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Break the Habit

break out of the system
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo
Normalerweise schreibe ich nie ein Vorwort.
Jetzt aber weil: Weihnachten!
Ich hatte erst vor ein extra Kapitel dann bei einer anderen FanFic zu machen, jedoch komme ich nicht zum Schreiben und da das hier fertig war, dachte ich mir: Warum nicht?
Also ich wünsche euch fröhliche Weihnachten und einen guten Rutsch! Komplett anzeigen

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Because I only need your name

„Mein Name ist Lea. L-E-A. Got it memorized?“

Er grinste den Jungen in den Käfig vor sich fröhlich an. Dieser musterte ihn, doch sein Blick war leer. Aber er war nicht dumm. Auch wenn die Augen leer waren, so war er der Einzige hier, der ihn überhaupt registriert hatte. Seine Haaren waren blau und kurz, die Augen Türkisblau. Er mochte ihn auf Anhieb, obwohl sie nicht unterschiedlicher sein konnten.

Aber das war Lea egal, er hatte sich fest vorgenommen nicht zu sterben, denn in den Erinnerungen würde er weiter leben, solange ihn keiner vergaß. Und deswegen sollten alle ihn nicht vergessen, damit er leben konnte. Leben.

Was war falsch daran? Leben zu wollen?

Lea wusste es nicht, aber er entschied sich, dass es ihn nicht daran hindern konnte, glücklich zu sein. Auch das hier nicht. Forschungszentrum, Forschungsobjekt. Der Käfig in welchem er steckte war klein, seine Kleidung bestand aus einer kurzen Hose und einem großen T-Shirt. Sein Gegenüber hatte dasselbe an. Sie waren für diese Leute nur Nummern, Objekte mit denen man alles machen konnte. Pff, er würde ihnen zeigen, dass er keine Nummer war, er war Lea und das würde er bleiben. Lea würde nicht sterben.

Das hatte er sich versprochen. Sich selbst und seinem Bruder. Wie es ihm wohl ging, so ohne ihn?

„Hey, wie heißt du? Was magst du so? Also ich mag ja voll gerne Meersalzeis essen. Kennst du das? Ich glaube nämlich nicht, dass wir das hier bekommen. Aber den Sonnenuntergang kennst du doch, oder? Da sieht der Himmel aus, als würde er brennen, voll cool sag ich dir. Das hast du doch auch Mal gesehen, oder?“

Doch der Junge sah nur weg. Da hatte er wohl eine harte Nuss zu knacken. Aber er würde ihm schon zeigen, dass er es wert war. Wert war, dass man ihm zuhörte, ihn beachtete und ihn nicht vergaß.

„Wie lange bist du schon hier?“

Stille. Nun für heute würde er ihn in Ruhe lassen. Also lehnte er sich an die glatte Wand hinter sich und schloss die Augen. Leise fing er an eine Melodie zu summen, eine Melodie die ihn schon sein gesamtes Leben begleitete. Sie war ruhig und erinnerte ihn an eine verträumte Wärme. Da alle anderen in diesem Gang schwiegen hörten sie alle diese Melodie, doch das war ihm egal. Vielleicht spendete sie ihnen genauso Wärme wie ihm?

Seine Mutter hatte es komponiert und somit kam es ihm vor, als wäre ihm seine Mutter ganz Nah. Dann war sie gestorben. Vor zwei Jahren. Man hatte ihn und sein Bruder von seinem Vater weggebracht, nach einem halben Jahr, weil man erst eine Familie finden musste, die Zwei Kinder aufnahmen, da sie beide diesen komischen Test bestanden hatten. Er hatte sich gefreut in eine neue Familie zu kommen, da sein Vater wie ausgewechselt gewesen war. Statt mit ihnen gemeinsam Liedern zu lauschen oder um sie zu kämpfen hatte er ihnen die Schuld gegeben, zu viel Alkohol getrunken und sie verprügelt. Er hatte sich immer zwischen seinem Vater und seinem Bruder gestellt. Aber gänzlich schützen hatte er ihn nie gekonnt. Ob seine Mutter deswegen traurig war? Er hatte sich mit Reno geschworen immer zu lächeln, nicht zu weinen. Denn ihre Mum hätte nicht gewollt dass sie traurig waren. Also summte er immer, immer wenn er nicht weiter wusste, sich aufmuntern wollte. Vielleicht munterte es auch den Jungen vor ihm auf.

Ja vielleicht.

Er verstummte, sobald diese Tür wieder auf ging. Ein Mann kam zu ihm, sah ihn an. Der Rothaarige schaute zurück, legte den Kopf schief.

„Was gibt’s?“

Der Mann lächelte nur kurz, öffnete die Tür und zog ihn raus. An sein Halsband was er trug wurde eine Leine angelegt und seine Hände wurden am Rücken gefesselt.

„Hey! Ihr tut so als wäre ich ein Schwerverbrecher! Ich wäre auch freiwillig mitgekommen.“

„Sei still, du hast nichts zu sagen.“

„Ich hab eine Menge zu sagen!“

Der erste Schlag. Ah, wie bei seinem Vater, das steckte er weg. Er bemerkte, wie die Augen des anderen Jungen noch eine Spur leerer wurden. Verwirrt sah er ihn an.

„Siehst du das? So wirst du in wenigen Monaten auch sein.“

Damit wurde er einfach mitgezogen. Was meinte er? Er würde nicht so... eine leere Hülle sein! Er war Jemand, kein Niemand!

Der Weg führte durch triste Gänge, die den Neunjährigen nicht behagten. Alles wirkte lieblos und steril, wie Krankenhäuser. Er hasste Krankenhäuser. Hasste sie seit er Sieben war und erst Recht jetzt.

Dann gelangten sie in einen Raum, wo mehrere Menschen standen. Er sah Glut in einen Ofen und Metallstäbe die dort drinnen waren. Er selber wurde in so ein seltsames Gestell gesperrt, worin er sich kaum bewegen konnte. Sie verengten es noch etwas, sodass die Stäbe seine Bewegungen verhinderten. Es gab sogar extra Stäbe, in den seine Arme eingepfercht waren.

„Was soll das?!“, zischte er nun doch wütend.

Er fühlte sich wie ein Tier.

Nun er war ein Forschungsobjekt, nicht Mal mehr ein Subjekt. Er war für diese Leute nur ein Gegenstand.

Einer der Männer, er trug keinen Kittel wie die Meisten hier, sondern Feuerfeste Kleidung - jedenfalls sah es so aus – und eben jener holte die Metallstäbe aus dem Ofen hervor. Sie waren einander geklemmt und die Zahlen und Buchstaben glühten orange. Leas Augen weiteten sich. Was hatten die damit vor? Als der Mann auf ihn zukam verstand er und versuchte aus dem Gestell zu entkommen, doch natürlich klappte es nicht. Was dann folgte war heißer Schmerz. Er schrie entsetzt auf, zitterte.

Sobald sich die Zahlen und Buchstaben eingebrannt hatten, tauchte man die glühenden Eisen ins kalte Wasser, während seine Wunde desinfiziert wurde. Es brannte höllisch. Der Schmerz betäubte ihn halb und somit merkte er nicht einmal wirklich, dass er wieder raus gelassen wurde. Sie zogen an der Leine und er stolperte halb nach vorne, doch fing er sich. Weg, er musste hier weg! Zu Reno, seinem Bruder.

Ohne zu zögern biss er in seine eigene Leine und rannte los. Der Pfleger war überrascht und konnte ihn nicht halten. Jedoch war im Gang ein weiterer Mann, der ihn einfach abfing. Ein Sicherheitsmann, dass verriet die Kleidung. Er packte ihn in einem geübten Griff.

„LASS MICH LOS! BASTARD! LASS MICH!!!“

Doch alles zappeln und schreien brachte nichts. Mitgefühl hatte hier keiner. Warum sollte man auch etwas für ein Objekt fühlen?

„BASTARDE!“, brüllte er und versuchte zu beißen.

Aufgeben? Niemals! Leider war die Kleidung zu dick um ihn wirklich weh zu tun. Mistkerl! Warum trug er auch sowas?!

Der Mann schaute zu den Anderen, ignorierte das zappelnde Kind, was er über seine Schulter geworfen hatte.

„Wir sind fertig, er kann in seinen Käfig. Zweiter Stock, Gang H.“

Auf den gesamten Weg hin schmetterte er den Mann wüste Beleidigungen an den Kopf, was damit endete, dass er ihn achtlos in sein Käfig warf und Lea sich damit den Kopf stieß.

