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Slices of Life

Eine Sammlung an Kurzgeschichten und Mini-Episoden
von

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The Challenge (Dir en grey)

Band: Dir en grey

Genre: Humor, Slice of Life, Freundschaft
 

The challenge
 

Shinya schlägt sie alle oder auch die bisher geheime Kraft des Shinyas
 

Das laute Vibrieren meines Handys lässt mich erschrocken zusammenzucken. Gleichzeitig macht sich der Kaffee aus meiner Tasse mit einem Schwapp selbstständig und breitet sich als große, dunkle Pfütze auf meinen Notizen aus. So ein Mist. Leise vor mich hinfluchend stelle ich eiligst das Heißgetränk zur Seite und versuche so gut wie möglich Schadensbegrenzung zu betreiben, während das kleine Gerät weiter enthusiastisch auf dem Tisch vor sich hin summt. Doch das ist mir gerade herzlichst egal – die Rettung meiner Notizen hat im Moment oberste Priorität.

Ach Mann. Der wellig bräunliche Fleck auf meinem Zettel verdeutlicht mir sofort, dass mein Rettungsversuch leider kläglich gescheitert ist. Denn dieser will sich auch nach mehrmaligem, intensiven Rumwedeln meinerseits nicht zum Verschwinden überreden lassen. Seufzend sinke ich auf meinen Stuhl zurück, das Handy ist mittlerweile verstummt, und blicke leicht resigniert auf mein Gekritzel. Also nochmal von vorn.

Es ist nicht so, dass mir aktuell Songideen fließend von der Hand gehen, aber das, was in den letzten Stunden auf dem Papier entstanden ist, kann sich, wie ich selbst finde, sehen lassen. Andererseits nun, mit dem riesigen Kaffeefleck darauf, ist meine neuste Idee nicht mehr so ansehnlich und noch weniger gut lesbar. Nächstes Mal sollte ich wieder auf den Computer zurückgreifen.
 

Bevor ich weiter über das völlig verlaufene Schriftbild jammern kann, höre ich, wie sich schnelle Schritte nähern, schon im nächsten Moment wird die Tür zu unserem Proberaum aufgerissen. Hätte mich das Klingeln meines Handys nicht bereits unsanft aus meinen Gedanken gerissen, spätestens jetzt würde sich mein geliebter Muntermacher vor mir auf dem Tisch ausbreiten. Aber der steht zum Glück sicher neben mir, während ich mich dezent genervt nach dem neuen Störenfried umdrehe. Eigentlich gibt es nur einen, der gern mit der Tür ins Haus fällt, besonders dann, wenn man noch nicht mit ihm rechnet. Und natürlich ist dem auch diesmal so.
 

Mit einem lauten Poltern stellt Toshiya in diesem Augenblick zwei große Getränkekästen ab, schmeißt seine Tasche obendrauf, ehe er sich in einer fließenden Bewegung auf das alte Ledersofa, das unseren Raum schmückt, pflanzt und mich grinsend ansieht.

„Guten Morgen, Leader-Sama. Schon wach?“ Dass in jedem seiner Worte ein stichelnder Unterton mitschwingt, versuche ich zu ignorieren. Argwöhnisch mustere ich seine Mitbringsel, verbiete mir selbst jeden Kommentar diesbezüglich, obwohl mir bereits Übles schwant.

„Du bist zu früh.“ Sein triumphierendes Grinsen übergehe ich komplett, während ich ihn mit einem finsteren Blick bedenke und dabei demonstrativ über das wellige Papier vor mir streiche. Dass der Kaffeeunfall nicht seine Schuld ist, muss unser aufgedrehter Bassist ja nicht gleich wissen. Außerdem fällt mir gerade kein besserer Weg ein, meinen Unmut über seinen polternden Auftritt am Morgen zu zeigen. Ich ernte einen entschuldigenden Augenaufschlag, den ich mit einem hoffentlich großzügig wirkendem Schulterzucken beantworte. Ich will mal nicht so sein.

„Ich wäre vermutlich spätestens jetzt mit deinem Erscheinen gänzlich wach gewesen“, ergänze ich grummelnd. Er lacht auf.

„Na ja, ich hatte noch was zu erledigen…“ Sein Blick huscht kurz zu den beiden Kästen. „... und das ging irgendwie schneller, als ich dachte, deshalb bin ich schon da. Freu dich drüber.“

„Hmmm ja, ganz toll.“ Die Ironie in meiner Stimme kann ich kaum verbergen, wofür ich sofort eine dezent beleidigte Schnute seitens des Schwarzhaarigen kassiere. Es ist beinahe spannend zu beobachten, wie schnell seine Gesichtsausdrücke wechseln und damit auch seine Stimmung. Das wiederum hebt nun meine Laune und ein Grinsen stiehlt sich auf meine Lippen.

„Mal im Ernst, Toshiya. Warum schleppst du so früh am Tag Getränkekisten mit dir herum?“ Nicht, dass ich es nicht schon ahnen würde, aber fragen schadet bekanntlich nicht. Obwohl ich bezweifle eine ehrliche Antwort zu bekommen. „Beziehungsweise warum bringst du die hierher? Ist nicht so, dass wir nichts zu trinken da hätten“, füge ich noch hinzu.

So schnell wie die Schnute gekommen ist, verschwindet sie wieder und macht einem schiefen Grinsen Platz.

„Ich hatte einfach mal Lust auf was anderes“, kommt es wie aus der Pistole geschossen. „Immer nur Kaffee, Bier und… ähm… Wasser sind langweilig.“

Ja ja, wer‘s glaubt. Das übermütige Funkeln in den Augen unseres Bassisten ist mir bei seiner Erklärung nicht entgangen.

„Aha“, mache ich. Er soll nicht denken, dass ich seinen Worten Glauben schenke. Bin ja nicht blöd. „Du könntest sie wenigstens in die Küche räumen.“

Ich werfe noch einen letzten misstrauischen Blick auf den Getränkestapel, ehe ich mich mit einem Seufzen den Überresten meiner schriftlichen Kreativität zuwende und einen frischen Zettel aus meinen Unterlagen hervorkrame. Hilft alles nichts und schließlich muss wenigstens einer von uns arbeiten.

Toshiyas lapidares „Mach ich später“ geht in dem Geraschel fast vollständig unter, aber anscheinend ist für ihn das Thema ‚Getränkekisten‘ vorerst ebenso abgehakt wie für mich, denn er hat bereits sein Handy in der Hand und tippt munter drauf los, während er sich auf dem Sofa ausstreckt.

Ich unterdrücke ein weiteres genervtes Seufzen, versuche mich einfach auf meine Arbeit zu konzentrieren und unseren Bassisten Bassist sein lassen. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn zum einen lässt sich der Schwarzhaarige, sobald er einmal den Raum betritt, nur schwer ausblenden und zum anderen geht seine – mittlerweile schon seit einer Weile anhaltende – übereifrige Art mit verschiedenen Dingen umzugehen, nicht spurlos an mir vorbei. Vielleicht bin ich auch einfach schlecht darin, Sachen und Vorkommnisse zu ignorieren, obwohl sie mich nichts angehen.

Während ich mir durch die Haare fahre, zwinge ich meine Augen auf dem Papier vor mir zu bleiben und die Anwesenheit des anderen zu verdrängen. Ich muss arbeiten! Doch ich merke, dass das einfach nichts wird, so lege ich den Stift murrend beiseite und genehmige mir einen Schluck aus meiner Tasse. Bah! Kalt ist Kaffee selbst für mich fast ungenießbar. Mit zusammengepressten Lippen angel ich mir meine Wasserflasche vom Boden und versuche den Geschmack von meiner Zunge zu spülen.

Ohne mein bewusstes Zutun gleitet mein Blick erneut zu meinem Kollegen, der in sein Handy vertieft das Sofa vereinnahmt und nicht so wirkt, als würde er mich in naher Zukunft mit kreativen Ergüssen unterstützen wollen. Was mich wieder auf das aktuell leidliche Thema zurückbringt. Nicht, dass Toshiya sonst die Ausgeglichenheit und Besonnenheit in der Person ist – das auf keinen Fall – jedoch hat sein Verhalten inzwischen in so manchen Augenblicken reichlich seltsame und vor allem neue Auswüchse angenommen. Ich werde das Gefühl nicht mehr los, dass er sich einfach nur liebend gern in Dinge verrennt, sich in sie hineinsteigert und schlussendlich die Grenze nicht erkennt, wann das Normalmaß überschritten ist. Stirnrunzelnd huschen meine Augen über die Gestalt des Schwarzhaarigen, bleiben allerdings diesmal an seinen Oberarmen hängen, die sich mehr als deutlich unter seinem dünnen Shirt abzeichnen und es gefährlich spannen lassen. Ich stoße kaum hörbar die Luft aus, aber scheinbar laut genug, dass Toshiya kurz aufschaut und mir einen fragenden Blick zuwirft. War er doch nicht so vertieft gewesen, wie ich dachte. Ich winke ab und nehme einen weiteren Schluck aus meiner Flasche. Währenddessen ist Toshiyas Aufmerksamkeit zu dem leuchtenden Display wenige Zentimeter vor seiner Nase zurückgekehrt. Wenn er sich damit mal nicht irgendwann die Augen verdirbt. Ein leichtes Schmunzeln lässt meine Mundwinkel zucken, gleichzeitig liegt mein Blick immer noch auf den Oberarmen des Bassisten und ich frage mich unwillkürlich, ob er sich schon neue Klamotten gekauft hat. Offenbar geraten meine Gedanken heute häufiger auf Abwegen und ich schüttle innerlich über mich selbst den Kopf.

Aber... irgendwie will dieser aktuelle Fitnesswahn, der den Schwarzhaarigen ergriffen hat und in den letzten Monaten seine Kleidung oftmals nah ans Zerreißen bringt, nicht so recht einleuchten. Nur stehe ich mit meinem Unverständnis diesbezüglich wohl recht allein da, denn mittlerweile ist er nicht mehr der Einzige, der bei jeder Gelegenheit trainiert oder irgendetwas im Proberaum als Hantelersatz missbraucht, anstatt sich auf unsere Arbeit zu konzentrieren. Hantelersatz… Ich betrachte missmutig die beiden gestapelten Kisten neben dem Sofa. Ja, die eignen sich definitiv als Hantelersatz – da kann mir unser Bassist erzählen, was er will. Wie gesagt, ich bin ja nicht blöd… oder blind. Ob er heute schlussendlich mit dem Zeug wirklich noch trainiert oder sie nur durch die Gegend schleppen will, ist für mich wiederum zweitrangig interessant. Viel mehr interessiert mich, dass die beiden Dinger in der nächsten halben Stunde aus meinem Sichtfeld und damit auch aus der unmittelbaren Reichweite meiner Kollegen verschwinden, denn sonst sehe ich schwarz für diese Probe. Eine Erfahrung, die ich in den letzten Wochen ein paar Mal machen durfte. Und ob es nun Toshiya, Die oder womöglich sogar Kyo sein würden, die die Kisten in die Küche befördern, ist mir schnuppe. Hauptsache weg und vorübergehend aus meinen Gedanken gestrichen. Sie sollen mich einfach damit in Ruhe lassen… und am besten unseren Jüngsten ebenso, aber na ja...
 

Ich kann ein Seufzen nicht verhindern, als meine Gedanken weiter abdriften und definitiv nicht auf meine Ideensammlung vor mir zurückkehren wollen. Eine Tatsache, die mich ungemein nervt. Es bringt gerade einfach alles nichts. Die passende Konzentration will sich einfach nicht einstellen, also beschließe ich zu warten, bis der Rest meiner Chaostruppe auftaucht. So kann ich meinen Gedanken auch endlich offiziell den Freiraum geben, nach dem sie sowieso schon verlangen, während ich aus den Augenwinkeln weiter unseren Bassisten beobachte, der fröhlich auf seinem Handy rumtippt und dabei vor sich hin grinst. Wohl irgendein lustiges Video gefunden und es an alle in seiner Kontaktliste geschickt. Mein resigniertes Schnauben bleibt dieses Mal ungehört.
 

Eigentlich hat das ganze Dilemma vor einigen Wochen angefangen. Genauer gesagt, an einem dieser Abende, an dem wir uns als Band mit einigen Staffmitglieder nach Ewigkeiten mal wieder in einem abgelegenen Lokal getroffen hatten, um Pläne in lockerer Runde zu schmieden. Das Pläne schmieden, hatte sich irgendwann erledigt und die Themen waren zu späterer Stunde mit steigendem Pegel in ganz andere Richtungen abgerutscht.

Ich weiß nicht mehr, was schlussendlich der Auslöser für die nachfolgenden Ereignisse gewesen war – ob es daran lag, dass ich dreimal zum Tresen gegangen war, um Getränke zu holen oder einfach einer meiner geliebten Kollegen im alkoholvernebelten Verstand seinen Einfall als besonders amüsant und brillant ansah. Ich kann es nicht mehr sagen. Jedenfalls endete das Ganze damit, dass plötzlich alle der Meinung waren, sich miteinander messen zu müssen – und zwar im Armdrücken. An sich waren solche Wettkämpfe meist unter meiner Würde, nur hatte ich an diesem Abend das ein oder andere Bier zu viel intus. Also waren wir alle mit von der Partie und traten lautstark gegeneinander an. Und mit „alle“ meine ich wirklich alle. Denn irgendwie hatten es Toshiya und Die, die beiden eigentlichen Drahtzieher des Wettkampfs, geschafft, jeden zum Mitmachen zu nötigen – einschließlich unseres Jüngsten, der sich sonst selten aus solchem Blödsinn beteiligte. Und da wären wir beim Thema. Sie hätten ihn lieber raushalten sollen – in ihrem Interesse. Meine eigene Teilnahme am Kräftemessen war glücklicherweise nur auf die erste Runde beschränkt, da ich – nett wie ich eben bin – unserem Manager den Sieg überließ, und mich nun in der Rolle des Zuschauers wiederfand. Traurig war ich darüber keineswegs. Nein, dazu fehlte mir bei sowas eindeutig der Ehrgeiz. Aber vermutlich war ich mit meiner Einstellung an diesem Abend der Einzige, denn die anderen wetteiferten mit größter Hingabe. Wahrscheinlich lag es bei 95 Prozent der Anwesenden wirklich am Alkohol. Was Shinya zum Mitmachen bewog, weiß ich nicht mehr. Womöglich hatten Die und Toshiya ihn mit irgendwas bestochen: Friseurgutschein, Kosmetik, was auch immer und mir egal. Tja, und nun hatten sie eben das Dilemma. Wobei… Dilemma war relativ. Ich glaube, alle Anwesenden fanden die Situation überraschend und unterhaltsam, nur Toshiya nicht.

Denn anstatt, wie von allen vermutet, gleich am Anfang rauszufliegen, schaffte es Shinya Runde um Runde weiter zukommen und saß schlussendlich unserem Bassisten gegenüber. Allerdings vermute ich, dass Kyo bloß geschlagen wurde, weil er keine Lust mehr gehabt und sich deshalb nicht sonderlich angestrengt hatte. Jedenfalls hieß es in der Endrunde Shinya gegen Toshiya. Dass wir alle über diese Tatsache verblüfft waren, versteht sich wohl von selbst. Es hatte keiner damit gerechnet, dass Shinya überhaupt so weit kommen würde bzw. dass seine Motivation so lange reichen würde. Bestechung hin oder her. Doch irgendetwas – waren es nun Dies gängige Sticheleien oder die blöden Sprüche Toshiyas, sei mal dahin gestellt – hatte ihn dazu gebracht mit dem nötigen Ernst dabei zu bleiben. Wo unserer Jüngster diese Kraft im Arm hernahm, war mir schleierhaft und ich war in diesem Moment nicht der Einzige, der sich darüber wunderte. Denn die Verwunderung aller war nicht zu übersehen, als unser Drummer wirklich als Sieger aus diesem Duell hervorging. Während Toshiya wie erstarrt auf seinem Platz saß und die Situation erst einmal verarbeiten musste, wirkte unser Jüngster entspannt wie eh und je. Ein kleines zufriedenes Schmunzeln zierte seine Lippen, als er sich kurz darauf wieder seinem Glas Wasser zuwandte. Na ja, dafür dass er sonst immer ganz gerne für seine zarte Erscheinung aufgezogen wurde, durfte er den Sieg meinetwegen gerne auskosten. Ich glaube, ich konnte in diesem Moment mein dezent schadenfrohes Grinsen nicht verbergen.

Natürlich hätte man den Sieg auf Toshiyas wenig nüchternen Zustand schieben können, aber generell war es wohl allen ein Rätsel wie Shinyas magere Ärmchen selbst gegen die ein oder anderen deutlich kräftigeren Exemplare einiger Beteiligter hatten bestehen können.

Und genau diese Frage nach dem „Warum“ schien auch den Verlierer der Endrunde den restlichen Abend nicht mehr loszulassen. Jedenfalls, wenn man Toshiyas starrenden Blick auf Shinya und seine Frage, ob dieser denn besonders trainiere, richtig deutete.

Das war der Anfang vom großen Ende. Okay, das ist vielleicht jetzt etwas dramatisch ausgedrückt, aber irgendwas musste Shinyas verneinende Antwort im Hirn unseres Bassisten in Gang gesetzt haben.
 

Hätte ich gewusst, was sich aus dem Ganzen noch entwickeln würde, hätte ich gleich versucht es im Keim zu ersticken. Doch ich wusste es nicht und nun habe ich den Salat. Denn in kürzester Zeit haben sich sowohl Toshiya, als auch Die, der Shinyas Sieg offenbar ebenso wenig verkraftet hatte, zu wahren Fitnessfanatikern entwickelt. Und Kyo… den haben sie gleich mitgezogen, wobei ich eher vermute, dass dieser eher froh ist, mal jemanden zum Trainieren zu haben, da er bisher der Einzige in der Band gewesen war, der sich ansatzweise für Sport interessierte.

Wie dem auch sei, und unabhängig was die genauen Beweggründe unseres Sängers waren, bei Toshiyas und Dies ausgeklügeltem Training teilzunehmen, das Bild, das sich nun beinahe Woche für Woche in unserem Proberaum bot, war mehr oder weniger immer dasselbe. Nachdem ich in der ersten Woche Dies frisch erworbene Hanteln unter lautem Gezeter aus dem Proberaum verbannt hatte, waren meine beiden frisch sportbegeisteren Kollegen (Kyo ausgenommen, da es ihn eindeutig wenig tangierte, was die beiden hier veranstalteten. Er ist eher der Fitnessstudio- und Joggen-geh-Typ) dazu übergegangen mit irgendwelchen Dingen anzukommen, die sie hinter meinem Rücken definitiv zum Stemmen und Krafttraining verwendeten. Ob es nun Taschen voller Bücher, die Die rein zufällig nach der Probe zu seiner Schwester schaffen musste, oder eben wie heute Getränkekisten waren. Toshiya war sogar vor zwei Wochen mit der Nähmaschine seiner Mutter angekommen, die er sich wohl ‚ausgeliehen‘ hatte und ihr unbedingt an diesem Tag noch vorbeibringen wollte. Dass das Bild eines nähenden Toshiyas nicht in meinen Kopf passt, muss ich sicher nicht extra erwähnen.

