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The GRIMM and the BIEST - Part 2 [Aftermath]

[GRIMM - Nick x Renard]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hallo liebe Leser,
endlich hab ich mal wieder etwas Zeit, um das nächste - und damit auch schon das letzte - Kapitel zu posten. Es folgt noch der Epilog, aber ansonsten ist die Geschichte damit (vorerst) abgeschlossen.
Ich hoffe ihr hattet Spaß beim Lesen so wie ich beim Schreiben. ^^
In diesem Sinne,
bis hoffentlich bald mal wieder :) Komplett anzeigen

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Geständnisse

„Ich werde ohne meinen Anwalt nichts mehr sagen, Detective. Ich kenne meine Rechte, ich muss mich nicht selbst belasten.“ Mit einem selbstzufriedenen Grinsen im Gesicht lehnte sich George Graupner auf seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
 

Nick und Hank (dem der Plan sofort gefallen hatte, als sein Partner ihm am nächsten Morgen davon berichtete) hatten vereinbart, dass sie den Ehemann zu einem letzten Verhör holen wollten, um ihn dort auf die Probe zu stellen und Rosalees Theorie zu testen. Wenn sie Glück hatten, kam etwas dabei raus. Wenn nicht…. Dann hatten sie es wenigstens versucht.
 

Soweit war alles nach Plan verlaufen, jetzt kamen sie in die entscheidende Phase.
 

Hank warf einen gespielt enttäuschten Blick über seine Schulter zum Grimm, der nun seinerseits mit den Schultern zuckte und die Hände in die Hüften legte.
 

„Das ist in der Tat Ihr gutes Recht, Mr. Graupner“, bestätigte Nick leichthin. Die wunde Stelle in seinem Gesicht war inzwischen blau-lila geworden und der Klaustreich grinste gehässig bei diesem Anblick vor sich hin.
 

Wie vom Captain angeordnet waren beide Brüder bislang voneinander getrennt untergebracht worden. George wusste zudem auch noch nichts genaues darüber was seinem Bruder Thomas zur Last gelegt wurde. Ihm war lediglich mitgeteilt worden, dass man diesen ebenfalls verhaftet hatte, und dass der verhaftende Beamte Detective Burkhardt gewesen war. Nach dem breiten Grinsen zu urteilen dachte der Klaustreich jetzt vermutlich, dass sein Bruder dem Grimm das Beinahe-Veilchen verpasst hatte. Nick ließ ihn in dem Glauben.
 

„Außerdem dürfen Sie mich ohnehin nicht länger festhalten“, behauptete der Mann weiter. „Sie müssen mich also gefälligst gehen lassen.“
 

„Sagt wer?“, wollte Griffin wissen und zog eine Braue hoch.
 

„Na mein Anwalt“, kam die trotzige Antwort vom Klaustreich.
 

Hank lächelte milde. „Da hat Sie Ihr Anwalt allerdings falsch informiert“, stellte er klar. „Wir dürfen Sie maximal 48 Stunden ohne Anklage hier festhalten, das ist richtig, aber zum einen ist diese Zeit noch nicht überschritten und zum anderen hat die Staatsanwaltschaft meinem Wissen nach bereits einen Haftbefehl gegen Sie eingereicht.“ Er legte den Kopf schräg und zog eine Braue hoch. ‚Komm schon, schnapp nach dem Köder‘, sagte sein Blick.
 

Doch auf diesen offensichtlichen Schachzug wollte der Mann nicht antworten. Er wusste schließlich genau, womit er sich die Anklage eingefangen hatte. An dieser Stelle war leugnen nicht drin. Das hob er sich lieber für die Verhandlung auf.
 

Nick tippte seinem Partner auf den Oberarm und deutete mit einer Kopfbewegung zur Tür. „Das bringt doch nichts mehr, gehen wir.“
 

„Hast Recht“, seufzte Hank und Nick musste sich zwingen nicht mit den Augen zu rollen. Der ältere Detective übertrieb es nach seinem Geschmack ein wenig…
 

„Ja“, feixte der Klaustreich. „Geht besser, bevor ich euch Idioten noch wegen Polizeiwillkür anzeige.“ Offenbar glaubte er Oberwasser zu haben und verfiel wieder in alte Muster. Wäre sein Anwalt dabei gewesen, der wäre an dieser Stelle vermutlich unter den Tisch gerutscht. Die zuständigen Polizisten als Idioten zu beschimpfen, war für seinen Fall nicht gerade förderlich…
 

In seinem Inneren fing es bei dieser Frechheit erneut an zu brodeln und der Grimm musste sich zurückhalten, um nicht aus der Haut zu fahren. In seinem Kiefer arbeitete es und er musste höllisch aufpassen, dass er nicht wieder grau wurde. ‚Geduld, Geduld…‘, dachte er.
 

