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Liebe ist...?

Wie es weitergehen könnte...
von

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Kapitel 6: Der Brief

Es ist mal wieder soweit... ^^

Und diesmal mitten in der Woche!!! Wuoho! O.O
 

Tja, was bisher geschah? Im Prinzip noch nicht viel: Soichi und Morinaga hatten einen kleinen Streit gleich zu Anfang, waren auf einer Messe zu Giften und Tomoe + Mann kamen zu Besuch.

Ich glaube, das war der grobe Umriss und ich denke, dass es ab jetzt ein wenig dramatischer werden sollte...? Mal sehen, ob ich das hinbekommen habe.

Hier ist das sechste Kapitel.
 

Viel Spaß?!
 

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Kapitel 6:
 

Soichi gähnte ausgiebig und ließ sich vorsichtig auf einem Stuhl in der Mensa nieder. Er war stark übermüdet, da er die ganze Nacht kein Auge zugemacht hatte und ihm tat sein gesamter Körper weh. Sein Rücken ächzte bei jeder Bewegung, aber vor allem sein Hintern schmerzte, was auch der Grund dafür war, dass er eher auf dem Stuhl lag als saß. Er nippte an seinem Kaffee und wartete, dass Morinaga ihm sein Essen mitbrachte.

Während er sich sein Getränk genehmigte, musste er an den Morgen denken. Tomoe und Kurokawa waren schon auf den Beinen gewesen, bevor er selbst es gewesen war. Morinaga hatte ihnen Frühstück gemacht und ein Lunchpakete mit auf den Weg gegeben. Dann waren die beiden auch schon mit einem Zweitschlüssel aus der Tür verschwunden gewesen um Kanako abzuholen.

Er gähnte ein weiteres Mal und zog ein paar Blicke von anderen Studenten auf sich, die er nur böse anfunkelte. Er bemerkte Morinaga, der munter und frisch wie immer mit zwei Tabletts auf ihn zukam und ihn angrinste.

“Na, Senpai? Hat dich der Kaffee wieder ein bisschen wach gemacht?”

“Nein”, grummelte Soichi missmutig.

“Wenigstens bist du jetzt nicht mehr ganz so schlecht gelaunt wie heute morgen”, seufzte sein Kohai. Er hatte Recht, am Morgen war Soichi richtig mies drauf gewesen. Er hatte Kopfschmerzen gehabt und war ganz schwach in den Beinen gewesen. Wenn Morinaga ihn nicht gestützt hätte, hätte er wahrscheinlich nicht mal mehr den Küchentisch erreicht.

“War wohl doch ein bisschen viel... letzte Nacht?”, Morinaga grinste ihn an. Seinem Senpai fuhr ein Schauer über den Rücken.

“Sei still! Wenn jemand unser Gespräch mitbekommt, denkt der sonst was...!” Soichi sah ihn kurz an und schüttelte sich, als wenn er sich gruseln würde.

Sein Kohai war wahrlich nicht gerade schonungsvoll mit ihm umgegangen. Fünf Mal hatte er ihn rangenommen und das nicht gerade sanft. Aber er hatte es ja, Soichi schluckte hörbar, so gewollt und ihn dazu verführt. Der gestrige Abend spielte sich noch sehr lebhaft vor seinem inneren Auge ab. Das erste Mal war ziemlich schnell vorbei gewesen. Er verdeckte sein Gesicht als er sich daran erinnerte. Morinaga hatte ihm den Mund zugehalten, da er nicht gerade leise auf dessen Berührungen reagiert hatte, und dann ziemlich grob von hinten genommen. Das Schlimmste aber war, als sein Kohai ihm hinterher peinlicherweise folgende Worte ins Ohr geflüstert hatte: “Das ging ja schnell, mein kleiner Masochist!” Er war anscheinend der Meinung, dass Soichi es gern ein wenig schmerzhaft hatte und dann keine Gnade mehr walten lassen.

Soichi funkelte Morinaga böse an, als dieser sich ihm gegenüber an den Tisch setzte. Sein Kohai schob ihm ein Tablett rüber und lächelte ihn glücklich an.

“Dir scheint der Schlafmangel ja nichts auszumachen...”, Soichi sah seinem Kohai wieder normal ins Gesicht.

“Nun ja, ich brauch halt nicht so viel Schlaf wie du. Außerdem fühl ich mich viel zu gut um schlecht gelaunt zu sein!” Er grinste und piekte sich ein Salatblatt auf die Gabel.

Soichi sah sich in der Cafeteria um. Klar war er gut gelaunt und er wusste auch, warum! Sein Hintern erinnerte ihn nur zu gut daran.

