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Common Ground

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Hier wie versprochen schnell die Fortsetzung, damit ihr gar nicht erst allzu ungeduldig auf euren Stühlen hin- und herrutschen müsst. ;)

Keine Ahnung, ob sich tatsächlich jemand dafür interessiert:
Wie so oft bei dieser FF kommt der kombinierte Titel der beiden Kapitel aus einem wunderschönen Song von Dan Mangan: Tina’s Glorious Comeback. <3

Aber nun: Viel Spaß mit Teil 2! Komplett anzeigen

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(...) it wouldn't matter how it ends.

„Wo willst’n du hin?!“

Eine Hand schloss sich um seinen Oberarm und erschrocken hielt Duke inne. Es war Tristan. Natürlich, von allen Menschen in diesem verfluchten Zimmer! Wut begann in ihm hochzubrodeln. Aber nein, kein Grund sich aufzuregen! Er konnte es trotzdem noch schaffen. Dann wusste Tristan eben, dass er das Zimmer verlassen hatte, na und?! Der war ähnlich angeheitert wie Joey; es bestand also durchaus eine reelle Chance, dass es nicht auffallen würde, wenn er nicht zurückkam.

„Nur auf’s Klo, entspann dich mal!“, musste er regelrecht gegen die Musik anschreien. Die einzige erreichbare Steckdose des Raumes befand sich direkt neben der Tür, sodass dort die Boombox installiert worden war.

Überraschend flink presste sich Tristan an ein paar Leuten vorbei, die ihn noch von Duke trennten und stand schließlich leicht außer Atem neben ihm. „Gute Idee, da komme ich mit!“

Um ein Haar hätte Duke gegen die Tür getreten. Stattdessen verkrampfte sich seine linke Hand um den Griff, die Rechte ballte sich zur Faust. Mit einem tiefen Einatmen und einem mehr als gezwungenen Lächeln öffnete er die Tür und ließ seinem Freund den Vortritt.

Auf dem Gang war die Luft im Vergleich zum Zimmer geradezu frisch. Duke warf einen kurzen, sehnsüchtigen Blick nach links zu seinem eigenen Zimmer. Da drüben, so nah und gleichzeitig unglaublich fern, war Kaiba und dachte wahrscheinlich nach: Darüber, auf wie vielen Ebenen Duke und diese ganze Sache eine Gefahr für ihn darstellen konnten, ihn schwach machten, über die unzähligen Risiken, die das alles barg. Und er war nicht da, um …

… er war eben einfach nicht da!

Tristan wandte sich nach rechts und Duke folgte ihm mit einem leisen Seufzen zum Gemeinschaftsbad der Jungs, wo sich auch die Herrentoilette befand. Immer wieder spürte er Tristans prüfenden Blick auf sich ruhen, was ihm an den Pissoirs besonders unangenehm auffiel. Was hatte Tris denn nur? Dieses Verhalten war nicht nur irritierend, sondern geradezu besorgniserregend.

Endlich rückte Tristan beim Händewaschen mit der Sprache heraus und Enttäuschung schwang in seiner Stimme mit: „Was’n los mit dir, Mann? Ich hab das Gefühl, irgendwie bist du gar nicht so richtig in Party-Laune …“

„Quatsch, wie kommst du denn darauf?“, widersprach er fast schon reflexartig und schüttelte den Kopf, als sei es das Lächerlichste, was er je gehört hatte. Während Duke sich die Hände abtrocknete, zählte Tristan die Punkte an seinen noch immer tropfenden Fingern ab: „Erstens: Ich hätte nie gedacht, dass ich mal kritisieren würde, dass du dich bei den Mädels zurückhältst, vor allem bei welchen, die mega-gut aussehen und sich voll an dich ranschmeißen! Und zweitens hast du noch so gut wie nix intus! Noch langsamer könntest du dich nur betrinken, wenn du dir das Zeug mit so nem Drück- … Röhrchen-…Glas-Ding einflößen würdest.“

„Ner Pipette?!“

„Genau damit!“

Der Teil von ihm, der Tristan für diesen verkorksten Abend und seinen ganzen Frust verantwortlich machte, spielte kurz mit dem Gedanken, einfach die Wahrheit zu sagen, um den Unglauben und das Entsetzen im Gesicht seines Gegenübers zu genießen.

Ach, ich bin nur ein bisschen abgelenkt. Weißt du, irgendwie habe ich mich in den letzten Tagen in Kaiba verguckt und der scheint auch was für mich übrig zu haben. Gestern haben wir uns geküsst und rumgemacht und vor ein paar Stunden haben wir miteinander geschlafen. Sicherlich hast du Verständnis dafür, dass sich mein Interesse für diese Mädchen darum gerade leider etwas in Grenzen hält!

„Ist das schon alles? Ich dachte, da kommt jetzt sonst was! Aber mal im Ernst: Das bildest du dir nur ein!“, winkte er stattdessen lachend ab und folgte Tristan gezwungenermaßen zurück zu dem verhassten Party-Zimmer, aus dem die Musik gedämpft nach draußen wummerte.

„Sicher? Na gut. Dann streng dich gefälligst ein bisschen mehr an beim Spaßhaben!“, grinste Tristan und knuffte ihn in die Seite, bevor er die Tür öffnete und Duke zurück in die Enge, Hitze und nicht vorhandene Luft des Zimmers schob. Bianca und Lucy hatten ihn natürlich sofort erspäht und winkten ihn aufgeregt wieder zu sich. Anscheinend war nun auch noch ihre schwarzhaarige Freundin dazugestoßen und hatte es sich mit ihnen auf dem Bett bequem gemacht. Seine Mundwinkel zu heben erforderte praktisch seine gesamte Kraft, doch schließlich ging er lächelnd auf sie zu. Es war ohnehin zwecklos, sie würden ihn ja doch nur wieder zu sich schleifen, wenn er jetzt woanders hinging. Seine Rolle als Duke Devlin zu spielen grenzte heute wirklich an Folter!

Auf dem Weg legte er noch einen Zwischenstopp am Tisch ein, der nach wie vor als Bar fungierte, und füllte sich einen neuen Becher – diesmal mit etwas mehr Rum –, um sich für weitere Zumutungen der angetrunkenen Mädchen zu wappnen und wohlwissend, dass Tristans wachsames Auge auf ihm ruhte.
 

Seto sah von dem Dino-Block und seinem aktuellen Entwurf auf und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

22:05 Uhr. Seit fünf Minuten war Nachtruhe, das bedeutete eigentlich, dass Devlin jede Minute hier sein musste.

