we don't belong (alte Version)
Es war verdammt noch mal der Letzte des Monats und ich stand mit nur noch fünf Euro im Supermarkt und durfte mir überlegen, was es das Wochenende über zu essen gab! Das verflixte Amt hatte vergessen mein Geld zu überweisen und mein Minijob Geld kam auch erst zum 15! Mit Krümeltee und Leitungswasser konnte ich es noch ein Wochenende aushalten aber der Kaffee war alle und die billige Cola schmeckte auch scheiße! Ich ließ den schon günstigsten Kaffee stehen und nahm nur eine Familienpackung Nudeln mit diversen reduzierten Tiefkühlgemüse, wenn Han etwas essen wollte die nächsten Tage musste er sich halt selbst versorgen ich war nicht seine Mutti.
Etwas deprimiert legte ich der ruppigen Kassierern mein letztes Geld hin und nahm die 30 Cent Rückgeld entgegen, das reichte ja nicht mal für einen einfachen Kaffee zum Mitnehmen, ach mein Leben war doch gerade mehr als nur scheiße! Deprimiert stopfe ich den Kram in meine schwarze, schon sehr zerschlissene Tasche und machte mich davon in den Regen. Das eiskalte Nass fand sofort sein Weg in meine Schuhe und ich beschleunigte meinen Schritt sofort, um so schnell wie möglich Heim zu kommen, eine Erkältung konnte ich mir einfach nicht leisten! Über die auch schon etwas angekratzten Kopfhörer dröhnte Musik in meine Ohren, ich konnte nur hoffen das der Akku meines Players den Heimweg schaffte sonst musste ich doch mit dem Gebrabbel meiner Mitmenschen vorlieb nehmen. Eine Kapuze hing mir tief im Gesicht und hielt den Regen auch vorerst davon ab mir die Haare komplett zu ruinieren aber leider auch nur so lange, bis mir jemand daran zog und alles nach hinten in den Nacken rutschen lies.
"Sag mal bist du denn total bescheuert?!" Entfuhr es mir automatisch "Welcher Idiot, grapscht auch in der Öffentlichkeit einfach fremde Menschen an?!" Ich zog mir die Kapuze wieder hoch und sah den Übeltäter erst dann an und erstarrte sofort.
"Ja freut mich auch dich wieder zu sehen," stellte Isaac trocken fest und grinste mich zufrieden an, was hatte der denn Bitte überhaupt zu grinsen bei diesem beschissenen Wetter?!
"Kann ich dir irgendwie helfen?" Raunte ich alles andere als freundlich zurück und versuchte ihn nicht anzustarren, was aber nicht ganz so leicht war, wie ich gehofft hätte.
"Willst du ein Kaffee trinken?" Seine Hand ruhte noch immer auf meiner Schulter und fühlte sich von Sekunde zu Sekunde immer schwerer an, Isaac gehörte wohl zu der netten Sorte Menschen und sollte mit welchen wie mir nichts zu tun haben "Was ich will oder nicht, geht dich mal gar nichts an!" Fuhr ich ihn weiter an doch er, fiel mir sofort ins Wort "Also, ob du mit mir ein Kaffee trinken willst, nicht du alleine."
Der Junge war doch nicht zu fassen, redete einfach mal fast Fremde an und lud sie auf einen Kaffee ein aber diesem Grinsen konnte ich bei bestem Willen einfach nichts abschlagen "Öhm, ja klar ... glaub ich." Han würde mich ja so auslachen bei diesem Gestotter!
"Super!" Endlich ließ er meine Schulter los griff aber dafür nach meinem Arm und zog mich hinter sich her, in ein nahe gelegenes Starbucks wie sich herausstellte ich wurde auf ein der bequemen Sessel gedrückt und angewiesen zu warten. Mein Entführer strahlte über beide Ohren, als er mit zwei Bechern dampfenden Kaffees wieder kam und mir ein davon unter die Nase stellte mit den Worten "Keine Milch, dafür etwas Zucker." Wow, der hatte ja ein recht gutes Gedächtnis! Mit einem leisen Danke nahm ich die Tasse in meine Hände und nippte kurz daran, irgendwie musste ihn der Himmel geschickt haben denn sonst müsste ich auf meinen nächsten Schluck von dem Zeug noch mindestens vier Tage warten! Aus einem mir unerfindlichen Grund strahlte mein Gegenüber vor sich hin und erinnerte stark an ein Honigkuchenpferd "Worüber freust du dich denn so?"
