Zum Inhalt der Seite

Days of Horror

Bomben auf der Christopher Street
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Mittwoch – 18. August – noch später

~~~~ Diner of Love ~~~~
 

Steve hatte Tony angerufen, nachdem er Sara von einer Schwester aus dem Zimmer hatte holen lassen, und ihn gebeten, sich mit ihm im Diner of Love zu treffen.
 

Nun saß er mit der kleinen MacLane zusammen an einem Tisch und konnte das Bild von Ryo, dessen Kopf so schwer an seiner Schulter gelegen hatte, einfach nicht von seinem innern Auge wegschieben. Die Kleine war richtig aufgeweckt und spürte sofort, dass etwas nicht stimmte, doch sie blieb ruhig und wartete. Schließlich sollte sie ja artig sein, das hatten Dad und Daddy ihr immer gesagt.
 

„Na ihr zwei Hübschen, was darf ich euch bringen?“ Robin kam fröhlich an den Tisch gehoppelt und erhielt prompt das, was er beabsichtigt hatte: ein lautes fröhliches Lachen von Sara.
 

Ein wirkliches Herzchen, die Kleine. Robin hatte sie sofort ins Herz geschlossen, schon als er sie als Baby gesehen hatte. So rosige Wangen. Nein wirklich. Sara war schon immer hübsch gewesen und irgendwann würde sie einem ganz gewiss den Kopf verdrehen.
 

„Wir warten noch,“ kam es einsilbig von Steve, der nur zögernd den Blick hob und Robin anblickte.
 

Dieser kannte den Blick. Ein kalter Schauer rieselte über seinen Rücken.
 

„Fuck! Was ist passiert?“
 

„Das sagt man nicht,“ schimpfte Sara und hob mahnend ihren Zeigefinger.
 

„Sorry, Schatz. Ist bei deinem Dad alles in Ordnung?“ stelle er Sara die Frage, denn Steve sah ihm eher so aus, als würde er sich die Zunge abbeißen, bevor er nur daran dachte, seine Frage mit einer Antwort zu beglücken.
 

„Jahaa... alles toll. Dad hat sogar wieder gelacht. Er guckt nicht mehr so traurig. Alles tut ihm weh, hat er mir verraten und ich soll auch schön artig sein, aber das bin ich ja immer,“ lobte sich Sara selbst und es stimmte auch.

Sie war schon ein recht verständiges und überaus braves Kind. Was anderes wäre auch ein Wunder, wenn man bedachte, dass ihre Väter Polizisten waren.
 

„Na, das ist doch schön! Willst du einen Kakao und ein Stück Schokotorte?“ lockte er die Kleine, da er schon wusste, was sie gerne aß.
 

„Jaha... aber...“ ein wenig verlor sich ihr strahlendes Gesicht, als sie zu Steve linste.
 

„Hey, sorry, hat länger gedauert,“ schob sich Tony an Robin vorbei, küsste Steve kurz auf die Wange und strubbelte Sara durch die Haare.
 

Sofort fiel auch ihm die bedrückte Stimme von dem Ex-Mafiasohn auf.
 

„Was ist los?“
 

„So ist er schon die ganze Zeit, keine Ahnung. Bisher hat er noch nichts gesagt,“ meinte Robin.

„Ich sag dir was, ich nehme Sara kurz mit und du versuchst, mit ihm zu reden,“ bot er diskret seine Hilfe an.
 

„Okay! Thanks, Robin. Sara, mein Krümelchen, was meinst du. Willst du mal mit Robin gehen und die Küche unsicher machen?” Tony kannte Sara schon, seitdem sie auf der Welt war und wusste, dass die Küche einen magischen Anziehungspunkt für die kleine MacLane hatte.
 

Ohne zu zaudern ließ sich Sara von Robin in die Küche führen und so hatte Tony Ruhe, um sich um sein bedrücktes Freundchen zu kümmern.
 

„Nun red schon, Steve. Was plagt dich?!“
 

„Wir haben Ryo gefunden,“ kam es leise von Steve.
 

Tony musste sich sogar vorbeugen, damit er ihn verstehen konnte.
 

„WAS?“
 

„Nicht so laut. Es weiß noch keiner,“ sagte er und griff über den Tisch zu den Händen seines Geliebten.

„Jesus, er sieht...“
 

„Lebt er?“ flüsterte nun auch Tony, damit er nicht unnötiges Interesse auf sich zog.
 

