~Unentschieden~
Er berachtete die Hochebene des Westens. Schreie und Kampfgeräusche erfüllten die Umgebung. Schwerter prallten aufeinander, Metall klirrte, Blut spritzte. Es war eine Schlacht, wie es sie nur in Bilderbüchern geben konnte. Der Sieg war ihnen so gut wie sicher. Der unterlegene Gegner wurde immer mehr in die Enge getrieben. Wer sollte sie auch aufhalten können? Sesshomaru war tot und Inuyasha gehorchte seinem Meister...
>Einen Feind zu schlagen, der vollkommen unvorbereitet und in der Unterzahl ist, wird sich nicht sonderlich gut auf meinen Ruf auswirken. Aber, was soll ich tun? Mich Onigumo widersetzen? Das würde das Letzte sein, was ich tue...<
Mitten in seinen Überlegungen, schoss ein Pfeil an ihm vorbei. Er flog quer über das Schlachtfeld und tötete mindenstens zehn seiner Krieger auf einmal. Perplex drehte sich Jeromy um. Hatte er was verpasst? War das nicht ein magischer Pfeil gewesen? Kikyo? Nein, Onigumo hatte sie in seiner Gewalt.
"Hey, du! Sag deinen Leuten, dass sie sich verziehen sollen, wenn sie diesen Tag überleben wollen!"
"Wer bist du?"
Die Miko lächelte ihn belustigt an. Dabei spannte sie ihren Bogen erneut. "Kagome."
Jeromy zuckte zusammen. Das war Sesshomarus Verlobte? Interessant. Sie besaß die gleichen Kräfte, wie Kikyo. Dann hatte sie auch die selben Schwächen.
"Wirst du auf mich schießen, wenn ich wehrlos vor dir stehe?"
"Kagome, lass dich nicht unterkriegen. Ich helfe inzwischen unseren Leuten."
Mit diesen Worten stürmte Mizu an der Miko vorbei.
"Hm... Du kannst gut mit Pfeil und Bogen umgehen. Aber, wie sieht es mit Nahkampf aus?" Jeromy ließ sich nicht beirren. Wenn er sie umbringen würde, dann würde auch die letzte Hürde zum Westen fallen. Er zog sein Schwert aus der Scheide. Eine düstere Aura umgab die pechschwarze Klinge.
Kagome überlegte kurz. Sollte sie es wirklich wagen und Shinju ziehen? Sie konnte sich nur zu gut an die letzten Übungsstunden mit Sesshomaru erinnern... Bei dem Gedanken musste sie schmunzeln. Was würde er tun? Sicher nicht weglaufen oder unfair kämpfen.
>Also schön! < Sie legte den Bogen und den Köcher mit den Pfeilen vor sich auf den Boden.
"Fang an!" rief sie übermütig.
Das ließ sich Jeromy nicht zweimal sagen. Mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit sprang er auf sie zu. Kagome konnte seinen Bewegungen kaum folgen. Im letzten Moment riss sie ihre Waffe hoch. Stahl schlug auf Stahl.
"Du bist eine Schande für alle Dämonen." sagte ihr Gegner amüsiert.
Er erhöhte den Druck auf sein Schwert und schleuderte die Miko einige Meter zurück. Sie prallte mit dem Rücken gegen einen Baum, keuchte kurz. Viel Zeit, um sich zu erholen, hatte sie jedoch nicht. Schnell duckte sie sich und entkam so nur knapp der schwarzen Klinge des anderen.
>Wenn er mich erwischt bin ich tot! Aber, was hat er da für ein Schwert?<
Sie wich gekonnt seinen Schlägen aus. Auf die Dauer würde sie müde werden, dass wusste sie. Doch, wie viel hielt ihr dämonischer Körper überhaupt aus? Sie hatte noch nie auf diese Weise gekämpft! Wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte sie immer wie ein Feigling gehandelt. Was hatte sie in den vielen Kämpfen denn bitteschön gemacht, außer lauthals die Namen ihrer geliebten Hundebrüder zu rufen? Eben, nichts.
Bamm. Sie schlug zu und schaute überrascht zu, wie ihr Gegner zurück taumelte. Sie hatte getroffen? Unglaublich.
"Du kannst auch nur Sprüche klopfen." stellte sie sachlich fest.