Offensichtlich war die Kreativität meiner Kollegen, was Alternativen zu Hanteln und Co. anging, unerschöpflich und manchmal geradezu lächerlich. Glaubten sie denn wirklich, dass ich es nicht mitbekam, wenn sie im Nachbarraum Liegestütze oder am Türrahmen Klimmzüge machten? Immer noch: ich bin nicht blöd. Und warum mussten sie denn überhaupt ständig trainieren? Reichte es nicht nach Feierabend? Dass ihr ‚Training‘ in einem Fitnessstudio womöglich deutlich sinnvoller wäre, bleibt mal dahingestellt. Vielleicht gingen sie ja an ihren freien Tagen dort hin, nachfragen möchte ich nicht. Sichtbare Erfolge kann ich ihnen dabei nicht mal absprechen. Anhand von Toshiyas spannenden Hemden oder Dies enger werdenden Shirts kann man erkennen, dass ihre Besessenheit tatsächlich etwas brachte. Allerdings brachte es nichts bezüglich der Thematik Armdrücken. Denn seither hatten beide Shinya mehrere Male – viermal, bei denen ich es mitbekommen hatte – herausgefordert und dennoch kein einziges Mal gewonnen.

Letzte Woche hatte ich Shinya nach Feierabend, und nachdem die anderen sich nebenan wieder zu übertreffen versuchten, nach seinem Geheimnis gefragt, denn neugierig war ich schon. Schmunzelnd hatte er gemeint, dass es beim Armdrücken mehr auf Technik als auf überdimensionierte Muskeln ankam. Das leuchtete ein. Woher er die passende Technik kannte, verschwieg er. Nähere Details interessierten mich sowieso nicht sonderlich. Viel mehr lachte ich die anderen nun gern innerlich aus, wenn Shinya sie einmal mehr bezwang. Okay, nicht nur innerlich. Meist offen und laut. Aber hey, warum auch nicht? Ein bisschen Häme darf mir wohl vergönnt sein, wenn ich sonst schon die ganze Zeit damit genervt werde. Eigentlich sollen sie sich sowieso auf der Bühne oder wenigstens aktuell bei unseren Proben verausgaben und nicht beim Armdrücken, doch irgendwie rede ich diesbezüglich momentan gegen eine Wand. Als Entschädigung lache ich eben einfach über meine Kollegen.
 

Die Tür klackt und reißt mich abermals aus meinen Gedanken. Die betritt den Raum, dicht gefolgt von Kyo. Wenn man vom Teufel spricht oder an ihn denkt oder so ähnlich. Wie auch immer.

Fehlt eigentlich nur noch unser Jüngster und wir können mit den Proben oder wenigstens mit der Besprechung loslegen.

Ich beschließe mir einen frischen Kaffee zu holen und tue es damit Kyo gleich, der kurz vor mir im Nachbarraum verschwunden ist. Er hätte wenigstens Toshiyas Mitbringsel mitnehmen können. Ach, was soll‘s. Nicht ärgern, Kaoru. Vielleicht würde ich nachher einfach Die das Ganze aufs Auge drücken, wenn Toshiya es bis dahin nicht selbst auf die Reihe bekommt.

Während die Kaffeemaschine geräuschvoll vor sich hinarbeitet, stehen Kyo und ich dafür umso schweigender daneben und hängen unseren Gedanken nach. Ich, weil ich gerade nichts zusagen habe und mir den Rest aufsparen will bis alle da sind und Kyo, weil er ein Morgenmuffel durch und durch ist. Es stört mich nicht. Dafür dringt Dies gackerndes Lachen bis hierher und als ich einen kurzen Blick zurück riskiere, sah ich wie sich die beiden Verbliebenen eingehend mit den Kästen beschäftigen, solange wie sie mich außer Reichweite wähnen.

Ich drehe mich genervt schnaubend zur Kaffeemaschine um, die mittlerweile ihre Arbeit an Tasse Eins für beendet erklärt hat. Muss aufpassen, dass das Schnauben nicht zu einer dauerhaften Angewohnheit wird. Ich sehe Kyos Mundwinkel zucken, als er mich beobachtet. Na ja, er scheint zu wissen, was die beiden treiben, ohne nachgeschaut zu haben.

„Durchhalten, Kao“, höre ich ihn leise murmeln. Ein wenig überrascht bin ich doch, dass heut bereits vor seinem ersten Kaffee eine Reaktion von ihm kommt. Womöglich hat er aber auch schon einen intus. „Vielleicht ist heute –“

Er bricht ab, als erneut die Tür des Proberaums zu hören ist. Ich linse aus der Küche heraus und entdecke Shinya, der sich soeben recht abgehetzt wirkend auf einen Stuhl fallen lässt. Ehe ich mit meinen Kaffee bewaffnet zurück zu den anderen gehe, werfe ich Kyo einen fragenden Blick zu, ob er denn seine Ausführungen fortsetzen möchte. Doch er schüttelt nur leicht den Kopf und nuschelt etwas, das wie „Wart‘s mal ab“ klingt in seinen nicht vorhandenen Bart, als er sich anschickt die Küche zu verlassen.

Seufzend folge ich ihm und lasse mich gegenüber von Shinya auf meinen Stuhl plumpsen. Auf was soll ich denn warten? Ich hasse kryptische Andeutungen. Grummelnd fahre ich mir durch die Haare. Irgendwie verlaufen die letzten Tage, besonders die Proben, nicht mehr so wie sie mal waren. Und wer ist schuld? Natürlich meine Kollegen. Ich schlürfe kurz an meinem viel zu heißen Kaffee und fange dabei Shinyas Blick auf, der mich leicht anlächelt.

„Morgen“, begrüße ich ihn, versuche mich ebenfalls an einem Lächeln.

„Guten Morgen“, kommt es leise zurück. „Entschuldige die Verspätung. Ich hatte versucht dich anzurufen, aber du bist nicht rangegangen.“

Aha, das war also der Übeltäter, der meine Notizen auf dem Gewissen hatte! Ich seufze kaum hörbar und gönne mir einen weiteren Schluck des braunen Gebräus, ehe ich ihm antworte: „Alles gut. Bin nur irgendwie nicht dazu gekommen ans Handy zu gehen.“ Ich kann unserem Jüngsten einfach nicht böse sein. Damit ist das Thema abgehakt und es kann losgehen. Jetzt erst merke ich, dass es ungewöhnlich still um mich herum geworden ist, weshalb ich mich zu den restlichen Anwesenden umdrehe. Kyo lehnt schweigend an der Wand und schlürft hin und wieder an seinem Kaffee, während er mich abwartend ansieht. Genauso abwartend starren mich Die und Toshiya an, die, mittlerweile beinahe unschuldig dreinschauend, auf dem Sofa nebeneinandersitzen und kein Wässerchen trüben können. Ich sollte mir das mit dem Seufzen definitiv abgewöhnen, das nimmt aktuell wirklich überhand. Also erhebe ich mich und werfe noch einen Blick in die Runde.

„Geht gleich los. Ich geh nochmal fix ums Ecke. Bis ich zurück bin, will ich, dass das da…“ Damit deute ich auf den Kistenstapel. „... aus meinem Sichtfeld verschwunden ist.“

„Geht klar!“, ertönt es zweistimmig. Kurz bevor ich den Raum verlasse, sehe ich, wie Toshiya und Die beinahe synchron aufspringen und Shinya breit angrinsen, der sichtlich zusammenzuckt.

Oh Mann, ich sollte mich beeilen, denn ich ahne etwas. Aber meine Blase drückt gerade und das lässt sich nicht wesentlich länger rauszögern.

„Keine Dummheiten machen!“, rufe ich noch, bevor ich auf den Gang verschwinde.
 

Als ich wenige Minuten später zurückkehre, hat sich mein schlechtes Gefühl bestätigt und bleibe ich augenblicklich im Türrahmen stehe. Was hab ich eigentlich erwartet? Vermutlich genau das. Vor mir bietet sich die Szene, die ich bisher schon viermal in unserem Proberaum entdecken durfte. Am Tisch sitzen sich Drummer und Gitarrist gegenüber, die Ellenbogen auf dem Tisch abgestützt und die Hände ineinander verschlungen. Während Shinya wie immer recht entspannt wirkt, versucht Die in diesem Augenblick angestrengt dagegen zuhalten, obwohl sich sein Arm langsam aber stetig der Tischplatte nähert. Toshiya feuert seinen Trainingspartner lautstark an, doch auch das hilft nichts. Wenige Sekunden später ist die Runde vorbei und der Sieger mittlerweile nicht mehr überraschend. Ein wehleidiges Jammern von Seiten Dies erklingt, als er sich geschlagen geben muss und seinen Platz mit Toshiya tauscht. Noch haben mich die Drei nicht bemerkt. Dafür allerdings Kyo, der neben der Tür steht und das Geschehen ebenfalls mit hochgezogenen Augenbrauen verfolgt. Seine Kaffeetasse ist leer, wie mir ein Blick auf seine vor der Brust verschränkten Arme verrät, wo an einer Hand eben jene Tasse vor sich hin baumelt.

„Sie meinten, das ist heute das letzte Mal, dann geben sie auf.“ Verwundert starre ich Kyo an, während dieser weiter ungerührt das zweite Kräftemessen verfolgt. Na, wenn das wahr ist, wären das ja mal positive Neuigkeiten und ein Grund zur Entspannung. Unwillkürlich frage ich mich wieder einmal, warum Shinya da überhaupt noch mitmacht. Dass es bei den anderen beiden um Stolz geht, ist mir klar, aber bei Shinya…? Vielleicht ist es bei ihm derselbe Grund oder es geht ihm einfach ums Prinzip, die anderen Beiden mal in ihre Schranken zu weisen. Wie dem auch sei.

Interessiert beobachte ich den Zweikampf der beiden Jüngsten und ein unterschwellig wehmütiges Gefühl macht sich in mir breit. So ungern ich es zugebe, vermutlich würde ich diese Wettkämpfe sogar vermissen, wenn dies heut wirklich der letzte dieser Art ist. Irgendwie habe ich mich unfreiwillig daran gewöhnt. Ein Grinsen breitet sich auf meinem Gesicht aus, als ich beobachte, wie Toshiya mit verkniffener Miene gegen Shinya anhält. Ich denke, genau dieser Anblick wird mir fehlen, auch wenn ich stark daran zweifle, dass meine Kollegen sich nicht wieder irgendetwas Neues einfallen lassen, um meinen Nerven zu strapazieren. Wobei meine Nerven schon einiges gewöhnt sind, sonst hätte ich es nie so lange mit dieser Chaostruppe ausgehalten. Denn ich mag sie ja doch und ohne solche Eskapaden wäre es wohl ziemlich langweilig. Es bleibt also spannend, was sie sich als Nächstes einfallen lassen.
 

In diesem Moment trifft Toshiyas Arm mit einem dumpfen Laut auf die Tischplatte.
 

– Und die Moral von der Geschicht‘:

Sieh der Wahrheit ins Gesicht,

Gegen Shinya gewinnen kannst du nicht. –
 

ENDE

Fit ins neue Jahr (MUCC)

Band: MUCC

Kategorie: Humor, Slice of Life, MaleSlash

Inspiration: Tatsuros Twitterposts Anfang Januar 2022 ^^
 

Fit ins neue Jahr
 

Skeptisch schaute ich in die kleine Seitenstraße und dann wieder auf mein Handydisplay, das mir unmissverständlich mitteilte, dass ich in zehn Metern, auf der rechten Seite mein Ziel erreicht hatte.

Ernsthaft? Hier?  

Ich prüfte noch einmal die Adresse, während ich langsam näher ging. Oder vielmehr schlich. Was, bitte schön, hatte Yukke mir da rausgesucht?

Ich befand mich in einem dieser typischen Wohngebiete. Niedrige, moderne Häuser beengten die schmale Straße, dennoch schafften es die Autos, sich kollisionsfrei in die Einfahrten zu quetschen. Und hier sollte ein Fitnessstudio sein? In einer Wohnung oder wie? Waren die sonst nicht in großen Centern – auffällige Gebäude mit polierten Glasfronten, damit die Passanten einem schön beim Schwitzen beobachten konnten?

Stirnrunzelnd musterte ich die helle Fassade des Wohnkomplexes. Nein, so hatte ich mir das definitiv nicht vorgestellt.

Auf einem kleinen Schild neben der Tür stand »MIRO«. Ich war richtig.

Langsam trat ich näher. Noch konnte ich umdrehen und abhauen. Ich wollte da nicht rein. Ich war einfach nicht für Sport gemacht, hatte ihn schon immer gehasst und einen weiten Bogen um alles gemacht, was damit zu tun hatte. Über die Bühne zu rennen, war Sport genug, mehr brauchte ich in meinem Leben nicht.
 

Und dennoch stand ich hier, hin und hergerissen, lieber nach Hause zu gehen, mich auf mein Sofa zu verziehen und zu zocken, oder dort reinzugehen, in meinen persönlichen Albtraum und mich in den nächsten anderthalb Stunden zum Deppen zu machen.

„Vielleicht findest du ja Gefallen daran, wenn du erst einmal anfängst.“

Dass ich nicht lachte. Yukke hatte leicht reden. Der war schon immer sportlicher als ich gewesen, ging ab und zu laufen und mit Satochi ins Fitnessstudio. Ich war viel mehr die Fraktion »Couchpotato« – wenn mich keiner zwang, bewegte ich auch mal ein paar Tage kaum davon weg. Und damit war ich bisher auch ganz glücklich gewesen. Doch nun wurde ich gezwungen.

Theoretisch könnte ich Yukke die ganze Schuld zuschieben, schließlich hatte er das Studio rausgesucht und einen Termin für mich vereinbart. Nur leider stimmt das nicht ganz.

Mein Körper war der eigentliche Verräter. Mit Anfang Vierzig verzieh der die jahrelange Bewegungsarmut nicht mehr und strafte mich mit Schmerzen. Ich wusste selbst, dass ich etwas tun musste, was aber nichts daran änderte, dass ich dadurch trotzdem meine natürliche Abneigung gegen Sport und Fitnessstudios nicht loswurde.
 

Seufzend blickte ich noch einmal auf das unheilvoll glänzende Schild, ehe ich meinen Mundschutz zurecht zupfte und eintrat.
 

*
 

Wie ich vermutet hatte: Es war eine Wohnung – und eine recht überschaubare noch dazu. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte ich die beigefarbene Wand vor mir, auf der mit eleganten Lettern der Name des Studios angebracht worden war. Als ob ich nicht wüsste, wie mein persönlicher Albtraum hieß.

Der Vorraum, in dem ich mich befand, war nur durch einen dünnen Lamellenvorhang von den eigentlichen Trainingsräumen getrennt. Gedämpfte Stimmen drangen dahinter hervor.

Unruhig rutschte ich auf dem dunklen Sofa herum, bis ich eine angenehmere Position gefunden hatte. Ob man meine gequälten Laute nachher auch bis hieraus hören konnte?
 

Plötzlich wurde der Vorhang zur Seite gezogen und ein heller Haarschopf kam zum Vorschein.

„Hey. Du musst Tatsuro sein. Herzlich Willkommen bei »Miro«. Ich bin Daishi, der Besitzer und dein Personal Trainer.“

Ich starrte ihn perplex an. Seine energiegeladene Art schien den gesamten Raum zu fluten. Außerdem…. Irgendwie kam er mir bekannt vor. Etwas verspätet erinnerte ich mich daran, die Verbeugung zu erwidern.

Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich ihn, während er irgendetwas erzählte und ich ihm nicht zuhörte. Schließlich unterbrach ich ihn.

„Sag mal, kennen wir uns?“

Seine Augen verengten sich und bildeten kleine Lachfältchen, während der Rest seines Gesichts hinter der schwarzen Maske verborgen blieb.

„Theoretisch ja, ist aber schon eine Weile her, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben.“

Kurz sah er mich abwartend an, doch in mir klingelte nichts. Ich zuckte ratlos mit den Schultern.

„Ich war früher Sänger bei »Psycho Le Cemu«. Wir sind uns auf einigen Musikveranstaltungen begegnet.“

„Ah!“

Jetzt klingelte es doch. Stimmt. Das musste bestimmt 15 Jahre her sein, aber die Erkenntnis keinen völlig Unbekannten vor mir zu haben, nahm mir augenblicklich etwas von der Anspannung. Das erklärte vermutlich auch, warum Yukke mir ausgerechnet dieses Studio rausgesucht hatte. Aber dass er gar nichts gesagt hatte und mich einfach nichtsahnend hier hatte antreten lassen… der konnte sich heute Abend was anhören.

„Wir sollten zuerst einige Formalitäten klären und über deine Ziele sprechen.“

Ziele? Was für Ziele? Ich habe keine.

Das hätte ich am liebsten instinktiv gesagt und wusste es doch besser, weshalb ich mir auf die Zunge biss und dafür nur ergeben nickte.

„Gut, ich zeig dir erst einmal die Räume, dann legen wir los.“

Schweigend folgte ich ihm hinter den Lamellenvorhang. In meine persönliche Hölle.
 

*
 

Ein Jahr später
 

Unverändert.

Das war der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schoss, als ich seufzend die helle Fassade vor mir musterte. Das Schild neben der Tür glänzte nach wie vor unbeeindruckt vor sich hin.

Und ich spürte genauso wenig Lust, dort hineinzugehen wie beim ersten Mal. Wenn nicht sogar noch weniger. Denn diesmal stand ich da wie ein Versager. Oder wie nannte man es, wenn man ein paar Mal dort gewesen war, um schließlich stillschweigend ein dreiviertel Jahr von der Bildfläche zu verschwinden?

Eigentlich war es damals nicht ganz so schlimm gewesen, wie ich zunächst erwartet hatte. Daishi war ein guter Motivator, auch die Trainingseinheiten waren für einen Sportmuffel wie mich machbar gewesen. Wir hatten sogar eine Folge für »Mucc on TV« hier gedreht, in der ich gegen Dancho von Nogod angetreten war und überraschenderweise recht gut abgeschnitten hatte. Und dennoch war der Funke nie übergesprungen – jeder Trainingstag war einziger Kampf mit dem inneren Schweinehund. Je weiter das Jahr vorangeschritten war, desto mehr sank meine sowieso nicht vorhandene Motivation und als schließlich unsere Tour vor der Tür stand und Satochis endgültiger Austritt vorbereitet werden musste, war es komplett vorbei gewesen. Es gab Wichtigeres zutun, als meine kostbare Zeit mit etwas zu verschwenden, was mir keinen Spaß machte.
 

Und dennoch kam ich wieder angekrochen. Aus mehr oder weniger demselben Grund wie beim letzten Mal: Rückenschmerzen – und diesmal obendrein einem angeknacksten Ego. Erstere waren Ende des Jahres wieder stärker geworden, zwischendurch so sehr, dass nur Schmerztabletten halfen.

Wobei ich zweiteres momentan schlimmer empfand und daran war nur Yukke schuld. Aber so richtig! Wies der mich einfach unverblümt darauf hin, dass ich fett geworden war!