„Ja.“
 

War das alles, was er zu hören bekam? Ryo lebte und war frei, und sonst? Müsste man da nicht fröhlich und gut gelaunt sein, aber wenn er an das ‚er sieht’ dachte? Und genau diese zwei unscheinbaren Wörter konnten einfach alles beinhalten.
 

„Red endlich,“ knurrte er ihn genervt an.
 

Tony ließ sich so nicht abspeisen und gängelte Steve so lange, bis er ihm alles erzählt hatte. Jedenfalls, wie es um Ryo stand. Dabei vergaß er absichtlich oder unabsichtlich, dass dies wohl noch nicht alles bleiben würde. War ja auch schon schlimm genug.
 

„Was sagt Dee?“
 

„Er weiß es nicht. Sara auch nicht und es soll erst mal so bleiben.“
 

„Sagt Black. Right?“ Tony schüttelte wütend den Kopf.

„Sagt mal, hat er nicht schon genug durch seine Schweigerei angerichtet?“ giftete er gegen Steve’s Boss los. Er mochte ihn nicht, konnte nicht genau sagen warum, aber er wurde einfach nicht warm mit diesem Kerl.
 

„Es ist besser so... jedenfalls vorläufig, bis es Ryo besser geht. Sara darf es auf keinen Fall wissen, sie würde...“
 

„Was darf ich nicht wissen?“ kam eine leise zierliche Stimme dazwischen, die Steve entsetzt zu Sara blicken ließ.
 

„Wolltest du nicht in die Küche?“ fuhr er die Kleine ungehalten an, so dass diese ihr Schnütchen leicht verzog. Sie wusste ja noch nicht einmal, warum sie angefahren wurde, deswegen kullerten auch gleich zwei Tränen aus ihren grünen Augen, die von Steve zu Tony blickten.
 

„Bist du irre...“ fauchte nun auch Tony los und nahm die Kleine auf seinen Schoß.

„Ist ja gut, mein Engelchen. Steve ist nicht böse mit dir. Er hat nur einen ganz schlechten Tag. Du weißt ja, sein Boss hat ihm vielleicht wieder geärgert. Mhmm... ist wieder gut?“ strich er ihr liebevoll über die Wangen, wischte so die Tränenspuren fort.
 

Die kleine Sara MacLane mit ihren fünf Jahren schlang ihre Arme um den Hals von Tony.

„Er ist gemein... ich will zu Dad.“
 

„Morgen, mein Süßes. Lass deinen Dad heute mal ausruhen. Wir gehen nachher noch in den Zoo. Mhmm... nehmen den bösen Steve mit und bringen ihn wieder zum Lachen, Na, was meinst du, schaffen wir zwei das?“
 

Steve sah Tony zu, wie er Sara beruhigte und auch gleichzeitig davon abhielt, zurück ins Krankenhaus zu wollen. Jetzt fühlte er sich noch schlechter als eben noch, doch dieses Bild mit Sara auf Tony’s Schoß verwischte das von Ryo.
 

„Ja, vielleicht bringt mich das auf andere Gedanken,“ sagte er leise.

„Tut mir leid, mein kleines Wühlmäuschen... sei mir nicht böse.“ Tief durchatmend, um sich innerlich aufzubauen, schob er eine Strähne von dem blonden Haar hinter Saras Ohr, die ihn zweifelnd anblickte.
 

„Bist du auch wirklich nicht böse auf mich?“
 

„Nein, bin ich nicht.“ Tatsächlich schob sich ein Lächeln auf seine Lippen und damit war wohl die Situation vorläufig gerettet.
 

„Hast du schon gegessen, Sara? Gut. Dann machen wir uns jetzt gleich auf den Weg,“ bestimmte Tony, nachdem MacLane’s Jüngste genickt hatte.
 

Robin sowie Mark und Björn verfolgten das Geschehene mit einem mehr als fragenden Blick, aber von der Unterhaltung hatten sie nichts mitbekommen. Sie belauschten schließlich ihre Kundschaft nicht. Auch wenn ihnen die Neugier mitten ins Gesicht geschrieben stand. Wenn es etwas gab, was sie wissen sollten, dann würde man es ihnen schon irgendwie und irgendwann sagen.
 

„Ich frage Chris nachher. Irgendwas ist da im Busch,“ sagte Robin und machte sich dann dran, die verlassenen Tische abzuräumen und abzuwischen.
 

