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Zwiegespalten

Duo cum faciunt idem, non est idem.
von

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Step 3

Kapitel 3
 

Keika betrat den großen hellen Raum, den sich die Feldmarschälle und Kommandeure aus Teious Regiment als Büro teilten. Mit beiden Armen hielt er einige Bücher und Akten, die er zur Bearbeitung weitergeben wollte. Er nickte einem Soldaten zu, der ihm in der Tür entgegen kam und bahnte sich seinen Weg zwischen einigen Stühlen und Tischen hindurch.

„Bitte sag mir, dass das nicht alles für mich ist“, die Stimme, die vom anderen Ende des Raumes kam, klang resigniert und nicht sonderlich erfreut über einen weiteren Berg Arbeit.

„Was willst du denn sonst machen? Zurzeit stellst du anderweitig leider keine große Hilfe dar.“ Keika lachte leise und legte seinen Papierstapel auf dem Schreibtisch ab, bevor er sich davor setzte und Kuja betrachtete.

Der Blonde saß mit verschränkten Armen in seinem Sessel und betrachtete den Stapel ein wenig missmutig. Sein linkes Bein hatte er auf einem Hocker hochgelegt. Er hatte es sich bei seinem Trainingskampf gegen Teiou recht kompliziert gebrochen. Hinzu kamen einige Rippenbrüche, die auch noch nicht ganz abgeheilt waren und eine Gehirnerschütterung. Er konnte von Glück sagen, dass er sich nicht noch mehr getan hatte. Allerdings war er im Moment nicht für Wachdienste geeignet, da er nur mit Hilfe eines Stockes umherhumpeln konnte, und musste daher die Schreibarbeit für einige andere mit machen.

„Naja, ich wüsste da so einiges. Aber wenigstens hast du die Sachen gebracht und nicht Teiou-sama.“ Er seufzte leise, während er sich eine Mappe vom Tisch angelte und kurz rein sah. Keika wusste, dass Kuja Teiou in letzter Zeit lieber mied, was nur verständlich war.

„Ist wenigstens ein bisschen was interessantes dabei?“ Hoffnungsvoll blickte er zu Keika auf, der nur mit den Schultern zuckte. „Ich glaube da ist nichts wirklich Neues mit bei, so wie letzte Woche.“

Als Kuja sich in seinen Sessel zurückfallen ließ und die Augen theatralisch verdrehte, musste er unwillkürlich lächeln. Der blonde Kommandeur war schon ein lustiger Kerl, fast so wie Teiou. Allerdings hatte Teiou seine amüsanten Charakterzüge in letzter Zeit wohl gänzlich verloren. Keika wusste nicht, wie lange er Teiou so noch ertragen würde, bis er sich entschloss ihn zu verlassen. Er hatte schon mehrmals daran überlegt, aber konnte sich nie dazu durchringen. Vielleicht sollte er einige Tage in den Himmelsturm, weg von Teiou und mit anderen Dingen beschäftigt zu sein, die ihn ablenkten, wäre vielleicht ganz gut. Wäre das eine Lösung bis Teiou wieder normal war, oder aber er eine Idee hatte, wo er sonst hin sollte, wenn er nicht bei Teiou blieb?

„Dann erzähl mir wenigstens mal was interessantes, wo du schon hier bist. Tee kannst du dir auch nehmen. Da drüben steht welcher. Ich würde dir ja welchen holen, aber leider …“ Kujas Worte holten ihn aus seinen Gedanken zurück und er drehte sich in die Richtung, wo Kuja erst zur Teekanne deutete und dann mit einer wilden Grimasse auf sein kaputtes Bein.

„Danke.“ Er stand kurz auf um sich einen Becher zu holen, bevor er sich wieder zu Kuja setzte, der ihn erwartend ansah. Anscheinend wollte er den neusten Klatsch hören, den man im Dienst so auf den Straßen aufschnappte. „Ich habe nichts Neues gehört. Die wirklich interessanten Sachen hast du sicher schon von den anderen Marschällen erfahren. Viel mehr habe ich auch nicht mitbekommen.“ Er lächelte entschuldigend. In letzter Zeit hatte er einfach keinen Nerv für derlei Dinge. Es gab viel Wichtigeres zum nachdenken, als den Klatsch aus dem Vergnügungsviertel. Dinge, die ihn selbst betrafen …

