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Fireflies

Just Dance
von

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marry the night


 

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Der Wecker klingelte unerträglich laut. Cameron zog sich die Bettdecke über den Kopf, in dem Versuch diesen schrillen Ton aus seinem Umfeld zu verbannen. Vergebens.

Es war Samstag – und er musste arbeiten.

Stöhnend stand er auf. Hatte eh keinen Zweck.

Vor zwei Monaten ist er nach Chicago gezogen. Entgegen seiner Erwartungen hatte Cameron sich schnell eingelebt. Er war zwar kein Landei, aber Chicago war ein ganz anderes Kaliber. Das hatte er bereits an seinen ersten Tagen hier am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Cameron konnte von Glück reden, dass er einen sehr gutherzigen Chef hatte, der über so etwas gerne mal hinweg sah, sollte man zu spät zur Arbeit erscheinen.

Hätte er diesen Job nicht, würde er kaum über die Runden kommen, so viel stand fest. Zeit für sich hatte Cameron neben der Ausbildung und dem Alltag kaum noch.

Doch heute Abend würde er endlich mit einigen Bekannten in irgendeinen angesagten Club der Stadt gehen…
 

Das hier war nichts weiter als eine herkömmliche Disco, die allerdings ziemlich beliebt zu sein schien, wie Cameron feststellte. Massen von jungen Männern und Frauen befanden sich auf den Tanzflächen oder hatten in der angrenzenden Lounge Platz genommen.

Licht, Musik, Spaß.

Tanzen bedeutete für Cameron Freiheit. Er liebte es die Musik in seinem gesamten Körper zu spüren, sich darauf einzulassen, den Vibrationen zu folgen. In seltenen Momenten wie diesen war ihm der Alltag egal. Arbeit, Ausbildung, Stress und Probleme, einfach alles.

Nur er allein und diese Nacht zählten.

club rocker


 

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„Du bringst mich noch um den Verstand, Nicky.“ Tyler seufzte.

„Ich weiß“, antwortete seine Freundin mit einem triumphierenden Lächeln auf den Lippen. „Ich würde viel lieber die Zeit mit dir alleine verbringen.“ Nicky hatte ihre Hände an sein Gesicht gelegt und wollte ihm einen Kuss auf die Lippen geben.

So einfach würde Tyler es ihr allerdings doch nicht machen. Er drehte sich abrupt um und nahm seine Freundin bei der Hand. „Wir gehen trotzdem rein.“

Er spürte ihren Widerwillen und das nicht nur am missmutigen Grummeln, das Nicky von sich gab. Er konnte nicht anders, als zu grinsen. Er hatte Nicky nicht gesagt, dass er hier mit seinem Kumpel verabredet war.

Das wird ein Spaß…
 

Die laute Musik drang Tyler in Mark und Bein. Er liebte es. Das Tanzen war seine Welt, in der er sich als vollkommener Mensch fühlte.

Zielsicher steuerte er einen Tisch im hinteren Bereich der Lounge an. Schon vom Weiten hatte er Danny ausgemacht, der wie wild geworden angefangen hatte zu winken.

„Hey!“ Tyler setzte sich neben seinen Freund und zog Nicky auf seinen Schoß. Diese nutzte die Gelegenheit und legte die Arme um Tyler. Ihr schien das hier ganz und gar nicht zu gefallen und das versuchte sie ihm zu zeigen.

„Hey, Alter!“ Danny sprach laut, um die Musik zu übertonen und Tylers Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. „Ey, ey, ey, du bist spät, man!“

„Komm mal wieder runter, ja?“ Tyler verpasste Danny einen Schlag gegen den Oberarm, was diesen allerdings nur verrückt grinsen ließ. Er wollte seinem Kumpel nicht unbedingt unter die Nase reiben, dass es an Nicky lag, dass er hier so spät aufgekreuzt ist. Das würde nicht gut enden.

„Hab schon einiges an Frischfleisch gesichtet.“

Tyler verzog fragend die Augenbrauen. „Nein, oder?“

„Ihr seid doch alle beide Ekel erregend.“ Nicky setzte sich neben Tyler, schlug die Beine übereinander und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wie auf einem Viehmarkt.“

Tyler gab ihr einen Kuss auf die Wange, um sie zu besänftigen. „Du weißt, ich liebe nur dich.“

„Und deine beschissene Crew!“ Für diesen Satz kassierte sie sowohl von Tyler, als auch von Danny einen eiskalten Blick. Die beiden jungen Männer entschieden sich wortlos, Nicky von nun an einfach zu ignorieren.

„Okay, let’s go! Eine richtig heiße Braut hab ich aus den Augen verloren, aber die wusste, was es heißt zu tanzen.“ Ein dreckiges Grinsen huschte über Dannys Gesicht und Tyler verstand sofort. Anscheinend hatte sein Freund es selbst in Erfahrung bringen können.

Tyler nickte. „Weiter.“

„Warte!“ Es hatte den Anschein, als würde er die Menge auf der Tanzfläche nach einem bekannten Gesicht absuchen. „Da hinten!“

Hinten ist gut gesagt, Danny.“

„Ja, man. An der Lichtsäule, die, die gerade die Farbe wechselt. Siehst du den Dunkelhaarigen? Der, der mit der kleinen Blonden in dem kurzen Rock da so abfeiert.“

Es dauerte einen Moment bis Tyler denjenigen ausgemacht hat, den Danny meinte. Er nickte. „Und?“

„Sieh ihn dir einfach an.“

Danny hatte Recht. Von dem Dunkelhaarigen ging wirklich etwas aus, dass Blicke auf sich zog. Es schien, als würde er die Sprache der Musik verstehen und deuten können. Das war es, was man unter Tanzen verstand. Nicht dieses einfache Verlagern des Gewichts von links nach rechts, was hier 99% der Besucher taten.

Tylers Interesse war geweckt. „Öfter hier?“

„Noch nie gesehen.“ Danny zuckte mit den Schultern.

Okay, das dämpfte den Triumph. Es konnte bedeuten, dass der Typ gar nicht von hier war und es somit sinnlos war, ihn anzusprechen.

„Ich sag dir, Tyler. Der Junge kann tanzen.“

„Gut, hast du einen Zettel?“ Tyler hielt ihm die geöffnete Hand entgegen. „Stift?“

„Nee, aber das hier.“ Sein Kumpel kramte einen Kugelschreiber raus und reichte ihm ein Stück abgerissene Serviette.

Säuerlich verzog Tyler das Gesicht, sagte aber nichts. Seinen Zweck erfüllte es ja trotz allem. Er kritzelte irgendetwas auf das Stück Papier und stand auf. „Gut, gut.“

Nicky mischte sich wieder ein. „Was wird das denn jetzt? Haust du ab, ohne was zu sagen? Willst du mich jetzt echt hier mit diesem Abbild Gollums alleine sitzen lassen?“

Ja, das wollte er. Nur das konnte er ihr nicht sagen. „Nein, ich bin gleich wieder da. Reg dich nicht auf, Schatz.“ Er ließ Nicky gar keine Zeit weiter zu protestieren, sollte sie sich doch mit Danny auseinandersetzen. Tyler hatte eine andere Mission.

Die ganze Zeit über versuchte er seine Zielperson nicht aus den Augen zu lassen, was schwieriger war, als gedacht.

Als er in der Nähe des Dunkelhaarigen war, überkamen ihn Zweifel. Aber einen Versuch war es ja immer wert… Er fasste ihn sachte am Oberarm und drehte ihn leicht in seine Richtung. Der Andere reagierte sofort und schaute ihn an. Auch die Blonde, mit der er getanzt hatte, trat einen Schritt beiseite.

Tyler musterte ihn. Gute 1,80m, dennoch er selbst war größer. Guter, sportlicher Körperbau, dunkelbraune Haare, grüne Augen. Ja, im Großen und Ganzen ein attraktiver junger Mann.

Er spürte die Blicke des Kleineren, der auch ihn beäugte. Tyler hielt ihm den Papierfetzen entgegen. „Wenn Interesse besteht, frag einfach nach Tyler, okay?“

Der Dunkelhaarige zögerte. Tyler war sich sicher, dass er einen stillen Kampf mit sich selbst ausfocht. Doch was war schon dabei…

Der Andere nahm den Zettel entgegen und Tyler zwinkerte ihm noch einmal zu, ehe er den Fremden verdutzt stehen ließ.

Mit gutem Abstand sah Tyler, wie der Dunkelhaarige den Zettel auseinander faltete. Dann schaute er auf und suchte die Menge ab. Doch Tyler tauchte zwischen den Tanzenden unter und kehrte zurück zu Nicky und Danny, der sich sofort erkundigte.

„Und?“

„Angebissen.“

on the floor


 

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„Fireflies…“ Abermals sah sich Cameron den Zettel an.

Zwei Wochen war es her seit er diesen Papierfetzen in der Disco bekommen hatte. Warum auch immer. Eine Adresse und das Wort „Fireflies“ standen darauf, mehr nicht. Cameron dachte sich, dass es sich um irgendeinen anderen Club handeln könnte und wollte seine Vermutung bestätigt wissen.

Heute war Sonntag und er hatte ausnahmsweise frei. Also hatte er sich auf den Weg zur angegeben Adresse gemacht. Ganz geheuer war ihm das trotz allem nicht…

Er konnte sich noch genau an die Situation erinnern. Er hatte mit seiner Arbeitskollegin getanzt, als ihn irgendein Typ von hinten angesprochen hatte und ihm diesen Zettel in die Hand gedrückt hatte. Erst hatte Cameron gezweifelt, was für einschlägige Angebote das sein gemocht hatten, aber schließlich dachte er sich nichts weiter bei. Wäre ja nicht die erste Anmache in einer Disco…

Cameron ertappte sich bei dem Gedanken, dass er sogar ein wenig enttäuscht war, dass es sich eben nicht um irgendeine plumpe Anspielung gehandelt hatte. Der Kerl sah gut aus, verdammt gut, wenn es nach ihm ginge. Der Fremde hatte dunkelblonde Haare gehabt, nussbraune Augen und war etwas größer gewesen. Cameron seufzte. Konnte ja schließlich nicht jedes männliche Wesen, was er attraktiv fand, homosexuell sein.

Er vergewisserte sich noch einmal, ob er hier richtig war. Denn es war clever gewesen, hier nicht im Dunkeln aufzukreuzen. Die Gegend war nicht die Beste, wie es Cameron erschien. Er selbst wohnte bei Leibe in keinem luxuriösen Wohnviertel, aber das Gebäude vor dem er nun stand, übertraf das dann doch noch.

Halb abgerissene Plakate und Graffitis prangten daran. Das Ganze erweckte den Eindruck von alten Industriehallen. Eine schwere, graue Metalltür war in die Wand eingelassen.

Scheiß Wetter, dachte sich Cameron. Er fror sich hier noch sonst welche Gliedmaßen ab, wenn er jetzt nicht bald weiterging oder kehrte machte.

Er griff nach der Klinke und drückte sie runter. Offen.

Dahinter lag ein weitläufiger Innenhof, der in etwa genauso aussah, wie die Straße vor dem Gebäude. Es war niemand zu sehen.

Was, in Gottes Namen, tat er hier eigentlich? Wäre der Zettel von einem halb so gut aussehenden Kerl gekommen, wäre ihm das vollkommen gleichgültig gewesen…

Cameron ließ sämtliche Filme in seinem Kopf Revue passieren, die in jeder erdenklichen Art und Weise hiermit in Verbindung gebracht werden konnten. Und kaum einer davon endete gut… Er schüttelte den Kopf. Ach Quatsch, er rannte hier schon nicht in seinen Tod.

Zügig durchquerte er den Innenhof, um bei einer ähnlichen Tür Halt zu machen, wie zuvor.

Diese jedoch war verschlossen. Cameron wollte gerade enttäuscht umdrehen und zurückgehen, als er eine Klingel entdeckte. Kurz nachdem er sie betätigt hatte, öffnete sich die schwere Tür mit einem lauten Scharren.

Vor ihm stand eine junge Frau, Anfang 20. Die Braunhaarige musterte ihn skeptisch. „Hey! Kann ich helfen?“

„Hi, ich sollte hier nach Tyler fragen.“

Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als wüsste sie Bescheid. „Verstehe. Komm mit, ich bring dich zu ihm.“

Cameron trat ein. Der Flur, der sich hinter der Tür erstreckte wirkte hell und einladend. Ganz im Gegenteil zum Äußeren.

„Chloe.“ Die junge Frau hielt ihm die Hand entgegen und lächelte. „Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast.“

„Cameron.“ Sie schüttelten sich die Hände.

„Freut mich, dich kennen zu lernen, Cam.“

Chloe führte ihn durch den Flur in einen Raum an welchen mehrere kleine Zimmer und eine große Halle angrenzten. Hier sah es genauso aus, wie im Eingangsbereich. Hell, freundlich, warm. Schlichtweg willkommen heißend. Raue Backsteinwände und Rohre erinnerten einzig und allein an die alten Industrien, die hier einmal ihren Sitz gehabt hatten, fügten sich jedoch gänzlich in das Gesamtbild ein.

Hier und da standen einige Jugendliche, die sich unterhielten oder ihn neugierig anschauten.

Doch das, was Camerons Aufmerksamkeit erweckte war die Musik, in deren Richtung sie nun gingen. Sie hatten augenscheinlich ihr Ziel erreicht, als sie in der Halle angelangt waren.

Draußen hatte man nichts gehört und schon gar nicht erahnen können, dass sich hier in dem Gebäude ein wahres Tanzstudio befand.

Eine Wand war großflächig mit Spiegeln bedeckt, an einer anderen waren Stangen eingelassen, die eindeutig für Balletttänzer vorgesehen waren.

An der Decke waren Beleuchtungen der Extraklasse angebracht und die Tonanlage konnte mit denen aus den Clubs der Stadt durchaus mithalten.

Cameron ging das Herz auf. So etwas hatte er seit Jahren nicht mehr gesehen.

Chloe entging seine Begeisterung nicht. „Na? Cool, was? Hat nicht jeder.“

„Das ist der Hammer…“ Er wusste zwar noch nicht genau, was er davon nun halten sollte, aber das würde sich sicherlich in der nächsten Zeit zeigen.

Vor den Spiegeln hatten sich einige der Tänzer versammelt und schienen andere zu beobachten. Noch war Cameron und Chloe der Blick auf diese versperrt, doch die junge Frau drängte sich zwischen den Zuschauern hindurch, Cameron mit sich ziehend.

Sieben Tänzer hatten sich dort völlig der Musik verschrieben. Synchron, perfekt abgepasst.

Eine der Frauen stach besonders hervor. Sie hatte zeitweise andere Moves, als die übrigen Tänzer.

Der Bass drang unter die Haut. Je länger Cameron die Tanzenden beobachtete, desto intensiver blieb sein Blick auf einem der männlichen Tänzer hängen. Er kannte ihn…

„Sie gehen gerade unsere neue Crew Routine durch. Tyler tanzt auch mit.“ Chloe bewegte sich im Takt der Musik. Cameron schaute sie an und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.

„Das Goldlöckchen, was tanzt, ist unser Flaggschiff.“

Goldlöckchen, Flaggschiff?

Allmählich begann Cameron zu begreifen. Aus dem Grund die unterschiedlichen Schritte. Sie sollte auffallen.

Alsbald verwandelte sich Camerons leichtes Lächeln in ein Strahlen. Na, das konnte hier ja heiter werden…
 

„Tyler, Tyler, Tyler… Wenn Nicky mitbekommen würde, wie du dich wieder an Liz ranmachst!“ Chloe war grinsend, nachdem sie die Routine beendet hatten, zu den Tänzern gegangen. Sie hatte Cameron bedeutet mitzukommen.