~~~~ Medical Center ~~~~
 

Black wartete im Flur vor der Intensivstation auf den Arzt.
 

„Hi. Auch schon wieder mal da?“ hörte er die bekannte Stimme des Arztes.
 

„Doktor Brian Foster! Ja, auch wieder hier. Wenn das so weitergeht, kann ich hier bald meine Zelte aufschlagen,“ grinste er ein wenig wehmütig.
 

Denn die Situation war alles andere als angenehm. Aber das war sie wohl nie, wenn man Gast auf der Intensivstation war.
 

„Ryo MacLane?“
 

„Ja. Sagen Sie bloß nicht, dass Sie für ihn zuständig sind?“
 

„Eigentlich nicht. Aber Freunde von mir behandle ich selbst. Gerade in diesem speziellen Fall.“
 

„Haben Sie was neues?“
 

„Nun, Mr. Black, das kommt darauf an, was Sie bereits wissen.“
 

Grob umriss Aaron das, was er von Mick erfahren hatte.
 

„Das toxikologische Ergebnis liegt vor, warten sie einen Moment.“

Foster ging kurz in das Schwesternzimmer, nahm sich die Akte, warf einen Blick hinein und kam auch schon zu Black zurück auf den Gang.

„Wenn Sie mir folgen möchten... Es ist nicht gerade bequem, so etwas auf dem Korridor zu besprechen.“
 

Aaron ahnte schlimmes. Aber ihm blieb keine Wahl, wenn er mehr erfahren wollte, musste er ihm folgen.
 

Im Arztzimmer angekommen bot Brian Aaron einen Stuhl an, den dieser aus Sicherheitsgründen nicht ausschlug. Das folgende Angebot für einen Kaffee jedoch lehnte er dankend ab.
 

„Schonungslos, bitte,“ bat er und richtete sich schon mal auf alles ein.
 

„Nun. Ryo wurde über Wochen Gift zugefügt. Einmal sogar in größeren Mengen, was zu sofortigen Zahnfleischentzündungen führte. Er wird daraufhin bereits behandelt. Da es sich um ein bekanntes Gift handelt, haben wir es leichter.“
 

„Es fiel vorhin die Vermutung von Strychnin?“
 

„Stimmt. Das wurde auch bestätigt. Ein gängiges Gift, das viele sogar wissentlich einnehmen, um so Vergiftungen vorzubeugen. Eigentlich stärkt es nach und nach die Abwehr, aber dazu war wohl die Dosis zu klein, oder die andere Dosis zu hoch.“
 

„Ich vermute mal, da kommt noch mehr?“ mutmaßte Black und lag damit völlig richtig.
 

„Durch die Vergiftung sind auch innere Organe in Mitleidenschaft gezogen worden. Ganz besonders das Herz und die Leber. Von der Niere mal ganz zu schweigen.“
 

„Damn!“
 

„Ja, ich kann es nachfühlen. Hinzu kommt, dass sein Allgemeinzustand eine Operation nicht zulässt. Wir versuchen, ihn soweit zu stabilisieren, dass wir in wenigstens in ein oder zwei Tagen operieren können.“
 

„Sie sagten doch nur was von ‚in Mitleidenschaft gezogen’, warum dann eine OP?“
 

Foster, eigentlich ein Arzt, der zu allen Patienten gleich und ehrlich war, hatte nun aber ein Problem. Denn das, was er in dieser Akte gelesen hatte, war schon unglaublich und es nun auch noch auszusprechen, machte es nicht leichter, aber sollte er einem anderen wirklich davon berichten? Welches Recht nahm sich Black da heraus? Eigentlich müsste er Dee darüber informieren und nicht einen eigentlich Unbeteiligten, wohl eher nur Freund der Familie.
 

„Ist es so schlimm?“ unterbrach Aaron die Gedanken des Arztes.
 

„Das bleibt unter uns. Sie werden es keinem sagen. Auch nicht Ihrem Freund und schon gar nicht Dee MacLane,“ verlangte er von Black ein Versprechen, dass dieser nach kurzem Zögern gab.
 

Schließlich belastete er sich somit mental selbst noch mehr und mit diesem Versprechen konnte er es sich noch nicht einmal von der Seele reden.
 

„Bei genauerer Untersuchung haben wir einen Haarriss in der Leber festgestellt. Wenn dieser reißt...“
 

Mehr sagte er nicht. Brian konnte auch so sehen, dass Aaron ihn verstanden hatte. Ryo’s Leben hing also förmlich am seidenen Faden. Nur gut, dass Dee noch nichts von der Rettung seines Mannes erfahren hatte.
 

„Was... War das alles?!“
 

„Nun. Der Rücken ist offen, entzündet und vereitert, und er hatte eine noch relativ frische Wunde am Oberschenkel. Aber wir können ihn nicht groß bewegen. Jede Bewegung kann zum Platzen der Leber führen.“
 

„Weiß es Dee?“ fragte er leise. Nein, er konnte diese Verantwortung nicht alleine tragen. Nicht diesmal.
 

