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Plans for World Domination, Tentacle Retrievers and Pancakes

von
Koautor: Arcturus

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Pancakes > Everything

Eine halbe Stunde später fühlt Kate sich fast wieder wie ein Mensch.

Fast, denn ein Gold Temptation-Wölkchen umhüllt sie wie eine zweite Haut. Ginge es nach ihr, sie hätte nach einem anderen Duschgel gegriffen, doch alle Alternativen waren entweder aufgebraucht oder Kernseife.

Also alles wie immer.

In manchen Dingen, da ist sie sich mittlerweile sicher, ist Loki noch schlimmer, als Noh-Varr.

Und sie mag es.

Für den Moment ignoriert sie die Parfumokalypse tapfer. Die schleimigen Blutspuren, die sie auf den Dielen hinterlassen hat, sind dem Geruch von Desinfektionsmittel und einem Haufen dunkler Flecken gewichen, die vermutlich nie wieder komplett rausgehen werden. Aus dem Wohnzimmer hört sie noch immer die Wii U dudeln. Unterbrochen wird Thors Sieges-Jingle nur durch gelegentliches Klirren aus der Küche. Kate nimmt einen flachen Atemzug, dann macht sie sich auf den Weg.

Die Küchentür ist nur angelehnt, aber sie quietscht, als sie sie öffnet.

Es ist ein schmaler Raum, der in ein bodentiefes Fenster zum Hinterhof mündet. Zu ihrer Rechten quetscht sich eine dunkle Küchenzeile in die gesamte Raumlänge, der Platz zu ihrer Linken geht fast komplett für einen Kühlschrank und einen Tisch mit zwei Stühlen drauf. Auf der Anrichte drängen sich Küchenkräuter, für die Kate keine irdischen Namen kennt, und auf dem alten Gasherd wartet eine Pfanne auf ihren Einsatz.

Loki derweil sieht wenig nach Einsatz aus. Er lehnt am offenen Fenster, die Unterarme auf das Metallgitter gestützt. Seine Haltung gewährt ihr einen guten Blick auf seine Schultermuskeln und auf die feinen Narben einer alten Bisswunde. Die Anspannung, die sie noch immer in ihren Schultern spürt, fehlt ihm völlig. Sie sieht gerade noch, wie er den Kopf abwendet.

Kate kennt die Geste.

Ungerührt tritt sie in den Raum.

„Mein Duschgel ist alle.“

Keine Reaktion.

Statt sie anzusehen, schaut Loki weiter aus dem Fenster. Sein Brustkorb hebt und senkt sich gleichmäßig. In seinen Händen hält er einen Schneebesen. Locker dreht er ihn zwischen seinen Fingern.

Also keine Gefahr.

Natürlich nicht.

Sie verdreht die Augen.

„Das größte Ego diesseits des Hudson, aber er schmollt wie ein Teenager.“

Als Antwort erntet sie etwas, das weder ein Husten, noch ein Schnauben ist, sondern irgendwas dazwischen. Es klingt angeekelt.

„Es trocknet.“

„Und?“

„Ich bin lila!“

Nun dreht er sich doch um und er hat recht - er ist lila. Leider ist es nicht mehr das Lila, das in allen Farben des Regenbogens fluoresziert. Geblieben sind auf seiner Brust und seinen Armen getrocknete Flecken in einem dunklen Violett, das fast ein dreckiges braun ist. Kate kennt die Farbe - sie hat sie sich bis eben aus dem Gesicht gekratzt.

Er tut ihr beinahe leid.

Sie zuckt trotzdem nur mit den Achseln.

„Nun, von deinem Duschgel ist noch etwas übrig.“

„Also wäscht du es ab?“

„Also schreibst du das nächste Mal keine lebensmüden Forderungen auf deinen Einkaufszettel?“

Er leckt sich über die Lippen. Sie wissen beide, wie die Antwort lautet.

Keiner spricht sie aus.

„Wie viele waren es dieses Mal?“

Während er spricht, lehnt Loki sich gegen das Metallgitter vor dem Fenster. Sein Griff um die Brüstung ist zu fest, um souverän zu wirken. Sie erinnern sich beide noch an den Zwischenfall bei der Queensboro Plaza Station.

„Sechs? Acht? Zwölf? Ich hatte zwischen drin keine Zeit zum Zählen.“

Loki öffnet den Mund, doch Kate schüttelt den Kopf.

„Sag es nicht. Mein Wochenende ist PG-13.“

Sie wechseln einen Blick, dann seufzt er. Theatralisch.

„Du hast ihnen also nicht gesagt, dass du hier bist?“

„Doch, habe ich“, antwortet Kate ungerührt. Sie schließt die Tür hinter sich, dann setzt sie sich rittlings auf einen der Küchenstühle. In ihrem Augenwinkel sieht sie ihren Bogen, den Loki dort gelassen hat, wo sie ihn vergessen hat.