„Ach, war doch nichts!“ Goldlöckchen, welche offensichtlich Liz hieß, grinste frech zurück. „Und selbst wenn, hat sie ja nicht.“

Cameron hielt sich dezent im Hintergrund, bis Chloe auf ihn aufmerksam machte. „Tyler, Besuch für dich.“

Den Angesprochenen erkannte Cameron tatsächlich als denjenigen wieder, der ihm in der Disco den abgerissenen Papierfetzen in die Hand gedrückt hatte. Er reichte ihm die Hand.

Tylers musternder Blick durchbohrte ihn, als ob er sich noch einmal wegen etwas vergewissern würde, schlug dann aber ein. „Hätte nicht gedacht, dass du doch noch hier auftauchen würdest. Ich bin Tyler.“

„Cameron. Ich wusste schließlich nicht, dass sich das hier hinter verbirgt.“

Tyler grinste. „Ja, ein paar Infos mehr wären nicht schlecht gewesen, was?“

„Aber kann man mir erklären, was diese Aktion sein sollte?“ Cameron hielt fragend den Zettel in der Hand.

„Unser Scout und ich waren unterwegs, um nach neuen Tänzern Ausschau zu halten. Wir sind ganz einfach auf dich aufmerksam geworden und einen Versuch war es ja wert dich anzuwerben“, versuchte Tyler zu erklären. Der Dunkelblonde lächelte. „Schließlich bist du hier.“

„Moment.“ Anwerben? „Ich habe mit Sicherheit nicht vor, irgendeinen Pakt, Vertrag oder sonstige Abkommen zu schließen, wenn es darauf hinauslaufen sollte.“ Cameron hatte keine Lust auf Stress.

Er spürte die verdutzten Blicke von den beiden Mädchen und Tyler, als dieser anfing zu lachen. „Du gefällst mir, Cameron. Komm mit, ich zeig dir den Club und stell dich der Crew vor. Dann wirst du entscheiden, wie es weitergehen soll. Einverstanden?“

Cameron war gekränkt. Man machte sich hier einen Spaß aus ihm und er konnte nichts dagegen unternehmen.

„Uns alle hier verbindet nur eines, Cameron. Und das ist die Leidenschaft zum Tanzen.“
 

Chloe und Liz hatten sich in eine Ecke zurückgezogen und sprachen miteinander. Cameron wusste ganz genau, dass sie über ihn redeten.

„Wir haben hier die große Halle. Hier tanzen wir als Crew zusammen und lassen die meisten Partys steigen.“

Cameron konnte sich der Magie nicht entziehen. Hier würde er wieder unbefangen tanzen können. Hier würde er Musik und Tanz leben können. Hier würde er frei sein.

„Wir haben klasse Technik und Leute, die sich darum kümmern. Unsere DJs, Tontechniker, Männer für den Sound, Max und Phil.“ Als Tyler begann zu erklären, wozu das Beleuchtungssystem in der Lage war, schaltete Cameron ab. Das konnte er sich jetzt nicht antun. Er war gefangen in dieser Atmosphäre, die der Platz verströmte.

Überall tanzten Jugendliche, überall wurde gelacht und gefeiert.

Tyler bemerkte das und fuchtelte mit der Hand vor Camerons Gesicht. „So schlimm?“

Der Dunkelhaarige nickte geistesabwesend.

„Alles klar. Dabei wollte ich dir eigentlich gerade sagen, dass wir sogar Mädels haben, die sich eigens darum kümmern, uns für unsere Auftritte zu stylen. Ach und Chloe, die du ja bereits kennen lernen konntest, ist so etwas wie unsere Managerin. Sie weiß um alles, was los ist. Deswegen… Wenn irgendetwas ist, sprich zuerst mit ihr. Sie kann bestimmt helfen. Liz, unser Goldlöckchen, wie wir sie wegen ihren Haaren nennen, ist unser Flaggschiff.“

„Was ist das?“ Cameron hatte sich bemüht, zuzuhören. Aber das war leichter gesagt, als getan.

„Kurz gesagt, sie ist unsere Hauptperson. Sie steht bei den meisten Auftritten im Mittelpunkt der Choreo und repräsentiert uns.“

„So etwas dachte ich mir.“

Sie waren mittlerweile wieder im Vorraum angelangt. Tyler deutete auf die einzelnen Türen, die zum Teil offen standen.

„Umkleiden und alles, was dazu gehört. Lagerräume, Küche, Aufenthaltsräume. Und: Einzelne Trainingsräume. Alles was des Tänzers Herz begehrt.“

Das war Tatsache.

„Danny!“ Tyler winkte einem blonden jungen Mann, der gerade aus einem der Zimmer trat. Ein Junge, um die 12, begleitete ihn.

„Cam, das ist unser Scout. Er hat dich entdeckt, ist also für deinen Erfolg oder dein Scheitern hier verantwortlich.“ Tyler zwinkerte Cameron zu.

Die beiden schüttelten einander die Hände. „Ich bin Danny, das hier ist mein kleiner Bruder, Keith. Er ist der jüngste Tänzer hier.“ Der Blonde grinste schief.

Wie Cameron feststellte, waren diese beiden nicht die letzten, die ihn kennen lernen sollten…
 

Tyler und Cam saßen in einem der Aufenthaltsräume auf einigen Stühlen, nachdem sie ihren Rundgang beendet hatten.

„Und, was sagst du?“

„Echt schick. Alles. Ohne Frage. Nur ehrlich gesagt, bin ich ein wenig geplättet…“

Tyler machte einen geknickten Eindruck. „Das heißt?“

„Hätten wir das nicht langsamer angehen können?“

Der Dunkelblonde musste lachen. „Uns rennt die Zeit davon. Viele von uns arbeiten oder gehen zur Schule. Du bestimmt auch.“

„Oh ja.“

„Dann verstehst du’s ja. Aber du hast Recht. Ich hätte dir das alles eigentlich gar nicht zeigen brauchen.“ Und da war er wieder. Tylers enttäuschter Gesichtsaudruck.

Camerons Neugier war geweckt. „Und warum jetzt urplötzlich doch nicht?“

„Weil das hier nicht mehr allzu lange Bestand haben wird. Mein Vater, dem das Gebäude hier gehört, hat uns quasi rausgeschmissen. Wir müssen die Hallen räumen und uns nach einer anderen Bleibe umschauen, wenn wir weiter machen wollen…“

„Das ist nicht dein Ernst…?“

Tyler schwieg.

„Dafür muss es eine Lösung geben.“

„Die gibt es auch. Mein Vater stellt uns ein anderes Gebäude, ähnlich diesem hier zur Verfügung. Allerdings war ich noch nie dort und konnte es mir nicht ansehen. Ich weiß nicht in welchem Zustand es ist… Dementsprechend…“ Er führte den Satz nicht zu Ende und seufzte. „So weit, so gut. Was tanzt du, Cam?“ Er wollte also das Thema wechseln.

„Alles.“

Tyler sah ihn fragend an. War da Spott in seinem Blick?

„Alles? Da nimmt aber jemand den Mund ziemlich voll, nicht wahr?“

„Kannst dich auch bald selbst überzeugen.“ Cameron blieb gelassen und lächelte wissend. Er wusste, was er sich zutrauen konnte und was nicht. Tanzen konnte er gewiss.

Tylers Gesicht hellte sich wieder auf und er legte Cam eine Hand auf die Schulter.

„Willkommen bei den Fireflies.“

turn this club around


 

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Anderthalb Monate waren vergangen, seit Cam zu den Fireflies gestoßen war. In dieser Zeit war er aufgetaut. Nicht mehr so abweisend, nicht mehr so kurz angebunden – und er war Tyler ans Herz gewachsen.

So oft es ging, war er ins Studio gekommen. Hatte versucht sich zu integrieren und wollte lernen, was es heißt Mitglied der Crew zu sein. Mit ihm hatten sie einen Tänzer der Spitzenklasse dazu gewonnen, den niemand mehr missen wollte. Cameron war unglaublich, wenn er erst einmal begonnen hatte zu tanzen.

Tyler liebte seine Leute dafür, dass sie jedem eine Chance gaben. Egal aus welchen Verhältnissen man stammte. Solange man den Willen zum Tanzen hatte, war jeder stets willkommen. Das schätzte er sehr.

Und er schätzte Cameron, er war ihm in dieser kurzen Zeit bereits eine unentbehrliche Stütze geworden. Sein neuer Kumpel hatte als einer der ersten davon erfahren, dass sie das Studio auflösen mussten. Cam war nie von seiner Seite gewichen, wenn er sich mal wieder zu sehr den Kopf zerbrochen hatte, wie es weitergehen soll.

Tyler war froh, dass der Dunkelhaarige nun mitgekommen war. Er konnte Nicky in einer Situation wie dieser nicht alleine ertragen…

„Naja.“ Er kickte eine leere Farbdose, die auf dem Boden gestanden hatte, beiseite.

Das, was man ihnen hier bot, grenzte an die Apokalypse. Dosen mit Farbe aller Art, Plastikfolien, verstreut über Boden und Wände, eine halb offen liegende Decke, in der ein wüster Kabelsalat zu herrschen schien. Zum Teil lag noch Werkzeug und Baumaterial herum und mischte sich mit Stühlen und Leitern.

Das war es also, was sein Vater ihnen als neue Räumlichkeiten zur Verfügung stellen wollte. Immerhin…

Obwohl die Räume gigantisch waren, war Tyler nicht begeistert. Er hatte zwar seiner Crew mitgeteilt, dass sie sich in nächster Zeit umorientieren mussten, aber dass so etwas auf sie zukam, hatte er auch nicht gewusst. Also bestand die nächste Schwierigkeit darin, die Jungs und Mädels aufzuklären. Vielleicht würde Cameron ihm etwas abnehmen. Er seufzte.

„Wie gesagt, Tyler. Dir und einigen anderen ausgewählten Tänzer deiner Crew machen wir gerne das Angebot zu uns zu wechseln.“ Nicky bedachte Cameron mit einem abschätzenden Blick, der Tyler nicht entging.

„Vergiss es. Das habe ich dir schon einige Mal gesagt, Nicole. Ich lass meine Leute nicht einfach im Regen stehen.“

„Wenn du wieder den Helden spielen willst, sei es dir überlassen.“ Sie zuckte mit den Achseln, als ob es ihr in dem Fall egal wäre, wie er sich entscheiden würde. Dieses Verhalten ihrerseits steigerte seine Wut und Enttäuschung nur noch mehr.

„Man kann etwas daraus machen.“ Cameron schaute sich erneut um. „Ganz bestimmt.“

„Wie stellst du dir das vor? Wir sind Tänzer, keine Handwerker. Wir brauchen das Studio. Wir können nicht Monate in irgendwelche sinnlosen Bauarbeiten investieren.“ Tyler hatte aggressiver geklungen, als er überhaupt wollte. Er konnte die Wut, die er auf die Situation und auf seine Freundin hatte nicht einfach an ihm auslassen.

Doch sein Kumpel blieb unbeeindruckt. „Hast du kein Vertrauen in uns?“

„Genau, Tyler. Hast du kein Vertrauen in deine Crew?“ Nicky klang gehässig.

Tyler fragte sich, warum nun auch Cam ihn hintergangen hatte. Er fühlte sich allein gelassen.

„Ich muss nachdenken und bin erst einmal hier weg. Nicky, komm.“ Er hielt seiner Freundin die Hand entgegen, die sie ergriff, ehe Cameron die beiden aufhielt.

„Gib mir die Schlüssel, Tyler.“

„Wozu? Cameron, das-“

„Gib sie mir einfach.“

Diesen magischen, grünen Augen konnte Tyler sich nicht entziehen. Sie durchbohrten die seinen regelrecht. Er gab die Schlüssel raus. „Bau keine Scheiße, Kumpel.“

Cameron lächelte. „Das werde ich schon nicht. Ciao, ihr zwei.“

Obwohl Nicky ihn immer abwertend behandelte, bewahrte Cameron stets alle Formen der Höfflichkeit. Tyler konnte auf ihn bauen, da war er sich sicher. Er vertraute ihm, auch wenn er ihn immer wieder aufs Neue erstaunte.

Cameron tat so viel für ihn, dass es einfach nicht mehr fair war. Irgendwie würde er sich revanchieren müssen…

Aber erst einmal würde er mit Nicky reden.
 

Als Tyler das nächste Mal in das neue Studio gegangen war, hatte er seinen Augen nicht getraut. Es war aufgeräumt und es war sauber. Wie Cameron das bewerkstelligt hatte, obwohl er so gut wie kaum Freizeit hatte, war ihm mehr als nur ein Rätsel.

„Es gibt ja auch noch Nächte.“ Cam grinste leicht auf seine Nachfrage hin. „Danny, Chloe und einige andere haben mir geholfen. Ich war das nicht allein, falls du das denkst.“

„Das ist ungeheuerlich. Ihr hättet doch ernsthaft etwas sagen können. Ich hätte geholfen…“

Cameron schüttelte den Kopf. „Ist schon okay so. Glaub nicht, den anderen ist es entgangen, wie gestresst du in letzter Zeit deswegen warst. Sie wollten alle etwas für dich tun.“

Tyler war berührt, dennoch fühlte er sich schuldig. „Und was tue ich für euch?“ Die Frage war mehr an ihn selbst gerichtet, dennoch sah Cameron ihn irritiert an.

„Wie meinst du das? Du bist da. Das reicht doch vollkommen aus.“

„Jungs!“ Chloe kam auf sie zu und unterbrach ihre Unterhaltung. „Ich hab vorhin mit Phil telefoniert. Er meinte, dass wir unsere Anlage jederzeit anschließen könnten. Ist das nicht großartig?“

„Das heißt, dass wir nur noch unsere Sachen herbringen und einiges besorgen müssen. Aber ich denke, das wird der schwierigste Teil… Wird bestimmt einige Zeit in Anspruch nehmen.“ Cameron verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich hab allerdings nicht mehr viel Zeit. Ich muss bald los.“

„Kein Ding, wir kümmern uns um den Rest.“ Tyler zog seinen Kumpel in eine freundschaftliche Umarmung. „Danke dir.“

Nachdem Cameron gegangen war, hatte Tyler alle Anwesenden um sich gescharrt. „Was haltet ihr von einer Einweihungsparty?“

Das Zusammenhalten der Crew musste gefeiert werden, wie er fand. Aus fast nichts, so etwas Großartiges zu vollbringen, muss belohnt werden. „Und eine Willkommensparty für Cameron.“

Tyler bekam die Zustimmung aller.
 

„Ein, zwei Wochenenden vielleicht noch, dann dürfte alles fertig sein.“ Die Erleichterung war Cameron anzusehen.

Tyler und er saßen auf den kürzlich aufgestellten Sitzgelegenheiten.

„Genau richtig.“

Cam schaute sich abermals die zum Teil neue Einrichtung an. „Du schwimmst in Geld, oder?“

„Sagen wir, ich habe ein sehr großzügiges Elternhaus. Trotzdem wollen sie befriedigende Ergebnisse meiner weiteren Ausbildung sehen. Es ist nicht so, dass ich machen kann, was ich möchte. Aber sag mir eins: Warum haben wir uns nicht vorher kennen gelernt, Cam?“

„Weil ich erst vor knapp vier Monaten hergezogen bin. Das weißt du.“

„Ja.“ Tyler seufzte. Cameron schien der krasse Themenwechsel aufgefallen zu sein. Neuer Versuch. „Ich muss dich was fragen. Du kennst Liz, richtig?“

Sein Kumpel schaute ihn nur wortlos an, als würde er die Frage gar nicht ernst nehmen.