„Nein. Wir halten es noch geheim. Ich habe das veranlasst und jedem, der sich verplappert, mit Rauswurf gedroht. Dee hat ihn schon einmal verloren und ihn wieder gefunden. Noch so etwas würde auch ihn zerstören und wir müssen dabei auch Sara bedenken.“
 

„Gut. Meine Leute haben ebenfalls Schweigepflicht geleistet. Tun Sie Ihr bestes, Doktor. Ich vertraue Ihnen.“
 

~~~~ 27. Revier ~ Zellentrakt ~~~~
 

Ross wartete in aller Ruhe, bis der dort zuständige Wachmann ihm die Tür öffnete und ihn in den reviereigenen Zellentrakt ließ. Viele saßen nie hier, meinst nur welche, die über den Durst getrunken hatten und solche, die verdächtigt wurden, eine Straftat begangen zu haben. Diese warteten dann hier auf ihren Anwalt oder darauf, dass Anklage erhoben wurde. Doch zu diesen wollte er nicht.
 

„Commissioner!“ sagte der Wachhabende und ging Barclay voraus zu der gesuchten Zelle.
 

Noch immer wusste Ross nicht, wo Ryo gefunden worden war und ob mögliche Spuren vorlagen, deswegen entschloss er sich, erst einmal zu dem Fund nichts zu sagen.
 

„Hat er etwas gesagt?“ fragte Barclay und blieb einige Schritte stehen, wollte erst einige Fragen geklärt haben.
 

„Er verlangt ständig, jemanden anrufen zu wollen, und Sie wollte er sprechen. Dann war eine Weile Ruhe, bis er vor einer Stunde wieder danach verlangte, endlich jemanden sprechen zu können. Seit zehn Minuten ist er ruhig, Sir.“
 

„Haben Sie mit ihm über die Inhaftierung gesprochen?“
 

„Nein, Sir,“ tat der Wachhabende überrascht. „Sir, das steht mir nicht zu. Ich passe nur auf, dass die mir hier Anvertrauten keinen Dummheiten machen.“
 

„Gut, Officer. Den Rest des Weges schaffe ich schon allein.“
 

„Wenn Sie mich brauchen, Commissioner, dann rufen Sie mich, ich bin wieder in meiner Stube.“
 

Damit ging der Wachoffizier zurück und Ross ging die wenigen Meter, bis er der Zelle von Patrick McNear gegenüber stand.
 

Sofort sprang dieser von seiner schmalen Pritsche auf. Viel gab es nicht dort drinnen. Denn man wollte ja nicht, dass es sich die Gefangenen vielleicht noch gemütlich machten. Eine Pritsche, mehr war nicht. Selbst ein Stuhl oder Tisch fehlten. Doch das war auch überflüssig, weil es hier nur Durchgangsverkehr gab.
 

„Lassen Sie mich sofort hier raus, oder es wird für Ihr Revier Konsequenzen haben,“ fuhr er den Commissioner an, legte dabei seine Finger um die dicken Eisenstangen, so fest, dass man die Knöchel weiß hervortreten sehen konnte.
 

Ross ließ sich Zeit, hob die Akte, die er mitgenommen hatte, hoch und schlug diese auf. In aller Ruhe las er nochmals die dort festgehaltene Aussage des Polizisten, der McNear festgenommen hatte.
 

„Ross!“ drohte Patrick allein schon mit dem Namen, doch auch dies ließ den Angesprochenen äußerst kalt.
 

Wenn er der Entführer war, wie alle vermuteten, dann müsste ihm nun der Arsch auf Grundeis gehen, weil er zu Ryo musste? Oder warum zeterte er so, wenn er wusste, was man gegen ihn in der Hand hatte?
 

In aller Ruhe holte er einen Stuhl, stellte den kleinen tragbaren Kasten, den er mitgebracht hatte, darauf, drückte die Aufnahmetaste. Gut sichtbar für Patrick.
 

„Das Gespräch wird aufgezeichnet. Ich hoffe, Sie haben keine Einwände. Es dient zu Ihrem und zum Schutz der Polizei,“ erklärte Ross.
 

„Nein, mir egal... ich will endlich...“
 

Doch Ross ließ ihn erst gar nicht mit dem, was Patrick sagen wollte, ausreden, sondern unterbrach ihn.
 

„Wie ich hier sehe, wurden Sie an einem Ort festgenommen, der zu einem Tatort deklariert wurde. Würden Sie sich dazu äußern? Oder warten Sie, McNear, bevor Sie etwas sagen, muss ich Ihnen wohl Ihre Rechte vorlesen.“ Barclay kramte einen Zettel aus der Tasche und begann.

„Sie haben das Recht zu schweigen...“
 

„Ich kenne meine Rechte...“
 

„... alles, was Sie sagen, kann und wird vor Gericht...“
 

„Verhaften Sie mich?“
 

„... gegen Sie verwendet werden...“
 

„Sie machen sich lächerlich, Commissioner...“
 

„Sie haben das Recht auf einen Anwalt.“
 

„Das ist eine Farce...“ stöhnte Patrick.
 

„Wenn sie sich keinen leisten können...“
 

„Sie meinen das wirklich ernst?!“ McNear schüttelte den Kopf über so viel Sturheit.
 

„...wird Ihnen vom Gericht einer gestellt. Haben Sie Ihre Rechte verstanden, Mr. McNear?“
 

„Welches Verbrechens werde ich denn beschuldigt?“
 

„Ich fragte, ob Sie Ihre Rechte verstanden haben.“ Ruhig sah Ross den Gefangenen an, das einzigste, was sich bei ihm regte, war eine Augenbraue, die sich langsam in die Höhe schob.
 

„Ja, habe ich. Bekomme ich nun Antworten?“
 

„Die Fragen stelle ich, sofern Sie mir die Antworten geben! Oder bestehen Sie auf einen Anwalt?“
 

„Nein. Fangen Sie endlich an, damit wir das hier beenden können.“
 

„Was taten Sie am Mittwoch, dem 18. August um 2 Uhr 13 in der Pellstreet in einem versiegelten Apartment?“
 

„Ich erhielt einen Anruf, dass dort etwas ungewöhnliches wäre.“
 

„Einen Anruf? Von wem?“
 

„Wieso verhören Sie mich hier unten und nicht wie gewöhnlich in den oberen Verhörräumen?“ fragte Patrick, dem das ganze hier nicht gefiel, ganz und gar nicht gefiel.
 

„Sicherheitsgründe, Mr. McNear. Bitte beantworten Sie meine Frage!“ blieb Ross unverbindlich freundlich. Es war schließlich nicht sein erstes Verhör und diese Frage von Patrick war durchaus berechtigt. Aber er befürchtete, dass dieser flüchten könnte, und somit...
 

«Das wäre der Beweis, vielleicht sollte ich doch...»
 

Kurz wog er es ab.
 

«Was, wenn er zu Ryo fahren will, feststellt, dass er nicht mehr dort ist und dann flitzt... aber Black wird bestimmt Wachen aufgestellt haben... ihm unterläuft kein Fehler...»
 

Sein Handy klingelte.
 

„Sie haben Recht, McNear. Wir werden das Gespräch in bequemere Räume verlegen. Einen Kaffee könnten Sie wohl auch gebrauchen. Ich lasse Sie gleich hochbringen,“ erklärte er, während er sein Telefon hervorfischte und sich dann von dem Gefangenen entfernte. Die Stimme von Patrick im Nacken, der nun auch verlangte, zu telefonieren.
 

„Mir steht ein Anruf zu,“ rief er hinter Barclay her, der sich umdrehte, zu der Zelle zurückkam. Doch dort nahm er lediglich das Aufnahmegerät vom Stuhl, schaltete es aus.
 

„Sie bekommen Ihren Anruf, sobald wir offiziell Anklage gegen Sie erheben.“
 

