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Druiden

von

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das Ritual

Meine Mutter wartete bereits auf mich als ich aus der Schule kam. Alles, was ich brauchte, hatte sie bereits zusammengepackt. „Hier bitte. Viel Glück, Schätzchen.“, lächelnd reichte sie mir ein Kristallkügelchen und eine Transportkarte. Ich nahm beides entgegen und legte meine Tasche ab. Dann hielt sie mir meinen Umhang hin. Vorsichtig schlüpfte ich hinein. Wie lange war es her, dass ich ihn zuletzt getragen hatte? Sicherlich ein gutes Jahr. Wir hatten schon länger keine Clanversammlung mehr gehabt. Ich streifte mir die Kapuze über. Meine Mama trat ein Stück zurück. Dann hielt ich die Karte vor mich und murmelte den auslösenden Spruch. Vor mir verzerrte sich der Raum, Stimmen drangen aus dem Dimensionsriss. Ein letztes Mal blickte ich noch zu meiner Mutter, wobei ich mir ein Lächeln abrang. Dann trat ich durch das Portal.

Kaum eine Sekunde später stand ich schon inmitten eines Kreises aus großen Steinen, die ein bisschen an Stonehenge erinnerten. Vor mir war ein mit hüfthohem Gras bewachsener Hügel, um mich herum Wald. Hier war es bereits Abend. Zielsicher bestieg ich den kleinen Abhang, hinauf zu dem mittelgroßen Lagerfeuer, um das herum das Gras kaum 4 Zentimeter hoch war. Die anderen Druiden meines Clans standen schon alle in einem geradezu perfekten Kreis dort oben um das Feuer. Genau wie ich erwartet hatte, waren sie alle wahnsinnig steif. Sobald sie die Umhänge trugen, waren alle wie ausgewechselt. Die Tradition war heilig. Wenn die Umhänge getragen wurden hieß es immer: Ordnung und Disziplin!

Als ich bei dem Lagerfeuer angekommen war, streiften alle die Kapuzen ab. Nur ich nicht. Ich musste sie aufbehalten, bis die Weisen mir befahlen das Gegenteil zu tun. Schweigend öffnete sich der Kreis. Ich trat ein, wobei ich einen kurzen Blick auf meinen Lehrer erhaschte. Sein altes Gesicht mit der pergamentartigen, etwas dunkleren Haut und dem langen weißen Bart sah aus als sei sie aus Stein gemeißelt. Er erfüllte wirklich jedes Klischee eines klassischen Druiden.

Vor dem mit Kräutern bedeckten Altar blieb ich stehen. Die drei Weisen meines Clans traten vor. Auch drei Weise eines anderen Clans, die bestätigen sollten, dass ein junger Druide ein anerkanntes Clanmitglied wurde. Das war ebenfalls Tradition. Einer meiner Clanweisen bedeutete mir vorzutreten. Ich tat wie mir befohlen, den Blick stets auf den Altar gerichtet. Die Weisen begannen eine Zauberformel zu sprechen. Die anderen Druiden fielen mit einem Singsang in die Formel ein. Das Lagerfeuer griff auf den Altar über und setzte die Kräuter in Brand. In den Flammen leuchtete das Emblem meines Clans auf: eine Sanduhr.

Der Singsang brach ab, die Weisen hatten ihren Zauber vollendet. Jetzt war ich an der Reihe. Mit einer einzigen kurzen Handbewegung teilte ich das Feuer, sodass einer meiner Clanweisen den kleinen kristallenen Sanduhranhänger aus dem lodernden, rotorangen Schleier holen konnte. Durch eine weitere Geste löschte ich die Flammen auf dem Altar ganz. Nur einen Funken ließ ich bestehen. Exakt in der Mitte des Altars. Die Weisen schlugen ihre Zeichen, dann trat einer von ihnen vor. Ich schloss die Augen. Er legte mir die Kette um und wich wieder an seinen Platz zurück. Wieder nutzte ich meine Hände. Dieses Mal entfachte ich das Feuer auf dem Altar jedoch neu. Eine weiße Sanduhr leuchtete kurz darin auf, verschwand dann aber wieder.

„Nimm die Kapuze ab!“, befahl mir einer der Weisen. Ich gehorchte. „Artemis“, sprach einer der Weisen des anderen Clans: „Hiermit bestätigen wir, dass du ein vollwertiger Druide bist, der sich der Ehre seines Clans als würdig erweist.“

Ich konnte es kaum fassen. Ich war tatsächlich ein richtiger Druide! Ich hatte meine Ausbildung abgeschlossen! Auch wenn ich um die Schattenseite dieses Daseins wusste, so konnte ich doch nicht ganz an mich halten, jetzt wo es soweit war. Nun lastete eine Bürde auf mir, die schwerer war als die, die ich bisher tragen musste, doch auch wenn ich mich ein wenig davor gefürchtet hatte, freute ich mich in diesem Moment.

Nachdem die Abschlussprozedur vollzogen war und die meisten Druiden bereits an den Ort zurückgekehrt waren, den sie zu Hause nannten, nahm mich mein Lehrmeister noch einmal bei Seite. „Artemis, ich möchte dir gratulieren. Aber sei dir bewusst, dass dein Status noch nicht sicher ist. Du darfst dir keine Fehler erlauben, denn die richtige Prüfung ein vollwertiger Druide zu werden liegt noch vor dir.“, sein Tonfall war bierernst. Allerdings hatte er mich doch ein wenig irritiert: „Ich verstehe nicht ganz. Es gibt noch eine Prüfung?“ Er nickte. „Aber du musst ihrer selbst gewahr werden. Nun geh zurück zu deiner Mutter. Sie wartet schon ungeduldig auf dich.“ Mit diesen Worten schubste er mich in Richtung Steinkreis und verschwand. Über diese mysteriöse weitere Prüfung nachdenkend schritt ich durch das geöffnete Portal.

Nur einen Wimpernschlag später stand ich wieder im Foyer. Mama lief sofort auf mich zu und umarmte mich stürmisch. Ins solchen Momenten benahm sie sich wie ein unreifer Teenie … Eigentlich so, wie ich mich verhalten sollte. Wenn ich ein Mensch gewesen wäre. „Mama, du erdrückst mich …“, ich versuchte mich aus ihrer Umklammerung zu befreien.

„Entschuldige, Artie-Schätzchen, aber ich bin so stolz auf dich! Komm, jetzt essen wir erst mal was!“ Endlich ließ sie mich los und ich bekam wieder Luft. Mutter wirkte wirklich sehr jugendlich. Es war schon vorgekommen, dass man sie für meine große Schwester hielt.

Während des Essens fragte sie mich über das Ritual aus. Aber ich konnte ihr nicht alles erzählen, denn auch das gehörte zur Tradition. Ich konnte ihr wohl die Kette mit der kristallenen Sanduhr zeigen. Das tat ich auch. Diese Kette würde ich fortan immer bei mir tragen. Allerdings nicht sichtbar, denn ich war nicht scharf darauf mit einem Besessenen Bekanntschaft zu machen.



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