Er nahm erst mal ein Schluck aus seinem Becher und wagte die Antwort wohl besonders gut ab "Ich hab noch deine CD." Aus seinem Mund klang das eher wie eine Feststellung und kein Grund mich hier herzubringen.
"Die hättest du behalten können! Ist eh schlecht und kein Original." Wehrte ich etwas kühl ab und sah ihn nun etwas forschend an, Isaac wich meinem Blick aus und pinnte dafür lieber seine Tasse fest. Irgendwie war die Situation komisch, kurz überlegte ich nicht auch Han eine SMS zu schreiben lies es dann aber doch sein, weil sich am Ende doch nur über mich lustig machen würde, ein schöner Freund war mir das. "Wenn du sie mir hättest, wieder geben wollen hätte eine SMS schon gereicht, dann hätte ich dir gesagt, dass ich sie wirklich nicht wieder haben will." Stellte ich etwas zerknirscht fest und das lies ihn aufhorchen, mit großen fast schon unschuldigen Augen sah er mich an "Ich hab deine Nummer nicht mehr...also ich hatte sie aber an dem Abend hab ich sie auch gleich wieder verloren." Sollte ich ihn jetzt für einen Idioten oder Tollpatsch halten?
"Und keiner der anderen hatte deine Nummer, es wollte sie auch sonst keiner raus geben da hatte ich einfach gehofft, dass man sich über den Weg läuft, irgendwann." Der Junge war doch einfach unglaublich, er hoffte einfach und es passierte und ich konnte flehen und nichts würde geschehen! War doch irgendwie ungerecht!
"Tja da bin ich jetzt und du kannst mir die CD geben, damit ich sie dann wegschmeißen kann." Stellte ich trocken fest und lehnte mich trotzig zurück was Isaacs Unsicherheit weg zu wischen schien und sein strahlendes Grinsen kam wieder "Ich hatte echt glück dich hier zu erwischen, war reiner Zufall, dass ich in der Gegend war!" Er fing an in seiner Tasche zu wühlen und sah mich nach wenigen Sekunden entschuldigend an "Tut mir leid, hab sie heute leider nicht dabei, aber wenn du mir deine Nummer gibst, kann ich sie dir mal vorbei bringen."
Hörte er mir nicht zu oder wollte er es gar nicht hören? Ich wollte die blöde CD nicht wieder haben! Die Kaffeetasse klebte mir gerade irgendwie an den Lippen denn sonst hätte er wohl bemerkt, wie meine Augen an seinen Lippen hingen, wie konnte man eigentlich so perfekt aussehen? Er hätte sonst was für bösen Kram sagen können und ich hätte nur wie ein Idiot genickt! Ich sollte nicht so hin starren aber wenn nicht ihn was denn sonst? Dieser Laden war im Vergleich so interessant wie ein Loch in der Socke! Die Zeit, die wir saßen machte, mich irgendwie fertig es war so krampfhaft ihn nicht anzustarren und seinem Blicken bestmöglich auszuweichen. In meinem Hinterkopf klingelte gerade irgendetwas, ich hatte doch oft genug gesagt das ich die CD nicht haben wollte aber er wollte trotzdem meine Nummer? Ohne groß weiter zu überlegen war es diesmal an mir meine Tasche nach einem Stift und einem Zettel zu durchwühlen, alles, was ich fand, war ein Kugelschreiber also schnappte ich mir Isaacs Arm und kritzelte darauf ein paar Zahlen, unter denen ich zu erreichen war. Als ich aufsah, fielen mir die geröteten Wagen und die zusammengekniffenen Augen auf, sofort lies ich ihn los und setzte mich wieder auf meinen Platz.
"Ah, war nicht deine Schuld, ich bin nur ein wenig kitzlig!" Stellte er seine Reaktion richtig und ich stellte fest das ich mehr davon sehen wollte!
