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Peace of mind.

Seelenfrieden.
von

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Piece of my true self.

„Du solltest in Bett liegen und schlafen.“

Kath stand auf der Promenade am Strand vor den dortigen Geschäften und blickte hinaus auf das Meer, während sich ein Mann mit blonden Haaren zu ihr gesellte und sich neben sie stellte. Er blickte sie nicht an und wie auch ihr Blick ruhte seiner auf dem Meer. Er hatte zu dem blonden Mädchen gesprochen, das die Arme vor dem Körper verschränkt und einen ernsten Blick aufgesetzt hatte.

„Während meine Lehrerin ironischerweise bis spät in die Nacht ebenfalls durch die Gegend streunt?“, kam die Antwort von Kath. Der Mann setzte ein Grinsen auf, dann meinte er: „Du musst für das Leben lernen, sie nicht.“ „So gesehen kann ich das noch in einigen Jahren nachholen.“ Der Mann setzte zu keiner Antwort an.

„Was willst du, Charlie?“, erkundigte Kath sich und schenkte ihrem Gesprächspartner zum ersten Mal einen kurzen Blick, „Dass der Chef des Packs mit einer wie mir spricht … Normalerweise regelt ihr doch alles über Lil.“ Charlie ließ sich mit seiner Antwort Zeit und sah einer Joggerin am Strand nach, dann erklärte er: „Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen.“ „Und die Umstände wären … ?“ „Caihong Jin.“

Kaths Blick, der wieder zum Meer gewandert war, richtete sich fast augenblicklich auf Charlie. Ihre dunklen Augen schienen ihn zu röntgen und etwas Undeutbares lag in ihnen, während sich ihre Körperhaltung von gelassen und doch abweisend zu angespannt gewandelt hatte. Charlie hingegen, die Hände in den Taschen, blickte sie ruhig an. Ihn schien diese Nachricht nicht so mitzunehmen wie es mit ihr war.

„Er stattete mir einen Besuch ab.“, fuhr Charlie ebenso ruhig fort wie er sie ansah, „Demolierte unter anderem meine Wohnung.“ „Was will er?“ „Ich nehme an, dass du weißt, was die Prophezeiung ist?“ Kath nickte. „Anscheinend ist sie bis zu ihm vorgedrungen.“, fuhr Charlie mit seiner Erklärung fort, „Aber viel wichtiger ist, dass seine alleinige Anwesenheit das Leben aller gefährdet.“ „Weil er ein Vampyr ist.“ „Weil er ein blutrünstiger Killer ist.“, verbesserte Charlie ihn, „Die Rasse macht nicht viel aus. Werwölfe sind nicht besser als Vampire und gemeinsam sind sie nicht besser als Vampyre. … oder gar Menschen.“ Er seufzte, sein Blick wanderte wieder auf das Meer und Kath murmelte: „Die Prophezeiung ist nur ein Märchen. Weshalb nimmt er sie für bare Münze?“ Charlie zuckte mit der Schulter, dann durchbrach das Läuten eines Handys die angespannte Unterhaltung und Stimmung.

Entschuldigend blickte Charlie Kath an und zog sein Handy hervor. Er nahm das Gespräch an und höchstens zwei Minuten später legte er auf und seufzte ein weiteres Mal. Kath hob eine Augenbraue, sah Charlie dabei an und er antwortete entschuldigend: „Jess. Ich sollte gehen.“ „Ja, ja.“, wehrte Kath ab und sah ihn wieder so abweisend wie eh und je an, „Und halt meine Lehrerin nicht so lange wach.“ Sie grinste während er sich abwendete und ging.
 

Auch Kensi war um diese Uhrzeit noch außer Haus. Ihr gingen so viele Dinge durch den Kopf, dass sie sich nicht auf eine Sache konzentrieren konnte und auch den Schlaf konnte sie so nicht finden. Aus diesem Grund hatte sie ihrem Vater Bescheid gegeben, dass sie einen Spaziergang unternehmen würde, dann hatte sie das Haus verlassen und nun wanderte sie ziellos durch die Straßen und versuchte ihren Kopf frei von allen Gedanken zu bekommen.

