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World of Faerûn - 6. Staffel

Awakening
von

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Folge 98: Falsche Legenden

[Folge 7: Falsche Legenden]
 

Eine düstere Stimme durchzog ein unterirdisches Gewölbe, die gerade zu wahnhaft immer wieder dieselben mystischen Worte sprach. Umringt von Runen und magischen Symbolen, die vom Boden aus leuchteten, verharrte eine Gestalt im Zentrum eines riesigen Raumes. Seine Augen hielt der bärtige Mann geschlossen und es schien so als musste er die Worte aus dem dicken Buch, das vor ihm auf einen kleinen Sockel lag, gar nicht mehr ablesen. Seine rote Magierrobe war mit feinen Stickereien übersäht, die sich bei genaurer Betrachtung als magische Runen heraus stellten, welche ihm zusätzlich Macht verliehen. Seine Arme hielt er zur Decke gestreckt, die erst viele Meter über ihm begann. Fackeln an den Wänden hielten das Szenario in einem dämmrigen Licht gebannt.

Obwohl der Mann nicht sehr leise sprach verstummte seine Stimme schlagartig als ein Flüstern zu ihm drang. Trotz dessen es nur ein Flüstern war, vermochte es den gesamten Raum für sich einzunehmen. „Nevrion … Nevrion.“, wisperte es ihm ins Ohr und es schien ihm nicht zu behagen, dass man ihm beim Namen rief. Hektisch sah er sich um, doch es war niemand zu sehen. Seine Blicke schweiften auf die Bannkreise, die er errichtet hatte. Normalerweise war ein einziger ausreichend, doch er hatte gleich vier erschaffen, die ihn schützen sollten. „Verschwindet! Verschwindet und lasst mich in Ruhe!“, erwiderte der Mann ins Nichts. Ein zwielichtiges Lachen ertönte, dass sich durch sein ganzes Knochenmark hämmerte. „Ihr könnt fliehen, aber Ihr könnt Euch nicht vor mir verstecken. Wir hatten eine Vereinbarung und ich mir werde holen was mir zusteht!“, sprach die Stimme aus dem Nirgendwo, nun in deutlicher Tonhöhe. Nevrion wurde nervös und blickte auf das uralte Buch vor sich. Er legte seine Hand darauf und atmete tief ein. „Diesen Preis werde ich niemals bezahlen, Dämon!“, gab er mit harter Stimme zurück, wenn gleich eine gewisse Angst aus seinen Augen sprach. „Wir werden sehen, wir werden sehen …“, hallte es zurück, bis die Stimme verstummte und Stille einkehr fand. Der Magier schluckte tief und sah zur Decke. „Was habe ich nur getan?“, dachte er mit reuevoller Stimme.
 

Folge 7: Falsche Legenden
 

Die Abenddämmerung hielt über einem kleinen Lager Einzug, das Ashtons Truppen aufgeschlagen hatten. An einigen Stellen waren Banner errichtet, denen der Magier sein eignes Wappen verliehen hatte. Es glich einem uralten Schriftzeichen, einer Glyphe aus der Vergangenheit.

Einige der Diener patrouillierten regelmäßig am Hauptzelt ihres Anführers vorbei, welches ohne direkte Bewachung blieb. Erste Fackeln waren angezündet worden um der nahenden Dunkelheit der Nacht Einhalt zu gebieten. Gleichzeitig half es Tiere aus den anliegenden Wald fernzuhalten.

Ashton studierte gerade im Hauptzelt eine Karte von der Gegend, als sein treuer Diener Daniel herein kam. Er wirkte etwas aufgeregt, während sein Gebieter ihn relativ unbedacht ansah. „Was gibt es? Sind Probleme bei der Errichtung der Barrieren aufgetreten?“, fragte er streng, was Daniel regelrecht zusammen zucken ließ. „N-Nein! Es ist … da ist jemand, der Euch sprechen möchte.“, antwortete er stotternd. Ashton runzelte die Stirn, denn bisweilen hatte sich noch nie jemand den Lager genähert, geschweige denn Kontakt mit ihm aufnehmen wollen. „Und wer?“, fragte er unverdrossen. „Sie … sie wollte mir ihren Namen nicht nennen. Sie ist unbewaffnet und wünscht ein persönliches Gespräch.“, antwortete er aufgeregt. „Eine Frau? Nun denn, schickt sie herein.“, erwiderte er argwöhnisch und klappte die Karte auf dem Tisch zu. „S-sehr wohl.“, gab Daniel zurück und eilte aus dem Zelt. Wenige Augenblicke später trat ein Mädchen ein, gekleidet als ob sie aus einer anderen Welt kam. Sie wirkte noch sehr jung und hatte ein beinah kindliches Gesicht und obwohl ihr Körperbau ihr ebenfalls ein jugendliches Aussehen gab, schätze Ashton sie auf Anhieb richtig ein. Er hatte nicht vergessen wer sie war. „Marian …“, sagte er mit finsterer Stimme. Der Blick des Mädchens war so entschlossen wie ihr ganzes Auftreten. Ohne ein Anzeichen von Furcht trat sie näher an ihn heran. „Ich sehe, Ihr erinnert Euch, Ashton Scu’l.“, antwortete sie bedacht. „Nun, ich bin gespannt zu erfahren was jemand wie dich zu mir führt.“, gab er schmunzelnd zurück und lehnte sich bequem in seinem Stuhl, die Finger ineinander gekreuzt. „Ich weiß was Ihr vorhabt und ich kann nicht zulassen dass Ihr Euer Vorhaben fortführt.“, erklärte sie, worauf Ashton in schallendes Gelächter ausbrach. Plötzlich verfinsterte sich seine Mimik und er beugte sie bedrohlich weit nach vorn. „All die Jahrtausende, eingepfercht in einem Gefängnis … da hat man viel Zeit um sich über einige Dinge Gedanken zu machen. Dir selbst ist die Gefahr, die diese Welt ausgesetzt ist doch bewusst, Mädchen. Nicht einmal dein jämmerlicher Meister konnte verhindern dass sich Zun wieder in dieser Welt manifestiert. Wenn Faerûn keine grundlegende Reinigung widerfährt ist diese Welt dem Untergang geweiht. Ich bin die letzte Chance für alles Leben und das weißt du, Marian! Warum stellst du dich also nicht auf meine Seite?“, erwiderte er ungehalten. „Ihr wollt hundertausende opfern um hundertausende zu retten … das war schon damals so, im Reich Nesseril. Doch heute wie damals werden Eure Pläne scheitern, Ashton. Deshalb appelliere ich an Euch, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten und das Leben von all den Unschuldigen zu verschonen. Ihr könnt noch umkehren und gemeinsam können wir …“, antwortete Marian mit flehender Stimme, bevor er sie lautstark unterbrach. „Schweig! Du und dein Meister hattet eure Chance! Und was hat es euch gebracht?! Adrian von Nesseril wurde aus sämtlichen Geschichtsbüchern gestrichen, er selbst von einer kleinen Elfe besiegt. Ihr seid so tief gesunken. Mein Name dagegen wird ewig weiter leben. Die Welt ist hart und grausam, egal wie sehr du dich davor verschließt. Du kannst nicht an die Menschheit appellieren das sie nett zueinander und die Finger von der Magie lassen sollen. Es ist das Schicksal dieser Welt von mir geführt zu werden – nur so hat Toril eine Zukunft.“, sagte er mit ausdrucksstarker Stimme. Enttäuscht senkte Marian ihren Kopf. „Dann habe ich mich getäuscht. Ich hatte gehofft zu dem Teil von Ashtons Seele durchdringen zu können, die Ihr verdorben habt, doch Euch fehlt wahrlich auch das letzte bisschen Verstand.“, gab sie in entsprechender Tonlage zurück. Als sie das Zelt verließ wusste sie, dass sie bei der nächsten Begegnung Feinde sein würden. Wie ein Geist verschwand sie in der Dunkelheit. Ashton sah ihr noch kurz nach, doch hegte er keinen Zweifel an seiner Unbesiegbarkeit.
 