Hank lenkte ihn ab, in dem er die Akte zuschlug und zweimal auf die Tischplatte knallen ließ. Der Klaustreich zuckte wider Willen zurück bei dem Geräusch, was Hank mit einem schiefen Grinsen quittierte. „Wir müssen uns eh noch mit den Kollegen von der Streife wegen der anderen Sache abstimmen, also lass uns gehen. Hier vergeuden wir nur unsere wertvolle Zeit“ Er warf seinem Gegenüber einen bedeutungsschwangeren Blick zu und schob den Stuhl zurück, um aufzustehen. „Der Papierkram wird uns den halben Tag beschäftigen.“
 

„Ich verstehe auch gar nicht, warum wir das eigentlich machen müssen“, beschwerte sich Nick mit einem genervten Unterton in der Stimme. „Ich meine, was interessiert uns dieses dumme Auto? Nur weil das vorher unser Tatort war…“
 

„Nick, ein 74er Mustang ist kein ‚dummes Auto‘“, wies ihn Hank zurecht. „Ist ne echte Schande“, seufzte er und warf dem Klaustreich einen mitleidigen Blick über die Schulter zu. Der Mann hatte bereits leichte Zuckungen im Auge. Ein 74er Mustang? Das musste ihm schon zu denken geben. „Mr. Graupner“, der ältere Detective klopfte zweimal mit den Knöcheln zum Abschied auf den Tisch und wollte schon dem Grimm folgen, der bereits die Hand an der Türklinke hatte, als es nervös aus dem Mann herausplatzte.
 

Was ist ne Schande?“
 

Da er mit dem Rücken zu ihrem Verdächtigen stand, konnte Mr. Graupner das Grinsen in Hanks Gesicht nicht sehen. Er hatte angebissen und den metaphorischen Köder geschluckt. Nun mussten sie nur noch die Angel einholen.
 

Detective Griffin drehte sich wieder zu dem Mann um. „Ein Ford Mustang 74er Baujahr ist von den Kollegen auf Streife heute früh aufgefunden worden. Irgendwelche Kids haben den wohl für eine Spritztour ‚ausgeborgt‘.“
 

„Dummerweise kam ihnen ein Laternenmast dazwischen“, warf Nick ein und konnte kaum seine Schadenfreude aus der Stimme heraushalten.
 

Weshalb ihn George dann auch irritiert ansah. „Was?“
 

Hank schüttelte traurig den Kopf. „Dumme Geschichte. Ins Haus des Besitzers wurde eingebrochen und dabei muss der Einbrecher das Garagentor offen gelassen haben. Aber ich kann die Kids verstehen. Bei so einem schönen Auto, wer kann da schon wiederstehen?“
 

„Schö… schönes Auto? Ein 74er…?“ Die Stimme den Klaustreich schnellte um mehrere Oktaven nach oben, bevor er sich räusperte. „Ein… ein Mustang sagen Sie? Welche…“, er räusperte sich erneut. Vielleicht hatte er Angst, dass ihm seine Stimme wegbrechen würde? „Welche Farbe hat er denn?“
 

„Hatte“, korrigierte Nick. Er verschränkte die Arme vor der Brust und grinste nun unverhohlen vor sich hin. „Kanariengelb.“
 

„Mit schwarzer Motorhaube“, ergänzte sein Partner. Er seufzte theatralisch. „Vierzig Jahre lang liebevoll gepflegt und ein schnöder Einbruch setzt dem Autoleben ein Ende. Wirklich bedauerlich.“
 

„Was…“, bei der Beschreibung des Wagens war Mr. Graupner blass geworden. Jetzt lief er langsam rot an. „Was haben Sie mit meinem Auto gemacht, verdammter Grimm!“ Er wurde mit jedem Wort lauter und sprang am Ende von seinem Stuhl.
 