~~~~ Medical Center ~~~~
 

Black hatte soeben mit dem Commissioner geredet und auch dieser hielt es für besser, Dee vorläufig noch nichts von Ryo zu erzählen. Obwohl dies eine schwerwiegende Entscheidung war, denn schließlich konnte so etwas auch nach hinten losgehen. Das war Black nur zu bewusst. Schon einmal hatte er Dee Ryo’s Leben verheimlicht und ihn in Wochen von Trauer gestürzt. Aber wie der Arzt gesagte hatte: Dee hatte ihn schon einmal verloren, noch einmal würde er es einfach nicht verkraften. Jedenfalls nicht, wenn er erst erfuhr, dass er gerettet war.
 

Auf dem Weg zu den beiden Cops traf er dann auch auf Sara, die in Begleitung von Steve und Tony war. Ein ruhiger Blick streifte die beiden, die sich trotz der Lage aneinander erfreuten. Ja, so war es immer. Egal, wie hart die Wirklichkeit auch zuschlug. Es gab ein danach.
 

Steve blieb kurz neben seinem Chef stehen, sprach leise mit ihm, doch viel erfuhr er nicht. Nur, dass es Ryo nicht gut ging und dass sich der Arzt dafür ausgesprochen hatte, Dee erst einmal nichts von seinem Ehemann, der nun auf der Intensivstation versorgt wurde, zu erzählen.
 