„Ich soll dir von Speed ausrichten, dass er dich nach Buenos Aires rennen wird, bevor du überhaupt merkst, dass du dich bewegst. Und alles, was ich tun muss, ist ihm einen Beam mit ‘4357’ zu schicken.“

„Buenos Aires?“ Lokis Gesichtszüge entgleiten. Er hebt die Hände vom Geländer und wedelt damit, wie seit mindestens siebenundzwanzig Stunden nicht mehr. „Nicht nach Buenos Aires! Im Wetterbericht haben sie Kreeschauer angesagt. Kreeschauer, Kate! Die sind immer so schlecht für meine Frisur. Und für meine Kleidung! Und-“

“...und für deine Integrität?“

Der Panikanfall stoppt abrupt.

„Die ist ohnehin nicht mehr zu retten.“

Loki winkt ab. Sie sieht seinem Blick dabei zu, wie er durch den Raum wandert. Von ihr zu ihrem Bogen in der Ecke hinter der Tür und schließlich zu dem unscheinbaren Silberarmreif an ihrem Handgelenk.

„Wie hast du unsere Besucher von jenseits des Multiversums überhaupt erledigt? Schließlich war dein Bogen hier und ich weiß nicht einmal, wo ich deine Kampfstäbe verloren habe.“

„Du hast meine Kampfstäbe?! ... Küchenabteilung.“

„Vielleicht? Also vielleicht nicht mehr? ... Küchenabteilung?“

„Darüber reden wir noch. Und ja, Küchenabteilung.“

„Küchenabteilung.“

„Du hast nicht die geringste Ahnung, wie schwer sich ein paar handelsübliche Steakmesser herausziehen lassen, wenn sie erst einmal stecken. Aber ernsthaft. Ich brauche keine Massenvernichtungswaffen von jenseits des Multiversums.“

„Nicht? Dann könntest du vielleicht...?“

Das gierige Funkeln in seinen Augen entgeht ihr nicht.

„Nein.“

In einer schwungvollen Geste stößt Loki sich von der Metallbrüstung in seinem Rücken ab. Zwei Schritte bringen ihn zu ihr an den Küchentisch. Dort lehnt er sich mit den Unterarmen so tief auf die Tischplatte, dass er zu ihr aufschauen muss. Sein Schuljungenlächeln ist so perfekt, als habe er es die letzten tausend Jahre an Frigga perfektioniert. Sein Blick erinnert sie an einen Labrador.

„Bitte?“

Kate erwidert sein Lächeln wie ein Hai.

„Nicht einmal über deine Leiche.“

„Natürlich nicht über meine Leiche!“, stößt er aus. Theatralisch packt er sich ans Herz. „Schimmel steht mir nicht. Und diese Skelett-Nummer? Nicht. Mein. Stil. Aber Thors Leiche vielleicht? Oder Odins? Oder... Nein! Ich weiß! Batmans Leiche!“

Kate verdreht die Augen.

Als hätte sie an diesem Tag nicht bereits genug Leichen von jenseits des Multiversums gehabt.

„Weniger Leichen, mehr Pancakes.“

In seinem Blick funkelt es. Vielleicht ist es der Schalk, vielleicht auch einfach nur die blanke Gier.

„Ist das ein Deal?“

Schweigend zieht Kate eine Augenbraue hoch.

„Also ja?“

„Nicht einmal, wenn du mit deinem Speichel Gedanken kontrollieren könntest.“

Er seufzt schwer.

„Es ist eine Schande, wirklich!“, verkündet er, wild gestikulierend. „Da ist man der scharfsinnigste, der charmanteste, der talentierteste und nicht zuletzt der attraktivste Gott von ganz Asgard und sie so ‘Hey, mein Ex hatte Spucke, die dein Gehirn bereits bei dreißig Grad blütenrein wäscht! Und was hast du?’ Ernsthaft, Kate. Das mit den Komplimenten müssen wir noch üben.“

Einen Moment steht er noch da, die Arme anklagend erhoben. Kate kann sehen, wie er die Luft anhält, um die Theatralik des Augenblicks noch ein wenig mehr zu unterstreichen - dann sackt er in sich zusammen. Wie ein Sack Reis fällt er auf den freien Küchenstuhl. Sein Kopf landet mit zwei dumpfen Klonk! auf der Tischplatte. Das Kinn immer noch auf dem Tisch, dreht er seinen Kopf gerade so hoch genug, um sie ansehen zu können.

„Pancakes?“

Kate lächelt.

„Pancakes.“

 

~ ᛟᚱ ~

 

 

Das Rezept ist deppensicher.

Macadamianüsse kleinhacken. Mit Mehl, Zucker, Salz und Natron vermischen. Milch und Eier dazugeben. Loki rühren lassen, wie der Gott, der er ist. Das Bananenmus unterheben. In Pancake-großen Portionen in die Pfanne geben. Bei mittlerer Hitze goldbraun backen.

Deppensicher, wirklich.

So deppensicher, dass es selbst ein Superheld mit Speeds Aufmerksamkeitsspanne hinkriegen würde. (Lokis Auffassung, nicht Kates.)

Sie kommen bis zu der Sache mit den Eiern.