Ratlos tunkte Shane ein Stückchen Brot in die Soße seines Mittagsmahls. Die Taverne in der man sich nieder gelassen hatte, mochte es zwar gutes Essen geben, aber selbst zur Mittagszeit war hier nicht viel los und nur am Tresen gab sich der ein oder andere Reisende einen Glas Met hin.

Die letzten Ereignisse schienen die Motivation der ganzen Abenteuertruppe schwinden zu lassen. Man hatte nicht den Hauch einer Spur, wo man mit der Suche nach weiteren Artefakten oder Schriftrollen beginnen sollte. Kyren wirkte in ein kleines Taschenbuch vertieft in dem zwar Informationen über den Tarraske selbst, aber weder zu dessen Standort noch zu dem Artefakt standen, das ihn zu vernichten vermochte. Atrix verlor sich wie üblich in Judys Ausschnitt, die hingegen verträumt aus dem Fenster sah. „Ob Nigel bald wieder kommt?“, fragte sie leise und wendete sich ihren drei Tischnachbarn zu. Er hatte versprochen Informationen zu beschaffen, die ihnen weiter helfen konnten, aber das war nun schon zwei Tage her.

Das Leben in der kleinen Stadt war langweilig. Shane vermied so oft es ging den Augenkontakt mit Kyren, nachdem er nach seiner Entzauberung vom Säugling neben ihr im Bett erwacht war und es für beide Seiten zu einer peinlichen Szene kam. Kyren hingegen versuchte die Tage mit magischen Studien zu überbrücken und Atrix versuchte sich als Elf bei der Damenwelt einen Namen zu machen. „Es ist seltsam das er schon so lange weg ist.“, merkte Shane an und nahm einen weiteren Bissen zu sich. „Wenn wir nicht bald eine Spur von diesem Artefakt bekommen, wird es zu spät sein um Ashton aufzuhalten.“, ergänzte er etwas lautstärker und ballte seine Hand zur Faust. Kyren blickte in ein entschlossenes Gesicht, das voller Tatendrang sprühte.

Shanes Worte machten einen Tavernengast auf die Abenteurer aufmerksam. Der Elf mit den wilden, roten Haaren am Tresen musterte die Gruppe kurz, bevor sich ein leichtes Schmunzeln auf sein Gesicht legte. Gemächlich trat er näher und machte mit einen kurzen Räuspern auf sich aufmerksam. „Verzeiht dass ich eure Unterhaltung störe, aber ich kam nicht umher zu hören was der junge Mann hier gesagt hat.“, sagte er in freundlichen Ton. Vier fragende Blicke widmeten sich seiner Person, so dass er sich kurz vorstellte. „Mein Name ist Ace und ich denke ich kann euch behilflich sein.“, ergänzte er mit einer angedeuteten Verneigung.
 

Wenige Minuten später befand man sich bereits auf den Weg aus der Stadt, denn der Fremdling mahnte zur Eile. Noch hatte er nichts Genaueres erklärt – was geschickt war, denn so nutzte er die Neugier der Abenteurer um ihren Beistand sicher zu stellen. „Hätten wir nicht auf Nigel warten sollen?“, fragte Shane etwas beunruhigt über das rasche Vorgehen. „Wenn es stimmt was dieser Ace sagt, dann könnte es ein Volltreffer sein. Wir müssen dem nachgehen, erst recht wenn uns nicht viel Zeit bleibt.“, wand Atrix ein. Natürlich hatte man den hiesigen Wirt gebeten Nigel zu benachrichtigen falls er noch eintreffen sollte, aber das allein löste das moralische Problem nicht.

Kyren vertraute auf Shanes Stimme und stellte sich den zügig voran schreitenden Elfen mit entsprechender Haltung in den Weg. „Halt! Bevor wir weitergehen haben wir ein Recht die Details zu erfahren!“, sagte sie mit strenger Stimme und brachte ihren Artgenossen zum stehen. „Ja, Ihr habt sicher Recht.“, gestand er widerstandlos ein. „Wie ich schon sagte – ganz in der Nähe, tief in den Wäldern verborgen, gibt es einen alten Magierturm. Sein Erbauer ist wahrscheinlich schon lange tot, doch die verborgenen Schätze und Geheimnisse dort könnten Euch bei Eurer Suche helfen. Ich rede hier nicht von irgendwelchen Glitzerzaubern, ich rede von uralter Nesser-Magie!“, begann er zu erzählen. „Und warum die Eile?“, hakte Shane skeptisch nach. Ein Schmunzeln glitt über das Gesicht des Elfen. „Das Problem ist, dass sich dort vor kurzem ein hochrangiger Magier aus Thay eingenistet hat. Wie ich gehört habe hat ein gewisser Ashton Scu’l ihn aus seiner Heimat vertrieben. Wie dem auch sei. Ich schätze ihn als fähig genug ein die uralten Magien die dort unten lagern zu wecken und für seine Zwecke zu missbrauchen. Ich nehme an er plant eine finstere Beschwörung.“, erklärte er gewissenhaft. „Aber woher wisst ihr das alles? Kennt Ihr diesen Magier?“, wollte Kyren wissen. Ace begann sich seine Kapuze über zu ziehen und sich nach Westen zu wenden. „Die Antwort auf diese Fragen ist einfach. Ich war … sein Meister.“, antwortete er knapp und begann seinen eingeschlagenen Weg fortzusetzen.
 