Er hörte Gekicher vom Nebentisch und sah sich danach um. Ein Gruppe junger Studentinnen versuchte unauffällig zu ihm rüber zu schielen und Soichi fragte sich, was denn so komisch an ihm war.

“Hey, Morinaga! Sag mal, ist irgendetwas an mir merkwürdig?”, fragte er und behielt dabei den Nebentisch im Auge.

“Außer deiner seltsamen Sitzhaltung?” Er hörte einen amüsierten Ton aus seiner Stimme heraus.

“Ja”, antwortete er pampig, “hab ich was im Gesicht, oder so?”

“Das nicht, aber vielleicht solltest du dein Hemd ein wenig... ähm, sagen wir.... zurechtrücken”

Soichi sah ihn fragend an. Ein stilles Lächeln umspielte die Lippen seines Kohais.

“Dann würden die anderen wahrscheinlich auch aufhören so blöd zu gucken.” Er wies mit dem Kinn nickend auf einen anderen Tisch als den, den Soichi die ganze Zeit beobachtet hatte. Dieser folgte misstrauisch dem Blick seines Kohais und ließ dann seinen eigenen zu seiner Brust gleiten. ’Oh, Shit!’ Jetzt wusste er, was die Aufmerksamkeit seiner Zuschauer erregt hatte. Drei knallrote Knutschflecken blitzten auf seiner hellen Haut und waren wirklich nicht zu übersehen.

Hastig zog er sein Hemd darüber und knöpfte es, so weit wie es ging, zu. Er warf seinen Beobachtern, sein Kohai eingeschlossen, einen tödlichen Blick zu und diese zuckten allesamt zusammen und fanden plötzlich ein unglaubliches Interesse an der Tischplatte vor ihnen. Nur Morinaga ließ sich nicht einschüchtern und sah ihn weiterhin gelassen an.

“Warum hast du nichts gesagt?”, zischte Soichi über das Essen hinweg.

“Ich dachte, du wüsstest das...” Er zuckte mit den Schultern. Es klang nicht gerade überzeugend für Soichis Ohren. “Außerdem stört es mich nicht, wenn man weiß, dass wir...-”

“Wir. Sind. Nicht. Zusammen! Wenn du das sagen wolltest! ...”

Morinaga sah ihn freundlich an, aber das Lächeln in seinem Gesicht war nicht mehr so gelöst wie vorher.

“Senpai, magst du mich denn kein Stück?”

Morinaga erhielt keine Antwort. Er beobachtete, wie sein Senpai ein Stück Fleisch und ein Salatblatt aufspießte und sich in den Mund schob. Soichi sah ihn an.

“Was?!”, fragte er gereizt. Er mochte es nicht, beim Essen beobachtet zu werden.

“Nichts”, sagte Morinaga und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab und sah ihn mit einem trüben Lächeln an.
 

“Und? Was ist nun?”

Sie waren gerade auf dem Weg zu ihrem Labor als Morinaga seinen Senpai mit dieser Frage überrumpelte.

“Was soll sein?” Soichi sah ihn grimmig an.

“Wirst du mir jetzt meine Frage von vorhin beantworten?” Morinaga öffnete die Tür und betrat den Raum nach Soichi.

“Hmph!” Sein Senpai wich ihm aus - eindeutig. Morinaga versuchte ihm auf die Sprünge zu helfen.

“Die Frage, ob du denn gar nichts für mich empfindest...”

Soichi drehte sich zu ihm um und lehnte sich an den Tisch hinter sich. Er seufzte tief und sah seinen Kohai leicht genervt an.

“Du weißt ganz genau... -”

“SCHON GUT!” Morinaga unterbrach ihn rüde. Er ahnte schon, was sein Senpai jetzt sagen wollte.’“Du weißt ganz genau, was ich dir darauf antworten werde! Und ich werde meine Meinung auch nicht ändern. Ich bin nicht schwul, okay?!”‘ Diese Worte zusammen mit einem kalten Blick spukten Morinaga im Kopf. Es reichte ihm, diese Situation in Gedanken durchzuspielen, er musste sie nicht auch noch wirklich geschehen lassen.

Ein Stich fuhr ihm durch die Brust, doch gleichzeitig keimte auch ein wenig Wut in ihm hoch. Der Gedanke, sein Senpai nutzte ihn aus und hielt ihn immer wieder hin, war unerträglich.

“Schon gut, Senpai! Ich hab’s verstanden!” Er winkte ab und drehte sich seinem Tisch zu um seine Arbeit vorzubereiten.