Während Kate noch darüber grübelt, ob die Nussstückchen nicht doch noch zu grob sind, und Loki nach den Eiern greift, scheppert es draußen. Erst die Mülltonnen, dann Glas im Erdgeschoss. Schließlich Stille - oder etwas, das Kate im ersten Moment dafür hält.

Ihre Nackenhaare stellen sich auf, noch bevor sie versteht, was sie hört. Wittern. Schnüffeln. Die Nase eines Hundes, die tief über dem Boden hängt und jede Spur, jedes noch so flüchtige Aroma aus der Luft aufnimmt. Das Wedeln einer Rute. Das ungleichmäßige, feuchte Klatschen von Tentakeln, die über den Hof eilen.

Lokis Hand wabert noch immer über der Packung mit den Eiern. Sie rühren sich nicht. Die unausgesprochene Frage, ob es das ist, was Loki glaubt, dass es ist, hängt in der Luft.

Dann geht alles ganz schnell.

Ein Schemen katapultiert sich über die Metallbrüstung des Fensters. Sein Flug folgt einer Parabelbahn durch die halbe Küche und endet irgendwo zwischen den Eiern und Lokis linker Hand. Eierschalen bersten. Eiweiß fliegt durch die Luft. Loki schreit, nur ein bisschen.

Schemen und Gott verschmelzen zu einem Knäuel, das nur noch durch „Lass los! Lass Los! Lassloslassloslasslos!“ unterbrochen wird.

Kates Blick huscht durch den Raum, verwirft die Idee mit dem Bogen, vermisst ihre Kampfstäbe, greift dann nach dem Buch Hawaiianische Küche für Anfänger und nordische Götter.

Einen beherzten Schlag später ist Ruhe.

Sie atmet tief durch.

Gemeinsam starren sie auf das ... Ding, das noch einen Moment lang an den Küchenfliesen klebt und dann langsam nach unten rutscht. Mit einem dumpfen Klatschen landet es in ihrem mühsam erquetschten Bananenmus.

„Was zum-?! Ich dachte, wir reden hier von Tentakelmonstern! Monstern aus einem anderen Multiversum! Saugnäpfe! Schleim! Cthulhu! Detailaufnahmen, die ein R-Rating brauchen! Und? Was ist? Das ist nicht mal ein Pudel! ... Kate, was ist das?“

Kate legt den Kopf schief.

Im Licht von Lokis LED-Wandbeleuchtung und ohne das hektische Zappeln eines Gottes, der mehr Angst um seine Haare als um Kates Finger hat, wirkt ihr Dämon aus einer anderen Dimension nicht mehr wirklich ... dämonisch. Bulliger Rumpf, ein Kopf mit flacher Schnauze, vier Stummelbeine, die kraftlos aus der Schüssel ragen. Nur der Schleim, der in dem schwarzen Fell klebt wie Schmieröl, passt nicht ins Bild. Sie hört das Ding atmen, immer noch. Es ist eine Mischung aus Röcheln und Schnarchen, die vermutlich schon immer so war.

„Ich würde sagen, das ist ... Bonaparte.“

„Bonaparte?“ Probeweise piekt Loki ihrem ungebetenen Gast in den Brustkorb.

Keine Reaktion. „Ich habe Napoleon ... weniger ... röchelnd in Erinnerung.“

„Nicht Napoleon. Bonaparte. Die Französische Bulldogge von unten.“

„Die ...“ Den Finger immer noch unter der Hundeachsel hält Loki inne. „Oh ... Oops.“

Bonaparte stört das nicht. Träge hebt er sein Stummelbeinchen etwas höher. Kate kennt die Bewegung. Es gibt da diesen nordischen Gott, der genauso reagiert, wenn man die Narben unter seinem rechten Arm mit dem Finger nachfährt. Er röchelt nur weniger. Und redet dafür mehr. Viel mehr.

Sie schüttelt den Kopf.

„Sag mal ... Wie kommt Bonaparte hier hoch? Und sag jetzt bitte nicht ‘durch’s Fenster’, das habe ich gesehen.“

Lokis Blick huscht zum Fenster. Er schnalzt mit der Zunge.

„Ich habe da eine Ahnung, aber sie wird dir nicht gefallen.“

Die hat Kate auch.

Dann ist es wieder da.

Vor dem Fenster.

Schnüffeln.

Klatschen von Tentakeln auf Stein.

Beinahe simultan schauen sie auf, von der Bulldogge, die in ihrem Bananenmus schnarcht, hoch zum Fenster. Langsam, ohne den Blick von der Metallbrüstung zu nehmen, lehnt Kate sich nach hinten. Ihre Finger schließen sich um Bogen.

„Loki?“, fragt sie, während sie sich den Köcher an ihren Gürtel hängt.

„Ja?“

„ᚱᛃᛖᚱᛞᚹᚱᛒᚱ.“

„Sicher?“

„Nein.“ Sie spannt einen Pfeil in den Bogen. „Also mach schon.“

Loki wirft ihr einen Blick Marke ‘Das werden wir beide noch ganz furchtbar bereuen’ zu, dann legt er seine Hand auf ihre Schulter.



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