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Teaching Me

von

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4. Kapitel
 

Minerva staunte nicht schlecht, als am Montagmorgen ihre zwei jüngsten Kollegen Hand in Hand in die große Halle geschwebt kamen. Da hatte sich über dieses Wochenende wohl doch etwas getan. Sie kannte Severus noch aus seiner Schulzeit, natürlich, sie war seine Lehrerin gewesen. Der Junge war damals wirklich still gewesen, nie aus pubertären Gründen auffällig geworden und noch nie hatte sie ihn so glücklich gesehen.

Und die kleine Miss Marsh sah sich mit blitzenden Augen in der Halle um, offensichtlich bereit alle ihre Schüler auf einmal zu umarmen.

Die beiden kamen an den Tisch und wie schon in den letzten beiden Tagen nahm Severus ein Rosinenbrötchen, schnitt es fast krankhaft akkurat auf und bestrich beide Hälften mit mehr Butter, als es eigentlich nötig gewesen wäre. Dann stellte er den Teller vor seine Nachbarin, nahm ihre Tasse, füllte Kaffee ein, goss einen Schluck Milch dazu und gab ihn ihr in die Hand.

Titine wurde knallrot, doch dann nahm sie sich eine Scheibe Weißbrot, strich zart ein wenig Margarine darauf und belegte es geradezu künstlerisch mit geräuchertem Schinken.

-Fehlte nur noch die Petersilie und das Brot könnte aus einer Muggelwerbung kommen, dachte Minerva sich grinsend, während sie sich hinter ihrer Tasse Tee verschanzte und beobachtete, wie Titine Severus auch noch Kaffee eingoss, dem der mittels Zauber fast zu sirupartiger Konsistenz verhalf.

Das war ja fast ekelhaft süß und so gar nicht, wie sie Severus erwartet hatte. Gut, sie hatte auch nicht daran geglaubt, Severus je mit einem Mädchen oder eher einer festen Freundin zu sehen, dazu war er augenscheinlich zu sehr vom Typen Junggesellen.
 

Titine fühlte sich wie eine übergroße, schwebende Seifenblase, während sie den Weg zu ihrem Klassenzimmer einschlug, so glücklich und beflügelt war sie.

Ungefähr alle hatten ihnen mit offenen Mündern nachgestarrt, als sie die Halle betreten hatten, Händchenhaltend, dicht aneinander geschmiegt, fast nur Augen füreinander habend.

Jetzt war sie, nach einer kleinen Knutscherei in einer Ecke ohne Portraits am Treppenabsatz Richtung Kerker in ihrem Klassenzimmer angekommen, sie öffnete die Fenster, freute sich über die frische Maisonne und seufzte.

Die erste Klasse kam nach und nach hereingeschneit.

Als alle saßen, meldete sich ein kleines Hufflepuffmädchen und fragte ganz ungeniert:

„Sind Sie wirklich mit der Fledermaus zusammen?“

Ihre Körperhaltung versteifte sich und sie zwang sich zu einem Lächeln.

„Ja, so könnte man es auch sagen, aber Professor Snape ist sicher keine Fledermaus, er ist ein Mensch, so wie du und ich. Womit wir beim heutigen Thema wären.“, sie grinste breit, das war schon eher ihr Ding.

„Wie wir ja letzte Woche erfahren haben, steht in der Bibel, Gott habe die Welt in sieben Tagen erschaffen. Wer weiß noch, was er am sechsten Tag schuf?“

Ein paar Finger zeigten vorsichtig auf.

„Ja, äh… Jefferson?“

„Den Menschen?“

„Richtig. So, wir wurden also einen Tag vor dem Ruhetag Gottes geschaffen, vor dem Sabbat. Wir Menschen sollen uns als ein Ebenbild Gottes verstehen. Nur eben nicht als Gott. Ich weiß, euch trichtert man das Gegenteil ein, dass wir dächten, dass wir Götter auf Erden sind, doch um es klar auszudrücken: Gott steht für gläubige Menschen immer noch über allem anderen.“

Die Klasse hörte gespannt zu, amüsierte sich offensichtlich über die Altertümliche Denkweise der Muggel und Titine stellte fest, dass sie es hier wohl nie mit großen Theologen zu tun haben würde. Das war zwar nicht weiter schlimm, sie wollte auch nicht missionieren, aber sie wünschte sich manchmal, dass da mehr Bereitschaft wäre, sich wenigstens ein bisschen auf die Denkweise einzulassen.