Als Nigel das brennende Dorf vor sich sah, wurde er kreidebleich im Gesicht. Die Schreie von Menschen die bei lebendigem Leibe verbrannten hallten ihm entgegen, doch das Flammeninferno ließ keine Chance für Überlebende. Er fühlte sich wie in einen schlechten Traum, denn egal was er in der Vergangenheit versucht hatte – jemand kam ihm immer zuvor. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte er sich leise, die Augen geweitet, starr vor Schock. Er war umso überraschter als er plötzlich eine Antwort erhielt. „Das war Nummer neun.“, tönte es hinter ihm und als er sich umdrehte, erblickte er einen seltsamen Mann. Eine gerade zu gespenstische Aura ging von ihm aus. Seelenruhig streifte er sich einen Handschuh über und strich sich sein Haar aus dem Gesicht, das sogleich an selbige Stelle zurück fiel. „Wer seid Ihr?“, wollte Nigel wissen, atemlos von der Erscheinung des Fremden. „Man nennt mich John Doyle. Ich nehme an Ihr seid Nigel Kerrigan.“, erwiderte er nüchtern, mit einen durchdringenden Blick. „Woher wisst …“, setzte Kyrens Gefährte verblüfft an, doch John entriss ihm sogleich wieder das Wort. „Ihr seid in diese Zeit gekommen um eure Zukunft zu verhindern, doch habt Ihr wirklich geglaubt die Gegenseite würde das ohne weiteres Geschehen lassen? Eure 10 Helden aus der Zukunft gibt es nicht mehr. Nur einer ist noch übrig und um den wird sich bereits gekümmert.“, erklärte er bereitwillig. „A-aber …“, stotterte Nigel fassungslos, ohne dass er ein weiteres Wort heraus bekam. Alles was er getan hatte schien umsonst gewesen zu sein. Seine einzige Hoffnung war verblasst, denn selbst wenn Kyren es nun gelingen sollte, den Tarraske aufzuhalten, so würde sie die Zukunft nicht mehr ändern können. Nigel erschrak aus seinen Gedankengängen als er realisierte was John ihm gerade gesagt hatte. „Oh nein! Kyren!“, rief er mit geweiteten Augen. „Ja, Nummer 10 auf der Liste. Macht Euch keine Gedanken. Ihr werdet es nicht rechtzeitig zurück schaffen. Ihr könnt Euch glücklich schätzen – das ist der einzige Grund warum ich gedenke Euch am Leben zu lassen.“, meinte John mit einem genüsslichen Grinsen und wand sich ab. Während er ging sackte Nigel entkräftet in die Knie. Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung brannte sich durch seinen Körper und die Zeit lief ihm davon. Seine zitternden Hände ballten sich zu Fäusten und ein letzter Anflug von Mut und Entschlossenheit blitzte durch seine Augen. „Selbst wenn er nicht verhindern konnte was geschehen würde, so würde er zumindest versuchen Kyren zu retten. „Ich kann nicht zulassen das sie stirbt!“, sagte er sich selbst und raffte sich wieder auf.
 

Kyren hatte derweil mit ihrer Begleitung den Turm des Magiers erreicht. Er war alt und verwittert, tief im Wald verborgen und vom selbigen verschlungen. Vögel nutzten einige Löcher in den Wänden als Nistplatz, während sich Pflanzen jeder Art um den Turm schlängelten. Die Tür zum Turm lag vor dem Eingang am Boden und es sah nicht so aus als ob die letzten Tausend Jahre jemand hier gewesen wäre. „Der Turm ist nur Fassade. Das eigentliche Zentrum liegt unterhalb, in einigen Metern Tiefe.“, erklärte Ace rasch, bevor Zweifel aufkeimen konnten. „Also schön. Gehen wir rein.“, meinte Judy übermutig und wagte sich als erstes in den Turm. Drinnen gab es nicht viel zu sehen, außer einer alten Treppe, die in die oberen Stockwerke führte. Sie war an mehreren Stellen gebrochen und wirkte nicht mehr passierbar. Der Boden in der Mitte der Eingangshalle erschien mit dem Rest des Gebäudes gut gepflegt und weniger Staubverhangen. „Hier in der Mitte gibt es ein Geheimes Portal, das uns in die unteren Ebenen führen wird.“, meinte Ace, der kurz darauf hinzu stieß.

Als alle am Sammelpunkt standen streckte er seinen Arm aus und nutzte er eine einfache Magie um eine verborgene Rune in der Wand zu aktivieren. Ein helles Licht strahlte aus dem Boden empor und brachte die Abenteurer in eine tiefer gelegene Ebene.

Dieser Ort war finster, doch Kyren wusste sich schnell mit einem Lichtzauber zu behelfen. Fledermäuse, die von der Decke herab hingen fühlten sich sogleich gestört und flogen einen Augenblick lang aufgeregt hin und her. Kyren erschrak so sehr das sie ihre Lichtkugel fallen ließ, die sie gerade erst beschworen hatte. „Ich fürchte uns wird hier unten schlimmeres erwarten als das hier.“, prophezeite Ace ungerührt, nahm die Lichtkugel und ging voran. „Schlimmeres?“, wunderte sich Atrix. „Nevrion ist nicht dumm. Zweifellos wird er die vor uns liegenden Abschnitte mit Fallen versehen haben.“, antwortete der Elf und zog seine Kapuze wieder zurück. Sein junger Artgenosse begann zu schlucken, denn das es gefährlich werden würde, war ihm bisher nicht bewusst gewesen.

Die erste Ebene machte einen rohen unbehauenen Eindruck. Man hatte die Höhle in seiner Gesamtheit so belassen und nur ein eisernes Tor am anderen Ende ließ den Anschein wahren das jemals ein Humanoid ein Fuß hinein gesetzt hatte. Die Tür quietschte als Ace sie öffnete. Mit einem Lächeln und einer freundlichen Handgeste bewog er seine Begleiter einzutreten.

Kaum hatte man einen Fuß in die erste Passage gesetzt begannen an den Seiten sich ein paar dutzend Fackeln wie von selbst zu entzünden. Die Wände waren gemauert, vergleichbar mit dem Inneren eines Schlosses. Bis zur nächsten Tür waren es nur dreißig Meter, doch Ace hielt Judy am Kragen als diese einfach weiter laufen wollte. „Nicht so schnell.“, mahnte er und verwies auf die eingestaubten Ritterrüstungen, die auf linker und rechter Seite gleichmäßig verteilt standen. „Der erste Raum sollte uns in Sicherheit wiegen. Daher waren dort auch keine Fallen aufgestellt. Wir sollten diese Passage mit Vorsicht genießen.“, erklärte er und ließ von Judy ab. „Wartet – ich werde versuchen magische Quellen aufzuspüren.“, meinte Kyren und begann ihre Hände mit ausgestreckten Fingern zusammen zu legen.

„Und? Kannst du etwas entdecken?“, fragte Atrix nach einigen Sekunden neugierig. „Die Ritterrüstungen vielleicht.“, deutete Shane an. „Nein, ich kann keine magische Quelle von den Rüstungen ausgehen sehen. Aber … DA! Im Boden! Die Steinplatten im Boden. Zwar nur schwach, aber unten ihnen lagert ein magischer Impuls.“, analisierte die junge Magierin. „Moment … wenn der komplette Boden eine Falle ist, wie sollen wir dann zur nächsten Tür kommen?“, fragte Atrix verwundert, während Kyren ihre Haltung löste.