Hätte Hank nicht dazwischen gestanden und ihm die Hand mit einem „Bleiben Sie ruhig“ auf die Brust gelegt, der Klaustreich wäre glatt dem jüngeren Detective an die Kehle gesprungen.
 

„Ich?“, fragte Nick mit einem überraschten Tonfall und breitem Grinsen. „Ich habe damit überhaupt nichts zu tun. Bedanken Sie sich lieber bei dem Einbrecher, der das Garagentor offen gelassen hat.“ Er drehte sich wieder zur Tür, drückte die Klinke und öffnete sie einen Spalt, damit er den wartenden Officer rufen konnte, der den Mann zurück in seine Zelle bringen sollte.
 

„Das können Sie nicht machen“, schnauzte der Klaustreich lautstark vor sich her, während ihm wieder Handschellen angelegt wurden. „Nicht mit mir, nicht mein Auto!“
 

Nick trat auf den Flur hinaus und ließ den Verdächtigen mit seiner Eskorte passieren. Da kam um die Ecke Wu in Sicht, der seinerseits mit einem weiteren Officer als Begleitung einen anderen Verdächtigen zu genau jenem Verhörraum begleitete, aus dem sie gerade kamen.
 

„Duuuu!!“, schrie nun George Graupner auf, als er den Neuankömmling erkannte. Wutentbrannt stieß er seinen Bewacher beiseite und stürmte auf die andere Gruppe zu. Wu hielt ihn nicht auf, als er sich auf seinen Bruder stürzte, den der Sergeant dabei hatte.
 

Beide Klaustreiche schlugen hart auf dem Boden auf. Ellie‘s Ehemann ging dabei auf seinen Bruder los, der offenbar nicht verstand, was gerade passierte. Er versuchte seinen Angreifer wegzudrücken und beide wälzten sich über den Boden. Die Officer wollten eingreifen, aber Wu hielt sie zunächst zurück.
 

„George... was... was soll das?“, wollte Thomas Graupner wissen.
 

„Duuuu!!!“, schrie George wieder und packte seinen Bruder am Kragen. Er zog und zerrte an ihm herum, riss ihn immer wieder hoch und knallte ihn anschließend zurück auf den Boden.
 

Hank wollte am liebsten sofort dazwischen gehen, doch Nick legte ihm eine Hand auf die Brust. „Noch nicht“, flüsterte er.
 

„Was hast du getan, Thomas?“ schrie der Angreifer. „Du solltest dich doch bloß um diese dämlichen Kuh kümmern und mehr nicht!“
 

„Aber… aber das hab ich doch…“, fauchte der Bruder, der offenbar nicht verstand, was George eigentlich von ihm wollte.
 

„Und warum ist dann mein Auto Schrott? Ich hab dir extra den Schlüssel gegeben und du Idiot gehst durch die Garage rein?“
 

„Aber ich…“
 

„Und dann lässt du Idiot auch noch das Tor offen stehen und jemand kann meinen Wagen klauen. Oder warst du das auch?“
 

„Ich hab die Garage nicht angefasst, George. Ich schwöre, ich hab damit nichts zu tun. Ich bin nur durch die Hintertür, wie du es wolltest und hab mich um Ellie gekümmert. Das war alles…“
 

„Und nicht mal das hast du richtig hingekriegt, Thomas! Du bist so ein Versager…“
 

„Aber, aber, nicht so streng sein, Mr. Graupner. Das gerade eben haben Sie beide dafür ganz hervorragend hingekriegt, danke vielmals.“ Der Sergeant grinste und winkte den Officers zu die beiden endlich zu trennen.
 

„Ich… was?“, verwirrt blickte sich George um, während man ihn rechts und links unter den Armen packte und ihn auf die Füße zog.
 

