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Tribal Soul

Das Tor zu deinen Träumen
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Boah. Unfassbar. Ich bin zurück (hoffe ich!)... >____<
Ich hab echt die schlimmste Schreibkrise meines Lebens hinter mehr. Ziemlich genau ein Jahr lang habe ich einfach nichts Vernünftiges mehr aufs Papier gebracht! :O Wahnsinn...
Jedes Mal, wenn ich meine Datei geöffnet habe, konnte ich nur ein paar Sekunden auf den blinkenden Strich gucken, ehe ich alles wieder aus Lustlosigkeit wieder schloss. Lese konnte ich auch überhaupt nichts. Animexx allgemein hatte mich so Null interessiert.
Heftig. Und mega nervig... :(

Jedenfalls hab ich in den letzten Tagen wieder zwei Kapitel schreiben können. Und ich hoffe sehr, dass diese Phase diesmal wieder länger anhält!
Mal schauen. Versuche mal monatlich upzudaten. Keine Ahnung, ob das was wird. Seufz.

Falls noch irgendwer hier sein sollte (*Staub von der Fic pust*), wünsche ich viel Spaß beim Lesen!
Und nochmal Danke für eure Unterstützung (und Sorry, wenn ich nicht jedem Kommentar gerecht geworden bin...)!
Liebe Grüße, Mary Komplett anzeigen

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Aura

Mia liebte das kleine Café genauso sehr, wie sie selbst. Genauso, wie Eyleen es bereits vermutet hatte, als sie das Fleckchen zum ersten Mal sah. Sie kannte ihre beste Freundin wohl einfach zu gut.

Nachdem auch Eyleen ihre letzte Vorlesung hinter sich gebracht hatte, hatten sie sich dort getroffen, wo Riley sie das letzte Mal hingebracht hatte. Natürlich war die Frage aufgekommen, wie sie denn dieses kleine, sehr gut versteckte Geschäft gefunden hatte, weil das doch weit ab ihrer üblichen Wege lag, aber mit der Ausrede eines ausgedehnten Spaziergangs und dem Belauschen des Gesprächs einiger Mädchen aus ihrem Jahrgang, war das Thema auch schnell vom Tisch gewesen.

Es war ein schöner Abend gewesen, an dem sie über alles und jeden geredet hatten. So viel Zeit hatten sie schon länger nicht miteinander verbracht und sie hatten beide gemerkt, dass es dafür definitiv wieder Zeit gewesen war.

 

Vor dem Schaufenster einer kleinen Modeboutique hielt sie inne. Der eine grüne Pullover, den die Schaufensterpuppe trug, gefiel ihr ausgesprochen gut. Wenn sie diesen Monat nicht schon so viel Geld für neue Kleidung ausgegeben hätte, hätte sie dem wahrscheinlich nicht widerstehen können. So blieb ihr aber nichts weiter übrig, als sich möglichst schnell abzuwenden, um nicht doch noch schwach zu werden.

Nach der einzigen Vorlesung an diesem Vormittag, hatte sie nun zwei Blöcke frei und beschlossen in der Zeit ein wenig durch die Stadt bummeln zu gehen. Zum Glück war die Stadtmitte nicht allzu weit von der Universität entfernt, sodass sich der Ausflug zeitlich lohnte. Ein wenig blöd war nur, dass Mia wegen ihrer gerade stattfindenden Kurse nicht mitkommen konnte. Aber auch alleine machte es so mehr Spaß, als die vier Stunden in einem Hörsaal abzusitzen und gelangweilt aus dem Fenster zu starren.

 

Der Regen hatte zum Glück über Nacht wieder aufgehört und nur eine dicke Wolkendecke zurückgelassen. Da aber kein Wind ging, waren die neun Grad auch mit einem dünneren Pullover gut aushaltbar. Außerdem war an einem Dienstagvormittag so herrlich wenig los in den Geschäften. Die Meisten waren schließlich arbeiten oder in der Schule. Die engen Straßen der Altstadt, die gesäumt von mehrstöckigen Häusern waren, die den unterschiedlichsten Arten von Einkaufsläden Unterschlupf boten, waren bis auf wenige Menschen wie leergefegt. Da konnte man endlich mal entspannt und in Ruhe ein bisschen bummeln.