Man merkte das jeder einzelne tief ins Grübeln geriet und auch wenn Kyren der Gedanke an Levitation gefiel, so musste es doch eine andere Lösung geben. Ace schien den Abenteurern schon weit voraus und verstand es geschickt von Rüstung zu Rüstung zu springen ohne dabei eine umzustoßen. „Worauf wartet Ihr noch? Die Rüstungen sind stabil im Boden verankert.“, rief er ihnen zu und machte sich daran das Ende des Raumes zu erreichen. Judy zögerte nicht lange und folgte. Die Decke war nicht allzu hoch, so dass es ein wenig wie Gehoppel aussah als sie von Rüstung zu Rüstung sprang, aber es war effektiv. Shane zuckte mit den Schultern und tat es ihr auf der anderen Seite gleich. Es war nicht schön, aber führte zum Ziel, doch Kyren bevorzugte schlussendlich die Levitation und erreichte das Ende des Raumes zusammen mit Ace. „Kommt der Bereich hier hinten ist sicher.“, rief sie ihren Gefährten winkend zu. Atrix stellte sich wie üblich sehr ungeschickt an und kam nur langsam voran. Einmal landete er so unglücklich auf den Schultern der Rüstung dass er fast abrutschte. Reflexartig hielt er sich am Helm der Rüstung fest und auch wenn er sich daran wieder Hochhangeln konnte, hatte er ihn in dabei die verkehrte Richtung gedreht. „Puh, das war knapp.“, ächzte er und drehte den Helm wieder richtig herum. Ein seltsames Knirschen entstand, was ihn kurz aufhorchen ließ.

„Komm schon Atrix, wir sind soweit.“, rief Kyren ihm vom Ende des Ganges zu. Ungeduldig öffnete Ace bereits die Tür zur nächsten Passage und trat ein. Judy und Shane folgten kurz entschlossen, hoffend das Atrix bald aufschließen würde. Dieser wirkte verunsichert und mahnte seine Freunde zur Vorsicht. „Wartet. Was war das für ein Geräusch?“, wollte er wissen und hob den Helm einmal an. Darunter offenbarte sich ihm ein modriger Totenschädel aus dessen Öffnungen allerlei Maden und Gewürm heraus fielen. Atrix erschrak so sehr das ihm der Helm aus den Händen fiel und er hektisch mit den Armen zu rudern begann. Er schrie vor Panik und wollte noch auf die nächste Rüstung überwechseln, da stellte er fest dass ihm der Helm entglitten war und im selben Moment zu Boden purzelte. „Atrix!“, rief Kyren aufgeregt, doch als sie ihm zu Hilfe kommen wollte, schlug die Stahltür zu und riss sie mit sich in die Richtung des nächsten Raumes. Die Platte im Boden, die der Helm berührt hatte, glühte auf und plötzlich schienen sich die Verankerungen aller Rüstungen zu lösen. Atrix Sprung auf die nächste Rüstung offenbarte ihm das er nun die Wächter des Raumes erweckt hatte, eben mit jenen magischen Impuls von den Kyren zuvor gesprochen hatte. Bevor er das Ausmaß seines Unglücks realisierte sah er sich von den blechernen Wächtern dieser Passage umzingelt. Sie alle droschen gleichzeitig mit ihrem Schwert auf ihn ein, doch der wieselflinke Elf verstand es rechtzeitig durch die Beine eine der Wachen zu kriechen und somit den Schlägen zu entkommen. „Ist das nicht ein bisschen fies wegen eines rostigen Helmes gleich mit Mord zu drohen?“, fragte er die versammelte Truppe vorwurfsvoll mit erhobenem Zeigefinger, doch seine Hoffnung dass man mit diesen Wesen reden konnte erübrigte sich schnell als sie begannen auf ihn loszustürmen. Atrix rannte so schnell er konnte zurück. Er hatte Glück, denn die Eingangstür war nicht zugeschlagen. Trotz seiner kurzen Beine erreichte er diese vor seinen Verfolgern und schlug sie vor deren Nase zu. Mit aller Kraft stemmte er sich dagegen, worauf er es kräftig aus dem Raum scheppern hörte. Offenbar hatten die Wachen nicht schnell genug Bremsen können. „Also mir reicht’s. Ich gehe keinen Schritt weiter!“, schimpfte er und verschränkte eingeschnappt die Arme.
 

Kyren hämmerte noch ein paar mal gegen die Tür, aber es war kein Durchkommen mehr möglich. „Atrix ...“, seufzte sie traurig, denn obwohl sie ihn manchmal erwürgen konnte, so hätte sie ihm solch ein Ende nicht gegönnt. Sie wusste nicht das er entkommen war, Ace hingegen schon. „Macht euch keine Gedanken. Euer Freund lebt. Ich kann seine Präsenz noch spüren. Aber er wird wohl zurück bleiben müssen. Ihr könnt ihn ja später abholen.“, meinte er relativ gelassen.

Judy inspizierte derweil das vorliegende Szenario. Der Weg zur nächsten Tür war nur etwas länger als zuvor, doch die Überreste von Skeletten, die vereinzelt am Boden verstreut lagen, bereiteten ihr leichte Sorgen. Es roch seltsam. Ein Hauch von Verwesung lag in der Luft und da war noch etwas anderes. „Irgendwas an diesem Ort ist eigenartig.“, merkte sie an. Kyren verstärkte ihren Lichtzauber, während Ace den Boden mit einer Fackel ausleuchtete, die er aus dem letzten Raum entwendet hatte. Shane bemerkte die ungewöhnliche Feuchtigkeit in dieser Halle als er mit einen Finger an der Wand entlang streifte. Sein Blick fiel auf Ace, dem am Boden ähnliches aufgefallen war. Zögerlich richtete er sich auf und leuchtete mit seiner Fackel zur Decke. Kyren tat es ihm mit ihrem Lichtzauber gleich und was sie sah verhieß nichts Gutes. „Nein …“, sagte sie fast atemlos und schüttelte immer wieder den Kopf. Kaum zwei Atemzüge später begannen sich die vielbeinigen Kreaturen in rasender Geschwindigkeit von der Decke zu seilen. „Spinnen!“, schrie Ace aufgebracht und verlor keine Zeit damit zur nächsten Tür zu laufen. „Lauft!“, forderte er seine Begleiter lautstark auf.

Sekunden später wimmelte es überall von Spinnen so groß ganze Häuser. Mit ihren Meterlangen Beinen setzten sie auf, begierig darauf Beute zu machen. Selbst der Boden war binnen einiger Wimpernschläge voll mit etlichen kleineren Spinnen, die Handgroß oder kleiner waren. Einige fanden ein jähes Ende unter den Füßen der davon laufenden Abenteurer, doch nur Ace war schnell genug um nicht eingekesselt zu werden.

Geschickt verstanden es die Kreaturen die Abenteurer zu trennen, so dass sich Kyren und Judy alleine zu verteidigen wissen mussten, während Shane gerade zu todesmutig Slalom um die nach ihn gierenden Spinnenbeine lief. Wie ein Bombardement prasselten sie von oben auf ihn ein und versuchten ihn wie ein lästiges Insekt aufzuspießen. Doch der junge Halbelf war flink, wenn gleich er durch seinen Zickzack-Kurs relativ schnell an Nähe zu seinen Gefährten verlor.

