Zum Inhalt der Seite

Al Anochecer

Bei Einbruch der Nacht
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

3 Jahre zuvor ...

Ein kleines Dorf inmitten der Wüste Rasaha, errichtet in einer Oase. Trotz der Palmen, des dort auffindbaren Wassers und des Grases, das es in der Hitze aushalten konnte, konnte man innerhalb des Dorfes überall Sand antreffen – und das lag nicht nur an den aus Sandstein und Lehm errichteten Häusern, die zwar einfach, aber dennoch prunkvoll wirkten. Natürlich gab es in dem Dorf mehr grün als nur das der Palmen und der Gräser, aber das Leben der Einwohner war nun einmal geprägt vom Leben in der Wüste.

Das Dorf an sich beherbergte knappe hundert bis zweihundert Menschen, doch die letzte Zählung lag schon lange zurück. Und um all diese Menschen zu schützen, hatte man um die Oase eine Art Schutzwall aus Lehm errichtet, etwas höher als mannshoch und so dick, dass man nicht so leicht hindurch kam. Das Dorf hatte nur einen offiziellen Ausgang, der aus einem riesigen Tor bestand, welches auf altmodische Art und Weise geöffnet werden musste: Man zog die beiden großen Türen des Tores nach innen, so dass sie sich in der Mitte teilten und einen Eingang preisgaben. An sich bestand das Tor aus Metallsprossen, die allesamt eng an einander ein ebenfalls schwer überwindbares Hindernis darstellten.

Wollte man das Dorf angreifen und dem Erdboden gleich machen, so hielten einen allerdings nicht nur der Schutzwall und das Tor ab. Das kleine Dorf beherbergte einige Krieger, die sich schon lange einen Namen gemacht hatten und in Lobgesängen ihres Dorfes genannt wurden. Trotz der geringen Einwohnerzahl besaß man die fähigsten und zähesten Krieger im Umraum, die vor ihrer offiziellen Ernennung zum Krieger eine Prüfung in der Wüste zu bestehen hatten – oder sich im Kampf als brauchbar erweisen mussten. Wer einmal Krieger war, erlangte automatisch einen höheren Status, doch auch der Status des Kriegers war unterteilt in gewisse Abteilungen; wenige Krieger erhielten besondere Aufträge, deren Geheimhaltung es zu wahren galt.

Für den Fall dass das Dorf angegriffen und erobert wurde, hatte man einen inoffiziellen Ausgang aus dem Dorf hinaus erbaut. Im Schutzwall selbst, süd-östlich des Tores, war eine versteckte Tür eingelassen, die man nur als Mitglied der Familie des Dorfoberhauptes oder als einer dieser besonderen Krieger mit besonderen Aufträgen öffnen konnte. Weshalb dem so war, war ein großes Geheimnis in dem kleinen Dorf und nur wenige wussten um dessen Auflösung, doch diese schwiegen sich darüber aus.

Ein kleiner Junge, etwa vierzehn Jahre alt, ging mit seinem jüngeren Bruder durch die Straßen des Dorfes. Sie beide waren auf dem Weg zu Lady Mai, einer Heilkundigen des Dorfes, um dort die Medizin für den Jüngeren zu holen. Sie beide hatten braune Haare und sahen sich in gewisser Weise ähnlich, wobei das ältere der beiden aufgeweckter und glücklicher erschien, der jüngere machte ein schmerzerfülltes Gesicht und wirkte verschüchtert.

„Seht mal, da ist Zeki!“

Der ältere der beiden Jungen drehte den Kopf in die Richtung, aus der der Ruf eines Mädchens gekommen war. Neben dem Mädchen standen zwei weitere Mädchen und sie alle winkten den beiden Jungen zu, wobei der ältere ein breites Grinsen aufsetzte und der jüngere seinen Bruder am Arm anpackte.

„Zeki, ich habe Bauchschmerzen … “, wimmerte der kleine Bruder leise und sah nicht erfreut über die Aufmerksamkeit der drei Mädchen aus. „Keine Sorge, wir bekommen deine Medizin schon noch.“, antwortete der ältere, „Wir können doch zuvor mit den beiden ein wenig Fangen spielen.“ „Aber Zeki … ich habe Bauschmerzen … “ „Sie werden dich nicht umbringen, Zeth.“, meinte der ältere und grinste seinen Bruder keck an, „Na komm schon.“

Er setzte sich wieder in Bewegung und seine schnellen Schritte brachten ihn in einem eiligen Tempo zu den drei Mädchen, während sein kleiner Bruder ihm eher langsam und zögernd folgte ...
 