Diese Nachricht sagte Steve mehr als alles andere, dass Ryo’s Leben am sprichwörtlichen seidenen Faden hing. Er nickte ruhig und versucht dabei, so gelassen wie möglich zu sein. Tony wusste zwar, dass der ältere der MacLane’s gefunden war, aber er würde alles andere von ihm fernhalten. Auch wenn es ihm schwerfallen würde.
 

Trauer schlich sich in seinen Blick, nur zu gut konnte er sich an Dee erinnern, wie er gebrochen nach Ryo geschrieen hatte, kurz bevor er zusammengesackt war. Nein, noch mal erst Hoffnung, dann ein weiterer Schicksalsschlag, nein, er konnte sich recht gut an sich selbst messen, wie es in ihm aussehen würde.
 

Schließlich hatte er auch gedacht, Tony verloren zu haben. Diese Leere in ihm, und hätte er nicht so schnell von seinem Überleben erfahren, dann wäre er wohl nicht mehr in der Lage, nun bei Sara zu weilen. Sara... die Kleine, die schon so viel mitgemacht hatte. Nein, wenn sie einen ihrer Eltern verlor, das konnte sie wohl nur dann verkraften, wenn der andere an ihrer Seite blieb. Beide zu verlieren würde auch die Kleine in ein tiefes seelisches Loch stürzen. Sie brauchte Dee und Dee brauchte Sara, ganz klar. Dieser Familie stand eine schwere Prüfung bevor, noch schwerer, als die, die sie bereits hinter sich hatten, und Steve wollte auf keinen Fall mit ihnen tauschen. Aber er würde an ihrer Seite sein, so lange sie es wollten und er die Kraft dazu aufbringen konnte.
 

„Alles klar?“ hörte er die vertraute und geliebte Stimme von Tony neben sich. Er versuchte ein kleines Lächeln, das ihm nicht ganz gelingen wollte.
 

„Ja... es geht schon,“ versuchte er ihn zu beruhigen, doch seine Augen blickten voller Trauer in die Welt.
 

„Ist es...“ Tony brauchte den Namen nicht auszusprechen, Steve verstand auch so. Nur gut, dass Black mit der Kleinen schon vorgegangen war.
 

„Es sieht wohl noch schlimmer aus, als wir schon befürchtet haben. Genaues hat er nicht gesagt, wird er auch nicht. Aber bitte, Tony. Halte dein Wort. Dee würde zerbrechen, wenn wir ihm jetzt Hoffnung geben und er ihn dann erneut gehen lassen muss.“
 

„Wäre es nicht besser, ein wenig hoffen, als nichts... diese Angst, die er in sich trägt, sich jeden Tag fragt, ob Ryo noch lebt... Ich halte es für falsch. Ich würde lieber den ganzen Tag an deinem Bett wachen, als diese Angst in mir zu spüren, nicht sicher sein zu können, ob ich dich jemals wiedersehe. Jeder Tag an deinem Bett wäre mir mehr wert. Aber ich habe das wohl nicht zu entscheiden... Und ja, auch wenn ich weiß, dass es falsch ist, werde ich zu meinem Wort stehen.“
 

Bestimmt drehte er sich von seinem Freund ab, konnte ihn nicht wirklich verstehen. Energisch ging er auf das Zimmer von Dee und Chris zu, ließ Steve mit seinen Gedanken und Gefühlen mitten auf dem Krankenhausflur zurück.
 

~~~~ Battery Park ~ Castle Clinton ~~~~
 

Jim Cambel fühle sich nicht gerade wohl, als er von einem Soldaten bewacht in einen unterirdischen Gang geführt wurde. Viel redete der Soldat auch nicht. Meistens waren es nur Wegweisungen. Nur eins war ihm nun klar, warum er alleine hierher kommen sollte und warum er nicht sein ganzes Team mitschleifen durfte. Es handelte sich hier wohl um ein militärisches Geheimnis. Ein Geheimnis, welches wohl nicht mehr ganz so geheim war.
 

Zwei Räume sollte er untersuchen. Gut, er hatte alles dabei und die anwesende Militärpolizei sicherte ihm sogar Unterstützung zu. Immerhin etwas, dachte sich Jim, als er sich weiter von dem schweigsamen Soldaten führen ließ.
 

~~~~ Medical Center ~~~~
 

„Gibt es nichts neues?“ fragte Dee ruhig nach. Seine Tochter lag in seinem Arm.
 