„Au! Ey du verdammte Wichser!“

Doch da war der Mann schon weg und die Tür schloss sich.

„Dieser... Warts ab, irgendwann bin ich bewaffnet und du wirst schlafen!“, murrte er und versuchte sich irgendwie aufzurichten, nur mit gefesselten Händen am Rücken ging das nicht. Seine Markierung brannte noch immer. Die gesamte linke Seite schmerzte. Jedenfalls was die Hüfte anging. Das würde er ihnen noch alles zurück zahlen.
 

Was er ihnen zurück zahlen musste, war innerhalb weniger Monate so viel, dass er sich schon eine Liste wünschte. Aber da er sich immer noch nicht aufgegeben hatte, hätte ihm ein Zettel und Stift eh nichts genutzt, da seine Hände inzwischen so gut wie immer gefesselt waren.

Müde schloss er seine Augen. Vier Monate war er jetzt schon hier. Vier Monate in den er jede Lücke zu nutzen versuchte. Die Männer misstrauten ihm und er wusste, sie wunderten sich, warum er noch nicht aufgegeben hatte. Vermutlich stumpften hier viele sehr schnell ab. Er nicht. Er hatte Gründe zum Kämpfen und vor allem sorgte er dadurch, dass er unsterblich wurde, denn vergessen würden die ihn nicht. Einen der Forscher hatte er sogar unter einem Regal begraben, als er ihn dagegen gestoßen hatte. Der hatte immer noch blaue Flecken. Trotz seiner Müdigkeit kicherte er vor sich hin, ehe er sie wieder öffnete. Noch hatte er nicht alles für heute erledigt.

„Ich hab heute den Blödmann getroffen, den ich unter dem Regal begraben habe. Hab ich dir vorgestern ja erzählt. Der humpelt immer noch. Hihi. Hat der auch verdient. Ich glaube jetzt hasst er mich. Ich ihn auch. Die überlegen sich wohl schon, wie sie mich loswerden wollen. Nun sollen sie Mal versuchen, ich bin zäh.“

„Warum...“

Lea stoppte in seinem Redeschwall und schaute verdattert zu den Blauhaarigen, welcher seinen Kopf hob und ihn anblickte. Die Augen wachsam, aber immer noch leer.

„Warum?“

„Warum... redest du so viel?“

„Na wenn mir keiner antwortet...“

„Wieso redest du immer mit mir?“

Die Stimme war leise und kratzig. Kein Wunder, er hatte den Jungen nie reden hören, also oft benutzen tat er seine Stimmbänder nicht.

„Im Gegensatz zu den Anderen scheinst du noch geistig hier zu sein und wir sind genau Gegenüber. Wie heißt du?“

Doch der Blauhaarige schwieg wieder.

Och nö. Er hatte doch gerade erst mit dem Sprechen angefangen.

„7G7777A177. Wieso geben die uns so lange Zahlen? Kann sich doch keiner merken. Ich weiß ich hab ein paar Mal Acht drinnen, eine Dreizehn und eine Sieben, sowie den Buchstaben H. Hey H kommt nach G, genau wie die Acht nach der Sieben, witzig, ne?“

Keine Antwort. Lea seufzte.

„Du hast kein Namen, nicht wahr?“

Ein Nicken.

„Weißt du noch meinen Namen?“

Der Blauhaarige blickte wieder zu ihm, nickte dann wieder.

„Nicken kann jeder. Woher soll ich wissen, dass du mich nicht anlügst?“, versuchte er aus ihm ein Wort hervorzulocken und wenn es nur sein eigener Name war.

Er wollte noch Mal diese Stimme hören.

„Lea.“

Die grünen Augen strahlten und er nickte freudig. Juhu! Gesprochen! Win für ihn! Und er hatte sich wirklich seinen Namen gemerkt!

„Du brauchst auch einen Namen. Mhmh... Äh...“

Nachdenklich blickte er ihn, während sein Gegenüber den Kopf schief legte. Die Augen wirkten etwas neugieriger und wacher. Nicht mehr ganz so leer.

„Wie wäre es mit Isa?“

„Isa?“

„Jap. Ich finde, das klingt gut.“

Und hatte irgendeine Bedeutung, die ihm aber entfallen war. Uff, wie war der denn? Egal.

„Isa... Mhmh, wenn du meinst.“

„Okay. Jetzt hast du einen Namen, jetzt musst du auch öfter mit mir reden.“

„Du nervst.“

„Du bist herzlos.“

Isa hob eine Augenbraue, musste dann aber etwas lächeln, vermutlich lag es daran, dass Lea ihn geschockt und sehr getroffen anguckte. Als er das Lächeln von Isa sah, lachte er leise.

„Gefühle stehen dir.“

„Du bist Schuld.“

„Haha!“

Sie schwiegen wieder, aber diesmal war es ein angenehmes Schweigen, fand Lea. Denn jetzt wusste er, dass sein Reden für Isa eine Bedeutung gehabt hätte, sonst hätte er ihm ja nicht zugehört. Und da er ihm zugehört hatte... Ob sein Reden für Isa eine Art Abwechslung darstellte? Vermutlich. In den Vier Monaten hatte er kaum mit jemanden gesprochen, jedenfalls auf eine freundliche Basis. Und es machte ihn glücklich zu wissen, dass seine Worte jemanden erreicht hatten und vielleicht würde Isa ja jetzt tatsächlich sich öfter mit ihm unterhalten.

„Du Lea?“

„Mh?“

„Du stammst aus einer Familie, nicht wahr?“

„Ja. Aber meine Mutter starb und wir wurden von einem anderen Paar adoptiert.“

„Wir?“

Von Reno hatte er bis jetzt nichts erzählt. Eigentlich hatte er nur irgendwelche belanglose Sachen erzählt, nichts wirklich über sich selbst, abgesehen von seinem Alltag hier.

„Ich hab noch einen jüngeren Zwillingsbruder.“

„Ist er auch hier?“

„Nein, er ist wohl noch dort. Hoffe ich.“

„Ist es schön? Eine Familie?“

Die Worte kamen zögernd und vorsichtig, ja sogar etwas schüchtern.

„Kommt drauf an. Bevor meine Mutter starb war es schön, voller Licht und Wärme, da meine Eltern uns wirklich geliebt hatten. Unsere Pflegefamilie wollte einfach nur, dass wir Regeln beachten und funktionieren. Wir sollten gute Noten nach Hause bringen und wenn wir gut waren, dann waren sie auch recht umgänglich. Aber Liebe, Wärme gab es da nicht. Ich glaube mit Familie ist das immer ein Glücksspiel.“

„Hört sich dennoch... gut an.“

Ups. Ja stimmt, seine letzte Familie war besser als das hier. Da hatte Isa Recht und er beschwerte sich. Oh je.

„Bist du immer hier gewesen?“

„Seit ich mich erinnern kann... Aber ich komme wie fast jeder hier aus einer Zuchtstation.“

„Find ich grausam.“

„Mh?“

„Zuchtstation. Jeder verdient es, sein Leben selbst entscheiden zu können, zu entscheiden ob man Kinder will. Das ganze System ist scheiße. Jeder sollte das Recht haben, so zu leben, dass er nichts bereut... sollte er dann Mal sterben, wird er nichts bereuen müssen, oder?“

Isa zog seine Beine auf diese Worte nur mehr an sich, seine Augen fixierten seine Knie. Er wirkte bedrückt. Anscheinend waren seine Worte nicht gut gewählt, musste er vorsichtiger sein?

„Gibt es Dinge die du bereust?“

„Nein.“

Der Ton war abweisend und seine Augen wurden kälter. Lea setzte sich auf um ihn besser anzuschauen, schwieg jedoch. Morgen würde es vielleicht besser verlaufen. Seufzend ließ er sich zur Seite fallen, ignorierte den Schmerz der sich in seinem Kopf ausbreitete, als er gegen die Wand damit knallte. Sein Nachbar – oder Nachbarin, gesehen hatte er das Kind nie – schien es nicht zu stören.