Dennoch wusste Eyleen, dass etwas anders war, als sonst. Sie spürte es regelrecht in jeder Faser ihres Körpers. Sie achtete viel mehr auf ihre Mitmenschen, als sie es noch vor einiger Zeit getan hätte. Die Menschen waren für sie nicht mehr nur gesichtslose Gestalten, die zufällig neben ihr her gingen, sondern einzelne, unterschiedliche Individuen mit einer ausgeprägten Persönlichkeit, die sie mit jeder Geste zur Schau stellten. Ein bisschen merkwürdig fand sie es schon, andere Leute zu beobachten, aber irgendwie fühlte sie sich dabei wohler. Sie wollte einfach nicht mehr alle anderen ignorieren. Besonders seitdem sie wusste, dass jede Beobachtung am Ende vielleicht sogar Leben retten konnte…

 

 Das unangenehme Rumpeln in ihrem Magen holte sie wieder zurück auf den Boden der Tatsachen. Es war Mittagszeit und sie hatte an diesem Morgen noch nichts außer einer Banane gegessen. Wenn sie die restlichen zwei Vorlesungen überstehen wollte, hatte sie keine andere Wahl, als sich irgendwo in einem der kleinen Cafés und Imbissbuden etwas zu Essen zu organisieren.

Aber das würde nicht schwer fallen. Sie kannte diese kleine Pizza-Bude um die Ecke schon seit Jahren und für sie machten einfach die besten Pizzen der Stadt. Das wäre also eine super Anlaufstelle.

 

Luigis Pizzeria lag nur eine Straße weiter. Ein kleines Gebäude in dessen unterstem Stockwerk sich das Lokal befand, wie die übergroße Plastikpizza über dem Eingang schon von weitem verriet. Viel Platz war dort drinnen nicht, aber an schönen Tagen standen genug Tische und Stühle vor der Tür, um sich keine Sorgen um die Platzsuche machen zu müssen.

Doch an diesem Tag mit dem relativ schlechten Wetter, war es auch kein Problem einen der wenigen Tische im Innenbereich zu ergattern. Außer ihr waren bloß ein junges Pärchen und ein älterer Mann anwesend. Die anwesenden Angestellten schienen einen ziemlich gelangweilten Eindruck zu machen. Deshalb wunderte es sie auch nicht, dass der erste Mitarbeiter bereits an ihrem Tisch stand, als sie sich gerade hingesetzt hatte.

Schnell bestellte sie ein Getränk und ihre Lieblingspizza und lehnte sich entspannt in ihrem Stuhl zurück. Ihr Blick fiel auf die zahlreichen Gemälde von italienischen Landschaften, die die rauen Wände säumten und die Weinflaschen, die zur Dekoration auf Holzregalen standen. Die dunklen Möbel schufen einen starken Kontrast zu den weißen Wänden und der ebenfalls hell gestrichenen Decke. Der Duft von frischen Zutaten hing in der Luft, was Eyleens Magen nur noch stärker grummeln ließ. Doch sie war sich sicher, dass sie nicht lange warten würde, da sie anscheinend die einzige war, deren Bestellung noch offen war.

 

Genau in dem Moment betraten drei Mädchen das Lokal. Doch sie schienen keine Anstalten zu machen sich hinsetzen zu wollen, was Eyleen etwas verwunderte. Bei genauerem Hinsehen bemerkte sie, dass alle drei aufgeregt tuschelten und immer wieder einen Blick auf die Straße warfen. Selbst die eben noch gelangweilten Kellner hatten ihren Platz hinter der Theke verlassen und waren nach vorne an die Scheibe gegangen. Als selbst das Pärchen anfing immer wieder nach draußen zu schielen, übernahm das schlechte Gefühl in ihrem Magen die Oberhand und sie stand von ihrem Platz auf, um ebenfalls in den vorderen Bereich des Restaurants zu gehen und einen Blick zu riskieren.