22:12 Uhr. Sein rechtes Bein über der Bettkante begann ruhelos zu wackeln, sein Fuß tippte wieder und wieder auf den Fußboden. Im Nachdenken strich er sich mit dem Zeigefinger seiner linken Hand unablässig über die Unterlippe. Alle paar Sekunden hob er den Blick und sah zur Tür, nur um danach von Neuem auf die gleiche Stelle seiner Zeichnung zu starren, ohne mit dem Stift tatsächlich etwas zu tun.

22:20 Uhr. Noch immer rührte sich nichts. Wo blieb Devlin denn nur? Unwillkürlich hatte Seto die Ohren gespitzt und lauschte auf jedes Geräusch, dass potentiell die Ankunft des Schwarzhaarigen ankündigen könnte. Moment, was war das? Leise, aber doch deutlich erkennbar, nicht natürlichen Ursprungs, sehr repetitiv. Das kam von … Das Bett knarzte, als Seto aufstand und zur Tür ging. Neugierig öffnete er sie einen Spalt und sah nach draußen, um die Ursache der Laute auszumachen.

Musik drang aus dem Zimmer von Wheeler, Muto und Co. und ihr stumpfer Beat war es offenbar, den Seto selbst am Ende des Ganges und über mehrere Türen und Wände hinweg noch vernommen hatte. Als die Zimmertür überraschend aufging und zwei unbekannte Mädchen kichernd daraus hervorstolperten, zog sich Seto schnell wieder zurück.

Verwirrung und ein Anflug von Ärger stiegen in ihm auf.

Devlin ließ ihn warten – wegen einer Party?!

Nun gut, er war vermutlich von seinen idiotischen Freunden dazu genötigt worden. Außerdem konnten Leute wie Devlin ja tatsächlich sogar Spaß an so etwas haben. Die Gründe dafür waren Seto zwar schleierhaft, aber von diesen Dingen verstand er ehrlicherweise nicht besonders viel und hatte auch kein Verlangen etwas daran zu ändern.

Also schön. Noch bis halb zwölf; eine gute Stunde. So lange würde er noch warten. Bis dahin würde Devlin ja wohl hoffentlich eine Ausrede gefunden haben, um sich davonzustehlen, darin schien er ja gar nicht schlecht zu sein.

Ansonsten …

Kaiba? Das war Wahnsinn!

Ach, er würde schon noch kommen.
 

Mit jedem Schluck mehr Alkohol wurde es tatsächlich ein wenig einfacher. Mittlerweile brachte Duke es immerhin über sich, hin und wieder seine Arme um die Schultern der Mädchen zu legen oder ihnen während ihrer bedeutungslosen Gespräche etwas tiefer in die Augen zu sehen. Als er sich gerade anhören musste, wie sich Lucy das perfekte erste Date vorstellte (Essen oder Kino, ein Spaziergang im Dunkeln nach Hause, Abschiedskuss – hier traf Duke ein vielsagender Blick), lief Tristan kurz an ihnen vorbei und reckte dreckig grinsend den Daumen nach oben. Na, wenigstens einer war jetzt glücklich!

Da spürte Duke wie eine Hand durch seine Haare fuhr und zuckte reflexhaft mit dem Kopf zur Seite. Bianca hatte die Gelegenheit genutzt, ihm wieder etwas näher zu kommen, anscheinend noch immer in der irrigen Hoffnung ihn durch ihre kleinen Zärtlichkeiten endlich herumzukriegen. Als ihre Finger auch noch begannen, an der Seite seines Halses entlang zu streicheln, musste er sich wirklich zusammenreißen. Mein Gott, wie hartnäckig konnte man denn sein?! Ihm kam es ein wenig so vor, als würde er nach einem Insekt schlagen, das an seinem Hals krabbelte, in der Realität ergriff er ihre Hand jedoch wesentlich sanfter, nahm sie weg von seinem Hals nach unten und hielt sie noch einen Moment fest, um den unangenehmen Berührungen vorerst ein Ende zu bereiten.

Lautes Johlen und Pfiffe schallten von einer anderen Ecke des Raumes herüber. Neugierig streckten sich die Mädchen, um den Ursprung der Begeisterung ausmachen zu können und Duke nutzte die Ablenkung, um Biancas Hand wieder loszulassen. Durch kleine Lücken in der Menge konnte er Teas längst geleerte Weinflasche erkennen, die in der Mitte eines Kreises von Gästen beiderlei Geschlechts auf dem Boden lag. Anscheinend war jetzt Ayumi an der Reihe sie zu drehen und würde vermutlich denjenigen küssen müssen, auf den der Flaschenhals am Ende zeigte. Die Flasche wurde immer langsamer und blieb schließlich bei Yugi stehen, der schon feuerrot anlief, noch bevor Ayumi ihm einen millisekundenlangen Verlegenheitsschmatzer auf die Lippen drückte. Machte Yugi da wirklich freiwillig mit oder war er nur wieder zu nett gewesen, um nein zu sagen?

„Wie niedlich!“, kicherte Bianca neben ihm spöttisch und in ihre Augen trat ein besorgniserregendes Funkeln. „Aber wir brauchen für so etwas kein albernes Spiel, oder?“ Sie sah leicht überheblich in das Rund ihrer Freundinnen, als würde sie endlich zu einem lange geplanten Angriff übergehen.

Ihre Hand legte sich auf Dukes Wange und sie drehte sanft, aber bestimmt seinen Kopf, sodass er sie ansehen musste. Seine Augen weiteten sich, als er begriff, doch es war schon zu spät: Ihr Mund kam seinem immer näher und ihm blieb nur noch die Augen zu schließen. Biancas Atem streifte seine Lippen, ihr warmes, vom Alkohol leicht gerötetes Gesicht war nur noch Millimeter von seinem entfernt.

„Entschuldige mal, Süße, aber das ist mein Freund, mit dem du da rumknutschen willst!“

Die Überraschung ließ Bianca innehalten und Duke traute sich seine Augen wieder zu öffnen. Was zur …?

Mariko hatte sich vor ihnen aufgebaut und sah voller Entrüstung auf ihn und die drei Privatschülerinnen hinunter. Sie war leicht geschminkt, die Haare trug sie offen und ihr enganliegendes Oberteil betonte ihre schlanke Figur. Dass sie so hübsch war, war ihm gestern gar nicht aufgefallen …

Unauffällig zwinkerte sie ihm zu. „Schatz, kann ich dich mal einen Moment unter vier Augen sprechen?“, verlangte sie streng. Ohne lange nachzudenken stieg Duke darauf ein und setzte eine schuldbewusste Miene auf. „Ähm … aber natürlich! Es ist auch gar nicht so wie du denkst!“ Er erhob sich und nahm Marikos Hand, die ihn scheinbar stinksauer von den Mädchen weg- und in Richtung Zimmertür zog. Noch einmal sah er über seine Schulter zu Bianca und ihren Freundinnen: Die Drei sahen ihnen sichtlich verwundert nach und tuschelten dabei aufgeregt miteinander. Mit einem Schulterzucken warf er ihnen einen letzten ‚entschuldigenden‘ Blick zu, dann wandte er sich voll und ganz seiner Retterin zu.