Hank trat näher. „Ich habe nie gesagt, dass es Ihr Wagen war, Mr. Graupner, aber danke für das Geständnis vor Zeugen, dass Sie Ihren Bruder damit beauftragt haben eine Straftat zu begehen.“
 

„Oh“, meinte Wu und schüttelte den Kopf. „Das kommt vor Gericht gar nicht gut an…“
 

„Sie… Sie haben mich reingelegt. Das geht nicht, damit kommen Sie nicht durch. Sie können mir das nicht nachweisen“, schrie der Klaustreich verzweifelt und versuchte die Arme abzuschütteln, die ihn festhielten. „Sie haben keine Beweise, da steht Aussage gegen Aussage…“
 

Süffisant lächelnd deutete Nick auf die Videoüberwachung an beiden Enden des Flures. Wer zuletzt lacht... „Nur wenn Sie gegen sich selber aussagen wollen.“

 
 

* * *
 

Trotz dessen offensichtlichen Widerwillens, hatte es Hank später am Tag geschafft seinen Partner und Freund dazu zu überreden, nach der Arbeit mit ihm ein Bier trinken zu gehen. Der Ältere machte sich Sorgen um den Grimm, der von Tag zu Tag düsterer dreinschaute. Und nach dem Ausbruch vom Vortag…
 

„Ich werde dich nicht fragen, ob alles okay ist, Nick. Ich weiß, dass es nicht so ist. Aber fühlst du dich heute wenigstens wieder etwas besser, nachdem wir die beiden Klaustreiche festnageln konnten? Du warst gestern so geladen, ich dachte schon du rennst los und killst das nächstbeste Wesen…“
 

Der Grimm lachte freudlos in sein Glas und trank es mit einem Zug halb leer. Er hatte die Ellenbogen auf die Theke gestützt und ließ das restliche Bier leicht mit einer Hand kreisen. Sein Blick war auf die bernsteinfarbene Flüssigkeit gerichtet und er kaute nachdenklich auf seiner Unterlippe herum. Nick unterließ es diesmal, seinen Partner auf die Vorurteile gegen Grimms hinzuweisen, die schon wieder in dessen Worten mitschwangen. Das brachte einfach nichts, auch wenn ihn diese erneute Gedankenlosigkeit insgeheim ärgerte.
 

Schließlich wandte er seinem Partner den Kopf zu. „Ich weiß es nicht, Hank“, gestand er endlich. „Ich…“, Nick machte eine vage Geste und nahm noch einen tiefen Zug seines Bieres, bevor er das Glas hinstellte und die Arme vor der Brust verschränkte. Er lehnte sich auf seinem Hocker etwas zurück und betrachtete dann anschließend im großen Barspiegel ihnen gegenüber sein Spiegelbild.
 

Bis vor kurzem hätte ihn sein eigener Anblick erschreckt. Seine Bartstoppel waren noch länger als sonst, seine Augen dunkel und ihr Ausdruck finster. Nur nebenbei registrierte er, dass er irgendwann in den letzten Tagen seit Juliettes Auszug angefangen hatte ausschließlich schwarz zu tragen. Wie seine Mutter. ‚Langsam sehe ich aus wie ein echter Grimm‘, dachte er bitter. Genau das, weshalb Juliette ihn zurückwies, hatte sie anscheinend mit ihrem Weggang selber heraufbeschworen und in Gang gesetzt.
 

„Nick?“, fragte Hank vorsichtig nach, da sein Partner still geblieben war.
 

Der winkte ab. „Ich komm schon klar“, wiegelte er ab. „Mach dir mal keine Sorgen.“
 

„Ich mach mir aber welche“, betonte Hank und legte dem Jüngeren eine Hand auf die Schulter. „Hör mal, ich werde nicht so tun, als sei alles wie immer, da ich genau sehen kann, dass es alles andere als das ist. Ich kenne dich lange genug und es ist offensichtlich, dass dir was durch den Kopf geht. Wenn du also reden willst…“ Er klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter, zog dann den Arm wieder zurück und wechselte das Thema. Mit dem Finger deutete auf Nicks Verletzung im Gesicht und schüttelte mit leichtem Missfallen den Kopf. „Wo hast du dir das eigentlich eingefangen? Bist du gestern noch los und hast Wesen verprügelt, um deine Aggressionen abzubauen?“
 

Nick runzelte die Stirn. „Habe ich was?“
 

„Ob du dich mit jemanden geprügelt hast“, wiederholte Hank die Frage und hob sein Glas auf Trinkhöhe. „Komm schon, ich glaube niemals, dass dieser Typ von gestern Abend, dieser Bruder, dich da erwischt hat.“ Er nahm einen Schluck und stellte das Glas wieder vor sich auf dem Tresen ab, bevor er sich seinem Partner komplett zuwandte und einen Arm auf der Holzoberfläche abstützte.
 