In der Mitte des Raumes blieb sie stehen und es dauerte nicht lange, ehe sie das bemerkte, was die Anwesenden so beunruhigte. Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße standen zwei Männer, die sich lautstark anbrüllten. Selbst durch die geschlossene Eingangstür waren ihre Stimmen gut zu hören. Einer von ihnen, ein stämmiger Mann mit dichtem Bart, war bereits unnatürlich rot im Gesicht, was seine vor Wut verzogene Miene absolut angsteinflößend aussehen ließ.

 

Eine Gänsehaut bildete sich auf Eyleens Armen, als der Streit zu eskalieren schien. Plötzlich flogen die Fäuste und noch ehe sie begreifen konnte, was genau passierte, zerriss ein lauter Knall die Luft. Danach geschah alles wie in Zeitlupe. Der schmächtige, junge Mann brach in sich zusammen, während der Bärtige sich umdrehte und in der nächsten Häuserschlucht verschwand.

„Oh mein Gott! Er hat ihn erschossen!“, schrie jemand und eine weibliche Stimme schrie entsetzt auf.

„Ruft die Polizei!“

 

Doch Eyleen konnte nichts tun. Ihr Körper war wie gelähmt. Ihr Blick lag noch immer auf der reglosen Gestalt auf der anderen Straßenseite, unter der sich langsam eine dunkle Pfütze zu bilden schien. Erst als sich eine Menschentraube um die Leiche versammelt hatte und ihr Blickkontakt zu ihm abbrach, schien sie ihre Beine wieder spüren zu können.

Mechanisch und immer noch am ganzen Körper zitternd, ging sie zurück zu ihrem Platz. Vorbei an dem Pärchen, dass sich weinend in den Armen lag. Sie hatte also soeben ihre erste Leiche gesehen.

Doch was noch viel schlimmer war, als dieser grausige Mord auf offener Straße, war das gewesen, was niemand außer ihr hatte sehen können. Dieser schwarze Schatten, der die Gestalt des Mörders umgeben hatte. Diese blutroten, leeren Augen…

 

„Das ist es, wozu diese Dinger uns treiben. Sie machen uns ebenfalls zu Monstern.“ Eyleen schreckte zurück und sah sich panisch um, bis sie den braunhaarigen Mann neben sich entdeckte, der mit abwesendem Blick auf den Tumult auf der Straße schaute. Sie hatte überhaupt nicht mitbekommen, dass sich jemand zu ihr gesetzt hatte. Was bitte machte er überhaupt hier?

„Liam?“ Obwohl sie wusste, dass er es war, war sie zu sehr von seiner Anwesenheit überrascht, als dass sie ihren Augen hätte glauben können. Nun sah er zu ihr und die Blondine schrak vor seinem Blick zurück. Seine Mimik sprach von großem Schmerz und aufrichtigem Mitleid.

„Hier, nimm“, meinte er plötzlich und reichte Eyleen ein weißes Stück Stoff. Ein Taschentuch. Erst in diesem Moment bemerkte sie die heiße Flüssigkeit, die auf ihrer Haut brannte. Sie weinte. Ein bisschen verlegen nahm sie seine Hilfe an und wischte sich die Tränen aus den Augen und versuchte ihre Atmung wieder zu normalisieren.

„Danke“, flüsterte sie leise und atmete ein weiteres Mal tief durch.

 

„Wie ich sehe, hast du auch ein Talent dafür zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.“ Am liebsten hätte Eyleen seine Anspielung als lächerlich abgetan, aber tief in ihr drin musste sie ihm zu ihrem Bedauern recht geben.

„Ich befürchte auch, ja.“ Sie strich sich ihre blonden Haare hinter die Ohren und versuchte die lauten Geräusche auf der Straße zu ignorieren. In der Ferne hörte sie bereits die Sirenen heulen.

„Tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest. Das war wirklich kein schöner Anblick.“ Seine ganze Mitleidstour kam ihr so merkwürdig vor. Normalerweise war der Tri jemand, der seine Mitmenschen gerne bis aufs Blut reizte und dann noch einen blöden Spruch riss, bevor er ausversehen etwas Nettes sagte. Diese Freundlichkeit passte überhaupt nicht zu ihm. Auch, wenn sie nicht leugnen konnte, dass sie wahnsinnig froh war, dass er da war.