Erst draußen auf dem Gang blieb Mariko stehen. Eine Sekunde lang blickte sie noch versonnen auf ihre ineinander verschränkten Hände, dann ließ sie los und sah mit einem verlegenen Lächeln zu ihm auf. „Du sahst aus, als könntest du Hilfe gebrauchen. Ich hoffe, das war okay.“

„Mehr als okay, danke! Und ich meine wirklich: Danke!“, gab er zurück und erwiderte ihr Lächeln aus vollem Herzen. Wäre es nicht furchtbar unpassend und unfair ihr gegenüber gewesen, er hätte Mariko in diesem Moment küssen können. „Aber wie … ?“

„Wie ich darauf kam?“ Sie verschränkte die Hände hinter dem Rücken, zuckte verlegen mit den Schultern und sah nach unten. „Naja, ich … hab dich natürlich hin und wieder … beobachtet. Du hast zwar versucht, es zu verstecken, aber du sahst nicht wirklich glücklich aus. Du hast anders gelacht als sonst, so … aufgesetzt. Und du bist immer wieder weggezuckt, wenn sie versucht haben, dir noch näher zu kommen. Du sahst einfach aus, als würdest du dich da gerade nicht wohl fühlen. Das … gefiel mir nicht.“

„Danke, Mariko, ich …“

Fragend neigte sie den Kopf, als er stockte.

Er wich ihrem Blick aus, entließ einen langgezogenen Seufzer und rieb sich mit der Hand den Nacken. „Ich … wünschte wirklich, es gäbe mehr, was ich dir sagen könnte.“

Ein trauriges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Schon gut. Und … gerne doch! Also, ich … geh dann mal wieder rein.“

Mit einem gedehnten Ausatmen sah Duke ihr nach, als sie noch einmal winkte und dann schnellen Schrittes wieder im Zimmer verschwand.

Im Gang war es, bis auf die Geräusche aus dem Zimmer, still. Nichts bewegte sich. Er war allein.

Moment mal … Sein Gesicht hellte sich schlagartig auf. Er war draußen! Er hatte es geschafft! Er war entkommen! Den Menschen, der lauten Musik, Kentas furchtbaren Freundinnen, dem Alkohol, und ja, auch Tristan! Ganz bewusst atmete er noch einmal tief ein und aus, dann zog er sein Handy hervor. 23:24 Uhr. Mit etwas Glück war Kaiba noch wach. Ein wenig sauer vermutlich, aber noch könnte er das Ruder vielleicht wieder herumreißen!
 

Je näher das Ende seines einseitigen und bei genauerer Betrachtung recht unspezifischen Ultimatums rückte, desto kürzer wurde Setos Konzentrationsspanne. Wie lange sollte diese dämliche Disco für Arme denn noch dauern? Und wo war eigentlich Kobayashi-sensei, um die Nachtruhe sicherzustellen? Oder der andere Lehrer … Herr … ?

Also Takeda-san, Sie sind mir ja Einer!

Vielleicht wollte er das aber auch gar nicht allzu genau wissen.

Und eigentlich spielte es ja auch gar keine Rolle, ob die Party noch lief oder nicht. Wenn Devlin die Dinge sah wie er, würde er dann nicht Mittel und Wege finden, herzukommen? Es war eine Party, kein Gefängnis!

Oder hielt ihn noch etwas anderes da drüben fest?

Jemand anderes …?

Sein Herz krampfte sich für den Bruchteil einer Sekunde zusammen.

Mit einem energischen Kopfschütteln legte er den Block beiseite, stand auf und ging mit seinen Schlafklamotten ins Bad. Wenn er sich schon auf sonst nichts konzentrieren konnte, konnte er sich genauso gut auch schon einmal bettfertig machen. Irgendwann würde er schlafen müssen, egal, ob Devlin kam oder nicht. Im Badezimmer zog er sich um, dann griff er nach Zahnbürste und Zahnpasta und begann sich die Zähne zu putzen. Dabei marschierte er in dem kleinen Raum auf und ab, wieder und wieder: Drei Schritte nach links, drehen, drei Schritte nach rechts, den Blick immer stur geradeaus gerichtet, je nach Laufrichtung wechselnd auf die Toilette oder die Dusche, nie seitlich zum Waschbecken.

Irgendwann musste er dann aber doch ausspucken und sich den Mund spülen, sodass er nicht länger vermeiden konnte, sich zum zweiten Mal an diesem Tag selbst im Spiegel zu begegnen.

War das wirklich noch er selbst? Nun, da er nicht mehr von den unterschiedlichsten Empfindungen überschwemmt wurde, schien die Antwort ganz offensichtlich: Nein, war es nicht.

Es war nicht der gleiche Seto Kaiba, der ihn sonst zu Hause mit festem Blick aus dem Spiegel ansah, der alles unter Kontrolle hatte, der genau wusste, was ihn erwartete, wie er das Beste aus einer Situation machen konnte, der die Sicherheit im Rücken hatte, am Ende als Gewinner dazustehen. Im Ausdruck seiner Augen lag etwas, das er schon lange nicht mehr darin gesehen hatte … oder nein, schon einmal ganz kurz heute Nachmittag: Unsicherheit.

Er hatte keine Ahnung, was passieren würde, ob es am Ende gut gehen würde. Ob er als Gewinner aus alldem hervorging. Wenn es in solchen Situationen überhaupt einen geben konnte. Seine starke Intuition, die ihn normalerweise neben Rationalität und Logik leitete, schien außer Betrieb zu sein. Wie er es hasste, nicht zu wissen oder zumindest zu ahnen, was kam! Wenn er sich wenigstens nur auf sich selbst verlassen könnte! (Das allein war im Moment ja schon schwierig!) Aber nein, jetzt musste er auch noch einen anderen Menschen in die Gleichung einbeziehen, dessen Motive, Einstellungen, Prioritäten, Entscheidungen, von denen er im Falle Devlins ehrlicherweise nicht die geringste Ahnung hatte. Was dachte er sich nur dabei? War er komplett wahnsinnig? Er schloss für einen Moment die Augen und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.

