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Plans for World Domination, Tentacle Retrievers and Pancakes

von
Koautor: Arcturus

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Shoot first. Ask questions later.

Kates Pfeil bohrt sich in ihren extradimensionalen Gast.

Und was für ein Gast das ist.

Knapp einen Meter hoch. Sieben Beine. Blasse, blauviolette Tentakel.

Viele Tentakel.

Kate kann sich nicht daran erinnern, jemals so viele Tentakel an einem einzigen Dämon gesehen zu haben.

Und dazwischen ... alles. Mülldeckel. Ein Stoppschild. Die kitschige Löwenstatue, die Kate Lokis Nachbarin vor einer Woche ins Wohnzimmer getragen hat. Ihr Pfeil steckt hilflos dazwischen. Kate sieht nicht einmal Blut. Wie Bonaparte es in Lokis Küche geschafft hat, fragt sie sich nicht mehr.

Einer der Tentakel klatscht gegen die Außenmauer. Die Saugnäpfe bleiben kleben.

Ein Ruck geht durch den Dämon, oder was auch immer es genau ist, dann macht es sich auf den Weg nach oben. Tentakel, für Tentakel für ... Tentakel.

Neben sich hört sie Loki schlucken.

„Küchenabteilung?“

Sie schluckt ebenfalls.

„Die waren ‘ne Nummer kleiner?“

Synchron starren beide zu dem Knäuel aus Beinen, Tentakeln und Hundeschnauzen, das mit der beharrlichen Penetranz einer Spinne die Außenmauer hochklettert und längst das Erdgeschoss hinter sich gelassen hat.

„Nicht. Hilfreich.“

Der erste Tentakel erreicht die Brüstung vor Lokis Fenster. Zielstrebig wickelt er sich um das Metall und zieht seinen massigen Körper hinterher. Jetzt, wo es mit den ersten Saugnäpfen beinahe am Ziel ist, beschleunigt es. Mehr Tentakel heben sich. Das Stoppschild schlägt die Fensterscheibe nur nicht ein, weil das Fenster offen steht. Kate hört es klirren.

„Das war mein Kardamom.“

Dem Dämon ist das egal. Es scheppert.

„Das die Pfanne.“

Es kracht.

„Und das die Kaffeemaschine. Mir reicht’s. Ich thor’ das jetzt.“

„Du- bitte was?“

Auffordernd hebt Loki die rechte Hand. Ohne, dass Kate den Befehl gehört hätte, sammelt sich Licht in seiner Handfläche. Es hat diesen grünen Schein, den sie sonst aus Harry Potter-Filmen kennt - und der dort ähnlich unheilverkündend ist. Für einen Moment glaubt Kate wirklich, Mjölnir erscheinen zu sehen - doch es ist ein Schwert, das sich aus dem Licht formt.

Die Klinge ist einen knappen Meter lang, kupferrot, magisch.

Es ist nicht das erste Mal, dass er diesen kleinen Zaubertrick verwendet. Kate sieht es in der Art, wie sich seine Finger um den Schwertgriff schließen. Doch es bleibt ein Trick. Auch das sieht sie, in dem Schwung, mit dem er das Schwert in seiner Hand kreisen lässt und in der Bewegung, in der die Klinge leicht aus der Balance seines Griffes schwingt, als er sie schließlich senkt. Es ist nicht für Loki geschmiedet worden - zumindest nicht für diesen Loki.

„Laevateinn, meine Erbklinge. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest?“

Ohne auf eine Antwort zu warten, tritt er vor. Kate kennt den Schritt - sie weiß: Jetzt wird es dumm.

Und das wird es.

Loki hebt das Schwert, Laevateinn, dann brüllt er, so laut, dass man ihn vermutlich noch beim Stark Tower hört - oder zumindest beim Griechen drei Straßen weiter: „HEY! NIEMAND HAT DICH EINGELADEN! ALSO NIMM DIE SAUGNÄPFE VON MEINER KÜCHENEINRICHTUNG!“

Nichts geschieht.

Irgendetwas klirrt. Es klingt verdächtig nach der Mikrowelle.