Kyren schluckte verängstigt als die Riesen-Spinnen ihre Mäuler wetzten. Sie mochte ohnehin keine Wesen die mehr als vier Beine hatten, aber vor allem mochte sie sie nicht in dieser Größe. „Was sollen wir tun?“, fragte Judy aufgeregt, mit den Rücken zu ihr gewendet, ihren Dolch fest entschlossen in der Hand haltend. Kyrens innere Starre war nicht von Dauer, denn sie wusste dass sie sich davon nicht aufhalten lassen durfte. „Jetzt wird gegrillt!“, erwiderte sie und bereitete eine Feuermagie vor. Wie ein lebendig gewordener Flammenwerfer wirbelte sie mit Feuermagie um sich und steckte dabei etliche Spinnenwesen in brand. Die Monstrositäten erkannten die Gefahr, die von der Elfe ausging. Eine versuchte Kyren mit frischer Spinnenseide zu fangen, welche es aus seinem Hinterteil spie. Die junge Magierin erkannte die Gefahr in ihrem Rücken nicht und war dem Angriff hilflos ausgeliefert. „Pass auf!“, rief Judy aufgeregt und warf sich dazwischen. Das Netz erwischte sie direkt und bevor Kyren realisierte was hinter ihr geschah, war ihre Gefährtin in einen Kokon gewickelt und zur Decke gezogen. „Judy!“, schrie sie ihr lautstark nach. Von Flammen und Bestien umringt kam sie nicht dazu ihr nachzusetzen, musste sich alsbald schon mit der nächsten Riesenspinne auseinander setzten. Shane erkannte die Situation und nutzte einige Spinnenkadaver als Sprungbrett nach oben. Judy befand sich bereits im Griff einer größeren Spinne. Er sah wie eine Spinne ihr Gift injizierte um sie ruhig zu stellen. Rasch zog er sein Schwert aus seiner Halterung am Rücken herbei und schlug zu. Er traf zunächst den Faden und noch im Fall die Giftbeißer der Spinne, die entsetzlich laut vor Schmerz aufschrie. Judy fiel im Kokon zu Boden, wo sie von Kyrens Magie geistesgegenwärtig gebremst wurde, damit ihre Landung nicht allzu hart werden würde.

Die Feuer die Kyren unfreiwillig gelegt hatte, breiteten sich über den ganzen Saal aus und brachte die Kreaturen zum Rückzug. Shane landete elegant neben Kyren und griff sich Judy, die noch immer im Seidekokon eingehüllt war. „Wir müssen hier raus!“, mahnte er seine Gefährtin und stieß sie sanft in Richtung Ausgang an dem Ace bereits auf sie wartete. Er hatte schnell gehandelt und die Tür für sie geöffnet. Mit Judy über die Schulter geschlagen lief Shane los und riss Kyren an seiner freien Hand mit sich. Das Feuer wütete gnadenlos und die Tür schien einfach nicht greifbarer zu werden als man die letzten Meter entlang lief. Noch während die Spinnen regelrecht wutentbrannt nach ihren Opfern kreischten, schloss Ace die Tür, nachdem alle passiert waren.
 

Völlig außer Atem lud Shane seine Cousine ab und auch Kyren wirkte nach so viel Einsatz von Magie etwas außer Puste. Beide gingen fast synchron in die Knie und schnappten nach Luft. „Das war knapp.“, kommentierte Ace das Geschehene relativ nüchtern und wendete sich bereits den vor ihm liegenden Raum vor. Überall sprossen Kristalle aus dem Boden, die von sich aus zu leuchten schienen. Eine Fackel oder gar ein Lichtzauber, den Kyren im letzten Raum aufgelöst hatte, war hier überflüssig.

Das Szenario was sich ihnen bot war wunderschön anzuschauen und auch wenn der Weg zur nächsten Tür nicht zu sehen war, so schien diese Passage etwas freundlicher zu sein als die vorherige. Besorgt wendete sich Shane Judy zu und befreite sie von den Spinnenweben. „Judy? Judy!? Geht es dir gut? Sag doch was!“, sagte er und riss hektisch die Spinnenseide von ihr ab. Judy wirkte vergleichsweise gefasst und schnappte nach Luft. Sie öffnete die Augen und wollte etwas sagen, als sie Ace unterbrach. „Sie wurde von einen dieser Spinnen vergiftet. Ich kenne diese Gattung. Sie wird es überleben, aber ihr Körper wird die nächsten Stunden gelähmt sein.“, meinte er und warf ihr einen zweifelhaften Blick zu. Judy wirkte so starr wie erstaunt über die Erkenntnis des Mannes, konnte aber ihren Kopf noch etwas bewegen. „Schon gut. Lasst mich hier und bringt es zu Ende. Es kann nicht mehr weit sein, nicht wahr?“, meinte sie mit schwacher Stimme, ihren Blick auf Ace gerichtet. Dieser nickte zuversichtlich und verschränkte die Arme. „Ja, meinen Informationen nach ist dies die letzte Halle vor der Magierkammer.“, bestätigte er knapp. „Wir können dich doch nicht einfach hier zurück lassen.“, protestierte Shane leicht, doch Judy schüttelte so gut sie konnte den Kopf. „Nein. Ihr müsst gehen. Ich halte Euch nur auf und vielleicht haben wir nicht mehr so viel Zeit. Es geht mir gut. Ihr könnt mich ja nachher abholen, wenn ihr das Artefakt habt.“, widersprach sie energisch. Kyren seufzte, war sie mit der Entscheidung ihrer Begleiterin nicht sonderlich glücklich. „Also schön. Wir werden uns beeilen, versprochen.“, sagte sie schließlich und wendete sich wieder Ace zu. „Fein. Dann sollten wir weiter. Dieses Kristalllabyrinth sollte keine Hürde für mich sein.“, gab dieser optimistisch von sich und schritt voran. Kyren und Shane tauschten sich Blicke aus und obwohl es ohne Worte geschah, waren sich beide einig dass man diesen Optimismus nicht teilte.
 

Atrix gähnte schon etwas gelangweilt und streckte seine Glieder fast so als wolle er zu einem Nickerchen ansetzen. Er fragte sich ob seine Freunde schon bis ins Zentrum vorgedrungen waren und hoffte auf ihre baldige Rückkehr. Die Angst begleitete ihn das ihnen etwas schlimmes passiert sein könnte, doch er verdrängte den Gedanken so gut es ging. Plötzlich klopfte es drei Mal hinter ihm an der Tür, so dass er von seinen Gedanken abließ und aufhorchte. Ein erleichtertes Strahlen hielt in seinem Gesicht Einzug als er anschließend die Tür überfreudig aufriss. Seine Mimik erschlaffte jedoch schlagartig als ihn die knöchernen Grimassen seiner Verfolger empfingen und ihre Waffen zum Angriff erhoben. „Ehmh … Tut mir Leid. Wir haben geschlossen!“, stammelte er aufgeregt und knallte die Tür ein weiteres mal vor der Nase seiner Feinde zu. Offenbar würde er noch eine Weile ausharren müssen.
 