„Ich will mein Meersalzeis. Und den Sonnenuntergang. Jedenfalls Fenster könnten die sich erlauben.“

Kein Kommentar. Ja wirklich morgen. Mit diesen Gedanken versuchte er sich etwas bequemer hinzulegen, was bei der Größe des Käfigs nicht ganz klappte. Er musste seine Beine anwinkeln und sie gegen die Wand pressen, da er sonst nicht wirklich gerade liegen konnte. Wieder summte er leise vor sich hin. Das hatte er sich angewöhnt. Immer zum Einschlafen. Er summte solange, bis er schlief. An irgendwas musste man ja klammern.

Er hatte recht schnell bemerkt, dass diese Experimente einen vergessen ließen. Das Licht vergessen ließen. Die Schmerzen die häufig entstanden, die Injektionen... All das ließ ein irgendwann taub werden. Als er bemerkte, dass langsam das Gesicht seiner Mutter verschwamm hatte er angefangen immer zu summen und dabei die Gesichter seiner Familie aufzurufen. Immer wieder und dazu ihre Namen. Jeden Tag zählte er die verschiedensten Dinge auf und erinnerte sich. Einfach damit er nicht vergaß. Wenn er nicht wollte, dass man ihn vergaß, dann durfte er auch keinen von diesen Menschen vergessen.

Ein plötzlicher Schmerz ließ ihn zusammen zucken und er fing an kurz zu röcheln. Er kugelte sich zusammen, kniff die Augen fest zusammen.

Verdammt. Aufhören!

Seine Atmung wurde flacher und er hatte das Gefühl nur noch schwer Luft zu bekommen. Es war als würde seine Lunge einfach ignorieren, dass er versuchte einzuatmen und sie presste sich einfach zusammen.

„Lea? … Lea!“

„G-geht schon...“

Der Schmerz verebbte tatsächlich langsam und seine Lunge füllte sich wieder mit Luft.

„Das müssen die Experimente sein.“

„Nein, das war nur...“

Er wagte es nicht zu Isa zu schauen, der ihn wohl skeptisch ansah.

„Hör auf zu träumen Lea. An den Folgen der Versuche sterben wir alle letztendlich. Wann jemand von so einem tödlichen Experiment getroffen wird, weiß keiner, aber irgendwann trifft es jeden.“

„Nein, das ist nicht...“

„Hör auf!“

Überrascht sah er nun doch auf, blickte in die wütenden Augen des Anderen. Isa zitterte und hatte seine Hand gegen das Gitter des Käfigs geschlagen, krallte sich jetzt daran fest. Die Augenfarbe hatte sich geändert. Sie waren gelb.

„Isa... deine Augen...“

Der Junge zuckte zurück, schloss seine Seelenspiegel und zog die Beine wieder heran, ehe er seine Arme herum legte und seinen Kopf auf seinen Knie abstützte. Als er die Augen wieder öffnete waren sie wieder in diesem Türkisblau.

„Mach mich nicht wütend. Du nervst.“

Der Rothaarige senkte seinen Blick, seufzte und fing wieder leise an zu summen.

„Ich sagte du nervst!“

Doch jetzt war er es, der Isa ignorierte, der einfach vor sich hinsummte und lächelte.Er fing an sich hin und her zu wiegen, passend zum Takt.
 

Isa redete wirklich wenig. Das lag aber auch daran, weil es gefährlich war zu zeigen, dass man ein Bewusstsein hatte. Lea lebte gefährlich. Ein sicheres Zeichen war ja bereits, dass er seit Wochen diese Schmerzen zu haben schien. Immer wieder fing er an nach Luft zu schnappen und verkrampfte sich am ganzen Körper. Aber er tat das mit einem Lachen ab.

Allgemein war ihm der Junge ein Rätsel. Wie konnte man in solch einer Situation lachen? Er hatte so eine wundervolle Familie gehabt und sie verloren. Er würde sie nie wieder sehen und dennoch lachte er fröhlich, summte immer diese dumme Melodie vor sich hin – eigentlich mochte er es, wenn Lea summte, aber das würde er nie zugeben – und er versuchte vor allem ihn andauernd in ein Gespräch zu verwickeln. Blöd war, dass der Rothaarige, dessen Haare etwas von einem brennenden Igel hatten, es sogar hinbekam. Aber irgendwie... bereute er es nicht einmal. Jetzt hatte er sogar einen Namen von ihm bekommen. Isa.

Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Blauhaarigen. Irgendwie war dieser Lea ganz Anders als die Anderen. Er hatte schon ein paar kennen gelernt, die aus einer Familie stammten. Am Anfang waren sie alle gleich: Verwirrt, etwas aufmüpfig, oder total verängstigt. Doch nach den ersten Wochen fingen sie an ab zu stumpfen. Lea dagegen schien immer mehr quasseln zu wollen und freute sich über fast jedes Wort seinerseits. Komischer Junge. Vielleicht lag es daran, dass er viel von seiner ersten Familie mitgenommen hatte. Die Liebe seiner Eltern, die Wärme und... dieses Licht. Gegenüber den Rest wirkte der Rotschopf wie ein strahlendes kleines, aber recht unruhiges Licht, in der Dunkelheit. Und seltsamerweise hatte das Licht ihn auserkoren, für ihn zu leuchten.

Isa schüttelte heftig den Kopf.

Pah! Lea und für ihn leuchten. Aber, jedenfalls schien Lea mit ihm teilen zu wollen. Lebensfreude nannte er das.

„Jeder verdient es, sein Leben selbst entscheiden zu können. Jeder sollte das Recht haben, so zu leben, dass er nichts bereut.“

Diese Worte hatten in ihm irgendwas ausgelöst. Den Wunsch zu leben? Selber Entscheidungen zu treffen? Gab es irgendwas was er machen wollte?

Ja gab es. Er wollte dieses Meersalzeis probieren, von dem Lea so schwärmte, die Sonne sehen, sowohl den Sonnenaufgang, als auch am Tag und den Sonnenuntergang. Er wollte den Mond sehen, die Sterne. Ob er Lea mal Fragen sollte, wie sowas aussah und wirkte? Er kannte nur diesen Käfig, die Mauern der Gänge und davon eigentlich auch nur wenige, da er eigentlich nur zu Waschtrakt musste, oder zu den Laboren. Schon immer hatte er den Erwachsenen zu gehört und sie hatten Dinge erzählt die ihn neugierig gemacht hatten. Vielleicht war dieses zuhören daran Schuld, dass er nie ganz abgestumpft gewesen war und bis heute irgendwie durchgehalten hatte. Lea verstärkte sein 'Ich' einfach nur. Er weckte Gefühle in ihm, die er nicht kannte. Und er fürchtete den Tag, an dem Lea einfach erstickte, oder gar nicht mehr zurück kam. Inzwischen konnte er diesen Idioten einfach leiden. Und das obwohl er jetzt sieben Monate hier war. Drei Monate war es jetzt her, dass er das erste Mal mit ihm gesprochen hatte. Zwar sprach er immer noch recht selten, aber es war mehr als die vorigen Jahre. Es war manchmal etwas seltsam, da Lea ihn ab und zu verbessern musste, wenn er etwas falsch aussprach. Kein Wunder wann redete er denn Mal?

Allerdings hatte der Andere das Talent ab und an ihn zur Weißglut zu treiben. Die Sache mit dem 'Ich komm hier noch lebend raus' zum Beispiel. Hier kam kein Experiment lebend raus.

Schritte ließen ihn leicht zusammen zucken. Es begann.

Der Pfleger hatte Handschuhe an, die sehr dick waren und er hatte Mühe die Leine anzulegen. Kein Wunder. Ab und zu biss Isa. Nicht aus Protest, sondern einfach wenn er eine gewisse Beißlaune hatte. Die Forscher hatten dies mit ihm angestellt. Zwar war er wohl schon von Geburt an recht bissfreudig gewesen, aber dank ihrer Experimente mit ihm, war dies nur gestiegen. Schließlich wurden seine Hände gefesselt - eine Prozedur die er über sich ergehen ließ – und dann führte man ihn zu dem heutigen Labor.

Irgendwo konnte er Lea hören, als sie durch die Gänge gingen, vermutlich wehrte er sich wieder, oder hatte versucht weg zu laufen. Er verkniff sich ein Seufzen. Warum ließ Lea nicht einfach Mal davon ab? Sie würden ihn wirklich noch entsorgen. Verdammt! Er wollte doch nicht, dass Lea weg war.