„Stimmt es denn, das Teiou-sama für den Osten beim Turnier des Himmelsturms antreten wird. Ich habe gehört der Tenno hätte ihn als Vertreter des Königshauses gesetzt.“

„Teiou ist gesetzt?“ Überrascht sah Keika den Blonden an, der anscheinend erstaunt war, dass Keika nicht bescheit wusste. „Redet ihr überhaupt noch miteinander, dass du das nicht weißt? Ich bin mir sehr sicher, dass Teiou-sama antreten wird. Die armen Gegner …“

Keika schüttelte seufzend den Kopf. „Wir reden gar nicht mehr“, gab er leise zu. „Zu Hause geht er mir aus dem Weg und ich bin irgendwie froh darüber, leider. Hier versuche ich alles zu seiner Zufriedenheit zu erledigen, um nicht unnötig in sein Schussfeld zu gelangen. Wirklich reden, kann man das nicht nennen. Entweder er blockt ab, oder aber er lässt mich nicht zu Wort kommen.“

Während er sprach hatte er auf den Boden gesehen. Kuja nickte verständnisvoll, auch wenn er bei weitem nicht wusste, wie weitreichend Teiou sich verändert hatte, war doch Kuja derjenige, der es am eigenen Leib zu spüren bekommen hatte. Trotzdem war es für Keika noch etwas anderes. Kuja mochte ihn teilweise verstehen, aber bei weitem nicht alle seine Probleme.

„Er nimmt also teil?“ Fragend sah der Dämon sein Gegenüber an, der nun nickte. „Klar. Shoou-dono wäre doch schön blöd, wenn er nicht den besten Krieger seines Landes an dem Turnier teilnehmen lassen würde. Wie gesagt: Mir tun nur die Gegner leid. Die werden sicher nicht nur mit einem blauen Auge davonkommen, wenn er so drauf ist wie an dem Tag, als er mich in der Mangel hatte.“ Wieder einmal deutete Kuja auf sein Bein, um zu verdeutlichen von welchem Ereignis er hier sprach.

Nachdenklich nickte Keika. „Bishao Santo-sama wird sicher auch teilnehmen. Gegen den hat sogar Teiou Mühe, wie ich gehört habe. Letztes Mal war es wohl unentschieden. Und du musst zugeben, dass der Tenno des Nordens sicher stärker ist als du, Kuja.“ „Ja, aber trotzdem: Wenn Teiou-sama so drauf ist wie im Moment, dann werden es alle schwer haben, egal wie stark sie sind. Der General wird sie alle einzeln auseinandernehmen.“

Keika sah Kuja im ersten Moment beinahe fassungslos an, als dieser das sagte. Allerdings hatte Kuja sicher nicht ganz unrecht. Teiou war im Moment zu Dingen imstande, die man eigentlich für unmöglich hielt. Sein Verhalten war kaum vorherzusehen. Meist tat er genau das, was am abwegigsten erschien. Sogar im Gaiten Schloss sprach man wieder einmal über die Eskapaden des jüngsten Prinzen. Eigentlich war es um Teiou im letzten halben Jahr eher ruhig geblieben, wenn es sich nicht gerade um militärische Erfolge handelte. Jetzt lebten die Gerüchte und wilden Geschichten wieder auf und das Schlimme war, dass sie der Wahrheit nicht einmal im Ansatz gerecht wurden.

„Was ist denn hier los? Teekränzchen? Du wolltest doch heute so viel schaffen, Kuja.“

Ein groß gewachsener junger Mann trat grinsend ein. Seine braunen Haare hingen ihm etwas wirr ins Gesicht und er sah im Allgemeinen etwas zerzaust aus. Anscheinend hatte er gerade einen längeren Flug hinter sich.

„Feldmarschall“, begrüßte Keika den Eingetretenen kurz nickend.

