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Puppenspieler

[Mephisto x Rin x Yukio x Amaimon]
von

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Spiegelbild


 

Puppenspieler

Kapitel 2: Spiegelbild

Manchmal kommst du mich besuchen

Und erinnerst mich daran[...]

Wenn du heute vor mir stehst

Und ich in deine Augen seh,

Macht alles Sinn.

Denn ohne deinen Schmerz

Hätte ich nie die Kraft gefunden,

So zu sein, wie ich heute bin.

(Unheilig, »Spiegelbild«)
 

Erschöpft ließ sich Mephisto auf die, mit pinkfarbenem Brokat gepolsterte, Chaiselongue fallen und legte die Beine hoch. Die Erneuerung jedes einzelnen Siegels und Schutzzaubers, welche seine Schüler vor Übergriffen von Dämonen schützten, hatte ihn mehr Energie gekostet, als er sich eingestehen wollte. Heute Nacht würde eine Stunde Schlaf wahrscheinlich nicht ausreichen, um seine Reserven wieder aufzutanken.
 

Mit einem Fingerschnipp wechselte er von seiner offiziellen Schulleiter-Kleidung in den sehr viel bequemeren Honey-Honey-Sisters-Yukata und kuschelte sich zufrieden in die großen, weichen Sofakissen. Seine Augen fielen schon fast automatisch zu, als er aus dem Augenwinkel heraus den kleinen, grünen Hamster bemerkte, der von der Rückenlehne des Möbelstücks auf seinen Schoß hinabrutschte und dort zufrieden an einem Cashewkern knabberte. Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen kraulte der Schulleiter über das Köpfchen des possierlichen Tieres.
 

Der Hamster schlang die Reste des Kerns hinunter und strich sich reinlich die letzten Krümel von der Schnute, bevor er mit einem Ploff in seine menschlich anmutende Gestalt wechselte und sich eng an Mephistos Brust schmiegte. Offensichtlich genoss der Erdkönig die Aufmerksamkeit, die ihm sein großer Bruder entgegenbrachte, auch wenn sein stumpfer Blick und monotoner Tonfall keinerlei Emotionen an die Oberfläche trug.
 

»Endlich bist du wieder da, Aniue.« Amaimon schlang begrüßend die Arme um den Oberkörper des Schulleiters, während dieser ihm mit der rechten Hand durch das weiche, grüne Haar streichelte. »Unser kleiner Bruder hat dein Tagebuch gefunden und mitgenommen.«
 

Mephistos Grinsen verbreiterte sich. »So? Sehr schön... dann verläuft soweit alles nach Plan.«
 

Amaimons spitze, krallenartige Fingernägel fuhren sanft den Nacken des älteren Dämons auf und ab. Er fühlte die Gänsehaut des Anderen und bemerkte, dass sein Körperduft deutlich pheromonlastiger wurde. Als Geschöpf des Erdelements war Amaimons Geruchssinn noch um einiges ausgeprägter als bei anderen Dämonen – dafür konnte er nicht so weit sehen wie zum Beispiel der König der Fliegen, Beelzebub. Er liebte Mephistos Aroma: Eine Komposition aus Bergamotte, Sandelholz und Zimt - ebenso sinnlich und betörend wie sein großer Bruder schön war. Der Erdkönig seufzte wohlig als er tief durch die Nase einatmete.
 

Er hätte ewig auf ihm liegen und seinen Duft inhalieren können. Doch beschäftigte ihn ein quälender Gedanke: »Warum?«
 

»Huh? Sprich bitte in ganzen Sätzen mit mir, Otouto. Ich habe nämlich keine Ahnung, was du mir sagen möchtest.«
 

Nervös kaute Amaimon auf seinem Daumennagel. Er traute sich kaum diese Frage zu stellen, so sehr sie ihn auch beschäftigte. Das Thema überhaupt auch nur anzuschneiden, war so lange ein absolutes Tabu gewesen. Er konnte gar nicht an einer Hand abzählen, wie oft sein großer Bruder ihn deswegen angefahren oder - was er persönlich für noch schlimmer hielt – ihn mit seinem eiskalten Blick und Schweigen gestraft hatte.
 