Seine Wunde schmerzte kaum noch. Er konnte sich sogar schon setzen und war heute morgen sogar schon einige Schritte gegangen. Doch dann kamen auch diese Zeiten, in denen er sich fragte, warum er überhaupt kämpfte, um wieder auf die Beine zu kommen. Jeden Morgen fragte er sich dies. Die Antwort erhielt er nur, wenn er Sara sah. Ihren Engel, ihren Sonnenschein. Sie brauchte ihn. Dennoch die Sehnsucht nach Ryo, die Angst, die ihm das Atmen schwer machte, wurde stärker. Er fühlte ihn nicht mehr, spürte ihn nicht mehr und das erhöhte die Angst in ihm, doch diese konnte er keinem mitteilen.
 

Damals, es kam ihm wie Jahre vor, als er ihn im Feuer verloren glaubte, selbst dort hatte er tief in sich nicht an Ryo’s Tod geglaubt, aber nun? Es war lange her, dass er ihn gehört, gespürt hatte.
 

Resignierte er, gab er ihn auf? Wenn er realistisch war und davon ausging, dass der Bomber, dieser Fulton, Ryo entführt hatte, dann wäre es möglich, dass er bereits verhungert oder verdurstet war.

Aber gab es nicht auch diese Theorie, das mit McNear? Seit dem Tag, als Patrick ihm von einem Leichenfund erzählt hatte, spürte er diese Angst, dass er Ryo nie wieder sehen würde. Egal was er auch fragte, ständig wich man ihm aus. Selbst Chris erfuhr nichts mehr. Jeder Tag war schwerer für ihn. Wäre Sara nicht, dann hätte er die Hoffnung aufgegeben. So leer fühlte er sich.
 

Sein Blick glitt von Sara zu Aaron und von dort zu Steve und Tony. In Black’s und Cotton’s Blick konnte er etwas sehen. Trauer, Schmerz und eine ungewisse Hoffnung. Doch damit anfangen konnte er nichts.
 

„Habt ihr ihn gefunden?“ fragte er erneut und hoffte diesmal auf eine Antwort.
 

„Wir haben eine Spur, wir sind dran, Dee!“
 

„Pah!“ schnaubte Tony. „Ich bin draußen. Sorry, Dee. Aber die Luft hier drin bekommt mir nicht.“
 

Ungläubig sahen Dee und auch Chris ihm nach. Normalerweise war es Tony, der sich hier stundenlang bei ihnen aufhielt, sie versuchte abzulenken oder einfach nur da war. Ihn nun so rasch verschwinden zu sehen, machte den beiden Liegenden klar, dass etwas nicht stimmte.
 

„Was ist los?“ mischte sich nun auch Chris in das kaum vorhandene Gespräch ein.
 

„Ich geh ihm nach,“ hörte man Steve’s Stimme, bevor auch er das Krankenzimmer verließ und Black mit dieser Frage allein zurückließ.
 

Dieser zog einen Stuhl in die Mitte, setzte sich drauf und schlug die Beine übereinander. Ruhig legte er seine Hände auf die Knie, schaute dann von Dee zu Chris, bevor er den Blick auf den schwarzhaarigen Cop legte.
 

„Wir haben eine Spur,“ wiederholte er erst einmal den Satz, den er eben schon einmal von sich gegeben hatte. Ruhig schaute er dabei Dee an, der Sara fest in seinem Arm hielt. Seine einzigste Stütze.

„Du musst mich verstehen, Dee. Aber ich werde dir keine Details erzählen. Nur so viel, dass wir hoffen, ihn lebend zu finden.“

Wie sollte er es sagen, ohne dass Dee austickte. Am besten geradeheraus, denn der Cop, einer von beiden auf alle Fälle, würde sofort bemerken, wenn er mehr als das jetzige schon verheimlichen würde.

„An der Leiche, die in dem Park gefunden wurde, hat man Spuren von Ryo entdeckt.“
 

„Spuren?“ Dee hielt den Atem an. Er lebte? Warum konnte er ihn dann nicht spüren?
 

„Aaron?“ erklang die Frage von seinem Halbbruder.
 

„Frische Spuren. Wir wissen, dass er wenigstens vor einigen Tagen noch gelebt haben muss.“
 

„Was für Spuren?“ verlangte Dee energisch zu wissen. Egal was es war, es war ein Zeichen, dass er lebte. Hoffnung keimte neu in ihm auf.
 

„Sie fanden Sperma und Blut.“
 

Das was Black sagte, konnte er auch in den Akten finden, deswegen brauchte er daraus kein Geheimnis zu machen. Nur dass der Gesuchte nur einen Stock höher über ihnen lag und um sein Leben kämpfte, das behielt er noch für sich.
 

„Er lebt... Ryo lebt.“ Das war das Positive, was Dee für sich speicherte. Etwas, das ihm Mut machte, weiter zu leben.
 