Auch hatte sie bemerkt, dass viele ihrer magisch begabten Kollegen sie ein bisschen abfällig musterten, wenn sie mit Sibyll Trelawney über ihre fachlichen Gemeinsamkeiten sprach. Die junge Frau war ihr sympathisch, sie hatte sich auch aus Überzeugung für ein geradezu geächtetes Fach entschieden und sie war wenigstens ein bisschen interessiert am Glauben der Muggel.

Severus machte sich zwar offensichtlich stark für sie, doch das hielt die meisten nicht davon ab, zu behaupten, Titine verdürbe die Kinder mit ihrem Religionsquatsch.

Das Gegenteil war der Fall. Sie leistete lediglich Aufklärung darüber, dass Muggel nicht mehr die von Furcht geprägten, gewaltsamen Kreaturen waren, die im Mittelalter ‚Hexen‘ öffentlich verbrannt hatten.
 

Sie musste wieder an diese Diffamierung, die vor allem von Seiten des Muggelkundelehrers Quirrell zu kommen schienen, denken, als sie etwa drei Wochen später in ihrer Lieblingskneipe saß, um sich herum ein paar gute Freunde.

Rick, ihr bester Kumpel, feierte seine Hochzeit mit Mona, und das schien gerade in ein mittleres Besäufnis abzudriften. Um Unfällen vorzubeugen, hatte sie Severus gebeten, im Schloss zu bleiben. Sie fürchtete, dass ihre Freunde die Nachricht eines Zaubernden Kerls an ihrer Seite vielleicht weniger bereitwillig aufnahmen, als sie selbst es tat.

Sie zündete sich eine Zigarette an, paffte zwei Züge und lauschte den umliegenden Gesprächen. Emmy und Catie neben ihr unterhielten sich gerade über die neuesten Aktivitäten ihrer aller Lieblingsfeindin Felicia, die sich, seit sie Titine damals den ersten Freund ausgespannt hatte, zu einer Art Dorfmatratze entwickelt hatte. Mittlerweile hatte sie fast alle nicht vergebenen (und etwa die Hälfte der vergebenen) Jungs durchprobiert und versuchte sich jetzt als Ehezerstörerin.

Titine hörte nur mit halbem Ohr zu, sie hatte es aufgegeben, Felicia zu hassen, das Mädchen hatte die Ignoranz mehr verdient als alles andere.

Sie hatte ihr nicht nur Christopher ausgespannt und ihn dann fallen lassen wie eine heiße Kartoffel, nein, danach waren die Hetzerein gekommen.

Dass Titine lesbisch wäre, dass sie es mit allen Mädchen trieb, die sie ließen (mit ihr natürlich nur nicht, weil sie sich vehement geweigert hatte) und einige perverse Praktiken draufhatte, von denen Titine noch nie gehört hatte.

Der übliche Dorfklatsch eben.

Ah, wenn man vom Teufel redete. Da kam Felicia gerade zur Tür reinspaziert, mit entsetzlicher Dauerwelle und Zigarettenspitze in der Hand.

„Guten Aaaaaaabend, meine Lieben!“, dröhnte sie und Titine wünschte sich gerade weit, weit weg.

Am besten wieder ins Schloss, wo Severus wohl seit Stunden auf sie wartete.

Sie ließ sich genau gegenüber von Titine elegant in einen der abscheulich gemusterten Stühle sinken, taxierte Titine mit erwartendem Blick.

„Aha, sind wir auch wieder im Lande, Tittie.“

„Ja. Hallo, Felicia.“

„Nicht so gesprächig heute Abend? Hab gehört, die Testamentseröffnung war ne riesen Party?“

Titine hielt an sich. Nicht aufregen, nicht nachdem der Abend so friedlich verlaufen war.

„Ja.“

„Muss schon scheiße sein, wenn man als 24-Jähriges Waisenkind nicht mal ohne zu heulen in die Eröffnung gehen kann.“

Emily rechts von ihr stand auf. Die Augen der Polizistin glitzerten gefährlich.

„Halt einfach dein blödes Schandmaul, Felice.“

Auch Felicia erhob sich.

„Aha, bist du also die neue Flamme, mein kleines Polizeihündchen?“

Titine schloss die Augen, wünschte sich immer mehr in Severus‘ Gemächer. Wütend drückte sie die Zigarette aus, stand auf, nahm ihren Blazer vom Stuhl, griff nach ihrer Handtasche. Die allerdings rutschte ihr aus den Händen.

„Oh, warte, Schätzchen, ich heb sie für dich auf.“, bot Felicia sich gehässig an und schnappte sie Titine vor der Nase weg.

„Na, mal sehen. Oha, Kondome. Tse, biste doch erwachsen geworden“, sie holte zwei eingetütete Präservative aus der Tasche.

Titine zwang sich, tief durchzuatmen.