“Hey, du musst doch nicht gleich so niedergeschlagen sein!”, sagte Soichi mit gleichgültiger Stimme und warf seinem Kohai dessen Kittel über die rechte Schulter.

“Senpai!“ Er drehte sich um und starrte Soichi wütend an. “In welcher Stimmung soll ich denn deiner Meinung nach sein? Ich krieg hier ‘nen Anfall; ich halte das nicht mehr aus! VERDAMMT NOCHMAL! Versteh es endlich!!!”, er brüllte seinen Senpai an und ließ seiner Wut freien Lauf, “Ich liebe dich! Über alles! Aber wenn du mir immer... immer wieder Hoffnung machst und sie im nächsten Moment wieder ruinierst, dann zerstörst du nicht nur meine Zuversicht, sondern auch MICH!”

Soichi sah ihn mit großen Augen an. Morinagas wütender Gesichtsausdruck war einem verletzten, beschuldigenden Blick gewichen. Seine Hand hielt er demonstrativ auf sein Herz gerichtet.

“Aber...”, fing Soichi langsam an, “aber du kannst mich doch auch nicht zwingen, dich zu lieben, oder?” Er hatte es sehr leise gesprochen, doch kam es Morinaga vor, als wenn er es ihm ins Ohr geschrien hätte und gleichzeitig eine Ohrfeige verpasst. Seine Eingeweide zogen sich zusammen, seine Brust schmerzte. Er schluckte schwer, doch der Kloß in seinem Hals blieb.

“Okay”, sagte er langsam mit betont ruhiger Stimme, “gut, wenn du dir also absolut sicher bist, dass das zwischen uns... nie, wirklich nie etwas werden kann... dann...” Er atmete tief ein. Seine Augen brannten, aber er ließ seine Tränen nicht entweichen.

“Senpai, lass uns... Lass uns eine Pause einlegen!” Er hängte schnell seinen Kittel an den Haken und griff zu seiner Tasche. Soichi verstand nicht.

“Aber wir haben doch noch gar nicht angefangen...”

“Ja, und ich glaube, dass es so besser ist...” Morinagas Stimme klang rau und ein wenig erstickt. Er drehte sich nicht um als er sprach. Er schloss die Tür hinter und ließ nur noch die Erinnerung an ihre gemeinsame Arbeit zurück.
 

Soichi schnappte nach Luft. Erst jetzt bemerkte er, dass er die ganz Zeit die Luft angehalten hatte. Er starrte immer noch auf die geschlossene Labortür, durch die Morinaga vor wenigen Augenblicken verschwunden war. Er fühlte sich schwer.

Soichi ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen und ließ seinen Kopf in seine Hände sinken. Was hatte das alles zu bedeuten? Seitdem sich die Tür hinter Morinagas geschlossen hatte, hatte Soichi das Gefühl, dass er nicht mehr er selbst war. Ihm fehlte etwas. Es kam ihm vor, als wenn eine Hälfte von ihm hier im Raum geblieben, die andere aber mit dem Luftzug durch die Tür nach draußen verschwunden war.

Langsam versuchte er sich von seinem Stuhl zu erheben um mit seinem Projekt weiterzumachen. Er wollte ein Präparat anfertigen, doch seine Hand zitterte zu sehr und er bekam das Objekt nicht richtig mit der Pinzette zu fassen. Seine Geduld verließ ihn allmählich.

“Scheiße!” Wütend griff er nach der Schachtel mit den Objektträgern und knallte sie gegen den gegenüberliegenden Schrank. Mit einem lauten Scheppern landeten die Scherben und der Karton auf dem Boden. ‘Was ist nur los mit mir?’ Soichi hielt sich mit einer Hand die Stirn und sah sich die Folgen seiner Zerstörungswut an.

“VERDAMMT!” Er schlug mit der Faust hart auf den Tisch. “Warum ist der Penner einfach abgehauen?” Aufgebracht schlug er weiter auf den Tisch und trat gegen ein paar Stühle, sodass diese mit ziemlicher Wucht gegen die Wand geschleudert wurden. Vorbeigehende Studenten mussten wohl sonst was denken, wenn sie den Lärm hörten, aber das interessierte Soichi schon nicht mehr.

Nachdem er seinem Zorn freien Lauf gelassen hatte, ließ er sich erschöpft auf den einzigen noch stehenden Stuhl nieder. Er fuhr sich abermals mit seinen Fingern durch die Haare. Warum hatte er sich nur so gehen lassen? War es, weil er nicht mit seinem Projekt voran kam? Oder, weil Morinaga einfach abgehauen war und ihn mit der Arbeit zurückgelassen hatte? Oder, weil er so ein komisches Gefühl hatte, dass dieser sich heute zum letzten Mal im Labor hatte sehen lassen oder...