„Kensi!“

Kensi blieb stehen, drehte den Kopf in die Richtung des Rufes und erblickte ihre Lehrerin. Diese ging schnellen Schrittes auf sie zu und blieb dann stehen, als sie sie erreicht hatte. Sie blickte Kensi ernst aber dennoch lächelnd an und Kensi erwiderte das Lächeln.

„Miss Levin, was machen Sie so spät noch hier?“, fragte Kensi, die durchaus wusste, dass diese Frage besser von seitens der Lehrerin gestellt wäre, immerhin war Kensi die Jüngere. „Ich treffe mich mit jemandem.“, antwortete die junge Lehrerin, „Aber sollte diese Frage nicht eher dir gestellt werden?“ Kensi nickte leicht. „Also?“ „Ich kriege den Kopf nicht frei von Gedanken.“, gestand Kensi, „Aber das ist nur eine Kleinigkeit.“ Jessica nickte nachdenklich, dann fragte sie: „Und was liegt dir auf dem Herzen, Kensi?“ „Ich … also … “ Kensi war überrascht von der Frage. „Ich werde es selbst klären können, Miss Levin. Danke.“ „Du weißt, dass ich für meine Schüler da bin.“, erinnerte die Lehrerin sie, „Es gibt nichts Schlimmeres als Schüler, die alleine durch das Leben gehen müssen.“

Ihnen beiden näherte sich ein Mann mit blonden Haaren und dunkelblau-braunen Augen. Er trug ein kariertes Hemd, welches oben aufgeknöpft war, und darunter ein weißes Oberteil von dem man so nicht sagen konnte ob es ein T-Shirt oder etwas anderes war. Seine Jeans war verwaschen und er ein Lederband mit einem Zahn um den Hals, während an seinem Arm ebenfalls etliche Lederbänder gebunden waren.

„Charlie.“, begrüßte Jessica den Mann, der sich zu ihnen stellte. „Jess.“, reagierte er auf ihre Begrüßung, dann sah er Kensi an und nickte ihr leicht zu. Kensi murmelte eine Begrüßung. „Kensi … Das ist Charles Siska.“, stellte Jessica ihren Begleiter vor, „Ihm wäre es lieber, wenn man ihn Charlie nennt.“ Kensi grinste bei diesen Worten. „Charlie, das ist eine meiner Schülerinnen.“, fuhr Jessica fort. „Kensi Cone.“, meinte Kensi und hielt Charlie die Hand hin, „Sind Sie Miss Levins Freund?“ „Direkt ist sie ja, da hattest du Recht.“, sagte Charlie lachend, dann ergriff er Kensis Hand und drückte diese zur Begrüßung. Sein Griff war fest und überraschte Kensi ein wenig, doch sie spürte, dass er nicht böse gemeint war.

„Irgendwie sind ziemlich viele deiner Schüler noch unterwegs, Jess.“, meinte Charlie und legte seinen Arm um seine Freundin, „Und die sind in der ersten Stunde wirklich wach?“ „Natürlich.“, antwortete die Brünette grinsend, „Meine Schüler interessieren sich für das, was ich ihnen beibringen will.“ Charlie schüttelte mit ungläubigen Blick den Kopf, dann wendete er sich an Kensi: „Normalerweise sollte eine Lehrerin ja ihre Schüler nicht zu etwas einladen, deshalb übernehme ich das mal … “ Sowohl Kensi als auch Jessica blickten Charlie fragend an. „Hättest du Interesse an einer Cola?“ Kensis Blick glitt fast automatisch zu ihrer Lehrerin, die nur mit der Schulter zuckte. „Nun gut … “, lenkte Kensi vorsichtig ein, „Warum nicht?“ „Genau das wollte ich hören.“, meinte Charlie und lächelte sie an, „Dann mal los. Ich kenne da einen guten Pub in der Nähe.“
 