Die hatte sie zwar wirklich erst seit ein paar Tagen eingesteckt, seit eben eine Art Benutzungsmöglichkeit bestand, aber trotzdem.

„Hm… Ach, ein Bild. Lass uns mal sehen“, sie zog das Foto aus Titines Geldbeutel, den sie gerade inspizierte. Und Titine wurde schneeweiß.

Sie hatte zwei Bilder darin und eins war von…

„Gott, nein, ist DER hässlich!“, kreischte Felicia auf einmal los, „Gott, schaut euch den Penner mal an. Den würd ich nicht mal mit der Beißzange anfassen, was meint ihr?“

Genau das hatte sie befürchtet. Das Bild, das Severus ihr geschenkt hatte. Es war kein Bewerbungsbild, einfach eines, das Lily wohl vor ein paar Jahren mit einer Muggelkamera geschossen hatte.

Noch immer zwang Titine sich zur Ruhe.

„Ja. Das hoffe ich doch. Gib es mir wieder.“

„Wie heißt er denn? Wie habt ihr euch denn kennengelernt? Na los, Tinchen, pack mal aus.“

Doch statt auch nur ein Wort zu sagen, packte Titine Felicias Handgelenk und riss ihr das Foto aus der Hand. Zumindest die Hälfte davon.

Die andere Hälfte befand sich noch immer zwischen zwei knallrot lackierten Fingernägeln.

Und mit dem Bild riss auch ihr Geduldsfaden.

„Es geht dich einen Scheißdreck an, wer das ist. Weißt du, ich komme hierher, um mit meinen Freunden zu reden, nicht um mir von dir Flohbeutel Beleidigungen anzuhören. Gib mir meine neunmalverfluchte Tasche zurück oder ich brech dir beide Hände.“

„Aber, aber… wer wird denn gleich böse sein. Es war nur eine Frage und es tut mir ja auch leid, dass das Bild deines Herzblattes was abbekommen hat. Na, ist das einer der bescheuerten Freunde deiner kranken Cousine?“

„Meine Cousine ist nicht krank, und jetzt lass die Tasche los.“

Titine hechtete nach vorn, doch Felicia hielt Tasche und Foto in eine Höhe, in der Titine sie unmöglich erreichen konnte.

„Achja, ich hab übrigens gesehen, dass du endlich wieder ein Auto hast. Das Ding hätte eigentlich mit deinem Vater im Krematorium landen müssen, du hast sowas überhaupt nicht verdient.“

Emmy schritt ein, schlug Felicia mit der flachen Hand ins Gesicht und entriss ihr die Tasche und den Fetzen des Fotos.

„Ich glaube, du gehst jetzt besser.“, meinte sie einfach nur und winkte der Barfrau, die eigentlich nur auf ein Zeichen gewartet hatte. Carla kannte Titine schon ewig und hatte es kaum mit ansehen können, wie sie vor allen hier bloßgestellt wurde.

Sie packte Felicia an den Armen und bugsierte sie vor die Tür, sprach ein Hausverbot aus und drückte Titine anschließend einen Schnaps in die Hand.

Titine jedoch zitterte einfach nur, sodass der halbe Schnaps auf ihre Hände tropfte, als sie ihn sich mit einem Ruck in den Mund goss.

Das heiße Gefühl, dass ihre Kehle nun durchfloss beruhigte sie nicht im Geringsten, es trug nur dazu bei, dass sie die Tränen noch weniger zurückhalten konnte.

Emmy nahm sie in den Arm.

„Komm schon. Setz dich. Wir sind alle da.“

Sie ließ sich kommentarlos auf ihren Platz ziehen und bestellte sich bei Carla noch einen Kaffee.

„Sie ist und bleibt ein Miststück“, merkte Rick an, der nur das Ende der Aktion mitbekommen hatte und sich gerade von Emmy auf den neuesten Stand bringen ließ. Catie schlang einen Arm um Titines Schulter und drückte sie an sich.

„Ich find ihn eigentlich ganz süß“, flüsterte sie ihr zu, während sie mit einer Hand die beiden Hälften des Fotos aneinander puzzelte.

Das brachte Titine sogar halb zum Lächeln.

„Danke.“

„Aber hey, sag mal, was ist jetzt eigentlich mit eurem Haus? Ziehst du ein oder willst du es verkaufen?“

Titine schluckte, doch ihr Lächeln riss nicht ab.

„Ich denke, ich werde in den Sommerferien einziehen. Aber versprechen kann ich nichts. Immerhin hab ich keine Ahnung, ob ich als Lehrerin in einem Internat überhaupt auswärts wohnen darf. Ich wüsste von keinem anderen, der es täte.“

„Gefällt es dir da?“

Sie lachte.