Nick Mundwinkel zuckten, während er sich wieder vorbeugte und sein fast leeres Glas zwischen beide Hände nahm.
 

„Weißt du, Hank, momentan ist mein Leben…“, er rang um einen Vergleich und hob schließlich sein Glas ein Stück an, „wie dieses Bier hier.“
 

„Warm und schal?“, neckte Hank den Grimm mit einem Augenzwinkern.
 

Das brachte Nick tatsächlich dazu einmal aufzulachen. Dann schüttelte er den Kopf, nahm das Glas in die Linke und drehte sich ebenfalls mit dem ganzen Oberkörper seinem Partner zu. „Nein“, antwortete er schließlich und sein Ausdruck wurde ernst. „Es ist fast leer.“
 

Hank zog eine Braue nach oben. „Dann füll doch nach“, schlug er vor und winkte dem Barkeeper, dass er ihnen zwei neue Bier bringen sollte. Der Mann nickte und griff nach dem Zapfhahn.
 

"Kommt sofort."
 

Nick leerte sein Glas in einem Zug, stellte es auf die Theke und schob es ein Stück von ihm weg. „So einfach ist das nicht“, meinte er schließlich und fuhr sich einmal mit der Hand über das Gesicht.
 

„Wenn du es sagst“, merkte sein Partner an. Es war klar, dass er ihm nicht glaubte. Einen Moment später griff Hank dankbar nach den beiden frisch gezapften Bieren, die ihm so eben entgegengehalten wurden, um eines davon dem Grimm in die Hand zu drücken. „Das ist Medizin, trinken“, befahl er und hielt ihm sein Glas zum Anstoßen hin.
 

Obwohl er sich nicht danach fühlte tat Nick ihm den Gefallen und schlug sein Bier leicht gegen das seines Partners, nippte aber nur kurz daran, bevor er es abstellte.
 

Im gewissen Sinne hatte Hank ja Recht, aber der Grimm glaubte nicht, dass man ihre Situation unbedingt vergleichen konnte. Hätten er und Juliette sich einfach nur getrennt wie ein normales Paar, das wäre zwar auch schwer gewesen für ihn, aber vermutlich könnte er eher damit umgehen. Diese Ungewissheit darüber, wie sie nun eigentlich zueinander standen, war viel schlimmer.
 

„Hier habt ihr euch verkrochen“, ertönte es plötzlich laut hinter den beiden Detectives und automatisch zuckten sie zusammen, ehe sie sich in die Richtung des Sprechers umdrehten.
 

„Wu?“, fragte Hank ungläubig. „Was willst du denn hier?“
 

Der Asiate war ebenso wie sie in zivil unterwegs. Ein seltener Anblick. Er klopfte den beiden Polizisten im Vorbeigehen auf die Schultern. Dann setzte er sich auf den freien Barhocker an Nicks linker Seite.
 

„Ein Bier trinken?“, antwortete er grinsend und gab dem Barkeeper ein Signal, ihm ebenfalls ein Bier zu zapfen. Dann drehte er sich leicht nach rechts, legte den Kopf schief und betrachtete seine beiden Kollegen. „So….“, begann er gedehnt, „kommt ihr öfters her? War gar nicht so leicht euch zu finden. Danke.“ Letzteres galt dem Barkeeper, der ihm eben das bestellte Bier gereicht hatte. Wu pustete einmal gegen die Schaumkrone, prostete in die Richtung der anderen und nahm einen tiefen Zug. „Ach, es geht doch nichts über ein frisch gezapftes Bierchen, meint ihr nicht?“
 

Die Detectives sahen einander an. Hank zog eine Braue hoch und bei seinem Partner zuckte der Mundwinkel.
 

„Darauf trinke ich“, antwortete der Afroamerikaner und hob sein Glas. „Prost.“
 

„Prost“, echote Nick und ahmte die Geste nach. Dann drehte er sich nach links. „Und was treibt dich nun wirklich her, Wu?“
 

Der verzog das Gesicht. „Muss denn alles einen tieferen Sinn haben?“
 

Der Grimm hob eine Braue.
 

