Wer A sagt, muss auch B sagen
Liebe currypulver, ich gratuliere dir zum 2. Platz bei meinem Wettbewerb und in diesem Kapitel wird deshalb dein Charakter Anzu auftauchen. :) http://animexx.onlinewelten.com/fanart/1667177/
Ich möchte mich zudem herzlich für 14 Abonnenten und 80 Kommentare bedanken <3 Momentan überlege ich mir eine kleine Überraschung für den Tag, an dem die 100 Kommis voll werden.
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Es wurde Abend und die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen, wodurch bereits ein leichter Orangeschimmer über die Berge ragte und den Vulkan von Bad Lapidia in ein romantisches Licht tauchte. Nur schade, dass Faith so eine romantische Szenerie momentan gar nicht sehen wollte und deshalb mürrisch auf einem breiten Stein saß.
Taubsi hatte auf ihrer Schulter Platz genommen und zupfte sich die vom Training zerzausten Federn zurecht, weshalb immer wieder einzelne Federn gegen Faiths Wange knallten, was die Trainerin jedoch nicht zu stören schien. Bibor lag auf dem Rücken im schaute hinauf in den Himmel, wo es den vorbeiziehen Wolken Formen gab und sie allesamt mit Pokémonfutter assoziierte, weil es mittlerweile doch recht hungrig war. Und Voltilamm, der Neuzugang in Faiths Team, schmiegte sich an die Beine der Trainerin, mähte leise vor sich hin und kaute auf einem Grashalm herum.
Plötzlich vernahm Faith Schritte und dachte schon, dass Mira oder Itsuki – womöglich sogar Joel – nach ihr suchten, doch bereits im nächsten Moment machte sich Enttäuschung in ihr breit, als eine ihr unbekannte Trainerin den Weg entlangging und anhielt, als sie Faith sah.
„Huch, wieso sitzt du denn hier? Es wird bald dunkel.“ Das Mädchen schien nur ein wenig jünger zu sein als Faith und auf ihrer Schulter saß ebenfalls ein Taubsi, das neugierig gurrte, als es Faiths Taubsi sah. Sogleich erhoben sich beide Vogelpokémon in die Luft und flogen einige Runden zusammen, ehe sie zu ihrer jeweiligen Trainerin zurückkehrten.
„Ich habe hier trainiert“, meinte Faith schließlich gedehnt, stand auf und klopfte sich den Schmutz von der Hose. „Aber eigentlich wollte ich jetzt auch langsam zurück nach Bad Lapidia.“
„Das trifft sich gut, da muss ich auch hin.“ Die Kleine mit den hüftlangen, rosa Haaren und ebenso rosa Augen lächelte freundlich und wartete, bis Faith ihre drei Pokémon zurück in die Pokébälle geholt hatte. „Ich muss zur Arena, Anya heißt die Leiterin, glaube ich.“
„Ja. Anya.“ Faith nickte und schlenderte neben der Unbekannten den steinigen Pfad entlang, den sie früher am Tag erst hinauf gestampft war. „Willst du gegen sie antreten und den Lavaorden gewinnen?“
„Ich und in der Arena kämpfen? Nee, sicher nicht.“ Die Rosahaarige kicherte und schien über den Gedanken sichtlich amüsiert zu sein, zupfte dann aber an ihrem Fischernetzärmel und grinste breit. „Ich bin Janinas Schülerin – ein Ninja. Kennst du Janina?“
Faith schüttelte den Kopf, dachte dann erst nach und bemerkte bald, dass es ihr doch ein wenig dämmerte. „Warte mal, gibt es in Kanto nicht eine Arenaleiterin, die so heißt? Janina, meine ich?“
„Ganz genau. Janina musste hier in Bad Lapidia etwas erledigen und hat das mit einem Treffen mit Anya verbunden. Ich bin nur mitgekommen, weil Janina darauf bestanden hat. Den Tag über habe ich oben am Vulkan trainiert – schon komisch, dass ich mittlerweile so viel Spaß am Pokémontraining habe.“
„Pokémon zu trainieren macht doch auch Spaß“, entgegnete Faith irritiert und konnte sich nicht vorstellen, wie jemand das nicht mögen könnte, wenn sie Mira wegen ihrer Schüchternheit einmal außen vor ließ. „Erklär mir das mal.“
„Also gut. Aber bevor ich es vergesse, ich bin Anzu.“ Freundlich lächelnd streckte Anzu ihr die Hand hin und erwiderte gut gelaunt Faiths festen Händedruck. „Ich wollte nie eine Pokémontrainerin sein, nie. Ich mochte Pokémon nicht wirklich, aber Janina hat mich nach Alabastia zu Professor Eich geschleppt und er hat mir ein Taubsi gegeben.“ An der passenden Stelle gurrte ihr Taubsi und plusterte stolz sein Gefieder auf. „Du kannst dir sicher denken, dass ich am Boden zerstört war, aber es kam noch schlimmer.“
Faith hob abwartend eine Augenbraue in die Höhe.