„Ja, sehr.“

„Gut, okay, du hast da ja auch jemanden, zu dem du dich verkriechen kannst, wenn der Schuh wieder mal drückt. Komm, nimm eine von meinen“, grinste sie, als sie beobachtete, wie Titine verzweifelt in ihrem leeren Zigarettenpäckchen nach einer Kippe suchte.

„Magst du mir nicht wenigstens sagen, wie er heißt?“

Titine nahm einen tiefen Zug.

„Severus“, sie pustete aus, „Severus Snape.“

„Cooler Name“, lachte Catie auf, „Aber Titine Marsh-Snape klingt weit besser als Titine Marsh-Campbell.“

„Mach den armen Christopher nicht fertig, nur weil er heißt, wie eine Dosensuppe.“, sie lachte und Chris, der die ganze Zeit mit den anderen Jungs Billard gespielt hatte, sah auf und raunzte etwas davon, dass sein Name aber untrennbar mit den großen Kunstwerken von Andy Warhol verknüpft war.

Titine bekam ihren Kaffee und auch ein bisschen Tesafilm, damit sie das Foto wieder einigermaßen richten konnte.
 

Severus saß auf glühenden Kohlen. Natürlich hatte Titine ihn vorgewarnt, dass es spät werden würde, immerhin war die standesamtliche Hochzeit eines guten Freundes gefeiert worden, aber dennoch: er vermisste seine kleine nicht-Hexe entsetzlich.

Allerdings verstand er auch, dass sie ihn nicht mitgenommen hatte, er wäre wahrscheinlich wirklich aufgefallen. Allein seine Ausdrucksweise unterschied sich so drastisch von der Titines, dass er sich gar nicht vorstellen mochte, wie es in einer reinen Muggelgesellschaft geendet wäre.

Er hatte sich stattdessen ein paar von Titines Aufsätzen vorgenommen, wenigstens die groben Fehler zu verbessern. Es war wirklich aufschlussreich, nichts, was ihn wirklich reizte, aber offensichtlich hörten ihr die Schüler besser zu als ihm.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es fast halb zwei in der Nacht war.

Er hoffte inständig, dass ihr nichts passiert war, sie war heute zum ersten Mal mit ihrem Auto unterwegs gewesen.

Er gab neidlos zu, dass dieses Auto alles toppte, was er bis dahin an Muggelfortbewegungstechnik gesehen hatte. Ein eleganter schwarzer Sportwagen der fünfziger Jahre, mit der edelsten Ausstattung, die man wohl für Geld hatte kaufen können: Ledersitze (cremefarben), Echtholzarmaturen und sogar ein Kassettenradio, das offensichtlich nachträglich eingebaut worden war.

Severus war bei der Testamentseröffnung dabei gewesen, weil er gefürchtet hatte, Titine würde die Sache nicht heil überstehen. Sie war den ganzen Morgen lang in sinnlosen Runden durch sein Wohnzimmer getigert, hatte sich mehrfach übergeben. Er war kurz davor gewesen, sie wieder ins Bett zu stecken und sie von der Sache zu verschonen, aber dann hatte sie irgendwie doch die Kurve gekratzt und sie waren hingegangen.

Der Notar hatte Titine in den Arm genommen, als er sie entdeckt hatte, hatte ihr einen Sekt in die Hand gedrückt und eine Zigarette mit ihr geraucht.

Dann war es losgegangen.

Im Prinzip war Titine die Alleinerbin gewesen, was einer knochendürren Frau mit unfassbar fettem Mann offensichtlich übel aufgestoßen war. Petunia Dursley, ganz offensichtlich.

Draußen hatte Lily auf ihre Cousine gewartet, sie in die Arme geschlossen, gedrückt und ihr immer wieder beruhigend über den Rücken gestrichen, dabei etwas von ‚Es ist vorbei, jetzt kannst du loslassen‘ gemurmelt und Severus zunächst nicht bemerkt.

Erst als Titine sich von ihr gelöst und sich in seine Arme geflüchtet hatte, sah seine alte Freundin auf.

„Severus!“, hatte sie nur ausgerufen, war auf ihn zugerannt und erst dann war ihr anscheinend aufgefallen, dass ihr bester Freund gerade ihre Cousine besorgt und unendlich verliebt ansah.

„Also hatte Sirius Recht.“, war ihr einziger Kommentar gewesen, ehe sie sich ihren Bauch gehalten und sich für einen Moment entschuldigt hatte.
 

Severus sah auf, beäugte seine Freundin, die gerade eben zur Tür hereingekommen war.