Okay, ganz so direkt hatte er es vielleicht nicht gesagt, aber mir frühmorgens ungeniert über den Bauch zu streicheln und zu fragen, ob die Weihnachtsschokolade geschmeckt hatte, denn alle war sie ja jetzt anscheinend – Frechheit! Ich hatte keine Wahl gehabt, als großspurig zu behaupten, dass ich mein kleines Wohlstandsbäuchlein im neuen Jahr in Nullkommanichts wieder abtrainiert bekam. Ich und Plauze? Wo kämen wir denn da hin?
 

Hierher.

Da stand ich nun vor der altbekannten Eingangstür und malte mir Horrorszenarien aus, was mich hinter diesen vier Wänden dort oben erwartete. Und schlimmer noch: Dieses Mal war nicht Daishi mein Trainer, sondern jemand, der mich seit über zwanzig Jahren bestens kannte und mich garantiert mit Absicht noch härter rannahm, einfach um sich für jede Stichelei aus der Vergangenheit zu rächen: Satochi.

Nach Beendigung seiner Musikerkarriere im Herbst hatte er sein Hobby nun endgültig zum Beruf gemacht und war bei »Miro« als Trainer in Vollzeit eingestiegen. Und wie sollte es anders sein? Natürlich suchte mir Yukke kein anderes Fitnessstudio raus, sondern schickte mich schnurstracks wieder her.
 

Mit einem Gesicht wie sieben Tage Regenwetter drückte ich die gläserne Eingangstür auf. Die sollten ja nicht erwarten, dass ich motiviert auftauchte. Soweit ich wusste, stand mein Trainingsplan vom letzten Mal noch, mit dezenten Ergänzungen nach Absprache von Yukke und Satochi. Ein Mitspracherecht hatte ich nicht gehabt, hatte mich aber auch nicht interessiert.
 

Drinnen hatte sich nichts verändert, außer dass dieses Mal ein blumiger Geruch in der Luft lag. Sollte vermutlich einladender wirken, funktionierte blöderweise bei mir nicht.

Bevor ich mich auf dem dunklen Sofa im Wartebereich niederlassen konnte, wurde der Vorhang zur Seite gezogen und Daishis strahlendes Gesicht kam zum Vorschein.

„Tatsuro-San!“

Schnell zog er die schwarze Maske nach oben, ehe er sich dicht vor mir verbeugte und mich anschließend musterte.

„Schön, dass du da bist.“ Das unausgesprochene »wieder« ließ er galant unter den Tisch fallen. Ich hörte es dennoch.

„Satoshi kommt gleich, setz dich schon mal.“

Und schon war er wieder verschwunden und mein „Er kann sich ruhig Zeit lassen.“ blieb hingehört zurück.

Ich musste nicht lange warten.

Wenige Minuten später stand er vor mir: mein langjähriger Freund und zukünftiger Drill-Sergeant. Unwillkürlich musste ich grinsen, obwohl ich es gar nicht wollte. Aber die Freude ihn zu sehen, stellte alles andere für einen kurzen Moment in den Hintergrund.

Er sah gut aus, etwas breiter und muskulöser als noch im Herbst. Für ihn zahlte sich die Arbeit definitiv aus, dabei war er vorher schon der Sportlichste der Band gewesen, dicht gefolgt von Yukke. Miya interessierte Sport ebensowenig wie mich, aber den hätte es auch kein bisschen gejuckt, wenn der Partner einen aufgrund steigenden Schokoladenkonsums aufzog.

Mich leider schon.
 

*
 

Das Training war die Hölle. Nicht, weil Sato besonders streng zu mir war, sondern einfach weil mir meine eigene Unsportlichkeit ungeschönt aufgezeigt wurde und das nervte. Ich spürte jeden einzelnen, verkümmerten Muskel, der sich gegen die Erweckung aus dem Tiefschlaf wehrte, während ich schnaufend und stöhnend mit den beiden fünf Kilo Hanteln kämpfte und mich mein liebster Trainer breit grinsend dabei anfeuerte. Ich wollte nicht mehr, allerdings ließ Sato nicht zu, dass ich aufgab.

„Tatsuro, du schaffst das. Noch fünf Stück.“

Fünf Stück? Vor dreißig Sekunden waren es auch nur noch fünf Stück gewesen. Leider fehlte mir momentan die Luft, um mich lautstark über diese offensichtliche Lüge zu beschweren.
 

Schließlich durfte ich gnädigerweise die Hanteln fallen lassen und Pause machen. Satochis Hand klopfte leicht auf meine Schulter, die jetzt schon schmerzte.

„Gut gemacht.“

Er musterte mich gut gelaunt im Spiegel und nickte anerkennend. „Nur noch eine Einheit, dann hast du es geschafft.“ Mein Blick sprach Bände. „Schau nicht so, als wollte ich dir was Böses.“

„Willst du nicht?“

Mühsam richtete ich mich auf der Bank auf.

„Nein, es ist nur zu deinem Besten.“

Vermutlich stimmte das auch, aber im Augenblick war ich in Jammerlaune.

„So, auf zur letzten Runde. Du kannst dir ja vorstellen, die Hanteln wären zwei Mikrofone, vielleicht hilft dir das.“

Bitte? Was war das denn für eine blöde Idee? Mein Mikro war nie im Leben so schwer und wieso sollte ich ausgerechnet zwei mit mir rumschleppen?

Bevor ich etwas sagen konnte, trieb mich Sato zum Endspurt an.
 

*
 

„Na, wie war's?“

Yukke stand lächelnd im Vorraum, als ich den Vorhang zur Seite schob und mit meiner Tasche auf der Schulter, die ein Zentner zu wiegen schien, den Trainingsbereich verließ. Während des Trainings hatte ich Yukke gedanklich immer wieder verflucht, dafür dass er mich hier angemeldet hatte, doch nun, wo er vor mir stand, konnte ich nicht böse sein. So murrte ich nur und ließ mir einen schnellen Kuss aufdrücken. Im Moment waren wir allein.

„So schlimm?“

Seine warmen Worte wisperten über meine Lippen und nahmen die restliche, miesepetrige Stimmung mit sich. Er hatte schon immer eine gewisse beruhigende Wirkung auf mich gehabt.

„Ja, ganz furchtbar.“

Ich stahl mir einen weiteren Kuss.

„Sato hat mich ganz doll gequält.“

Ich konnte spüren, wie Yukkes Lippen sich zu einem Schmunzeln verzogen. Er löste sich gänzlich von mir, genau in dem Augenblick als der Vorhang hinter uns ein weiteres Mal zur Seite gezogen wurde. Noch einige Sekunden lang musterte er mich vielsagend, ehe sein Blick über meine Schulter wanderte und das Schmunzeln zu einem Grinsen wurde.

„Hey, Satochi, warst du wirklich so gemein zu unserem armen Tatsuro?“ Yukke machte sich nicht mal die Mühe den spöttischen Unterton aus seiner Stimme zu verbannen, was mich dazu verleitet, beleidigt die Unterlippe vorzuschieben.

„Ja, absolut. Gehört schließlich zur Stellenbeschreibung.“

Keiner nahm mich und mein Leid ernst. Tolle Freunde.

Doch bevor ich mich wirklich darüber aufregen konnte, legte sich Yukkes warme Hand auf meinen Rücken und strich sanft darüber. So schnaubte ich nur vernehmlich und schluckte meine Beschwerde herunter. Hätte vermutlich sowieso nichts geholfen. Ich grummelte schweigend vor mich hin, schloss für einige Sekunden die Augen, während das Gespräch der beiden an mir vorbeiplätscherte und nur Yukkes Streicheleinheiten verhinderten, dass ich jetzt schon Muskelkater bekam.

Erst als mein Name fiel, erwachte ich aus dem angenehmen Dämmerzustand.

„Und Tatsuro, kommst du wieder?“

Ich ließ mir Zeit mit der Antwort, öffnete nur träge ein Auge und schielte von einem zum anderen. Abwartend sahen sie mich an.

„Muss wohl.“

„Du musst nicht, aber ich würde mich freuen.“ Satos Lächeln hatte nichts von seiner Ansteckungskraft verloren. Da konnte man nicht anders, als es zu erwidern.
 

*
 

Mit einem kläglichen Ächzen ließ ich mich auf den Beifahrersitz fallen und setzte außerdem ein hoffentlich herzzerreißendes Seufzen hintendran.

„Yukke, ich kann mich morgen bestimmt nicht mehr bewegen.“

Statt nun endlich Mitleid oder wahlweise Anerkennung zu bekommen, erntete ich nur ein schiefes Grinsen, ehe Yukke den Wagen startete und langsam losfuhr.

„Ich würde sagen, dagegen hilft nur noch mehr Sport.“

„Nur weil ich gesagt habe, dass ich wiederkomme, heißt das ja nicht, dass ich hier gleich morgen wieder auf Matte stehe. Bin doch nicht verrückt. Die nächsten Tage beweg ich mich keinen Zentimeter mehr.“

Er lachte nur rau auf und schwieg, was mich dazu verleitete, einen Moment lang die Augen zu schließen und mich meiner Erschöpfung hin zugeben. Ich verstand immer noch nicht, was die beiden an Sport mochten. War es denn so toll, erst elendig vor sich hin zu schwitzen und dann völlig kaputt und mit schmerzenden Glieder nach Hause zu kriechen? Das Einzige, was mich dazu brachte, dort hinzugehen, war der Kampf gegen meinen vernachlässigten Rücken und die Weihnachtsschokolade.  

„Sicher?“

„Hm?“

Ich öffnete mein rechtes Auge einen Spalt breit und linste zu meinem Partner. Ein verschmitztes Schmunzeln lag auf seinen Lippen, das ich nur zu gut kannte und mir dennoch ein angenehmes Kribbeln durch den Körper schickte.

„Sicher, dass du die nächsten Tage kein Sport mehr machen willst?“

„Ganz sicher.“

„Ach, ich hatte nur gedacht, wir könnten auch gemeinsam… Sport machen. Und danach hätte ich meinen armen, gequälten Tatsuro mit Öl eingerieben und massiert, um den Muskelkater zu vertreiben. Aber wenn du nicht willst…“

Meine Erschöpfung schrumpfte augenblicklich auf ein Minimum, während ich Yukke, der sich gerade besonders konzentriert zwischen den anderen Autos einreihte, anstarrte. Dieser… Schuft. Er wusste genau, wie er mich rum bekam und er machte sich nicht einmal die Mühe, unschuldig dabei auszusehen.

„Und wenn wir heute gleich damit anfangen?“

Sein Grinsen wurde breiter, als ich mich gerader hinsetzte und ihn nicht aus den Augen ließ.

„Gerne doch. Nur die Massage?“

„Beides.“
 

Ende

Karyu und die Geheimnisse des Internets (D'espairsRay)

Band: D'espairsRay, Angelo, Maifo

Genre: Humor, Slice of Life

Inspiration: Karyus neuste, recht intensive Internet-Aktivitäten ^^
 

Karyu und die Geheimnisse des Internets
 

„Zero?“

„Hm?“

„Irgendwas geht da nicht.“

„Hm?“

Ich blinzelte verschlafen, meine Lider wollten sich nicht so recht heben lassen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass es eindeutig noch viel zu früh war, um geweckt zu werden. Murrend schloss ich die Augen wieder und drückte das Gesicht tiefer ins Kissen, während ich gleichzeitig versuchte, das Handy am Ohr zu behalten. Warum hatte ich gleich nochmal abgenommen, als es neben mir angefangen hatte, zu vibrieren und es nicht ignoriert? Richtig, aus dem ganz einfachen Grund: ich war zu nett. Außerdem: es war Karyu. Wenn sein Bild plötzlich auf meinem Display aufleuchtete, konnte ich nicht anders, als ranzugehen, schließlich rief er nie nur aus Langeweile an.

Nur wurde ich gerade nicht ganz schlau aus seinen Worten.

Ich atmete tief ein.

„Jetzt nochmal für Schlafende: Was geht nicht?“

„Das Internet.“

Stirnrunzelnd löste ich das Handy von meinem Ohr und suchte mit zusammengekniffenen Augen das Display ab. Volles Netz.

„Wie das Internet? Meins geht.“

„Ach Mensch, Zero. So mein ich das doch gar nicht.“ Karyu klang ein wenig verzweifelt am anderen Ende, aber ich war noch nicht wach genug, um das genauer zu analysieren.

„Ich hab mich auf diesem Twitter angemeldet, weil Kohta meinte -“

„Bitte?“ Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich nichts sehend auf meine Schlafzimmerwand. „Du hast was?“

War das sein Ernst?

„Ja, halt dort angemeldet. Und auch bei dem mit den Bildern. Instagram.“

Ich war sprachlos und hellwach und wusste nicht, ob ich schockiert über Karyus unerwarteten Schritt in Richtung Moderne sein oder einfach nur lachen sollte. Letzteres gewann.

Wie viele Jahre hatten wir ihn ständig damit aufgezogen, dass er so gar nichts mit Social Media zu tun hatte und sein Handy höchstens zum Telefonieren benutzte und nun meldete er sich gleich bei zwei Plattformen an? Dass ich das einmal erleben durfte. Kein Wunder, dass er dezent überfordert war.

„Zero, jetzt hör auf zu lachen und hilf mir lieber.“

Sein jammernder Tonfall gab mir endgültig den Rest. Ich konnte mir genau vorstellen, wie er panisch durch seine Wohnung gerannt war und auf sein Handy gestarrt hatte, ehe er sich dazu durchgerungen hatte, mich anzurufen. Da konnte ich ihm gar nicht böse sein, mich in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett geklingelt zu haben.

„Zero~“

„Jaaa..“ Ich holte schnaufend Luft, während ich mich allmählich beruhigte. Ein bisschen tat er mir ja leid, aber nur ein bisschen. Eigentlich hätte er mit dieser Reaktion meinerseits rechnen müssen.

„Geht's wieder?“

War da jemand angesäuert?

„Ja, danke, hab schon lange frühmorgens nicht mehr so gelacht.“

Ich rollte mich auf den Rücken und wischte mir die Lachtränen aus den Augenwinkeln. Es war sinnlos zu versuchen, das Grinsen aus meiner Stimme zu verbannen.

„Freut mich. Aber das hilft mir nicht weiter. Was soll ich denn machen?“

„Was genau funktioniert denn nicht?“

„Alles.“

War klar. Ich unterdrückte ein Seufzen und versuchte mich in Karyus Sicht hineinzuversetzen.

„Und genauer?“

„Da ploppt ständig was auf und immer wieder rutschen die Texte hoch. Und da stehen Sachen von Leuten, die ich gar nicht kenne. Wo kommen die plötzlich her?“

Ein belustigtes Schnauben bahnte sich seinen Weg aus meinem Inneren. Schwerfällig setzte ich mich auf und fuhr mir über die immer noch ein wenig schweren Augenlider.

„Karyu, weißt du was? Ich komm jetzt zu dir und erklär dir alles, okay? Übers Telefon dauert das zu lange.“

Das Schuldbewusste in seinem leisen Danke überhörte ich gekonnt.
 

*
 

Ungeduldig trommelte ich mit den Fingern auf das Lenkrad, während ich darauf wartete, dass die Ampel auf Grün umsprang. Zum wiederholten Mal bewunderte ich meine eigene, heldenhafte Tat, so schnell am Morgen außer Haus gestürmt zu sein, nur um einen Freund aus seiner Notlage zu befreien. Es hatte nicht mal für einen Kaffee gereicht, was ich inzwischen bereute, denn der fehlende Koffein machte sich bemerkbar. Aber was tat man nicht alles, um größere Katastrophen zu verhindern? Bei Karyu konnte man nie wissen.
 

Kurze Zeit später stand ich vor dem mehrstöckigen Gebäude. Tief durchatmend studierte ich das Klingelschild des Apartmenthauses. Auch wenn es schon wieder einige Monate vergangen waren, dass ich das letzte Mal hier gewesen war, Karyus Name fand ich mit Leichtigkeit. Während ich mit einem unruhigen Gefühl in der Magengegend darauf wartete, dass mir geöffnet wurde, warf ich einen Blick auf die verglaste Front der Eingangstür. Ich hatte auch schon mal frischer ausgesehen. Mit einer fahrigen Bewegung kämmte ich mit den Fingern durch die Haare und versuchte wenigstens etwas Ordnung hineinzubringen, ehe das Surren des Schlosses meinen Rettungsversuch unterbrach.

Wehe, wenn oben keine große Tasse Kaffee auf mich wartete oder bestenfalls gleich eine ganze Kanne.
 

Karyu wartete bereits in der Tür, als ich kurz darauf aus dem Fahrstuhl stieg. Das war nicht ungewöhnlich, dennoch wäre ich beinahe mitten im Schritt erstarrt, hätte ich mich nicht im letzten Moment zusammengerissen.

Irritiert musterte ich ihn, als ich langsam auf ihn zutrat.

„Was ist das?“

Ganz von alleine wanderte meine Hand zu seiner Schulter und griff nach den Haaren, die darüber hingen.

Seit wann trug er denn Rastas? Die vorher schon blonden Haare waren noch eine Spur heller geworden, lange, dünn geflochtene Zöpfe durchzogen sie. Extensions, wie ich beim genaueren Befühlen bemerkte, was mich aber nicht daran hinderte, mir das Ganze noch genauer anzusehen. Erst Karyus große Hand, die sich auf meine legte, stoppte die Erkundungstour. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich zu ihm auf. Ein leichtes Grinsen ließ seine Mundwinkel zucken, während er mich wohl beobachtet hatte.

„Guten Morgen, Zero. Schön, dass du da bist. Und weil du gefragt hast: das sind Haare.“

„Ach?“, schnaubte ich. „Was du nicht sagst. Ich hätte es fast nicht bemerkt.“

Karyu überging meinen schnippischen Ton, sein Grinsen wurde sogar noch breiter.

„Lass mich raten: Du hattest noch keinen Kaffee.“

Ich brauchte nicht einmal zu antworten, da stand ich schon halb im Flur.

„Und da ich keine Lust darauf hatte, dass du mir in deiner liebreizenden, morgendlichen Laune die Augen auskratzt, hab ich derweil etwas vorbereitet.“

Unwillkürlich musste ich lächeln, während ich meine Schuhe abstreifte und ihm in die Küche folgte. Er kannte mich wirklich zu gut.
 

„Seit wann hast du die?“

Ich beobachtete ihn über den Rand der Kaffeetasse, bevor ich einen weiteren Schluck des braunen Goldes trank. Inzwischen hatte meine Laune wieder den Normalzustand erreicht. Somit sah ich entspannt zu, wie Karyu umständlich seinen Laptop aus der Arbeitsecke abbaute, um ihn zum Couchtisch zu manövrieren, während ich es mir auf dem Sofa bequem gemacht hatte.