„Kilian! Ich mache nur eine kurze Pause und lasse mir einen aktuellen Stand der Dinge geben“, rechtfertigte sich Kuja und hob kurz zwei Mappen mit Papieren in die Höhe. „Deinen Kram habe ich schon durch.“

Kilian lachte, zog einen Stuhl zu Kujas Schreibtisch heran und setzte sich dazu. „Vielen Dank, Kommandeur, das habe ich ja auch erwartet.“ Grinsend und mit neckendem Unterton in der Stimme nahm er Kujas Arbeit an sich und schaute in die Runde. „Und worum geht es? Um den Vorfall mit den Schrammdämonen gestern?“

Fragend zog Keika die Augenbrauen hoch, während Kuja es sich in seinem Sessel bequem machte und den Feldmarschall erwartend ansah. „Was für ein Schrammdämon? Schieß los, ich kenne die Geschichte noch nicht und Keika dem Anschein nach auch nicht.“ Er sah kurz zu dem silberhaarigen Dämon, der nun auch darauf wartete, dass Kilian fortfuhr.

„Also: Ihr habt doch sicher von den Schramm gehört, die vor ein paar Tagen in der Nähe von Vo à Grey gesichtet wurden. Die, die man dann aus den Augen verloren hat. Gestern hat man sie wiedergefunden, in der Nähe der Hauptstadt, in den großen Wäldern. Sie wurden wohl bei einer Patrouille entdeckt, die eigentlich auf der Suche nach Schmugglern war und dafür ist unser Generalfeldmarschall zuständig.“

Er machte eine kurze Pause und sah die beiden anderen an, die ihm bisher gebannt zugehört hatten. „Teiou ist gestern Nachmittag irgendwohin verschwunden.“ Warf Keika ein und Kilian nickte.

„Ja, Teiou-dono wurde informiert und er war auch ziemlich schnell da. Allerdings ohne die notwendige Verstärkung. Er hat auch alle anderen anwesenden Soldaten weggeschickt, die bereits die nötigen Vorkehrungen getroffen hatten, um die Schramm zu vernichten, oder wenigstens einen. Letzten Endes hat der Generalfeldmarschall sie entkommen lassen.“

„Er hat was?“ Ungläubig starrten Keika und Kuja den jungen Feldmarschall an. „Das ist unmöglich. Teiou-sama würde nie einen Dämon entkommen lassen. Dazu ist selbst er viel zu pflichtbewusst!“ Kuja war sehr entrüstet und wäre beinahe aufgestanden, wenn ihm nicht noch früh genug sein gebrochenes Bein eingefallen wäre, so dass er das bleiben ließ.

„Ich war nachher noch mal an der Stelle. Es waren nur noch ein paar Wurzeln übrig und ein Krater. Ich nehme an, der Dämon hat sich eingegraben. Einer der Soldaten hat mir gesagt, dass Teiou-dono seltsame Dinge gesagt hätte, als er mit den Dämonen alleine gewesen war und sein Angriff vermutlich absichtlich nicht richtig traf. Tatsache ist, dass mindestens einer der Schramm noch existiert, wenn nicht sogar alle drei noch. Der Tenno ist über diese Entwicklung wohl auch schon unterrichtet.“

Seufzend fasste dich Keika an die Stirn und schloss die Augen. Das durfte doch nicht wahr sein. Wenn Teiou jetzt schon Dämonen einfach laufen ließ und dafür lieber seine Kräfte an seinen Soldaten ausließ, dann wurde es Zeit für ein Absetzungsverfahren. Teiou missbrauchte seine Amtsgewalt und lange würden sich das seine Brüder nicht ansehen. Mit Sicherheit war er den Posten als Generalfeldmarschall bald los. Solche Patzer durfte Teiou sich einfach nicht erlauben, wo Shoou und Koo nur darauf lauerten, dass sie ihn aus welchem Grund auch immer absetzen und sich seiner entledigen konnten.

Kuja und Kilian diskutierten noch angeregt über den Vorfall, während Keika schwieg und sich seine eigenen Gedanken dazu machte. Es musste was passieren und zwar bald. Sehr bald.

„Keika-dono, Generalfeldmarschall Teiou-dono verlangt nach Ihnen.“ Ein Botenjunge war in der Tür aufgetaucht und verneigte sich eingeschüchtert vor den drei höhergestellten Befehlshabern. Kuja und Kilian schauten nur kurz auf, bevor sie sich wieder dem Schrammthema zuwandten und Keika nur kurz bedauernswert zunickten, als dieser aufstand, seine Uniform glatt strich und dem Jungen folgte.