Black konnte förmlich sehen, wie Dee’s Gesicht anfing zu strahlen, jedenfalls für einen kurzen Moment. Denn diese Spur hieß nicht, dass er übeleben würde.
 

„Ich hätte es dir gesagt, aber es gibt so viele Hinweise, deswegen werde ich jetzt auch wieder gehen. Tony wird die Kleine nachher wieder abholen,“ erklang Black’s Stimme, als er sich auch schon erhob und den Stuhl zurückschob. „Ich muss los. Mir ist was wichtiges eingefallen.“ Damit ging er einfach.
 

„Hast du gehört... er lebt.“
 

„Ja. Dee?“
 

„Ja?“
 

„Er verheimlicht etwas. Ich sah es in seinen Augen. Das, was er uns hier aufgetischt hat, hätte dir jeder sagen können. Jeder, der Zugang zu den Akten hat. Nein, da ist noch was... etwas... du hast es doch auch in den Augen von den beiden gesehen. Tony... Wir sollten Tony nachher befragen. Er scheint es auch zu wissen, aber nicht mit dem einverstanden zu sein, was...“

Chris verstummte, das was ihm bei seinen Worten eingefallen war, gefiel ihm nicht. Nicht um Längen.

„Wenn das stimmt, kann er was erleben...“ knurrte er leise, doch nicht leise genug, dass Dee nicht hellhörig geworden wäre.
 

Dee sah Chris an, strich gedankenversunken über das blonde Haar ihres Schatzes. Stimmt, es war ihm auch aufgefallen, und dieses Schnauben von Tony. Da passte etwas wirklich nicht richtig zusammen. Und dann diese Worte von Chris. Sollte Black...? fragte sich Dee ruhig.
 

„Du meinst, dass sie ihn gefunden haben?“
 

„Was?“ Chris drehte sich zu Dee. Setzte sich dann auf, bevor er langsam durch das Zimmer streifte. „Könnte sein...“
 

„Warum sagen sie es dann nicht?“
 

„Um dich zu schützen? Um den Entführer zu verwirren? Ich weiß es nicht... aber es würde zu Black passen.“
 

„Mich zu... Du meinst, er ist...“

Dee stockte der Atem. Spann den Faden, den er laut angefangen hatte, in seinen Gedanken weiter und konnte nach einigen Minuten sogar verstehen, warum Black schwieg. Sollte das denn wirklich der Fall sein, dass Ryo gefunden war?
 

Chris hingegen sprach das aus, was Dee nur dachte.
 

„Er ist vielleicht schwer verletzt, ausgemergelt, was auch immer. Jedenfalls scheint er um sein Leben zu ringen... Um dich zu schützen... dir nicht erst Hoffnung zu geben, schweigen sie, bis es ihm besser geht, oder...“
 

Dee sah, dass seine Überlegungen laut ausgesprochen genauso brutal waren, wie sie sich angehört hatten. Wollte es nicht wirklich einsehen, dass Black ihn schon das zweite Mal so hinterging. Ihm eine Wahrheit vorspielte, die keine war. So was war doch kein Freund.
 

Die Tür öffnete sich und Steve betrat allein das Zimmer.
 

„Ich wollte Sara holen,“ sagte er ruhig.
 

Der Streit, den er eben mit Tony gehabt hatte, war heftig gewesen und hatte an seinem bisschen Substanz gezehrt. Nun fühlte er sich nur noch leer und hohl.
 

„Habt ihr Ryo gefunden?“ erklang die energische Stimme von Dee in dem Raum, prallte voll gegen den ungeschützten Steve, der den Blick hob und ihn traurig anblickte.
 

Was sollte er auf diese Frage antworten. Nein! Musste er ihn anlügen? Konnte er es denn überhaupt? Den Menschen, der ihm so viel geholfen hatte, dem er so viel verdankte?
 

„Nur Sara... Bitte Dee!“ brachte er müde hervor und taumelte dann auf das Bett zu, bevor er davor zusammensackte. Seine Energie war verbraucht. Sein Körper verlangte Ruhe, genauso wie seine Seele.
 

**** TBC



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Vampire-Hero
2008-07-14T12:53:00+00:00 14.07.2008 14:53
Also ich denke mal, das der Bombenleger und Ryos Entführer zwei verschiedene sind... oder? **verwirrt bin** kann mich nicht entscheiden, aber sonst wäre McNear nicht verhaftet worden. aber wenn sein bruder bei ryo ist, dann kann man noch nicht aufatmen. auf jedenfall müssen die jetzt unbedingt dran bleiben und nach dem Süßen suchen und ihn retten.

LG
Vampire


Zurück