„Die?“ Kurz hielt er inne, strich sich durch einige der Zöpfe, als müsste er sich selbst erinnern, dass sie da waren. „Ich hatte vorgestern ein Fotoshooting für mein neues Projekt und wollte gern etwas anderes ausprobieren als in den letzten Jahren.“

Sein schiefes Grinsen war ansteckend. Auch wenn er es nie direkt gesagt hatte, ich hatte oft genug miterlebt, wie unwillig er so manches Mal auf Kiritos Vorgaben und Wünsche reagiert hatte. Doch nun konnte es ihm egal sein.

„Ich werde sie aber wohl in den nächsten Tagen rausmachen lassen, denn irgendwie sind sie schon recht unbequem beim Schlafen. Weiß gar nicht, wie du das damals so lange ausgehalten hast.“

Mit dem Laptop unter dem Arm ließ er sich dicht neben mich aufs Sofa plumpsen und schielte etwas verlegen zu mir.

„Jahrelange Gewöhnung, mein Lieber.“ Grinsend nahm ich erneut einen der Zöpfe und wickelte ihn mir um den Finger. Gut, es war schon ein Unterschied, ob es die eigenen Haare waren oder Extensions. Nichtsdestotrotz stand ihm diese Veränderung.

„Du könntest es ja später noch einmal damit versuchen. Mir gefällt es nämlich echt gut an dir.“

Die dezente Röte, die auf seine Wangen schlich, überging ich geflissentlich und schenkte ihm dafür ein vielsagendes Grinsen. Ich mochte es, Karyu verlegen zu sehen, was leider viel zu selten vorkam, denn meist war es umgekehrt. Ein letztes Mal ließ ich die Zöpfe durch meine Finger gleiten, dann lehnte ich mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen zurück und nickte Richtung seines Laptops und zum eigentlichen Grund meines Besuchs. „So und was ist jetzt mit dem 'Internet'?“ Ich malte Anführungszeichen in die Luft.

Einige Sekunden lang blickte mich Karyu verständnislos an, als wäre er bei dem plötzlichen Themenwechsel nicht ganz mitbekommen, dann fiel der Groschen und er klappte hastig den Laptop auf. Das blaue Vögelchen von Twitter erschien im oberen Teil des Bildschirms und gleich darauf die ersten Tweets.

„Sag mal, warum hast du dich eigentlich nicht übers Handy auf Twitter angemeldet, sondern über den Computer?“

Ratlos sah er mich an.

„Weiß nicht. Ist das wichtig?“

„Nicht unbedingt, aber eigentlich meldet sich kein Mensch mehr über den PC bei solchen Seiten an. Dafür gibt es schließlich Apps. Na, wie dem auch sei…“

Interessiert beobachtete ich wie neue Tweets erschienen, andere verschwanden und nach der nächsten Aktualisierung die Zahl von Karyus unbeachteten Meldungen weiter in die Höhe stieg. Da war ganz schön viel los auf seiner Seite, aber prinzipiell sah alles normal aus.

„Und was ist jetzt das Problem? Funktioniert doch alles.“

Er antwortete nicht, sondern verfolgte mit zusammengekniffenen Lippen ebenfalls das Geschehen auf dem Bildschirm. Schließlich seufzte er laut auf und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht, ehe er mich zweifelnd anschaute.

„Ich versteh's nicht.“

„Was verstehst du nicht?“

„Wie das funktioniert und warum ich das überhaupt machen soll. Kohta meinte, es wäre eine super Idee, sich dort anzumelden, aber ich weiß nicht. Das macht doch irgendwie keinen Sinn.“

Noch während er sprach, fing ich an zu lachen. Das war mal wieder typisch. Warum hatte Kohta ihn einfach so, ohne Vorwarnung, auf die Internetwelt losgelassen? Er musste doch wissen, dass Karyu mit allem, was damit zu tun hatte, ein wenig auf Kriegsfuß stand.

„Ob es Sinn macht oder nicht, sei mal dahingestellt, aber in erster Linie geht es um Spaß und Kommunikation.“

„Aha…?“

„Jetzt schau nicht so skeptisch. Geh mal dort oben auf dein Profil.“

Es dauerte einige Sekunden, bis er das gefunden hatte, was ich meinte.

„Oha. Du hast es ja sogar schon geschafft, dein Profilbild und die Kurzbeschreibung hochzuladen. Nicht schlecht.“

Karyu rollte mit den Augen und schürzte beleidigt die Lippen.

„Für wie unfähig hältst du mich eigentlich?“

„Wenn ich ehrlich sein soll: ziemlich.“

Der Schlag, der meinen Oberschenkel traf, kam von Herzen, soviel war klar. Lachend rieb ich mir die schmerzende Stelle.

„Ist doch so. Außerdem war das ein Lob.“

„Jaja, danke. Ich bin nicht völlig von vorgestern“, schmollte er weiter den Bildschirm an.

Grinsend musterte ich ihn noch ein paar Augenblicke von der Seite, ehe ich mein Handy zückte und die entsprechende App öffnete. Ich wollte ihn schließlich nicht ewig im Tal der Ahnungslosen belassen.

„Hier, schau mal.“ Ich rutschte noch etwas näher und hielt ihm das leuchtende Display unter die Nase, um besser erklären zu können.

„Wie gesagt, in erster Linie geht es um Kommunikation. Du hast nur eine bestimmte Anzahl an Zeichen frei, um eine passende Meldung an die Leute rauszuschicken, die dir folgen.“

Nun hatte ich seine Aufmerksamkeit wieder. Interessiert beugte er sich zu mir, der Duft seines Duschgels umwehte meine Nase.

„Nach aktuellem Stand sind es bereits 967 Follower. Jetzt…“ Ich drückte auf »Folgen«. „… 968.“

„So viele? Ich kenn die doch alle gar nicht.“

Ich zuckte nur schmunzelnd mit den Schultern, sah, dass die Zahl bereits weiter nach oben kletterte.

„Darum geht's ja auch nicht. Du musst und sollst die ja auch nicht alle persönlich kennen. Wichtig ist doch nur, dass die Leute erst einmal an dir interessiert sind.“

„Hm.“

Er wirkte nicht sonderlich überzeugt.

„Und was schreibt man da so?“

„Alles, worauf du Lust hast. Mach's wie Hizumi und poste dein Essen oder das, was dir gerade durch den Kopf geht. Du kannst auch bei Anderen Sachen mit einem Herz versehen, also es liken, wenn du gut findest, was sie schreiben oder es auch retweeten. Das heißt, das wird auf deinem Profil geteilt und deine Follower sehen es dann.“

„Muss ich Geld bezahlen, wenn ich etwas like?“

Ich war kurz davor, mit den Augen zu rollen. Was hatte er denn für Sorgen?

„Nein, ist ja keine Partnerbörse. Es geht nur darum, dass Freunde, Kollegen und Fans an deinem Leben zu einem gewissen Maß teilhaben können.“

„Hm. Na gut… und das interessiert jemanden?“

Ich grinste breit.

„Du glaubst gar nicht, wie viele Leute sich für dein Leben interessieren oder was du zu sagen hast. Du musst es einfach ausprobieren. Teile Fotos oder Dinge und Geschehnisse aus deinem Alltag.“

„Okay. Aber das mit den Fotos mach ich doch bei diesem anderen… Instagram.“

„Ja, das stimmt. Aber da geht es ausschließlich um Fotos. Mach die Seite mal auf, ich bin da nicht angemeldet. Vielleicht am besten gleich über das Handy.“

Es dauerte eine kleine Weile, bis Karyu seine Anmeldedaten vervollständigt hatte. Währenddessen schaute ich ihm interessiert über die Schulter und konnte es immer noch nicht fassen, dass mein persönlicher Internet-Muffel nun wirklich in den Social Medias angekommen war. Ich hatte mich schon immer für Technik aller Art interessiert, aber Karyu hatte selbst zu D'espairsRay-Zeiten sein Handy mehr im Koffer oder in der Sofaritze versteckt, als es zu benutzen. Und selbst hätte er sich in den letzten Jahren dafür interessieren wollen, die Knebelverträge, die Kirito all seinen Musikern aufgebrummt hatte, hatten eine Entwicklung in diese Richtung komplett untersagt. Umso stolzer machte es mich, dass Karyu nun doch über seinen Technikmuffel-Schatten gesprungen war, um sich in die große, weite Welt des Internets zu wagen.

„So und jetzt?“

Auch wenn ich die Seite selbst nicht nutzte, wusste ich doch, wie es funktioniert.

„Ist dein Profil öffentlich?“

„Ähm, ich glaub schon.“

Da die Planlosigkeit aus jedem Wort zu hören, schnappte ich ihm schnell sein Smartphone aus der Hand und sah selbst nach.

„Ja, alles okay.“ Ich gab es ihm zurück. „Dann kannst du jetzt Bilder hochladen. Hast du welche?“

„Ja, die vom Shooting wurden mir gestern Abend zugeschickt.“

„Na dann.“

Mit wenigen Worten erklärte ich ihm das weitere Vorgehen. Ich fühlte mich ein wenig, wie ein Nachhilfelehrer, während Karyu im Schneckentempo das umsetzte, was ich sagte. Dass vermutlich ein Drittel der Hashtags, die er zum Schluss unter das Bild schrieb, nicht funktionieren würde, verschwieg ich ihm. Ein bisschen was sollte er schon selbst lernen, um so besser funktionierte es später.

„Los, schick es ab.“

Skeptisch blinzelte Karyu auf den Bildschirm, bevor sein Daumen endlich den »Posten«-Button fand. Erledigt.

Mit einem lauten Schnaufen, als hätte er gerade all seine Einkäufe über die Treppe nach oben geschleppt, lehnte er sich zurück und schloss für einen Moment die Augen.

„So schlimm?“

„Ich weiß nicht… Fühlt sich irgendwie komisch an.“

Ich lachte leise und erhob mich.

„Ich mach mir noch einen Kaffee. Willst du auch?“

Ohne die Augen zu öffnen, nickte er, als plötzlich sein Handy anfing zu vibrieren. Erschrocken sah er drauf, dann panisch zu mir.

„Ah, Zero, was hat das zu bedeuten? Was sollen diese ganzen Herzen?“

Ich schaltete seelenruhig die Kaffeemaschine ein, ehe ich sie ihrer Arbeit überließ und mich hinter das Sofa stellte, um über Karyus Schulter hinweg, das Geschehen auf dem Bildschirm zu beobachten.

„Da schreiben Leute drunter. Was soll ich tun?“

„Es still zur Kenntnis nehmen und das wars.“ Große, braune Augen blickten mich von unten herauf fragend an. „Außer du kennst sie wirklich und willst ihnen antworten. Ansonsten kommst du nicht mehr hinterher. Und nein – bevor du fragst – es ist nicht unhöflich“, ergänzte ich schnell, als sich sein Mund schon wieder für die nächste Frage öffnete. Geräuschvoll klappte er ihn wieder zu, doch statt sich erneut um die digitale Welt dort draußen zu kümmern, sah er mich weiter an. Eine allzu bekannte Unruhe breitete sich in mir aus, so dass ich es schließlich war, der den Blickkontakt abbrach und flink über seine Schulter langte, um die Seite zu aktualisieren.

„Schau mal.“

Statt Abstand zwischen uns zu bringen, verharrte ich halb über der Lehne und halb über Karyu hängend und ließ für einen Augenblick die angenehme Wärme zu, die seine Nähe auch nach all den Jahren noch in mir auslöste.

„Huch, wieso hab ich denn schon 1300 Follower?“

Während Karyu fahrig erneut die Seite aktualisierte, als wäre die Anzeige ein Fehler gewesen, drückte ich mich schmunzelnd noch etwas dichter an ihn.

„Wir haben dich eben alle sehr vermisst und freuen uns über deine neue Freiheit.“
 

Ende

The power of glitter (Dir en grey)

Band: Dir en grey

Genre: Slice of Life

Inspiration: Androgynous - The view of acro
 

The power of glitter
 

– Du bist nicht du, wenn du… Kopfschmerzen hast. –
 

Alles war heute irgendwie – wie hätte Kyo gesagt? – beschissen. In meinem Kopf wummerte es schon seit einer geraumen Weile, ohne Aussicht auf Besserung. Generell war meine Stimmung nicht die Beste und dabei war gerade heute ein denkbar ungünstiger Tag, um schlechte Laune zu haben. Nur änderte dieses Wissen nichts daran, dass ich still schweigend in der Ecke saß, während um mich herum geschäftiges Treiben herrschte und die letzten Vorbereitungen für den Abschluss unseres zweitägigen Konzertevents mit Pierrot getroffen wurden. Meine Laune lag bei Null und wenn ich noch einmal Dies durchdringende Lache hörte, dann würde ich… gehen.

Mich beachtete ja sowieso keiner. Jeder war mit sich beschäftigt. Als es vorhin um Vorschläge für die letzten Änderungen der Setlist gegangen war, war mein einziger Vorschlag zur Reihenfolge überhört worden. Vielleicht sollte ich das nächste Mal auch einfach lauter dazwischenrufen und –

„Bitte, Shinya… “

Plötzlich erschien einer weißer Zettel in meinem Blickfeld.

„Das ist jetzt die endgültige Setlist für heute Abend.“

Der Blick, mit dem Kaoru mich ansah, zeigte deutlich unter wie viel Strom unser Leader momentan stand. Das tat er zwar im Vorfeld eines Konzertes immer, aber bei solch einem Großevent besonders.

Schweigend nahm ich den Zettel entgegen und überflog ihn kurz. Viele Änderungen waren nicht dazu gekommen, bis auf –

Ich starrte auf den letzten Punkt.

Ernsthaft?

Ich blinzelte, doch der Titel blieb. Innerlich stöhnte ich auf.

Ja, ich beanspruchte gern meine Drums und ja, ich mochte es auch, mich auszupowern – aber doch nicht ausgerechnet dieses Lied zum Schluss und nicht jetzt. Wir hatten genug andere würdige Abschlusssongs, wie ich fand. Bei diesem hier war heute die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass ich hinter der Bühne dann doch mal aus den Schuhen kippte. Der Druck in meinem Kopf nahm weiter zu.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit verging, während ich immer noch missmutig auf die Setlist starrte und dennoch nichts daran ändern konnte.

Erst Dies laute Stimme riss mich aus meine Starre.

„Ich finde es übrigens großartig, dass wir endlich mal wieder »ZAN« spielen. Ist schon ewig her.“

Wie sie alle zustimmend nickten, als ob es nichts Schöneres gab. Und ich –

Ich spürte, wie etwas in mir riss.

„Wenn wir schon dieses Kacklied spielen müssen, dann will ich buntes Glitzerkonfetti!“

Noch bevor ich überhaupt zu Ende gesprochen hatte, verfluchte ich mich bereits dafür, nicht den Mund gehalten zu haben. Sonst hatte ich mich immer unter Kontrolle.

Herrje, hatte ich wirklich Kacklied gesagt? Es konnte nur an den Kopfschmerzen liegen, die minütlich zuzunehmen schienen.

Da war es kein Wunder, dass plötzlich Totenstille herrschte und mich jeder im Raum fassungslos anstarrte, dabei hatte ich nicht mal sonderlich laut gesprochen.

Ich unterdrückte den Impuls, mir auf die Unterlippe zu beißen, erwiderte stattdessen gewohnt ruhig die Blicke der anderen, während ich mich gedanklich schimpfte und versuchte das Wummern in meinem Kopf irgendwie zu ignorieren.

Eigentlich mochte ich ZAN, auch früher schon, und die Bezeichnung „Kacklied“ war definitiv komplett falsch. Dennoch zog ich das Gesagte nicht zurück, sondern schwieg beharrlich, während die Diskussion um mich herum erneut aufbrannte. Geschehen war geschehen.

Unhörbar seufzend lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und beobachtete aus halbgeschlossenen Lidern meine Kollegen. Hinter meinen Schläfen stach und pochte es derart, dass ernsthaftes Zuhören momentan nicht möglich war.

Wie kam ich eigentlich auf Glitzerkonfetti? Wir waren keine Band für Glitzerkonfetti. Die wenigen Konzerte, bei denen so etwas in dieser Art von der Decke gerieselt war, konnte man fast an zwei Händen abzählen. Interessant, was mein überanstrengtes Hirn sich so zusammenbastelte, wenn ich nicht aufpasste. Vielleicht lag es daran, dass ich letztens das Konzert von einem Freund besucht hatte und sie zum Schluss mit kleinen Konfettipistolen das Publikum beschossen hatten. Wie sanft die Papierschnipsel zu Boden gesegelt waren – das hatte sehr schön ausgesehen.

„Hier.“ Eine tätowierte Hand tauchte in meinem Blickfeld auf, wenige Sekunden später ließ sich Kyo auf den Stuhl neben mir fallen. Irritiert sah ich erst in Kyos mild schmunzelndes Gesicht, dann auf seine Handfläche, die unmittelbar vor mir schwebte. Zwei kleine, weiße Blister lagen darauf.

„Nimm lieber gleich beide, bevor dir nachher noch der Schädel platzt.“

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

„Woher wusstest du –“

„Es gibt nicht viele Dinge, die dir die Laune derart verhageln und bisher gehörte keiner unserer Song dazu.“

Ein leichtes Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln, als ich die Kopfschmerztabletten entgegen nahm und mich vorsichtig erhob, um mir ein Wasser zu holen.

„Danke, Kyo. Ich hab meine leider in der anderen Tasche im Hotel vergessen.“

„Nicht dafür. Ich will nur verhindern, dass du uns nachher die Augen auskratzt. Frag mich das nächste Mal einfach.“

Er stand ebenfalls auf. Mit einem Mal machte sich ein diebisches Grinsen auf seinen Zügen breit.

„Ich bin ja gespannt, ob Kaoru das wirklich schafft, in der Kürze der Zeit. Ein paar Stunden hat er ja noch.“

Fragend sah ich ihn an.

„Was denn?“

Anscheinend hatte ich irgendetwas verpasst.

„Na, dein Glitzerkonfetti zu organisieren.“
 

*
 

Langsam ließ ich den Blick über die Bühne gleiten, die Rufe und Schreie der Fans erfüllten die riesige Halle. Mein Puls beruhigte sich nur allmählich. Glücklicherweise hatten Kyos Tabletten rechtzeitig angeschlagen, von dem Pochen in meinem Kopf war kaum noch etwas spürbar.

Meine Kollegen standen bereits am Bühnenrand, um sich gebührend feiern zu lassen, während weiterhin vereinzelte, silbern glänzende Konfettischnipsel durch die Luft flogen.

Ich atmete tief ein, ehe ich mich von meinem Hocker erhob, um mich ebenfalls zu den anderen zu begeben.

Die ganze Halle schien zu glitzern, einige Fans hatten besonders große Stücke des Folienkonfettis zusammengesammelt und winkten uns damit zu. Anscheinend war ich nicht der Einzige, der dem Ganzen etwas abgewinnen konnte. Als ich mich umdrehte, um zur anderen Seite der Bühne zu gehen, begegnete ich Kaorus wissenden Grinsen.

„Ich hatte das nicht ernst gemeint“, murmelte ich so leise, dass es ein Wunder war, dass er es über den Lärm überhaupt hörte.