Das Kristalllabyrinth war wunderschön anzusehen und anscheinend frei von Gefahr. Zielstrebig bahnte sich Ace einen Weg durch die Kristalle, ohne das man wusste woher er den Weg kannte. Shane wirkte skeptisch, nicht des Elfen wegen, sondern viel mehr weil sein suchender Blick verriet das er glaubte hier nicht allein zu sein. Er spürte dass an diesen Ort etwas verborgen war und konnte nur darauf hoffen dass es sie nicht bemerken würde. Seine Hoffnung schien sich zu erfüllen, denn einige Sekunden später schon, entdeckte Ace für alle sichtbar den Weg in die letzte Räumlichkeit, abermals durch eine schlichte Eisentür versperrt. „Das war einfacher als ich gedacht hätte.“, meinte er zufrieden und wendete sich seinen Gefährten zu. „Ich frage mich warum diese Kristallformationen wohl hier sind?“, dachte Kyren laut vor sich hin und begutachtete im vorbeilaufen ihr verzerrtes Spiegelbild in einen der riesigen Kristalle. „Vielleicht stellen sie eine Ablenkung dar.“, meinte Shane und zog somit ihren Blick auf sich. „Eine Ablenkung wovor?“, fragte Kyren verwundert und erhielt die Antwort schneller als ihr lieb war. Eine riesige, kristalline Hand schoss auf einmal aus dem Kristall neben ihr hervor und legte sich um sie. „Wa-was ist hier los?! Lass mich los!“, rief sie empört, während sich der Griff um sie festigte. Die Hand war so groß das sie mit Leichtigkeit ihren ganzen Elfenkörper umschlang. Nur ihr Kopf ragte noch hervor. Shane erkannte das sie sich nicht von selbst befreien konnte. „Kyren!“, schrie er aufgeregt und zog sein Schwert. Gerade als er im Begriff war zu ihr zu eilen verschlimmerte sich die Situation nochmals. Der Kristall brach und entlang der Hand entwuchs ein gewaltiger Golem aus Kristall. Gebannt bestaunten Ace und Shane das Wesen, doch letzterer war nur kurz vom Anblick der Kreatur eingenommen. Obwohl er wie ein Zwerg gegen den Golem wirkte, stürmte er auf ihn zu, hoffend dass er Kyren aus dessen Fängen befreien konnte. Seine Hoffnungen wurden alsbald enttäuscht, denn sein Schwert wirkte wie ein hölzerner Zahnstocher auf Metall ein. Ohne einen Kratzer an Hand und Arm des Wesens zu hinterlassen beendete Shane den Angriff und das einzige was er erreicht hatte, war den Zorn des Golems zu wecken. „Verdammt! Wirkungslos! Was soll ich nur tun?“, gab er angespannt von sich. Sein Blick schweifte zu Ace, doch der wirkte noch rat- und hilfloser als er selbst. Ein Schrei von seiner Gefährtin machte ihn darauf aufmerksam dass sich die Situation weiter verschlimmern sollte. Der kristallene Golem öffnete seinen Mund und zwängte die kreischende, aber wehrlose Elfe hinein. „Oh nein! Kyren!“, rief Shane fassungslos und erstarrt zugleich. Das Wesen war durch seine kristalline Form nahezu durchsichtig und so sah man die junge Elfenmagierin Augenblicke später in dessen Torso festsitzen.

Immerhin waren nun ihre Hände frei, was ihr den Glauben gab sich von selbst befreien zu können. Mit ihrer Magie wollte sie sich den Weg nach draußen bahnen, doch Ace hielt sie lautstark ab. „Nein! Tu das nicht! Er wird deine Magie aufsaugen und reflektieren!“, warnte er sie. Kyren zögerte nur kurz und sah zwischen Shane und Ace hin und her. Sie hatte ihren Artgenossen durchaus verstanden, aber so einfach wollte sie nicht aufgeben. „Das Risiko gehe ich ein!“, erwiderte sie und feuerte eine explosive Magie gegen den inneren Torso der Kreatur. Die Magie verpuffte zunächst wirkungslos, bevor eine elektrische Ladung auf den Anwender zurück fiel. Kyren schrie von Schmerzen geplagt und ging entkräftet in die Knie. „Kyren!“, rief Shane abermals, sah er sich doch nicht im Stande ihr helfen zu können. „Warum hört sie nicht?!“, schimpfte Ace aufgeregt und wendete sich ihren Gefährten zu. „Es muss doch etwas geben um sie frei zu bekommen. Wie kann man dieses Wesen knacken?“, erwiderte er ihm und ließ die Antwort auf dessen Frage offen. „Diese Art von Golem verliert seine Kraft und Stabilität, wenn sein Beschwörer den Zauber auf dem Wesen beendet oder er stirbt.“, merkte Ace an, hoffend das beide zur Vernunft finden würden. „Wir müssen Nevrion finden, sonst wird sie das nicht überleben!“, fügte er mit deutlichem Unterton an. Kyren wurde derweil immer wieder von Blitzen gepeitscht und stand schon nicht mehr aufrecht. „Shane …“, ächzte sie mit verzweifelter, wie schmerzverzerrter Miene, bevor sie ein weiterer Blitz traf. Der junge Halbelf wirkte verbissen und wendete sich einen Moment der Tür zum nächsten Raum zu. „Halt durch Kyren! Ich hol dich da raus!“, erwiderte er ihr im Mut der Verzweiflung.

„Na los – schnappen wir uns diesen Magier!“, sagte er lautstark zu Ace, der ihn sogleich im Laufschritt zur Tür begleitete, während der Golem desinteressiert zurück blieb.
 

Nevrion schien zunächst gar nicht bemerkt zu haben dass die beiden verbliebenen Abenteurer in seine Haupthalle vorgestoßen waren. Er zeigte sich ganz und gar in seine Magie vertieft und horchte erst auf als Ace lautstark seinen Namen rief.

Die Augen des Magiers weiteten sich als er ihn und einen fremden Begleiter sah. Angst übermannte ihn. Mit zittriger Hand deutet er auf die Beiden und zwängte sich ein paar Worte heraus. „Was hat das zu bedeuten?!“, fragte er schockiert. „Eure Zeit ist abgelaufen, Nevrion.“, erklärte Ace bereitwillig und legte ein genüssliches Grinsen auf. Shane bestaunte die Bannkreise, die der Magier um sich errichtet hatte, wie auch alles andere in diesem Saal. „Jetzt liegt es an dir, den Taten dieses Mannes ein Ende zu bereiten! Die Barrieren werden dich nicht aufhalten, vertrau mir!“, meinte Shanes Gefährte mit zielgerichteten Blick. Der junge Halbelf zögerte kurz, dachte an Kyren und seine Gefährten, festigte aber anschließend seinen Griff um das Schwert. „Gut. Ich werde angreifen.“, erwiderte er entschlossen und stürmte vor. Nevrion wurde panisch und wedelte mit seinen Händen herum. „Nein! Was tut Ihr denn?! Seid Ihr wahnsinnig?! Warum helft Ihr ihm?!“, schrie er aufgeregt.