Die kleine Gruppe erreichte den sogenannten Pub nach wenigen Minuten. Kensi begab sich entschuldigend in Richtung Toilette, während Charlie die Bestellung bei dem Wirt aufgab – sie hatten Plätze an der Theke ergattert. Dann fragte Charlie seine Freundin leise: „Ist Kensi das Mädchen von dem du im Zusammenhang mit Kathleen und Danielle gesprochen hast?“ Jessica nickte. „Dann sollte ich mal ein wenig mit ihr reden.“, meinte er, „Wie viel sie bereits weiß.“ „Noch denke ich, dass sie nichts weiß.“ „Jess … “ Charlie beugte sich langsam zu ihr, senkte seine Stimme noch weiter und sah sie vielsagend an. „Auch wenn du dich als Lehrerin von ihr fernhalten solltest, so werde ich dafür sorgen, dass die anderen ein Auge auf sie werfen.“

Kensi kehrte zurück zu den beiden und Charlie setzte sich wieder normal hin. Der Wirt hatte mittlerweile die Getränke auf den Tresen gestellt und sich seinen anderen Gästen zugewendet. Diesen beobachtend griff Kensi nach ihrem Glas und nahm einen Schluck. Charlie tat es ihr mit seinem Bier gleich, während Jessica unruhig mit den Fingern an ihrem Wasserglas tippte.

„Was machst du denn so in deiner Freizeit, Kensi?“, erkundigte Charlie sich und Kensi richtete ihre blauen Augen auf ihn. „Ich bin viel mit Freunden unterwegs … mit meinen Geschwistern … “, zählte sie auf, „Am Strand, in der Mall … “ Charlie nickte, fragte dann: „Hast du einen Freund?“ „Einen … was?“ Kensi blickte ihn überrascht an. „Einen Freund.“, wiederholte Charlie und Jessica schloss die Augen und schüttelte leicht den Kopf, bevor sie die Augen wieder öffnete und Kensi ebenfalls ansah. „N-Nein.“, antwortete Kensi und Jessica hakte nach: „Und was ist mit Jason? In der Schule trifft man euch beide doch meist zusammen an.“ „Wir kennen uns seit ich nach Los Angeles gezogen bin. Man könnte ihn als besten Freund bezeichnen, aber nicht als festen.“, erklärte Kensi.

Charlie holte sein Portemonnaie hervor und reichte dem Wirt das Geld für die Getränke. „Sie … Sie müssen das nicht bezahlen.“, sagte Kensi und sprang von ihrem Barhocker, „Sie bekommen das Geld zurück.“ Sie griff in ihre Hosentasche, bemerkte dann aber, dass sie kein Geld bei sich hatte. „Ich gebe es Miss Levin morgen in der Schule. Ehrlich … Versprochen.“ Abwehrend hob Charlie die Hand, wobei er sie amüsiert ansah und meinte: „Ich finde es gut, dass du niemandem zur Last fallen möchtest, Kensi, aber lass gut sein. Du brauchst mir das Geld nicht zurückgeben. Ich habe dich immerhin auch eingeladen.“ Er erhob sich ebenfalls und Jessica tat es ihm gleich.

„Wir bringen dich noch nach hause.“, meinte er, „Es liegt ohnehin auf dem Weg.“ „Das müssen Sie beide nicht … “, wollte Kensi das Angebot abwehren, doch Jessica meinte: „Es ist spät und um diese Uhrzeit sind Leute unterwegs, die sehr unangenehm werden können. Glaub mir, Kensi … Wenn Charlie dir das anbietet, solltest du es annehmen. Zumal er Recht hat; auf dem Weg liegt es wirklich.“ Kensi zögerte, doch dann nickte sie.
 

Kensi, die am nächsten Morgen in der ersten Schulstunde ihren Platz neben Jason bezogen hatte, unterhielt sich mit diesem über die Einladung vom gestrigen Abend. Jason war erstaunt, dass Kensi vom Freund der Lehrerin zu einer Cola eingeladen und nach hause gebracht worden war und interpretierte einiges hinein, was Kensi abtat. Kath saß ebenfalls auf ihrem Platz; mit eisigem Blick hielt sie sich die anderen Schüler vom Leib.