Ihm tat der Kopf vom vielen Nachdenken weh. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wo war sein Kohai jetzt wohl? Vielleicht war er nach Hause gegangen? Er seufzte schwer. Die drückende Leere, die sich langsam in ihm ausbreitete, brachte ihn unerwartet durcheinander. Wie sollte es nun weitergehen? Konnte er jemals wieder mit ihm sprechen? Wie sollte er die alte Beziehung zwischen ihnen wieder herstellen?
 

Nachdem er mit seiner Grübelei zu keinem eindeutigen Entschluss gekommen war, packte er seine Sachen zusammen. Er warf seinen Kittel über die Stuhllehne und verließ das Labor. Schweren Schrittes machte er sich auf den Weg nach Hause. Ein beklemmendes Gefühl beschlich ihn. Wie sollte er reagieren, wenn er Morinaga traf und vor allem wie würde dieser sich verhalten?

Es war schon ein paar wenige Stunden her, dass Morinaga die Uni verlassen hatte, trotzdem war es noch relativ früh und Tomoe und Kurokawa waren bestimmt noch nicht zurück von ihrem Ausflug. Jedenfalls, hoffte Soichi, musste er die beiden nicht damit konfrontieren. Vielleicht regelte sich ja noch alles bevor die beiden etwas erfahren würden?
 

Soichi schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und blieb dann wie versteinert im Flur stehen. Irgendetwas stimmte nicht, das spürte er sofort. Morinagas Schuhe fehlten und er hatte das unruhige Gefühl, dass sie nicht die einzigen Dinge waren, die er vermissen würde.

Er riss die Tür zu Morinagas Zimmer auf. Die Möbel standen, wo sie hingehörten und auch die Koffer der Besucher waren noch an ihrem zugewiesenen Platz. Aber bei näherem Betrachten fiel Soichi auf, dass dafür der Rest der Habseligkeiten seines Kohais fehlte. Er riss den Schrank auf. Tatsächlich, er war leer. Soichi stürmte durch die Wohnung. Was genau er suchte, wusste er selbst nicht. In der Küche wurde Soichis Aufmerksamkeit schließlich auf einen weißen Umschlag gelenkt.
 

***
 

Wütend und traurig zugleich rammte Morinaga die Tür zu seinem Zimmer auf. Er zog seinen Koffer unter seinem Bett hervor und stopfte von dem, was ihm gehörte, alles, was er mitkriegen konnte, hinein. Er riss Schubladen und Schränke auf.

Er wollte weg von hier, so schnell wie möglich!

Hastig griff er nach einem Stift, Zettel und suchte in der Stube noch schnell einen Umschlag raus, auf den er “Soichi Tatsumi” schrieb. Falls dessen Bruder und Kurokawa früher nach Hause kommen sollten, würden sie keinen Verdacht schöpfen. ’Mist!’, er hielt inne, ’ich tue es schon wieder...’ Morinaga war sich bewusst, dass er wieder einmal seinen Senpai schützen wollte, aber letztendlich entschied er, dass es so besser war und schrieb:
 

Senpai,
 

wie du bestimmt bemerkt hast, bin ich nicht zu Hause und ich werde auch nicht mehr zurückkommen! Ich habe mir bereits eine neue Bleibe gesucht. Mach dir keine Gedanken.

Sag unseren Gästen einfach, ich wäre in ein Hotel gezogen um mehr Platz für sie zu machen. Sie brauchen auf diese Weise nichts zu erfahren.

Auf Wiedersehen, Senpai!
 

T. Morinaga
 

P.S.: Die Miete für die nächsten drei Monate bekommst du natürlich von mir überwiesen. Wenn dir die Wohnung zu groß ist, kannst du dir dann ja was neues suchen.
 

***
 

Langsam ließ Soichi den Brief sinken. Der Schreck stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Ihm wurde klar, dass Morinaga mit seinen Worten von einer Pause heute im Labor nicht die Arbeit oder irgendein Experiment gemeint hatte.

Eine heftige Unruhe überkam ihn. ’Es ist genau das Gleiche...’, dachte er und erinnerte sich an das letzte Mal, als Morinaga ihn plötzlich verlassen hatte. Auch damals wusste Soichi nicht, wo sich sein Kohai befand; doch diesmal war Morinaga von sich aus gegangen, ohne dass ihn Soichi weggeschickt hatte und es gab diesen Brief...

Es schien so endgültig!
 