Aber im Moment sollte er sich lieber Sorgen um sich selbst machen. Durch Lea war er lebendiger und es fiel ihm etwas schwerer seine Gefühle tief in sich zu vergraben, vor allen Dingen diese Wut. Diese Wut die sich immer mehr in ihm aufstaute. Diese innerliche Wut hatte ihn eigentlich schon immer begleitete, aber langsam hatte er das Gefühl es würde jeden Moment überlaufen. Im Moment sammelte er sogar recht viel Wut an, allein schon dann, wenn er diesen zitternden, verkrampften zierlichen Körper sah, der sich in seinem Käfig hin und her wand und nicht einsah, dass es Nachwirkung von Experimenten waren. Es machte ihn wütend zu sehen, wie Leas 'Attacken' immer länger dauerten und er sich immer langsamer davon erholte. Vor allem weil er sich selbst dabei so hilflos vorkam, da er ihm nicht helfen konnte. Außer ihm zu raten es endlich sein zu lassen und aufzugeben.

Und schon wieder dachte er an ihn, dabei sollte er sich jetzt um sich selbst kümmern, da sie nun im Labor angekommen waren. Er wurde an Geräten angeschlossen, allerdings nicht durch Kabel. Soweit er wusste funkten diese Sender an seinem Körper die Informationen zu diesen Geräten. Vor allem seine Gehirnströme sollten beobachtet werden.

Er konzentrierte sich darauf ruhig zu atmen und dachte an ein paar entspannte Gesprächsfetzen, die diese Wut in ihm dämpften. Jetzt wütend zu werden und es zu zeigen... keine Ahnung was dann passierte, denn immer wenn sie es Mal geschafft hatten, hatte er ein Blackout und er war verletzt, fühlte sich entkräftet. Aber ihm war aufgefallen, dass seine Sinne um einiges empfindlicher als sonst waren und er immer eine gewisse Zeit brauchte, damit sie sich wieder beruhigten.

„Alles im normalen Bereich.“

„Bringt ihn in den Kasten.“

Der Kasten war ein Viereck aus Panzerglas, welches bis zur Decke ging. Ein Glas konnte man verschieben und es diente zur Tür. Sie schoben ihn dort herein, schlossen die Tür und er bereitete sich innerlich darauf vor noch mehr die Ruhe zu bewahren. In diesem Kasten passierten merkwürdige Dinge. Sie betätigten immer einen Knopf, er spürte wie eine Macht durch seinen Körper ging und gleichzeitig auch seine starke Wut. Dann folgte meist ein Blackout, da es ihm schwer fiel nicht nachzugeben.

Ruhig schaute er sich sein kaum zu sehendes Spiegelbild in dem Glas an. Er sah echt schäbig aus, nicht so gepflegt wie Lea am Anfang, oder wie die Leute, die hier angestellt waren. Er war unnatürlich blass, seine Haaren waren stumpf und lagen absolut nicht, er war dreckig, knochig und seine Augen wirkten matt und glanzlos.

Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie einer der Wissenschaftler einen Knopf betätigte und sofort fühlte er wieder diese seltsame Macht in sich, die versuchte ihn glauben zu lassen, alles kurz und klein schlagen zu können. Isa zwang sich zur Ruhe, sagte gedanklich immer wieder ruhig zu bleiben. Er wollte nicht auf den Boden liegen, blutend, erschöpft und diese gelben Augen im Spiegelbild sehen.

Es dauerte etwas, bis die Macht verebbte.

„Heute wieder nichts, obwohl die Gehirnströme etwas angestiegen sind.“

Man führte in raus, nahm ihm noch ein paar Proben und führte ihn zurück in den Käfig. Isa war erschöpft, aber nicht völlig kraftlos. Kaum war sein Pfleger weg, schaute er zu Lea, welcher einfach nur regungslos in seinem Käfig lag. Er war doch nicht etwa?

„Lea?“, flüsterte er vorsichtig.

Als jener den Kopf leicht anhob und lächelte, fiel ihm ein Stein vom Herzen.

„Man, lieg nicht so tot in deinem Käfig!“

„Warst du etwa in Sorge?“, grinste der Rotschopf nur und er spürte wie wieder Wut in ihm hochkam.

Wieso nahm er denn nichts ernst?!

„Weiß nicht... Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, ob ich endlich deine Stimme los geworden bin.“

„Das war jetzt echt gemein Isa.“

„Aber dein tot stellen nicht, oder was?!“

„Ich hab mich nicht tot gestellt, ich war nur... müde und hab mich ausgeruht.“

Isa schnaubte einfach nur und lehnte sich zurück. Natürlich war Lea müde. Man hatte ihn heute ja wieder durch die Flure gehört.

Sein Gegenüber seufzte, legte sich etwas bequemer hin und summte wieder. Er unterbrach ihn nicht, die Melodie stimmte ihn ruhig. Glück für Lea also. Denn gereizt war er auf jeden Fall. Plötzlich verstummte er jedoch, verkrampfte sich erneut und fing an nach Luft zu schnappen. Auch Isa verkrampfte sich, aber nur aus Angst. Er bemerkte ein Husten seitens seines Freundes. Zwar hatte er sich noch versucht weg zudrehen, aber sein Körper gehorchte ihm bei solchen Anfällen recht selten und so konnte Lea nicht verbergen, dass er Blut spuckte. Soweit er wusste, war das kein gutes Zeichen. Auch nicht dieser rasselnde Atem. Allgemein schätzte er die Verfassung des Anderen als nicht allzu gut ein. Aber jedenfalls hörte es nach ein paar Minuten auf. Das Blutspucken war zwar Neu, aber die Dauer hielt sich in Grenzen. Er hatte es schon Mal länger gehabt.

„Oh Man. Das nervt. Na ja. Bäh. Voll ekliger Geschmack im Mund. Jetzt will ich erst Recht Meersalzeis haben. Das ist das erste was ich draußen machen werde.“

„Lass es.“

„Was?“

„Zu tun, als würde man hier raus kommen.“

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg mein Freund.“

„Schon klar. Was willst du schon machen, mit gefesselten Händen?“

„Ich komme hier raus Isa. Ich muss Dinge erledigen, ich muss Reno suchen. Ich hab keine Lust mein Leben hier zu versauern. Das ist mein Leben und ich entscheide was ich bis zum Schluss tue, denke, fühle. Deswegen wehre ich mich auch. Deswegen lache ich auch. Einfach damit meine Zeit hier nicht allzu verschwendet ist. Will ja nichts bereuen.“

„VERDAMMT!“

Er haute seine Hand gegen das Gitter, verkrallte sich darin und schaute Lea aus wütenden Augen an.

„Jetzt hör endlich auf damit! Lea! Du tust so, als hätten wir ein Leben, wir haben keins. Wir haben keine Zukunft. Also wozu irgendwas mit der Zeit machen wollen?“

„Schon wieder gelb.“

„Das interessiert jetzt nicht!“

Hier beobachtet ihn keiner, hier würde ihm keiner etwas tun und Lea hatte doch Mal gesagt, dass er ruhig Mal seine Gefühle raus lassen sollte. Also gab er sich dieser Wut hin, mit den Gedanken es an Lea auszulassen.
 

Eine leichte Bewegung ließ ihn erleichtert aufatmen. Sein Körper schmerzte, die Kratzer brannten, aber das war nicht so schlimm, wie seine Anfälle. Das hier war aushaltbar, irgendwie.

„Uh...“

„Hey Isa, wie geht es dir?“

Der Andere öffnete seine Augen, welche noch immer so stechend gelb waren. Aber es war nicht so schlimm wie vorhin, als er völlig ausgerastet war. Das war echt gruselig gewesen. Er hatte auf nichts mehr reagiert, war einfach nur wütend gewesen. Fast wie im Blutrausch, wie ein Berserker.

„Lea? Oh Gott Lea!“

Isa setzte sich auf, was Lea nur stöhnen ließ, da er ihn halb mitgerissen hatte. Sie hatten auf den Boden gelegen, wobei Lea etwas über Isa gelehnt gewesen war.

„Lea! Oh Gott, wer war das? Moment...“

Isa sah an sich selbst herunter, doch er nahm schnell Isas Hände.

„Alles gut. Sind nur ein paar Kratzer und -“

„Ich war das... Ich hab dir das angetan... Oh Gott.“

„Isa. Isa! Sieh mich an! Hey!“

Der Blauhaarige war jedoch völlig neben der Spur, weswegen Lea ihn etwas schütteln musste. Dumm nur, dass seine Verletzungen dabei nur noch mehr schmerzten. Aber er erreichte was er wollte, Isa blickte zu ihm. Also lächelte er ihn warm an und umarmte ihn einfach. Dieser verkrampfte sich, kein Wunder, er war nie jemals umarmt worden.