Es läutete zum Stundenbeginn und Jessica betrat das Klassenzimmer. Allerdings war sie nicht allein, sondern Danielle begleitete sie. Während Jessica ihren Blick über die Schüler schweifen ließ und lächelte, wirkte Danielle zwar gefasst, aber nicht sonderlich fröhlich. Eher schien sie einen anderen Ort de, jetzigen vorzuziehen.

„Guten Morgen, Kurs.“, begrüßte Jessica den Kurs, dieser erwiderte es mit einem einstimmigen guten Morgen, „Wie ihr sehr, habe ich heute jemanden mit in den Kurs gebracht. Sie ist neu in eurem Jahrgang und wird auch diesen Kurs besuchen. Ihr Name ist Danielle Brennan und ich möchte, dass ihr sie gut in eure Reihen aufnehmt. Danielle, sagen Sie doch ein paar Worte zu ihren neuen Mitschülern.“ Jessica sah das Mädchen auffordernd an, diese seufzte und sagte dann: „Ich bin aus Charlotte, North Carolina, mit meiner Tante hierher gezogen. Ich denke, dass das hier ganz lustig werden könnte.“ Sie setzte ein Lächeln auf, doch Kensi konnte erkennen, dass sie es nicht ehrlich meinte. „Neben Kathleen ist noch ein Platz frei.“, wies Jessica Danielle an, „Setzen Sie sich und versuchen Sie erst einmal Ihren Stand in unserem Thema zu finden.“

Der weitere Unterricht verlief wie sonst auch. Jason schien der Crash-Kurs in Shakespeare geholfen zu haben, Kensi kam gut mit uns sogar Danielle, die eigentlich erst noch herausfinden sollte, ob sie mit dem Thema bereits vertraut war, meldete sich einige Male zu Wort, wobei sie kühle Blicke von Kath erntete, die die Nähe zu ihr nicht sonderlich gut leiden konnte und wie eh und je still den Unterricht verfolgte – allerdings gab Kath richtige Antworten, wenn sie zu einer aufgefordert wurde. Jessica verließ den Unterricht ohne Hausaufgaben aufgegeben zu haben zum Ende der Stunde, während die Schüler ihre Sachen packten und sich auf den Weg zum nächsten Unterricht machten.

„Kensi? Kann ich dich etwas fragen?“ Danielle hatte ihre Sachen bereits gepackt und ging zu Kensi herüber, die mit Jason sprach und ihre Unterlagen in ihre Tasche packte. Sie sah auf und nickte leicht, dann begab sie sich weiter an das Einpacken. „Könntest du einen Blick auf meinen Stundenplan werfen und mir sagen, welche Fächer wir gemeinsam belegt haben?“ Sie reichte Kensi ihren Stundenplan. „Soll ich dir die markieren?“, erkundigte Kensi sich und holte einen Stift hervor. Danielle nickte und Kensi schrieb an einige der Fächer ein K. „Danke, Kensi.“, meinte Danielle und schenkte der Blonden ein Lächeln, diese meinte: „Kein Problem, aber wir sollten uns beeilen. Wir haben jetzt noch drei Stunden zusammen und der nächste Lehrer ist immer überpünktlich und ziemlich streng … “
 

Die beiden Mädchen überstanden die zweite Stunde ohne Probleme. Sie waren pünktlich zum Unterricht erschienen und mit ein paar Nachfragen bei den anderen Schülern hatte Danielle sogar einen Platz neben Kensi bekommen können. Danach waren sie beide zum Klassenzimmer gegangen, in dem Jason als letztes Unterricht gehabt hatte und die große Pause gemeinsam verbracht. Auch andere Mitschüler waren zu ihnen gekommen und hatten sich kurz mit Danielle unterhalten, da eine neue Schülerin immer etwas Besonderes, wenn auch nichts Neues, war. Kensi wusste nur zu gut, wie Danielle sich fühlte, doch diese zeigte es nicht und sprach lächelnd mit jedem der Schüler, die zu ihnen kamen.