„So etwas sollte niemand mit ansehen müssen. Das ist einfach nur grausam.“ Sie schüttelte fassungslos ihren Kopf.

„Da hast du wohl recht. Doch ich denke, du weißt, dass nicht dieser Mann alleine schuld an seinen Taten hatte, nicht wahr?“ Natürlich nicht. Es war kaum zu übersehen gewesen.

„Ich habe ihn gesehen. Seine Aura. Aber nur kurz. Und erst, als es passiert war. Diese stechend roten Augen… Aber wie ist das möglich? Wie kann der Dämon hier sein? Hier, in unserer Welt?“ Fragend sah sie den Braunhaarigen an, der wieder seine ruhige, undurchdringliche Miene aufgesetzt hatte.

„Sie werden mit jeder schlimmen Tat, die ein Mensch begeht, immer stärker. Dabei kann es passieren, dass ihre Macht auf einen so hohen Level steigt, dass der Dämon für uns selbst in dieser Welt sichtbar wird. Es kommt nicht oft vor und sie können diese Macht auch nicht lange aufrechterhalten. Es ist mehr so ein… Funke an Energie. Aber für uns ist das das Zeichen, dass für diesen Menschen wahrscheinlich jede Hilfe schon zu spät kommt.“ Eyleen sog scharf die Luft ein.

„Zu spät? Was meinst du damit?“ So wie er dort an der Stuhllehnte lehnte, wirkte er plötzlich unheimlich müde. Er schloss kurz seine Augen, ehe er fortfuhr.

„Der Dämon hat bereits so große Macht über den Menschen, dass wir kaum in der Lage sein werden, ihn noch zu vertreiben. Selbst wenn wir ihn in der Traumwelt bekämpfen, ist er bereits so stark, dass es nur wenige Tage dauern würde, ehe er wieder denselben Einfluss auf seinen Wirt hat, wie jetzt. Selbst, wenn wir ihn immer wieder vertreiben würden, wäre der Mensch so geschädigt, dass er nur noch in sein altes Muster zurückfallen könnte. Hier sind nicht mehr wir gefragt, sondern ab diesem Punkt kann nur noch die Polizei helfen.“

Sie wollte protestieren, ihm an den Kopf werfen, dass sie ihn nicht so einfach aufgeben sollen, doch senkte sie den Blick und blieb still. Es gab also auch Fälle, für die alle Hoffnung verloren war. Damit war er wohl ein fortgeschrittener Stufe 5 Dämon. Er war kaum noch menschlich, sondern nur noch ein gefährliches Monster.

„Verstehe.“

 

In diesem Moment trat ein junger Kellner an ihren Tisch, der auch noch unnatürlich Weiß im Gesicht war. Seine Augen waren ungewöhnlich weit aufgerissen und wirkten beinahe stumpf. Er stellte Eyleens bestelltes Getränk mit zitternden Fingern vor ihr auf den Tisch, behielt die Pizza jedoch unschlüssig in der Hand. Natürlich verstand sie sofort.

„Dankeschön. Lassen sie die Pizza ruhig hier.“ Sie schenkte ihm ein kleines, aufmunterndes Lächeln, was ihn dazu veranlasste, das Gericht vor ihr auf den Tisch zu stellen. Er blickte kurz zu Liam hinüber, doch der erstickte die Frage des Kellners im Keim.

„Für mich nichts, danke.“ Der junge Mann nickte und ging wieder zurück in die Küche.

Doch jetzt, wo sie die Pizza vor sich stehen sah, schien ihr doch sämtlicher Appetit vergangen zu sein. So gut das Teigstück auch aussehen mochte.

„Du solltest etwas essen. Du hast einen leichten Schock. Wahrscheinlich ist dir schon ein bisschen schwindelig und schlecht. Iss und es wird dir gleich besser gehen.“ Innerlich seufzte sie. Er hatte recht. Schon wieder.

„Bedien dich“, meinte sie, als sie die Pizza in kleine Stücke zerteilt und den Teller in die Mitte des Tisches gestellt hatte. Selbst an dem so taffen Liam konnte das dort draußen nicht spurlos vorbeigegangen sein. Und tatsächlich ließ er sich nicht zweimal bitten und schnappte sich ein Stück von der Pizza. Eyleen tat es ihm gleich und tatsächlich schien sich schon beim ersten Biss ihr gurgelnder Magen wieder etwas zu beruhigen.