„Jetzt reicht es mir aber.“ Er atmet durch, dann brüllt er weiter. Kate ist versucht, sich die Ohren zuzuhalten. „EY, TENTAKELKOPF! DAS DARF NICHT EINMAL MEIN BRUDER! HAT DIR ÜBERHAUPT SCHON MAL JEMAND GESAGT, DASS DAS HAUSFRIEDENSBRUCH IST? NEIN? DANN SAG ICH ES DIR JETZT: DAS IST HAUSFRIEDENSBRUCH! UND DER GASHERD IST EH ZU KLEIN FÜR DICH! ALSO KOMM DA-“

Das Stoppschild verschwindet auf Nimmerwiedersehen durch das Fenster. Zwischen all dem Lärm hört Kate ein Schnaufen, das ein Bellen sein könnte. Vielleicht ist Bonaparte aufgewacht. Vielleicht erstickt er auch nur.

„HEY, DU MUTTER ALLER HENTAI!“

Statt weitere, unnötige Forderungen zu brüllen, macht Loki einen Satz - und ist weg.

Drei Meter über seinem Küchenfenster taucht er wieder auf, Laevateinn in beiden Händen. Einen Wimpernschlag lang hängt er wie in Zeitlupe in der Luft. Dann stürzt er sich auf die Tentakel, die noch über die Metallbrüstung ragen.

Es ist ein glatter Schnitt.

Loki landet wenig grazil auf dem Innenhof und rollt ab, wie in den Videospielen, die er ständig an Laufen hat. Die umgeworfenen Mülltonnen verfehlt er dabei nur knapp. Zwei Tentakel folgen ihm mit einem dumpfen Klatschen.

„Ich rede mit dir.“

Dass er sich Auge in Auge mit einem Beutel voller verrottender Tomaten befindet - und selbigen augenscheinlich auch riecht - trübt seine heroische Pose ein wenig.

Trotzdem: Er hat Erfolg.

Über ihnen klirrt etwas - dem Klang nach zu urteilen die Löwenstatue seiner Nachbarin - über die Küchenfliesen. Blauviolettes Blut sprüht wie ein besonders ekliger Regen über Außenmauer und Fenstersims. Tentakel verknoten sich halb im Fenster und strecken sich schließlich über die Metallbrüstung ins Freie. Mülldeckel schlagen mit lautem Scheppern auf dem Innenhof auf. Die Mutter aller Hentai folgt ihnen mit einem lauten BATSCH!

Offenbar selbst davon überrascht, dass der Weg nach unten so kurz war, bleibt sie liegen, wo sie aufgeschlagen ist. Kates Freude darüber währt nur kurz.

Die Tentakel zucken - und nicht nur die, die noch an ihrem Körper hängen.

Es sind die Abgeschlagenen, die ihr spontan mehr Sorgen machen. Sie zucken. Sie winden sich. Das, was eben noch ein blutiger Stumpf gewesen ist, wird Haut, wird Schnauze, wird Kopf.

Kate fragt nicht.

Sie legt an und schießt.

Der Pfeil geht quer durch und bleibt auf der Hälfte stecken. Ohne ihm Beachtung zu schenken, blasen sich die Saugnäpfe auf, platzen, werden Rute, Nasen, Augen, Beine.

Es knurrt.

Sie will sich übergeben, doch dafür hat Kate keine Zeit.

Ein Seitenblick auf ihren göttlichen Begleiter später weiß sie, dass sie von dieser Front keine Hilfe erwarten muss. Loki ist noch mit seinem Sieg beschäftigt. Und seinem Handy. Und-

Kate schnaubt, legt an, schießt.

Ein, zwei, drei Mal.

Zwischendrin verflucht sie sich, keinen von Clints Trickpfeilen dabei zu haben.

Einer ihrer Pfeile schießt dem neugeborenen Tentakel-Hunde-Dämon ein neues Loch und einen Moment sieht sie Blut, dann nur neue Tentakel.

„Hey!“ Sie legt wieder an. „Weniger Selfies, mehr asgardisches Mumbo Jumbo!“

Das Knurren wird lauter.

„Ich mache keine Selfies! Na ja, jetzt nicht mehr-“

„Loki!“

Kate duckt sich.