Es klingelte an der Tür. Tomoe und Kurokawa waren wieder da. Als Soichi ihnen die Tür öffnete, merkte der Kleinere sofort, dass etwas nicht stimmte. Die sonst so mürrische oder sogar bedrohliche Ausstrahlung Soichis hatte einen unruhigen, auch übellaunigen, aber ebenso niedergeschlagenen Touch angenommen. Dennoch, er konnte den Gesichtsausdruck seines Bruders nicht genau einordnen und somit wollte er erst mal keine Fragen stellen und es zunächst dabei belassen.

Auch Kurokawa hatte die Veränderung gespürt. Ungläubig starrte er seinen Schwager an. Er bildete sich ein, zu wissen, was los war, aber er konnte seiner Vermutung nicht wirklich Glauben schenken und so wollte auch er schweigen, bis er sich sicher sein konnte.

Fragend sah Tomoe Kurokawa an, doch dieser schüttelte daraufhin nur den Kopf.

Tomoe schien seinen Bruder wohl sehr besorgt anzusehen, denn dieser platzte auf einmal nur mürrisch raus: “Ich hab nichts! ... Ach ja“, fügte er hinzu und es sollte anscheinend beiläufig klingen, “Morinaga ist solange, wie ihr hier seid, in ein Hotel gezogen. Er sagt, er will nicht stören und außerdem sei so mehr Platz, oder irgendwie so...” Ein spöttischer Unterton lag in seiner immer leiser werdenden Stimme. Auch die anderen beiden bemerkten die Lüge sofort und als Soichi sich missmutig abwandte, war ihnen alles klar, Kurokawa jedenfalls, Tomoe schien immer noch ein wenig zu rätseln, was los war.

Ihnen war auch schon vorher aufgefallen, dass hier so einiges merkwürdig war. Auf den ersten Blick wirkte alles normal, doch bei näherem Betrachten fehlten Sachen, auch solche, die man nicht für einen zweitägigen Hotelaufenthalt brauchen würde.

Tomoe seufzte. Er wusste nicht genau, was es war, aber hier liefen so einige Dinge nicht so, wie es vielleicht sein sollte.
 

Der Rest des Tages verlief ruhig. Beim Abendbrot, von dem Paar zubereitet, da Soichi aufgrund von mangelnden Kochküsten nicht dazu imstande war, sprach niemand großartig und auch sonst wechselten nur Soichis Bruder und dessen Mann ein paar, wenn auch nur sparsame Worte. Die beiden hatten, nachdem Kurokawa seinem erstaunten Mann flüsternd seine Vermutung mitgeteilt hatte, beschlossen Soichi am folgenden Tag abends darauf anzusprechen.
 

In dieser Nacht schlief Soichi nur unruhig. Er fand keinen Schlaf und der Schmerz ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Immer wenn er kurz davor war, weg zu dösen, schreckte er wieder hoch und der Kummer beschlich ihn abermals. Man konnte die Wunde in seiner Brust nicht sehen, aber er fühlte sie und mit jedem Gedanken an Morinaga riss sie immer weiter auf und somit wuchs auch das beunruhigende Gefühl in seinem Herzen mehr und mehr an.

Auch am nächsten Morgen herrschte gedrückte Stimmung. Nachdem das Paar die Wohnung verlassen und Tomoe seinem Bruder noch einmal einen besorgten Blick zurückgeworfen hatte, machte Soichi sich widerwillig auf zur Uni. Er hatte Angst, Morinaga würde nicht da sein und sich diesmal sofort exmatrikulieren lassen. Glücklicher Weise hatte er sich beim letzten Verschwinden zunächst nur Beurlauben lassen, nachdem ihm von einer vorschnellen Exmatrikulation abgeraten worden war. Aber diesmal konnte er sich dem nicht sicher sein.

Morinaga hatte wirklich einen Hang zu Extrementscheidungen.

Soichis Angst war begründet, denn als er nach einer Vorlesung am Vormittag zum Labor ging, fand er dieses leer vor.

Unkonzentriert versuchte er seine Notizen zu vervollständigen. Nachdem er das Experimentieren aufgegeben hatte, versuchte er sich widerwillig an der Schreibarbeit, aber auch hier machte ihm seine innere Unruhe einen Strich durch die Rechnung. Seine Nervosität machte es ihm unmöglich einen Satz zusammenhängend aufs Blatt zu schreiben.

Andauernd blickte er verstört um sich und ließ seinen unruhigen Blick durch das Labor und zur Tür schweifen. Auf andere mochte es wirken, als wenn er etwas erwartete, doch Soichi wusste, dass es nichts gab, auf das er hätte warten können. ’Er kommt sowieso nicht’, redete er sich immer wieder ein. - Auch wenn er es nicht wahr haben wollte.
 