„Du weißt, dass sie momentan unser Flaggschiff ist. Allerdings ist das bei uns so, dass dieser Titel wandert. Wir veranstalten in regelmäßigen Zeitabständen einen internen Contest, bei dem einige, ausgewählte Tänzer gegeneinander antreten und um den Titel tanzen. Bald ist es wieder soweit.“ Tyler musterte den Dunkelhaarigen, um erahnen zu können, welche Reaktion er bekommen würde.

„Klingt nicht schlecht.“ Cam lächelte leicht. „Aber du willst mich nicht fragen, ob ich Lust hätte, oder?“

„War meine Absicht.“

„Warum tanzt du nicht?“

„Weil ich dich vorschlagen werde, das heißt, dass ich selbst nicht tanzen kann, wenn ich für einen anderen Tänzer bürge.“ Tyler versuchte sachlich zu bleiben. Er verstand nicht, warum Cameron zögerte.

„Und warum machen wir es dann nicht umgekehrt?“

„Weil ich dich tanzen sehen will, Cameron! Du hast das Zeug dazu. Ich bin mir sicher, da würden mir alle zustimmen.“

„Übertreib mal nicht.“ Cam wich seinem Blick aus und das gefiel Tyler gar nicht.

„Hör zu.“ Er griff nach der Hand des Dunkelhaarigen. „Das, was ich bis jetzt gesehen habe, wenn du tanzt… Das war brilliant.“ Cameron entzog sich Tylers Griff.

„Das war nichts. Normaler Street Dance.“

„Das Angebot steht. Überleg es dir. Mich würde es freuen.“

„Lass mir ein wenig Zeit zum Nachdenken, okay?“

„Klar, ich kann dich schließlich auch nicht zwingen.“ Er klang ein wenig enttäuscht.

„Ist zwischen Nicky und dir alles in Ordnung?“

Tyler schaute ihn verdutzt an. Damit hatte er nicht gerechnet.

„Ja, schon. Wir haben miteinander geredet. Ich hatte ihr gesagt, dass sie ihr Verhalten gegenüber meinen Freunden, insbesondere gegenüber dir, überdenken sollte und dass das nicht so weiter gehen kann. Sie hat sich eigentlich recht versöhnlich gezeigt…“

„Gut zu hören. Hatte nämlich den Anschein gehabt, als würde es nicht sonderlich gut laufen momentan…“ Camerons Blick war irgendwie leer. Das Grün seiner Augen hatte seine Magie verloren.

„Nicole kann ganz schön zickig werden, aber sie ist eigentlich ein herzensguter Mensch, der das Tanzen genauso liebt, wie wir es tun. Mach dir keine Gedanken. Es ist alles okay. Trotzdem danke.“

Der Dunkelhaarige schwieg erst. „Liebe ist ein heikles Thema.“

„Das kannst du laut sagen. Wir Kerle haben’s nicht leicht.“ Tyler seufzte theatralisch.

„Die Frauen bestimmt auch nicht.“

Cameron hatte das so trocken und mit voller Selbstverständlichkeit gesagt, dass Tyler lachen musste. Ja, das stimmte wohl…

„Du bist müde, oder? Man sieht’s dir an.“ Er lächelte seinen Freund an. „Ab nach Hause.“

turn me on


 

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Aus „ab nach Hause“ wurde nichts. Tyler hatte kurzerhand entschieden mit Cameron noch etwas essen zu gehen. Augenscheinlich wollte er mehr Zeit allein mit Cam verbringen, wogegen dieser an sich nichts einzuwenden hatte…

Er musste sich eingestehen, dass er sich in Tylers Nähe wohl fühlte. Dieser hatte in ihm wohl einen besten Freund gefunden, der ihn in jeder erdenklichen Situation unterstützte und sich aufopferte.

Was Cameron selbst in Tyler gefunden hatte, vermochte er nicht zu sagen.

Wenn er in dessen braune Augen sah, dann verging die Zeit für ihn langsamer…

Er kannte diese Anzeichen. Er war auf dem besten Weg sich in seinen Kumpel zu verlieben.

Ihm war es gleich, solange die Freundschaft und Zusammenarbeit nicht darunter litt.

Außerdem brauchte er sich keine Hoffnungen machen. Tyler hatte Nicky, er war in einer Beziehung mit einer Frau. Das rief sich Cameron immer wieder ins Gedächtnis, um sich das selbst klar zu machen, auch wenn es ihm jedes Mal einen Stich versetzte.

Die zwei jungen Männer saßen in einem Diner und waren gerade dabei die Rechnung zu begleichen.

„Doch, komm schon. Ein einziges Mal wird das dein Stolz auch verkraften können.“ Der Dunkelblonde grinste frech. Er schien sich ziemlich siegessicher.

Cam seufzte. Dann würde er seinem Freund diesen Erfolg gönnen. „Einverstanden, dann darfst du mich einladen.“ Er hasste es in der Schuld anderer zu stehen. Aber es war ja schließlich Tyler.

„Was steht morgen bei dir an?“

„Ich muss erst ins Theater und dann gegen Nachmittag zur Arbeit. Ich denke nicht, dass ich morgen die Zeit finden werde, vorbei zu schauen. Vielleicht spät abends.“

„Ziemlich auslaugend, oder?“ Tyler machte einen besorgten Eindruck.

„Nicht mehr, als jede andere Ausbildung auch, denk ich.“

„Wir kennen uns jetzt schon länger, Cam. Du redest nie über deine Ausbildung. Was machst du überhaupt am Theater?“ Tylers Blick durchbohrte ihn. Cameron konnte ihn nicht deuten. Er zögerte, entschied sich dann jedoch es einfach zu erzählen.

„Ich mach eine Ausbildung zum professionellen Bühnentänzer. Ich-“

„Was?! Warum hast du nie was gesagt?“ Sein Freund wirkte beinahe entsetzt.

„Weil ich nie gefragt wurde. Aber ich sah auch keinen Grund dazu.“ Und damit hatte die Diskussion doch begonnen, die Cameron hatte vermeiden wollen. Er konnte so naiv sein…

„Okay, bei deinem Talent ist es nicht verwunderlich, dass du es beruflich anstrebst.“

Moment… Tyler hatte nicht begonnen ihn zu Recht zu weisen, er sollte etwas Richtiges lernen? Vielleicht lag es daran, dass sie beste Freunde waren und er ihn nicht kränken wollte. Oder aber, weil Tyler ebenso ins Tanzen vernarrt war, wie er selbst.

Diese Gedanken zauberten ein Lächeln auf Camerons Gesicht.

„Was ist so lustig?“ Sein Gegenüber hatte die Stirn in Falten gelegt und sah ihn fragend an.

„Du bist der Erste, der das so sieht. In Minneapolis, meiner Heimat, hatte mich so gut wie jeder nur belächelt, als ich wegen der Ausbildung umgezogen bin.“

„Cameron, ich danke Gott dafür, dass du es gemacht hast! Und ich schwöre dir, so wahr ich hier bin, du hast meine volle Unterstützung.“ Tyler schenkte ihm ein Lächeln, welches Camerons Herz höher schlagen ließ. Scheiße… „Was sagen deine Eltern dazu?“

„Mutter“, korrigierte er. „Mein Vater ist abgehauen, als ich fünf war. Hat meine Mutter und mich sitzen gelassen. Also keine Ahnung. Aber sie tut alles für mich. Hat sich wirklich den Arsch aufgerissen, um mir das hier zu ermöglichen. Umso schlimmer war es für mich, sie alleine zurückzulassen.“

„Also hast du keine Geschwister?“

„Nein, dafür eine beeindruckende Mutter. Hast du welche?“ Cameron war es leid. Er wollte das Gespräch umlenken.

„Ja, eine große Schwester. Wohnt aber nicht hier. Sie macht ihr Ding in Kalifornien. Dafür soll ich die Firma unseres Vaters übernehmen.“ Tyler schüttelte den Kopf, als wäre das keine Option für ihn.

„Du willst nicht, richtig?“

„Na, was soll ich schon machen? Meine Eltern finanzieren mein, unser Hobby. Als Sohn muss ich schließlich auch für irgendetwas gut sein. Aber ich war schon immer ein kompliziertes Kind. Besonders dann, wenn es um neue Liebschaften geht.“ Er verdrehte die Augen. Cameron war sich sicher, dass er soeben seine Eltern zitiert hatte.

„Mögen deine Eltern Nicky nicht?“ Falsches Thema, wie Cameron empfand.

„Doch eigentlich schon. Da gibt es andere Probleme.“ Tyler schaute auf die Uhr. „Lass uns gehen. Ich bring dich noch nach Hause.“
 

Cameron hatte ein sehr interessantes Gespräch mit seinem Chef geführt. Dieser hatte allen Ernstes gefragt, ob Cam in eine der Mitarbeiterinnen verliebt wäre. Er wollte nicht, dass das Arbeitsklima damit zerstört werden würde.

Das hatte den Dunkelhaarigen vollkommen aus dem Konzept gebracht. Er hatte nur lachend verneinen können. Sein Boss hatte gesagt, dass er dieses Verhalten, was Cameron seit kurzem an den Tag legte, genau von seinem Sohn kannte und dieser kam meistens einen Tag später mit einer neuen Freundin heim.

Wenn man ihm das derartig ansah, dann musste es ihn tatsächlich erwischt haben.

Aber es war nicht irgendeine Arbeitskollegin…

„Hey Chloe, so spät noch hier?“ Er war ihr geradewegs in die Arme gelaufen, als er das Studio betreten hatte.

„Klar, ich versuch Tyler noch bei seiner neuen Choreo zu helfen. Schön, dass du auch da bist.“ Chloe war wie immer gut gelaunt. Cam fragte sich, ob man es überhaupt irgendwie schaffen konnte, sie zu verstimmen.

Die Musik lockte ihn und Chloe in den großen Trainingsraum, in dem sich Tyler aufhielt.

Sie setzten sich und schauten zu.

Tyler war völlig in seinem Element. Die Musik dröhnte aus der Anlage und ließ jede Faser von Camerons Körper vibrieren. Er war sich nicht einmal sicher, ob ihr Freund sie bemerkte.

Die Bewegungen des Dunkelblonden waren fließend. Sie gingen in einander über, ohne dass er ins Stocken geriet.

„Er ist schon ziemlich gut dabei.“ Chloe bedachte den Tänzer mit einem prüfenden Blick. „Er ist super darin, sich neue Moves zu merken. Dementsprechend fällt es ihm leicht neue Choreos zu lernen. Ich bewundere ihn dafür.“ Sie grinste, als wäre sie das genaue Gegenteil.

Cameron bewunderte ihn auch, darüber hinaus für ganz andere Dinge. Tyler war ein großartiger Mensch. Er zeigte Sinn für Humor und Interesse an seinen Mitmenschen, war ein guter Freund für jeden. Das einzige Manko für Cameron war, dass er tierisch nerven konnte, wenn er wieder zu voreilig aufgeben wollte.

Ohne Frage war sein Kumpel attraktiv. Er hatte wunderschöne Augen, einen unvergleichlichen Körper…

Er spürte das Verlangen in sich Tyler zu berühren. Anders als Freunde es taten.

Die Leidenschaft, die der Dunkelblonde dem Tanzen widmete, wünschte Cameron sich für seine Person.

Die Gedanken überschlugen sich. „Ich muss hier raus…“

Er stand auf und verließ den Trainingsraum. Im Flur stütze sich Cameron an der erstbesten Wand ab und ließ sich dann an ihr hinab zu Boden gleiten. Das, was jetzt zählte, war seine Gedanken wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Er hörte Schritte und wusste, dass es Chloe war.

„Lass mich…“

„Cameron…” Sie setzte sich neben ihn.

„Scheiße, man! Warum passiert immer mir so was?” Er fuhr sich durch die Haare. Die junge Frau konnte ihm jetzt auch nicht weiterhelfen.

„Du bist bestimmt nicht der einzige Mensch, der sich verliebt.”

Der Dunkelhaarige schaute Chloe erstaunt an. „Woher…?”

„Frau sieht sowas.” Sie zwinkerte Cameron zu. Konnte sie Gedanken lesen, oder was?

„Du hast ihn auf eine besondere Art und Weise angesehen… Ich dachte mir das schon seit längerem, aber diese Aktion jetzt war die Bestätigung.”

„Ist doch alles scheiße!”

„Wieso? Liebe ist ein schönes Gefühl.”

„Ja! Wenn sie erwidert wird. Aber Tyler ist in einer Beziehung mit Nicky, in einer Beziehung mit einer Frau!“

„Das heißt noch lange nicht, dass er nur auf Frauen steht.”

Verwirrung machte sich in Camerons Kopf breit. Was? „Wie… Wie meinst du das?”

„Tyler ist bisexuell.”

Chaos, Verzweiflung, Hoffnung - noch mehr Schmerz. All dies nistete sich in einer einzelnen Sekunde in Camerons Gedanken ein. Er legte den Kopf in den Nacken und starrte die Decke an. „Verdammt, das macht es nicht einfacher…“

„Du liebst ihn, Cameron.“

Ja, er liebte Tyler.

mad world


 

.ılıll mad world llılı.
 

Es war verdammt spät geworden. Die meisten Crewmitglieder waren bereits nach Hause gegangen. Auch Tyler wollte sich auf den Weg machen. Er hatte noch einiges zu tun, was es zu erledigen galt.

Er war gerade im Flur angelangt, als ihm an einer angelehnten Tür zu einem der Trainingsräume Chloe auffiel. Sie spähte durch die Tür, ohne sie mehr zu öffnen. Seine Neugier war geweckt, sodass Tyler zu ihr trat. „Hey…“

Chloe drehte sich erschrocken um, als fühlte sie sich ertappt. „Tyler! Psst!“

„Was ist denn los?“ Er drängte sie einfach etwas beiseite, ohne ihre Antwort abzuwarten und überzeugte sich selbst von dem, was hinter der Tür lag. Warum tat sie so geheimnisvoll?

Cameron… Er traute seinen Augen kaum.

Erst jetzt realisiert er den sanften Song, der leise durch die Tür drang. Ganz anders, als wenn die Anlage des großen Raum voll aufgedreht dröhnte. Das war Camerons wirkliches Wesen, was er da sah.

„Wunderschön, nicht…?“ Auch Chloe war hingerissen, von dem, was Cameron ihnen darbot.

Pure Perfektion. Tyler fiel nichts anderes dazu ein.

Seine Freundin seufzte. „Ich bin dann mal weg. Gute Nacht! Falls du noch mit ihm sprichst, sag ihm bitte, dass er einfach brillant ist.“ Dann verschwand sie.

Tyler öffnete langsam und vorsichtig die Tür. Er wollte Cameron nicht aus seiner Choreographie reißen. Er lehnte sich an den Türrahmen und schaute dem Tanzenden zu.

Cams Sprünge waren gezeichnet von Stärke, seine Bewegungen zeugten von Anmut. Es ging eine Anziehungskraft von ihm aus, der sich Tyler nicht verwehren konnte. Er tanzte barfuss. Jeder Muskel zeichnete sich unter der Kleidung ab, jede Faser seines Körpers schien angespannt zu sein. Er hatte vollkommene Kontrolle über sich.

Cameron lebte die Musik regelrecht, verwandelte sie in formvollendete Bilder. Er war völlig in seiner Welt versunken. Jeder Sprung, jede Drehung, jede Figur war eine kleine Geschichte für sich, erzählt von einem großartigen Tänzer, wie Tyler empfand. Es war unbeschreiblich, welch Zauber Cameron mit seinem Tanz wob.