Er konnte ja noch nicht einmal mit Sicherheit sagen, ob Devlin überhaupt immer noch …

Hach, das alles war so unbequem und anstrengend! Und es konnte überhaupt nur dann einfacher werden, wenn Devlin endlich auftauchen würde, verdammt noch eins!

Ein dumpfer Schmerz riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte, ohne es wirklich zu registrieren, mit der Faust auf den Rand des Waschbeckens geschlagen. Kopfschüttelnd wandte er sich von seinem Spiegelbild ab und verließ das Badezimmer.

Vielleicht wurde Devlin doch von jemandem auf der Party festgehalten? Irgendeinem gutaussehenden Mädchen? Das wäre wohl kaum verwunderlich, es war schließlich immer noch Devlin. Was, wenn er seine Meinung wirklich schon längst geändert hatte?

Wir reden später?

Mechanisch kehrte Seto zum Bett und seiner Arbeit zurück, doch der nagende Zweifel blieb.

Konnte Devlin nicht kommen … oder wollte er nicht?

Er sah auf die Uhr. Noch fünf Minuten.
 

„Alter!“

Duke blieb auf der Stelle stehen wie eingefroren. Ein Blick über seine Schulter verriet ihm, dass Joey offenbar just in diesem Moment aus der Toilette gekommen war und ihn natürlich gesehen hatte.

„Willst du etwa schon ins Bett gehen?! Nicht dein Ernst, Mann!“

Nein, nicht dein Ernst, Mann! Eine Sekunde lang spielte er mit dem Gedanken, tatsächlich die Hände hoch zu nehmen, wie ein Gefängnisinsasse, den man auf frischer Tat beim Ausbrechen erwischt hatte. So kam er sich jedenfalls mittlerweile vor.

Noch einmal wandte er den Kopf zurück in Richtung seines eigentlichen Ziels.

Wenn er jetzt sofort losrannte, dann …

… würde Joey den anderen davon berichten und er spätestens morgen eine verdammt gute Erklärung für sein Verhalten abgeben müssen. Mit einem tiefen Seufzen drehte er sich um und versuchte den ernsthaft entsetzten Joey zu besänftigen: „Natürlich nicht! Ich muss nur gerade mal in Ruhe was checken.“ Demonstrativ hob er sein Handy in die Höhe.

Der Blonde entspannte sich sichtlich, kam ihm entgegen und legte ihm freundschaftlich den Arm um die Schultern. „Arbeit, oder was?!“

Instinktiv nickte Duke. Kopfschüttelnd angelte Joey ihm das Telefon aus der Hand und drückte so lange den Knopf an der Seite, bis der Bildschirm schwarz wurde. „Ausschalten … so, bitteschön!“ Damit steckte er Duke das ausgeschaltete Telefon wieder in seine Pullovertasche und dirigierte ihn erbarmungslos zurück in das Zimmer. „Arbeit gibts jetzt nicht! Jetzt gibt’s nur Spaß!“
 

Das Fenster stand schon seit mindestens fünfzehn Minuten weit offen. Ungefähr so lange hatte Seto keinen neuen Strich mehr an seiner Zeichnung gesetzt, sondern sie nur noch angestarrt. Kräftige Windböen draußen wirbelten heruntergefallenes Laub umher und kündigten einen bevorstehenden Wetterwechsel an. Erst das geräuschvolle Zuschlagen eines der Fensterflügel brachte Seto dazu, aus seiner Trance zu erwachen. Die Armbanduhr auf dem Nachttisch zeigte 00:01 Uhr.

Mit einem tiefen Seufzen klappte Seto den Block zu und packte ihn zurück in die Tasche, dann stand er auf und schloss das Fenster samt der Vorhänge. Der eintönige Beat der Musik war noch immer ganz leise in der Ferne zu hören, als Seto sich auf die Bettkante setzte, die Decke zurückschlug und sein Kissen aufschüttelte.

Er hatte ihm eine faire Chance gegeben, sogar eine halbe Stunde länger gewartet.

Wenn Devlin bis jetzt keinen Weg gefunden hatte, zu ihm zu kommen, dann wollte er es nicht.

Nichterscheinen war auch eine Antwort.

Seto entfuhr ein zynisches Schnauben und er schüttelte über sich selbst den Kopf. Wenn er eines bis jetzt nicht gewesen war und auch niemals hatte sein wollen, dann war es ein von Hormonen getriebener Teenager, so wie all die anderen sich unreif und irrational verhaltenden Individuen seiner (Alters-)Klasse.

Er war nicht ‚normal’. Im besten Sinne. War es nie gewesen.

Und hier saß er nun und hatte sich von Devlin den Kopf verdrehen und zu einem schwärmenden Schulmädchen degradieren lassen! Wie hatte er jemals auf den irrwitzigen Gedanken kommen können, einfach aufzugeben? Vor seinem eigenen Körper zu kapitulieren?!

Sein Blick wanderte zu dem noch immer aufgeschlagenen Buch auf seinem Nachttisch.

Tze, Dr. Jekyll! Dr. Jekyll war nichts anderes als ein schwacher Idiot, der nicht genügend Charakterstärke besessen hatte, um seinem Verlangen zu widerstehen und Mr. Hyde in die Schranken zu weisen! Nicht das Aufgeben konnte man von Jekyll lernen, im Gegenteil, man musste lernen zu kämpfen, nicht nachzugeben!

Ohne das Lesezeichen wieder an die Stelle zu tun, wo er aufgehört hatte, schlug Seto das Buch endlich zu und legte es so zurück auf das Nachtschränkchen, dass nicht etwa der Buchrücken mit dem Titel, sondern das Papier der Seiten ihn ansah. Dann schlüpfte er unter die Decke, ließ seinen Kopf auf das Kissen sinken und löschte das Licht. Die zahlreichen und vielfältigen Anstrengungen des Tages machten sich unerwartet schnell bemerkbar und seine Augenlider fielen beinahe augenblicklich zu.

Was würde er machen, wenn Devlin später hier aufkreuzte? (Mit seinen weichen, duftenden Haaren und diesen verdammt grünen Augen…) Irgendwann musste er ja wieder herkommen, sei es zum Schlafen oder wenigstens, um an neue Klamotten zu kommen. (Das alte T-Shirt auszuziehen, seine Hose …) Was, wenn er irgendeine Entschuldigung parat hatte? (Eine gute, nachvollziehbare?) Konnte es das überhaupt geben – eine Entschuldigung? Dafür, dass er sich auf einer Party herumgetrieben hatte, mit seinen kleinen Freunden gefeiert, sich amüsiert, vermutlich mit Mädchen geflirtet hatte – nach allem, was passiert war? (Vielleicht schon …) Während er hier stundenlang … gewartet … fieberhaft … und innerlich … komplett … im Kreis …

Immer weiter zerfaserten seine bewussten Gedanken und konnten dem betäubenden Sog des Schlafes schließlich nicht mehr standhalten.
 