Der Erdkönig seufzte. Er hatte bereits den ersten Schritt gewagt, da konnte er nun schlecht kneifen. Mephisto würde jetzt ohnehin so lange nachhaken, bis er mit der Sprache herausrückte. »Warum erlaubst du Okumura Rin, dass er in unserer Vergangenheit rumwühlt? Macht es dir nichts aus?«
 

Unmittelbar hörten Mephistos Streicheleinheiten auf und Amaimon fürchtete schon, dass er einen Sturm heraufbeschworen hatte. Doch der Schulleiter blieb gelassen. Er war lediglich erstaunt über die Frage. Amaimon hatte gelernt, dieses Thema zu umgehen. Dass er es nun so geradeheraus ansprach zeigte ihm, dass sich sein jüngerer Bruder mehr um ihn sorgte, als ihm bewusst war. »Du möchtest meine Intention erfragen, richtig? Nun, ich verrate meine Motive nicht, bevor sich der letzte Vorhang schließt. Du wirst schon sehen, was ich bezweckte, wenn sich mein Plan entfaltet. Lass dir versichert sein, es ist die Mühe Wert. Außerdem habe ich mit meiner Vergangenheit mittlerweile abgeschlossen. Auch wenn es nichts an der Tatsache ändert, dass ich Satan nach wie vor vernichten will und einen weiten Bogen um Gehenna machen werde. Wie steht es mit dir... macht es dir etwas aus?«
 

Dass Amaimon über diese Frage erstaunt war, sah man ihm an den weit aufgerissenen Augen an. Seit wann interessierte es Aniue, ob ihm irgendetwas missfiel? Normalerweise spielten seine Meinung und seine Gefühle in Mephistos Plänen nur eine untergeordnete Rolle. Aniue sagte, was er zu tun hatte, und er tat es, ohne sich zu beklagen. So war es schon immer gewesen, so würde es immer bleiben.
 

Langsam richtete sich der Erdkönig auf und schaute argwöhnisch in die Augen seines Bruders, doch außer dem üblichen Schalk war darin nichts zu entdecken - das perfekte Pokerface. Dennoch fühlte er sich versunken in seinen tiefschwarzen schlitzförmigen Pupillen. Mephisto war der Einzige, von Satans Söhnen, der keine blauen Augen hatte, sondern diese satte, grasgrüne Iris.
 

Und er hatte diese Art von Schönheit an sich, die einen die Welt um sich herum vergessen ließ. Unbewusst fuhr Amaimons Hand über Mephistos Wange und strich sanft über die zarte Haut. Das Gesicht des Schulleiters schien so makellos, wie das einer kostbaren Porzellanpuppe. Viele unterschätzen daher die Stärke des Dämons, doch das war ein fataler Trugschluss, der schon vielen das Leben gekostet hatte. Dass Mephisto ein meisterhafter Stratege mit eiskaltem Kalkül war, machte ihn, gepaart mit diesem Aussehen, nur noch bedrohlicher. Doch auch er konnte Satan nicht das Wasser reichen. Und vielleicht war dies einer der Gründe, warum der Sohn Liliths sich so stoisch dagegen wehrte, sich dem König der Dämonen zu unterwerfen.
 

Ein kokettes Lächeln huschte über die Gesichtszüge des Schulleiters. Er kannte den gierigen Blick, mit dem Amaimon ihn bedachte, nur zu gut. Doch so schön Mephisto auf andere wirken mochte, er selbst hasste sein betörendes Äußeres– das Erbe seiner Abstammung. Jedes mal wenn er in den Spiegel sah, erschrak er regelrecht über die Feinheit seiner androgynen Gesichtszüge, die Fülle seiner pinken Lippen und die hagere, viel zu feminin geschnittene Statur. Allerdings musste er auch eingestehen, dass sich sein Körper schon oft genug hier in Assiah als nützlich erwiesen hatte, wenn er ihn gezielt einsetzte. Er wäre sicherlich immer noch eine No-Name-Nummer im True Cross Orden, wenn er nicht das ein oder andere hochrangige Ordensmitglied im Vatikan mit seinen Reizen bezirzt hätte, um es im Anschluss daran damit zu erpressen.
 