Dann flog ungeahnt die Labortür ratternd auf. Soichis Kopf ruckte hoch und er sah erwartungsvoll zur Tür. Ein junger Mann, groß, schlank, mit blondgefärbten Haaren lehnte gegen den Rahmen und schnippte lässig seine Sonnenbrille hoch. Soichi sah den “Eindringling” mit offenem Mund an. ’Wer ist er denn?’, fragte er sich, immer noch total konfus. Enttäuschung machte breitete sich in ihm aus wie ein Brand in einem Heulager.

“Tatsumi-senpai, richtig?!” Die angenehm tiefe Stimme des Neuankömmlings ließ Soichi aufschrecken. Sie passte so gar nicht zu dem jungen Typen, der dort in der Tür stand. Sie war so sanft und hörte sich sehr erwachsen an, aber der Körper dazu wirkte eher jugendlich und aufgekratzt.

“Bin ich falsch? Obwohl ich mich doch genau an die Wegbeschreibung gehalten hab... Also, wenn ich woanders hin muss, dann könnten Sie mir vielleicht weiterhelfen...?”

Soichi erwachte endlich aus seiner Art Trance: “Was... wie?”

“Ich möchte zu Tatsumi-san. Wie es scheint bin ich hier falsch, also wollte ich fragen, ob Sie mir den Weg zeigen könnten.” Er schenkte Soichi ein strahlendes Lächeln und für einen kurzen Moment war dieser von dem hübschen Gesicht seines Gegenübers geblendet.

“Ähm, nein”, setzte er missmutig an, “Sie sind hier schon richtig. Mein Name ist Tatsumi. Und Sie sind…?”

“Ich?”, der Blonde lachte in sich hinein, “ich heiße Reiiji Torada. Wir werden von jetzt an zusammen arbeiten. Ich wurde für die Laborarbeit mit Ihnen eingeteilt. Anscheinend wurde Ihnen das noch nicht mitgeteilt. Naja, ist ja auch kein Wunder, dass Sie nicht Bescheid wissen, es wurde schließlich erst heute Morgen beschlossen. Ich hoffe, es ist Ihnen nicht unangenehm, dass Sie bei dieser Entscheidung nicht einbezogen wurden, auch wenn es Ihr Recht ist. Sie haben doch nichts dagegen mit mir zusammen zu arbeiten?” Wieder blitzten die geraden Zähne in einem Grinsen auf.

’Na das haben sie ja schnell geregelt bekommen!’, dachte Soichi ein wenig wütend, doch seine Laune schlug um, er konnte nicht wütend sein. Ein anderes Gefühl bahnte sich an und bevor es ihn übermannen konnte, sagte er schnell: “Nein, schon gut! Ich denke, wir werden zurechtkommen.” Dann schluckte er schwer. ‘Das heißt, dass Morinaga sich entweder hat versetzen lassen oder...’

“Ähm, komm erst einmal rein! Schnapp dir ’nen Kittel und dann machst du das, was ich dir gleich sage!” Soichi hatte den Neuen unbewusst geduzt. Dieser schien sich jedoch weder an dem etwas rauen Ton seines neuen Senpais noch an der informelle Anrede zu stören.

“Okay, ich schmeiß meine Sachen einfach hier in die Ecke.” Er nahm seine Sonnenbrille ab und ließ sie verstaut in einem Etui in seinen Rucksack gleiten, den er dann links neben der Tür abstellte. Seine Jacke tauschte er schnell gegen einen Kittel und Soichi musste zugeben, dass er trotz der weißen Kutte ziemlich gut aussah.

Sein Körper war schlank, aber trotzdem ließ sich erkennen, dass er trainiert war. Soichi vermutete unter dem T-Shirt fein definierte Muskeln. Außerdem stellte er fest, dass sein Gegenüber genauso groß war, wie er selbst.

Am meisten aber faszinierte ihn das freundliche Gesicht. Trotz der femininen Züge minderte es nicht im geringsten die Männlichkeit seines Besitzers. Es schien ihm so vertraut, aber Soichi fiel niemand ein, der so aussah, dennoch hatte es eine sehr anziehende Wirkung auf ihn. Es war ein schönes Antlitz, von gepflegten, blondierten und leicht mit Braun abgetönten Haaren umrahmt. Unter einer Strähne blitzte ein silberner Ohrring hervor.