 

Blaues Licht funkelte rhythmisch durch die große Glasfront und ließ das Innere der Pizzeria in regelmäßigen Abständen aufleuchten. Draußen vor dem Fenster parkten nun mehrere Polizeiwagen und ein Krankenwagen. Ob es vielleicht doch noch nicht zu spät für den Mann war?

Doch sie zwang sich nicht darüber nachzudenken und nahm sich ein weiteres Stück Pizza.

„Wie hast du mich eben eigentlich gesehen?“ Die Frage brannte ihr schon seit ihrer Begegnung auf der Zunge. Außerdem war sie dankbar für dieses harmlosere Thema. Der Braunhaarige lächelte, bevor er erneut in sein Pizzastück biss.

„Man glaubt es kaum, aber es war purer Zufall. Ich bin gerade die Straße entlanggegangen, als es passierte. Ein Schrei hier aus der Pizzeria hat mich dann erschreckt und mich dazu gebracht durch das Schaufenster zu sehen. Na, und dabei bist du mir dann ins Auge gefallen. Welch glückliche Fügung, nicht wahr, Kätzchen?“ Und da war er wieder. Der alte Liam, der ihr inzwischen schon ziemlich vertraut war. „Trifft sich sowieso gut, dass wir uns hier sehen. Ich wollte dir heute sowieso noch schreiben.“

„Warum?“, fragte sie verblüfft. Was könnte er von ihr wollen?

 „Morgen Abend um 20 Uhr gehen wir wieder auf Jagd. Das machen wir jeden Mittwoch und Riley dachte, du würdest gerne mitkommen.“ Eyleen runzelte die Stirn.

Riley dachte das? Und wieso fragst du mich dann?“ Liam grinste breit.

„Ich bin eben gerne anderen voraus. Kann also gut sein, dass der Nerd dich auch noch anschreiben wird. Betrachte dich also als vorgewarnt.“ Da war wieder dieses Funkeln in seinen blauen Augen, das er immer hatte, wenn er sich darüber freute, andere zu ärgern.

 

Sofort sackte ihr Herz noch ein ganzes Stück tiefer. Das Pizzastück in ihrem Mund schmeckte plötzlich merkwürdig sauer, weshalb sie es ungekaut herunterschluckte.

„Ihr… geht wieder auf die Jagd?“ Sie hoffte, dass ihre Stimme bei dem Gedanken nicht genauso zitterte, wie ihre Finger es bereits taten. Schnell ballte sie ihre Hände in ihrem Schoß zu Fäusten.

„Die Jagd-Zeiten unter der Woche teilen wir uns mit den anderen Gruppen, die hier in dieser Stadt aktiv sind. Du kannst es also einen „Arbeitsplan“ nennen.“ Liam grinste. „Und unsere Gruppe zieht immer Mittwoch nachts los. Am Wochenende sind dann meistens alle unterwegs. Das ist unsere bevorzugte Jagd-Zeit, da sich die Aktivitäten prima hinter Alibis vor anderen verstecken lassen.“

Er zuckte mit den Schultern und griff nach dem letzten Stück Pizza. Eyleen war das ganz recht so, denn sie hatte das Gefühl, dass ihr Magen mehr davon nicht verkraften würde.

„Alibis wie Discogänge und Filmabende vermute ich.“

„Ganz genau. Klappt super. Solltest du dann auch mal probieren.“ In diesem Moment sank ihre Laune ganz in den Keller, doch sie gab sich Mühe, es sich nicht anmerken zu lassen. Geheimniskrämerei hatte aber keinen Zweck, das wusste sie.

 

„Das wird bei mir nicht gehen. Ich… habe keine Freunde. Jedenfalls niemanden außer meiner Mitbewohnerin.“ Das ließ den Braunhaarigen aufhorchen. Sein Blick wanderte augenblicklich weg von dem Trubel, den er die ganze Zeit durch das Schaufenster hindurch beobachtet hatte, und landete direkt auf ihrem Gesicht.