„War’s schön?“, fragte er lächelnd, ehe er die Aufsätze zur Seite legte und die Arme nach ihr ausstreckte.

Titine setzte sich auf seinen Schoß, ließ sich umarmen, doch sie sagte keinen Ton.

„Was ist?“, er war verwirrt, normalerweise war sie gesprächig wie ein Wasserfall, wenn sie von ihren Muggelfreunden kam.

„Nichts.“, murmelte sie und kuschelte sich tiefer in Severus‘ Hemd.

„Lüg nicht, meine Kleine“, erinnerte er sie sanft an seine Bedingung, ihm alles zu erzählen, was sie bedrückte.

„Na ja, es war schön. Bis etwa um zwölf.“

„Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen…“, jammerte Severus ein bisschen, während er ihre vom Wind zerzausten Haare ein wenig richtete.

„Eine alte… na ja, eine Freundin war sie noch nie wirklich, aber sie ist aufgetaucht. Hat mich ein bisschen geärgert.“

Titine wollte offensichtlich nicht reden.

„Darf ich es mir anschauen?“, fragte Severus, nahm ihr Gesicht in beide Hände.

„Ja, mach.“

Er drang in ihren Geist ein und besah die Szene mit Ekel.

„Was für eine ist das denn bitte?!“, begehrte er erst auf, dann fiel ihm ein Bild ein und er musste gegen seinen Willen grinsen, „Hast du wirklich Kondome in der Handtasche?“

Titine wurde feuerrot.

„Ja! Herrgott, man will ja vorbereitet sein! Nicht… nicht, dass du denkst…“, sie sah ein bisschen verschämt zu ihm auf.

Er lächelte sie breit an.

„Liebes, wenn du nicht darüber nachdenkst, mach ich es für dich. Und glaub mir, reichlich.“
 

„Du… du… du würdest wirklich…?“, Titine schämte sich selbst für ihr Gestammel. Dieses Gespräch führte sie nicht zum ersten Mal. Nur eben zum ersten Mal mit Severus.

Und Severus hatte ihr vor einer Woche gestanden, dass sie seine erste Frau sein würde.

„Natürlich, Dummchen! Glaubst du, nur weil ich schüchtern bin, hab ich keine Ideen, oder was?“

„Du hast immer von dir behauptet, so unschuldig wie ein fünfjähriges Kind zu sein, jedenfalls bevor du mich kennengelernt hast.“

„War ich auch, aber mittlerweile ist das ein bisschen langweilig geworden, vor allem, seit ich eine so unfassbar schöne Muse für meine Fantasien habe. Du inspirierst mich, Schöne.“

Ohgott, Titine war wieder kurz davor, ihm alle Klamotten vom Leib zu reißen, so sehr wünschte sie sich mehr.

Severus allerdings hielt ihre Hände fest, legte sie um seinen Hals und nahm sie hoch.

„Alles weitere dann eben im Schlafzimmer.“, grinste er und trug sie hin, legte sie unendlich vorsichtig auf dem Bett ab, wie er es fast jeden Abend seither getan hatte, kniete sich über sie und begann, sie sanft zu küssen.

Natürlich hatte auch er sich schon oft genug vorgestellt, wie es weitergehen könnte, kniffe er nicht jedes Mal den Schwanz ein. Nachts fuhr er aus Träumen hoch, die er noch nie auch nur in annähernder Form gekannt hatte, bemerkte die viel zu feuchte Stelle an seiner Unterhose und wechselte sie leise fluchend.

Er wollte sie so sehr, er begehrte sie mit jeder Faser seines Körpers. Jeden Tag, an dem er sie einfach nur ansah, mehr.

Titine unter ihm seufzte leise auf, legte den Kopf in den Nacken und präsentierte ihren sahneweißen Hals.

Er leckte zuerst über die Stelle zwischen Schulter und Hals, ehe er zart daran zu saugen begann. Es war ziemlich sicher eine verdammt kindische Aktion, doch er wollte, dass man sah, dass Titine allein ihm gehörte.

Erst, als sie sich unter ihm kurz verspannte, ließ er von ihrem Hals ab, stolz, einen fast dunkelblauen, runden Fleck an der Stelle hinterlassen zu haben.

Doch schämte er sich, Titine auch nur ein wenig wehgetan zu haben. Titine allerdings ließ ein geradezu irrwitziges Grinsen über ihr Gesicht gleiten, ehe sie kurz und heftig an seiner rechten Brustwarze zog.

„Argh!“, Severus hielt sich halb lachend, halb stöhnend die Brust, ehe er sie weiter küsste, sanft, intensiv.
 

Titine richtete sich nach einer Minute langsam wieder auf.