„Ach, schon gut“, wiegelte der Sergeant ab. Er stützte sich mit dem linken Ellenbogen auf die Theke und berichtete, was er neues gehört hatte. „Ein kleines… Scharfblicke-Vögelchen, hat mir gezwitschert, dass die Frau von dem brutalen Ehemann heute die Scheidung eingereicht hat.“
 

Nick war beeindruckt. Dass das so schnell gehen würde, hatte er nicht erwartet.
 

„Und weiter?“ bohrte Hank nach. Das konnte ja kaum alles gewesen sein.
 

„Das interessante dabei ist“, setzte Wu fort, „sie tat es, nachdem sie im Krankenhaus den Nachbarn besucht hatte.“ Er spitzte die Lippen und sah die anderen Männer aus großen Augen bedeutungsvoll an.
 

Hank wirkte enttäuscht. „War das alles?“
 

Nick schnaubte amüsiert und blickte auf sein Glas hinunter. „Du weißt doch, dass es hier um ein Tugendschaf geht, oder?“ fragte er in Hanks Richtung.
 

„Hast du erzählt, ja“, bestätigte sein Partner, der nicht ganz verstand worauf der Grimm hinaus wollte.
 

„Ich war selber inzwischen im Krankenhaus, der Nachbar ist auch eines.“
 

„Oh… ohhh“, Hank verstand schließlich und grinste breit. „Ihr meint da bahnt sich was an?“
 

Nick zuckte mit den Schultern, noch immer keinen der beiden neben ihn sitzenden Männern ansehend. „Gleich und gleich“, meinte er nur.
 

Wu grinste mit einem leicht dreckigen Unterton. „Ein Grimm hätte auch kaum zu ihr gepasst“, bestätigte er.
 

„Was?“ Nick verschluckte sich fast.
 

„Naja“, meinte Wu gedehnt und drehte sein Glas vor sich auf der Theke mit einer Hand. „Ich habe mitbekommen, wie die Frau dich ganz schön angeglüht hat gestern Abend.“
 

Nick drehte ihm das Gesicht zu. In seinen Augen blitzten Fragezeichen auf. „Angeglüht? Wie meinst du das?“
 

„Oben im Schlafzimmer? Hey, ich war auch da und ich hab Augen im Kopf, Nick“, erinnerte ihn Wu. „Schönen Dank auch, dass du mich bemerkt hast…“
 

„Und ich war nicht dabei“, seufzte Hank enttäuscht und schnalzte mit der Zunge. „Das hätte zu gern gesehen…“
 

„Hat wohl nen Heldenkomplex die Frau“, stellte der Sergeant sachlich fest.
 

„Eindeutig“, bestätigte Detective Griffin und beide Männer stießen breit grinsend vor Nicks Nase mit ihren Gläsern an.
 

„Ich bin auch noch da, Jungs“, erinnerte Nick säuerlich.
 

„Eines möchte ich aber noch wissen“, setzte der Asiate fort, nachdem er einen tiefen Zug von seinem Bier genommen hatte. Er stellte sein Glas ab und deutete wie vorher schon Hank auf Nicks Wange. „Warum hat dir der Captain eigentlich ein Veilchen verpasst?“
 

„Der Captain?“ vor Überraschung zog Hank beide Brauen hoch. „Das musst du mir jetzt aber mal genauer erläutern. Ich dachte du wolltest nur… reden?“
 

Unangenehm berührt schüttelte der Grimm leicht den Kopf. Hatte Wu das unbedingt ansprechen müssen? Er seufzte. „Haben wir ja auch“, bestätigte er schließlich.
 

Der Sergeant schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Ein bisschen viel körperlicher Einsatz für ein Gespräch, wenn ihr mich fragt.“
 

„Es fragt dich aber keiner“, antwortete Nick gereizt, worauf sich Wu und Hank erstaunte Blicke zuwarfen.
 

„Wie meinen?“
 

Der Grimm lehnte sich auf seinem Hocker zurück und stöhnte genervt. „Es war nichts weiter, ok?“
 

„Das klingt aber nicht nach ‚nichts‘“, stellte Hank grinsend fest. „Je lauter das Dementi, desto unglaubwürdiger wird es, Nick.“
 

„Er hat gesagt er wäre ein… wie nanntest du das noch gleich, Nick? Genau, ‚ein Missverständnis‘…“
 

Der Grimm lehnte sich vor und berührte die Theke mit der Stirn. „Nächstes Mal sage ich gar nichts mehr“, murmelte er leise.
 