„Ich weiß. Aber wenn du einmal so schön darum bittest…“

Er ging zufrieden lächelnd weiter, schnippte aller paar Meter den Fans Plecs zu. Ihm gefiel das Geglitzer definitiv ebenso, da konnte er im Nachhinein behaupten, was er wollte.

Ich warf meine letzten Sticks in die Menge, winkte noch einmal, doch bevor ich die Bühne verlassen konnte, standen plötzlich Toshiya und Die breit grinsend vor mir.

„Na, zufrieden? Auch wenn es nicht bunt ist?“

Meine Mundwinkel zuckten, als ich einen der breiten Schnipsel aus Dies Haaren zupfte.

„Ja, sollten wir öfter machen. Konfetti macht glücklich oder nicht?“

Mit diesen Worten verließ ich die Bühne, begleitet von dem Lachen der Beiden und dem Schreien der Fans.
 

Ende

Modefragen (Dir en grey)

Band: Dir en grey

Genre: Humor, Slice of Life, Freundschaft

Inspiration: Kaorus Kleidungsstil beim Mode of Vulgar - Konzert
 

Modefragen
 

– oder auch: ein Mann ohne Wärmeempfinden –
 

„Sollen wir das wirklich tun?“

Mit gerunzelter Stirn blickte ich auf den quadratischen Karton, der mitten auf dem Tisch im Proberaum thronte und in seiner quietschend bunten Erscheinung komplett fehl am Platz wirkte.

„Und woher hast du überhaupt dieses furchtbare Geschenkpapier?“

Skeptisch sah ich zu unserem Sänger hinüber, der entspannt in einem der Sessel lümmelte und so tat, als hätte er mit dem Ganzen nichts zu tun.

„Was heißt denn hier furchtbar? Da sind Füchse drauf!“

„Ja, aber neongrüne, blaue und… ähm… pinke Füchse. Sehr naturgetreu.“

Hinter mir hörte ich es leise lachen und konnte mir genau vorstellen, wie Die über das ganze Gesicht grinste, während er unsere Unterhaltung verfolgte und sich auf das Kommende freute.

Ich unterdrückte ein Seufzen und sah Kyo weiter abwartend an, in dessen Mundwinkel ebenfalls ein kleines Schmunzeln wohnte. Wie kam Kyo überhaupt darauf, ausgerechnet ein Geschenkpapier zu kaufen, das eindeutig für Kinder gedacht war?

„Ich mag Füchse. So. Und es war im Angebot.“

Nun seufzte ich doch laut. Warum war ich eigentlich der Einzige, der das Ganze ernst zu nehmen schien, obwohl es weder meine Idee gewesen war, noch dass ich sie gut fand? Theoretisch war die Sache als Scherz gedacht gewesen, soweit ich es verstanden hatte, aber irgendwie wollte ich dennoch, dass es… ja, was eigentlich?... eine schöne Überraschung wurde, obwohl ich sie immer noch dämlich fand, besonders in dieser Aufmachung?
 

In diesem Moment wurde die Tür des Proberaums aufgerissen und ein sichtlich gut gelaunter Toshiya schlenderte herein.

„Morgen. Kaoru kommt auch gleich, der redet nur noch kurz mit Takabayashi-San und – Ach, nein! Das ist ja mal ein schickes Geschenkpapier.“

Er lachte laut auf und trat näher an den Tisch heran.

„Ich würde sagen: ein einzigartiges Muster. Find ich gut.“

„Ein einzigartiges Muster für einen einzigartigen Leader, sozusagen.“

Kurz herrschte Stille. Alle Blicke lagen auf Kyo, der ungerührt im Sessel hockte und nicht erkennen ließ, wie ernst er diese Aussage meinte. Dann brachen Die und Toshiya in Lachen aus, selbst ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

„Boah, da hast du aber tief gegraben. Das kannst du nachher nochmal anbringen, sollte Kaoru sich darüber aufregen. Das hört der sicher gerne.“

Grinsend warf sich Die neben Kyo in den anderen Sessel und streckte die langen Beine aus.

„Ich bin ja sehr gespannt, was er zu unserem verspäteten Geburtstagsgeschenk sagt. Und ich finde die Idee immer noch super.“

Ich nicht, aber mich hatte auch niemand gefragt. Ob das gut ging? Außerdem, ging ein Geburtstagsgeschenk, das man einen Monat später bekam, überhaupt noch als Geburtstagsgeschenk durch? Generell schenkten wir uns seit Jahren nur noch selten etwas, aber vermutlich hatten Toshiya und Die nur einen Vorwand gesucht, um ihre Idee in die Tat umzusetzen. Weiß der Teufel, wie viel sie dabei getrunken hatten.

Erst eine warme Hand, die sich auf meine Schulter legte, holte mich aus meinen Überlegungen zurück und ließ mich den Blick von dem augenschmerzenden Muster lösen.

„Mensch, Shinya, guck nicht so verbissen.“

Das Schmunzeln war nicht aus Toshiyas Miene verschwunden, vielmehr schien die gute Laune in ihm sogar noch weiter gewachsen zu sein. Wenn das denn möglich war.

„Ist doch nichts dabei und prinzipiell schenken wir ihm ja sogar etwas Nützliches. Ihm ist doch sowieso ständig kalt und er verwechselt unseren Proberaum mit einem Backofen, den er hochheizen muss. Da freut er sich ganz bestimmt über sowas.“

Das wagte ich zu bezweifeln, aber vielleicht wurde ich ja in den nächsten Minuten vom Gegenteil überzeugt. Auch wenn am Grundgedanken der beiden natürlich nichts Falsches war, aber –
 

Erneut wurde die Tür zum Proberaum aufgestoßen und unser verspätetes „Geburtstagskind“ erschien auf der Bildfläche. Unwillkürlich schienen alle den Atem anzuhalten und eine geradere Haltung anzunehmen. Kaoru bekam im ersten Moment nichts davon mit, sondern war damit beschäftigt, seinen übervollen Kaffeebecher heil in den Raum zu bugsieren, ohne dabei irgendwo anzuecken. Seine schulterlangen Haare wirkten etwas zerzaust – kein Wunder bei dem Wind, der draußen durch die Straßen pfiff und wenig vom kommenden Frühling erahnen ließ. Das bestätigte auch der dicke, rote Wollschal, der um seinen Hals hing, und sich schrecklich mit dem grünen Aufdruck auf seinem Hoodie biss. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich der Einzige war, der sich selbst für die Probe ordentlich herrichtete und nicht nur wahllos in den Kleiderschrank griff.

Das gemurmelte „Guten Morgen“ ließ sich mehr vermuten als hören und bisher hatte er auch noch nicht einmal aufgeschaut. Anscheinend war da heute jemand nicht besonders gut drauf, was mich innerlich noch etwas angespannter werden ließ, wenn ich an das Geschenk dachte. Aber ich kannte meine Bandkollegen lang genug, um zu wissen, dass sie sich von schlechter Laune nie aufhalten ließen. Besonders Die und Toshiya waren Meister darin, diese zu ignorieren.

„Was ist denn hier los?“

Nun hatten wir doch Kaorus ungeteilte Aufmerksamkeit. Ein skeptischer Ausdruck huschte über sein Gesicht, als er in die Runde sah und dabei wie in Zeitlupe seinen Becher abstellte und den Schal abwickelte.

„Nichts.“ Wie zu erwarten ließ sich Die von dem prüfenden Blick nicht einschüchtern und grinste unseren Leader übertrieben freundlich an. „Wir haben nur auf dich gewartet, um endlich loszulegen.“

Ich verkniff mir ein Augenverdrehen, irgendjemand hinter mir schnaubte vernehmlich. Selbst Kaoru schien Dies Worten wenig Glauben zu schenken, doch statt etwas darauf zu erwidern, hielt er plötzlich in seinem Tun inne und starrte an mir vorbei auf den Tisch. Seine linke Augenbraue zuckte nach oben, während er gleich darauf misstrauisch von einem zum anderen schaute. Ich versuchte mich an einem wohlwollenden Lächeln. Wie Toshiya gesagt hatte, eigentlich war es ja sogar etwas Nützliches… nur die Ausführung –

„Was ist das denn?“

Als wäre das das Stichwort gewesen, stellte sich Toshiya direkt neben das Päckchen und strich betont langsam über das Papier.

„Das, lieber Kaoru, ist ein Geschenk. Von uns, an dich.“

Ich hatte nicht gewusst, dass Kaoru seine Augenbrauen so weit nach oben ziehen konnte.

„Wieso das? Hab ich was verpasst?“

„Nein, nein. Wir dachten, es wäre Zeit für ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk“, erklärte Die seelenruhig. Nur dass er sich zum wiederholten Mal mit den Fingern durch die langen Haare strich, zeigte, dass er nicht ganz so gelassen war, wie er wirken wollte.

„Ah ja.“ Langsam trat Kaoru noch ein Stück näher und beäugte kritisch das Papier. „Kann das explodieren?“

„Für wen hältst du uns denn?“

„Na ja, bei der Verpackung erwarte ich vieles.“

Eindeutig Kaoru-Humor, was wiederum bedeutete, dass seine Laune sich ein Stück weit gebessert hatte. Und trotz, dass er immer noch ernst dreinschaute und kaum eine Miene verzog, meinte ich ein kleines, neugieriges Funkeln in seinen Augen zu sehen. Aber vielleicht wünschte ich mir das auch nur.
 

*
 

Ich hatte mir einige Szenarien ausgemalt, wie Kaoru wohl reagieren würde, aber eine, in der er eine Viertelstunde später mit einem milden Lächeln auf den Lippen sein Geschenk eng um sich schlang, war nicht dabei gewesen. Allein, wie er beim Öffnen des Geschenks erst kurz innegehalten hatte und dann beinahe andächtig den zusammengelegten Wollberg, der sich als überdimensionale Strickjacke entpuppte, aus der Verpackung befreit hatte, war Zeichen genug gewesen, dass meine beiden Bandkollegen anscheinend nicht so falsch mit ihrer Idee lagen, wie ich gedacht hatte. Kaoru sah wirklich zufrieden aus, wie er da auf dem Sofa saß, seinen wohl mittlerweile kalten Kaffee schlürfte und sich tiefer in den weichen Stoff kuschelte.

Nicht, dass ich mich nicht wenigstens ein bisschen darüber freute, aber ich war irritiert. Wich mein Geschmack so sehr von seinem ab und er fand das Ding wirklich gut?

Das Problem war nicht, dass Kaoru nun Besitzer einer beigefarbenen XXL-Strickjacke war, sondern die Ausführung dieser. Denn gelinde gesagt, war sie besonders – oder anders ausgedrückt: einfach hässlich. Es war nicht mal die Farbe, die mich schon beim ersten Mal abgeschreckt hatte, als Toshiya uns seine Errungenschaft präsentierte – schließlich mochte ich helle Farbtöne sehr gerne – es waren vielmehr die unzähligen Bommeln daran und das grobe Strickmuster, die mich zu sehr an den Kleiderschrank meiner 90-jährigen Tante erinnerten. Aber anscheinend sahen das die anderen nicht so.
 

„Siehst du, ich hab's doch gesagt.“

Die leise Stimme dicht neben mir ließ mich zusammenzucken.

„Sie gefällt ihm.“

Aus den Augenwinkeln warf ich Toshiya einen vielsagenden Blick zu und murmelte: „Schön, wie gut du seinen Geschmack kennst, aber ich finde sie immer noch furchtbar.“

Er lachte laut auf, was uns fragende Blicke der anderen einbrachte. Verlegen sah ich auf das Notenblatt in meiner Hand, das wir gerade durchgegangen waren, und wünschte mir, dass Toshiya einmal einfach still war.

Aber ich hätte es besser wissen müssen.

„Shinya hat gerade gemeint, ob du die Jacke nicht mal auf einem Konzert tragen magst. Damit wir sehen, was dir unser tolles Geschenk wirklich bedeutet.“

Empört, ob der dreisten Lüge, zuckte mein Kopf nach oben. Sowas würde ich nie sagen! Oder vorschlagen. Und die anderen wussten das auch.

Doch ehe ich etwas zu meiner Verteidigung vorbringen konnte, überraschte Kaoru uns alle. Statt irgendeinen Kommentar zur wenig einleuchtenden Begründung des neuesten Vorschlags abzugeben, drehte er mit geschürzten Lippen eine der Bommeln zwischen den Fingern und schien allen Ernstes darüber nachzudenken. Schließlich sah er auf, seine Mundwinkel zuckten.

„Klar, warum nicht.“
 

*
 

Die Halle war bis auf den letzten Platz gefüllt und die Stimmung auf ihrem Höhepunkt. Ich setzte mich hinter meinem Schlagzeug ein kleines Stück aufrechter hin und ließ unauffällig meinen Blick umherschweifen, während meine Kollegen vorne am Bühnenrand den Fans noch einmal ordentlich einheizten und sie auf das letzte Lied vorbereiteten. Allmählich spürte ich die Erschöpfung in den Knochen. Es war so warm, dass sich in meinem Nacken ein dünner Schweißfilm gebildet hatte. Recht ungewöhnlich für mich, da ich bei Konzerten selten ins Schwitzen geriet, dank jahrelangen Trainings und der zwei Ventilatoren, die die gesamte Zeit über kühle Luft in meine Richtung bliesen. Anders sah es bei meinen Kollegen aus, die immer zu auf der Bühne herumrannten und inzwischen aussahen, als könnten sie dringend eine Dusche gebrauchen. Kyos Oberteil hatte bereits vor einer Weile das Zeitliche gesegnet – ganz zur Freude der weiblichen Fans – und selbst Die und Toshiya standen nur noch im dünnen Shirt da, wobei letzterer dabei mehr Einblicke ge- als verwehrte. Nicht, dass das unseren Bassisten sonderlich stören würde. Er liebte und lebte für die bewundernden Blicke der Fans und wer wollte es ihm verübeln.

Tief ein und ausatmend mobilisierte ich die letzten Kraftreserven und versuchte mich auf Kyos Ansagen zu konzentrieren, um den Einsatz nicht zu verpassen.

Plötzlich wurde ich abgelenkt, als sich etwas in mein Blickfeld schob, das ich eigentlich schon gewohnt sein müsste und das dennoch immer wieder irritierte, da es so falsch in dieser Aufmachung wirkte.

Kaoru.

Während Kyo jeden in der Halle zum Ausrasten brachte, schlich unser Leader seelenruhig über die Bühne, als würde ihn das Ganze überhaupt nichts angehen. Mit der ihm so eigenen, stoischen Gelassenheit wandelte er umher und schien jeden Einzelnen, sowohl auf als auch vor der Bühne, genau zu beobachten und jede Reaktion zu registrieren. Wie ein Tiger im Käfig.

Prinzipiell etwas, das einen immer kurz den Atem anhalten ließ, wenn der Blick ihn traf. Allerdings machte Kaorus Aufmachung heute seine Wirkung vollkommen zunichte.

Innerlich konnte ich nur den Kopf schütteln.

Was hatte Toshiya mit seiner Aussage nur angerichtet? Und warum zog Kaoru das überhaupt durch? Gefiel ihm das wirklich? Ich konnte es einfach nicht nachvollziehen, warum er ausgerechnet zum Encore diese furchtbare Strickjacke, die wir ihm vor drei Monaten geschenkt hatten, anzog. Dann, wenn die Temperaturen trotz Klimaanlage und Ventilatoren am höchsten waren. Und die noch dazu so hell war, dass das Licht der Scheinwerfer scheinbar wie von selbst von ihm angezogen wurde und ich beinahe die Augen zusammenkneifen musste, um nicht geblendet zu werden.

Leider war es noch dazu nicht das erste Mal, dass er auf der Bühne dieser Strickmode nachging. In letzter Zeit bestand sein bevorzugtes Outfit wahlweise aus einem großen, langen Wollpullover, manchmal sogar mit Löchern, als wäre er frisch aus der Mülltonne gerettet worden, oder eben einer Strickjacke, von denen er inzwischen mehrere Varianten besaß.

Vor ein paar Wochen hatte ich es endlich gewagt zu fragen, ob ihm damit nicht zu warm während des Konzerts werden würde, um ihn dadurch eventuell unterschwellig darauf hinzuweisen, seine Auswahl nochmal zu überdenken. Doch er hatte mich nur verwirrt angeschaut.

„Nein, wieso? Ich finde die Luft der Ventilatoren immer ganz schön frisch, da ist das mit dem Pullover ganz angenehm.“

Es war Hochsommer.

Was hatten wir bloß getan?
 

Ende

Modefragen II (Dir en grey)

Band: Dir en grey

Genre: Humor, Slice of Life, Freundschaft

Inspiration: Kaorus Kleidungsstil beim Mode of Vulgar - Konzert
 

Modefragen II
 

– oder auch das Strickmuster-Drama –
 

„Au… so eine elende -“

Irritiert hielt ich mitten im Schritt inne und lugte vorsichtig durch den Spalt der angelehnten Proberaumtür. Viel erkennen konnte ich auf den ersten Blick nicht, aber dem überdeutlichen Fluchen nach konnte es sich nur um Kaoru handeln. Flüchtig prüfte ich die Uhrzeit. Eigentlich hatte ich vor allen anderen hier eintreffen wollen, um noch ein wenig meine Ruhe zu haben, doch gegen unseren Leader war das wie so oft ein schwieriges Unterfangen. Der wohnte faktisch hier. Wahrscheinlich war er gestern nicht einmal nach Hause gegangen – zutrauen würde ich ihm das auf jeden Fall.
 

Ein erneuter Fluch drang zu mir nach draußen, weshalb ich vorsichtig die Tür öffnete und eintrat. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. Doch –

„Um Himmels Willen, was machst du da?“, entfuhr es mir statt meiner sonst üblichen schweigenden Begrüßung. Verdattert stand ich halb im Raum und wurde nicht so recht schlau aus der Szene, die sich gerade vor mir auf dem Sofa abspielte. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich vermutet, Kaoru habe sich innerhalb eines Tages in einen Kater verwandelt, der sich nun in einem Dutzend Wollknäuel verheddert hatte.
 

Langsam trat ich näher und hob eins der Wollknäuel auf, das unmittelbar vor meinen Füßen lag. Es war … pink. Skeptisch wanderte mein Blick zu Kaoru, neben dem sich noch mehr buntes Garn auf dem Sofa verteilte – oder eben wahlweise auf dem Boden. Es wirkte beinahe so, als habe er im nicht mehr ganz nüchternen Zustand ein Strickwarengeschäft geplündert und alles eingepackt, was ihm in die Hände fiel. Anscheinend hatten sich dabei die schöneren Farben im Lager versteckt und waren ihm entgangen. Selbst die Wolle in meiner Hand sah verwaschen aus.
 

„Kaoru, was soll das werden?“

Würde ich ihn nicht schon seit mehreren Jahrzehnten kennen, wäre ich sicher unter dem Blick, der mich traf, zusammengezuckt. Stattdessen blieb ich ruhig und wagte mich sogar noch einen Schritt näher, um auf das Blatt Papier neben ihm linsen zu können. Eindeutig eine Strickanleitung. Allerdings hatte das, was auf dem Bild zu erkennen war, nur entfernt etwas damit zu tun, was sich gerade auf Kaorus Schoß befand.