Was würde ihm wohl jetzt wieder bevorstehen?
 

*~*~*~
 

Müde lag er auf dem Sofa und dachte über den vergangenen Tag nach. Teiou hatte ihn den Nachmittag über noch ziemlich getriezt, herumgescheucht und mit vielen abwegigen Aufgaben bedacht. Jetzt war er froh, dass er ein wenig Ruhe hatte, bis morgen früh jedenfalls.

Seit einiger Zeit schon schlief er nicht mehr bei Teiou im Bett. Er hatte Angst vor ihm, auch wenn es schwer war sich das einzugestehen. Die Nächte verbrachte er auf der Couch, was zwar unbequemer war, aber er fühlte sich sicherer. Außerdem versuchte er möglichst erst einzuschlafen, wenn Teiou schon schlief und vor ihm wieder wach zu sein.

Über ihm gurrte es leise. Hyogyouku hatte es sich auf der Lehne bequem gemacht, plusterte sich auf und steckte den Kopf zum schlafen unter den Flügel. Keika wusste, wenn er einschlief, würde es keine fünf Minuten dauern, dass der Vogel seine Position wechselte und es sich auf ihm bequem machte. Das war zumindest seine Theorie, warum er ständig blaue Federn in den Haaren hatte, wenn er wach wurde.

Draußen verschwand das letzte Licht der untergehenden Sonne. Nachdenklich lag er noch eine ganze Weile wach. Teiou war erst sehr spät heim gekommen. Er war froh gewesen, dass sie sich nur noch kurz begegnet waren und Teiou gleich im Schlafzimmer verschwunden war. Woher Teiou so spät noch kam konnte er nur erahnen. Der Prinz hatte nach Alkohol, Parfum und Rauch gerochen. Wahrscheinlich hatte er den Abend in einem der vielen Teehäuser im Vergnügungsviertel verbracht.

Müde drehte er sich auf die Seite, zog die Decke über sich und betrachtete die Sofalehne. Eigentlich wollte er sich gar keine Gedanken um Teiou machen, um selber endlich wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen, aber es wollte ihm nicht wirklich gelingen. Es dauerte eine ganze Weile, bis er die Gedanken an Teiou und dessen seltsames Verhalten verdrängen konnte und endlich einschlief.
 

*~*~*~
 

Hyogyoukus Gezeter ließ ihn aufschrecken. Der kleine Vogel flatterte von seinem Schlafplatz, den er sich in Keikas Haaren gebaut hatte, aufgeregt auf die Sofalehne und schimpfte vor sich hin. Dabei starrte er auf einen Schatten, den Keika, noch völlig verschlafen, erst nach und nach als Teiou wahrnahm.

Der Dunkelhaarige hockte vor dem Sofa. Langsam nahm er seine Hand zurück, mit der er anscheinend eben noch durch Keikas Haare gestrichen und dabei Hyogyouku aufgeschreckt hatte. Jetzt betrachtete er Keika mit sanftem, aber müdem Blick.

„Warum kommst du nicht ins Bett?“

Die Frage verwirrte Keika. Auch die ganze Art, wie Teiou sich ihm gegenüber plötzlich wieder verhielt, kam ihm seltsam vor. Er klang so ruhig und aufrichtig, ganz anders als in den letzten Wochen.

„Ich … ich muss wohl ausversehen eingeschlafen sein“, murmelte er leise. Dabei sah er Teiou in die Augen. Der Prinz wandte seinen Blick diesmal nicht gleich ab, wie er es in den letzten Wochen sonst immer getan hatte. Sein Blick wanderte nur flüchtig zu der Decke, unter der Keika noch halb lag und zu Keikas Kissen, dann betrachtete er den Dämon wieder und lächelte leicht. Keika wusste nur zu gut, dass seine Ausrede vermutlich nicht sonderlich glaubwürdig war und Teiou ihm das „einfach Eingeschlafen“ auch nicht abkaufte. Aber Teiou sagte nichts mehr dazu.

Eine Weile schwiegen sie sich an. Teiou hockte weiter auf dem Boden vor ihm und er lag mehr oder weniger auf der Couch.