Wann hat er das gesagt?“ hakte Hank nun neugierig nach.
 

„Gestern Abend, nachdem der Bruder im Haus seiner Schwägerin festgenommen wurde.“
 

„Ach…“, Hank sah seinen Partner noch immer mit hochgezogenen Brauen an. „Fand euer ‚Gespräch‘“, er zeichnete kleine Anführungszeichen in die Luft, „etwa im Boxring statt? Musstest du überschüssige Energie loswerden?“ Hank klopfte ihm auf die Schultern und feixte über Nicks Rücken hinweg den Sergeant an.
 

Wu kicherte amüsiert beim Anblick von Nicks genervtem Gesichtsausdruck. Einen Augenblick lang taxierte er noch den Grimm, dann wandte er sich wieder direkt an Hank. „Ob die beiden wohl was laufen haben? Privates Treffen, tauchen gemeinsam am Tatort auf, fährt sogar im Auto vom Captain mit…“
 

Hank lehnte sich auf seinem Hocker ein Stück zurück und betrachtete seinen Partner von oben bis unten. „Nick, wer hätte sowas von dir gedacht?“, neckte er den Jüngeren. „Ich dachte ich sei dein Partner. Bin ich jetzt etwa abgemeldet? Machst du lieber einen auf ‚Papa’s Liebling‘? Willste etwa ne Beförderung?“ Er zögerte einen Moment und fuhr wieder mit ernsterer Stimme fort. „Oder steckt da mehr dahinter? Ist das wieder so’n Grimm-Ding?“ Dann beugte er sich etwas vor und murmelte ihm leise mit dunkler Stimme ins Ohr. „Oder hat das was mit… Du weißt schon was zu tun?“
 

„Mit was zu tun?“, fragte Nick misstrauisch und wandte Hank den Kopf zu, bevor er sich wieder aufrichtete. Er hatte seinem Partner noch nichts von Juliettes Verwandlung erzählt, also konnte er das kaum meinen.
 

„Na dein Ausbruch gestern. Läuft zu Hause noch alles glatt, seit ‚du-weißt-schon-was‘? Du wirkst in letzter Zeit so… angespannt. Letztes Mal warst du so drauf, als Juliette sich nicht mehr an dich erinnern konnte. Spüre ich da eine gewisse... Frustration? Dreimal geschieden, du erinnerst dich? Ich kenne mich aus…“
 

Wu hatte den Kopf auf den linken Arm gestützt, der auf dem Tresen ruhte und beobachtete das leise Gespräch aufmerksam von der Seite. „‚Du-weißt-schon-was‘?“ fragte er neugierig.
 

In Nicks Gesicht schien in dem Augenblick eine Jalousie herunterzugehen und sein Ausdruck wurde hart. Er stützte sich mit beiden Händen auf der Theke ab und stand auf. „Ich muss los, hab noch was zu erledigen.“ Er griff in seine Jackentasche und holte ein paar Dollar aus seiner Geldbörse, die er neben sein halbvolles Glas auf den Tresen warf. „Viel Spaß noch euch zwei.“ Schnellen Schrittes verließ er die Bar. Auf dem ganzen Weg zum Auto, so lange er noch in Sichtweite des Lokales war, konnte er die verwunderten Blicke der beiden Männer auf sich spüren.

 
 

* * *
 

Der Sitz gab leise seufzend unter ihm nach und das kühle Polster umfing ihn, als Nick wenig später in seinen Wagen stieg. Eine volle Minute saß er einfach nur stumm da, starrte in die Dunkelheit vor sich und ließ die Gedanken wandern.
 

Diese ganze Situation zu Hause zerrte an seinen Nerven, machte ihn reizbar. Hank hatte schon Recht, wenn er sich Sorgen machte. Sein ‚innerer Grimm‘ brauchte eine Möglichkeit, sich auszutoben und lechzte nach Blut, das war Nick inzwischen klar geworden. Und der Zombie unterstützte das noch. Wäre der Captain gestern nicht mit im Haus gewesen, wer weiß, was er dem Klaustreich angetan hätte.
 