„Danke.“, flüsterte sie, küsste Severus sanft auf den sich rasch auf- und abbewegenden Rücken.

Er hatte ihr etwas geschenkt, was sie ihm niemals würde geben können. Severus hatte ihr seine Unschuld geopfert und sie hatte gesehen, dass er geweint hatte, kurz nachdem er in ihr Erlösung gefunden hatte. Noch immer schienen die Tränen nicht versiegt zu sein.

„Schau mich an.“, bat sie leise. Gerade einmal sah sie die Schwächen des Mannes, der sie so bereitwillig aufgefangen hatte und sie wollte ihm die Sicherheit geben, die sie von ihm immer bekam.

Er sah auf.
 

Severus war glücklich. Und ihm war unfassbar peinlich, dass es für Titine offensichtlich ein allzu kurzer Spaß gewesen sein musste. Immerhin war sie die Erste gewesen, die überhaupt jemals solche Gefühle in ihm geweckt hatte.

Doch jetzt… sah sie ihn vollkommen glücklich an, schloss ihn in die Arme, strich mit ihren Fingerspitzen über seinen Rücken, seine Seite, seine Arme, Beine, schließlich seine Lippen.

„Ich liebe dich.“, rutschte ihm dann, in ihre Haare genuschelt, heraus.

Sie stockte, nahm sein Gesicht in ihre Hände und lächelte einfach nur.

„Ich dich auch.“
 

Titine drückte ab, der Knall ließ sie schon lange nicht mehr zusammenzucken. Andie neben ihr deutete einen kleinen Applaus an. Sie standen zu fünft im Schießstand, ihre eigenen kleinen Herumtreiber und sie, und schossen für den Wettkampf vor.

Keiner von ihnen war angetan vom eigentlichen Heimkampfdatum:

Sonntag morgen um 10.

Nicht nur, dass jeder gewonnene Heimkampf in einer entsetzlichen Schnapsorgie endete (was den Sonntag somit hinfällig machte), nein, sie hatte Severus versprochen, ihm bei seinen Unterrichtsvorbereitungen zu helfen (was wohl das Zerkleinern von glitschigen kleinen Mistviechern, Flubberwürmern, beinhaltete) und festgestellt, dass drei Sätze Klassenarbeiten unkorrigiert auf ihrem Schreibtisch versauerten.

Also, die Schnapsorgie auf Donnerstag verlegt und Daumen drücken, dass man nicht in den Klassensaal kotzte.

-Was ihr leider schon mal passiert war, wenn auch wirklich unbeabsichtigt, und nur aufgrund der Tatsache, dass eines der Kinder ein Fleischwurstbrötchen aus seiner Brotdose befreit hatte.

Andies Applaus war wohl berechtigt gewesen, denn sie verließ den Schießstand auf den Händen ihrer Schützenbrüder. 362, sie hatte Georges Rekord um zwei Punkte eingestellt.

Und Imelda, die grinsend hinter der Theke stand, füllte bereits zwei Schnaps für jeden ein und brachte sie an den Tisch, an dem gerade keine Schafkopfduelle stattfanden.

„Prost!“, Titine hielt ein Glas hoch, wartete auf ihre Mitstreiter und kippte beide Schnäpse innerhalb kürzester Zeit.

Früher hätte sie den zweiten wohl nicht herunterbekommen, doch jetzt… -sie trank wohl für ihr Alter und ihre Herkunft immer noch wenig, aber immerhin kam sie jetzt auf mehr als drei Bier, bevor sie begann, auf Tischen zu tanzen und sich ihrer Bluse zu entledigen.

Andie, George, Dan und Theo taten es ihr gleich, verzogen, wie sie auch, die Gesichter und schüttelten sich.

„So, Tinchen. Jetzt mal ans Eingemachte“, Theo nahm sie in den Arm, „Was ist dein Geheimnis? Du trainierst schon seit Jahren nicht mehr so häufig wie früher und stellst trotzdem Georgies Rekord ein, der alle zwei Tage hier unten steht? –Wie heißt der Junge?“

George grinste ebenfalls.

„Los, Tintin!“

Sie spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen, wartete, bis Imelda ihr ein Ale vor die Nase stellte, nahm einen Schluck und schaute in die Runde, die sich schlagartig um die Schafkopfrunde ergänzt hatte.

„Hm“, sie grinste wieder breit, „Er heißt Sev.“

„Jaaaaaah?“

„Er heißt Sev und ist Referendar an meiner Schule.“, grinste sie weiter und trank das halbe Bier auf Ex.

„Und er kommt nächste Woche mit?“, ergänzte Andie erwartungsvoll.

„Naaaaa ja, das seh‘n wir mal“, grinste Titine weiter.
 