Es war, als würde Tyler schlagartig eine neue Seite seines Freundes bewusst. Die sanfte, ruhige, gefühlvolle, gar verletzliche Seite, obwohl seine Bewegungen nur so von Kraft strotzten.

Er wurde je aus seiner Gedankenwelt gerissen, als Cameron innehielt, sich umdrehte und ihn anstarrte. „Seit wann…?“

„Nicht allzu lange. Mach weiter.“ Er musste lächeln, ob dessen, dass Cam ihn augenscheinlich wirklich nicht bemerkt zu haben schien. „Bitte.“

Sein Kumpel schaute betreten zu Boden. „Das war eigentlich nicht für andere bestimmt gewesen.“

„Und wieso nicht?“

„Eigentherapie.“ Cameron schien Tyler mit einem missglückten Grinsen überzeugen zu wollen, dass die Diskussion beendet war. Das war sie allerdings ganz und gar nicht, Tylers Meinung nach. „Einen Tänzer, wie dich, findet man nirgends ein zweites Mal auf der Welt.“

„Du übertreibst mal wieder vollkommen.“ Der Dunkelhaarige begann seine Sachen zusammenzusuchen und einzupacken. „Es ist spät. Ich mach mich auf den Weg nach Hause.“

„Erlaubst du mir eine Frage?“ Tyler nutzte diese Gelegenheit. Er wollte es wissen, seit sie das Gespräch über Cams Ausbildung geführt hatten. Camerons Blick deutete er als Bestätigung. „Warum widmest du deine wenige Freizeit auch noch dem Tanzen?“

„Weil es mein Leben ist, Tyler. Die Menschen, mit denen ich tanzen kann, bedeuten mir unendlich viel. Außerdem ist das, was wir in der Ausbildung tun nicht mit dem freien, unbefangenen Tanzen unserer Crew vergleichbar. Hier gibt es keine Regeln.“

„Verstehe…“

Die Musik setzte aus.

„Bist du dir da sicher?“ Cam seufzte und richtete sich auf. „Egal…“

„Ich hab gerade deine wahre Leidenschaft gesehen, oder? Contemporary dance… Deine Technik, dein Ausdruck waren genial.“ Er wusste nicht warum, aber Tyler war in seinem Inneren zutiefst berührt.

„Was erwartest du von jemandem, der 14 Jahre lang Ballett gemacht hat?“

14 Jahre Ballett. Ja, Cam war immer wieder für eine Überraschung gut. Er hatte das Gefühl, dass er seinen Freund gar nicht kannte. Er wollte mehr wissen.

„Ballett? Lass mich raten, deine Mutter hat dich dahin geschickt. Du hast dort deine Liebe zum Tanzen entdeckt und das hat dein weiteres Leben geprägt.“

Als Antwort bekam er nur ein leichtes Lächeln seitens Cam. Mehr nicht. Der Dunkelhaarige behielt es als ein Geheimnis für sich.

Eines wusste Tyler jedoch. Er war sich sicher, dass Cameron es nicht leiden konnte, wenn man ihn mit so etwas bombardierte, aber das war ihm in diesem Moment völlig egal. „Warum hast du uns das bislang nie gezeigt? Das war Perfektion, Cameron. Ich dachte, was du in der Vergangenheit getanzt hattest war genial, aber das sprengt alle Rekorde. Ich bitte dich, zeig dich, wie du wirklich bist, beim Flaggschiff-Contest.“

„Tyler… Darüber wollte ich eigentlich morgen mit dir reden.“ Cam sagte dies kaum hörbar, aber bei Tyler ließ es sämtliche Alarmglocken schrillen. Er ging auf den Dunkelhaarigen zu und packte ihn an den Schultern. „Enttäusch mich nicht! Du kannst nicht absagen. Ich flehe dich an, wenn du das willst.“ Er war sich bewusst, wie verzweifelt er klang. „Die ganze Crew ist gespannt darauf, dich zu sehen, seit zu zugesagt hattest.“

„Du machst dir Sorgen, dass du dein Gesicht verlierst, oder?“ Seit wann konnte Cam so emotionslos klingen?

„Was um Himmels Willen redest du? Mir geht es ganz allein um dich und dein Talent.“ Seine Hände hatten ihren Weg zu Camerons Gesicht gefunden. Abermals fiel ihm nun das intensive Grün des anderen Augenpaares auf. Eine solche Anziehungskraft sollte verboten sein…

„Ich werde nicht aufgegeben.“

Die Worte gingen in Tylers Gedankenstrom förmlich unter. Er hörte sie, registrierte sie allerdings nicht. Er spürte Camerons warmen Atem nah an seinem eigenen Gesicht und das einzige, was Tyler jetzt noch wahrnahm, war, wie Cam die Augen schloss und sich anspannte.

Es reichte ihm.

Tyler überwand die letzten Zentimeter und küsste seinen besten Freund auf die leicht zitternden Lippen. Es war ihm gerade egal, wer oder was Cameron war. Der Moment zählte und der war unbeschreiblich. Auch er schloss die Augen.

Camerons Lippen waren weich. Es ging eine Wärme von ihnen aus, die Tyler nur zu gern genoss. Unter seinen Händen spürte er die Anspannung des Kleineren.

Doch dieser Augenblick der Nähe wurde je zerstört, als Cameron sich ruckartig von Tyler löste und sich wegdrehte.

„Tyler…“ Cam klang beinahe flehend, was den Dunkelblonden ein wenig verletzte.

Er sagte nichts. Er wusste nicht, was er hätte sagen sollen.

Einen Impuls folgend griff Tyler nach Camerons Kinn und drehte es leicht zu sich. Ihre Blicke begegneten sich. Der Dunkelhaarige zuckte sachte zusammen. Er fühlte sich sichtlich unwohl. Doch Tyler wollte es wissen. Er beugte sich vor und küsste den anderen erneut auf den Mund.

Und da war es wieder, dieses elektrisierende Gefühl, welches sich in seinem gesamten Körper einnistete. Diese Leidenschaft, die gerade von ihm Besitz ergriffen hat, hatte er seit geraumer Zeit verloren geglaubt.

Er spürte den abklingenden Widerwillen seines Freundes.

Tyler stand auch auf Männer. Aber Cameron… Cam war nicht irgendein Typ. Er war sein bester Freund. Aber vielleicht geschah dies auch gerade deswegen…

Ihr Kuss wurde sinnlicher, als der Dunkelhaarige vorsichtig begann ihn zu erwidern.

Cam legte die Arme um ihn, gab sich ihm hin. Damit hatte Tyler nicht gerechnet.

Doch dann wurde er aus seiner Trance gerissen. Es war, als würde ihn ein Schlag treffen.

Es war falsch. Einfach falsch.

Tyler hielt es nicht aus, er löste den Kuss. Die beiden jungen Männer schauten sich noch für einen kleinen Moment in die Augen. Cam war der erste von ihnen, der verstand. Ohne ein weiteres Wort brachte er einen gewissen Abstand zwischen sie. Als wäre nichts geschehen, zog er seine Schuhe und Jacke an.

„Mach’s gut.“ Er verließ den Trainingsraum und wenige Augenblicke später hörte Tyler die schwere Eingangstür zum Studio ins Schloss fallen.

Das ging jetzt viel zu schnell.

Minuten später stand Tyler noch immer unschlüssig in mitten des Raumes.

Seine Gedanken überschlugen sich.

Was ist ihm da bloß durch den Kopf gegangen? Warum hatte er seinen besten Freund geküsst? Er liebte doch Nicky…

Auch wenn es in letzter Zeit mit ihr viele Differenzen gegeben hatte, war das noch lange kein Grund sie zu betrügen…

Aber das Gefühl von Camerons Lippen auf seinen war unvergesslich. Als hätte er niemals jemand anderen geküsst. Es hatte sich angefühlt, als wären sie wie für einander geschaffen. Es war der gefühlvollste Kuss, den er seit langem gehabt hatte.

Aber irgendetwas tief in seinem Innersten wehrte sich außerordentlich gegen diese Gedanken, die für den Dunkelhaarigen sprachen.

Trotz allem beschäftigte ihn eine Frage mehr. Warum hatte Cameron den Kuss erwidert?

War es Spaß? Neugier? Wollte er es einfach versuchen? Ihn herausfordern? Er konnte es nicht verstehen. Nach Nichts hatte sich der Kuss jedenfalls nicht angefühlt.

Wieso also? Er dachte immer, dass Cam doch Chloe…

Tyler wusste nicht weiter. Er entschloss sich, das Geschehene bis morgen ruhen zu lassen und dann mit seinem Freund darüber zu sprechen. Oder auch nicht.

Aber jetzt hatte er andere Sachen für die Party morgen zu erledigen.

Nur wie sollte er momentan noch seine Gedanken an andere Dinge verschwenden, als an Cameron und diesen Kuss?

„Verdammte Scheiße… Cam bringt alles durcheinander.“ Er fasste sich an den Kopf.

Brachte ihn durcheinander…

more


 

.ılıll more llılı.
 

„Warum muss ich auch ausgerechnet auf Kerle stehen?“ Eine solche Verzweiflung überkam Cameron nicht das erste Mal.

„Tust du nun einmal. Na, und?“

„‚Na, und’? Chloe, das bereitet doch nur Probleme. Siehst du doch!“

„Sieh’s nicht so dramatisch, Cam.“ Auch Liz versuchte den Dunkelhaarigen aufzumuntern. Allerdings waren bislang sämtliche Versuche der Mädchen fehlgeschlagen, dabei wollten sie gleichzeitig mit der Einweihungsparty des neuen Studios auch sein Willkommen in der Crew feiern. Er wusste selbst, dass es sich nicht ändern würde. Trotz allem war er niedergeschlagen.

Tyler hatte seit dem Kuss nicht mehr mit ihm gesprochen. Sie waren sich kaum begegnet, dennoch lag eine merkwürdige Spannung in der Luft. Cameron hatte geahnt, dass es so ausgehen würde.

Aber es war nicht der richtige Zeitpunkt um darüber nachzudenken. Er war hier mitten auf seiner Party und unterhielt sich mit seinen besten Freunden. Auch Danny und dessen kleiner Bruder Keith hatten mittlerweile von Camerons Schwärmerei für ihren gemeinsamen Freund erfahren. Nur Tyler selbst noch nicht…

„Bleib cool, Alter. Lass lieber über’n Contest reden.“ Danny wollte seinen Kumpel anscheinend auf andere Gedanken bringen, was dieser dankend annahm.

„Was wirst du tanzen, Cam?“ Man hörte die Neugier aus Keiths Stimme heraus. Es war nicht das erste Mal, dass er dies fragte, doch Cameron hatte es bislang als Geheimnis gewahrt.

Auch jetzt schüttelte er nur den Kopf und grinste den Kleinen an.

„Aber du weißt, wie’s ablaufen wird, oder?“ Liz würde ebenso teilnehmen, wie er selbst. Ein hartes Duell, wie es manche beschrieben.

„In etwa. Tyler hatte mich eingewiesen.“ Es war mehr als fair, dass seine Konkurrentin ihm Tipps und Hinweise geben wollte. Daran erkannte man, dass in dieser Crew Kameradschaft und der Spaß am Tanzen größer geschrieben wurden, als zu gewinnen.

„Okay, dann kriegst du jetzt eine Anleitung vom Profi!“ Goldlöckchen grinste frech. „Lass uns wohin gehen, wo wir uns besser unterhalten können.“

„Aber lass ihn am Leben!“ Lachend winkte Chloe ihnen hinterher.

Die Beiden hatten sich einen Platz am Rande der Tanzfläche gesucht. Sie standen nun an einer Wand des großen Raumes, wo die Musik nicht jedes ihrer Worte übertönte.

„Jason wird auch teilnehmen.“

Auf Camerons fragenden Blick hin, machte sie eine wegwerfende Handbewegung. „Kleinigkeit. Seine Teilnahme ist eigentlich reine Formalität. Irgendwann wurde es so festgelegt, dass zwei Anwärter und das amtierende Flaggschiff antreten. Soweit ich weiß, hat er nicht wirklich Interesse, aber er ist ein netter Kerl und tritt an, damit der Contest stattfinden kann. Also heißt es: Nur wir zwei!“ Sie kicherte.

„Warum gibt’s keinen anderen Kandidaten?“

„Weil die Wenigstens Interesse an dem Job haben.“ Sie zuckte die Achseln. „Es ist eine große Verantwortung uns in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Meistens einigen wir uns so oder so irgendwie auf einen von uns, der würdig erscheint. Der Contest ist eigentlich nur ein Grund zur Party. Falls du gewinnen solltest übernimmst du ganz einfach meine Aufgaben. Das heißt, du wirst meine Schritte der Crew Routine lernen und dich mit den anderen Crews auseinandersetzen dürfen.“

„Gut zu wissen…“

„Wir würden alle hinter dir stehen, Cam. So etwas gibt es bei uns nicht.“

„Das ist das Gute hier. Der Spaß am Tanzen steht im Vordergrund.“ Wenn er ehrlich war, verstand er die Konkurrenz unter den Gruppen nicht.

„Tja, das sehen die anderen Crews zum Teil nicht so. Die Underdogs, wo ja auch Nicky tanzt, sind entgegen ihres Namens die Elite. Amtierender Stadtmeister. Sie haben eine Aufnahmeprüfung mit extrem hohen Anforderungen. Sie suchen dich aus, nicht du sie. Schon verkehrte Welt, wenn du mich fragst. Wir sind ein bunt zusammen gewürfelter Haufen. Klar, wir haben auch bessere und schlechtere Tänzer, aber das ist doch niemals Grund, diejenigen raus zuwerfen oder erst gar nicht aufzunehmen.“

„Meine Rede. Tanzen sollte verbinden, nicht trennen.“ Aber wenn er es sich recht überlegte, näheren Kontakt mit den Underdogs würde er lieber vermeiden. Vor allem mit Nicole…

„Ich wollte dir den Ablauf erklären. Bereit?“ Sie zeigte wieder ihr typisches freches Grinsen. Cameron war sicher, Liz würde ihn mit Informationen bombardieren. „Nur zu.“

„In etwa läuft das ab, wie gewöhnliche Battle auch. Allerdings mit einer anderen Reihenfolge. Anstatt mit der Crew Routine zu beginnen, werden wir uns in der ersten Runde alle 20 Sekunden abwechseln mit dem Tanzen. Der Song wird einen Tag zuvor bekannt gegeben, sodass wir uns wenigstens etwas vorbereiten können. Es kann alles sein. Jede beliebige Stilrichtung. Phil wird ihn aussuchen. Klar soweit?“

Liz bemühte sich und das freute Cameron. „Ja, das wird nicht mein erstes Battle. In Minneapolis hab ich auch getanzt. Zwar nicht derartig organisiert, aber ich hab Erfahrung.“

Sie schaute skeptisch, als wäre sie nicht ganz überzeugt. „Nun ja, unsere Battles hier haben vier Runden. Crew Routine, Vorstellung, eigene Choreo, und der direkte Vergleich. Schade, dass du noch keines miterlebt hast.“ Sie schüttelte den Kopf, da sie vom eigentlichen Thema abgekommen war.