Einige Stunden lang spielten die beiden Brüder mit den drei Mädchen. Die Sonne versank am Horizont, der Himmel war rot-orange gefärbt und je näher die Sonne der Erde kam, wurden die Schatten länger. Im Dorf waren bereits die meisten Läden geschlossen und in der kleinen Bar kamen die Arbeiter zusammen, die endlich Feierabend hatten. Ebenso füllte sich allmählich das Restaurant; ein Wachdienstwechsel hatte ebenfalls an dem Haupttor stattgefunden und die Patrouillen waren bereits unterwegs.

Zeki bekam langsam ein schlechtes Gewissen und fluchte: „Verdammt! Vater und Mutter werden mir den Kopf abreißen!“ „Und wenn wir bei Lady Mai klopfen und sie um die Medizin bitten?“, schlug Zeth vor. Sein Bruder schüttelte den Kopf: „Lady Mai ist sehr konsequent, Zeth. Sie wird uns die Tür nicht ohne einen Bescheid unserer Eltern öffnen.“ „Dann lass ihn uns holen … ?“ „Und mich ihnen ausliefern.“, schloss Zeki und seufzte. Zeth zuckte zusammen; eine neue Welle des Schmerzes durchfuhr ihn. „Na gut.“, gab Zeki leise nach, „Dann lass uns zu ihnen gehen und uns den Bescheid geben lassen.“
 

Das Haus der beiden Brüder, in dem sie mit ihren Eltern wohnten, gehörte mit zu den größten und prunkvollsten Häusern des Dorfes. Die Mutter der beiden Jungen war die Tochter und Erbin des Oberhaupts des Dorfes, während der Vater der beiden einer der besten Krieger war und ein hohes Ansehen besaß. Er war sogar einer dieser besonderen Krieger, die gewisse Aufträge erfüllten, die einer Geheimhaltung unterlagen.

„Vater? Mutter?“, rief Zeki unsicher ins Haus hinein, als er uns sein Bruder es betraten und die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließen. „Vater ist in Mutters Arbeitszimmer.“, meinte Zeth und sah seinen großen Bruder selbstsicher an, „Ich kann ihn auf Pergament schreiben hören.“ „Auf dein Gehör ist immer Verlass, Kleiner.“, lobte Zeki ihn.

Die beiden Brüder schritten durch den Flur, dessen Wände mit allerlei Fotos der beiden Jungen und ihren Eltern, sowie bekannten und berühmten Persönlichkeiten behangen waren. Sie kamen an etlichen Türen vorbei und ebenso an einem riesigen Spiegel, dem die beiden Jungen keinerlei Beachtung schenkten, dann betraten sie das Arbeitszimmer ihrer Mutter, in dem der Vater der beiden Brüder an einem hölzernen und riesigen Schreibtisch gebeugt saß und wahrhaftig auf Pergament schrieb. Er blickte auf, als Zeki und Zeth das Zimmer betraten und legte seine Feder zur Seite, als der ältere der Brüder den Blick senkte.

„Was führt euch beide zu mir?“ „Vater, wir … ich bräuchte einen Bescheid für Lady Mai. … wir … müssen die Medizin von ihr bekommen.“, rückte Zeki mit der Sprache raus. „Einen Bescheid? Ihr solltet schon längst die Medizin haben! Eure Mutter schickte euch vor vier Stunden zu ihr und ihr kommt ohne die Medizin wieder?!“ Der Vater sah Zeki verärgert und gleichzeitig enttäuscht an. „Ja, Vater.“ „Euer beider Verhalten ist unehrenhaft!“ „Vater, ich bitte dich, gib mir den Bescheid. Ich werde eilen und die Medizin holen!“ „Es wird ein Nachspiel haben. Dein Bruder braucht diese Medizin, Zeki.“ „Ich weiß, Vater … “, murmelte Zeki und blickte beschämt zu Boden.

Sein Vater fuhr sich mit der einen Hand durch die dunkelbraunen Haare, dann nahm er eine weitere Rolle Pergament, hielt kurz inne und schrieb dann den Bescheid für Zeki, den er für Lady Mai benötigte. Mit einem drohenden Blick, der ebenso als warnend zu interpretieren war, überreichte er dem Ältesten seiner beiden Söhne die Rolle. Zeki hielt dem Blick seines Vaters stand, fühlte sich allerdings ziemlich unwohl dabei. Und kaum löste der Vater den Blick von ihm, drehte Zeki sich auf dem Absatz um und lief davon.
 

