gleich erkannt... habe ja auch lange nach dem Ding gesucht!“ warf Jim ein und machte Ross auf die Innenseite des Ringes aufmerksam.
 

„In ewiger Liebe, dein Dee!“ ungläubig hob er den Blick. „Irgendeine Spur zu Ryo?“
 

„Nope. Nur dieser Ring. Und das bringt mich zu der Annahme, dass alles zusammenhängt. Dein Profiler müsste da noch schneller hinter alles kommen. Wo steckt er denn?“
 

„Habe ihn heute morgen vom Fall zurückgezogen.“
 

„Vielleicht ein Fehler, Barc. Aber wenn du Wert auf meine Meinung legst: das steckt alles zusammen. Fulton legt die Bomben erst auf eigene Verantwortung aus Rache, wegen dem Unfall in Mexiko. Der andere Täter erfährt davon oder kommt durch Zufall auf die Spur und rechnet sich nun etwas aus. Was genau - keine Ahnung. Auf alle Fälle sind die MacLane’s da irgendwie mitten drin. Dazu würde passen, dass das Basra in die Luft fliegt und Ryo dann entführt wird. Immer nur Ryo. Warum nicht Dee? Warum schnappt sich der Spinner nicht Dee?“
 

„Du meinst wirklich, er könnte es auf Dee abgesehen haben und will Ryo nur irgendwie aus dem Weg schaffen?“
 

„Ich weiß es nicht, Barc. Ich weiß es nicht. Das ist nicht mein Metier. Aber frag diesen Profiler. Dass Ryo’s Ring wieder aufgetaucht ist, ist meiner Meinung nach kein gutes Zeichen. Nur gut, dass Sara in Sicherheit ist. Wie geht’s Dee eigentlich?“
 

„Das ist der Punkt, Jim. Sie holen Sara, damit es Dee besser geht. Ich hoffe, das geht nicht nach hinten los und wir machen einen noch größeren Fehler als Black mit Ryo.“
 

„Hey... vertrau auf dich, das hast du bisher doch auch immer. Du bist gut, Barc. Wir sehen uns später,“ sagte Jim und lächelte ihn kurz an, bevor er vom Schreibtisch hupfte und aus dem Büro verschwand.
 

Zurück blieb ein sehr nachdenklicher Barclay Ross, der sich den vergangenen Samstag in Ruhe nochmals vor sein inneres Auge rief und alles nochmals mit sich durchging. Nur gut, dass ihn jetzt keiner mehr störte.
 

***** TBC



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Vampire-Hero
2008-06-16T06:53:37+00:00 16.06.2008 08:53
oooo
nun schön zu sehen wenn sich alles aufklärt **zu Chris und Black schiel** aber da wäre immer noch die Sache mir Ryo, gut man hat seinen Ring gefunden, aber das war auch schon alles. Ihr ansatz worüber sie nachdenken, geht auch schon in die richtige richtung, denn will der irre anscheinend wirklich was von dee. Nur sieht er in seinen wahn nicht, dass dieser weg den er wählt, nie zum erfolg führen kann, sondern sein sicherer untergang bedeutet. Denn selbst wenn er ryo aus dem weg räumt, wird sich dee ihm niemals an den hals schmeißen. Dafür liebt er den kleinen zu sehr, was mich sehr beruhigt.

LG
Vampire
Von:  JounouchiKatsuya
2008-05-06T09:11:05+00:00 06.05.2008 11:11
*wangen aufplustert wie nen Hamster*
Also, ganz ehrlich? Stellst du die so stroh doof da, oder sind die das wirklich?
Ich meine: Hallo? Alle sehen das McNear eindeutig was von Dee will, dieser aber nicht und dann äussern die solche Vermutungen und kommen nicht selber auf McNear? Nur Chris allein hats gecheckt das mit dem was nicht stimmt =.= Okay, das auch nur aus ner kleinen Vermutung raus und sicherheitshalber, aber immerhin!
Irwie nervts mich das die sich so doof anstellen XD
Aber lass dich davon jetzt nicht beeinflussen xD Ich bin froh, wenn ich viel lese XD


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