„Ein Pullover, sieht man doch.“

Da hatte anscheinend jemand richtig schlechte Laune oder noch nicht genügend Kaffee intus. Ich enthielt mich eines Kommentars und setzte mich dafür lieber in einen der Sessel gegenüber des Sofas. Theoretisch hätte ich unserem Leader den ein oder anderen Tipp geben können, schließlich hatte ich meiner Oma früher hin und wieder beim Stricken zugesehen und mich sogar selbst daran geübt. Aber bei der Gewitterwolke, die sich gerade um Kaorus Kopf zusammenbraute, würde er mich eher mit einer der Nähnadeln bewerfen, als sich meinen Verbesserungsvorschlag anzuhören.
 

So schwieg ich und beschäftigte mich mit meinem Smartphone. Es war schon lange her, dass ich mir gewünscht hatte, dass unsere übrigen Bandmember einmal zeitiger hier eintrafen als sonst. Kaorus Gegenwart allein zu ertragen, war gerade etwas anstrengend.

Kyo ließ mich nur eine Viertelstunde warten. Seine Reaktion fiel im ersten Moment ähnlich aus wie meine, was mich ein wenig zum Schmunzeln brachte. Er verharrte für einige Sekunden in der Tür, dabei ungerührt seinen Kaffee weiterschlürfend, ehe er sich in den Sessel neben mir fallen ließ. Ein fragender Blick traf mich, den ich mit einem Schulterzucken beantwortete. Kyos nicht vorhandene Augenbrauen wanderten nach oben, doch ehe er nachhaken konnte, unterbach ein erneutes Fluchen unsere stille Konversation.

„Wie lange geht das jetzt schon so?“

Kyo gab sich nicht einmal Mühe, leise zu sprechen oder auch nur ansatzweise seine Belustigung zu verbergen. Stattdessen beobachtete er mit einem Grinsen im Mundwinkel, wie unser Leader schlecht gelaunt die Strickanleitung hin und her drehte, als würde das irgendetwas besser machen.

„Seit ich hier angekommen bin, auf alle Fälle. Vielleicht sitzt er schon die ganze Nacht hier. Ich weiß auch nicht recht, was ihn geritten hat.“

Kyo lachte leise.

„Selbst auf seine alten Tage ist er immer noch für Überraschungen gut.“

„Ey, das hab ich gehört!“

„Solltest du auch. Schließlich ist es die Wahrheit.“

Kaoru knurrte undeutlich, ehe er die Nadeln mitsamt dessen, das laut seiner Aussage irgendwann einmal ein Pullover werden sollte, neben sich auf das Sofa warf und sich übellaunig durch die dunklen Haare fuhr.

„Ich hatte es mir irgendwie einfacher vorgestellt.“

Interessiert betrachtete Kyo das Wollkunstwerk.

„Und das stellt jetzt was nochmal dar?“

Ich antwortete leise für Kaoru, der gerade missmutig auf sein Werk starrte: „Er meinte, es wird ein Pullover.“

Kurz hielt unser Sänger inne, dann lachte er abermals.

„Oh, da bist du aber meilenweit davon entfernt. Wenn du Glück hast, wird's eine Mütze. Oder ein Lappen.“
 

In mir regte sich leichtes Mitleid, als ich Kaoru so unglücklich auf dem Sofa hocken sah, umgeben von den Mühen der letzten Stunden. Es war ihm deutlich anzusehen, wie sehr das Ganze an seinem Stolz kratzte.

Ich rang einige Sekunden lang mit mir, bevor ich mich schließlich erhob und zum Sofa hinüberging.

„Lässt du mich mal sehen?“, fragte ich behutsam nach. „Womöglich kann ich dir ja helfen.“

Nur widerwillig drückte Kaoru mir sein Werk in die Hand. Er hatte wirklich noch einen weiten Weg vor sich.

„Sag mal, Kaoru, warum hast du nicht mit etwas Einfachem angefangen? Beispielsweise einem Schal?“

„Hm… den kann ich aber nicht auf der Bühne tragen.“

Bestechende Logik…
 

*
 

Der nächste Tag verlief ähnlich, mit einem positiven Unterschied: Kaorus Strickwerk nahm allmählich Form an, nachdem ich ihm einige Tipps geben durfte. Allerdings erinnerte mich sein zukünftiger Pullover an den Kleiderschrank meiner Tante und damit leider auch an diese unsägliche Strickjacke, die wir ihm zum letzten Geburtstag geschenkt hatten.

Und ich blieb skeptisch. Irgendwie passte das sowieso alles nicht zusammen – weder die sehr bunten Farben, dieses seltsame Muster, noch dass er überhaupt mit Stricken angefangen hatte. Wer hatte ihn bloß zu diesem neuen Hobby animiert?

Ich glaubte kaum, dass unser vielbeschäftigter Leader da alleine drauf gekommen war.
 

Unruhig zuckte mein Fuß, während die anderen mal wieder auf sich warten ließen. Ich hatte ein Deja-vu. Erneut saß ich in dem Sessel und beobachtete Kaoru beim Stricken. Inzwischen wirkten seine Bewegungen wesentlich routinierter, er fluchte weniger und auch das Sofa sah weniger wüst aus.

Es ging voran.

Allerdings nicht mit den Proben.

Kyo und Die waren irgendwo im Haus verschollen, während unser Bassist anscheinend nicht einmal den Weg hierher gefunden hatte. Allmählich konnte ich nachempfinden, warum unser Leader sonst so brummig reagierte, wenn man ihn warten ließ. Es war, als hätten wir die Rollen getauscht. Während meine Laune kontinuierlich sank, machte Kaoru einen überraschend ruhigen Eindruck für seine Verhältnisse.
 

Das Geräusch der Tür ließ mich aufblicken. Toshiyas Grinsen strahlte mir entgegen, beinahe hätte ich geblendet die Augen geschlossen. Aktuell machte er Die ziemliche Konkurrenz.

„Guten Morgen.“

Dass es schon fast Mittag war, ließ ich unkommentiert, stattdessen nickte ich schweigend in seine Richtung. Es schien unseren gut gelaunten Bassisten nicht zu kümmern, er setzte sich ungefragt neben Kaoru auf das Sofa. Die letzte halbe Stunde war jener hochkonzentriert mit seinen Nadeln beschäftigt gewesen, doch nun wanderte seine Aufmerksamkeit weiter zu der kleinen Papiertüte, die Toshiya ungefragt vor seinen Füßen abgestellt hatte.

„Oh, sind das etwa -“

„Genau. Ich hab den Wollvorrat meiner Mutter geplündert, damit dein Pullover so richtig schön bunt werden kann.“

Bei dem „richtig schön bunt“ zuckte ich innerlich zusammen. Schön war anders.
 

Während die beiden in eine Diskussion über Wolle verfielen, kämpfte ich mit meiner Ungläubigkeit. Reichte es nicht, dass Kaoru plötzlich eine neue Leidenschaft für hässliche Pullis und Strickmuster entwickelte, und unsere Proben auf einen Schlag kürzer ausfielen als bisher? Ich hatte nie vermutet, dass ich das einmal sagen würde, aber ich vermisste die alten Zeiten. Also die von vor zwei Tagen.

„Mensch, Shinya, du siehst gestresst aus“, riss mich Toshiyas Stimme aus meinen wehmütigen Gedanken. „Vielleicht solltest du auch mal mit Stricken anfangen.“

Entgeistert sah ich ihn an.

„Wieso sollte ich?“

„Ich habe vorgestern Kaoru erst geraten, damit anzufangen, weil ich gehört habe, dass es entspannend und gegen drohenden Burnout helfen soll. Und nun, sieh ihn dir an, wie er strahlt. Es hat so schnell gewirkt.“

Als strahlend hätte ich Kaorus Gesichtsausdruck nun nicht tituliert, aber bitte. Dass das Ganze auf Toshiyas Mist gewachsen war, überraschte mich weniger, als es wohl eigentlich sollte.
 

Seufzend strich ich mir eine Haarsträhne aus der Stirn, während ich beim besten Willen nicht wusste, was ich dazu noch sagen sollte.

Aber Toshiya schien es wenig zu stören, denn er fuhr fort: „Außerdem ist es doch super praktisch, dass sich unser liebster Leader -“ Von Kaoru war ein Schnauben zu hören. „- nun endlich selbst mit warmer Kleidung versorgen kann. Dann heizt er auch den Proberaum nicht wieder bis ins Unendliche. Das dient alles unserem Allgemeinwohl.“

„Hey, im Winter darf man ja wohl noch heizen.“

„Schon, aber das heißt nicht, dass du den Raum hier in eine Sauna verwandeln sollst.“

„Ach, übertreib nicht. Das ist alles Empfindungssache.“
 

Das kleine Streitgespräch ging munter weiter, nicht mal das Eintreffen der beiden anderen unterbrach sie. Schlimmer noch: Die mischte sich ein. Irgendwann gingen sie sogar dazu über, bereits über Kaorus nächste Strickprojekte zu philosophieren, was mir schließlich zu viel wurde. Erstens hatte er gerade einmal die Rückenpartie und die Hälfte eines Ärmels geschafft und zweitens: Wo blieb die Arbeitsmoral? Hieß das etwa, wenn unser Leader entspannt war und mal etwas anderes als die Musik im Kopf hatte, dass es dann mit der Band bergab ging?
 

Schweigend erhob ich mich und schlenderte bemüht ruhig zu meinem Schlagzeug hinüber, um wenigstens für mich alleine mit der Probe zu beginnen. Kyo schenkte mir ein schiefes Grinsen, ehe er sich auf meinen Platz setzte, um nun zu guter Letzt auch noch seine Meinung über die kommende Wintermode kundzutun.

Also wirklich!

Knurrend trat ich das Pedal der Bassdrum fester als sonst.

Vielleicht sollte ich wirklich anfangen zu stricken. Dann könnte ich die anderen mit den Nadeln bewerfen. Wobei -

Dies penetrante Lachen schallte durch den Raum und der Griff um meine Drumsticks wurde fester. Die Verlockung wurde größer, obwohl ich sonst nicht zu Gewaltausbrüchen neigte. Theoretisch brauchte ich die Stricknadeln gar nicht. Drumsticks flogen mindestens genauso gut, wenn nicht gar besser.
 

Ende

Modefragen III (Dir en grey)


 

Für Yami & En

Frohe Weihnachten <3

Inspiration: Phalaris Vol. II - Limited 25th Anniversary Live
 


 

Modefragen III
 

- oder auch das Gardinen-Dilemma -
 

Das konnte doch wohl nicht sein Ernst sein!

Oder doch?
 

Mein unteres Augenlid zuckte. Zum wiederholten Mal. Und das nicht erst seit heute.

War ich gestresst? Nur ein bisschen.

Tief atmend, um meinen Puls irgendwie zur Ruhe zu zwingen, durchquerte ich den Vorbereitungsraum und setzte mich auf das Sofa. Da war ich einmal kurz am Getränkeautomat und dann sowas.
 

Was trieb der Mann schon wieder?
 

Ich war ja froh, dass ich mir inzwischen keine allzu großen Sorgen mehr um Kaoru machen musste. Hatte er früher zu gerne bei Konzerten seine halb verschlissenen Pullover getragen, die eigentlich eher in den Müll gehörten, so warf er sich inzwischen in Schale. Zwar nicht bei jedem Auftritt, aber immerhin. Die Pullis waren schicken, sogar recht stilvollen Jacken und Hemden gewichen, deren Muster sich zwar gerne bissen, aber ich wollte ja nicht gleich zu viel verlangen.

Steter Tropfen höhlt den Stein. Oder so.

Wenigstens war Besserung in Sicht und womöglich wurde ja aus Kaoru noch ein modebewusster Mann, der ein Kleidungsstück nicht immer nur nach dem praktischen Zweck auswählte.
 

Um Kyos Kostüme und Outfits machte ich mir seit eh und je keine Gedanken. Er wusste stets, wie er auf der Bühne wirken wollte und hatte sich in den letzten Jahren auch von niemanden mehr reinreden lassen.
 

Ähnlich wie bei Die.

Dieser fragte zwar hin und wieder nach unserer Meinung, doch mittlerweile würde ich sogar behaupten, er hatte endlich den Stil gefunden, nach dem er so lange Jahre gesucht hatte. Mir musste nicht jedes Outfit gefallen. Das Wichtigste war, dass er sich wohlfühlte und dies auch ausstrahlte. Und das tat er definitiv, wenn ich mir sein zufriedenes Grinsen gerade besah, während er sich vor einem der Spiegel hin und her drehte, um zum wiederholten Male jedes Detail zu kontrollieren.

Aber mir Eitelkeit vorwerfen…
 

Mein Blick huschte weiter durch den Vorbereitungsraum. Einige Staffmitarbeiter wuselten herum, um die letzten Handgriffe vor dem Auftritt zu vollenden.

Kyo saß in einer Ecke und „ölte“ seine Stimmbänder mit warmen Dampf, während er auf seinem Handy zockte. Kaoru war irgendwohin verschwunden. Und Die kam gerade auf mich zu geschlendert und ließ sich ebenfalls auf die weichen Polster fallen. Anscheinend war er zufrieden mit sich.
 

„Mensch Shinya… hast du schon wieder Zitronen gefrühstückt?“, grinste er mich breit an. Das Zucken meines Augenlids wurde stärker. „Oder warum schaust du so angesäuert?“
 

Er lachte laut über seinen eigenen Witz, während ich ihm nur still dabei zusah und innerlich mit mir rang, ob ich darauf überhaupt reagieren sollte.

Missmutig zuckte mein Blick zum Übeltäter meiner Laune, der gerade Dies vorherigen Platz am Spiegel eingenommen hatte.

Eigentlich konnte es mir ja egal sein, was er trug.

Wobei… eigentlich auch nicht. Schließlich würden wir in wenigen Minuten gemeinsam auf der Bühne stehen und –

Ach Mann, ich wollte einfach, dass wir ein harmonisches Bild abgaben, wenn wir vor den Fans performten. Also Outfit-technisch.

Leider passten da Toshiyas vermaledeite Mode-Experimente gar nicht dazu.

Und egal wie oft ich ihn musterte, es wurde nicht besser.

Der lange, schwarze Spitzenrock war okay, er betonte seine Größe, ebenso die Plateauschuhe, die noch einige Zentimeter hinzu schmummelten. Man konnte sagen, was man wollte, unserem Bassist standen nach wie vor Röcke jeglicher Ausführung und das bei diesem Exemplar seine Beine durchblitzten, würde die Fans freuen.

Und damit wars das auch schon mit den positiven Feststellungen über seine Erscheinung.

Denn das schneeweiße Jackett, das er sich übergeworfen hatte, ließ ihn unförmig erscheinen und versteckte seine athletische Figur, die er in letzter Zeit doch so gerne unverhüllt präsentierte.

Doch das Schlimmste war dieses … keine Ahnung… Etwas halt, das er gerade auf seinem Kopf befestigte. Was sollte das sein? Ein Spitzendeckchen? Eine von Kaorus weißen Schlafzimmergardinen? Was auch immer es war, das Spitzenmuster passte nicht zu dem seines Rocks und ich hatte bisher noch nicht einmal geahnt, dass sich selbst weiße Farbtöne beißen konnten. Nun hatte ich den Beweis.

Himmel, warum trug er diesen halben Vorhang auf seinem Kopf? Wollte er heute anonym auftreten oder wie?
 

„Toshiya, ich glaube, Shinya mag dein Outfit nicht“, holte mich Dies lautes Lachen aus meinen Gedanken. Verwirrt blinzelnd sah ich zu ihm, während Toshiya sich grinsend umwandte.

„Wie kommst du drauf?“

„Na ja, so intensiv wie er dich anstarrt, hatte ich schon Angst, deine Kleidung würde jeden Moment in Flammen aufgehen.“

Nun lachte auch Toshiya und gesellte sich zu uns.

Nein, auch von Nahem wurde das Ganze nicht besser.
 

„Ist das so?“

Toshiyas amüsierter Blick traf mich, als er diesen weißen Vorhang lüftete und aus seinem Gesicht nahm.

Okay, Zeit für etwas Ehrlichkeit.

„Ja, ich mag‘s nicht.“ Untertreibung. „Die Stoffe passen nicht zueinander.“

Den Rest ließ ich unausgesprochen.

Toshiyas Mundwinkel zuckten, während mich seine Augen zu durchleuchten schienen, als würde er tatsächlich meine vollständige Meinung hören wollen. Unangenehm berührt, rutschte ich auf der Couch herum. Ich hasste es, so angestarrt zu werden.

Schließlich erlöste er mich und warf Die einen bestimmten Blick zu, der etwas in mir aufmerken ließ. Steckten die beiden unter einer Decke? Hatten sie diese unsägliche Zusammenstellung an Textilien etwa gemeinsam erdacht?
 

„Shinya, das war doch bestimmt noch nicht alles, oder?“

Und schon war ich zurück in Toshiyas Fokus gerutscht.

Ich schwieg einige Sekunden lang und haderte mit mir.

„Warum rennst du diesmal derart hochgeschlossen und vermummt rum, wenn du es sonst kaum erwarten kannst, dich halbnackt zu zeigen und du dir nach wenigen Minuten die Klamotten vom Leib reißt?“

Es war zwar nicht das, was mir eigentlich auf der Zunge gelegen hatte, aber immerhin hatte ich den beiden kurzzeitig die Sprache geraubt. Perplex sahen sie mich an, ehe sie in lautes Gelächter ausbrachen.

Na schönen Dank.
 

„Okay, deine Begeisterung ist nicht zu übersehen. Danke für deine Meinung.“

Toshiya wischte sich über die Augenwinkel, während er immer noch kicherte.

„Weißt du, und gerade weil dich mein Outfit so zu entsetzen scheint, ist es perfekt.“

Bitte? Fragend zuckte meine Augenbraue nach oben.

„Na, wenn du es schon nicht leiden kannst, werden es die Fans noch weniger mögen. Umso mehr freue ich mich auf ihre erleichterten Schreie, wenn ich das hier -“ Er zupfte demonstrativ an seiner Gesichtsgardine herum. „- abnehme. Ebenso wie das Jackett.“

Der helle Stoff rutschte beiseite und legte ein schwarzes, nur sehr nachlässig zugeknöpftes Hemd offen. Das sah schon viel mehr nach ihm aus.

„Also, ich finde die Idee super“, mischte sich unser Gitarrist ein. „Ich glaube, ich sollte das demnächst auch mal ausprobieren.“

Nicht der Ernst? Was ging in deren Köpfen vor?
 

Seufzend erhob ich mich und ging Richtung Tür, während die beiden weiter über diese spezielle Kleidungsfrage philosophierten und sich in immer neuen und noch schlimmeren Ideen übertrumpften.
 

Wenigstens musste ich mir das Elend hinter meinen Drums nicht vollständig mitansehen.
 

Ende

Modefragen IV (Dir en grey)

Modefragen IV
 

Oder auch eine Frage der Länge
 

„Glaubst du, das geht so?“
 

Bedächtig leckte ich über meinen Daumen und blätterte die nächste Seite um. Ich hatte schon lange keine Zeit mehr gehabt, ein Buch komplett zu lesen. Immer war irgendetwas dazwischen gekommen und hatte mich lang genug abgelenkt, damit ich die Hälfte des Inhalts wieder vergaß und von vorne anfangen durfte.