„Als ich im Labor war, ist ein männliches Nidoran aus einem Ei geschlüpft und es sah mich. Irgendwie muss es mich für seine Mama gehalten haben, jedenfalls ist es mir hinterhergelaufen und dann hat der Professor es mir einfach so anvertraut. Das war der schlimmste Tag in meinem Leben – jedenfalls habe ich das damals gedacht.“ Grinsend zuckte Anzu mit den Schultern. „Heute bin ich richtig froh, dass ich mein Team habe. Taubsi ist immer für mich da und Nidoran ist mittlerweile ein stattliches Nidoking geworden. Dann wären da auch noch mein Arkani, Lapras und ein Shiny Knofensa, das ich mehr durch Zufall gefunden habe.“
„Wow, das klingt ziemlich beeindruckend. Dagegen ist meine Vita kurz und schmerzlos. Das bedeutet dann, dass du niemals aufgegeben hast und immer trainiert hast, bis du mit deinen Pokémon so ein gutes geworden bist, nicht wahr?“
Anzu nickte und streichelte Taubsi am Kopf. „Genau. Janina hat immer gesagt, dass sie nichts Anderes von mir erwartet hätte. Oh, da vorne ist auch schon die Stadt. Wir müssen heute Abend noch abreisen, viel Zeit bleibt mir gar nicht mehr. Schade eigentlich, dabei wollte ich noch die heißen Quellen ausprobieren. Wie heißt du eigentlich?“
„Faith. Entschuldige meine schlechten Manieren, ich bin heute ein wenig durch den Wind. Faith Loraire ist mein Name, ich bin auch Pokémontrainerin. Mein Team hast du vorhin ja schon gesehen.“
„Du wirkst etwas niedergeschlagen, Faith. Kann ich dir vielleicht irgendwie helfen?“
Faith lachte in sich hinein und schüttelte den Kopf. „Nein, ist schon gut. Ich habe einen Rivalen und der setzt mir irgendwie immer dann zu, wenn ich am verletzlichsten bin.“ Die Wut über Joel kehrte in einer tosenden Welle zurück und brach über Faith zusammen. „Ich hasse ihn, er macht sich ständig über mich lustig und meint mich aufziehen zu müssen. Er hält sich für den nächsten Pokémonchampion und erkennt mich nicht einmal als Konkurrenz an, womit er momentan sogar recht haben könnte, weil ich mich total blöd anstelle und auf der Stelle trete!“
„Es geht mich zwar nichts an, aber ich bin immer so neugierig. Erzähl mir mehr, bitte!“ In Anzus Augen blitzte reges Interesse auf, was Faiths machtlos seufzen ließ.
„Na schön. Wir haben einmal gegeneinander gekämpft und da hat er meine Pokémon regelrecht in den Boden gestampft. Er ist ein wahnsinnig guter Trainer, das muss ich zugeben, aber das darf er natürlich nie aus meinem Mund hören. Mein Traum ist es schon immer Pokémonchampion zu werden, aber auf einmal ist jemand wie Joel da und bedroht diesen Traum.“
„Und davon lässt du dich unterkriegen? Ich sage dir jetzt mal was, Faith. Ein Ninja gibt niemals auf, ein Ninja weiß jedoch, wann es strategisch besser ist sich zurückzuziehen. Du darfst dich niemals von ihm unterbuttern lassen, niemals unterkriegen lassen, verstanden? Wenn es dein Traum ist, dann halte an ihm fest. Wer A sagt, muss auch B sagen. Gib niemals auf und sei wie ein Fluss, verstanden? Immer in Bewegung sein, niemals still stehen und mit der Zeit können selbst riesige Felsen gebrochen werden.“
„Anzu, da bist du ja! Wir wollen fahren, kommst du?“
Anzu blickte Faith energisch in die Augen, drehte sich dann zu der Stimme um und winkte einer jungen Frau. „Ich bin gleich da, Janina!“ Schnell wandte sie sich wieder Faith zu. „Verstanden?“
„Niemals aufgeben, wie ein Fluss sein. Ja, ich glaube, das habe ich verstanden. Danke, Anzu.“ Sie nickte dem Mädchen zu und lächelte es freundlich an. „Vielen Dank.“
„Keine Ursache.“ Anzu zuckte kurz mit den Schultern, dann drehte sie sich um und lief wie ein kleiner Wirbelwind zu Janina, mit der sie hinter der nächsten Straßenbiegung verschwand.
„Wie ein Fluss“, murmelte Faith leise vor sich hin, ballte die Hände zu Fäusten und entspannte sie kurz darauf wieder. „Ich bin wie ein Fluss und ich werde Joel brechen.“ Aber zuerst musste sie sich bei Mira entschuldigen, dass sie einfach fortgerannt war und sie stehen gelassen hatte. Mit neuem Mut und neuem Tatendrang kehrte Faith ins Pokémoncenter zurück und wusste, dass ein Teil von ihr sich verändert hatte. Sie war auf dem besten Weg, eine ganz neue Faith zu werden.