„Ich komm nicht vom Dorf, Liz.“

„Okay, okay. In der zweiten Runde werden wir unsere eigenen Choreographien vorstellen und wenn dann noch Bedarf besteht, weil das Ergebnis nicht eindeutig genug ist, werden wir in einer dritten Runde unsere Crew Routine tanzen. Aber ich denke nicht, dass es soweit kommt. Meistens tanzen wir sie dann jedoch trotzdem noch zum Spaß zusammen. Als Feuerprobe des Neuen. Je nachdem, wie die Party läuft.“

Cameron konnte Liz nicht einschätzen. Sie versuchte ihm zu helfen und das tat sie ungemein, aber dennoch würden sie Kontrahenten sein. Hatte sie gar nicht den Willen, ähnlich wie Jason? War der Contest im Voraus bereits entschieden? Die Blonde meinte stets, sie würde sich nicht zurückhalten. Aber irgendetwas an ihrem Verhalten ließ Cameron daran zweifeln.

Der Ehrgeiz hatte Cam gepackt und er fand es ein wenig schade, sollte es darauf hinauslaufen, dass es gar kein richtiger Contest werden würde. Dennoch würde Liz eine authentische Show abliefern, da war er sich sicher. Das einzige, was ihn ein wenig beunruhigte, war die Tatsache, dass das Studio währenddessen auch für die anderen Crews geöffnet sein würde, sodass diese zuschauen konnten. Tradition, hieß es…

Er würde das Ganze auf sich zukommen lassen. Ihm blieb nichts anderes übrig.

„Das heißt, es kommt auf mich noch einiges an Arbeit zu, auch wenn ich mit Tyler schon angefangen hatte zu trainieren.“

„Genau. Aber du brauchst dich nicht anstrengen. Ich übernehme das Amt gerne noch einmal!“ Das meinte er. Ihr Goldlöckchen war einfach unberechenbar. Das war der Grund warum sie so beliebt war. Sie hatte ein Talent dafür gute Laune zu verbreiten und auch Cameron musste bei dem Gedanken unweigerlich lächeln.

„Vielleicht solltest du noch wissen, dass, wenn der Titel wandert, das alte Flaggschiff dem neuen Tänzer eine Choreo aufhalsen darf. Als Eröffnung des nächsten Auftritts, oder so. Das heißt, du würdest nach meiner Pfeife tanzen. Zumindest einmal. Ganz so, wie ich es will!“ Anscheinend hatte sie allein bei dem Gedanken schon große Freude daran.

„Hey, Liz. Darf ich Cameron kurz entführen?“

Die zwei waren so in ihr Gespräch vertieft gewesen, dass sie Tyler nicht bemerkt hatten.

Ihre Freundin war die Erste, die wieder reagierte. „Nur zu, nimm ihn dir!“

Dieses dreckige Grinsen würde Cameron ihr heimzahlen… „Ich werde nicht gefragt?“

„Bei einer Entführung nicht.“ Tyler zwinkerte ihm lässig zu.

Cam wurde an der Hand genommen und mitgezogen. Ihm blieb gar keine Zeit zu reagieren, er sah nur noch wie Liz ein zufriedenes Gesicht machte.

„Ich würde dich ja fragen, ob du Lust zu tanzen hättest…“ Tyler blieb stehen und ließ Cameron wieder los, drehte sich zu ihm.

„Warum tust du es dann nicht einfach?“ Die Situation hatte etwas Komisches an sich.

Ohne ein Wort legte der Größere die Arme um ihn und zog ihn in eine Umarmung.

„Tyler, du hast getrunken, oder?“

„Wie man’s nimmt. Nicht viel.“

Ja, er hatte getrunken, man merkte es. Cameron musste den Drang niederkämpfen Tyler einfach wegzustoßen. Er empfand so ein Verhalten als abartig. Andererseits wollte er das, wollte Tylers Nähe, wollte, dass er dem Dunkelblonden nicht egal war. Und das war er ihm anscheinend ganz und gar nicht. Cam erwiderte die Umarmung und eine leichte Gänsehaut breitete sich auf seinem Körper aus, da warmer Atem gegen seinen Hals stieß.

Doch dabei blieb es nicht. Tyler begann sanfte Küsse auf der weichen Haut zu verteilen. Cameron hatte einen innerlichen Kampf auszufechten, entweder er würde das hier auf der Stelle endgültig beenden oder aber er würde sich auf dieses elendige, betrügerische Spiel einlassen.

Als Tyler sich von ihm löste und ihn gierig auf den Mund küsste, war die Entscheidung gefallen. Zu Gunsten der jetzigen Situation.

Ohne eine Sekunde zu verlieren, küsste Cameron den Größeren zurück. Tyler drängte ihn nach hinten, bis er unsanft eine Wand im Rücken spürte. Egal… Weiter. Cams Verstand schaltete sich gerade aus. Er wollte nur noch fühlen. Ihm war auch egal, dass man sie sah und beobachtete. Er war sich sicher, niemand würde das hier Nicky oder sonst wem erzählen.

Camerons Hände wanderten zu Tylers Hinterkopf, hielten sich fest. Er hatte Angst den Boden unter den Füßen zu verlieren, wenn der Dunkelblonde weitermachte. Tylers Hände lagen nun an seinen Hüften.

Ihr Kuss wurde intensiver, als der Größere mit seiner Zunge über Cams Lippen strich und sanft dazwischen drängte. Die Bewegungen ihrer Zungen glichen einem Tanz, zeugten von Leidenschaft, aber auch Zärtlichkeit.

Als sie sich von einander lösten, ging ihr Atem schwer. Tyler küsste ihn mehrfach auf die Wange.

Cameron spürte, wie der Größere mit den Händen unter sein Shirt wanderte und über seinen Rücken streichelte.

Tylers Finger waren kalt. Eiskalt. Der Dunkelhaarige zog scharf die Luft ein und legte den Kopf schief um jedoch zu signalisieren, dass der andere weitergehen konnte.

Tyler nahm diese Gelegenheit gerne an und begann Cams Hals zu liebkosen, was diesen wohlig aufseufzen ließ. Er drängte sich dem Größeren entgegen, sein Herz raste. Er wusste nicht, worauf er sich konzentrieren sollte, auf Tylers Küsse an seinem Hals, auf die Hände an seiner nackten Haut, auf die Wärme, die von Tyler ausging. Er wollte alles. Er wollte Tyler.

Cameron hatte unwiderruflich alle Bedenken beiseite geschoben. Doch der Dunkelblonde ließ von ihm ab. Aus irgendeinem Grund zögerte er, war vorsichtig geworden.

„Tut mir Leid…“

„Was?“ Cam ahnte Schreckliches. Er hatte seine Hände an Tylers Wangen gelegt und schaute ihm tief in die Augen, aber der andere schien sich ihm entziehen zu wollen.

„Das alles hier.“ Wie, um zu zeigen, was er meinte, küsste er Cameron noch kurz auf den Mund, ehe er sich zum Gehen wandte.

Der Dunkelhaarige war wie versteinert. Er fühlte sich leer. Benutzt.

Irgendetwas lief gewaltig schief. Jetzt hatte er sich dazu entschieden, zu seinen Gefühlen zu stehen und dann das. Tyler war einfach gegangen. Ohne dass sie geredet hatten.

Wie es schien, hatte er mal wieder die falsche Entscheidung getroffen. Verdammte Scheiße. Das tat weh.

Abermals war ihm gerade eben das Herz gebrochen worden.

hangover


 

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Es war schlimmer, als eine dieser übertrieben Daily Soaps.

Tylers Schädel brummte. Zu viele Gedanken.

So beschissen hatte er sich das nicht vorgestellt. Aber was dachte er sich auch dabei, seinem besten Freund aus heiterem Himmel die Zunge in den Hals zu stecken?

Sein Verlangen nach Cameron war groß gewesen, ohne Frage, aber das berechtigte ihn noch lange nicht dazu, einfach über ihn herzufallen.

Der Ärger über sich selbst wegen seinem unreifen Verhalten wurde von dem schlechten Gewissen verdrängt. Er hatte Cam da mit rein gezogen, ob er wollte oder nicht. Hatte ihm keine Wahl gelassen. Das Einzige, was ihn jedoch immer noch wunderte war, dass der Andere die Küsse erwidert hatte. Es hatte ihm sogar gefallen, wie es schien. Tyler erinnerte sich zurück an ihren letzten Kuss. Ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihm auf, wenn er an Cameron und dessen Reaktion dachte.

Ihm kam der Gedanke, dass er in einer ziemlich großen Zwickmühle zu stecken schien und es war ganz allein seine Schuld, dass ihre Freundschaft begann zu zerbrechen.

Tyler schaute auf seine Armbanduhr. Es war halb eins nachts. Das Studio war ruhig, er war alleine hier. Beängstigend einen sonst so mit Leben gefüllten Raum totenstill zu sehen.

Es war eiskalt. Er hatte jedes Fenster, was zu erreichen war geöffnet. Tyler hatte bereits einen Mundschutz angelegt und griff nun nach der ersten Dose. Er schüttelte sie und entspannte sich augenblicklich, als er das ihm so vertraute, klackernde Geräusch wahrnahm. Er setzte an.

Das fertige Werk sollte die einzige, noch freie Wand des großen Raumes zieren, die nicht mit Technik, Spiegeln oder Fenstern belegt war. Die Wand, an der er letzten Samstag mit Cameron gestanden hatte. Übermorgen wäre die Party eine Woche her und der Contest würde stattfinden. Cam war seitdem immer nur kurz im Studio gewesen, seine freie Zeit war vorbei. Arbeit und Ausbildung forderten ihn, das wusste Tyler. Er war dem Dunkelhaarigen dankbar dafür, dass er sich ihm gegenüber normal verhalten hatte, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen. Tyler hatte keine Ahnung, wie er sich hätte verhalten sollen, wenn dies nicht so gewesen wäre.

Sie hatten gemeinsam geübt, was die wenige Zeit hergab. Er war zuversichtlich, dass sich sein Freund gut schlagen würde. Camerons Talent war einfach unglaublich. Er lernte schnell, war kreativ und konnte tanzen. Doch irgendetwas war komisch, war anders zwischen ihnen…

Tyler sollte sich auf die Wand vor ihm konzentrieren und nicht seine Gedanken abschweifen lassen. Aber die Erinnerungen an Cams durchtrainierten Körper, an diese weiche Haut, diese zarten Lippen gingen ihm nicht aus dem Kopf. Ganz schlecht, wenn er so weitermachte…

Fireflies, we <3 to dance sollte das fertige Kunstwerk ergeben. Er hatte noch eine Menge Arbeit vor sich, aber es war durchaus zu schaffen.

Vielleicht aber auch würde er dieses elende Herz ersetzen. Es ließ ihn an Cameron denken und gerade das wollte er vermeiden. Manchmal konnte er ziemlich kitschig sein. Ätzend. Dennoch musste er bei dem Gedanken lächeln.

Er hatte keine Lust auf Zuhause, keine Lust auf Familie und Eltern. Insbesondere nicht auf seinen Vater, der ihm in letzter Zeit wieder vorhielt, er vernachlässige seine Ausbildung und würde nur Tanzen im Kopf haben. Doch Tyler war dies egal, da war er Rebell durch und durch. Wahrscheinlich waren sie schon dabei unablässig zu versuchen, ihn am Handy zu erreichen. Tja, er hatte es ausgeschaltet. Seine Standartausrede in Situationen, wie diesen, war, er habe bei Nicky geschlafen. Sie spielte meistens mit. In solchen Dingen konnte man wirklich auf sie zählen.

Seine Beziehung zu Nicole hatte er in letzter Zeit vernachlässigt. Dessen war er sich bewusst.

Wenn Tyler es sich recht überlegte, wusste er nicht mehr genau, woran er bei Nicky war und das schmerzte. Als er noch nicht lange mit ihr zusammen gewesen war, hatte er die Crew im Stich gelassen. War bei den Underdogs ein- und ausgegangen, hatte mit dem Gedanken gespielt zu wechseln. Alles Nicky zu Liebe. Er hätte die Fireflies verkommen lassen, ohne zu zögern. Er war so dumm gewesen. Hatte sich geschworen, es niemals wieder zu tun, als er seinen großen Fehler erkannt hatte. Man hatte ihm verziehen, ihn wieder mit offenen Armen willkommen geheißen. Er hatte seine zweite Chance bekommen und zu nutzen gewusst. Doch seit dem ging seine Beziehung mit Nicky den Bach runter. Feindlichkeiten, die eigentlich innerhalb einer solchen Verbindung nichts verloren hatten, standen an der Tagesordnung. Bissigkeiten, die man nicht aus dem Munde zweier Liebender zu hören geglaubt hatte, waren Normalität geworden… Auch er trug seinen Teil dazu bei.

Und er hatte Angst, dass es bei Cameron genauso enden würde. Angst, ihn zu verlieren. Angst, keine zweite Chance zu bekommen und nichts zum Besseren wenden zu können.

Tyler steigerte sich zu sehr rein. Er schüttelte den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben. Es lief alles bestens. Er hatte Familie, die sich um ihn sorgte. Eine bezaubernde Freundin, wunderbare Freunde und einen besten Freund, wie man ihn sonst vergeblich suchen würde.

Dennoch war er nicht glücklich. Mit jeder verstrichenen Sekunde wurde sein Herz schwerer.

Er wollte nicht in Selbstmitleid versinken. Aber er tat es. So konnte es nicht weitergehen. Hass auf ihn selbst hatte sich in seinem Inneren eingenistet.

Tyler fasste einen Entschluss. Er würde sein Leben von Grund auf ordnen müssen.

Er würde seinen Eltern entgegen kommen und mehr für seine weitere Ausbildung tun, trotzdem würde er ihnen sagen, was das Tanzen und seine Freunde ihm bedeuteten. Er würde mit Cameron reden und dieses riesengroße Missverständnis ein für alle Mal aus der Welt schaffen, sodass dieser unbefangen mit Chloe mehr Zeit verbringen konnte. Er hatte ihn niemals aufhalten wollen. Er sah, wie sie miteinander umgingen. Tyler spürte Eifersucht in sich aufkeimen. Auf Chloe, seine beste Freundin. Erschreckend, dabei würde er es den beiden wirklich gönnen. Auch wenn er selbst dann wahrscheinlich zu Grunde gehen würde. Cameron…

Tyler trat einen Schritt von der Wand zurück und betrachtete sein bisheriges Werk. Gut so.

Er seufzte. Cam bedeutete ihm wahnsinnig viel. Zu viel…

Das Ganze hatte keine guten Aussichten für ihn, egal wie er handeln würde. Dennoch würde er morgen auch mit Nicole reden…
 

Tyler wollte es nicht wahrhaben. Auch nicht, nachdem er noch lange darüber nachgedacht hatte. Es erschien ihm so unwirklich, so falsch. Er konnte sich nicht einfach in seinen besten Freund verlieben und denken, er würde genauso fühlen. Es ist Unsinn, reiner Quatsch, das zu glauben. Er hatte gestern Nacht noch lange im Studio vor dieser Wand gestanden und sie angestarrt. Um halb sechs in der Früh war er nach Hause gekommen. Eigentlich hatte er sich auf die Standpauke seiner Eltern vorbereitet, doch ungewöhnlicher Weise blieb sie aus. Das trug nicht sonderlich zur Entwirrung seiner Gedanken bei.

Nun ging Tyler neben Nicky her. Er hatte sie angerufen und darum gebeten, sich zu treffen.

Ein bedrückendes Gefühl beschlich ihn, dass sie längst wusste, was Sache war.

„Nicky?“

„Ja, Tyler?“ Sie lächelte. Gekünstelt, wie Tyler erkannte.

Er atmete noch einmal tief durch…

(s)he doesn't mind


 

.ılıll (s)he doesn’t mind llılı.
 

Wenn er behaupten würde, er wäre nicht nervös, wäre dies glatt gelogen.