»Nein, mich stört es nicht.«, holte Amaimon ihn schließlich aus seinen Gedanken in die Realität zurück. »Aber ich habe auch kein Problem damit, dass Vater mich gelegentlich zur körperlichen Befriedigung nutzt... es beschäftigt mich zumindest eine Weile. Gehenna ist ja leider nicht sonderlich aufregend für einen so starken Dämon wie mich.«
 

Mephisto gluckste erheitert über die Nonchalance mit der sein jüngerer Bruder über das Thema körperlichen Missbrauch sprach. Jeder Mensch hätte entsetzt über dieser Aussage die Hände über den Kopf zusammen geschlagen, doch für Dämonen war Sex, neben dem Aspekt der Befriedigung, auch eine Art, schwächere Dämonen zu unterwerfen und sie gefügig zu machen – vergleichbar vielleicht mit Rangordnungskämpfen in der Tierwelt. Amaimon hatte kein Problem damit, dass es stärkere Dämonen als ihn gab... im Gegenteil, er entwickelte sogar eine gewisse Faszination für solche. Zum Beispiel war er gnadenlos besessen von Satans blauen Flammen.
 

Mephisto hingegen scheute vor irgendwem zu Kreuze zu kriechen. Er hatte einen stark ausgeprägten Stolz und war lieber sein eigener Boss, als diese Rolle jemand anderem zu gewähren. Sich dominieren zu lassen kam überhaupt nicht in Frage für ihn, es sei denn er ließ es willentlich zu.
 

»Ich halte nun einmal am liebsten selbst die Fäden in der Hand.« Der Schulleiter umfasste Amaimons Krawatte und zog den jüngeren Dämon zu sich herab, bis sich ihre Lippen fast berührten. »Fühl dich also privilegiert, Otouto, dass ich deine wilde Leidenschaft gelegentlich zu schätzen weiß. Nun nimm dir schon, was dir zusteht. Ich bin ganz dein.«, hauchte er gierig und erntete ein erregtes Stöhnen.
 

Der Erdkönig ließ sich nicht zweimal bitten. Kaum waren die verführerischen Worte ausgesprochen, fiel er über seinen großen Bruder her, wie ein Rudel ausgehungerter Wölfe über ein Stück Fleisch.
 

***-***-***-***
 

Wie er es seinem jüngeren Bruder versprochen hatte, hatte sich Rin am nächsten Tag so früh, wie es ihm möglich war, auf den Weg zum Faust Anwesen gemacht – in seinem Fall die Mittagspause, da er wie üblich verschlafen hatte. Ihm war mulmig zumute, als er mit dem pinken Tagebuch in der Hand vor Mephistos Bürotür stand.
 

Wie der Andere wohl auf seine Tat regieren würde? Sicherlich, Mephisto gab sich gern als lockerer, stets gut gelaunter Spaßvogel aus, doch spätestens seit der Erinnerungssequenz wusste Rin, dass der werte Herr auch ganz anders konnte. Was also würde der Schulleiter mit ihm anstellen?
 

Hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch einfach davon zu laufen und dem Drang zu seiner eigenen Tat zu stehen und sich dafür zu entschuldigen, schritt Rin vor der Tür auf und ab. Gelegentlich hob er die Hand, doch dann traute er sich doch nicht zu klopfen und ließ sie wieder sinken.
 

Seufzend betrachtete er den Augenkrebserregenden Einband.
 

Warum hatte er dieses Teil überhaupt an sich genommen?
 

Warum hatten seine doofen blauen Flammen, dass magische Siegel nur gebrochen?
 

Und warum, zum Teufel noch eins, war das alles nicht viel einfacher?
 

Zudem beschäftigte ihn immer noch das Thema Subtexte. In der Schule hatte er sich zumindest die Bedeutung des Wortes von Bon, Shima und Konekomaru erklären lassen. Die drei Jungs aus Kyoto hatten ihm eine Definition nach der Anderen um die Ohren geknallt und es hatte gerade Bon sehr viele Nerven gekostet, dem Halbdämon den Sinngehalt in einfachen Worten nachvollziehbar zu erklären, bis dieser es letztendlich begriffen hatte.
 