„Keine Ahnung was du da gemacht hast, aber hey, wir sind aus unseren Käfigen gekommen.“

„Was?“

„Ja du warst auf einmal so wütend und hast einfach das Gitter aus den Angeln gerissen und hast dasselbe bei meinen gemacht und mich raus gezogen.“

„Und dich danach verletzt. Hab ich dich gebissen?“

Lea zuckte zurück und hielt sich seine Hand auf die Halsbeuge, die Isa skeptisch betrachtete.

„Äh ja... Gekratzt, gebissen, geschlagen und getreten und nein, du hattest keine Waffe. Sind nur oberflächliche Verletzung und...“

Oha, jetzt bewegte er sich doch zu viel. Langsam wurde alles etwas schummrig. Der Blutverlust zeigte sich wohl langsam. Außerdem schmerzte noch immer seine eine Schulter so doll.

„Lea?“

„Alles gut... bin nur... müde und.. alles dreht sich. Uff.“

Er war einfach nach vorne gekippt, direkt auf seinen Freund, welcher vorsichtig und zögerlich seine Arme um ihn legte. Nur leider entdeckte er jetzt sein größtes Problem.

„Lea, deine Schulter...“

„Na ja... Glaubst du unser Tun blieb unentdeckt? Hier kam einer der Sicherheitsmänner rein und als er dich so gesehen hat, hat er versucht dich zu erschießen, da bin ich dazwischen gegangen. Du bist voll wütend auf ihn los gegangen und der war voll feige und ist weggelaufen. Murmelte was von Verstärkung. Ich hab die Tür mit allen möglichen Zeugs was hier noch rumstand voll gestellt.“

Deswegen auch das Hämmern an der Tür, da die Leute versuchten rein zu kommen.

„Das ist... eine Schussverletzung?!“

„Ja...“

Verdammt, langsam kam da ein vertrauter Schmerz hoch. Er fühlte wie sein Körper sich verkrampfte und seine Organe nachließen. Seine Lunge presste sich zusammen und sein Herz schlug seltsam, jedenfalls fühlte es sich so an. Unwillkürlich krallte er sich in Isas Oberteil und er fing an verzweifelt nach Luft zu schnappen. Es fiel ihm schwer dagegen anzukommen und vor allem ruhig zu bleiben.

Nicht jetzt. Nein, das durfte er nicht zulassen.

„Lea!“

Er spürte wie Isa ihn instinktiv näher an sich zog, zitterte. Vermutlich weil er sich hilflos fühlte, da er immer roch nicht wusste was er tun sollte. Zum ersten Mal weinte Lea, jedenfalls fühlte er die Tränen. Es tat ihm einfach nur Leid. Es tat ihm Leid Isa da rein gezogen zu haben, sodass dieser nun Angst um ihn hatte. Das er wegen ihm diesen Aussetzer hatte.

Seit den Tod seiner Mutter hatte er selten geweint, seit er hier war kein einziges Mal.

Nur halb ersticken und Weinen war keine gute Kombination, da er nur noch weniger Luft bekam, also versuchte er sich zu beruhigen. Dank den akuten Luftmangel bekam er jedoch nur Panik. Nein! Nicht hier und nicht jetzt! Bitte!

Er bemerkte eine Hand die vorsichtig über seinen Rücken strich und dann hörte er eine leise Melodie. Isa summte leise. Und zwar genau die Melodie, die er immer summte. Lea schloss die Augen, konzentrierte sich darauf und tatsächlich verebbte nach einer Weile das Gefühl, dass sein Körper jeden Moment versagte, stattdessen spürte er wieder seine äußerlichen Verletzungen.

„Isa... Wir müssen hier raus.“

Der Andere verstummte, streichelte ihn jedoch weiterhin. Dann bemerkte er, wie Isa ihn gegen einen der Käfige legte und aufstand. Verwundert öffnete er wieder seine Augen und beobachtete den Anderen dabei, wie er sich genauer umschaute, das Rütteln an der Tür ignorierend.

„Meinst du wir kommen da hoch?“

Lea folgte seinem Blick und entdeckte ein Gitter in der Wand. Ein Lüftungsschacht. Die Frage war nur, ob der Schacht enger wurde und wie weit sie da rein passten. Aber einen anderen Ausgang gab es nicht.

„Vielleicht. Aber wir sollten was mitnehmen.“

„Mh?“

„Ein... Seil... oder so...“

Es drehte sich wieder alles. Er hörte ein Seufzen und kurz darauf wurde ihm einfach sein T-Shirt ausgezogen. Isas Hände waren kälter als sein eigener Körper, aber diese Kälte empfand er gerade als sehr angenehm. Da ihm halb die Augen zu fielen, konzentrierte er sich mehr aufs Fühlen.

„Wir schauen nach, sobald ich dich verarztet habe. Gut, dass hier so ein Koffer mit Verbänden liegt.“

„Das nennt man Erste-Hilfe Koffer.“

„Auch gut.“

Seltsamerweise konnte Isa das sogar ganz gut. Wenn man bedachte, dass er das zum ersten Mal machte. Vermutlich hatte er sich seine eigenen Verbände am Körper gut angesehen und machte das jetzt so gut es ging nach.

„So, fertig.“

Lea öffnete seine Augen, war halb am dösen gewesen. Ein etwas lauteres Poltern an der Tür ließ beide hin sehen. Langsam gaben die zwei Stühle und diese komische Platte die im Raum gestanden hatte nach, obwohl er extra so hingestellt hatte, dass es stabil war. Also stand er auf, richtete es etwas, damit sie noch ein bisschen Zeit hatten. Jede Sekunde war wertvoll.

„Zwei Leinen. Mehr haben wir nicht.“

„Besser als gar nichts.“

Isa nickte und schritt zur Wand hin, jedoch war Lea noch nicht gewillt da hoch zu klettern. Er fing stattdessen an, an den Türen der Anderen zu werkeln.

„Was machst du?“

„Wäre blöd, wenn wir sie hier lassen.“

Er schaute das Mädchen an, die ihn ansah, ihre Augen wirkten leblos, jedoch nahm sie sehr wohl war, was er da tat. Er hörte ein Seufzen und nun half ihm Isa dabei die Käfige zu öffnen. Nur die Oberen Käfige bekamen sie nicht hin. Die mittleren gelangen gerade Mal so, da sie sich da noch irgendwie hoch angeln konnten.

„Sorry.“, murmelte er wegen den Oberen.

Da sein Freund jetzt jedoch drängte und die Anderen nur planlos im Raum standen, schritt er nun endlich auch zur Wand.

„Halt deine Hände so. Genau.“

Sie machten Räuberleiter und er schaffte es das Gitter zu lösen, ehe er sich rauf zog. Vorher hatte er eine Leine an sein Fuß gebunden und da er etwas voran krabbelte, konnte Isa dies nun nutzen um selber rauf zu klettern. Zwar wäre Lea beinahe wieder raus gerutscht, aber irgendwie hatten sie es dann doch geschafft. Der Lüftungsschach war eng, wären sie etwas größer und breiter hätten sie nicht rein gepasst. Würde es also enger werden, hätten sie ein Problem.

„Du weißt schon, dass wir sie jetzt doch zurück lassen.“

„Sie haben Leinen in ihren Käfigen gehabt. Wenn sie sich zusammentun wie wir, haben sie auch eine Chance.“

„Ich bezweifle es.“

Lea auch, aber er fühlte sich besser dabei, sie jedenfalls raus gelassen zu haben. Außerdem waren so die Wärter beschäftigt. Klang hart, aber er hätte nicht dafür sorgen können alle hier raus zu schaffen. Mit Isa könnte es jedoch noch klappen, da dieser mitdachte und da er angeschlagen war... Aber alle? Nun das war vermutlich wirklich unmöglich.

Sie krochen weiter und hatten Glück. Es wurde nicht enger, eher etwas breiter. Jedoch bemerkten sie schnell, dass sie nach einiger Zeit darauf gekommen waren, dass sie im Lüftungsschacht waren, da sie viele Gitter bewachten, oder besser abriegelten. Sie wollten ihnen vermutlich die Fluchtwege abschneiden. Nach einer Weile blieb er einfach liegen und Isa robbte gegen ihn.