Dort, wo eben noch ihr Kopf gewesen ist, klatscht ein Dämon von der Größe eines Golden Retrievers gegen die Mauer. Sie spürt Schleim auf ihren Scheitel tropfen. Saugnapf für Saugnapf löst sich mit einem leisen Plopp. Kate schaut nicht nach oben. Sie denkt nicht einmal darüber nach - sie wirft sich einfach zur Seite, rollt, rennt, den Bogen immer noch in der Hand. Ihre Schritte hallen lauter auf dem Hof wider, als ihr lieb ist. Noch im Lauf greift sie nach dem nächsten Pfeil.

Hinter Loki bleibt sie stehen.

„Wenn es keine Selfies sind, was machst du dann mit-“ Kate stockt, als sie das Smartphone in seiner Hand bemerkt. Die Hülle aus teurem Leder. Hawkeye-lila. Young Avengers-Logo unterhalb der Kamera. Es dauert nur einen Augenblick, doch sie knurrt und sie hofft, dass er es nicht mit dem dämonischen Wadenbeißer verwechselt, der seine Kniekehle gerade maßnimmt. “Was machst du mit meinem Smartphone?“

„Ich beamze Speedy Gonzales.“

„Du beamzt Speedy Gonzales. Mit meinem Smartphone.“

„Sagen wir es so: Du hast die Hälfte aller Superhelden New Yorks diesseits der Fünfundzwanzig in deiner Beamchat-Timeline. Ich habe ... Thor. Wenn er mich nicht blockt. Und ich ihn nicht blocke. Und ich meine Tho-“

Kate nimmt den Zug von ihrem neuesten Pfeil, greift nach dem Smartphone und starrt einen Moment lang auf das Display.

 

3825

Bring Eier mit.

 

Sie will es gar nicht wissen. Sie nimmt sich nur vor, endlich den Fingerabdrucksensor einzurichten. Wenn sie das hier mit Fingern übersteht, heißt es.

Erst verspätet realisiert sie, dass auch Loki endlich realisiert.

„Es starrt mich an wie Schisch Kebab, oder?“

„Eher wie koreanisches BBQ. Ohne unnötige Spieße, du weißt schon. Können wir jetzt zu der Sache mit dem asgardischen Mumbo Jumbo zurückkommen?“

„Oh. Ja. Richtig.“ Er fasst nach ihrem Arm. „ᚱᛃᛖᚱᛞᚹᚱᛒᚱ!“

Hinter ihnen schlagen ein paar hundert Kilo Schnauzen, Tentakel und Beine mit zu langen Krallen in die Mülltonnen ein und hinterlassen einen Krater aus Metall und Küchenabfällen. Dann bekommt Kate ihr Mumbo Jumbo.

Es fliegen keine großen Reden. Es fliegen Zauber, Schwerter und verrottende Tomaten. Die Routine ist wieder da. Kate spürt Loki mehr in ihrem Rücken, als dass sie ihn sieht. Und das reicht. Clints Sprengkopfladungen trauert sie nicht mehr hinterher. Die Pfeile müssen nicht explodieren - es müssen nur genug sein.

Also ignoriert sie die Magie, die um sie herum Restmüll fliegen und ihr die ihre Nackenhaare zu Berge stehen lässt. Anlegen. Einatmen. Zielen. Loslassen. Den Tentakel ignorieren, der an ihr vorbeifliegt. Ausatmen. Pfeil aus dem Köcher ziehen.

Eine fließende Bewegung.

Drei Mal spürt sie Loki an sich, sein Fuß an ihrem Schuh, sein Finger auf ihrem Arm, drei Mal hört sie das „ᚱᛃᛖᚱᛞᚹᚱᛒᚱ!“, drei Mal schießt sie unbeirrt weiter.

Beim vierten Pfeil jault der Tentakelretriever auf, schnappt nach dem Schaft. Es braucht zwei weitere Pfeile - und einen halben Sack Zwiebeln aus dem toten Winkel - dann verlässt ihn die Kraft. Blut spritzt in alle Richtungen. Tentakel erschlaffen. Kate nimmt sich die Zeit, einmal tief durchzuatmen.

Da ist kein Grollen in ihrem Rücken, das sie warnt.

Sie hört den Schlag erst, als er sie trifft.

Das Letzte, was sie spürt, ist der warme Hinterhofbeton.



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