Eigentlich lehnte Soichi solche “ausgeflippten” Sachen, wie gebleichte Haare und Ohrringe bei Männern ab, aber er konnte nicht anders, als den jungen Mann sympathisch zu finden und ihm zumindest ein wenig zu vertrauen.

“Sag mal, wie alt bist du eigentlich?”, fragte Soichi seinen neuen Kohai und winkte ihn nebenbei zu sich heran um ihm die Unterlagen und Anweisungen zu geben.

“Ich bin 22.”

‘Oh, ähnlich wie Morinaga’, dachte Soichi und seine Brust zog sich bei dem Gedanken zusammen.

“Mir wurde schon erzählt, dass Sie ungefähr drei Jahre älter sind als ich. Sie schreiben an Ihrer Doktorarbeit, oder?! Wow, das ist toll! Ich wünschte, ich hätte auch so viel Grips wie Sie!” Reiiji lachte bewundernd. Diese Worte, wenn auch in abgewandelter Form, kannte Soichi bereits und erinnerten ihn an den letzten Sonntag, als noch alles in Ordnung war.

…Es war erst vier Tage her, aber er hatte es in kürzester Zeit geschafft, ihr Verhältnis zu zerstören…

Soichi erklärte Reiiji, ohne Umschweife und ohne auf die Bewunderung einzugehen, das Experiment:

“Also, nachdem du das gemacht hast... gibst du das hier”, er zeigte auf eine Flasche”, dazu! Und dann machst du das hier ... und dann... So, dann leg mal los! Ich guck dir erst mal zu, ob du das hinbekommst.”

Er beobachtete seinen Kohai und musste feststelle, dass dieser nicht minder begabt war als Morinaga. Beeindruckt von der Leistung beschloss Soichi, seinen Kohai allein im Labor lassen zu können. Er gab ihm weitere Anweisungen und bestimmte, dass er die Aufzeichnungen vervollständigen sollte. Ohne zu murren machte sich Reiiji auch sofort an die Arbeit.

“Ich bin gleich wieder da, mach inzwischen das, was ich gesagt hab.” Mit diesen Worten verschwand Soichi auch schon aus der Tür und machte sich auf zum Sekretariat. Er musste unbedingt wissen, was nun mit Morinaga war.
 

“Tetsuhiro Morinaga sagen Sie?”, der dunkelhaarige Mann blätterte in seinen Unterlagen, “Sie wissen, das ich eigentlich nichts sagen darf, aber da wir das Thema ja schon einmal hatten...” Er sah Soichi ernst an. Die Anspielung auf das erste Verschwinden Morinagas beunruhigte Soichi.

“Also... Er... oh, wie es scheint hat er sein Studium um ungefähr ein Jahr verschoben und dann hat den Antrag abgegeben für die Magisterprüfung, die dann ansteht.”

“Okay, danke, hat er sonst noch was gesagt, als er sich das hat ausschreiben lassen?”

“Das kann ich Ihnen nicht sagen, das hat ein Kollege gemacht, nicht ich.”

“Okay, danke noch mal.”

Soichi verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zurück ins Labor. Die Narbe, die er eigentlich geschlossen gehofft hatte, brach wieder auf und schmerzte diesmal viel heftiger als beim letzten Mal. Eine Frage wollte ihn einfach nicht loslassen: ’Warum hat er sich für ein Jahr beurlauben lassen um dann die Prüfung zu machen? Es macht keinen Sinn! Wenn er mich nicht mehr sehen will und nur noch schnell seinen Magister in die Tasche stecken will, hätte er auch den nächsten Termin nehmen können und nicht erst ein oder zwei Jahre später! Ich versteh es einfach nicht...’

Der Schmerz schnürte ihm die Brust zu. Es war fast unerträglich und das Schlimmste war, dass er nicht wusste, warum es so sehr weh tat. Tausendmal schrecklicher als wenn man ”nur” einen Freund verliert, aber auf den Gedanken, dass er mehr als “nur einen Freund” verloren hatte, kam er nicht.
 

Er fand sich in einem ruhigen Teil des Gebäudes wieder. Langsam setzte er sich in eine Ecke, wo niemand so schnell vorbei kommen würde und ließ seinen Kopf in seine Arme fallen. Er wollte nicht sofort wieder zurück ins Labor. Dort, wo der Neue nun Morinagas Platz einnahm. Der Neue, der so unglaublich nett war und so eine positive Ausstrahlung hatte. Nein, er wollte erst einmal seine Ruhe haben vor den großen, braunen und freundlich schauenden Hundeaugen, die ihn so sehr an Morinaga erinnerten.
 

***
 

______________________________________________________________________________
 

So, jetzt habt ihr Reiiji kennen gelernt! ^^ Was haltet ihr von ihm?
 