Schließlich hatten sie drei gemeinsam Sport; die letzten zwei Stunden, die Kensi und Danielle gemeinsam an diesem Tag haben würden. Kensi durfte aufgrund der überdehnten Bänder in ihrem Knie nicht am Unterricht teilnehmen und musste aus diesem Grund vom Rand aus ihren Kurs beobachten, während dieser in zwei Gruppen aufgeteilt wurde. Die eine Gruppe hatte Sprinten als Thema, während die andere Ringen als das ihrige bezeichnen durfte. Nach den ersten 45 Minuten würden die Themen ausgetauscht, so dass jeder jedes Thema hatte durchführen dürfen. Kensi sollte auf die Zeit achten, doch eine ihrer Mitschülerinnen lenkte ihre Aufmerksamkeit davon ab …

Jason war es, der nach zwanzig Minuten zu Kensi ging um ihr seine Zeit vom Sprinten zu nennen. Er stützte sich mit der einen Hand an der Hallenwand neben ihr ab und sah hinüber zu seiner Gruppe, die noch immer am Laufen war. Sein Blick ruhte, wie der von Kensi, auf Danielle, die beeindruckende Leistungen zeigte, die man nicht von ihr erwartet hätte.

„Sie ist schnell.“, sagte Jason leise zu Kensi, „Unglaublich. Wo hat sie das gelernt?“ „Du erinnerst dich an unser gestriges Gespräch?“, fragte Kensi ihn leise und blickte ihn an, „Über meine Vermutungen?“ „Ach komm schon, Kensi.“, meinte Jason und machte eine wegwerfende Bewegung mit der freien Hand, „Es gibt Menschen, die sind wie Hund und Katz.“ „Jason … “ „Mach, dass du gesund wirst.“, wies Jason sie an, „Du bist doch eine super Läuferin. Ein Lauf gegen sie wäre doch mal was.“ Und damit löste er sich von der Wand und ging zurück zu seiner Gruppe.

Kurze Zeit später mussten die Gruppen die Themen wechseln. Und wieder schien Danielle diese Sportart gut zu beherrschen – die Mädchen lagen einer nach dem anderen beim Ringen am Boden und auch die Jungen schienen gewaltige Probleme zu haben und nach kurzer Zeit wollte keiner mehr so wirklich gegen die Brünette antreten. Erst Jason, der zwar nicht gut im Ringen war, aber sonst ziemliche Kräfte besaß, wagte wieder einen Versuch.

„Du magst zwar ein Mädchen sein, aber ich nehme mich nicht zurück … “, sagte er herausfordernd, als Danielle und er sich gegenüber im Ring postierten, „ … und sollte ich gewinnen, wirst du Kensi ein paar Fragen ehrlich beantworten. Deal?“ Danielles Blick glitt kurz zu Kensi herüber, dann erkundigte sie sich: „Und wenn ich gewinne, was bekomme ich dann?“ „Such dir etwas aus.“ „Ich werde darauf zurückkommen.“, meinte Danielle schließlich, „Dann lass uns anfangen.“

Wie auf ein von ihnen bestimmtes und unsichtbares Zeichen hin griffen die beiden einander an. Danielle schien mit Jasons Kraft mithalten zu können, doch auch Jason wirkte nicht ganz machtlos gegen sie, obwohl die Brünette es mit einigen Jungen hatte aufnehmen können. Der Kampf wirkte ausgeglichen und keiner der beiden ging zu Boden und schon nach kurzer Zeit standen die anderen Schüler um die beiden herum und sahen ihnen gebannt zu – so tat es auch der Lehrer.

Erst als es zum Ende der Sportstunde schellte, ließen die beiden voneinander ab und bedankten sich für den Kampf, so wie man es beim Karate oder anderen Sportarten tat. Von den Mitschülern gab es Applaus für den Kampf und von dem Lehrer ein Lob, während Kensi die beiden ansah und keinerlei Anzeichen von Freude oder Sorge zeigte.