Etwas Feuchtes holte mich aus meinem Starren zurück und was das schon wieder sein sollte, war mir am Anfang nicht klar, erst als ich merkte das meine Tasche da langsam durchweichte fiel mir das Gemüse wieder ein. Wie von einer wiederlichten Tarantel gestochen sprang ich auf und besah mir den schon entstandenen Schaden an, mein Kalender, mein Portemonnaie und diverser Kleinkram hatten schon das Kondenswasser abbekommen. Das Gemüse durfte ich dann wohl heute noch verarbeiten sonst war es reif für die Tonne!
Gab es halt doch nur Nudeln mit Ketchup oder Toast, konnte ich jetzt nun auch nicht mehr ändern, auch wenn es schon sehr ärgerlich war. Laut und vor allem angenervt seufzend setzte ich mich wieder, so ignorant, wie die Gäste vorher waren, waren sie es jetzt nicht mehr, sondern starrten zu uns rüber, irgendwann würden wir ihnen schon langweilig werden.
Jetzt wo ich wieder saß fiel mir auch Isaacs verwunder Blick auf und diesmal war ich ihm wohl eine Erklärung schuldig "Mein Essen für die nächsten Tage hat den Aggregatzustand geändert. Von fest auf flüssig." Leider veränderte sich der Ausdruck im Gesicht meines Begleiters nicht, sowieso benahm er sich ein wenig anders als dan dem Abend an dem wir uns kennen lernen. Er war nicht ganz so selbstsicher und wirkte auf mich im allgemeinen irgendwie sympathischer, war wohl dem Macker-Herdentrieb zuzuschreiben. Mir selbst war dieses Phänomen auch schon an Han und anderen aufgefallen dass sobald einige Bekannte um einen rum waren das Verhalten sich rapide verändern konnte. Lästige Sache! Heute durfte ich fest stellen das Isaac diesem Gesetzt auch Unterlag und schmolz gerade diesem süßen Lächeln dahin, musste er mich so angrinsen?! Das war ja wirklich nicht auszuhalten!
Meine Finger kribbelten geradezu danach mal diese vollen Lippen anzufassen, einfach nur um zu wissen ob sie wirklich so weich und warm waren, wie sie aussahen, Han würde mich ja so auslachen! Isaac lächelte mich noch immer irgendwie zufrieden an und wieder musste ich mich fragen, was machte ihn den so zufrieden? Das Wetter war immer noch scheiße, der Kaffee hier war nur mittelmäßig und über meine Gesellschaft freuten sich auch die wenigsten "Warum grinst du eigentlich so vor dich hin?" Musste ich es dann doch noch wissen, weil es mir einfach keine Ruhe ließ.
"Ich grinse doch gar nicht," seine Verteidigung klang gar nicht wie eine, ließ sein Lächeln nur noch ein wenig breiter werden "Ich musste nur gerade daran denken wie angepisst Tom am Montag in der Schule war...hatte da so ein Gerücht gehört."
Das konnte doch nicht wahr sein, die kannten sich also tatsächlich "Das sagt mir trotzdem noch immer nicht, warum du dich so freust, die ganze Zeit." Ich wollte es heute einfach etwas genauer wissen.
Isaac lehnte sich mit einem Schmunzeln in den Sessel zurück und verschenkte die Arme "Ach hab, da nur gehört das ihn ein gewisser Jemand vor kurzen abgewiesen hat, auf eine sehr liebevolle Art und Weise. Er war total begeistert." Seine Stimme klang mir viel zu ruhig, gar nicht so als wäre ich zu einem seiner Freunde gemein gewesen. Anscheinend konnte es hier noch ganz interessant werden für mich also machte ich es mir auch noch ein wenig bequem in den Polstern "Hmm und du wolltest mich jetzt ausschimpfen, weil ich fies zu ihm war und dem armen Kleinen keine Chance gegeben habe?" Die Ironie aus meiner Stimme war nun wirklich nicht zu überhören oder misszuverstehen.
"Nein, ich finde es gut das du an ihm keinen Gefallen gefunden hast!"