Jeromy verzog das Gesicht. "Ohne deinen Sesshomaru bist du aber auch recht schwach."
"Wie?"
"Wusstest du das denn nicht? Inuyasha hat ihn in seinem Rausch umgebracht."
Kagome erstarrte. Sie ließ Shinju sinken. Was? Das war eine Lüge! Nein! Er war nicht tot! Niemals! Schließlich hatte er ihr versprochen, zu ihr zurück zu kommen! Und er hatte noch nie ein Versprechen gebrochen.
Ein Tränenschleier bildete sich in ihren Augen und ließ ihre Sicht verschwimmen. Alles wurde unwichtig. Nur der pochende Schmerz in ihrer Brust zählte. Ihr Herz tat weh, so unendlich weh. Ein Ruck ging durch ihren Körper. Sie fiel rücklings ins feuchte Gras. Etwas warmes lief ihre Mundwinkel herunter. Vom Weiten konnte sie eine verzerrte Stimme nach ihr rufen hören. Immer und immer wieder.
"Kagome! Oh Gott! Kagome, weich aus!"
Tränen liefen ihre Wangen hinab. Warum? Warum merkte man erst, dass eine Person einem alles bedeutete, wenn man kurz davor war sie zu verlieren? Oder hatte sie ihn nicht schon verloren? Für immer... Genauso, wie sie Inuyasha verloren hatte...
//Kagome.//
Sie erschrak. Diese Stimme... Das konnte nicht wahr sein...
>Sesshomaru? Bist du das?<
//Ja.//
>Wo bist du?<
//In deinen Erinnerungen.//
>Was? Dann bist du wirklich tot?<
//Selbst, wenn ich das wäre, in deinen Erinnerungen würde ich immer leben.//
>Du Idiot! Ich brauche dich aber lebendig!<
//Ich weiß.//
>Toll! Mehr hast du mir nicht zu sagen?<
//Du blutest.//
>... Oh.<
//Weißt du noch, was ich dir über Shinju gesagt habe?//
>Nein.<
//Typisch Frau. Immer mit dem Kopf durch die Wand, aber nie zuhören können.//
>Hey!<
//Ich habe dir etwas verschwiegen.//
>Typisch Mann. Immer eine große Klappe haben, aber nie auf die Gefühle einer Frau eingehen können!<
//... Eins zu eins. Aber jetzt hör mir zu. Shinju ist aus meinem Reißzahn angefertigt worden. Es ist eine Sonderanfertigung.//
Kurzes Schweigen.
>Aus deinem Reißzahn? Genauso, wie Tessaiga und Tenseiga aus dem deines Vaters?<
//Ja.//
>Und was bedeutet das?<
//Du kannst meine volle Kraft gegen ihn einsetzen.//
>Du wirst mir bestimmt nicht sagen, wie oder?<
//Darauf musst du schon selbst kommen.//
>War ja klar. Trotzdem danke!<
//Wir sehen uns wieder. Das habe ich dir doch versprochen.//
>Du redest nicht aus meinen Erinnerungen zu mir, nicht wahr?<
//Gut erkannt. Ich rede per Telepathie mit dir. Und jetzt mach mich stolz. Bis später. Ich bin nicht mehr allzu weit weg.//
"Ha! Gleich bist du tot!" Jeromy holte aus. Die schwarze Klinge kam Kagomes Hals immer näher.
"NEIN!!!" brüllte Mizu, die von zwei feindlichen Kriegern festgehalten wurde.
Kling.
"Was?"
"... Das stimmt nicht. Du lügst. Er lebt. Ich weiß es."
Sie drückte die Klinge mit der bloßen Hand zur Seite. Blut lief an ihre Handfläche herunter. Doch das störte sie nicht. Entschlossen stand sie auf, Shinjus Griff fest umklammert.
"Ich werde nie wieder weinen, nie wieder schwach sein und nie wieder alleine sein!"
Die Klinge ihres Schwertes leuchtete in einem grellen Blau. Kurz darauf schwang sie ihre Waffe. Blaue Blitze schossen hervor und schlugen tiefe Risse in den Boden. Jeromy hörte seine Leute noch schreien, bevor er selbst schmerzhaft aufschrie und alles um ihn herum dunkel wurde...