„Das bedeutet wohl unentschieden.“, meinte Danielle und verließ mit Jason die Sporthalle um zu den Umkleiden zu gehen, „Ich werde einen kleinen Teil des Einsatzes einlösen. Es ist nur gerecht, immerhin habe ich weder gewonnen noch verloren.“ Jason nickte. „Wirst du dem ebenfalls nachkommen?“, erkundigte Danielle sich und hielt inne, die Hand auf der Türklinke zur Mädchenumkleide. „Nun … “, begann Jason nachdenklich, dann nickte er leicht, „Wieso nicht? Ist nur fair, wenn beide Seiten dem nachgehen.“ Er setzte ein Grinsen auf. „Dann solltest du Kensi nach er Schule abfangen.“, meinte Jason, dann wendete er sich ab, ging weiter und war um eine Biegung in Richtung Jungenumkleide verschwunden.
 

„Tschüss, Kensi!“

Am Eingangstor zur Schule trennte sich eine kleine Gruppe von Schülerinnen und Schülern. Während die meisten in eine Richtung gingen, war Kensi die einzige, die eine andere Richtung wählte. Danielle, die in einigem Abstand die Schule verlassen hatte, folgte Kensi fast augenblicklich, beschleunigte ihre Schritte und holte sie schließlich ein.

„Warte mal, Kensi!“, rief sie ihr nach und stoppte dann schlitternd neben ihr ab. Kensi drehte den Kopf und sah Danielle fragend an, dann lächelte sie leicht. „War der erste Tag noch gut?“, erkundigte sie sich bei der Brünetten. Diese nickte und antwortete: „Ja. Leichter als ich dachte. Aber in Mathe arbeitet ihr irgendwie anders als wir … “ Kensi musste schmunzeln.

„Du … Jason und ich haben um etwas gekämpft.“, brachte Danielle schließlich zur Sprache, was sie zu diesem Gespräch mit Kensi gebracht hatte. „So?“ Kensis Blick wurde überrascht. „Er wird etwas für mich tun wenn ich darauf zurückkomme und ich werde dir einige Fragen beantworten.“ „Wegen dem Unentschieden?“, hakte Kensi nach. Danielle nickte, dann meinte sie: „Ja. Und ich habe es versprochen. Deshalb bitte ich dich, mich zu fragen, was du unbedingt fragen willst. Ich werde es dir ehrlich beantworten. So viel bin ich dir schuldig … oder Jason.“ Letzteres fügte Danielle fast lautlos hinzu. Kensi nahm den Blick nachdenklich von Danielle und nickte leicht.

Natürlich gab es da etwas, dass Kensi Danielle fragen wollte, doch war das die passende Gelegenheit? Würde sie es abstreiten, auch wenn sie auf Ehrlichkeit plädierte? Oder hatte Kensi im Grunde viel zu viel Fantasie gehabt und diese war mit ihr durchgegangen?

„Es gibt da schon etwas … “, lenkte Kensi schließlich leise murmelnd ein und vermied den Blick zu Danielle, „ … aber mir ist unwohl dabei. Es klingt verrückt und du fängst sicherlich zu lachen an.“ Danielles Blick wurde skeptisch, aber dennoch fragte sie auffordernd: „Was denn? Ich werde nicht lachen.“ „Wer oder was bist du, Danielle?“ Kensi sah Danielle ernst an, diese wiederum hielt die Luft hörbar an und blieb stehen.

Nach einer Zeit, die Kensi wie eine halbe Ewigkeit vorkam, brach Danielle leise zögernd das zwischen ihnen entstandene Zögern: „Ich bin Danielle Brennan, 18 Jahre alt und eine Schülerin wie du. Ich lebe bei meiner Tante und bin erst vor wenigen Tagen hierher gezogen.“ „Nein … “, versuchte Kensi ihre Frage zu präzisieren, „Niña de la luna. Was bist du wirklich? Dieser Name scheint eine Bedeutung zu haben … nicht nur die Übersetzung, sondern an sich … “ Danielle senkte den Blick und schwieg nachdenklich. Kensi ließ ihr die Zeit, die sie sich nahm.