Krampfhaft tat die Blonde so, als würde sie das Landschaftsgemälde an der Wand hinter ihm betrachten, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen.

„Dann wirst du dir wohl etwas ganz raffiniertes einfallen lassen müssen! Bin schon sehr gespannt auf deine wasserdichte Ausrede! Ein Bücherklub? Nächtliches Sportprogramm? Oder das Meditieren auf einem Friedhof? Vielleicht gehst du ja auch unter die Graffitikünstler? Ob deine Freundin dir das abkaufen würde?“

 

Eyleen wusste gar nicht was sie sagen sollte. Er ging gar nicht weiter auf das für sie unangenehme Thema ein, sondern steigerte sich lieber in die Ideenfindung? Kein blöder Spruch? Keine zweideutige Andeutung? Hatte ihm der Tag heute die Stimmung vermiest? Aber, würde er sich dann so kaputt lachen?

Doch noch ehe sie sich entschieden hatte, was sie tun sollte, knirschte plötzlich sein Stuhl, während er sich von seinem Platz aus erhob und sich kurz streckte.

„Wie dem auch sei“, begann er und legte einen Geldschein auf den Tisch, passend für ihre Rechnung. Sein merkwürdiges Grinsen hielt Eyleen davon ab nachzufragen, was das eigentlich sollte. Sie konnte es sich schon denken. „Du weißt, wo du uns morgen findest. Bleib bis dahin lieber Zuhause. Nicht, dass ich dir beim nächsten Verbrechen wieder über den Weg laufe.“

 

Kaum, dass sie registriert hatte, dass er sich in Bewegung gesetzt hatte, war er auch schon zur Tür hinaus. Alles, was sie danach noch bewusst wahrnahm, war der schwarze Sack auf der Krankenbahre, der in diesem Moment in den Krankenwagen geschoben wurde, bevor der Wagen davon brauste.

 

Das Knallen der Tür, die ins Schloss fiel, ließ Eyleen heftig zusammenzucken. Sie hatte ein weiteres Mal auf Autopilot geschaltet und war in diesem Modus irgendwie nach Hause gekommen. Doch auch dort, in ihrer sicheren Wohnung, konnte sie dieses schwammige Gefühl in ihrem Kopf nicht ausschalten. Sie war zu schwach. Schon wieder. Eine Tatsache, die sich wie ein nerviger, spitzer Nagel in ihr Bewusstsein bohrte.

„Eyleen? Was machst du denn schon hier?“ Wahrscheinlich aufgeschreckt von den Geräuschen, war die Schwarzhaarige aus ihrem Zimmer getreten und sah nun verdutzt zu ihrer Freundin hinüber. Doch es dauerte nur einen Moment, ehe sich ihr fragender Gesichtsausdruck in etwas anderes veränderte. Sie hatte es sofort bemerkt, natürlich.

„Hey Mia. Ich konnte heute nicht wieder in die Uni gehen. Ich bin grade nicht ganz so gut drauf.“ Die Blondine gab sich gar keine Mühe ihren Geisteszustand zu verstecken, das wäre nur vergeudete Mühe.

„Was ist passiert?“ Und wieder traf die junge Frau genau ins Schwarze. Sie musste nicht fragen ob etwas passiert war, sondern hatte das schon längst geschlussfolgert. Sie konnte in ihr lesen wie ein offenes Buch. So praktisch das manchmal auch war, oft machte ihr das auch Angst…

„Ich war vorhin Pizza essen. Freistunde, du weiß schon“, begann Eyleen und legte dabei kraftlos ihre Tasche ab, um sich danach von Jacke und Schuhen zu entledigen. „Eigentlich war alles gut, doch plötzlich kam es auf der Straße zu einer Rangelei zwischen zwei Männern. Und dann…“ Sie war bereits in ihrer Zimmertür angekommen und drehte sich ein letztes Mal zu Mia um. „Jemand wurde erschossen. Ich habe heute meine erste Leiche gesehen.“

 

Ihre Mitbewohnerin ließ sie für den Rest des Abends in Ruhe, wofür Eyleen ihr unendlich dankbar war. Sie wusste, dass sie überreagierte, aber sie konnte nichts dagegen tun.