„Ich glaub’, jetz is’ alles alle!“, verkündete Tristan, als er die letzte Wodka-Flasche noch einmal an die Lippen setzte und keinen Tropfen mehr herausbekam, so sehr er sich auch abmühte. Die Privatschüler sowie ihre eigenen Klassenkameraden waren allesamt weg und mit ihnen auch der Lautsprecher. Tea hatte sich vor einer ganzen Weile gemeinsam mit Mariko zurück in ihr Zimmer verabschiedet, Yugi und Ryou lagen bereits seit knapp zwei Stunden komplett angezogen mehr über- als nebeneinander auf Yugis Bett und schliefen.

Duke saß auf dem Boden, die harte Holzkante des unteren, rechten Bettes in seinem Rücken. Fahrig nestelte er in seiner Pullovertasche, bis er sein Handy gefunden und zu fassen bekommen hatte. Er brauchte einen Moment, um es wieder einzuschalten und den Zahlen auf dem Display, die anfangs noch mehrfach da waren, einen Sinn abzuringen. 01:48 Uhr. Huch, wann war es denn so spät geworden?! Er wollte doch noch mit Kaiba …

Oh, das war nicht gut. Das war gar nicht gut…
 

Nachdem Joey ihn wieder zurück zur Party geschleift hatte, hatte er immerhin zu seiner Erleichterung feststellen können, dass Bianca, Lucy und ihre Freundin offenbar ein paar neue Kerle zum Rummachen gefunden hatten. Allerdings hatte Joey es sich nicht nehmen lassen, Tristan zu berichten, wie er Duke auf dem Gang aufgegabelt hatte, sodass die beiden kurzerhand beschlossen hatten, ihn erstens nicht mehr aus den Augen zu lassen und zweitens ihn jetzt endlich so richtig abzufüllen.

Nun, so viel konnte er guten Gewissens sagen: Sie hatten Erfolg gehabt.
 

Wirre, abgehackte Vorstellungen der allernächsten Zukunft stiegen in seinem Kopf auf: Wie er versuchte, in seiner Verfassung möglichst leise ins Zimmer zu kommen (eigentlich unmöglich). Wie er Kaiba wecken würde (sehr wahrscheinlich), der kalte, enttäuschte Blick in dessen Augen … dabei konnte er doch alles erklären! Ein nicht eben kleiner Teil von ihm wäre am liebsten hier geblieben und hätte sich in einem der oberen Betten unter einer Decke verkrochen. Aber nein, Duke Devlin scheute auch herausfordernde Umstände nicht!

„Leude, ich werd mich dann jetz auch ma verziehn.“, kündigte er an und machte Anstalten sich zu erheben. Seine Gliedmaßen wollten ihm nicht recht gehorchen und es dauerte etwas, bis er sich mit schweren, behäbigen Bewegungen und beiden Händen am Pfosten des Doppelstockbetts auf die Beine gehievt hatte. Tristan neben ihm war ebenfalls aufgestanden, um ihm behilflich zu sein, wankte allerdings selbst so stark, dass er sie beinahe wieder zu Boden riss. „Oh nein, Mann, so könn’ wir dich doch nich gehn lassn! Wir bring’n dich noch ins Bett.“

Langsam hörte die Welt auf sich im Kreis zu drehen. Moment, was hatte Tristan da gerade gesagt? Sein Herzschlag beschleunigte sich. „Jungs, das’ echt nich nötig! Ich muss ja nich nach draußn oder so. Nur’n paar Zimmer weiter. Außerdem würde das Kaiba gar nich gefalln, glaub ich.“

Fuck. Das hätte er besser nicht gesagt! Prompt meldete sich Joey zu Wort, der sich gerade am Tisch und den Stühlen auf die Beine zog: „Smir’och egal, was’er Geldsack davon hält! Hauptsache, du komms’ sicher an! Außerdem pennt der Penner b’stimmt schon.“

Eben.
 

Dukes energischen Beteuerungen zum Trotz wankten sie nur wenig später zu dritt in Richtung Zimmer 21. Gute Freunde griffen sich gegenseitig unter die Arme und genauso, im wahrsten Wortsinn, gestaltete sich auch ihre Fortbewegung. Duke hing in der Mitte zwischen Joey und Tristan, die sich auf diese Weise jeweils links und rechts an den Wänden und Zimmertüren des Ganges abstützen konnten, um nicht hinzufallen.

Immer wieder verschwamm das Bild vor seinen Augen, verlängerte sich der Gang scheinbar ins Unendliche, begannen die Zahlen an den anderen Türen sich zu bewegen. 26, 27, 28. Wieso gab es die 28 zweimal? Egal, sein Zimmer war ja links. 23, 22. Viel zu viele Zweien! Moment, 22? Verdammt, sie waren gleich da! Er musste sich zusammenreißen! Was würde Kaiba sonst von ihm denken? Außerdem mussten Joey und Tristan verschwinden und zwar sofort!

Vor Zimmer 21 kamen die Freunde zum Stehen. Schwerfällig löste sich Duke von den Jungs, stützte sich im Türrahmen ab und drehte sich zu ihnen um. „So, hier binnich – sicher und wohlbehaltn. Dann könnt ihr ja jetz auch ins Bett gehn. Nacht!“

„Ers’ wenn du reingegang bis’! Los, husch, husch!“, widersprach Joey, legte die Hand an Dukes Hüfte und schubste ihn leicht gegen die Tür, als würde sie sich dadurch wie von Zauberhand öffnen.

„Mann, bis’ du bescheuert?! Wir müssn leise machn!“, fuhr Duke ihn panisch flüsternd an. Hoffentlich hatte Kaiba das nicht gehört! Da beugte sich Tristan nach unten und hob etwas Kleines, Weißes auf. Auch Joey hatte es bemerkt und wandte sich zu seinem Kumpel um. „Was’n das?“

„Is Duke aus der Tasche gefalln, als du ihn grad so unsittlich berührt has’.“ Tristan musste sich kurz an der Wand abstützen, als er wieder hochkam, dann begann er mit unsicheren Handbewegungen das Papier zu entfalten und zu drehen, bis er es lesen konnte. „N’Kassnzettl. Aus’m Museum.“

Ach du Scheiße!