„Au! Lea, warum bleibst du stehen?“, kam es auch schon beschwerend von Isa, doch Lea bat ihn einfach nur um Ruhe.

Sie schwiegen und dann krabbelte Lea weiter, bis er sich sicher war, sich etwas aufrichten zu können. Er stieß mit dem Hinterkopf zwar gegen die Decke, aber halb über ihm, ging der Lüftungsschacht nach Oben. Oben war es auch etwas hell. Vermutlich ging es da Oben waagerecht noch etwas weiter und dann war da vielleicht ein Ausgang.

„Willst du da hoch?“

„Nun... vielleicht sollten wir uns doch was Anderes suchen. Aber da Oben scheint es ganz nach draußen zu gehen. Soweit ich weiß hat das Labor drei Stockwerke, so wie zwei Unterirdische und wir befanden uns im Zweiten. Wenn wir da hoch kommen...“

„Sind wir im dritten.“

„Ganz nach Oben...“

„Lea, wie willst du ein Stockwerk überspringen?“

Gute Frage. Vielleicht verlief da Oben auch noch ein Lüftungsschacht und von dort aus könnten sie vielleicht. Jedoch war die Frage wie sie in den dritten kamen. Selbst mit Räuberleiter würde es scher werden.

Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihm jedoch nicht. Er bemerkte wie das Atmen schwerer fiel. Es roch etwas seltsam.

„Verdammt... Rauch!“

„Was zum?“

„Die wollen uns raus haben. Dann nutzt man Rauch. Ausräuchern nennt man das.“

Lea hielt sich die Hand vor Nase und Mund, zeigte Isa dasselbe zu tun. Dennoch husteten sie weiter.

Der Rauch würde nach Oben ziehen, allerdings rechneten die nicht, dass sie nach Oben klettern würden.

„Isa, Räuberleiter.“

Der Blauhaarige schien zwar skeptisch und da sie kaum etwas sahen war es etwas schwer sich abzustimmen, aber nach einer Weile hatte er es sogar auf Isa Schultern geschafft. Aber auch mit Strecken schaffte er es nicht und die Schmerzen wurden nur wieder schlimmer.

„Isa, ich versuch Mal zu springen, könnte unangenehm für dich werden.“

„Ich hab dir Schlimmeres angetan.“, kam es trocken von den Anderen, was Lea dann doch etwas lachen ließ, bevor er einfach absprang.

Tatsächlich bekam er eine Kante zu fassen. Er baumelte noch etwas, aber dann zog er sich hoch. Hier war tatsächlich noch ein anderer Lüftungsschacht.

„Wirf Mal die Zweite hoch.“

Mit Zweite war die Leine gemeint. Da der Rauch nach Oben zog und man anscheinend nur das zweite Stockwerk damit füllte, war in diesem Schacht indem er sich befand nur wenig Rauch und er atmete gleich um einiges besser.

„Jetzt.“

Isa warf mit einem schlimmen Husten, was Lea nur darin bekräftigte, sich zu beeilen. Tatsächlich konnte er die Leine greifen, ohne sie zu sehen. Er verband beide Leinen und befestigte eine davon an sein Handgelenk. Dann warf er sie wieder runter.

„Versuch hoch zu kommen.“

„Krabbel erst Mal etwas mehr rein, ich zieh dich sonst... runter.“

Wieder ein Husten. Lea krabbelte also weiter rein und schließlich spürte er das Ziehen an der Leine. Er stemmte sich so gut es ging dagegen, bis Isa hochgeklettert war.

„Geht's?“

„Ja. Komm weiter.“

Doch nach einer Weile konnte er nicht mehr. Langsam streikte sein Körper und er blieb erschöpft liegen. Es wurde nichts gesagt, scheinbar ahnte sein Freund also schon, dass er nicht mehr konnte und gab ihm die Möglichkeit sich kurz auszuruhen. Normalerweise würde er ihm ja einfach sagen, er solle ohne ihn weiter, aber da Isa sich nicht an ihm vorbei quetschen konnte...

Schluss damit, er musste zu Reno. Aufgeben war keine Option. Für Reno und für Isa. Der hatte doch keine Ahnung wie man sich da draußen verhielt. Also robbte der inzwischen 10-Jährige weiter, gefolgt von dem Anderen. Sie ließen sich Zeit, denn anhand der Ausgänge bemerkten sie, dass es im dritten Stock ruhiger war. Scheinbar vermutete man sie immer noch im zweiten Stock. Das Atmen fiel ihm nur langsam wieder schwerer. Fuck! Nicht noch eine Attacke. Normalerweise hatte er höchstens eine am Tag, meistens hatte er durchschnittlich drei davon in der Woche. Heute hatte er bereits zwei gehabt. Musste wohl am Stress liegen.

„Lea, alles in Ordnung?“

„J-ja...“

Nein war es nicht, aber er durfte jetzt nicht nach lassen und er wollte ihn nicht beunruhigen. Doch es zwang ihn dazu wieder eine Pause einzulegen. Verdammt!

„Wieder?“

„Entschuldige...“

„Nicht wegen der Pause. Ich meine, hast du wieder Verkrampfung?“

„Anzeichen...“, gab er dann doch ehrlich zu, zum Lügen fehlte ihm gerade einfach die Kraft.

„Die Nachwirkung von Versuchen sind manchmal tödlich Lea...“

„Das ist keine Nachwirkung, das kommt nicht davon.“

„Schon klar. Jetzt streitest du es schon wieder ab.“

Isa klang wieder etwas gereizt und genervt. Lea konnte langsam nicht mehr und er vergrub sein Gesicht in seinen Händen, spürte wieder die Tränen in seinen Augen.

„Nein! Ich... Isa ich sterbe.“

„Haben sie das gesagt? Wussten sie, dass du die Nachwirkung -“

„Es ist keine Nachwirkung! Deswegen bin ich hier gelandet. Ich bin sterbenskrank, Isa.“

Er war so froh nicht den Blick des Anderen sehen zu müssen, so froh, dass dieser nicht sah, dass er stumm weinte. Zum zweiten Mal heute. Heute war ein echt komischer Tag.

„Ich hab am Ende meines achten Lebensjahres immer wieder Schmerzen gehabt und mein ganzer Körper hat sich zusammen gezogen. Man brachte mich zu einem Arzt, der erst nicht wusste was mir fehlte. Man gab mir Schmerzmittel. Dann ging es etwas. Aber ich hatte es immer noch, also kam ich nach einem Halben Jahr ins Krankenhaus und da wurde es festgestellt. Eine Krankheit, die meinen Körper dazu zwingt sich immer wieder zu verkrampfen. Meine Organe ziehen sich zusammen und mein ganzer Körper schmerzt. Lange macht mein Körper das nicht mit. Man hat mir zwei Jahre gegeben. Das Schmerzmittel wurde höher dosiert. Man sagte mir, es unterdrücke die Schmerzen, aber es würde die Anfälle nur schwer unterdrücken können. Reno weiß davon nichts. Jedenfalls hab ich ihm nichts davon gesagt... Tja und dann landete ich hier. Arztkosten und meine kurze Lebenspanne lohnen sich wohl nicht. Das wird nur teuer. Der Staat will gesunde und kluge Kinder. Haha. Ich... ich hab mir geschworen so zu leben, dass ich nichts bereuen muss. Das war bevor ich herkam. Ich will leben Isa. Und zwar solange wie ich kann. Und halt wie ich möchte. Deswegen...“

Seine Stimme versagte langsam und er schluchzte dann doch etwas auf. Die ganzen Bilder kamen in ihm hoch. Als der Arzt ihn aufgeklärt hatte. Die enttäuschten Gesichter seiner Eltern und der besorgte blick von Reno, weswegen er geschwiegen hatte. Zwei Wochen hatte er noch da gelebt. Dann war er abgeholt worden.

„Lea...“

„Es tut mir Leid....“

„Was tut dir Leid?“

„Dich da rein gezogen zu haben.“

„Du hast mir erst einen Lebenswillen gegeben Lea. Ich verspreche dir, wir bleiben zusammen, egal was passiert. Ich bin bis zum Schluss bei dir.“

Er bemerkte eine Hand an seinem Bein, mehr konnte Isa nicht erreichen. Aber diese kleine Geste beruhigte ihn ungemein.