Subtext umfasst in einem Begriff, dasjenige was »eigentlich« gesagt werden soll beziehungsweise wird. Es ist eine Art zusätzliche Interpretation einer expliziten Aussage oder eines Geschehens. In einem Text wäre es demnach als »Zwischen den Zeilen Lesen« zu bezeichnen. Im Falle von Mephistos Vergangenheitssequenz bedeutete es, dass es zusätzlich zu dem tatsächlich Passierten auch einen versteckten, bloß angedeuteten Umstand gab, der sich dem Betrachter nicht auf Anhieb erschloss, sondern durch genaues zuhören und -sehen hineininterpretiert werden musste.
 

Rin hatte lange überlegt, was Yukio als Subtext in diesem Zusammenhang gemeint haben könnte, doch schließlich war er zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis gekommen. Offensichtlich war er zu dumm, um irgendeinen verborgenen Sachverhalt aus der gezeigten Sequenz herauszufiltern. Das wurmte ihn. Er wollte schließlich auch mehr über seinen mysteriösen Halbbruder in Erfahrung bringen, damit er ihm nicht ganz auf Gedeih und Verderb ausgeliefert war.
 

Die ganze Grübelei hatte ihm jedoch sein akutes Problem nicht abgenommen. So straffte der Teenager die Schultern, klopfte an das massive Eichenholz der Bürotür und wartete. Aus dem Inneren war kein einziger Laut zu vernehmen. Rin versuchte es noch einmal, indem er noch energischer und fester klopfte, doch auch diesmal bat ihn niemand herein oder öffnete die Tür. Versuchsweise drehte Rin am goldenen Knauf und, siehe da, die Bürotür war nicht abgeschlossen. Wie unaufmerksam der Schulleiter doch war. Machte er sich nie Sorgen, dass man ihm seine Unterlagen entwendete? Oder andere persönliche Besitztümer...
 

Trotz Mephistos Abwesenheit betrat der Halbdämon das Büro vorsichtig, huschte hinüber zum opulenten Schreibtisch und schob das pinke Tagebuch zwischen ein paar Kladden und Akten, die sich auf der Arbeitsfläche stapelten. Dann stahl er sich blitzschnell davon, ohne zu bemerken, dass zwei purpurfarbene Knopfaugen jede seiner Bewegungen verfolgt hatten.
 

Als Rin aus dem Anwesen stolpert, war er nicht nur außer Atem sondern auch unsäglich erleichtert. Er hatte sich gerade eine Menge Ärger erspart und war um eine Entschuldigung herum gekommen. Auch wenn sein Gewissen ihn innerlich für seine Feigheit tadelte.
 

Er gab sich noch ein wenig Zeit, sich von seiner übereilten Flucht zu erholen, dann trabte er schnurstracks zurück zum Schulgebäude. Die Mittagspause war nun fast vorbei und sein knurrender Magen wies ihn dezent darauf hin, dass er doch noch etwas essen sollte, bevor der Nachmittagsunterricht begann.
 

So setzte er sich zehn Minuten später auf seinen angestammten Platz unter dem großen Sakura-Baum auf dem Pausenhof. Just in dem Moment, in dem er seine vorbereitete Bento-Box endlich im Chaos seiner Umhängetasche ausfindig gemacht hatte, übermannte ihn wohlbekanntes, Übelkeit erregendes Gefühl und stechender Schmerz.
 

»Wahhh... verdammt... das kann doch jetzt nicht... ich hab doch...!“ fluchte der Teenager unglücklich und kippte zur Seite weg, als er zum wiederholten Male in eine Ohnmacht gezogen wurde.
 

~*~ TBC ~*~
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  charliestaz
2012-11-13T23:19:59+00:00 14.11.2012 00:19
Einfach herrlich, Amaimon wird von Satan missbraucht, ich liebe dich dafür! XD
Auch Mephisto's Vergangenheit find ich richtig klasse geschrieben und durchdacht.
Du hast dir mit mir auf jeden fall einen neuen Fan gewonnen. XD
Von:  Imp
2012-06-27T12:09:30+00:00 27.06.2012 14:09
Ha und das nächste Kapitel xD

Ich muss ja sagen ich mag am liebesten die Stelle mit dem Cashewkern xDDD
Und zu dem fiesen Cliffhanger muss man ja nichts mehr sagen xD


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