Doch dieses Mal nicht.

Inzwischen neigte sich das Buch dem Ende zu, nur noch ein paar dutzend Seiten waren übrig und auch wenn heute unser erster Arbeitstag nach etwas mehr als zwei Wochen Pause war, war ich guter Dinge, das Buch zeitnah zu beenden.

Die anderen Bandmitglieder waren sowieso beschäftigt, beziehungsweise teilweise noch nicht einmal eingetroffen, da störte es keinen, wenn ich hier im Proberaum auf der Couch saß und in den Tiefen der Seiten versank.
 

„Shinya…“

Ein dunkler Schatten fiel auf mich und ließ mich erschrocken zusammenfahren.

„Die.“

Der große Gitarrist stand dicht vor mir und blickte milde interessiert auf die Buchseiten in meinem Schoß.

„Was liest du da, dass du mich einfach ignorierst?“

Ehe ich reagieren konnte, wurde mir das Buch aus der Hand genommen.
 

„50? Was denn für eine 50?“

Mit fest zusammengekniffenen Lippen beobachtete ich, wie Die das Buch etwas umständlich herumdrehte, um den Klappentext näher in Augenschein nehmen zu können. Glück für ihn, dass er wenigstens die Geistesgegenwart besaß, vorher seine Finger zwischen die Seiten zu stecken, damit die Stelle nicht verloren ging, an der er mich unterbrochen hatte. Sonst wäre ich womöglich ungehalten geworden.

„Das ist der Name des neusten Buchs von Hideo Yokoyama. Ein Krimi. Nichts für dich.“

Dass die Betonung des letzten Satzes etwas härter ausfiel als eigentlich beabsichtigt, war der Art geschuldet, wie Die gerade wenig sorgsam durch die Seiten blätterte. Wehe, eine von ihnen bekam einen Knick. Er sollte lieber bei seinen Schundromanen bleiben, die konnte er so oft durchwälzen, wie er wollte, da machte ein Knick mehr oder weniger auch nichts aus.
 

Schließlich schaffte ich es, mir das Buch ohne weiteren Schaden zurückzuholen. Erleichtert sank ich gegen die Lehne zurück und atmete unmerklich tief durch. So wie es aussah, konnte ich das Buch für heute abschreiben. Die schien das herzlich wenig zu interessieren, er blieb, wo er war und grinste mich auf eine Weise an, bei der ich mich fragte, ob ich nicht irgendetwas verpasst hatte.

„Also, was sagst du?“

Zu was?

Anscheinend war mir das Unverständnis klar ins Gesicht geschrieben, denn wenige Sekunden später warf Die übertrieben seufzend den Kopf in den Nacken.

„Du warst wirklich arg vertieft in deinem Buch, oder? Ich meine mein Outfit.“

Mit einer weitausholenden Geste deutete er an sich hinab und erst jetzt registrierte ich, dass er sich umgezogen hatte. Der lange Mantel und der schwarze Pullover, mit denen er vorhin zur Tür hineingeschneit war, waren einem seiner weit ausgeschnittenen, ärmellosen Shirts gewichen. Statt der Jeans trug er nun eine dieser kurzen Hosen, kombiniert mit einer Netzstrumpfhose. Eigentlich entsprachen die Klamotten genau dem Outfit-Stil, mit dem er seit geraumer Zeit am liebsten über die Bühne stolzierte.
 

Überlegend schürzte ich die Lippen. Was erwartete er jetzt von mir? War etwas anders? Es sah doch aus wie immer.

Anscheinend zögerte ich mit meiner Antwort etwas zu lange, denn Die kam mir mehr oder weniger zu Hilfe. Beinahe schon beleidigt verschränkte er seine Arme vor dem Oberkörper und streckte das rechte Bein etwas von sich.

„Die Strumpfhose ist neu“, machte er klar. „Und die Hose auch.“

Okay. Ich musste gestehen, erst beim zweiten Mal Hinschauen fielen mir die marginalen Unterschiede auf. Bei Dies ständig ansteigender Auswahl an Strumpfhosen war es für mich inzwischen ziemlich schwer geworden, den Überblick zu behalten.
 

„Hm ja, ist hübsch“, gab ich recht neutral von mir, während er vor mir herumwackelte, um sich, wie es mir schien, in allen Einzelheiten zu präsentieren.

„Glaubst du, die ist zu kurz für die Tour?“, hakte er nach und trat unruhig von einem Bein auf das andere, während er mich ansah, als wäre meine Meinung das finale Urteil. Seit wann kümmerte es ihn so sehr, was ich dachte? Meistens machten die anderen sowieso, was sie wollten, egal ob es mir gefiel oder nicht.

Und auch wenn wir uns heute hier zur Outfit-Probe für die bevorstehende Europa-Tour trafen, war das Ganze weniger ein Austausch von Meinungen, sondern vielmehr ein Check, ob alles passte und bequem saß. Da meine Bühnenoutfits meist einem strikten Muster folgten – sie waren stets luftig, hell und mit einer leichten Spitze oder Rüschen versehen – war ich sehr schnell fertig gewesen und hatte mich meinem Krimi widmen können.
 

„Und was denkst du nun?“

Er beugte sich weiter zur Seite, um mir die Kürze seines Outfits genau vor Augen zu führen. Ich unterdrückte ein Seufzen.

In letzter Zeit bevorzugte er es, recht freizügig auf der Bühne zu erscheinen und sich dafür von den Fans feiern zu lassen. Und diese liebten ihn für sein neues Körperbewusstsein. Auch wenn ich es ihm nie offen gesagt hatte, war ich doch ein wenig stolz auf seinen Wandel, auch wenn ich natürlich nicht immer über seine Kleiderwahl glücklich war. Aber solange er sich wohlfühlte.
 

Nur Toshiya machte ihm in Sachen Freizügigkeit auf der Bühne ständig Konkurrenz, denn der ließ am liebsten sein halbes Outfit in der Garderobe zurück. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die beiden darum konkurrierten, wer am meisten Haut präsentierte. Aktuell gewann eindeutig Toshiya, zur großen Freude seiner Fans.
 

„So viel kürzer als sonst ist es doch nicht“, schallte es von der Tür herein.

Kyo schlurfte, dick in seinen Wintermantel gepackt und mit einer Wollmütze auf dem kahlrasierten Kopf, in den Raum, und beäugte kritisch Dies Erscheinung. Anscheinend war er gerade erst angekommen, aus dem mitgebrachten Kaffeebecher stiegen kleine Dampfwölkchen auf.
 

„Doch, ganze drei Zentimeter ist die hier kürzer.“

Kyo ließ sich schnaubend neben mich auf das Sofa fallen und musterte Die mit einem Blick, den dieser etwas unruhiger werden ließ.

„Das fällt nun wirklich nicht auf. Meistens stört es dich doch auch nicht, wenn die Hose kurz unterm Arsch endet. Aber wenn du dir unsicher bist, frag Toshiya. Der scheint sich diesmal auch an den Hotpants-Look anzupassen.“

„Oh, wirklich?“

Die Neugier stand Die groß ins Gesicht geschrieben. Auch ich war überrascht. In letzter Zeit wurden die Kostüme unseres Bassisten immer aufwendiger und ausgefallener, teils waren es lange Roben und Kleider. Dass er nun auf etwas derart Kurzes umschwenkte, kam etwas unerwartet. Und bisher hatte er auch noch keinem von uns irgendetwas über seine neusten Ideen erzählt. In meiner Vorstellung wirkte das… naja. Solange er nicht wieder auf den Gedanken kam, Kaorus Spitzendeckchen auf dem Kopf zu tragen…
 

„Ist Toshiya schon da?“

„Ja, im Nachbarraum.“

Desinteressiert wandte sich Kyo seinem Kaffee und seinem Handy zu. Damit war das Thema für ihn erstmal beendet.

Für Die anscheinend nicht, denn Sekunden später stürmte er aus dem Raum hinaus. Die harten Absätze seiner Stiefel hallten von den Flurwänden wieder und wurden schnell leiser.

Aus den Augenwinkeln warf mir unser Sänger einen vielsagenden Blick zu, ich verkniff mir ein Lächeln.
 

„Fehlt noch, dass Kaoru in einem dieser Minihöschen rumrennt, um zu den beiden zu passen“, murmelte er in seinen Kaffeebecher hinein.

Himmel, bewahre.

Das Bild, das kurzzeitig in meinem kopf aufblitzte, war verstörend genug. Dabei war ich wirklich froh, dass unser Leader nun endlich seinen Stil gefunden zu haben schien. Die alten löchrigen Pullis, die er früher so gern auf Konzerten getragen hatte, waren wesentlich eleganteren Outfits gewichen. Die Typ- und Modeberatung, die er vor einiger Zeit von seiner Familie geschenkt bekommen hatte, hatte sich inzwischen bezahlt gemacht und glücklicherweise war er nicht wieder in alte Muster verfallen.
 

*
 

Gedämpfter Jubel drang aus der Halle zu uns in den Backstagebereich.

Tief durchatmend setzte ich mich auf einen Stuhl, einer der Staffs reichte mir ein Papiertuch, das ich dankend annahm, um mir den dünnen Schweißfilm, der sich in meinen Nacken gebildet hatte, wegzutupfen.
 

Zufrieden lächelnd ließen sich Kaoru und Die auf die Stühle gegenüber fallen, während Toshiya gemächlich in den Raum stolziert kam. Kyo hatte sich kurz auf die Toilette verzogen, um sich frisch zu machen.

„Hach, großartig“, grinste der Leader mich an, nachdem er seine Wasserflasche in einem Zug geleert hatte. Ich stimmte ihm schweigend zu. Bisher verlief die Tour besser als gedacht. Ich hatte keine großen Erwartungen an die Konzerte gehabt, aber es war zu spüren, wie lange die Fans auf unsere Rückkehr gewartet hatten. Umso enthusiastischer unterstützten sie jeden einzelnen unserer Songs.
 

„Toshiya, willst du dich nicht mal setzen?“

Etwas umständlich drehte sich Die auf seinem Stuhl zu unserem Bassisten herum, der anscheinend immer noch energiegeladen genug war, um mit weit ausladenden Schritten durch den Raum zu staksen und seinem Abbild in einem der großen Spiegel immer wieder einen eindeutigen Blick zu zuwerfen. Flirtete er gerade allen Ernstes mit seinem Spiegelbild? Ich bemerkte, wie Kaorus Augenbraue nach oben zuckte, während er skeptisch verfolgte, was Toshiya gerade trieb.

„Nein, nein. Die paar Minuten geht das schon. Nicht, dass mein Kleid knittert.“
 

Dass sein sogenanntes Kleid aus einem knitterfreien Stoff bestand, ließen wir unkommentiert. Wahrscheinlich gefiel er sich gerade einfach zu sehr in seiner Aufmachung, so wie er vor dem Spiegel poste. Immer wieder schob er den langen weißen Rock zur Seite, so dass man einen noch besseren Blick auf das bekam, was er drunter trug: Overknees und eine Hotpants, die der von Die in nichts nachstand.

Das Gefühl, dass die beiden wirklich miteinander wetteiferten, wer den Fans die tiefsten Einblicke gewährte, war in den letzten Tagen immer stärker geworden. Während Die allerdings auch mal ein etwas längeres Oberteil drüber trug, gab es bei Toshiya genau zwei Optionen: das Kleid in schwarz oder weiß. Beide boten ungewohnt freie Sicht auf seine Beine, ebenso wusste er, wie gut sein trainierter Körper durch den recht freizügigen Schnitt zur Geltung kam. Dass die Hotpants, die er darunter trug, nicht noch knapper ausgefallen war, lag nur daran, dass es keine kleinere Größe gab, worüber er sich vor Wochen lautstark beschwert hatte.

Seufzend stand ich auf und ging zu einem der Spiegel, um mir vorsichtshalber die Haare zu richten, bevor es zum Encore wieder raus auf die Bühne ging.
 

„Hm, vielleicht sollte ich beim nächsten Mal auch so eine Kombi probieren wie du“, hörte ich Die schräg hinter mir murmeln. Er hatte sich ebenfalls zu uns gesellt, doch statt noch einmal sein Äußeres zu prüfen, versank er in der nachdenklichen Betrachtung von Toshiyas Outfit. Der schenkte ihm ein breites Grinsen und warf – zum wievielten Mal auch immer – den Stoff des Kleides beiseite und streckte Die sein Bein entgegen.

„Klar, warum nicht. Kannst es auch gern mal anprobieren, die passende Figur dazu hast du auf jeden Fall. Aber wenn nur mit den Stiefeln zusammen, alles andere wirkt nicht.“

Ein stolzes Lächeln erschien auf Dies Gesicht.

„Meinst du? Vielleicht könnte ich ja –„

Ich wandte mich ab und versuchte die aufkeimende Diskussion auszublenden. Wenn das so weiterging, würden sie demnächst regelmäßig Modenschauen vor uns veranstalten, um sich indirekt zu vergleichen.

Konnte mich bitte jemand davor retten?
 

Hilfesuchend drehte ich mich zu unserem Leader um, in der Hoffnung, er würde den beiden Einhalt gebieten. Doch Pustekuchen.

In der Zwischenzeit hatte er meinen Platz vor dem Spiegel eingenommen und begann gerade sein sonst hochgeschlossenes Hemd langsam aufzuknöpfen.

Was war denn hier los?

„Geht das so?“

Toshiya und Die betrachteten Kaoru kritisch, dann nickten sie einstimmig.

„Klar, zeig her, was du hast. Eigentlich kannst du es sogar etwas aufmachen.“

Wenn er sein Hemd noch weiter öffnete, würde man nicht nur die Ansätze seiner Tattoos sehen, sondern gleich seinen Bauchnabel.
 

Fast schon fluchtartig verließ ich den Raum, als Fujieda das Zeichen gab, dass wir allmählich rausmussten. Im Flur wartete bereits Kyo auf uns. Der lange Rock und das Korsett waren einer Jogginghose und einem lockeren Shirt gewichen, nur das Make-Up hatte er beibehalten.

Anscheinend hatte ich meine Mimik nicht ganz so gut im Griff, wie ich wollte, denn Kyo genügte ein prüfender Blick in mein Gesicht, um zu wissen, was gerade im Raum hinter mir vor sich ging.

„Versuchen sie sich wieder gegenseitig zu übertrumpfen?“

„Ja und Kaoru macht auch noch mit.“

„Ah, das ist natürlich mal was Neues.“

Ein Grinsen breitete sich auf Kyos Zügen aus und ließ ihn mit dem Make Up noch eine Spur gruseliger wirken. Wobei nicht so gruselig, wie die drei in geballter Form, die gerade in den Flur traten. Kyos prüfender Blick wanderte über sie.

„Na ja, dann können die Fans ja neben dem Social Media Account für Toshiyas linkes Bein, gleich noch einen für Dies Strumpfhosen und Kaorus Ausschnitt machen.“

Toshiya wurde hellhörig.

„Wer will was machen?“

Kyos Grinsen wurde eine Spur weiter, als er seine Worte noch einmal wiederholte.

„Soweit ich mitbekommen habe, gibt es einige Fans, die dafür schon Pläne haben.“

„Oh wenn du was mitbekommst, sag Bescheid. Dem muss ich folgen.“

Toshiya schien hellauf davon begeistert zu sein, auch Die wirkte nicht abgeneigt.

Seufzend wandte ich mich ab und steuerte auf die Treppen zu.

Wahrscheinlich würde ich solche und ähnliche Gespräche für den Rest der Tour über mich ergehen lassen müssen. Wurde Zeit, dass wir wieder nach Japan kamen und ich mir vorerst keine Gedanken mehr über anderer Leute Kleiderschränke zu machen brauchte.

Modefragen V (Dir en grey)

Inspiration: der Instagram-Post vom 25.4.24 auf der offiziellen Bandseite
 

Modefragen V
 

Oder auch eine Sache des Wachstums
 

„Sagt mal, trägt Kyo seit neuesten einen Bart?“

Es dauerte einige Sekunden, bis die Worte mein Hirn erreichten. Dennoch war ich mir nicht sicher, ob ich mich nicht doch verhört hatte. Stirnrunzelnd sah ich von meiner Zeitschrift auf, zu dem ebenfalls kritisch dreinblickenden Toshiya, der auf dem Sofa gegenüber saß.

Neben mir erklang ein Prusten, gefolgt von einem erstickenden Röcheln. Die hatte sich an seinem Wasser verschluckt. Ich streckte bereits die Hand aus, um ihm helfend den Rücken zu klopfen, aber er hatte sich schneller erholt, als ich zur Tat schreiten konnte.

Mit leicht gerötetem Kopf blickte er zu unserem Bassisten, sich dabei noch einige Mal auf die Brust klopfend.

„Wie kommst du bitte darauf?“

Das fragte ich mich auch.

Kyo war zwar hin und wieder – sehr zu meinem Missfallen – ein wenig Gesichtsbehaarung nicht abgeneigt, aber dass es für einen ganzen Bart reichte, war mir neu.

„Na, habt ihr das Foto, das Fujieda vorhin gepostet, nicht gesehen?“

Toshiya wedelte mit seinem Handy herum, doch mehr als ein verschwommener, heller Bildschirm war nicht zu erkennen. „Da trägt Kyo eindeutig einen Bart. So einen blonden Schnauzer.“

Er legte den Zeigefinger über seine Oberlippe, um uns besagtes Foto noch deutlicher zu beschreiben.
 

Blinzelnd starrte ich ihn an, versuchte das Bild, das er gerade bot, auf Kyo zu übertragen. Aber – Nein! Das konnte nicht sein.

Ein flaues Gefühl bildete sich in meinem Magen.

Während ich noch dabei war, die Information zu verarbeiten und dieses entsetzliche Bild – ich hoffte inständig, dass das nicht wahr war – wieder aus meinen Gedanken zu verbannen, hatte Die bereits sein Handy gezückt.

„Oh, stimmt.“ Mit leicht zusammengekniffenen Augen starrte er auf das Display. „Das sieht wirklich so aus.“
 

Meine verbliebene Hoffnung schwand.

Kyo hatte sich doch nicht wirklich einen Bart stehen lassen? Er rasierte sich zwar des Öfteren mal einige Tage nicht, um dann stolz das Ergebnis seiner doch recht lichten Gesichtsbehaarung zu präsentieren, aber –

Moment.

Ich hielt inne und runzelte die Stirn. Da stimmte etwas nicht.

Während die beiden weiter über den Post, den Fujieda zum Release unserer neusten Single hochgeladen hatte, diskutierten, meldete sich ein leises Stimmchen in mir, dem ich nun Ausdruck verlieh.
 

„Wie soll er sich denn innerhalb von zwei Tagen einen Mustache herangezüchtet haben?“, warf ich vorsichtig ein. Alles in mir sträubte sich, das Wort Schnauzer laut auszusprechen.