Dukes Augen weiteten sich, sein Puls begann zu rasen und ließ ihn seine rauschbedingte Trägheit nahezu sofort vergessen. Schnell versuchte er Tristan den Zettel aus der Hand zu reißen, doch er war sowohl zu unkoordiniert als auch zu langsam: Joey hatte Tristan das Papier schon abgenommen.

„Stimmt, was hast’n da eignlich gekauft? ‚Ringbuch Tri..Trice ..dings (orange)’, ‚Bleistift Tri… Triceto… – Mann! – Triceratops … (orange)‘. Moment mal …“

Duke konnte förmlich sehen, wie sich – durch den Alkohol verlangsamt – die Erkenntnishäppchen in Joeys Kopf zu einer Schlussfolgerung formten. „Das’ doch so’n Block, wie’n Kaiba mit sich rumschleppt! Has’ du ihm den hier abgenomm?“ Er deutete auf den Zettel, bevor er noch enger an Duke herantrat, ihm beide Hände auf die Oberarme legte und ihn rührig ansah. „Bis’du jetz etwa doch wieder mein Spion, Alter? Du bis’ echt n klasse Kumpel, Duke!“

„A-also, …“ Duke kam gar nicht mehr dazu, zu entscheiden, ob er darauf eingehen sollte oder nicht, denn Joey drehte sich schon mit triumphierendem Blick halb zu Tristan und dachte einfach laut weiter.

„Das’ der Beweis! Kaiba war in dem Ladn! Un’ zwar um … wo steht’n hier die scheiß Uhrzeit? …16:13 Uhr.“

„So’n Zufall! Genau, als wir auch da warn.“, warf Tristan glucksend ein.

Da runzelte Joey die Stirn und ließ den Zettel sinken. „Aber dann hättn wir’n doch sehn müssn! Und ich hab ihn nich gesehn! Der stand schon draußn, als wir rauskam’.“

Duke kniff die Augen zusammen und wartete nur darauf, dass endlich der Groschen fiel.

Drei, zwei, eins …

„DU has’ das gekauft?!“, platzte es schließlich sehr laut aus Joey heraus und sowohl Duke als auch Tristan bedeuteten ihm mit einem reflexhaften „Pssscht!“ leiser zu machen.

„Du has’as gekauft?!“, wiederholte Joey noch einmal wild gestikulierend, diesmal allerdings im Flüsterton.

„I-ich … also … ja.“, gab Duke drucksend zu und rieb sich dabei über die Stirn.

„Un’ ich rätsel hier die ganze Woche rum wie so’n Idiot! Warum has’u nix gesagt?“

Noch bevor Duke überhaupt über eine Antwort nachdenken konnte, schlug sich Joey die Hand vor die Stirn.

„Sag nix, ich hab’s schon verstan’n: Der Block war für Serenity! Hast ja gesagt, is’n Mitbringsel.“

Duke öffnete den Mund, um zu antworten (ohne jedoch wirklich zu wissen was), doch wieder schnitt ihm Joey das Wort ab: „Un’ der Blödmann Kaiba hat’n dir abgenomm’, weil er was zum Arbeiten brauchte! Wusst’ich doch, dass da was faul is’! … Ich mein, jetz macht das alles voll Sinn!“

„Was’n noch alles?“, fragte Tristan irritiert, während er sich am Kopf kratzte, und sprach damit Duke aus der Seele.

Joey löste seine Hand vom Türrahmen, drehte sich ein wenig zu Tristan und zählte die Punkte an den Fingern ab, so als handele es sich bei Duke um ein Seriencharakter, dessen zentralen Plottwist Tristan einfach nicht verstand. „Na, ers’mal schläft er dauernd schlecht, dann die Sache mit’m Block, dann geht er ‚freiwillig‘ … hui!“, als er die Anführungszeichen in die Luft machte, verlor Joey beinahe das Gleichgewicht und musste sich schnell wieder am Türrahmen festhalten, „… freiwillig zum Eisklotz ins Zimmer …“

Tristan nickte zwar, aber Duke erkannte an seinem Blick, dass ihm immer noch nicht klar war, worauf sein Kumpel hinauswollte. Da drehte sich Joey schlagartig wieder zu Duke, legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn mit glasigen Augen ernsthaft besorgt an. „Sag schon, Alter, was hat Kaiba gegn’ich inner Hand?!“

„Was? Nein – nichts!“, stammelte Duke und schüttelte wild den Kopf, doch Joeys Meinung schien ohnehin festzustehen, sodass er einfach ignoriert wurde. Wut loderte in Joeys Augen auf und schon griff der Blonde an ihm vorbei nach der Türklinke. „Na warte, den kauf’ ich mir!“

„Joey, nein!“, rief Duke aus, warf sich zwischen seinen Freund und die Tür und drückte ihn an den Schultern nach hinten, in einem letzten, verzweifelten Versuch ihn aufzuhalten.

Doch es war zu spät.

Joey hatte die Klinke zwar knapp verfehlt, dabei aber im Gegenzug eine Art menschliches Domino ausgelöst. Er verlor endgültig die Balance und fiel nach vorn in Dukes Arme, der wiederum ungedämpft gegen die Tür prallte; Tristan hatte noch versucht, Joey von hinten festzuhalten, wurde jedoch stattdessen von ihm mitgerissen. In dieser Sekunde öffnete sich die Tür auch noch schwungvoll von innen, womit das letzte Objekt wegfiel, das den Dreien noch einen Halt gegeben hatte. Überrascht registrierte Duke, wie er kraftvoll an der Schulter gepackt und zur Seite gezogen wurde, sodass er im Gegensatz zu Joey und Tristan nicht unbeholfen in den Raum stolperte und nähere Bekanntschaft mit dem Teppichboden machte. Mit einem Klacken fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss und es herrschte die mit Abstand unangenehmste Stille, die Duke je in seinem Leben erlebt hatte.
 

Seine Kehle und sein Brustkorb schnürten sich zu, wie er noch atmete, wusste er nicht. Der Griff an seiner Schulter war beinahe schmerzhaft und ganz vorsichtig folgten seine Augen dem zu der Hand gehörigen Arm bis zu dessen Ende, wo er wie erwartet einen alles andere als glücklich aussehenden Kaiba in seinen Schlafklamotten vorfand. Unsanft – ohne Zweifel absichtlich – löste der Brünette seine Hand von Dukes Schulter, baute sich mit verschränkten Armen vor ihnen auf und funkelte sie fassungslos und voller Unverständnis an. „Könnt ihr drei Knalltüten mir mal erklären, was um alles in der Welt der Lärm da draußen soll?!“ Nur eine Sekunde später verzog er leicht angewidert das Gesicht und wedelte mit der Hand hin und her: „Urgh, wie viel habt ihr bitte getrunken?!“

„N’bisschn.“ Tristan versuchte mit Daumen und Zeigefinger eine Menge anzuzeigen. „Vlleicht auch n’bischn mehr.“, schob er noch nach, während er, genau wie Joey, versuchte wieder auf die Beine zu kommen.