Stress pur. Er war von der Arbeit hergehetzt, um wenigstens noch ein-, zweimal seine Choreos durchzugehen. Einiges davon hatte er gar nicht erst ausprobiert und würde es einfach versuchen. Vielleicht würde das nicht auffallen, schließlich wusste keiner genau, was er zeigen wollte. Tyler hatte gequengelt, er möge doch bitte Contemporary tanzen, aber er hatte etwas anderes vorbereitet. Cameron sah bereits jetzt schon das enttäuschte Gesicht des anderen vor sich. Oder eben überraschte Züge.

Als Tyler ihm den Schriftzug an der Wand gezeigt hatte, wollte er es kaum glauben. Es sah einfach prächtig aus. Die Farben leuchteten regelrecht. Insbesondere das Grün, welches Cam an seine eigenen Augen erinnerte. Er hatte schmunzeln müssen. Er fragte sich, ob Tyler das ganz bewusst so gewählt hatte. Niemals hätte er gedacht, dass sein Freund so begabt war. Er ahnte, wie schwer es sein musste, ein solches Meisterwerk zu schaffen und bewunderte ihn dafür nur noch mehr. Das Graffiti passte perfekt zu den Fireflies. Es zeugte von Lebensfreude, Spaß und Freundschaft. Aber es sagte auch einiges über seinen Schöpfer aus. Es wirkte außergewöhnlich, beinahe verspielt, nach Aufmerksamkeit verlangend, ohne aufdringlich zu sein. Man erkannte Tylers Perfektionismus darin wieder. Doch je länger er es angesehen hatte, desto klarer wurde es ihm. Er durfte sich nicht ablenken lassen.

Er hatte für sich beschlossen, heute, wenigstens heute, alles ruhen zu lassen. Er wollte tanzen. Nicht an Tyler denken, nicht an Nicky denken, nicht an überhaupt irgendetwas denken. Einfach tanzen. Frei von diesen erbärmlichen Sorgen, die er sich nur selbst bereitete. Erst tanzen, dann wieder denken. Das hatte er sich vorgenommen.

Selbstverständlich wollte Cam seine Sache gut machen, das war er der Crew schuldig. Er war darauf gespannt, was Liz und Jason geplant haben.

Cameron hatte versucht, sich Tyler gegenüber so normal zu verhalten, wie es ihm eben möglich war. Er war ein Mensch, der seine Gefühle im Tanzen ausdrückte und er hatte Angst, Tyler könnte sie deuten. Vielleicht hätte er es seinem Freund einfach gestehen sollen, dann wäre es zu einer solch misslichen Situation gar nicht erst gekommen. Letzten Endes brachte Schweigen niemanden weiter, aber es war das Beste für beide. Cameron wollte Tyler mit seinen Gefühlen nicht verwirren oder verunsichern und er selbst bereitete sich so weniger Kummer.

Tyler musste jedoch unterbewusst in Erfahrung gebracht haben, was Cam für ihn empfand. Warum sonst hätte er ihn derartig geküsst… Es war alles schief gelaufen. Doch genau aus diesem Grund wollte er, dass heute alles gelang, um einigen Leuten, aber vor allem sich selbst zu beweisen, dass er in der Lage war zu kämpfen.

Cameron war ehrlich. Er wollte gewinnen.

„Aufgeregt?“ Jason war zu ihm in den Trainingsraum getreten. Er war groß, muskulös gebaut und man sah ihm an, dass er mexikanische Wurzeln hatte. Er wirkte vollkommen gelassen.

„Ein wenig.“

„Wird schon gut laufen für dich, Kleiner!“ Jason grinste ihn an und Cameron bekam mehr und mehr das Gefühl, dass sich die Crew gegen ihn verschwor. „Vielleicht sollten wir raus und uns langsam zeigen. Damit die anderen Crews wissen, mit wem sie es bald zu tun bekommen werden.“ Jason nickte mit dem Kopf Richtung Tür.
 

„Ladies and Gentlemen! Willkommen im Hause der Fireflies!“ Die Scheinwerfer hatten sich just in diesem Augenblick auf das Graffiti ausgerichtet. Perfektes Timing. Für all dies war Phil verantwortlich. Er hatte die Musik leiser gedreht, damit man ihn besser verstand. Er würde Tänzer und Zuschauer durch den Abend führen. Cam stand gemeinsam mit Liz und Jason auf der Tanzfläche. Tyler war bei ihm. Genauso wie Danny bei Jason stand, denn der Blonde schien für ihn als Kandidaten gebürgt zu haben.

„Cam? Ich bin mir sicher, alles wird gut laufen.“ Tyler klopfte ihm noch ein letztes Mal auf die Schulter, ehe er sich zu Chloe an den Rand der Tanzfläche gesellte.

Cameron hatte die Worte kaum wahrgenommen. Sein Blick glitt über die Schaulustigen. Es zeichnete sich deutlich eine Teilung innerhalb des Publikums ab. Auf der einen Seite standen die Fireflies. Auf der anderen Seite des Raumes hatten sich die Tänzer aus unterschiedlichen Gruppen einen Platz gesucht. Cameron erkannte Nicky, sie stand bei einem in Schwarz gekleideten, jungen Mann, der bereits auf den ersten Blick arrogant wirkte. Der Leader der Underdogs, wie sich Cam dachte. Mit ihm würde er sicherlich noch Bekanntschaft machen dürfen. Doch das war jetzt nicht von Bedeutung.

Cameron war es gewohnt vor Publikum zu tanzen, dennoch spürte er die Nervosität. Es lag daran, dass man hohe Erwartungen an ihn hatte und er wollte weder sich selbst, noch die anderen enttäuschen.

Phil hatte sie alle drei vorgestellt und schließlich angekündigt, dass die Tanzfläche verlassen werden müsste, da sich die Teilnehmer bereit machen sollten. Liz würde den Anfang machen.

Es konnte sich nur noch um Sekunden handeln und Cameron lenkte seine gesamte Konzentration auf die Musik. Er durfte, wollte nicht versagen.
 

Die erste Runde war für sie alle gut verlaufen. Es war kein außergewöhnlicher Song gewesen. Sie hatten mehr miteinander getanzt, als gegeneinander. Jeder von ihnen hatte seinen ganz eigenen Stil, den man kennen lernen konnte. Eigentlich konnten sie nicht unterschiedlicher sein. Jason war zwar ein freundlicher Zeitgenosse, dennoch tanzte er sehr aggressiv. Liz hingegen war rein auf Spaß bedacht, sie feierte jeden einzelnen ihrer Schritte. Für Cameron war Tanzen eine Kunstform und das versuchte er zu vermitteln. Er wusste, dass es bei dieser Art von Duell eher darauf ankam eine gute Show zu liefern, präsent zu sein und das Publikum anheizen zu können.

Es blieb ihm keine Zeit weiter über den Ausgang der ersten Runde zu spekulieren, denn Liz wurde bereits wieder auf die Tanzfläche gerufen. Sie eröffnete den zweiten Durchgang. Er selbst würde als Letzter starten.

Ihr Goldlöckchen wurde gefeiert. Nicht nur von ihrer eigenen Crew. Liz war durch und durch beliebt. Sie wusste zu entertainen und das war ihr großer Vorteil. Sie hatte nichts sonderlich Spektakuläres vorbereitet, es war ihre herkömmliche Routine. Aber sie setzte sich und ihre Choreo so gekonnt in Szene, dass man ihr einfach zuschauen wollte. Cameron verstand mal wieder, warum Liz ihr bisheriges Flaggschiff war.

Nach ihrem Auftritt wurden die ersten Sprechchöre laut, die Liz als Sieger forderten. Das spornte Cam nur mehr an, anstatt ihn zu versunsichern. Er lächelte in sich hinein. Mit seinem Auftritt würde er ein Wagnis eingehen, da er wusste, dass es nicht unbedingt gut ankommen würde. Er wollte nicht sagen, dass es in der Szene verpönt war, aber dennoch wurden damit zu viele schlechte Erfahrungen gemacht, als dass es anerkannt war. Jemand Gutes zu finden war in der Beziehung schwer. Cameron war sich sicher, er würde überzeugen können. Er wusste, was er tat und er wollte es tun. Das war sein Rezept zum Erfolg.

Er wollte endlich tanzen. Jason hatte gerade eben angefangen.

Cam spürte eine Hand an seinem Unterarm. Tyler stand neben ihm. „Du wirst das hier gewinnen, versprich’s mir.“

„Das werde ich.“

Jason rockte das Studio. Theoretisch hatte auch er sehr gute Chancen. Cameron hätte gerne gewusst, wie das momentane Meinungsbild aussah. Phil hatte Liz in hohen Tönen gelobt, aber das war rein obligatorisch. Bei Jason tat er es gerade ebenso. Cam machte sich bereit.

„Viel Erfolg. Du packst das, ich drück dir die Daumen.“ Tyler schob ihn leicht an der Schulter auf die Tanzfläche.

„Ich weiß.“ Er atmete tief durch, beruhigte sich und stellte sich vollkommen auf seine Choreographie ein. Sein Moment war gekommen.

Er spürte die Blicke auf sich, die Stille nun im Studio war beinahe greifbar. Vielleicht kam es ihm auch nur so vor. Sicher war er sich im Augenblick nicht mehr.

Er war der Newcomer, der eigentlich am längsten von ihnen tanzte. Er war der Außergewöhnliche, der meistens nachts trainierte. Er war der Zurückhaltende, der lieber schwieg.

Und er würde derjenige sein, der bewies, dass es möglich war durch das Tanzen Brücken zu bauen.

Er nahm die Musik nur noch unterbewusst war. Er folgte einfach seinen Instinkten und tanzte.

Er begegnete Tylers Blick, der mehr verriet, als jegliche Worte. Wie Cameron sich gedacht hatte, schien er enttäuscht zu sein. Beinahe verzweifelt. Aber Cam war das egal, dieses eine Mal war ihm das alles wirklich egal. Es war sein Auftritt und er allein entschied, wie und was er zu tanzen hatte.

Mit dem ersten Sprung war der Bann gebrochen. Cameron hatte das Gefühl, dass das Geschehen in Zeitlupe ablief. Er verharrte regelrecht in der Bewegung und ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.

Er landete gekonnt und rollte sich ab. Aus der Stille wurde tosender Beifall, als seine Crew begriff, dass er tatsächlich das tat, wozu man ihm geraten hatte.

Cameron war sich des Überraschungseffektes bewusst gewesen. Seine Rechnung war aufgegangen. Er musste es jetzt nur noch bis zum Ende durchziehen.

Die Verbindung vom improvisierten Street Dance und auf Technik basierendem Contemporary Dance, war gewagt gewesen. Es hätte auch genau das Gegenteil von dem eintreten können, was Cam sich gewünscht hatte und was gerade eingetreten war.

Als sich sein Auftritt dem Ende zuneigte, wurde ihm ohrenbetäubender Jubel zu Teil. Nachdem er geendet hatte, kam Chloe auf ihn zugestürmt. Cameron nahm nur am Rande wahr, wie sein Name immer und immer wieder aufs Neue wiederholt wurde.

Seine Freundin fiel ihm im wahrsten Sinne um den Hals. „Ich glaube, die dritte Runde hat sich so eben erledigt, Cam!“

Das ging Cameron alles viel zu schnell. Gerade eben hatte er noch getanzt. Er war noch nicht wieder in der Realität zurück, auch seine Atmung hatte sich noch nicht reguliert.

Chloe ließ von ihm ab. „Wird Zeit zu gratulieren!“ Sie grinste ihn direkt an. Erst jetzt begriff er vollständig.

Cameron wurde in zahlreiche Umarmungen gezogen, teilte Unmengen an Handschlägen. Die ganze Crew gratulierte ihm, feierten ihn. Auch Jason und Liz, die in keiner Weise gekränkt oder enttäuscht schienen. Ganz im Gegenteil, es waren diejenigen, die ihn am meisten lobten.

„Cameron! Cam!“ Tyler drängte sich durch die Menge. „Du bist der reinste Wahnsinn! Wie um alles in der Welt bist du auf diese Idee gekommen, du Idiot? Das war genau das, was wir schon so lange sehen wollten.“ Er strahlte Cameron an, nahm ihn in den Arm.

„So ungewöhnlich war die Idee nicht.“ Trotzdem war er unsicher gewesen.

„Liebe Leute, an dieser Stelle würde ich sagen: Lasst die Party beginnen! Wir haben unser neues Flaggschiff!“ Phils Stimme hallte dank Mikrophon durch den Raum und übertönte den Jubel.

Stolz und Erleichterungen überkamen Cameron. Es war, als fiele ein schwerer Stein von ihm ab. Er hatte es die ganze Zeit über nicht bemerkt, unter welchen Druck er sich selbst gesetzt hatte. Nun fühlte er sich befreit.

„Hey, ihr Leuchtkäferchen. Leider muss ich euch kurz unterbrechen.“ Cam und Tyler sahen auf. Auch Chloe, Liz und die anderen waren alarmiert, insbesondere Danny, der verächtlich die Nase rümpfte. „Pass auf, was du sagst, Freund.“

Vor ihnen standen Nicky und der schwarz gekleidete Tänzer, den Cameron als den Anführer der Underdogs identifiziert hatte. „Mit dir rede ich nicht, okay?“

Er wandte sich nun eindeutig an Cameron. „Meinen Glückwunsch.“ Er nickte ihm zu. Cameron verhielt sich ruhig, irgendetwas passte hier nicht zusammen. „In zwei Wochen. Du gegen einen meiner Tänzer. In unserem Haus. Einverstanden?“

Cam ordnete seine Gedanken. Er wurde gerade zu einem Battle aufgefordert, dass er unmöglich ablehnen konnte und das wusste jeder der Anwesenden. Er wollte weder sich, noch die Crew in Bedrängnis bringen. Sie hatten ihn in einer sehr misslichen Lage erwischt, wenn man danach ginge. Pure Berechnung, Cam war sich sicher.

Sein Zögern blieb nicht unbemerkt. „Bekomme ich eine Antwort oder hat es dir die Sprache verschlagen?“ Ein siegessicheres Grinsen zeigte sich auf dem Gesicht des anderen.

„Jetzt pass bloß auf, du elender-“ Es hatte den Anschein als würde Tyler tatsächlich auf ihr Gegenüber losgehen wollen. Danny musste ihn zurückhalten. „Ey, verdammte Scheiße, beherrsch dich. So ein Mist können wir nicht gebrauchen.“

Cameron sah, wie Tyler sich widerwillig versuchte zu beruhigen.

Es wunderte ihn, dass sich Nicole im Hintergrund hielt und was ihr Beitrag zu dieser Situation gewesen war. Ob sein Freund wegen ihr so aufgebracht war? Wie es schien, ignorierten sich die beiden vollkommen. Er wusste nicht, ob sie sich gestritten hatten.

Ihre Blicke kreuzten sich. „Glückwunsch, Cameron.“ Sie meinte es so, wie sie es gesagt hatte. Es war ihr Ernst. Dennoch wirkte sie eiskalt, störte sich nicht im Geringsten an Tyler.

„Danke.“

„Verpiss dich, Aaron. Lass den Jungen in Ruhe und hau hier ab, bevor ich dich rausschmeißen lasse.“ Tyler deutete Richtung Tür. „Und nimm Nicole mit.“

„Gut, wir verschwinden. Ich werde dann mal kundtun, dass das neue Flaggschiff der Käferchen ein Battle ausgeschlagen hat.“ Aaron und Nicky hatten sich bereits zum Gehen gewandt.