Kyo war zwar immer für Überraschungen gut, aber dass ihm innerhalb dieser kurzen Zeitspanne, in der wir uns nicht gesehen hatten, ein anständiger, noch dazu blondierter Bart wuchs, wäre selbst für ihn ein Wunder. Vorgestern, bei unserer letzten Besprechung vor dem Start der Tour, hatte noch kein Härchen seine Oberlippe geschmückt.
 

Für einen Moment herrschte Stille, in der die beiden mich anstarrten, als hätte ich etwas Ungeheures gesagt. Ihre Blicke ließen mich die Schultern etwas nach oben ziehen, ich mochte es nicht, derart in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit zu rücken.

Ich konnte sehen, wie es in ihren Köpfen ratterte. Ein Ausdruck, den ich nicht ganz deuten konnte, huschte schließlich über Toshiyas Gesicht.

„Jetzt, wo du es sagst“, murmelte er gedehnt.

Wieder sah er auf sein Handy, drehte es ein wenig hin und her, vergrößerte den Abstand, nur um gleich darauf beinahe mit der Nase drauf zu stoßen. Ich stutzte. Wo hatte er eigentlich seine Brille gelassen?

„Hm, aber guck doch selbst mal. Das sieht wirklich so aus. Vielleicht hat er ihn ja angeklebt.“

Anscheinend war er nicht davon überzeugt, sich geirrt zu haben.

Ich unterdrückte ein ergebenes Seufzen und beugte mich etwas näher zu Die, um nun selbst einen Blick auf das ominöse Foto zu erhaschen. Wieder runzelte ich die Stirn – das wurde langsam zur lästigen Angewohnheit – aber selbst nach mehreren Sekunden sah ich keinen Bart. Es zeigte nur Kyo mit Hut und Sonnenbrille vor dem gelb-roten Banner der Tower Records stehend. Er und Fujieda waren heute Vormittag bereits nach Sendai gefahren, für eins der vielen Indoor-Events zum Release unserer neuen Single. Wir übrigen waren erst später gefolgt.
 

Aber egal, wie lange ich darauf starrte, Kyos mysteriöser Schnauzer blieb mir verborgen.

Anscheinend war das Unverständnis deutlich von meinem Gesicht abzulesen, denn Die fing an, auf dem Display herumzustreichen.

„Da, schau. Man sieht ihn fast nicht, weil er so hell ist. Wie so ein schmaler Balken.“

Ich blinzelte ein paar Mal, aber es blieb dabei: Da war kein Bart und ich hatte ein Déjà-vu, nur dieses Mal bezüglich Dies: Wo war seine Brille? Er brauchte schon eine Weile eine, aber er trug sie so gut wie nie – aus Gründen, wie er sagte.

Mit einer fahrigen Bewegung scheuchte ich seine Finger weg und zog das Bild größer. Das war Licht. Einfach nur ein Lichtstreifen, der sich eventuell nicht ganz vorteilhaft auf Kyos Gesicht abzeichnete. Nichts weiter.
 

Ich kam gar nicht dazu, die beiden auf ihre fehlerhafte Annahme hinzuweisen, da hatten sie sich bereits in die nächste, muntere Diskussion gestürzt. In mir wuchs der Wunsch, augenblicklich den Raum zu verlassen.

„Ich finde, das hat etwas von einem typischen, italienischen Mafioso.“

„Der Style oder der Bart?“

„Beides.“

„Aber sind Italiener überhaupt blond?“

„Hm. Na ja. Nein, ich glaube nicht. Wobei, die von der Mafia färben sich sicher auch die Haare. Aber je länger ich hinschaue, desto mehr finde ich, dass es ihm steht.“

Das tat es nicht, nicht mal ansatzweise. Außerdem war da gar nichts! Und hörten die sicher überhaupt selbst zu und merkten, was für einen Blödsinn sie da von sich gaben? Doch ich schwieg und behielt meine Gedanken mühselig für mich. Das Gefühl, dass die beiden nicht mehr ganz nüchtern waren, wurde immer stärker. Anders ließ sich das Ganze hier einfach nicht erklären.
 

Die Minuten zogen sich in die Länge, an das Lesen meiner Zeitschrift war nicht mehr zu denken.

Inständig hoffte ich, dass Kaoru bald von seiner Besprechung mit Takabayashi zurückkehren würde. Viel länger würde ich dieses Gequatsche nicht mehr ertragen.

Auch Kyo fehlte noch. Wenn er hörte, worüber die beiden schon wieder philosophierten, kam er bloß auf mich nicht sonderlich glücklich machende Ideen.
 

Schließlich wurde ich erlöst. Gedämpfte Schritte erklangen im Gang, wurden immer lauter, bis endlich die Tür zum Konferenzraum des kleinen Hotels, in das wir uns zwei Nächte einquartiert hatten, aufgestoßen wurde.

Ein Kaffee schlürfender Kaoru trat ein und blieb in der Tür stehen. Seine kurz angebundene, halb genuschelte Begrüßung ging im Gespräch der anderen zwei Bandmitglieder unter, so blieb ich der Einzige, der ihm Beachtung schenkte. Augenblicklich fühlte ich mich erleichtert, nicht mehr alleine mit den beiden sein zu müssen.
 

Langsam trat er näher und setzte sich auf einen der freien Stühle. Den Stapel an Unterlagen, den er unter einem Arm trug, warf er geräuschvoll auf den Tisch vor uns und unterbrach so das Gespräch.

Sein prüfender Blick wanderte von einem zum anderen, bis endlich vollkommene Ruhe im Raum herrschte und jeder ihm seine Aufmerksamkeit schenkte. Entweder war die Besprechung mit Takabayashi sehr anstrengend gewesen, oder er nahm Toshiya und Die das Nichtbeachten seines Erscheinens in gewissem Maße übel, weshalb er nun die strenge Leaderkarte ausspielte. Wie auch immer, es half und die beiden saßen wie artige Schuljungen auf den Sofas.

Das schien Kaoru zufriedenzustellen, seufzend sank er zurück gegen die Lehne des Stuhls und wirkte mit einem Mal recht entspannt. Der strenge Leader-Moment war damit wohl abgehakt.

„Kyo kommt gleich. Dann können wir loslegen und die letzten Details für morgen durchgehen.“
 

Ich musste Toshiya nicht mal einen Blick zuwerfen, um zu wissen, dass sich bei Kyos Erwähnung ein erfreutes Lächeln auf seinem Gesicht abzeichnete. Er konnte wohl immer noch nicht von seiner Theorie lassen. Während Kaoru sich ein wenig durch die ganzen Zettel wühlte und Die sich erneut seinem Smartphone widmete, rutschte Toshiya erwartungsvoll auf seinem Hintern herum, als könnte er es kaum erwarten, endlich Kyos Bart in Natura zu bewundern. Dabei haute seine Theorie und die entsprechende Überprüfung derer schon dann nicht hin, wenn Kyo sich den Schnauzer wirklich aus Jux angeklebt hatte.

Seine Unruhe fiel selbst Kaoru auf, der den Notizzettel in seiner Hand sinken ließ und unserem Bassisten einen irritierten Blick zuwarf.

„Was ist hier eigentlich los?“
 

Statt dass sich einer der beiden bemüßigt fühlte, Kaoru darüber aufzuklären, was er verpasst hatte, starrten sie übertrieben intensiv auf ihre Handys und taten, als hätten sie die Frage nicht gehört. Ich kam mir vor wie im falschen Film. Kaoru ebenfalls, denn er warf mir einen fragenden Blick zu.

„Toshiya und Die sind der Meinung, dass Kyo einen Bart trägt.“

„Das ist nicht nur eine Meinung, sondern eine Tatsache. Er hat eindeutig einen Schnauzer.“

Kaorus Gesicht sprach Bände, seine linke Augenbraue zuckte gefährlich nach oben.

„Wie kommt ihr denn da drauf? Vorgestern hatte er noch keinen oder soll er sich den etwa angeklebt haben?“, hakte er skeptisch nach.

Es kam wieder Leben in Die, der heftig nickte. Enthusiastisch hielt er unserem Leader das Handy unter die Nase.

„Guck dir das Foto an.“

Kaoru blickte schweigend auf das dargebotene Beweisstück. Die Sekunden vergingen, in denen er nicht erkennen ließ, was er dachte. Dann rückte er seine Brille zurecht und hob den Kopf, die Augenbrauen verschmolzen fast seinen Haaransatz.

„Also, ich weiß nicht, was ihr beide seht, aber Kyo ist auf dem Bild definitiv frisch rasiert. Entweder ihr macht das Bild größer oder ihr nutzt endlich mal eure Brillen.“
 

War ich vorher nicht zu ihnen durchgedrungen, so schaffte es nun Kaoru. Leicht bedröppelt sahen sie erst ihn, dann einander an. Beinahe bekam ich das Gefühl, dass sie enttäuscht waren, dass das Bild, das sie sich von Kyo gemacht hatten, wohl doch nicht der Realität entsprach – und dass nicht mal die Fake-Bart-Theorie stimmte.

„Das ist einfach nur ein Schatten, der auf sein Gesicht fällt. Das hier….“ Kaoru strich sich langsam mit zwei Fingern um den Mund herum und reckte, wie um seine nächsten Worte zu unterstreichen, sein Kinn etwas vor. „... ist ein anständiger Bart.“
 

Und als hätte er nur auf dieses Fazit gewartet, öffnete sich in diesem Moment die Tür und die Person, um die sich seit gefühlten Stunden alles drehte, erschien. Glattrasiert. Ohne aufgeklebten Schnauzer.

Ich atmete auf.

Während sämtliche Blicke auf ihn gerichtet waren, schien Kyo diese spezielle Stimmung im Raum gar nicht zu kümmern. Die Sonnenbrille auf den Kopf geschoben, warf er sich kommentarlos auf den freien Platz neben Toshiya und blickte kurz in die Runde.

„Was ist?“

„Nichts, nichts.“ Beschwichtigend hob Die die Hände, ein kleines Grinsen ließ seine Mundwinkel zucken. Dagegen wirkte Toshiya wirklich enttäuscht. Es entbehrte nicht einer gewissen Komik, wie er immer wieder zwischen dem realen Kyo neben ihm und dessen Abbild auf dem Handy hin und her blickte, als könnte er es immer noch nicht fassen, dass er falsch gelegen hatte. Wahrscheinlich würde er später trotzdem nachfragen, ob Kyo sich nicht doch für das Foto einen Bart aufgeklebt hatte.

Ich hingegen war froh, dass dieses leidliche Thema endlich abgeschlossen war.
 

*
 

„Okay, das war’s für heute.“

Schnaufend räumte Kaoru seine Unterlagen zusammen und streckte sich ausgiebig, ehe er sich zum Gehen wandte.

„Treff ist morgen, wie gesagt, um zehn vor dem Hintereingang der Halle. Gegebenenfalls sagt einfach Fujieda oder Takabayashi Bescheid.“

Damit war die Sitzung beendet und Kaoru mit Kyo im Schlepptau verschwunden.
 

Umsichtig schob ich mich an Die vorbei, der im Türrahmen verharrte und abwesend in Toshiyas Richtung sah. Er wirkte ein wenig in Gedanken versunken, aber das kümmerte mich nicht weiter. Ich hatte heute Abend noch einiges vor. Es war bereits wieder viele Monate her, dass ich in Sendai gewesen war. In der Zwischenzeit hatte ich einige neue Restaurants und Shops entdeckt, denen ich unbedingt einen Besuch abstatten wollte, wenn sich die Chance schon einmal bot. Ich war schon fast zur Tür raus, da wurde ich aufgehalten. Also indirekt. Vielmehr ließ mich Toshiyas leise Stimme innehalten.

„Vielleicht sollte ich mir auch mal wieder einen stehen lassen.“

Was –?

Die Worte waren nicht an mich gerichtet gewesen, dennoch blieb ich mit gespitzten Ohren stehen, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, diese Entscheidung sofort wieder zu bereuen.

„Das ewige Rasieren nervt schon etwas.“
 

Oh je. Nicht schon wieder.

Obwohl sich alles in mir dagegen wehrte, ich konnte nicht weitergehen und so tun, als hätte ich nichts gehört. Vorsichtig linste ich über die Schulter zurück. Die beachtete mich gar nicht, er stand mit dem Rücken zu mir, wahrscheinlich in der Annahme, ich wäre schon längst verschwunden. Toshiya wurde von ihm verdeckt, ich vermutete, dass er sich noch keinen Millimeter vom Sofa wegbewegt hatte.

Ein ungutes Gefühl stieg in mir auf.

Eigentlich sollte ich wirklich gehen. Es ging mich nichts an, was die beiden so trieben, aber – Nein. Ein leises Stimmchen in meinem Hinterkopf meldete sich zu Wort und redete mir ins Gewissen. Wer wusste schon, auf was für Ideen die zwei kamen, wenn man sie alleine ließ.

Mir war zwar nicht entgangen, dass die beiden während der Besprechung auffallend interessiert an Kaorus Lippen gehangen hatten, aber ich hatte mir nichts weiter dabei gedacht. Jetzt im Nachhinein betrachtet, konnte es aber auch etwas anderes gewesen sein, das sie in ihren Bann gezogen hatte.
 

„Hm… Ich hab auch schon überlegt.“

Die strich sich nachdenklich über seine Wange, auf der sich bereits sachte Schatten abzeichneten, wie so oft am Ende des Tages. Innerlich erstarrte ich. Also doch!

Wieso konnten sie das Thema Gesichtsbehaarung nicht einfach ruhen lassen? Den wenigsten Japanern stand ein Bart überhaupt, die zwei gehörten definitiv nicht zu dieser Kategorie. Aus der Erfahrung der vergangenen Jahre sollten sie eigentlich wissen, dass ihnen sowieso kein anständiger Bart wuchs.
 

Unwillkürlich stieg ein recht verstörendes Bild vor meinem geistigen Auge auf. Schnell schüttelte ich den Kopf, in der Hoffnung, es dadurch zu vertreiben.

Nein, ich wollte nicht, dass meine Bandkollegen um Jahre gealtert und auch etwas verwahrlost wirkten, nur weil sie stolz ihren Bartflaum zur Schau tragen mussten. Dann müsste ich wirklich überlegen, die Band zu wechseln, denn so wollte ich definitiv nicht mit ihnen auf der Bühne stehen. Alles hatte seine Grenzen.
 

Die war bereits wieder im Raum verschwunden und ich fürchtete, dass sie bereits anfingen, sich näher mit ihrem Vorhaben auseinanderzusetzen.

Das musste verhindert werden. Allein um meiner eigenen Nerven willen.

Langsam ging ich zur Tür zurück, verharrte einen Moment, ehe ich vollends eintrat.

Nur einmal wollte ich meine Meinung, mit der ich mich sonst verbal recht zurückhaltend, kundtun und damit Schlimmeres verhindern.

Ich klopfte gedämpft gegen den Türrahmen, um auf mich aufmerksam zum machen. Verwundert sahen die beiden zu mir auf.

Was war das da auf Dies Smartphone? Ich kniff die Augen ein wenig zusammen. Ein ungutes Gefühl stieg in mir auf.

Suchten sie etwa nach den neusten Barttrends?

Ich konnte ein Seufzen nicht mehr unterdrücken, während ich langsam auf die Sotzgruppe zu steuerte und mich gedanklich von meiner Abendplanung verabschiedet.

Es würde wohl eine lange Nacht werden.
 

Ende


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nachwort:
Die Geschichte ist als fixe Idee entstanden und auf dem Mist von meiner besten Freundin und mir gewachsen, als wir wieder einmal einer Diru DVD frönten und Toshiyas veränderter Körperbau (vom athletischen, trainierten Mann zum Muskelprotz) natürlich nicht ohne Aufmerksamkeit blieb. Dies hier war nun unsere mögliche Erklärung dafür ^^ ich hoffe, sie war nachvollziehbar.

Liebe Grüße
Luna

Und Feedback wäre wie immer ein Träumchen^^
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Kommentare zu dieser Fanfic (8)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-12-01T02:22:26+00:00 01.12.2023 03:22
*lachend vom Bett fällt*
Aus efahrung, ich bin beim Stricken eher gestresster, als entspannter
*grübel
Vielleicht hab ich die falsche Wolle?
Was macht Toshiya auf die Wolle? Das der Leader-sama "entspannt" ist?

Antwort von:  QueenLuna
04.12.2023 08:49
Vielleicht fördert diese Tätigkeit einfach Kaorus Konzentration und er vergisst alles um sich heraus herum ^^
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-11-30T22:52:38+00:00 30.11.2023 23:52
Hihi
Kaoru in Strickklamotten. Das hätte ich ja zu gerne mal gesehen. Hihi
Antwort von:  QueenLuna
04.12.2023 08:47
Naja bei einigen Konzerten trägt er Strickpulver xD
Antwort von:  QueenLuna
04.12.2023 08:47
Pullover nicht pulver xD
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-11-30T10:57:28+00:00 30.11.2023 11:57
Da hat Shinya absolut recht. Konfetti macht glücklich.
Vor allem den Reinigungstrupp hihihi
Aber hach Kyo ist ja knuffelig zu Shinya
Antwort von:  QueenLuna
04.12.2023 08:46
Ich mag die Kombi der beiden ^^
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-11-30T10:49:51+00:00 30.11.2023 11:49
Ahwww wie niedlich ♥
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-11-26T22:50:04+00:00 26.11.2023 23:50
hihihi
Aber ich fühle es so
Ich verachte Sport, jegliche Form davon
So sehr dass ich es sogar im TV weg schalte XD
Antwort von:  QueenLuna
27.11.2023 08:24
XD okay Tatsuros Abneigung ist dann vielleicht nicht ganz so groß. Ich denke Fußball schaut er noch ^^
Von:  -Pharao-Atemu-
2023-11-26T22:26:34+00:00 26.11.2023 23:26
Drummer... vs. Gitarrist.
Fingerübungen, gegen Armtraining.
Kooooooomisch., Aber ja es geht auch viel um die Technik XD
Antwort von:  QueenLuna
27.11.2023 08:24
Definitiv ^^
Von:  totchi1312
2022-04-13T22:58:39+00:00 14.04.2022 00:58
Hach wie toll *_* ich liebe konfetti
Antwort von:  QueenLuna
15.04.2022 17:49
Solange nicht in meiner Wohnung liegt *lach*
Von:  yamo-chan
2020-05-30T05:32:52+00:00 30.05.2020 07:32
Hahaaa! 🎉
Shinya wins!
Da kann Toshiya trainieren so viel er will. XD
Auch wenn diese übertriebenen Muskeln schon nicht mehr hübsch waren...

Mittlerweile sind Shinyas Ärmchen aber auch zu Armen herangewachsen.
Antwort von:  QueenLuna
31.05.2020 22:34
Haha danke für deinen Kommentar ^^
Naja ich denk le Toshiya hat es auch eingesehen dass er nicht gewinnen kann, weshalb er jetzt wieder in normalerer Form unterwegs ist *lach* muss gestehen, dass das trainierte zwar echt seinen Reiz hatte, aber ich auch seinen aktuellen Stand doch bevorzuge xD

Viele Grüße
Luna


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