Shane hatte bereits alle vier Bannkreise durchlaufen, ohne dass sie ihm aufgehalten oder gar geschädigt hätten. Auf einmal war es so leicht und der von Angst erfüllte Magier wurde ein viel zu einfaches Ziel für sein Schwert. Zentimeter vor dem Kopf Nevrions brachte er es schließlich zum stoppen und ließ seinen Gegner erstarren. „Ich bitte Euch. Lasst es mich erklären.“, stammelte er kopfschüttelnd. „Lasst keine Gnade walten oder Eure Freundin stirbt!“, rief Ace mahnend von der Eingangstür, aber Shane zeigte sich gewillt zuzuhören und begann langsam sein Schwert zu senken. „Also schön. Sagt was Ihr zu sagen habt.“, murrte er den eingeschüchterten Magier schroff an. „Ihr wurdet zum Narren gehalten! Ich weiß nicht was man Euch erzählt hat, aber ich bin vielleicht die letzte Möglichkeit Acelatraeus wieder in seine Ebene zu verbannen.“, erzählte er und seine Atemzüge begannen sich zu verschnellern. „Wieso verbannen? Ich dachte Ihr wolltet etwas herauf beschwören?“, wunderte sich Shane. „Das habe ich, Fremder. Das habe ich. Ihr seht das Resultat meiner Beschwörung hinter Euch.“, begann er zu antworten und Shane erkannte das dessen Augen sich auf Ace fixierten. „Das ist nicht was ich wollte. Ich wollte einen Racheengel der Ashton Scu’l besiegt und mich an die Spitze von Thay bringt, doch was ich beschworen habe, ist etwas vollkommen anderes. Einen Dämon, der nicht kontrollierbar ist. Ihr müsst mir glauben! Er ist nicht was er vorgibt zu sein! Seht ihr nicht? Er kann diese Bannkreise nicht passieren, weil sie Dämonen abhalten sollen. Deshalb habt Ihr diese unversehrt durchschritten …“, fuhr er mit ehrfürchtiger Stimme fort. Ace begann zu lachen, wissend warum die Worte des Magiers verstummt waren. „Wie erbärmlich. Er versucht sich doch allen ernstes frei zu reden. Ihr solltet ihn jetzt töten!“, forderte er Shane auf. „Sonst gibt es für Eure Freunde keine Rettung mehr.“, fuhr er mit zwielichtigen Blick fort. Plötzlich sah sich Nevrion wieder mit dem Schwert des Halbelfen konfrontiert. „Schaltet den Golem ab oder ich tue was er sagt!“, fauchte Shane wütend. „Welchen Golem?!“, fragte Nevrion irritiert. „Stellt Euch nicht dumm! Meine Freunde und ich haben sich durch drei Räume schlagen müssen. Es wird nicht umsonst gewesen sein!“, antwortete er mit strengen Blick. „Was?! Ich weiß nicht wovon Ihr redet.“, stammelte sein gegenüber ungläubig. Ace schien höchst amüsiert und verschränkte lässig die Arme. „Ihr werdet ihn schon töten müssen, wollt Ihr Eure Freundin retten.“, rief er nüchtern. Zweifel durchfuhren Shane und langsam begann sich vor seinem inneren Auge ein Puzzle aufzubreiten das nicht zusammen passte. Nach kurzem Zögern begann er sich von allen Zweifeln loszureißen, doch nicht so wie Ace es erhofft hatte. „Ich tue es! Aber erst wenn Ihr einen Bannkreis überschreitet.“, konterte er und richtete sein Schwert auf den rothaarigen Elfen. Ein Schmunzeln glitt über dessen Gesicht und seine Hände verschwanden in seinen Hosentaschen. „Gut … wie Ihr meint …“, sagte er in gleichgültiger Tonart. Gemächlich, in aller Seelenruhe machte er einen Schritt nach den anderen, blieb aber Zentimeter vor der ersten Barriere stehen. „… aber ich werde Euch diesen Gefallen nicht tun können. Das ändert aber nichts daran das Eure Freundin stirbt, wenn Ihr ihn nicht tötet.“, gab er grinsend zurück und Shane begann zu begreifen. „Ihr! Ihr wart es von Anfang an! Das alles war von Euch inszeniert! Ihr wolltet verhindern das Nevrion Euch wieder verbannen kann. Ihr habt mich und meine Freunde für Eure Zwecke benutzt!“, entgegnete er zornig. „Da bist du wohl ganz allein drauf gekommen, was?“, entgegnete Ace spöttisch. „Ja, es stimmt. Aber es ändert nichts daran, das deine Gefährtin bald sterben wird, wenn du meine Forderung nicht erfüllst.“, ergänzte er etwas sachlicher.

Shane fühlte sich in einer Zwickmühle, denn beide Optionen die ihm zur Wahl standen, erschienen ihm unrecht. Doch als sich ihm eine dritte Option auftat schöpfte er wieder Hoffnung. „Wie lange braucht Ihr um ihn zu verbannen?“, fragte er leise. „Das Ritual zur Beschwörung und zur Verbannung dauert je 48 Stunden. Es fehlen nur noch zwei.“, antwortete er in selber Tonhöhe. Dennoch hatte Ace die beiden gut verstanden und brachte sogleich einen Einwand. „So viel Zeit hat die Kleine nicht.“, warf er warnend ein. Shane wurde nervös, aber es blieb noch eine weitere Variante. „Ist er sterblich?“, wollte er wissen und begann seine Hand wieder etwas fester um seinen Schwertgriff zu legen. „Ja, ich denke schon, aber Ihr wisst nicht wie …“, erwiderte Nevrion, doch bevor er ihn auch nur über die Macht und Kraft seines Gegners unterrichten konnte, stürmte Shane mit gezogenen Schwert gegen Ace an.
 

Der Elf mit dem roten Haar hatte keine Mühe den ersten Schwerthieb des Halbelfen auszuweichen in dem er einfach in die Luft entschwebte. Seine Hände waren noch immer in seine Hosentaschen gesteckt als er beinah thronend über Shane schwebte. „Ihr Sterblichen amüsiert mich doch immer wieder aufs Neue. Habt ihr wirklich geglaubt dass ihr irgendetwas gegen mich ausrichten könnt? Ihr seid nur Spielzeuge, deren Existenz ich mit einem Fingerschnipp beenden kann.“, sagte er mit arroganter Stimme und schnippte mit den Fingern seiner rechten Hand, die er für den Augenblick aus der Hosentasche nahm. Shane wirkte ungebrochen und gewillt dem Dämon das Handwerk zu legen. Er ließ sich nicht durch die Höhe bändigen, in der Ace schwebte. Ein Bücherregal diente als Sprungbrett, doch sein Schwerthieb ging wieder ins Leere. Die Bewegungen seines Gegners waren zu schnell als das er ihn hätte irgendwie treffen können. Selbst als das Duell sich am Boden fortsetzte, war Ace nicht bemüht den Angriffen des Halbelfen etwas entgegen setzen zu müssen.

