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Memories

von

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„Wir sind wieder da“, rief Tetsu in Richtung der Küche, während wir die Schuhe auszogen.

„Wie war die Schule?“, fragte uns Frau Sendagaya, Tetsu's Mutter, die mit einem Teller und einem Wischtuch in der Hand in der Küchentür stand.

„Ganz ok“, sagten Tetsu und ich wie aus einem Munde und lachten.

„Das Essen ist in einer halben Stunde fertig“, meinte sie lächelnd und ging wieder zurück in die Küche.

„Kann ich helfen?“, fragte ich vom Flur aus.

„Nein, das brauchst du nicht.“

„Ok“, mit diesen Worten ging ich zu Tetsu, der mir mit einer Handbewegung zeigte, dass ich ihm folgen sollte. Wir gingen ins Wohnzimmer und ich setzte mich, während Tetsu die Fernbedienung suchte, um den Fernseher anzuschalten, da seine Lieblingsmannschaft die Kyoto Sanga, gerade spielten. Er setzte sich neben mich und bis auf ein paar Anfeuerungsrufen Tetsu's, weil die Mannschaft gut spielte, war es still. Nach einer Weile brach er allerdings das Schweigen.

„Sag mal Aiko, erinnerst du dich mittlerweile wieder an irgendetwas aus deiner Vergangenheit?“

„Nein, leider nicht...“, sagte ich etwas deprimiert und sah zu Boden.

Seit einem Monat wohnte ich nun bei Tetsu, nachdem er mich ziellos umherirrend in der Stadt gefunden hat. Das Erste, woran ich mich erinnerte ist, dass es in strömen regnete und ich Angst hatte. Wovor, das weiß ich nicht. Damals sprach Tetsu mich an, ob ich jemanden suchte, was ich verneinte. Er fragte mich, ob ich mich verlaufen habe, worauf ich erwiederte, dass ich es nicht wisse. Daraufhin nahm er mich erst einmal mit zu sich, damit ich mich aufwärmen konnte. Er und seine Eltern fragten mich nach meinen Eltern, wo ich wohnte, auf welche Schule ich ging und so weiter.... aber bis auf meinen Namen und mein Alter wusste ich nichts mehr. Sie fuhren mich daraufhin ins Krankenhaus, wo eine Amnesie bei mir festgestellt wurde. Die Ärzte meinten, dass ich mich irgendwann wieder an alles erinnern würde, aber das das dauern könnte. Zuerst wollte man mich in ein Heim schicken, aber die Sendagaya's waren so freundlich, mich bei sich aufzunehmen. Das einzige, was ich machen müsste, war arbeiten. Damals wie heute war bin ich froh, dass sie mich, ein wildfremdes Mädchen, bei sich aufnahmen, obwohl sie nichts über mich wussten.

„Erde an Aiko. Bist du noch da?“, fragte Tetsu und fuchtelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. Ich war wohl so in Gedanken versunken gewesen, dass ich nicht gemerkt habe, dass er mich noch etwas gefragt hat.

„Hm?“

„Hast du immer noch diese Träume?“

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich schloss die Augen.

„Ja“, sagte ich leise. „Es sind immer noch dieselben Träume. Zwei Personen stehen vor mir und rufen meinen Namen, aber ich kann ihr Gesicht nicht erkennen. Sie tragen weiße Umhänge und haben Waffen bei sich. Hinter mir steht eine weitere Person mit einem schwarzen Kleid, die ebenfalls meinen Namen ruft. Manchmal ruft aber auch ein schwarzer Wolf meinen Namen. Aber auch von dieser Person sehe ich das Gesicht nicht. Und die Umgebung ich nach wie vor schwarz und es ist kalt. Sehr kalt.“

Ich verschränke die Arme vor der Brust, da mir mit einmal eiskalt war. Als ich die Augen wieder öffnete war mir schwindelig und ich hatte Kopfschmerzen.

„Alles ok?“, fragt Tetsu besorgt und setzt sich vor mich.

„J-ja, alles bestens“, stotterte ich und versuchte nicht rot zu werden. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und diese Nähe war mir bei Tetsu nun doch etwas unangenehm.

„Wirklich?“, fragte er erneut und legte seine Hand auf meine Stirn. „Dein Gesicht ist so rot. Hast du Fieber?“

Ich merkte, wie mein Gesicht noch einen Tick roter wurde und sprang auf, bevor er merkte, dass es wegen ihm war.