Augenblicklich vergrößerte Kaiba seinen Abstand zu den beiden noch etwas und Duke spürte den unangenehm bohrenden Seitenblick nur zu deutlich, mit dem er einmal von oben nach unten gemustert wurde. Geradezu verzweifelt bemühte er sich um einen festen Stand, aber es war sinnlos. Spätestens jetzt musste Kaiba klar sein, dass er ebenfalls alles andere als nüchtern war. Endlich wandte der Brünette seinen strengen Blick wieder von ihm ab- und den beiden anderen zu, die sich unter Ächzen und Stöhnen wieder halbwegs an der Ecke des Bettes aufgerappelt hatten. Angesichts der aktuellen Situation überraschend sachlich forderte er sie auf: „Taylor, Wheeler, ihr habt Devlin am Stück hier abgeliefert, soweit ich das beurteilen kann, wirklich ganz großartig! Also verschwindet jetzt gefälligst! Und zwar leise, sofern ihr in eurem Zustand überhaupt dazu in der Lage seid!“

Duke konnte erkennen, dass Tristan und sogar Joey schon kurz davor waren, sich der Tür zuzuwenden, doch mitten in der Bewegung stoppte Letzterer abrupt und seine Miene verfinsterte sich. Der Blonde machte einen großen Schritt auf Kaiba zu und wies drohend mit dem Finger auf ihn – wabernd und nicht wirklich konstant auf dieselbe Stelle. „Kommt ja gar’nich inn’ie Tüte! Ers’mal sags’ du mir, wassu gegn Duke inner Hand hast, Sackgesicht!“

Oh, Himmel nein!

„Wovon zur Hölle redest du, Wheeler?!“

„Ach, mach mir’och nichs vor, Geldsack! Ich weiß’och genau, dass…“

Harsch fiel der Brünette ihm ins Wort: „Wheeler, anstatt mich irgendwelcher ausgedachter Komplotte zu beschuldigen, empfehle ich euch dringend meiner Aufforderung endlich Folge zu leisten! Macht gefälligst, dass ihr hier raus und zurück in euer eigenes Zimmer kommt!“

„Vergisses! So leicht wirssu uns ni- …“ Abrupt brach er ab und schlug sich die Hand vor den Mund, seine Augen weiteten sich erschrocken. „Oh oh.“

Duke ließ den Kopf sinken und rieb sich mit der Hand übers Gesicht. Bitte nicht, was er dachte, bitte nicht, bitte, bitte nicht …

„Was?!“ Kaibas Stimme senkte sich bedrohlich.

„’chglaub, ch’muss mir euer Bad ma’ von inn anschaun…“

Natürlich genau, was er dachte!

Selbstverständlich hatte auch Kaiba begriffen, was damit gemeint war, und wies mit ausgestrecktem Arm auf die Tür: „Raus hier, sofort! Macht das gefälligst in eurem jämmerlichen Gemeinschaftsbad!“

Erneut musste Joey würgen und schüttelte – jetzt mit beiden Händen vor dem Mund – energisch den Kopf. „Keineseit!“

Auch Tristan appellierte nun an Kaiba und piekte dabei dank seines unsicheren Standes und beeinträchtigten Sinns für Entfernung mit dem Zeigefinger mehrmals leicht in die Schulter des Größeren: „Wenn du nich wills’, Kaiba, dass es mittn im Zimmer auffm Teppich landet, dann solltesu uns jetz besser ins Bad lassn!“

Mit einem tiefen Seufzen gab der Brünette schließlich seinen Widerstand auf und trat zähneknirschend einen Schritt zur Seite. So schnell sie konnten, ohne erneut hinzuschlagen, rannten Joey und Tristan ins Bad, letzterer dabei vermutlich eher als Joeys moralischer Beistand. Der Toilettendeckel wurde hörbar unsanft gegen die Fliesen geschlagen; die Badtür blieb angesichts der Eile einen Spaltbreit offen stehen.

Seine eigenen Füße schienen noch immer an Ort und Stelle festgefroren zu sein, dann wiederum hätte sich Duke aber auch keinen Millimeter bewegen wollen – die akute Lebensgefahr war zu groß. Kaiba ließ sich am Fußende des Bettes nieder, schlug die Beine übereinander und massierte sich mit geschlossenen Augen und zusammengekniffenen Brauen die rechte Schläfe, seine Lippen so stark aufeinander gepresst, dass sie beinahe weiß aussahen.

Durch die angelehnte Badtür drangen sämtliche Geräusche aus dem Innern nach draußen und bei jedem einzelnen fuhr Duke unwillkürlich zusammen.

Tiefes Würgen.

Es würde alles an ihm hängen bleiben.

Ächzen und Husten.

Er würde noch im Zimmer sein, wenn Joey und Tristan gleich hoffentlich draußen waren.

Wieder Würgen.

Sie waren seine Freunde und er hatte sie mit hierher geschleift, gewollt oder nicht.

Kaum verdautes Essen und Flüssigkeit klatschten auf Wasser und Porzellan.

Er war einfach so ohne eine Erklärung den ganzen Abend weggeblieben und genauso betrunken wie sie – und das nach allem, was letzte Nacht und vor ein paar Stunden …

Noch ein Schwall.

Auf Kaiba musste es wirken, als habe es ihm nicht das Geringste bedeutet. Ein Stich durchfuhr sein Herz.

Lautes Schniefen, dann erstmals Stille.

Hoffnungsvoll sah Duke auf.

Erneut kehlig-tiefes Würgen und eine weitere Ladung in der Kloschüssel.

Duke wollte seine Aufmerksamkeit gerade wieder dem Teppich zuwenden, doch ein stechender Blick aus blauen Augen hielt ihn davon ab. „Ich schwöre dir, Devlin, wenn auch nur ein Tropfen von Wheelers Erbrochenem neben der Toilette gelandet ist, dann werde ich sicherstellen, dass du das eigenhändig mit einem deiner T-Shirts aufwischst!“, zischte Kaiba ihm eiskalt durch seine zusammengebissenen Zähne entgegen. Ein Schauer überlief ihn, er schluckte, dann nickte er nur stumm.