Die Souryuuha hatte ihre Arbeit getan. Perfekt sogar. Nichts war von den Gegner übrig geblieben. Nur ein tiefer Graben erinnerte noch an die Stelle, wo ihr Anführer gestanden hatte. Die letzten Überlebenden waren lediglich die zwei Kerle, die Mizu festhielten. Sie ließen die Formenwandlerin ruckartig los und suchten ihr Heil in der Flucht. Kagome sah ihnen mit einem Lächeln hinterher.
"Das war doch...?" fragte Mizu.
"Ja... Sesshomarus Attacke." erwiderte die Miko.
"Kagome."
"Hm?"
"Tut das nicht weh?" Mizu deutete auf die blutige Stelle an dem Kimono der Miko.
Eine Schnittwunde zierte den weißen Stoff und ließ ihn in einem dunklen Rot schimmern.
"Unwesentlich."
Kagome musste lachen. Erst jetzt hatte sie den höllischen Schmerz wahrgenommen. Ihr Blut quoll aus der Wunde und ein Blutrinnsaal lief ihre Mundwinkel herunter.
"KAGOME!"
Die Angesprochene drehte sich um. Mizu tat es ihr gleich. Am Waldrand befand sich ein kleiner Kitsune. Er hockte auf der Schulter einer Mönches, der dicht neben einer Dämonenjägerin stand, die eine kleine Katze auf dem Arm hatte.
"Ihr? Was macht ihr denn hier?" fragte die Schwarzhaarige perplex.
"Na, dich retten!"
Die wenigen Meter, die sie noch voneinander trennten, waren schnell überwunden. Shippo sprang Kagome in die Arme, während Mizu sich höflich vor den Neuankömmlingen verbeugte.
"Kagomes Freunde sind auch meine Freunde. Ich heiße Mizu."
"Ich stelle euch später vor. Aber sagt mal, habt ihr jemanden getroffen, den ich kenne?" mischte sich die Miko ein.
"Ja... Aber, Kagome, du blutest." antwortete Sango.
"Ist nicht schlimm. Ich bin kein Mensch mehr."
"Aber ein Sturkopf."
Kagomes Augen weiteten sich. Jetzt stand eine ganz andere Person am Waldrand. Sein silberweißes Haar wehte im Wind, während seine Augen wie flüssiges Gold glänzten.
"Sesshomaru..."
Es war nur ein schwaches Hauchen, das über ihre Lippen kam. Ihre Beine bewegten sich wie von selbst. Sie schien über den Boden zu schweben, so schnell stand sie vor ihm. Seine Rüstung war kaputt, sein Pelz war weg und sein Kimono war an der rechten Schulter und unterhalb der Rippen in Blut getränkt worden.
"Hast du ihn umgebracht?" fragte sie.
"Nein." antwortete er.
Sie lächelte schwach. "Dafür wärst du beinahe gestorben, du Idiot."
Mit Schwung warf sie sich in seine Arme. Er verzog das Gesicht. Das tat seinen Wunden nicht sonderlich gut. Beide kippten nach hinten und landeten im Gras.
Mizu grinste breit, während sie sich das stumm mit ansah. Aber dann hellte sich ihr Gesicht auf.
"Akira!" Die Formenwandlerin stürmte zu ihm. Er stand etwas verwirrt hinter den zwei Hübschen, die auf dem Boden lagen.
"Du hast es geschafft." meinte sie.
"Hattest du etwas Anderes erwartet?" erwiderte er.
Sie senkte verlegen den Kopf. Was sollte sie jetzt tun? Bei Kagome sah das so einfach aus... Doch das Problem wurde schneller gelöst, als sie gedacht hatte.
"Mizu." Akira flüsterte ihren Namen, während er sie an der Taille packte und zu sich zog.
"W-Warte! I-Ich...!"
"Ich liebe dich."
Eine knallrote Rübe antworte seinem Liebesgeständnis. Er grinste.
"I-Ich dich auch." murmelte sie.
Dann besiegelten sie die eben gesprochenen Worte mit einem Kuss.
Ein dumpfes Stöhnen kam über seine Lippen. Nur mühsam schaffte er es seine Augen zu öffnen. Er war so unglaublich müde. Am liebsten wäre er einfach eingeschlafen... Doch der Wille weiterzuleben war stärker, als die Müdigkeit, die seinen Körper durchflutete. Obwohl seine Atmung bedrohlich flach war, kletterte er aus dem Graben heraus.