„I-ich frag mal, ob ich den Tisch decken kann!“, sagte ich und floh regelrecht aus dem Wohnzimmer.

Auf dem Weg in die Küche fuhr ich mir mit der Hand durch meine kurzen grünen Haare. Sie sind lang geworden wenn man bedenkt, dass ich sie vor einem Monat von Brustlang auf vier Zentimeter schneiden ließ.

„Ist alles in Ordnung bei dir?“, fragte mich Tetsu's Mutter, die gerade dabei war den Reis umzurühren.

Ich nickte eifrig und holte alles aus den Schränken, was ich brauchte, um den Tisch zu decken.
 

Eine dreiviertel Stunde später saß ich in meinem Zimmer am Schreibtisch und versuchte verzweifelt die Hausaufgaben in Mathematik zu lösen. Wie ich Geometrie hasste. Wann werde ich in meinem Leben je wieder das Volumen oder die Masse eines Zylinders berechnen müssen? Oder wann werde ich den Satz des Pythagoras anwenden müssen, wenn ich später Ärztin bin? Ja, Ärztin, das ist mein Traumberuf. Dann könnte ich den Menschen helfen. Oder ich finde heraus, wie man innerhalb kurzer Zeit seine Erinnerungen wieder erlangte, wenn man unter einer Amnesie leidete. Ich fing an auf meinem Bleistift herum zu kauen. Ob meine Eltern wohl nach mir suchen? Ob sie mich vermissten? Bestimmt. Ich fasste mir an die Kette um meinen Hals. Es war eine einfache silberne Kette, die eine schwarze Fledermaus als Anhänger hatte. Immer wenn ich den Anhänger in der Hand hielt hatte ich das Gefühl mich an etwas zu erinnern. Aber sobald ich mich näher darauf konzentrierte war es weg und diese elende Unwissenheit machte sich wieder in mir breit. Wie lange es wohl noch dauern wird, bis ich mich wieder an etwas erinnerte? Ich seufzte und streckte mich. Ich werde Tetsu nachher mal fragen, ob er mir in Mathematik weiter helfen kann. Ich glaubte zwar nicht wirklich daran, aber einen Versuch war es wert.

Ich sah aus dem Fenster. Der Himmel färbte sich bereits rötlich und in mir zog sich etwas zusammen. Bald wird es dunkel sein.

„Aiko-chan?“, rief mich Frau Sendagaya und ich stand auf und ging zu ihr. Sie kochte gerade Abendessen für die Gäste der heißen Quelle.

„Kannst du bitte noch einkaufen gehen? Mein Mann und Tetsu sind unterwegs, ansonsten würde ich einen der beiden los schicken. Vor allem weil ich weiß, dass du Angst im dunkeln hast.“

Ich lächelte, auch wenn mein Herz in meiner Brust so schnell schlug, dass ich das Gefühl hatte, dass es gleich zerspringt.

„Ach, so große Angst habe ich nun auch wieder nicht.“

Sie sah mich besorgt an, hielt mir aber letztendlich den Einkaufszettel und Geld hin, was ich beides sogleich einsteckte. Ich nahm nur eine kleine Tasche mit, da es nicht so viel war, was ich einkaufen musste. Während ich mir die Schuhe anzog, ging ich in Gedanken noch einmal die Einkaufsliste durch. Butter, Reis, Fisch, Paprika, Tomaten und Soja Sauce.

„Bis gleich“, rief ich und schloss die Tür hinter mir. Die Straßenlaternen erleuchteten bereits den Weg und das strahlende blau war mittlerweile einem orange rotem Abendhimmel gewichen. Wenn ich mich beeilte, dann wäre ich vielleicht wieder zurück, bevor es dunkel wurde. Ich lief los zum nächsten Markt und hielt den ganzen Weg über die Tasche fest in der Hand. Beim kleinsten Geräusch zuckte ich bereits zusammen, auch wenn es nur zwei streitende Katzen waren. Auf der halben Strecke blieb ich einmal kurz stehen um tief Luft zu holen. Ich darf mich nicht so verrückt machen. Was kann schon passieren? Wenn mir irgendjemand zu nahe kommt, dann lauf ich einfach weg, schließlich habe ich nicht umsonst die Eins im Sprint bekommen. Nachdem ich meine Nerven ein wenig beruhigt hatte, ging ich weiter. Mein Herz klopfte zwar immer noch wie wild, aber ich ging trotzdem in einem normalen Tempo weiter. Ich war froh, als ich endlich am Supermarkt angekommen war und kaufte fix alles ein, was ich kaufen sollte. Nachdem ich bezahlt und alles eingepackt hatte ging ich vor die Tür und stellte zu meinem entsetzen fest, dass es bereits dunkel war. Ich schluckte und ich merkte, wie sich meine Hand an der Tasche festkralle. So ein Mist. Ich fing an zu zittern und biss mir auf die Lippe. Irgendwann musste es passieren.