„Wartet.“ Der Moment fror ein. Cameron war trotz allem was gerade eben geschehen war, die Ruhe in Person. Es war egal, was seine Freunde meinten, der Ehrgeiz war geweckt. „Ich nehme an.“

Er merkte wie Tyler die Gesichtszüge entglitten, Danny hörbar Luft holte, Nicky sich auf die Unterlippe biss und Aaron triumphierend grinste. „Braver Junge, richtige Entscheidung.“

get it


 

.ılıll get it llılı.
 

„Ich hatte erst heute nachfragen können. Das Battle wird punktebasiert sein.“

„Und das heißt?“

„Das heißt, dass sich dieser verdammte Mistkerl Aaron die Punkterichter kaufen wird.“

„Tyler, ich wäre dir dankbar, wenn du diese private Fehde, die zwischen euch herrscht, warum auch immer, für den Augenblick beiseite lässt und mir sachlich erklärst, worum es geht.“

Cameron verstand mal wieder rein gar nichts. Innerlich kochte Tyler bereits.

Sie hatten noch die Choreographie durchgehen wollen, die Liz ihnen nach dem Contest aufgebrummt hatte. Es sollte heute Abend ihre Vorstellung sein. Noch hatten sie Zeit. Aber es funktionierte nichts davon. „Vergiss es. Tanz einfach.“ Er ließ sich auf den Boden sinken.

„Das ist doch jetzt nicht dein Ernst?“

Ehe Tyler antworten konnte, kam ihm Chloe, die ihr Training beobachtet hatte, zuvor. „Doch, das ist sein Ernst, Cam. Lass gut sein.“

Warum ihre Freundin bei den Proben zuschauen wollte, hatte er nicht verstanden. Er hätte auch gerne ein paar Minuten mit Cameron alleine verbracht.

„Erklärt mir denn jetzt einer, wie das mit den Punkten funktioniert?“ Cam klang nicht vorwurfsvoll, eher hilflos, was Tyler Leid tat. Er hatte sich falsch verhalten.

Er wollte gerade den Mund aufmachen um es zu erklären, als Chloe bereits anfing. „Es gibt zwei unterschiedliche Formen. Zum einen gibt es das freie Battle, wie du es beim Contest erlebt hast. Wer die meiste Zustimmung erhält gewinnt, so einfach ist das. Die punktebasierten Battle sind eher was für die High Society, die sich selbst dazu ernannt hat. Es werden drei bis fünf Tänzer aus anderen Gruppen als Schiedsrichter ausgesucht. Meistens macht das derjenige, der die Location stellt. In unserem Fall Aaron und die Underdogs. Ganz geschickt gehandelt, also. Pro Runde gibt es maximal zehn Punkte. Der Teilnehmer mit der höchsten Punktzahl gewinnt. Ist also nicht schwer zu verstehen. Das einzige Problem daran ist, was Tyler bereits angesprochen hatte. Aaron wird die Punkterichter mit Sicherheit schmieren, egal wer gegen dich tanzen wird. Das wäre nicht das erste Mal und wird auch nicht das letzte Mal sein. Allgemein bekannt, dass er das tut, aber niemand unternimmt etwas. Na ja, ich find es erbärmlich, wenn das der einzige Weg ist, wie er gewinnen kann.“ Sie zuckte die Achseln und spielte weiter mit ihren Kopfhörern herum.

Tyler hatte Cameron beobachtet, während Chloe gesprochen hatte. Er wirkte gekränkt. „Hält hier überhaupt irgendjemand es für wichtig mich über so etwas zu informieren?“ Tyler spürte Cams Blick auf sich, wich ihm aus.

Du hast die Herausforderung viel zu voreilig angenommen.“ Er wusste nicht woran es lag, aber er war bis auf das Äußerste gereizt. „Nicht ich.“

Cameron schwieg. Auch Chloe sagte nichts. Beide merkten wohl, dass Tylers Laune recht bescheiden war.

„Lass uns den Schluss bitte noch einmal versuchen.“ Cam reichte ihm die Hand, um aufzustehen.

Er griff danach, wollte nicht als der Böse gelten. „Gut, versuchen wir’s.“

Das Lächeln, welches Cameron ihm daraufhin schenkte, ließ ihn die vorherige Situation vergessen.

„Wir versuchen es langsam. Gib mir mal deine Hand. Ich zeig dir noch einmal wo du mich halten wirst.“

Cam nahm seine Hand und führte sie an seinen Oberarm. Tyler spürte die Muskeln unter der Haut. Ohne Zweifel besaß er Kraft.

„Du packst mich hier und nirgendwo anders, sonst lieg ich schneller unten, als du mich überhaupt heben konntest.“ Der Dunkelhaarige war in seinem Element, wie es schien. Er gab Tylers Hand wieder frei. „Du musst mitgehen, wenn ich mich fallen lass. Und versuch dich gerade aufzurichten. Wäre einfacher für uns beide.“

„Ich weiß nicht, ob das wirklich eine so-“

„Nein, das will ich nicht hören, alles klar? Ich vertrau dir, Tyler. Du wirst mich schon heben können, sobald du den Griff richtig hast.“

Wie konnte er nur so zuversichtlich sein? „Du hast ja auch Erfahrung darin, Cameron.“

„Und du wirst sie durch mich bekommen. Los jetzt.“

Tylers Zögern schien seinem Freund zu lange zu dauern, er packte kurzum sein Handgelenk und führte es zu seinem Bein. „Anfassen. Und kurz danach am Arm. Achtung.“

Seine Hand ruhte an der Innenseite von Camerons Oberschenkel. Er spürte die Körperspannung, als sich Cam langsam fallen ließ. Tyler schluckte.

Warum um alles in der Welt musste Chloe auch ausgerechnet zusehen?

Das Nächste, was Tyler wahrnahm war, dass Cameron am Boden lag und er halb über ihm.

„Du bist nicht bei der Sache.“ Eine trockene Feststellung seitens des Dunkelhaarigen. „Du tust dich sonst nicht so schwer damit Neues zu lernen.“

„Alles okay bei euch?“ Chloes Stimme wirkte amüsiert. So dramatisch konnte das Ganze also nicht ausgesehen haben.

„Tut mir Leid.“ Und wieder hatte er es vermasselt.

„Schon gut, ist für mich nicht der erste Sturz. Geh aber bitte runter von mir.“

Für einen Augenblick war sich Tyler nicht genau sicher, ob er einen leichten Rotschimmer auf Camerons Wangen gesehen hatte.

Die beiden rappelten sich wieder auf.

„Noch einen Versuch.“ Camerons Blick war hart. Professionell. Er wollte das hier durchziehen, egal, was es sie abverlangte. Man sah es ihm an.

„Du gibst nie auf, oder?“ Tyler seufzte. Er hatte keinen Nerv mehr dafür. Sollte diese scheiß Choreo eben ohne die Hebefigur auskommen. Hatte Liz Pech gehabt…

„Ich möchte das erledigen, was man mir aufgetragen hat. Mehr nicht.“

„Sturkopf…“ Es war gar nicht so gemeint gewesen, wie Cameron es wahrscheinlich aufgefasst hatte.

„Verdammt, Tyler! Etwas Disziplin würde dir auch nicht schaden!“ Umso überraschender war, dass sein Freund ihn gerade eben wirklich angeschrieen hatte. Auch Chloe hatte aufgeschaut.

„Es ist ganz einfach zu erklären. Wir sind zu unterschiedlich. Wir haben komplett verschiedene Styles. Wir können so etwas, wie Liz verlangt, nicht auf die Beine stellen, klar? Und damit Punkt.“

„Willst du mir jetzt meine Meinung verbieten? Ich hab mir nicht ausgesucht, mit wem ich das hier tanzen soll. Das ist nicht auf meinen Mist gewachsen, ich könnte mir es auch leichter machen.“

„Jungs, kommt mal wieder runter…“ Chloe war aufgestanden und zu ihnen gekommen.

„Halt dich daraus!“ Tyler und Cameron hatten dies wie aus einem Munde gesagt, was Chloe verdutzt dreinschauen ließ.

„Scheiß drauf, lass uns das tanzen, was klappt und gut ist.“ Er wollte einlenken, wollte keinen Streit mit Cameron, dennoch war er so wütend, wie lang nicht mehr.

„Vergiss es, ich tanz nichts mehr. Unter solchen Umständen wird rein gar nichts klappen.“ Cam verschränkte die Arme vor der Brust. Er wirkte trotzig, wie ein Kind.

„Willst du mich jetzt verarschen?“ Tyler war baff. Nun war seine Geduldsgrenze vollends überschritten. „Kannst du mir verraten, was das scheiß Theater jetzt hier soll?“

„Ich versuche das zu retten, was wir bis jetzt geschafft hatten. Mehr nicht.“ Verzweiflung war in Camerons Augen zu lesen, aber das ließ Tyler in diesem Moment vollkommen kalt.

„Stell dich nicht als Helden hin!“ Er wusste, dass es falsch war, wie sie gerade miteinander umgingen, aber in ihm kam all der Zorn hoch, der sich in letzter Zeit angestaut hatte. Auf ihn selbst, auf Cameron, auf Chloe, auch auf Nicky, auf einfach alles.

„Das tu ich doch gar nicht.“

„Du hast mich als Sprungbrett für deine Karriere hier benutzt und jetzt denkst du dir, dass du auf mir herumtrampeln kannst, oder was?“ Der Vorwurf war weit hergeholt und nicht gerechtfertigt, dennoch kam er ihm schneller über die Lippen, als er denken konnte.

„Tyler…“ Chloe versuchte erneut, die zwei auseinander zu bringen und zu beruhigen. Scheiterte aber kläglich.

„Nichts ‚Tyler’, Chloe! Hätte ich ihn damals nicht angesprochen, würde er hier jetzt nicht stehen. An seiner Stelle würde ich mir darüber einmal Gedanken machen.“

Cameron schwieg nur noch. Er zitterte leicht. Warum er das nun ohne jegliche Erwiderung über sich ergehen ließ, wusste Tyler nicht.

„Ihr treibt mich allesamt in den Wahnsinn!“ Er musste sich wegdrehen, konnte Cams verzweifeltem Blick nicht länger standhalten.

„Du ahnst nicht, was mich das hier alles abverlangt, Tyler…“ Cameron hatte ruhig gesprochen.

„Warum bist du dann überhaupt hier, verdammt?“ Warum fragte sich Tyler vieles in diesem Augenblick.

Warum stritten sie sich, obwohl es doch gar keinen Grund gab? Warum hatten sie nicht miteinander geredet, um das hier vorzubeugen? Warum war alles schief gelaufen? Warum schrie er den Mann an, den er liebte?

„Dann geh ich.“

„Cam, nein!“ Chloe schien auch nicht zu wissen, was sie tun sollte.

„Oh, doch. Ich werde dieses beschissene Battle vergessen. Die Crew kann sich ein neues Flaggschiff suchen und ihr braucht auch nicht nach mir fragen. Ich hab genug zu tun.“

„Cameron, du übertreibst!“ Ihre Freundin schien den Tränen nahe.

„Du willst alles schmeißen?“ Mit einer so krassen Reaktion von Cam hatte er nicht gerechnet. Er war bereit gewesen, sich Dinge an den Kopf werfen zu lassen, sich auseinander zu setzen. Aber er war nicht bereit gewesen, alles zu beenden. Das wollte er nicht.

„Ich… Ich kann dich nicht mehr länger um mich haben, Tyler. Das ist zu viel.“

Was sollte er darauf sagen?

Cameron hatte seine Sachen genommen und war aus der Tür, hatte sie stehen gelassen. Es herrschte Stille.

„Steck dir deine verdammte Arroganz in den Arsch, Tyler!“

Er spürte einen brennenden Schmerz an seiner Wange. Chloe hatte ihm allen Ernstes gerade eine Ohrfeige verpasst. Er realisierte es jedoch gar nicht richtig. Der seelische Schmerz war größer. Cameron war weg… Hatte ihn einfach so verlassen. Und es schien ihm ernst gewesen zu sein.

„Du bist blind, oder?“

Verwirrt schaute Tyler seine Freundin an. Urplötzlich war sie ganz ruhig, als wäre nichts gewesen, als wäre es nicht sie gewesen, die Tyler geschlagen hatte. Sie wirkte so, als habe sie sogar Mitleid mit ihm.

„Du bemerkst es einfach nicht.“ Es klang wie eine Feststellung. „Du bemerkst es einfach nicht.“ Sie schüttelte den Kopf, hatte sich wiederholt und zeigte damit, wie unglaublich das für sie war.

Er begriff nicht, worauf sie hinaus wollte.

„Tyler, er liebt dich…“

Er hatte das Gefühl, dass ihm der Schlag, der ihn durch diesen einfachen Satz traf, den Boden unter den Füßen wegriss. Das konnte nicht wahr sein…

Es war viel zu absurd. Chloe wusste nichts von seinen Gefühlen für Cameron, aber sie spielte damit.

Cam hatte alles für ihn getan. Sie vertrauten einander, sie brauchten einander. Sie hatten sich geküsst…

„Aber ich hatte gedacht, dass ihr beide…“ Er war nicht in der Lage den Satz zu vervollständigen.

„Niemals.“ Sie schüttelte erneut den Kopf. „Ich habe so viel Zeit mit ihm verbracht, um ihm seinen Kummer zu nehmen. Den er übrigens ganz allein wegen dir hatte.“

Wegen ihm… Tylers Herz verkrafte sich. Hätte er das doch nur viel früher gewusst, dann hätte er Cameron das alles nicht antun müssen.

„Warum…?“ Warum hatte er es nicht selbst erkannt? Er fühlte sich elendig und schuldig, da er nachvollziehen konnte, wie Cameron empfunden haben musste.

Der Hass auf ihn selbst bahnte sich wieder seinen Weg. Wut und Zorn waren verraucht. Auch den Schmerz seiner Wange hatte er vergessen.

„Hol ihn zurück, Tyler. Für uns. Für dich, aber vor allem für ihn. Bitte. Und stell dies alles ein für alle Mal richtig.“

Er war Chloe dankbar. Sie hatte ihm die Augen geöffnet. Zu jeder Zeit hatte er auf seine Freundin bauen können. Nun ärgerte er sich, dass er auch an ihr gezweifelt hatte.

Er stürmte zu seinen Sachen und suchte sein Handy.

Noch war es nicht zu spät. Noch konnte er alles klarstellen und Cam für sich gewinnen. Er musste nur handeln und dieses eine verdammte Mal endlich richtig.

Tyler wählte Camerons Nummer. Das erste Freizeichen ertönte.

we found love


 

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Abermals spürte er die Vibration seines Handys. Das erste Mal war er einfach nicht rangegangen. Nun holte er es aus seiner Jackentasche. Kurz schaute Cameron auf das Display. Tyler.

War klar… Er drückte den Anruf weg.

Wo hatte das Ganze nur hingeführt? Wann hatte es überhaupt begonnen so zu eskalieren?

Die Freundschaft zu Tyler war ein wertvolles Geschenk, welches er nicht verlieren wollte. Dennoch reichte es ihm nicht aus. Cameron hasste sich dafür, nicht das wertschätzen zu können, was er hatte. Verlangte stets nach mehr… Das war sein großer Fehler. Er wollte geliebt werden.

Seine Beziehung zu Tyler glich im wahrsten Sinne des Wortes einer Achterbahn der Gefühle. Euphorie, Ernüchterung, Hoffnung, Enttäuschung, Leidenschaft, Schmerz.

Er hatte Angst… Angst, Tyler wieder unter die Augen treten zu müssen und Angst ihn zu verlieren.

Cameron wusste selbst nicht, woran er war.