Nun war ihr klar, dass sie bereits tief in der Sache drinnen steckte. So tief, dass es ihr nicht mehr möglich war, dort wieder heraus zu kommen. Dies war das letzte Mal, dass sie ihre Schwächen so offen zeigen durfte. Nur noch dieses eine Mal. Ab dem nächsten Tag musste sie stark sein, und zwar nicht nur zur Schau, wie sie es die ganzen letzten Jahre getan hatte, sondern aus ihrem innersten Kern heraus.

 

Sie war jetzt eine Tri, eine Dämonenjägerin, und es war jetzt an der Zeit, sich auch endlich dessen würdig zu benehmen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Kapitel 11 - "Rettungsring" folgt demnächst! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RhapsodosGenesis
2016-02-26T15:10:20+00:00 26.02.2016 16:10
Du bist wieder daaa!! ... Und Jaden hat auch mal nen Gastauftritt xD Ich glaube, er hat sich in der Geschichte geirrt xD

Das Kapitel ist wieder sehr angenehm zu lesen gewesen!! Dein Schreibstil ist nach wie vor erste Sahne und man kann sich sehr gut in Eyleen hineinversetzen!!

Dass Mia und Eyleen sich wieder komplett vertragen haben, ist erfreulich. Aber Kuchen verbindet eben Menschen x3 Auch wenn es echt wirklich traurig ist, dass Eyleen Mia noch immer dauerhaft anluegen muss - oder eben Ausreden braucht :< Und es kann ja nicht jederso ein Vorwandgenie wie Liam sein XDDD Oh Gott XDD Der Mann. Er macht mich fertig!!

Und die Pizzeria von Luigi ... Ich rieche die Pizza bis hierher xD Ich will jetzt Pizza xD Und es ist einfach so typisch, dass man nicht mal in Ruhe eine Pizza geniessen kann, ohne dassnicht schon wieder einer schiesst! Warum ueberrascht mich das eigentlich noch? XD

Okay, echt schlimm diese Daemonen Stufe 5 ... Aber wie das klingt ... "Da hilft nur noch ..." Die Sondereinheit? Das FBI? Die CIA? Die Obertris?? ".... Die Polizei."
Ohhhh xD
Aber es macht durchaus Sinn xD Es ist einfach nur so einfach, dass man es nicht erwartet xD

Huh, aber wenn Liam so ploetzlich dasitzt - da bekommt man schon nen Herzinfarkt xD Mhmmm, Zufall, ganz gewiss xD Aber gut, dass er da war.
Oh Mann XDDD Er ist so gemein zu Riley xDDD Sooo fies >3<
Riley sollte weniger reden xD
Und dass erdie Pizza zahlt <3 Awww!!

Okay. Mittwoch. Job. Ausrede finden! Abgehakt!!
Ich bin gespannt, wie sich das noch entwickeln wird!! Vor allem die Sache mit Mia!! ><

Jedenfalls hat mir dieses Kapitel sehr gut gefallen!! Ich freue mich schon aufs naechste!!
Und ich bin froh, dass du wieder zurueck bist B)

Ich bin und bleibe gespannt!!
Liebe Gruesse
Bibi
Antwort von:  MarySae
26.02.2016 16:31
Hey :3
Ja, ich hoffe sehr, dass ich wieder da bin. Ich wollte das ganze letzte Jahr schon wiederkommen, aber es ging einfach nicht. Mein Kopf wollte nicht so wie ich, seufz...
Und das sieht man ja scheinbar auch gleich im Kapitel xD Das war noch ein Stück aus der Vor-Krisen-Zeit. xDDD Oh Gott, wie peinlich! Danke fürs Bescheid sagen! Hab Jaden wieder zurück verbannt xDDD

Jedenfalls vieeeeeelen Dank für den super tolles Kommi! :3
Musste dezent lachen, als ich es gelesen habe xD Aber ich freu mich wahnsinnig, nach all der Zeit noch so empfangen zu werden! *Freudentränchen verdrück*
Das steigert meine Motivation schnell weiterzumachen gleich nochmal! :D

Also Danke, Danke, Danke! :D
vG, Mary


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