"Sie sind weg... War ja zu erwarten."
Keuchend stand er auf, aber seine Beine knickten wieder ein. Er sank auf die Knie. Sein Schwert lag noch im Gras. Zum Glück war es nicht zerbrochen. Nicht auszudenken, wenn es kaputt gegangen wäre...
>Warum freue ich mich eigentlich so? Wenn Onigumo von meiner Niederlage erfährt, dann bin ich des Todes.<
Jeromy seufzte leise. Es brachte ja doch nichts. Er musste zurück, sonst würde er verbluten. Obwohl, was war der bessere Tod? Verbluten oder von Inuyashas Klauen zerrissen werden? Er konnte sich nicht entscheiden. Eigentlich würde er gerne noch etwas länger leben.
>Jetzt steht es unentschieden. Wir haben zwei Geiseln und die Nervensägen haben unsere Armee geschlagen.<
"Halt schon still."
"Das tut aber weh!"
"... Vorhin hat sich das anders angehört."
"Wo ist eigentlich DEIN Akira?"
"MEIN Akira?"
"Ich habe sehr wohl mitbekommen, wie ihr euch geküsst habt."
Mizu wurde schon wieder rot. Es war ja nicht ihr erster Kuss gewesen.
"Und wo ist DEIN Sesshomaru?" konterte sie schnell.
"In seinem Zimmer. Ich besuche ihn gleich."
Anders als die Formenwandlerin, strahlte Kagome über das ganze Gesicht. Sie war noch nie so glücklich gewesen.
"Du Grinsebacke."
"Hi, hi!"
"Dann geh mal zu ihm."
"Mizu."
"Hm?"
"Und du gehst du Akira!"
Ein Nicken war die Antwort.
>Ach ja... So schüchtern war ich auch mal. Aber jetzt ist mir klar geworden, dass man nur einmal lebt und wie schnell das Glück enden kann.<
Sie betrat den Flur. Nur wenige Schritte trennten sie von Sesshomarus Gemach. Vorsichtig klopfte sie an, bekam aber keine Antwort.
>Ist er doch nicht da?< Sie schob die Tür einen Spalt breit auf. Der Lord lag jedoch nicht im Bett, sondern stand auf dem Balkon.
"Komm rein." Seine tiefe, weiche Stimme bescherte ihr Gänsehaut.
Sie schloss so leise es ging die Tür hinter sich. "Was hast du?"
Er sagte nichts. Sein Blick war in die Ferne geschweift. Schweigend stellte sie sich neben ihn.
"Darf ich deine Hand halten?"
"Seit wann fragst du?"
"Seit du so komisch guckst."
"Wie gucke ich denn?"
"Komisch halt."
Der Silberhaarige zog die linke Augenbraue hoch. "Aha."
Eine Windböe sorgte für etwas Abwechslung. Kagome holte tief Luft. Warum war er auf einmal so distanziert? Hatte das etwas mit Inuyasha zu tun?
"Du hast ihn doch nicht umgebracht."
Sesshomaru sah sie verwundert an. "Aber ich habe ihn im Stich gelassen."
"Nein, du hast ihn gerettet. Ich wusste ja nicht, dass du Bruderliebe entwickelt hast."
>Bruderliebe? Ich weiß nicht...< dachte er.
Die Miko lehnte sich an seine warme Schulter.
"Morgen beginnt der richtige Krieg, nicht wahr?" fragte sie.
"Ja."
"Aber dieses Mal kämpfen wir zusammen!"
Er gab ihr daraufhin einen sanften Kuss auf die Stirn. Nichts und niemand würde sie mehr trennen. Nicht einmal Onigumo bzw. Naraku.
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Ich hoffe, dass das Kapitel nicht zu kurz wird<.< Nach langer Zeit kam ich endlich dazu mal wieder eins zu schreiben... Gefällt es euch? Das Wiedersehen war schließlich längst überfällig^^ Bald beginnt der Krieg. Dann kämpfen Westen gegen Osten. Was Jeromy angeht, er wird noch einen "Spurwechsel" machen...
Danke, dass ihr gewartet habt! Ich hoffe, dass ihr mir treu bleibt>.< Eine ZP in Mathe steht noch an und im Juni ziehe ich um... Stress pur! Aber ich schreibe weiter, versprochen!
HEGDL
*euch knuddel*
SessFluff