„Danke Isa.“

„Ich muss dir danken. So und jetzt weiter. Wir müssen Reno finden.“

Er wischte sich die Tränen weg und nickte, bevor er weiter voran kroch. Sie würden hier raus kommen und er hatte ja noch ein Jahr. Nein, er hatte solange wie er durchhielt und er würde durch halten. Er würde leben. Niemals sterben.

Nach einer Weile entdeckten sie wieder ein Gitter und er krabbelte voran. Isa blieb bei der Abzweigung, da sie rückwärts sich nur im Weg waren.

„Was ist da?“

„Hier ist eine Treppe die rauf geht. Und eine Tür. Allerdings sind wir hinter der Tür, also bei der Treppe.“

„Meinst du sie führt aufs Dach?“

Eine Tür in den Fluren bedeute meist ein neuer Abschnitt. Er hatte nur eine bisher gesehen. Soweit er wusste war das Zentrum des Forschungszentrum die Labore und die Gänge mit den Objekten. Danach kam eine Tür, die besonders abgesichert war, wo man nur mit Code oder Karte durch kam. Das war dann sozusagen der Wohnkomplex für Wachen und Forscher. Und diese Tür sah aus wie eben solche Türen. Er öffnete das Gitter.

„Komm, schauen wir uns hier um.“

Es war recht schwer heil unten aufzukommen. Das bemerkte er, als er den Kopf raus streckte. Lea verzog das Gesicht, blickte zur Tür, dort ging gerade keiner vorbei. Eine Kamera hing nicht weit von ihm, aber sie waren außerhalb des Winkels, da sie lediglich die Tür im Sichtfeld hatte.

Er kroch kurz etwas zurück, löste die Leine an seinem Handgelenk und warf sie etwas weiter nach hinten. Isa verstand und band ihr provisorisches Seil an seinem Fußgelenk fest. Erneut robbte er wieder nach vorne und glitt langsam aus dem Schacht. Da Isa hinten fest hielt, konnte er sich mit den Händen auffangen, bevor er auf den Boden lag. Nun streckte auch der Blauhaarige seinen Kopf raus.

„Oh man, Licht.“

„Na komm, ich fang dich auf.“

„Schon klar, Lea.“

Ein schelmisches Grinsen legte sich auf seinen Lippen, aber Isa krabbelte dann auch raus. Was folgte war ein leises Poltern und ein zischendes Geräusch, da Lea einen Schmerzensschrei unterdrückte

„Alles okay?“

Stumm nickte er und die Beiden gingen langsam die Treppe rauf. Die Tür war zum Glück nicht abgeschlossen und sie kamen tatsächlich auf dem Dach raus. Lea blinzelte. Es war zwar bewölkt, aber dennoch durchbrach die Sonne ab und zu die Wolkendecke und es war heller als im Gang eben. Es tat gut wieder den Himmel zu sehen.

„Wow!“

„Du hast echt noch nie den Himmel gesehen, oder?“

„Nein. Sind das Wolken?“

„Jap. Und das Licht was ab und zu durchbricht ist die Sonne. Das sehen wir uns später an, lass uns schauen wie wir hier weg kommen.“

Gesagt, getan. Sie hatten Glück und es standen ein paar Bäume auf dem Gelände. Sie waren zwar irgendwie keine Prachtexemplare, aber daran konnten sie herunter klettern. Isa fiel zum Glück eine Überwachungskamera auf, sodass sie nicht von ihr erfasst wurden. Gerade huschten sie an einer Wand entlang, als Lea langsam wieder schlapp machte. Ihm fiel das Laufen schwer und sein Körper fühlte sich total matt an.

„Isa... warte...“

Angesprochener blieb stehen, stützte ihn sogleich, als er das Zittern wahr nahm. Er war gerade wirklich nur eine Belastung. Verdammt!

Isa schritt weiter, zog ihn halb mit. Er selber konnte kaum noch was sehen, hing eher, statt selbst zu laufen. Im Moment wollte sein Körper nicht wie er wollte.

„Lea, diese... Fahrzeuge, meinst du wir können uns da rein schleusen?“

„Uh... Wie sehen die den aus?“

„Die haben hinten so ein Kasten aus einer Plane...“

„Mini-LKW? Ui... Was ist denn drin?“

Es dauerte etwas, bis Isa eine Antwort geben konnte, da er erst einmal vorsichtig hinschleichen musste. Vorher hatte er den Rotschopf an einer Wand hinter ein paar Kisten abgesetzt, damit er schneller voran kam. Jede Sekunde seiner Abwesenheit machte Lea Angst und es kam ihm wie Stunden vor. Er blinzelte, versuchte jedenfalls seine Sicht etwas schärfer werden zu lassen.

„Da sind Holzkisten drinnen. Meinst du es klappt?“

Ja, ob das klappte? Darüber musste er nachdenken. Die Anlage war bewacht und von einen Zaum umgeben. Das hatten sie auf dem Dach gesehen. Der Zaun war hoch und Oben mit Maschendraht versehen. Das konnten sie vergessen und der einzige Ausgang war das große Tor wo andauernd Wachen standen und selbst die Autos schienen noch einmal überprüft zu werden. Kameras waren auch am Tor.

„Keine Ahnung, aber eine andere Option haben wir nicht. Wir könnten versuchen uns hinter ein paar Kisten zu verstecken...“

„Gut.“

Isa zog ihn wieder hoch, wartet ein paar Minuten und dann zog er ihn zur nächsten Deckung mit.

„Habt ihr gehört?“

„Was denn?“

„Drinnen ist ein kleiner Ausbruch gewesen. Die Objekte haben sich im Lüftungsschacht versteckt. Sind bis jetzt noch nicht raus gekommen.“

„Vermutlich stecken geblieben?“

„Man schickt jetzt Spionagekameras rein. Diese mobilen.“

„Wir sollten hier auch etwas genauer sein.“

„Wir arbeiten immer genau mein Freund. Man weiß nie, ob diese Organisation nicht einen Angriff auf dieses Labor plant.“

Angriff? Organisation? Klang interessant. Die Sicherheitsmänner schritten an ihrem Versteck vorbei, jedenfalls entfernten sich die Schritte. Kurz warteten sie, ehe es weiterging. Beim Laster angekommen, half Isa ihm hoch und schlüpfte dann selbst herein. Gemeinsam schoben sie die Kisten unauffällig etwas zu Recht. Isa war hierbei seine Augen, da er wirklich nur grobe Umrisse erkannte. Sein Körper verkrampfte sich wieder etwas.

„Lass gut sein. Ich glaube in diese kleine Lücke zwischen Wand und Kiste könne wir uns quetschen und für die sieht es von Vorne noch genauso aus wie vorher.“

Hoffentlich. Noch eine Gelegenheit bekamen sie bestimmt nicht. Dank Isa fand er die Lücke und quetschte sich rein. Wären sie nicht so zierlich und klein, hätten sie mehr Platz benötigt. Dennoch war es kaum möglich eine bequeme Position zu finden. Er bemerkte, wie ein Arm sich um ihn legte, was die Bewegungsfreiheit nur noch mehr eindämmte, aber es war ein Halt den er jetzt brauchte. Es war zwar kein richtiger Anfall gerade, aber dennoch fiel ihm das Atmen schwer.

Der Wagen fuhr los, sobald der Fahrer vorne eingestiegen war. Deutlich spürte er Isas Anspannung, erst recht, als der Wagen wieder hielt und sich Stimmen und Schritte nährten. Die Plane wurde zurück geschoben.

„Bereits überprüft?“

Er unterdrückte sich nach Luft zu japsen, da es ihm doch immer schwerer fiel, stattdessen hielt er einfach die Luft an. Ein Geräusch und sie wären geliefert.

„Ja, vor zwanzig Minuten und ja ich war das. Steht alles wie vorhin auch und in den Kisten ist drin was rein soll.“

Die Plane wurde zurück geschoben und sein Freund entspannte sich etwas.

„Fahr los.“, rief die erste Stimme zum Fahrer und tatsächlich bewegte sich ihr Fluchtfahrzeug weiter. Sofort japste Lea nach Luft. Er spürte wie Isa sich gegen die Kisten stemmte und sie etwas weiter von sich drückte, damit sie mehr Platz hatten. Kaum war dieser Platz da, wurde er auch schon zu ihm gezogen.

„Ganz ruhig Lea. Wir sind draußen und wir kommen auch hier heil raus. Schlaf etwas.“

Schlaf. Ja das war gut...
 