Es dauerte ein paar Minuten, bis ich mutig genug war, los zu gehen. Ich versuchte meine Angst zu ignorieren, schließlich war ich 14 Jahre alt und kein kleines Kind mehr, dass sich davor fürchtete, dass hinter jeder Ecke ein Monster lauerte, wie beispielsweise Vampire. Bei dem Gedanken schlich sich sogar ein Lächeln auf mein Gesicht. Vampire. Wesen in der Gestalt eines Menschen, die nur nachts hervor kommen um das Blut von Menschen zu trinken. Wie lächerlich. So etwas gibt es nicht.

„Entschuuuuuuldiiiiigen Siiiiiie?“, sprach mich jemand von einer dunklen Gasse aus an und riss mich aus meinen Gedanken. Es war ein Mann mit kurzen rosa Haaren und roten Augen. Er trug einen weißen Zylinder, sowie einen weißen Anzug und sah alles in allem aus wie ein Straßenkünstler.

„Kann ich ihnen helfen?“, fragte ich freundlich, auch wenn mir dieser Mann mehr als seltsam vorkam, nicht nur seines Aussehens wegen.

„Jaaaaaaaa, daaaas könneeeen Siiiiiie. Wiiiiiiiie kooommeee ich zuuuuu dem Straaaaaaßenfeeest?“

„Sie müssen diese Straße entlang gehen, dann dort vorne rechts und dann kommt ein kleiner Park. Wenn Sie durch ihn hindurch gehen, dann sind sie schon dort“, antwortete ich und gestikulierte dabei stark mit den Händen. Das sollte ich mir wirklich mal abgewöhnen.

„Können Siiiiie miiiich vielleicht doooort hiiiin briiingeeeen?“

Ich sah mich um. Keine Menschenseele war weit und breit zu sehen. Und dieser Mann fixierte mich mit seinen Augen. Aber da war noch etwas anderes in seinen Augen zu sehen, was genau es war, wusste ich allerdings nicht. War das vielleicht... Gier?

„Ehm... ich würde ja gerne, aber ich muss los. Fragen Sie doch jemand anderen“, versuchte ich ihn abzuwimmeln und wollte gerade weiter gehen, als er mich am Handgelenk fest hielt.

„Aber daaas geht doch niiicht. Siiie können mich doch niiicht so eiiinfach hiiiier stehen lassen.“

Er zog mich näher an sich heran und ich merkte, wie die Panik in mir hoch stieg.

„Lassen Sie mich los!“ Er lachte.

„Neiiin. Für diiiiieses unhöfliiiiiche Verhalteeeen, muss iiiich diiiiiich bestrafen!“

Er zog mich noch näher an sich heran und sein Mund näherte sich meinem Hals. Ich versuchte ihn zu schlagen, zu treten, zu beißen... aber ich traf ihn nicht.

„NEIN!“, rief ich ängstlich und ich merkte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Er lachte nur und sein Atem an meinem Hals ließ mir einen kalten Schauer den Rücken herunter laufen. Was hatte er vor? Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedachte, spürte ich ein pieksen an meinem Hals und erstarrte. Ein Vampir. Er ist ein VAMPIR!

„AUFHÖREN!“, rief ich verzweifelt und schlug ihm mit der Hand gegen den Bauch. Und tatsächlich, er ließ von mir ab und taumelte nach hinten.

„Urg... Duuu...“

Ich drehte mich um. In seinem Bauch steckte ein schwarzes Schwert, worum sich sein Anzug bereits rot verfärbt hatte. Wie ist das möglich?

„Verdammtes C3... Ich hätte niiiicht gedacht, dass sogar eure Kiiiinder schon so früh miiiiit Magiiiiie umgehen können“, sagte er leise und ging in die Knie.

Ich lief los und machte erst wieder halt, als ich in der Nähe der heißen Quelle war. C3? Magie? Wovon redet der?