„Irgendwas beschäftigt dich doch. Keika, was macht dir Sorgen?“

Teiou legte den Kopf leicht schräg und musterte ihn erwartend, wie er es immer tat, wenn er neugierig war. Was sollte er darauf antworten? Die ganze Situation hier schien im Vergleich zu den letzten Wochen so irreal. Tat Teiou nur im Moment so naiv, oder hatte er echt keine Ahnung, was in ihm vorging, was ihn beschäftigte? Oder träumte er das alles hier einfach nur?

„Du! Du machst mir Sorgen!“ Mit einem Mal saß er aufrecht auf der Couch. „Wie konntest du so mit Kuja umspringen? Was ist los mit dir Teiou?“

Ehe Keika es realisierte hatte er Teiou doch gesagt, was ihn beschäftigte. Was kam jetzt? Was würde Teiou jetzt erwidern, oder mit ihm anstellen? Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. So ruhig, wie er jetzt gerade schien, war Teiou sicher nicht. Gleich würde er ausrasten, mit Sicherheit würde er das …

Nichts dergleichen passierte. Der Dunkelhaarige setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und lehnte sich an den Sessel, der hinter ihm stand.

„Die Sache mit den freien Tagen, die ich ihm gestrichen habe? Glaub mir, Ayame hat mir deswegen schon die Hölle heiß gemacht, aber es ging nicht anders. Er kriegt sie ja auch irgendwann frei, wenn weniger zu tun ist und ich ihn nicht so dringend brauche.“

Völlig verdattert saß Keika da und starrte Teiou an. Was erzählte der da? Es dauerte eine ganze Weile bis er wusste, wovon der Prinz da redete. Der Vorfall war schon mindestens zwei Monate her. Kuja hatte einige freie Tage haben wollen, um mit seiner Verlobten Ayame ein wenig aus der Stadt rauszukommen und deren Familie zu besuchen. Eigentlich hatte Teiou diese genehmigt, musste das allerdings rückgängig machen, weil sehr viel zu tun war und er alle führenden Feldmarschälle und Kommandeure benötigte. Eigentlich war die junge Frau eher ruhig, aber in dieser Situation hatte sie so impulsiv reagiert, dass Teiou den Kürzeren gezogen hatte. Die ganze Kaserne hatte in den folgenden Tagen noch darüber gelacht, wie Ayame Teiou zusammengefaltet hatte.

„Ist was?“ Teious Worte besannen ihn wieder auf die Gegenwart. Schnell schüttelte er den Kopf. Es war sicher keine gute Idee ihn jetzt darüber aufzuklären, dass er von was ganz anderem sprach. Er musste sich erstmal selbst darüber klar werden, ob Teiou ihm hier etwas vorgaukelte oder ob er wirklich nicht wusste, was er mit Kuja angestellt hatte.

„Was trinkst du da?“ Mit fragendem Blick musterte Keika das Glas, das Teiou vom Tisch genommen hatte und nun daraus trank. Er hatte es vermutlich aus der Küche geholt, bevor er Keika aus Versehen geweckt hatte. In dem wenigen Licht der flackernden Kerze, die Teiou auf seinem Streifzug durchs Haus wohl mitgenommen hatte, wirkte die Flüssigkeit sehr dunkel und er konnte nicht erkennen, was es sein könnte.

„Pflaumenwein aus dem Süden. Willst du probieren?“ Wieder schüttelte der Dämon den Kopf, woraufhin Teiou nur mit den Schultern zuckte und das Glas leerte.

„So wie du riechst ist das auch nicht dein erstes Glas.“ Der Geruch nach Teehaus haftete immer noch an ihm und Keika konnte diesen allzu deutlich wahrnehmen. Teiou grinste leicht. „Nein, aber ich bin nicht betrunken, Keika, noch nicht. Außerdem betäubt es den Kopfschmerz. Wo dein Mittel ja schon nicht hilft … und ich muss wenigstens ein bisschen klar denken können, wenn in ein paar Tagen das Parlament zusammentritt und ich meinen Brüdern begegne.“

„Parlamentssitzung?“

Es dauerte einen Moment bis Keika realisierte, dass er Teiou mit offenem Mund anstarrte. Ihm war keine Sitzung bekannt und er kannte den Sitzungsplan des Parlaments, da er Teiou ja immer an solche Dinge erinnern durfte. Nicht einmal eine außerplanmäßige Sitzung stand an. Da war er sich vollkommen sicher. Die letzte Sitzung hatte an dem Tag stattgefunden, an dem Teiou Kuja im Kampf schwer verletzt hatte und das hieß, dass der Prinz sich anscheinend nicht einmal annährend an die Ereignisse und seine Taten in den letzten zwei Monaten erinnerte.