Severus lachte sich halb tot, als Titine ihm gestand, dass sie das Auto hatte stehen lassen müssen.

„Du bist wirklich betrunken, oder?“, fragte er zwischen zwei durchaus verlangenden Küssen.

„Jap. Und jetzt hör endlich auf zu quatschen und zu lachen, ich hab was anderes mit dir vor.“

„Nein, halt. Ich schlafe nicht mit betrunkenen Frauen. Die wissen hinterher nicht mehr, wie gut es war.“, er grinste und drückte sie fester an sich, „außerdem bin ich nicht gewillt, dass du mir vor lauter Alkohol und Aufregung noch irgendwie ins Bett reiherst.“

Titine musste lachen. Severus war ganz schön aufgetaut in den drei Monaten, die sie jetzt zusammen waren. Morgen war der letzte Schultag und sie freute sich schon darauf, die Kinder endlich in die Sommerferien entlassen zu können, mit dem guten Gefühl, dem Schlangenhaus (sie hatte immer noch keinen Dunst, wie man das aussprach, geschweige denn schrieb) den Hauspokal zu überreichen.

Severus hatte ihr versprochen, zu ihr zu ziehen, wenigstens für die Ferien, was danach war, musste erst mit Albus besprochen werden.

Doch ihr reichte das Zugeständnis, Severus sechs Wochen lang für sich allein beanspruchen zu können, ohne dass der in langen schwarzen Roben und mit eingefetteten Haaren durch die Gänge streifte wie eine übergroße schwarze Fledermaus oder jeden Abend erst eine halbe Stunde brauchte, bevor er sich wieder ansprechbar und soweit entspannt fühlte, sie nicht anzuschnauzen.
 

Jetzt nahm er sie in den Arm, küsste sie auf die Stirn und stieg dann in ihren Wagen. Sie startete den Motor, ließ ihn kurz röhren, was die Schüler um sie herum zum Johlen brachte. Titine hatte sich bei den Schülern einen fabelhaften Ruf erschlichen, den nicht einmal Quirrell ihr irgendwie verleiden konnte. Der Spinner erzählte jedem, der es hören wollte oder eben auch nicht, dass die Muggellehrer, und allen voran Titine Marsh, die Kinder verderben würden mit ihrem hirnlosen, nicht-magischen Gequatsche.

Dumbledore hatte alles versucht, die Verleumdungen, die lediglich von Minerva, Sibyll und ihm bestritten wurden, einzudämmen, doch es hatte nicht funktioniert.

Das traurige daran war, dass bereits zwei der Muggel gekündigt hatten. Fristlos.

Leider auch der Mathematiker, Peter, mit dem Severus sich gut verstanden hatte und der auch eine nette, konsequent logische Alternative zu Titines und auch Melindas aufbrausendem Wesen war. Und auch Mr. Tate hatte seinen Hut genommen, nachdem Quirrell eine seiner Ausführungen über Shakespeare in seinem Unterricht lächerlich gemacht hatte.

Ja, Quirrell hatte mittlerweile die gesamte Schülerschaft gegen sich und auch die Lehrer waren, so sie auch nicht viel von Muggelfächern hielten, nicht angetan von der Verhaltensweise des Lehrers, der sich eigentlich am besten mit den Denkweisen der Muggel auskennen müsste.

Titine hatte ihn bei einem Abendessen sogar ziemlich gut vernehmbar für die gesamte Halle angeschrieen, dass er ein ‚beschissener Nazi‘ sei und sich ‚in seinen verfickten Bunker‘ verziehen solle.

Dörfische Erziehung eben, schloss Severus aus der Wortwahl und hatte, widerwillig, begonnen zu lachen.

Was ihm einen wirklich großen, schmerzhaften blauen Fleck eingehandelt hatte.

Und eine wirklich große, peinliche Entschuldigung bei seiner Freundin, die sich geweigert hatte, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
 

Jetzt freute er sich einfach auf die Ferien, zwei herrliche Monate in Freiheit, mit Titine und anscheinend mehr Muggelkontakt als in den letzten zehn Jahren zusammen. Von dem Herumtreiber-Kontakt, den Titine ihm schon angedroht hatte, ganz zu schweigen. Lily stand kurz vor der Geburt ihres ersten Sohnes und Titine war schon bevor der Bengel das Licht der Welt erblickte zur Patin ernannt worden.

Wie er feststellte, war sie, wie auch Sirius, Trauzeugin der Beiden gewesen. Offensichtlich ein Versuch von Lily und James, die beiden miteinander zu verkuppeln. Gottseidank hatte der eitle Pfau eine größere Schwäche für einen vollkommen blauäugigen Werwolf entwickelt.