Er schaffte es kaum den Rotschopf zu wecken. Lea schlief viel zu fest. Isa fluchte leise. Aber er hatte den Schlaf auch dringend nötig gehabt. Jedenfalls atmete er ruhig und war nicht verkrampft. Dennoch, mussten sie langsam aussteigen. Sie fuhren schon ca. zwei Stunden und er wollte nicht aussteigen, wenn sie am Ziel des Fahrers waren. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dann da entdeckt wurden war zu groß. Im Moment waren sie in einem Wald und die Straße war wohl etwas holprig, weswegen sie nicht allzu schnell unterwegs waren. Also jetzt oder nie. Entschlossen packte er seinen Freund und zog ihn zur Plane, die er etwas beiseite schob und dann einfach raus sprang. Er unterdrückte einen Schmerzensschrei, hielt Lea den Mund zu, der dadurch nun doch aufgewacht war.

Autsch! Das hatte mehr wehgetan, als er gedacht hatte. Der Laster tuckerte fröhlich weiter und er rappelte sich schnell auf. Er konnte gleich wegen den Schmerz liegen bleiben. Jetzt hieß es weg von der Straße.

„Isa?“

Die grünen Flammen des Anderen schauten ihn verwirrt an, weswegen er einfach zu den Bäumen rüber nickte. Somit rappelte sich auch Lea auf, wenn nicht ganz so schnell wie er und sie huschten schnell in den Schutz der Bäume und Büsche. Da Lea noch etwas taumelte, nahm er seine Hand, zog ihn mit.

„Das nennt man Wald, oder?“

„Jap. Die Bäume sehen besser aus, als die vorigen, nicht wahr?“

„Ja.“

Sie wussten nicht wohin und wie es jetzt weiter ging. Jedenfalls er. Ohne Lea wäre er aufgeschmissen. Dieser schlug auch vor, erst Mal einen sicheren Platz zum Ausruhen zu suchen. Diesen sicheren Platz fanden sie auch. Es war eine kleine verlassene Höhle. Allerdings konnte beide nicht ahnen, dass sie gar nicht so verlassen war...

Nach ein paar Stunden des Ausruhens hörten sie plötzlich Schritte. Sofort waren beide alarmiert und verkrochen sich tiefer in die kleine Höhle. Isa schossen die wildesten Gedanken durch den Kopf. Hatte man ihnen einen Chip eingepflanzt der sie ortete? Nein, dann hätte man sie doch längst gefunden gehabt, oder?

Oder fand der nur einen, wenn man nicht in Bewegung war?

Ein Mann betrat die Höhle, seine Haare silbern und lang, seine Haut war dunkler als ihre, wirkte etwas exotisch. Er schien trotz der Haarfarbe recht jung zu sein. Anfang 20 vielleicht. Leider entdeckte er sie sofort. Die bernsteinfarbenen Augen verschmälerten sich, was Isa nur noch unruhiger werden ließ. Dieser Mann war gefährlich. Diese Augen schienen tief in ihnen hineinsehen zu können. Das gefiel ihm ganz und gar nicht.

Doch dann änderte sich die Haltung des Fremden. Er seufzte.

„Hier habt es also aus einem Forschungszentrum geschafft?“

Sie schwiegen, auch wenn Lea wohl was auf der Zunge lag. Er war froh, dass der Andere sich zurück hielt.

„Ich glaube nicht, dass sie euch ausgesetzt haben. Also gut. Kommt mit. Hier draußen überlebt ihr nicht lange.“

Der Mann schritt weiter, bis er am Ende der Höhle stand und an einer Wurzel zog. Eine versteckte Tür öffnete sich. Fragend schaute er zu ihnen.

„Oder wollt ihr wieder eingesammelt werden? Am Anfang wird es vielleicht gut gehen, aber ihr seid gekennzeichnet. Ein normales Leben könnt ihr nicht führen.“

„Wer bist du und was willst du von uns?“

„Ich bin nur jemand, der findet, dass man solchen Widerstand wie ihr ihn habt nicht verschwenden sollte. Bis jetzt haben es nur zwei Objekte aus einem Labor geschafft.“

„Das klärt nicht meine Frage.“, zischte er leise, doch Leas Hand beruhigte ihn etwas.

Ob seine Augen gelb geworden waren? Der Mann zeigte keinerlei Gefühlsregung, aber warum sollte Lea dann seine Hand gedrückt haben?

„Also gut. Mein Name ist Xemnas. Ich bin der Anführer einer Truppe die gegen das System ist. Das liegt daran, dass ich wie ihr ebenfalls mal ein Versuchsobjekt war.“

Er?! Schon klar! So naiv war er jetzt auch nicht, dass er DAS glaubte!

„Beweis?“

Der Silberhaarige sah ihn an, wieder dieser Blick. Dann zog er sein Hemd etwas hoch. Eine römische eingebrannte 1 war dort auf der Haut zu sehen.

„Sowas wird nicht verwendet.“

„Man hat es bei mir getan, weil ich keinerlei Buchstaben in der Kennung hatte und dreizehn Mal die Eins hatte. Und jetzt Mal ehrlich, glaubst du, du kennst alle Kennungen?“

Daraufhin schwieg er. Der Mann hatte Recht.

„Isa...“

Er blickte zu Lea, dieser schien nachdenklich und schließlich seufzte Isa. Hatten sie eine andere Wahl?

„Isa?“

„Den Namen hab ich ihn gegeben, da er nie einen hatte.“

„Du stammst aus einer Familie?“

„Ursprünglich. Mein Name ist Lea. L-E-A. Got it memorized?“

Der Mann nickte und sie folgten ihm. Es war dumm und naiv. Aber sie hatten schnell kapiert, dass er Recht hatte. Ihre Kennzeichnung hinderte sie daran ein normales Leben zu führen. Xemnas brachte sie in ein unterirdisches riesiges Komplex. Schnell war klar, dass sie bei diesen Rebellen gelandet waren, von denen sie gehört hatten.

„Xemnas? Was erwartest du von uns?“

„Ich muss erst wissen wozu ihr fähig seid um irgendwelche Erwartungen zu haben. Ihr seid einfach die Zweiten die es geschafft haben da raus zu kommen, ohne fremde Hilfe. Ich weiß wie es ist da draußen zu sein und zu versuchen zu überleben.“

„Ihr seid gegen das System.“, stellte Lea fest und Xemnas nickte nur wieder.

„Was sind eure Ziele?“

„Die Gewohnheiten dieser Welt zu brechen und etwas Neues, besseres aufzubauen. Wollt ihr das auch?“

Sie sahen sich an und als Lea lächelte wusste Isa, dass es wirklich gut war für etwas Besseres zu kämpfen. Für Reno und damit sowas nicht auch mit anderen passieren würde.

„Können wir helfen?“

„In der Tat. Aber wie ihr helfen werdet, das ist euch überlassen.“


Nachwort zu diesem Kapitel:
Irre ich mich, oder wird das immer länger?
Oh Man Sorry.
Wollte es gar nicht so lang werden lassen, aber ich wollte halt, dass man das alles so gut wie möglich nach vollziehen kann.
Aber irgendwie wirkt doch alles recht durcheinander und... unrealistisch...
Egal.
Hauptsache ihr hattet genauso viel Spaß beim Lesen wie ich beim Schreiben.
Abgesehen davon, dass ich das Ende total versaut habe (weil ich jetzt endlich Mal aufhören wollte xD), so mag ich diesem Kapitel sehr, allgemein wohl wegen dem Anfang. Lea und Isa sind putzig *schnurr*
Die Melodie ist übrigens 'Dearly Beloved', ne? X3
So
Bis zum nächsten Kapitel ;)

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Hallvalor
2014-01-27T18:02:17+00:00 27.01.2014 19:02
Ich hatte ja irgendwie das 2. Kapitel verpeilt... Und jetzt auch ewig lang das Kommentar hier zu schreiben (hey, noch ist kein Monat rum, seitdem ich es gelesen habe haha).
ich freu mich jedenfalls drauf, wenn es weitergeht :) Es ist spannend.
Ich mag vor allem die Charaktere sehr, da sie sehr gut getroffen sind und passen - naja und weil Lea und Isa und überhaupt *hachh <333*
Sehr spannend vor allem an vielen Punkten, aber... armer Axel T_T Man kann schön mitleiden...
Schreib bloss schnell weiter!

<3


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