Zitternd schloss ich die Wohnungstür auf und zog die Schuhe aus. Aus dem Wohnzimmer hörte ich den Sportsprecher, vermutlich war Tetsu wieder da. Ich ging wortlos in die Küche, stellte die Tasche ab und ging auf mein Zimmer. Zu meinem Glück war Tetsu's Mutter gerade nicht in der Küche und ich konnte mich in Ruhe auf mein Zimmer zurück ziehen. Ich war mich auf mein Bett, vergrub mein Gesicht im Kissen und schrie los. Was zur Hölle war passiert? Ein Vampir? Hier? Aber das sind doch alles nur Märchen! Ich tastete mit meinen Finger an die Stelle, wo der Mann mich gebissen hatte. Zu meinem entsetzen spürte ich dort zwei kleine Löcher und automatisch wanderte meine Hand zu dem Anhänger. Es gibt sie also wirklich? Vampire? Ich schüttelte mit dem Kopf. Aber wo kam das Schwert her? Ich besitze noch nicht einmal eins. War das Magie? Und wer oder was ist C3? Zitternd setzte ich mich auf und sah meine Hand an. Sie sah normal aus. Ich schloss meine Augen und stellte mir gedanklich ein Schwert vor. Als ich sie wieder öffnete rutschte ich erschrocken zurück. Tatsächlich lag vor mir ein schwarzes Schwert. Aber wo kam das her? Mir war unglaublich schwindelig und ich ließ mich auf mein Kissen fallen. Nur kurz, nur ganz kurz will ich die Augen zu machen.
 

Als ich meine Augen wieder öffnete war es, anders als sonst, nicht dunkel. Ich lag in einem hellen Raum in einem Bett und auch wenn ich den Raum zum ersten mal sah, kam mir alles sehr vertraut vor.

„Aiko, mein Schatz, komm mal her“, sagt eine freundliche Frauenstimme zu mir.

Ich setzte mich auf und sah mich um. Es war dieselbe Stimme, wie in meinen anderen Träumen. Ich ging auf die Frau zu und umarmte sie.

„Aiko, ich hab hier etwas für dich.“

Sie hielt mir meine Kette vor die Nase, die ich fasziniert ansah.

„Ist die schön“, sagte ich begeistert.

„Sie wird dich beschützen, wenn wir nicht bei dir sind.“

„Wovor?“

„Vor Vampiren.“

„Vampire?“

„Ja. Aber das erkläre ich dir ein anderes mal. Los, wir müssen gehen. Papa wartet schon.“

Sie nahm mich an der Hand und gemeinsam gingen wir durch einen langen Flur. Den ganzen Weg lang sah ich sie an und versuchte ihr Gesicht zu erkennen. Oder besser gesagt mich an ihr Gesicht zu erinnern. Aber obwohl ich nicht wusste, wie diese Frau aussah, fühlte ich mich wohl, geborgen und sicher. Wir traten durch eine Tür und mit einmal war alles anders. Es war kalt und ich hätte Angst. Die Frau stand nicht mehr neben mir, sondern mit einem Mann schützend vor mir.

„HAHAHAHAHAHA“, lachte jemand. „Glaubt ihr wirklich, dass IHR mich aufhalten könnt?“

„Wir werden nicht zulassen, dass du hier weiter wütest, Tsubaki!“, sagte der Mann wütend.

„Das werden wir ja sehen...“, säuselte jemand und vor mir stand mit einmal ein weiterer Mann. Er trug einen schwarzen Kimono, Getas und hatte eine schwarze dreieckige Brille auf. Außerdem hatte er schwarze Haare und rote Augen. Ich wich ein paar Schritte zurück und fiel zu Boden. Ängstlich sah ich den Mann an. Aus dem nichts hatte er ein Schwert hervor geholt und stand mit diesem vor mir. Jemand mit kurzen braunen Haaren hob mich hoch.

„Jun'ichiro, bring sie hier weg!“, ruft der Mann, den ich bereits aus meinen anderen Träumen kannte.

„Nein! Ich will hier bleiben!“

„Das kannst du nicht, Aiko“, sagte der Mann, der mich trug und lief los. Ich wehrte mich mit Händen und Füßen. Ich wollte hier bleiben Ich wollte ihre Gesichter sehen. Ich wollte wissen was passiert ist. Kurz bevor wir aus der Tür raus sind drehten sich die beiden noch einmal um. Diesmal konnte ich ihre Gesichter erkennen und Tränen liefen mir das Gesicht herunter.

„NEIN! MAMA! PAPA!“



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