Er hatte sich seine Gefühle für Tyler nicht ausgesucht. Das Empfinden, dass sie zueinander gehörten war schon immer da gewesen. Jedoch konnte er keine der Handlungen seines Freundes deuten. Warum waren sie sich überhaupt näher gekommen?

Tyler hatte kein Interesse an ihm gezeigt und er führte eine Beziehung.

Er drehte sich im Kreis. Seine verfluchten Gedanken brachten ihn zu nichts. Cameron wollte weg, einfach weg. Musste weg. Wenn er Tyler aus dem Weg ging, dann würde irgendwann vielleicht alles wieder bergauf gehen. Andere Gedanken, andere Gefühle…

Aber er wollte nicht. Er wollte Tyler.

Es war zum Heulen. Er ging kaputt daran…

Das erneute Vibrieren riss Cameron aus seinen Gedanken. Sein Griff um das Handy wurde fester. Er kämpfte mit sich. Cam hatte keinen Streit gewollt. Aber Tyler war zuvor einfach… Was war Tyler gewesen? Unausstehlich, widerlich, abscheulich…? Er fand keine Worte.

Cam wusste nur eines. Er liebte Tyler. Sie hatten sich beide falsch verhalten…

Er ging ran, sagte aber nichts.

„Wo bist du?“

Tyler klang besorgt, gehetzt. Trotzdem störte Cameron dieser befehlshaberische Ton. Darauf hatte er keine Lust mehr, endgültig.

Er schob den Gedanken bei Seite. Er wollte Tyler eine Chance geben. Es war ja letzten Endes nicht nur seine Schuld.

„Bei Mary’s Diner.“

„Warte da!“ Kurze Pause. „Bitte, Cameron. Warte da.“ Aufgelegt.

Was sollte er bloß tun?

Warum verlief sein Leben nicht einmal ohne Zwickmühlen, in die er sich immer selbst brachte?
 

Der Weg vom Studio zum Diner war nicht weit. Tyler stand nach einigen Minuten bereits vor ihm. Cameron waren diese Augenblicke wie Stunden erschienen.

Ohne Worte setzte sich Tyler neben ihn auf die Bank. Cam mied Blickkontakt, starrte den Boden an.

Er spürte eine Berührung an seinem Knie. Tyler hatte eine Hand auf sein Bein gelegt. Wie sehr hatte er sich solche Gesten gewünscht? Cameron musste wehmütig lächeln.

„Ich weiß nicht, was ich sagen soll…“ Sein Freund klang eingeschüchtert, verletzlich. So ein Verhalten passte rein gar nicht zu ihm.

„Nichts.“ Cam warf einen Seitenblick auf Tyler. Erkannte seinen beinahe flehenden Gesichtsausdruck. „Schon okay.“

Er machte wieder einen Fehler, da war er sich sicher. Warum gab er nach? Sollte er ihm nicht sagen, was falsch gelaufen war? War Schweigen die bessere Wahl?

„Nein, nichts ist okay. Ich will nicht, dass so etwas zwischen uns steht.“ Da war er wieder. Der alte Tyler, wie Cam ihn kennen und lieben gelernt hatte. Bestimmt, sicher, direkt.

„Tyler, hör zu. Ich… Es ist meine Schuld. Es tut mir Leid. Ich hätte dir-“

Er lachte. Cameron glaubte es kaum, Tyler lachte. Hatte er sich wieder täuschen lassen?

Er war nicht in der Lage irgendetwas zu sagen. Er kämpfte mit seinen Emotionen, in deren Strudel er immer mehr geriet. Liebe, Wut, Zuneigung, Zorn, Vertrauen, Abscheu… Er könnte die Liste ewig weiterführen.

„Genau aus diesem Grund liebe ich dich, Cam.“

Stopp.

Die Welt blieb stehen, dann begann sie sich rückwärts zu drehen. Erinnerungen flogen an Camerons innerem Auge vorbei. Ihre erste Begegnung, wie sie sich allmählich näher kennen lernten, das gemeinsame Lachen, der Spaß, die elend langen Abendstunden, in denen sie zusammen trainierten. Ihr erster Kuss…

Das Bild fügte sich aus tausenden von Splittern zusammen. Cameron hatte seinem Freund nicht unbedingt unter die Nase gerieben, dass er Männer bevorzugte. Geschweige denn, dass er auf ihn stand. Woher hatte dieser es also erfahren können? Er war so verdammt dumm! Warum hatte er nicht erkannt, dass Tyler Gefühle für ihn haben musste. Er hatte die Nähe gesucht, Cameron war geflüchtet. Hatte sich verkrochen und nicht dem Leben gestellt. Hatte nicht reagiert… War nur weiter versunken in seinen sinnlosen Depressionen.

Er ahnte, wie er Tyler gerade anstarrte. Er wollte den Mund öffnen, um etwas zu erwidern. Irgendetwas. Es ging nicht.

Tylers Hände hatten den Weg zu seinem Gesicht gefunden. Was für ein Spiel spielte man nur mit ihm?

„Ja, ich liebe dich, Cameron. Das ist das Einzige, was im Moment zählt. Kein elender Streit, der auf Kindergartenniveau war.“

Das, was er fühlte, war unmöglich in Worte zu fassen. Es war reines Chaos.

„Ich hätte es dir sagen sollen. Von Anfang an. Es wäre so viel einfacher gewesen. Du hättest nicht derartig leiden müssen. Es tut mir so unendlich Leid. Nur ich wusste nicht, dass du…“ Er hatte aufgehört zu sprechen, atmete tief durch. „Ich habe mit Nicole Schluss gemacht, um dich unbefangen lieben zu können. So, wie ich es all die Zeit lang wollte.“ Sein Blick verriet, dass er eine Reaktion erwartete.

Worte waren Cameron in dieser Situation ungenügend, Gesten mangelhaft. Was also sollte er tun? Er war gefangen, willenlos, doch Tyler nahm ihm die Entscheidung ab.

Cameron wurde in eine Umarmung gezogen, die mehr verriet, als alles andere es jetzt noch konnte.

„Lauf nicht weg, bitte.“ Es war kaum mehr als ein Flüstern. „Komm mit mir.“

Zögerlich erwiderte Cam die Umarmung, bettete seinen Kopf auf Tylers Schulter. Er war müde, des Weglaufens müde. Tyler war immer bei ihm gewesen. Wie hatte er nur so dumm sein können und das alles für nichts und wieder nichts aufgeben wollen?

„Tyler.“ Cameron festigte seinen Griff, hatte Angst, dass sich alles ins Gegenteil wenden würde, sobald er die Worte ausgesprochen hatte.

Doch er wollte nicht mehr leiden. „Ich liebe dich doch auch…“

„Ich weiß. Das weiß ich und du glaubst nicht, wie schön es ist, dies aus deinem Mund zu hören.“ Tyler ließ ihn los. Er sprach leise, als drohte Cameron jeden Augenblick zu zerbrechen.

Cam spürte einen sanften Kuss an seiner Stirn. „Lass es uns offiziell machen. Es war eigentlich schon lange Realität, wenn wir ehrlich zu uns sind. Die anderen hatten es längst gesehen, nur wir selbst nicht.“

Cameron senkte den Blick und lehnte sich an den Mann, den er liebte. Der ihn gerade glücklich machte. „Wie dumm wir waren…“

Ein wunderbares Lächeln zierte Tylers Gesicht. „Oh ja.“ Er stand auf, nahm Cameron bei der Hand und zog auch ihn auf die Beine. „Lass uns gehen.“

Cam würde ihm überall hin folgen. Aber er wusste, was gemeint war. Sie hatten ein Battle zu gewinnen.

Und mit diesem wunderbaren Glück, welches ihm nun zu Teil geworden ist, würde auch diese verdammte Hebefigur funktionieren. Da war er sich sicher.

Sie traten gemeinsam den Weg zum Studio an und in Cameron bahnte sich ein Gefühl der Vollständigkeit an die Oberfläche.

Erst jetzt wusste er diese Leere in sich zu deuten, die ihn so lange Zeit beherrscht hatte.

„Tyler?“

„Ja?“

„Danke.“

„Wofür ‚Danke’?“ Dieser verdutzte Blick war unvergleichlich.

Ein Lächeln war Camerons Antwort. „Frag besser nicht.“

tonight (i'm loving you)


 

.ılıll tonight (i’m loving you) llılı.
 

Tyler hatte Cameron fast gar nicht mehr loslassen wollen. Jetzt, wo sie sich ihre Gefühle gestanden hatten, war ihnen klar geworden, wie sehr sie einander tatsächlich brauchten.

Er hatte in der ersten Reihe gestanden. Cameron hatte gegen Kyle von den Underdogs getanzt. Er gehörte zu den Besten. Cam hatte eigentlich von Anfang an kaum eine Chance gehabt. Dennoch hatte er verstanden, das Publikum abermals mit seinem Tanz zu verzaubern.

Tyler wusste nicht, wie sein Freund das immer und immer wieder schaffte. Es war reine Magie. Sein Körper erzählte eine Geschichte, sobald er begann zu tanzen.

Vielleicht aber konnte auch nur Tyler diese Bilder deuten. Vielleicht aber war es auch nur für ihn bestimmt.

Alles, was er jetzt noch wahrnahm, war Cameron. Über ihn gebeugt und tausende Küsse auf seinem gesamten Körper verteilend.

Nein, er würde Cam mit Sicherheit nicht so schnell wieder loslassen.

Sie hatten vielleicht das Battle knapp verloren, aber dafür einander gewonnen und das war mit keinem Erfolg der Welt zu vergleichen.

Er liebte Cameron und Cameron liebte ihn.

Tyler war sich sicher, dass noch genug Gelegenheiten auf sie beide warteten, in denen sie sich auch gemeinsam behaupten und der Welt zeigen konnten, was es hieß, sie herauszufordern.
 


 


 

.ılıll llılı. ○ .ılıll llılı.
 

Ich möchte mich für die zahlreiche Unterstützung bedanken, insbesondere für all die Kommentare und Favoriteneinträge. Mir bedeutet das viel. :) Danke!



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Kommentare zu dieser Fanfic (50)
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Von:  Shunya
2012-02-16T02:50:38+00:00 16.02.2012 03:50
Endlich komme ich mal dazu weiterzulesen. >.<
Kapitel 7 ist echt klasse. Endlich denkt Tyler mal ein bisschen über seine momentane Situation nach und ich finde es gut, dass er beschlossen hat, alles zu regeln. Vor allem mit Nicky. XD lol
Das wird ja doch nichts mit den Beiden.
Aber etwas dumm ist Tyler ja doch, wenn er denkt Cam würde ihn nicht mögen. Immerhin hat der ja sogar den Kuss erwidert! Das würde er doch nicht machen, wenn er nicht an Tyler interessiert wäre. ;P
Von:  Yu_Stragis
2012-02-15T14:40:07+00:00 15.02.2012 15:40
Ich kommentier einfach mal los wenn's recht ist XD
+ Konnte ja schließlich nicht jedes männliche Wesen, was er attraktiv fand, homosexuell sein. - Bis jetzt mein Lieblingssatz xD Direkt und auf den Punkt gebracht, ohne drumrum zu reden.
+ Wäre der Zettel von einem halb so gut aussehenden Kerl gekommen, wäre ihm das vollkommen gleichgültig gewesen… - Zweitlieblingssatz.
+ Cameron ließ sämtliche Filme in seinem Kopf Revue passieren, die in jeder erdenklichen Art und Weise hiermit in Verbindung gebracht werden konnten. - xDDDDDDD
+ Alsbald verwandelte sich Camerons leichtes Lächeln in ein Strahlen. - Mal mir das, ich will's sehen xD Mit Sternchen in den Augen, bitte.
+ „Hätten wir das nicht langsamer angehen können?“ - xDD Der Kerl ist ja süß.
+ „Weil das hier nicht mehr allzu lange Bestand haben wird. Mein Vater, dem das Gebäude hier gehört, hat uns quasi rausgeschmissen. Wir müssen die Hallen räumen und uns nach einer anderen Bleibe umschauen, wenn wir weiter machen wollen…“ - WHAAAT!? D:
+ „Willkommen bei den Fireflies.“ - Irgendwie dachte ich synchron mit "Fireflies" an "Fairy Tail".

Da will ich hin D: Ich will das sehen xD Du hast ne Menge zu malen für uns.
Von:  Schangia
2012-02-04T20:20:07+00:00 04.02.2012 21:20
Ich finde es gut, dass sie das Battle knapp verloren haben, macht alles realistischer. Generell finde ich die Story total schön. Hast du sehr gut gemacht. :D
Vin, du solltest viel öfter Geschichten schreiben. <3
Von:  Hi-No-Misaki
2012-02-04T14:34:11+00:00 04.02.2012 15:34
Hallöchen dann nochmal,

so gehts zu ende... Ich finde sowas immer schade, aber irgendwie ist das auch richtig klasse zu wissen, dass eine Geschichte wirklich beendet ist (spreche aus Erfahrung XD).
Ich finde es eigentlich ganz gut, dass sie das Battle verloren haben, wirkt alles viel realistischer dadurch ;)
Und Happy-Ends sind immer gut. Ohne geht es einfach nicht =3

War eine richtig schöne Geschichte! Mach weiter so! *_*

Liebe Grüße
Angelina =)
Von:  Hi-No-Misaki
2012-02-04T14:30:20+00:00 04.02.2012 15:30
Hallo~,

ach nein, war das schön =3
Ich konnte Camerons Gedanken richtig nachvollziehen, der arme Junge *_*
Mein Lieblingssatz war wohl: "Die Welt blieb stehen, dann begann sie sich rückwärts zu drehen." sehr schön (und romantisch bezüglich dieser Situation).
Ich lese jetzt noch den Epilog, dann gibt es einen abschließenden Kommentar =3

Liebe Grüße
Angelina =)
Von:  rosenstern
2012-02-04T04:30:49+00:00 04.02.2012 05:30
Einfach toll.
Danke.
Von:  shiory
2012-02-03T21:40:46+00:00 03.02.2012 22:40
Wäääh, es ist zu Ende
Noiiiin
Aber so schön. Endlich haben sie sich gefunden und lassen sich nicht mehr los *_*
Traurig traurig sowas ;D
Aber trotzdem echt schön. Die ganze Geschichte....und zu Ende *wieder wein*
Njaa abwer ich habe ja Insiderwissen daher bin ich nicht ganz so traurig ;)
Von:  Schangia
2012-02-03T16:39:59+00:00 03.02.2012 17:39
D'aww. So süß~ *-*
Gefällt mir richtig gut, bin gespannt wie es weitergeht. Aaron wird damit nicht durchkommen, nein. Das wäre nicht fair! °^°
Ich muss bei dem Wort "Hebefigur" übrigens immer an Dirty Dancing denken, obwohl ich den Film noch niemals ganz habe sehen können, bzw. wollen.
Was mir auch besonders gefällt, ist, dass man dir anmerkt wie sehr du das Tanzen selbst liebst. Du hast richtig Ahnung von dem, was du schreibst, und das macht die Story glaubwürdig. :)

Hehe... "Leuchtkäferchen". :D
Von:  rosenstern
2012-02-02T16:30:42+00:00 02.02.2012 17:30
Einfach super.
Gefühlvoll.
Schöne Worte.
Danke.

Lässt mich leise lächeln.
Weiter so.
Bitte.
Von:  shiory
2012-02-02T14:27:32+00:00 02.02.2012 15:27
Och nein wie süüüüüß
Das ist das schönste Kapitel bisher *_*
Und Tyler hat mal alles richtig gemacht, sehr schön
Der Junge ist lernfähig ;DD
Sehr schön, sehr schön^^


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