„Gib sie frei!“, fauchte Shane erbittert und ging immer wieder auf den Elfen los. Das Szenario bekam eine unerwartete Wendung als Ace sich plötzlich wegducken musste, nachdem er Shane wieder einmal wie einen wilden Stier am roten Tuch vorbei laufen hatte lassen. Mehrere magische Geschosse schlugen dicht hinter dem Dämonen ein und richteten beträchtlichen Schaden an. „Nett …“, sagte er mit unheimlicher Stimme und begann sich auf den Magier in die Mitte des Raumes zu fixieren. Die Barrieren waren verschwunden und Nevrion zeigte sich als Beschwörer der magischen Geschosse. „Ich bin überrascht, Nevrion. Ihr hättet nur noch 2 Stunden gebraucht und gebt die Sicherheit Eurer Bannzauber auf um mich bekämpfen zu können? Ihr riskiert Euer eigenes Leben für das eines Fremden.“, stellte er amüsiert fest. Nun begann Shane auch zu verstehen warum sich Nevrion nicht gegen seinen Angriff zur Wehr gesetzt hatte. Der Erhalt der Barrieren musste sein ganzes magisches Potential erfordert haben. „Ich werde gutmachen was ich angerichtet habe!“, entgegnete der Magier wild entschlossen und beschwor einen Feuerzauber herbei.
 

Der Kampf nahm nun eine neue Form an. Shane und Nevrion wechselten in ihren Angriffen, doch deren Bemühungen liefen ins Leere. Ace gelang es trotz allem sogar sich Nevrion zu nähern, wissend das er der einzige in diesem Saal war, der ihn noch aufhalten konnte. Der Magier setzte sich mit mächtigen Zaubern zur Wehr, die im gesamten Raum schwere Schäden hinterließen. Shane versuchte die Rauchschwaden als Deckung für seine Angriffe zu nutzen, doch es gelang ihm nicht seinen Gegner zu treffen.

Nevrion warf nur so mit Feuermagie um sich, geriet in einen regelrechten Wahn, doch seinen mächtigsten Feuerzauber konnte er nicht mehr ausführen. Seine Magie verpuffte in seinen Händen als ein harter Tritt in die Magengegend ihn niederrang. Seine Miene war schmerzverzerrt als er in die Knie ging und aufsah. Seine Augen erblickten Ace, der siegessicher vor ihm stand und ihn mit einem weiteren Fußtritt außer Gefecht setzte. „Dich erwartet schlimmeres als der Tod, Nevrion.“, sagte er selbstgefällig, obwohl der Magier ihn schon nicht mehr hören konnte. Shane versuchte den Moment zu nutzen um Ace in den Rücken zu fallen, doch seine Aktion war vorhersehbar. Der Elf brauchte sich nicht einmal umzudrehen und streckte nur seine linke Hand in Shanes Richtung aus. Sekunden später sah sich der Halbelf mit einer heftigen Druckwelle konfrontiert, die ihn gegen eine aus dem Boden ragende Steinplatte schleuderte. Der Aufprall war so heftig das er sein Schwert verlor und er Schwierigkeiten hatte sich zu Besinnen. Schon einige Augenblicke später legte sich Ace’s linke Hand um seinen Kragen und zog ihn hoch. „Und du mein Freund, wirst einen kurzen schmerzlosen Tod haben, genau wie deine Freunde.“, wisperte er ihm genüsslich zu. Als er seine rechte Hand ausfuhr und dort einen Zauber fokussierte, wurde Shane klar das er versagt hatte und nichts ihn retten konnte. Er fühlte sich schuldig und machtlos zugleich.

Der tödliche Zauber des Dämonen kam jedoch nicht zur Vollendung als einen Wimpernschlag darauf ein Dolch seine Hand durchbohrte. Blut spritze aufs Shanes Gesicht und der Zauber brach ab. Ace schien nicht einmal von Schmerz erfüllt und wendete sich lediglich dem Werfer zu. Judy stand leicht erbost in einigen Metern Entfernung und löste ihre Wurfhaltung auf. „Finger weg! Er gehört mir!“, fauchte sie ungemein düsteren Tones. Grinsend ließ Ace vom Halbelfen ab und ließ ihn wie ein Stück totes Vieh zu Boden fallen. Beinah beiläufig zog er den Dolch aus seiner Hand und ließ ihn zu Boden fallen. „Aja, richtig. Ich hatte Euch schon vergessen. Ein ebenwürdiger Gegner.“, gab er mit einen Lachen von sich. „Ihr habt doch was Ihr wolltet. Warum geht Ihr nicht einfach und genießt Eure Freiheit?“, entgegnete Judy forsch. Ace rieb sich das Kinn und sah zum bewusstlosen Nevrion herüber. „Einverstanden. Ich will ja nicht undankbar erscheinen. Nun da ich in dieser Welt bin, stehen mir alle Möglichkeiten offen.“, meinte er nachdenklich und warf Judy einen zweifelhaften Blick zu. Judy wirkte überrascht, glaubte aber an einen Trick. „Nehmt Eure Freunde mit Euch, aber das Buch nehme ich mir als kleine Belohnung für meine Großzügigkeit mit.“, erklärte er und bewegte sich zu dem Podest auf dem das Nesser-Relikt lag. Judy ließ ihn gewähren, doch Shane leistete leisen Protest. „Wir brauchen es um Ashton und den Tarraske zu stoppen.“, ächzte er hervor, noch während sich der Dämon das Buch aneignete. „Wie bedauerlich für euch.“, meinte Ace spöttisch grinsend und teleportierte sich mitsamt dem Buch aus der Halle heraus. „Genießt Euer Leben so lange ihr noch eines habt. Ihr seid frei.“, tönte es noch durch die Halle als er bereits verschwunden war. Kyrens kristallines Gefängnis verschwand wie von Geisterhand, wie auch die untoten Wachen, die Atrix eingesperrt hatte. Trotzdem blieb ein bitterer Nachgeschmack, denn das fühlte sich nicht wie ein Sieg an.
 

Einige Stunden später als die Abenddämmerung bereits über Faerûn Einzug hielt, war die Stimmung trotz das man noch einmal mit dem Leben davon gekommen war nicht sehr feierlich. Nachdenklich starrten die Gefährten in das Lagerfeuer und lauschten den Geräuschen des Waldes. Atrix war nicht mehr unter ihnen, denn als die Frage aufkam wer auf Nigel warten und ihn benachrichtigen sollte, meldete er sich freiwillig.

Shane ließ sich noch einmal Nevrions Worte durch den Kopf gehen, der aus Dankbarkeit all sein Wissen über Ashton und seine Pläne verraten hatte. Viel mehr war aus der alten Bibliothek im Hauptsaal auch nicht mehr zu holen gewesen, denn im Kampf wurde sie fast vollständig zerstört.

Nevrion war nach Thay aufgebrochen und hatte ihnen als Trostpreis eine Schriftrolle hinterlassen, mit der sie den Tarraske zumindest aufspüren konnten. Kyren hielt das Pergament fest umschlossen in ihren Händen, doch nun, wo man genau wusste wo sich Ashton aufhielt und das man nichts gegen ihn in der Hand hatte, hegte sie nicht allzu viel Hoffnung siegreich aus der bevorstehenden Schlacht gehen zu können.



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