„Ja, sag bloß, du hast sie vergessen. Es geht sicher wieder um das Übliche. Da kommen die ganzen alten Knacker, wir besprechen irgendwas, ich komme nicht zu Wort und darf dann den Mist ausbaden, den die beschließen. Wie immer. Aber diesmal habe ich an die Sitzung gedacht, im Gegensatz zu dir.“ Schatten flackerten über Teious Gesicht, während er beinahe triumphierend lächelte und auch Keika musste lächeln. Es war schön so unbeschwert mit Teiou zu sprechen, auch wenn dieses Gespräch bei ihm noch so viele neue Fragen aufwarf.

„Und das Turnier des Himmelsturms? Ich hab heute gehört Shoou-sama hätte dich als einen der Vertreter des Ostens aufgestellt.“ Er stellte die Frage nicht ohne Hintergedanken. Zwar war er sich schon fast sicher, dass Teiou sich an die letzten Wochen nicht erinnerte, aber er wollte doch sichergehen.

„Er hat mich gesetzt? Es dauert doch noch eine halbe Ewigkeit bis zum Turnier. Normalerweise benennt er die Teilnehmer doch immer nur ein oder zwei Wochen vorher. Und wer weiß schon, ob er bis dahin nicht noch wen besseres findet. Wobei – selbst mein Bruder muss zugeben, dass ich im Umgang mit dem Schwert so gut wie unschlagbar bin. Das kann er selbst als Tenno nicht ändern.“

Teiou lachte leise, dann legte er den Kopf leicht in den Nacken, streckte sich ausgiebig und gähnte.

„Und jetzt rutsch mal ein Stück. Wenn du es schon nicht bis ins Bett schaffst, dann lass mir wenigstens genug Platz, dass ich auch hier schlafen kann.“

Ein wenig abwesend machte Keika dem Dunkelhaarigen Platz, der die Kerze ausblies und sich dann zu ihm aufs Sofa hochzog, neben ihn legte und ihn in die Arme schloss. Er sog Teious Geruch und den Duft von Alkohol, der noch an ihm haftete, tief ein. Er spürte, wie Teiou ihn sachte auf die Wange küsste und eng an sich drückte, bevor er ihm leise eine gute Nacht wünschte.

Es war eine seltsam verquere Situation, die Keika noch vor einigen Stunden nicht für möglich gehalten hätte. Jetzt fühlte es sich so irreal und doch richtig an, dass er das Gefühl hatte zu träumen und aus diesem Traum wollte er nicht aufwachen. Alle Gedanken, die ihm eben noch durch den Kopf gegangen waren hatten sich einfach so verflüchtigt. Er würde auch morgen noch darüber nachdenken können. Jetzt war erstmal wichtig, dass Teiou bei ihm und alles beinahe normal war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yolei
2009-02-07T22:28:55+00:00 07.02.2009 23:28
@leximon: ach quatsch! das ist der dämon in seiner stirn, der ihn zu diesen fiesling macht und kontrolliert!

ich LIEBE deine stories!
die charaktere handeln in deinen ff immer genauso, wie sie auch 'in echt' hamdeln würden!
und dein schreibstil ist auch gut zu lesen!
ich hoffe du brichst diese ff nicht auch ab...
das fände ich nämlich seeeeehr schade! ehrlich!

übrigends schreibe ich üblicherweise nicht gerne kommentare... meistens kommen eh die alten schinken... (du kennst das sicherlich)
naja... bei dir mach ich aber mal ne ausnahme ^.~
lass dir bitte nicht allzu viel zeit mit dem nächsten kapitel...

lg yolei
Von: abgemeldet
2009-02-02T17:32:01+00:00 02.02.2009 18:32
Also ich würd ja behaupten, der gute Teiou hat sich ne gespaltene Persönlichkeit eingefangen - inklusive Gedächtnisverlust o_O
Meine Güte, das wird ja immer spannender... ich warte ungeduldig aufs nächste Kapitel! *ningel*


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