Die vernünftige Stimme, der Polizist in ihm, befand sich inmitten eines Malstroms aus Wut und Frustration, aus dem er sich alleine kaum befreien konnte. Langsam verstand Nick, was Monroe wohl jeden Tag für einen Kampf mit sich selber ausfechten musste. Zerrissen zwischen zwei Welten, zwei Herzen und zwei Seelen.
 

Wütend auf sich selbst schlug er mit den Händen auf sein Lenkrad und umklammerte es dann wie einen Rettungsring.
 

Lange würde er das nicht mehr durchhalten. Er brauchte jemanden, mit dem er reden konnte. Und bei dem er vielleicht auch etwas Dampf ablassen konnte.
 

Jemand, der ihn verstand und ihm ebenbürtig war…
 

Ein Bild blitze vor seinem geistigen Auge auf. Bislang hatte der Grimm sich dem nicht stellen wollen, aber jetzt... Vor zwei Tagen erst hatte er dem Zauberbiest noch gesagt, da gäbe es nichts zu bereden, als er von ihrem… Aufeinandertreffen neulich angefangen hatte.
 

Aber vielleicht hatte er sich geirrt.
 

Vor allem was ihn selber und seine Bedürfnisse anging.
 

In seinem Herzen lag eine Sehnsucht, die er nicht verstand.
 

Er konnte es nicht erklären, aber etwas tief in ihm zog ihn in diese spezielle Richtung, zu diesem Haus, von dem aus man die ganze Innenstadt überblicken konnte. Tief drinnen flüsterte eine Stimme, dass er nur dort finden konnte, was er brauchte.
 

Die ‚neue‘ Juliette hätte ihm wahrscheinlich auch das geben können, was sein… ‚dunkles Herz‘ (er fand keine bessere Bezeichnung für dieses Verlangen) begehrte. Mit ihrer neuen Stärke war sie eigentlich die perfekte Partnerin für den Zombie-Grimm. Stark, schön und unabhängig…
 

Aber sie hatte sich von ihm abgewandt.
 

Bevor einer von ihnen ihre gemeinsamen tieferen Bedürfnisse hätte entdecken können, hatte sie ihm den Rücken gekehrt. Weil Grimms und Wesen angeblich nicht zusammen sein konnten.
 

Was für ein Blödsinn!
 

Auch Tante Marie hatten ein Wesen als Partner, bis sie Nick zu sich nahm. Und es hatte sich bei Farley nicht so angehört, als ob beide nicht miteinander klargekommen wären.
 

Es war also nicht unmöglich. Schwierig ganz sicher, zumal ein Hexenbiest optisch eine ganz andere Kategorie darstellte als ein Steinadler, aber es war nicht vollkommen unmöglich. Sie könnten beide gemeinsam lernen darüber hinwegzusehen.
 

Und es war schließlich nicht nur so, dass im Zweifelsfall der Grimm das Biest sehen würde, das Biest würde umgekehrt auch seine schwarzen Augen zu sehen bekommen. Und Grau stand ihm sicher auch nicht gerade gut zu Gesicht, aber trotzdem war Juliette bei ihm geblieben. Weil er immer noch ‚ihr Nick‘ geblieben war. Und sie war immer noch ‚seine Juliette‘. Warum verstand sie das nicht?
 

Durch alle Unwägbarkeiten, Entführungen, Angriffe, Zombies, Wesenrein, Amnesien und sogar weihnachtliche Kobolde hatten sie sich gegenseitig geholfen und unterstützt.
 

Und nach all dem fehlte Juliette noch immer das Vertrauen in ihn und eine gemeinsame Zukunft.
 

Eine wütende Träne bildete sich in Nicks Augenwinkel und er zwinkerte sie weg. Dafür war es noch zu früh. Noch hatte er Zeit. Er würde sie beide nicht aufgeben. Er würde um seine große Liebe kämpfen.
 

Aber vorher hatte er noch was anderes zu erledigen, sonst würde er bis dahin nicht durchhalten. Hatte der Mann ihm schließlich nicht selber angeboten, dass er mit ihm ‚reden‘ könne?
 

Nick legte den Sicherheitsgurt an und startete entschlossen die Zündung.



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