Der Brief... ja, irgendwann musste Morinaga einfach der Kragen platzen!! Und nun ist es passiert, na, ob die Situation noch zu retten ist??? o.O
 

Ich hoffe jedenfalls, dass die Gefühle der beiden Protagonisten ganz gut rüber gekommen sind!!! und dass ihr Spaß beim lesen hattet - auch wenn die beiden nun getrennte Wege gehen... (an dieser Stelle ein kollektives *Ooooooh*...) XDDD
 

Nun gut, Kommis sind erwünscht. :D

Und ansonsten, bis zum nächsten kapitel. ^^
 

Buster :3
 

P.S.: Thx an alle, die die FF auf ihre Favo-Liste gesetzt haben und an alle Kommi-schreiber! ^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-07-26T22:04:29+00:00 27.07.2009 00:04
Erst mal sorry das ich es erst jetzt lese und ein Kommi da lasse
aber ohh man!!!!!!
dU LÄSST DI bEIDEN JETZT ECHT MLA GAR NCITH SCHLECHT LEIDEN
*____________________________________________________*
Soichi kapierst ud es nciht? du liebst Morinaga!!!
Kann es sein das Kurokawa schon so etwas wie Liebeskummer erahnt?
irgendwie wirds passen,er hatte ja auch schon welchen dank Soichi
xD

Bitte lass Reiji kein Ersatz werden T.T das wäre irgendwie subnormal
*lach*
Es passt kein anderer zu Soichi als Morinaga x3...ich bezweifle das der Neue Soichi aushalten könnten,so wie es Morinaga es tat~,~

so dann lese ich mal da snächste
MUAHAHA

lg mia-chan~

Von:  Noa-Willow
2009-05-31T07:31:12+00:00 31.05.2009 09:31
Ich hatte ein paar Tränchen in den Augen! Das es mal soweit kommen musste war mir klar, aber es geht dennoch zu Herzen. Hoffentlich kommen die beiden wieder zusammen!
Von: abgemeldet
2009-05-27T23:57:02+00:00 28.05.2009 01:57
Endlich ein neues Kapi *__*
Ich habs mir schon gedacht das sowas passiert und war schon mit Tempos ausgerüstet xDDD
Ich fantasiere mir auch immer so ein Drama zusammen *hust hust*
Allerdings finde ich es übertrieben das Morinaga sagte das Soichi sich nee neue Wohnung suchen soll wenn diese hier zu groß ist... -.- DAS war doch nee Nummer zu viel für mich... *sniff*
Und die Sache mit dem neuem Kohai... kam ja schonmal auf nee ähnliche Art und Weise in ner anderen Fic vor xDD
Leider ist er bei dir gutaussehend und ich hab die Befürchtung das Soichi evtl. ihn als Ersatz für Morinaga nimmt... >___>
Ich hoffe aber doch sehr das es nicht der Fall ist Q___Q
Jetzt hoffe ich noch das Soichi gaaanz schlechte Gewissen bekommt, Morinaga wie verrückt vermisst, ihn unbedingt küssen will, ihn suchen geht und ihn dann um verzeihung bittet und ihn dan sagt dass er es eingesehen hat das er vllt. doch auf Morinaga steht xDDD
Natürlich kann ruhig noch mehr Drama kommen... hab nix gegen xDDD
Ich freue mich sogar über Stellen wo Soichi dann z.B. wie bei dir in der Ecke hockt und heulen will... das bestätigt mir nur das er Morinaga doch sehr gern hat *muahah*
Was wollte ich sonst noch sagen? xDD
Achja... ich mag deinen Schreibstile unglaublich gern *__* Okii... ich glaube das hab ich dir schon paar mal gesagt oder? *hust*
Außerdem kann ich eigentlich auf Tomoe+ Mann verzichten xDD
Die manschen nur im Brei rum *hust hust* Dass sie da sind stört mich nicht... aber egal xDD Wollte das nur mal los sein *grins*
Bin schon jetzt sehr gespannt drauf wie Soichi das ganze regeln will xDD
Warte jetzt mal schööön brav auf das neue Kapi *smile*
Kannsu nicht etwas schneller schreiben? xDDD
1 Kapi im Monat ist so wenig T3T Ich lese die Fic doch so gern Q___Q
Aber warscheinlich lässt es sich nicht ändern >___>
Ich hab versucht dir 'en langen Kommi zu schreiben xDD
Aber ii-wie ist er nicht sonderlich lang *hust hust*
Bekomme ich nächstes mal sicher besser hin *hohohoho*

LG~ [[LiinG]]


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