„Ich komme heute Abend.“, sagte Danielle plötzlich ernst, „Und beantworte dir diese Frage. Nur diese eine.“ Und damit machte sie kehrt und ging davon, eine verwirrte Kensi hinter sich lassend.
 

Es war bereits nach acht Uhr am Abend; Kensis jüngere Geschwister Noah und Samantha waren im Erdgeschoss im Wohnzimmer und saßen vor dem Fernseher, der Vater war außer Haus. Kensi hatte all ihre Hausaufgaben beendet und saß in ihrem Zimmer auf ihrem Bett und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie zweifelte daran, dass Danielle noch kommen würde und hatte nach langem Überlegen eine CD eingelegt. Eine CD, die ihr einst ihre Mutter geschenkt hatte …

Die Türklingel riss Kensi aus ihren Gedanken und Erinnerungen an ihre Mutter und Sams Ruf ließ sie genervt den Kopf schütteln: „Kensi! Mach die Tür auf!“ „Mach selber!“, rief Kensi zurück, war allerdings bereits auf der Treppe und damit auf dem Weg nach unten in den Flur. Es war typisch, dass weder Noah noch Sam die Tür öffnen wollten.

Kensi öffnete die Haustür mit einem genervten Blick, der kurz darauf ins Überraschte wechselte – Danielle stand vor der Tür, die Haare zu einem Zopf gebunden und eine braune Lederjacke tragend, die gut zu ihren braunen Haaren passte. Allerdings wirkten ihre Augen dadurch noch unnatürlich heller als sie es ohnehin schon taten.

„Die Verspätung tut mir Leid.“, entschuldigte Danielle sich, „Wo kann ich meine Jacke aufhängen und meine Schuhe hinstellen?“ Kensi nahm die Jacke wortlos entgegen und deutete auf die Reihe von Schuhen ihrer Geschwister und ihr selbst. Danielle zog ihre braunen Stiefel, die allerdings nur knapp über die Knöchel gingen, aus und stellte sie dazu, dann blickte sie Kensi abwartend an. Diese deutete zur Treppe und sie beide setzten sich in Bewegung.

„Wer ist das … ?“, kam die Frage von Sam, die den Kopf aus dem Wohnzimmer in den Flur durch die Tür steckte. „Eine Freundin.“, antwortete Kensi, „Und da ihr die Tür ja nicht aufmacht … “ „Ich bin Sam.“, meinte Sam und Noah erschien neben seiner Zwillingsschwester im Türrahmen, „Und das ist Noah.“ „Danielle.“, antwortete Danielle lächelnd, „Ihr seid also ihre jüngeren Geschwister?“ Beide nickten. „Na dann.“, meinte Danielle, „Kensi und ich haben etwas für die Schule zu erledigen. Man sieht sich.“ Sie hob die Hand zum Abschied und folgte Kensi die Treppe nach oben.

„Die beiden sind aber nett.“, bemerkte Danielle, als Kensi die Tür ihres Zimmers hinter ihnen schloss und sich auf das Bett fallen ließ und gleichzeitig Danielle ihren Schreibtischstuhl anbot. „Schon … aber wie alle kleinen Geschwister sind sie auch nervig.“, meinte Kensi seufzend, „Dich scheinen sie aber zu mögen.“ „Woran merkt man das?“, erkundigte die Brünette sich neugierig. „Nun … “, versuchte Kensi zu erklären, „Normalerweise vergraulen sie jeden.“ „Na dann.“, meinte Danielle lachend.

Die beiden blickten einander schweigend an. Danielle, die schon einmal hier gewesen war, lächelte nachdenklich, während Kensi leicht seufzte. Sie war angespannt wegen dem, was sie erwartete. Irgendwie spürte sie, dass es einiges ändern würde … nicht nur für sie selbst.