Zeki kam nie bei Lady Mai an, der Bescheid wurde in der Nähe ihres kleinen und dennoch prachtvoll wirkenden Hauses gefunden und die Eltern von Zeki begaben sich auf die Suche nach ihm. Die Suche, bei der auch die Krieger des kleinen Dorfes halfen, blieb erfolglos, dann erhielten die Eltern eine Forderung nach Lösegeld. In all der Zeit, die Zeki nicht auffindbar war, wurde Zeth immer kränker und musste schließlich eine Weile bei Lady Mai wohnen, die ihn so am besten pflegen konnte.

Zeki hingegen war, auch wenn Zeth's Lage nicht sonderlich angenehm war, in einer Situation, die er auch später noch als Hölle bezeichnen würde. Seine Entführer hatten im Auftrag eines sogenannten Chefs gehandelt und dieser hatte den besorgten Eltern die Forderung geschickt. Würden diese das Geld nicht zahlen, würde er dafür sorgen, dass ihr Sohn einem gefährlichen und tödlichen Experiment ausgeliefert werden würde. Zekis Eltern zahlten das Lösegeld, doch selbst das half dem Jungen nicht aus der Lage und rettete ihn auch nicht vor dem Experiment.

Zeki wurde gefoltert und viele seiner Knochen waren gebrochen, doch er hielt tapfer stand, hatte ihm doch sein Vater immer eingebläut, dass Krieger jedem Schmerz stand hielten, komme was wolle. Der Junge vertraute der Forderung und seinen Eltern und wirkte sichtlich erleichtert, als seine Eltern zahlten.

Was genau mit ihm geschah, versuchte Zeki so gut wie möglich auszublenden und zu verdrängen. Während ihm chemische Verbindungen in Kombination mit einigen unbekannten weiteren Komponenten eingeflößt wurden, blickte er immer wieder in das Gesicht seines Peinigers, der ihn angrinste und amüsiert ansah. Zeki, der höllische Qualen erlitt und tief in seinem Inneren ahnte, dass er sterben würde, begann einen abgrundtiefen Hass aufzubauen. Ihm wurde nicht nur physisch Schaden zugefügt, sondern auch allerlei anderen Wegen auch, so dass sich die Ahnung auf den Tod immer mehr in dem Jungen festigte.

Wieder seiner Erwartungen und der seiner Peiniger überlebte Zeki das Experiment, doch einige grundlegende Dinge hatten sich bei ihm geändert. Sein Körper reagierte mit starken Kopfschmerzen auf die Veränderungen und er war schneller und stärker geworden. Ihm gelang die Flucht, bei der er sich an seinem Peiniger rächen und seine neuen Kräfte testen wollte, doch dieser floh mit seinen Leuten, als er bemerkte, dass der Junge sich befreit hatte.

Zeki begab sich zurück in das Dorf, in dem er so lange als normaler Junge gelebt hatte, und kam verdreckt und erschöpft bei seinen Eltern an. Kraftlos fiel er seiner Mutter in die Arme, doch bevor sie ihn in ihre Arme schloss, war er bereits ohnmächtig geworden. Diese Ohnmacht hielt drei Tage und Nächte an, dann erwachte er wieder. Sein jüngerer Bruder saß an seiner Seite, ebenso seine Mutter. Sein Vater war vom Oberhaupt für einen Auftrag außer Dorf geschickt worden, so dass er nicht erlebte, wie sein Sohn wieder aufwachte.

Zunächst stellte Zeki nichts Besonderes an sich fest, doch mit der Zeit erkannte er, dass seine Kräfte und seine Schnelligkeit, wie er sie zuvor schon während seiner Flucht gehabt hatte, bleibend waren. So allerdings auch seine Kopfschmerzen. Trotz allem versuchte Zeki in sein normales, alltägliches Leben zurückzukehren, doch aufgrund der Dinge, die ihm zugestoßen waren, sah er die Welt aus einem anderen, neuen Blickwinkel.

Sein kindliches Verständnis hatte sich grundlegend geändert, ebenso sein Verhältnis zu den anderen Kindern, ob sie nun in seinem Alter waren oder nicht. Sie alle bewunderten ihn, weil er die Entführung überstanden hatte, doch niemand verstand ihn. Und um sich selbst ein wenig wohler zu fühlen und seinem Leben einen Sinn zu geben – er verstand nicht mehr, weshalb sich Kinder nun einmal so benahmen, wie sie es eben taten -, begann er zu trainieren. Dabei half ihm zunächst sein Vater, doch irgendwann wurde es ihm zu langweilig und er suchte nach neuen Herausforderungen. Dabei keimte in ihm erneut die Wut und der Hass auf seinen Peiniger auf und Zeki begann die Rache als den Sinn seines Lebens anzusehen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  fahnm
2010-11-01T02:17:00+00:00 01.11.2010 03:17
Der Anfang ist sehr interesant.



Zurück