„So, hast du eigentlich schon eingerichtet?“, fragte Severus jetzt, als Titine ihren heißgeliebten Mercedes in der Garage ihres Elternhauses abgestellt hatte.

„Na ja… ich glaube, ich war nicht mehr drin, seit meine Eltern gestorben sind. Also… na, doch, einmal war ich noch da. Hab den Kühlschrank ausgeräumt. Nicht, dass wir da drinnen gleich von einer Horde mutierter Fliegenmaden überfallen werden.“, sie grinste.

Doch Severus konnte sie nicht mehr täuschen. Er wusste ziemlich genau, was sie dachte. Eigentlich hätte sie am liebsten alle Möbel da drinnen verbrannt und die Bilder gleich mit, nur um sie nicht immer und immer wieder sehen zu müssen, die ihr fast das Herz brachen.

Außerdem hatte Severus mit Lily gesprochen, als Titine gerade einmal wieder einen Wochenendausflug auf den Fußballplatz unternommen hatte. Lily hatte alles geklärt, die Möbel magisch einlagern lassen, außer der Küche, und neue besorgt. Eine Art vorgezogenes Weihnachts- und Geburtstagsgeschenk.

Titine schloss die Tür auf und Severus sah, dass ihre Hand dabei übermäßig zitterte.

„Komm mal her“, flüsterte er und drehte sie so, dass sie ihm in die Augen schauen musste.

Dann schloss er sie fest in die Arme und küsste sie sanft.

„Es kann nichts passieren. Da drinnen geht jetzt ein neues Leben los. Unseres. Wir werden hier drin glücklich werden und vielleicht auch bald deine Muggel- und die Zauberer-Freunde beherbergen. Es wird toll, das versprech ich dir.“, lächelte er ihr zu und drückte sie noch einmal fest an sich, ehe er selbst den Schlüssel ein letztes Mal herumdrehte und die Tür aufschwang.

„Titine… ich denke, du solltest dir das hier mal anschauen.“, flüsterte Severus, während er Titine mit sanfter Gewalt über die Schwelle schob.

Und sie sah auf.

Was dazu führte, dass sie in Tränen ausbrach.

„Woher…?“

„Lily. Sie hat das hier organisiert, mit Sirius und Lupin zusammen.“

„Du hast das gewusst?“

„Natürlich. Deine Cousine hat mich über deinen Geschmack ausgequetscht. Wohl um mich zu testen. Ich lag nicht schlecht.“

Okay, er hatte wohl an eine weniger barock wirkende Wohnung gedacht, aber Lily kannte seine Titine wohl länger und sicher auch besser als er.

Seine Freundin schüttelte einfach nur den Kopf, lachend.

„Danke.“, sie meinte es ehrlich.

„Für dich immer.“
 


 

Das Telefon läutete. Severus stand auf, sie war so unendlich froh, dass er wusste, was man mit einem Telefon anzustellen hatte. Nicht wie Sirius, der erst einmal hemmungslos in den Hörer gebrüllt hatte oder Remus, der das Ding solange verhext hatte, bis lediglich ein Klumpen schmorenden Plastiks zurückgeblieben war.

„Bei Marsh?“, meldete er sich. Snape hätte wohl für zu viel Verwirrung gesorgt.

-Auch wenn das halbe Dorf schon unangemeldet (und ziemlich unpassend) bei ihnen eingefallen war, weil Titine für zwei eingekauft hatte.

„Ja? Warte, ich geb dir Tintin. Komm mal, das ist Lily.“

Sofort war Titine auf den Beinen.

„Duuuuuu bist Patentante!“, brüllte es ihr am anderen Ende des Hörers entgegen.

„Und duuuuu musst jetzt Geschenke rüberwachsen lassen!“, brüllte James gleich hinterher.

Offensichtlich hatte Sirius die beiden nach Hause gefahren denn er und Remus lallten auch irgendwas unverständliches in ihr Ohr, ehe sie auflegte.

Sie seufzte.

„Dann bin ich jetzt wohl Patentante. Ich weiß nicht mal, wie der Junge heißt!“

Severus lachte, er hatte mittels kleinem Zauber mitgehört.

„Ich vermute, mit Zweitnamen James. Wie hieß dein Vater mit Vornamen?“

„Horace.“

„Und der von Lily?“

„Harold?“

„Dann vermute ich, dass wir einen Erdenbürger mit Namen Harry James Potter haben?“

Titine runzelte die Stirn.

„Woher zum Henker weißt du das jetzt schon wieder?“

„Von deiner Cousine natürlich.“

„Jah… okay. Ich glaub, ich muss was trinken.“



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