„Kennst du die Geschichte des Mädchens, das sich in das Biest verliebte?“ „Die Schöne und das Biest?“, hakte Kensi nach. Danielle verneinte: „Die Schöne und das Biest ist ein zu schönes Märchen, aber die Geschichte, die ich meine, ist viel dunkler.“ Kensi schüttelte den Kopf. „Dann werde ich sie dir erzählen … “ Fragend blickte die Blonde Danielle an.

„Vor vielen Jahren verliebte sich ein junges Mädchen in einen jungen Mann. Er war nur wenig älter als sie selbst und ihre gemeinsame Zeit könnte man durchaus als aus einem Film gestohlen bezeichnen. Doch der junge Mann trug ein Geheimnis in sich … Er war ein Monster, doch im Gegensatz zu denen aus Erzählungen brauchte er nicht den Vollmond zur Verwandlung. Er konnte es jede Nacht tun … doch der Vollmond vervollständigte nur seine Kräfte. Und die waren unberechenbar … “

Danielle hielt kurz inne, blickte nachdenklich und fast schon abwesend zum Fenster und schien es nicht einmal wahrzunehmen.

„Das junge Mädchen fand darüber heraus und eigentlich hätte sie laut seinem eigenen Gesetz dafür mit dem Tod bestraft werden sollen, doch seine Gefühle für sie waren zu stark. Sie waren sogar so stark, dass sie ein Kind von ihm erwartete … Und dieses sollte wiederum von anderen seiner Art bestraft werden.“

Kensi sah Danielle gebannt an, nicht wissend, was sie damit sagen wollte. Sie ahnte es, doch sie konnte es nicht in Worte fassen – und Danielles Gesichtsausdruck, der noch immer etwas Fernes an sich hatte, wechselte zu traurig. Danielle schien mitfühlen zu können oder es war einfach eine tiefere Bedeutung hinter dieser Erzählung, die bisher nur ihr klar war.

„Sie wollten das junge Mädchen töten, doch der junge Mann … das Monster … er opferte sich für sie. Allein stellte er sich der Übermacht seiner Artgenossen und er verlor, doch sein Kind und seine Frau konnte er dabei beschützen. Das junge Mädchen lebte in Angst und sie ahnte, dass ihr Kind solch Kräfte ebenfalls besitzen würde, doch sie bereitete sich darauf vor und fand sogar Artgenossen für ihr Kind, damit es wohlbehütet aufwachsen würde. Die ersten vier Verwandlungen des Kindes liefen glimpflich ab, das junge Mädchen war niemals mit anwesend, doch bei der fünften Verwandlung gab es einen Wutanfall und von da an lief alles schief: Das Kind tötete seine eigene Mutter.“

Danielle richtete ihren Blick auf Kensi, die sprachlos war. Sie ahnte, dass Danielle die Personen der Geschichte kannte … eventuell sogar dieses eine Kind war, doch sie getraute sich nicht, es auszusprechen. Es war zu persönlich, zu geheimnisvoll, zu seltsam. Und doch schien es Kensi das einzig Richtige zu sein. Danielle war das Kind aus der Erzählung.

„Du hast Recht.“, bestätigte Danielle ihr, was Kensi nur gedacht und nicht ausgesprochen hatte, so dass diese ertappt zusammenzuckte, „Ich bin das Kind. Das Kind aus der Geschichte.“ Sie sprach es ernst, fast schon reuevoll aus, und doch schien sie dabei gefasst zu sein. Als würde es nicht sie, sondern jemand anderes betreffen. „Ich lernte meinem Vater, dem ich all das verdanke, nie kennen. Ich hörte diese Geschichte oft von meiner Mutter … mit selbigem Ende. Sie ahnte es. Sie wusste es. Und es kam genau so, wie sie es prophezeit hatte.“

„Du kannst so unter Menschen … leben?“ Danielle nickte leicht. „Und diese sind nicht in Gefahr?“ „Ich bin im Rudel vielleicht ein Neuling, aber so nicht.“, antwortete Danielle ernst, „In Gefahr ist, wer danach schreit.“



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