Das war keine leere Drohung.

Schleimiger Husten und mehrmaliges Spucken.

Konnte er sich nicht einfach in Luft auflösen? Am besten jetzt gleich?

Langsam verebbte das Würgen, bis es schließlich ganz aufhörte. Die Spülung wurde betätigt, danach der Wasserhahn aufgedreht. Ein kurzes Gurgeln, Ausspucken, dann traten Joey und Tristan unsicheren Schrittes wieder aus dem Badezimmer. Peinlich berührt sahen sie nach unten und Tristan sprach für sie beide: „Danke! Un … `tschuldigung. Wir gehn dann jetz ma besser.“

„Wird auch Zeit!“, erwiderte Kaiba frostig.

Sie waren bereits an der Tür, da blieb Joey noch einmal stehen. „Hey, Sekunde!“

Duke konnte ein genervtes Stöhnen nur knapp unterdrücken. Was um alles in der verdammten Welt konnte Joey denn bitte jetzt noch haben? Hatte er noch nicht genug Schaden angerichtet?

Mit fragendem Blick drehte Joey sich um und seine Augen weiteten sich in plötzlicher Erkenntnis.

„Das’ ja’n Ehebett!“

Der Brünette erhob sich von besagtem Bett, verschränkte die Arme vor der Brust und baute sich einmal mehr vor Joey und Tristan auf. „Fein beobachtet, Sherlock Köter, und jetzt raus hier!“

Die Lippen des Blonden verzogen sich zu einem gehässigen Feixen. „Is’ dir das etwa unangenehm?!“

„Raus!“, zischte Kaiba noch einmal drohend.

„Wow! Da hab’ ich ja voll in’s Schwarze getroffn! Es is’ dir unangenehm!“, stichelte Joey weiter und seine glänzenden, noch immer leicht geröteten Augen blitzten hämisch auf.

„Alter, hör auf, lass uns gehn!“ Tristan fasste den Blonden am Arm und machte Anstalten ihn wieder in Richtung Tür zu ziehen, doch Joey entzog sich dem Griff. „Grad jetz, wo’s intressant wird?! Ich denk’ doch gar nich’ dran!“ Voller Entschlossenheit drückte er sich an seinem Freund vorbei.

„’s gefällt dir!“, lachte Joey dem Brünetten höhnisch entgegen.

„Bitte was?!“ Kaibas Stimme senkte sich gefährlich.

„’s gefällt dir! Sonst wär’s dir nich’ so unangenehm!“

„Wheeler, es ist mir n-…“

„’S gefällt dir, dass da jemand so eng neben dir liegt und ich glaub, ich weiß auch warum!“, sprach Joey berauscht von seiner scheinbaren Überlegenheit einfach lauter weiter. Mit einem vielsagenden Nicken legte er Daumen und Zeigefinger an sein Kinn. „Weil’s dir einma’ in deim Lebn das Gefühl gibt, wie’s wär, wenn jemand ernsthaft was für dich übrig hätte!“

Kaibas Augen verengten sich zu Schlitzen. Wieder öffnete er den Mund, um etwas zu erwidern, doch Joey ging erneut einfach darüber hinweg: „Un jetz erzähl mir bloß nich, dass’s schonma irgendjemand so lange nebn dir ausgehaltn hat, das würd’ ich dir jetz nämlich nich abnehm!“

Triumphierend stolzierte der Blonde abwechselnd mit hinter dem Rücken verschränkten Händen und weiten Armbewegungen vor Kaiba hin und her, kippte dabei immer wieder leicht nach links und rechts und schlussfolgerte einfach wild weiter: „Vielleicht has’du ja auch gar nich die Zeit beim Lesn vergessn heute Nachmittag?! Vielleicht has’u Duke ja mit Absicht weiter penn’ lassn, um noch’n bisschn länger so tun zu könn’ als ob!“

Joey trat noch etwas näher an Kaiba heran und bohrte seinen Finger wiederholt in dessen Brust. „Ich hab doch genau gesehn, wie du schon den ganzn Tag zu uns rüber geguckt has’! Ich glaub, weil das genau das is, was du dir ins-… inse-… eignlich wünschs’, so wie jeder andre auch: Jeman’n, der bei dir sein will – aus frein Stückn! – un’ der nich nur auf dein Geld un’ dein’ Einfluss scharf is! Un soll ich dir ma was sagn, Kaiba?! Genau davor has’u eine scheiß Angst!“

„Ich habe nichts dergleichen!“, spuckte Kaiba regelrecht aus und sah angewidert auf den Blonden herab. Seine Brust hob und senkte sich bedrohlich, entließ schwere, zitternde Atemzüge. Seine linke Hand war so fest zur Faust geballt, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten, mit der rechten pflückte er Joeys Zeigefinger von sich.

„Oh doch! Ich seh’s in dein’ Augn, dass ich Recht hab!“, widersprach Joey umgehend und blieb nur wenige Zentimeter vor ihm stehen. Es bereitete dem Brünetten sichtlich Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen, wann immer ihn Joeys Alkohol- und Magensäure-geschwängerter Atem traf.

„Der kleine Seto will von jema’m gemocht un geliebt wern un Freunde ham, genau wie alle andern! Aber am Ende has’du zu viel Angst! Un weiß’u was? Ich versteh’s auch! Wenn dir ma wirklich jemand nahe kommt, dann haut’er doch sofort wieder ab! Weil er dann ganz schnell merkt, was für’n kaputtes Arschloch dein verrückter Stiefvater aus dir gemach’ hat un was für’n trauriges Lebn du eign’lich führst!“
 

Duke und Tristan zogen gleichzeitig scharf die Luft ein. Es war zu spät. Wie bei einem Unfall, bei dem man nur noch zusehen, aber nichts mehr tun konnte.

Kaibas Stimme blieb erstaunlich ruhig, doch das Beben darin war durchaus wahrzunehmen: „Und das muss ich mir ausgerechnet von einem verlausten Straßenköter sagen lassen, der gerade seinem abgebrannten und armseligen Alkoholiker-Vater alle Ehre macht?!“
 

„Das war’s, jetz’ bis’u fällig!“

Auf einmal ging alles ganz schnell.

Kaibas Nüchternheit war sein schlagender Vorteil. Joey war schon drauf und dran sich auf ihn zu stürzen, da packte ihn der Brünette schmerzhaft fest am Arm, zog ihn erbarmungslos in Richtung Tür, öffnete sie und stieß ihn unsanft und ohne Rücksicht auf eventuelle Verletzungen hinaus. Ein einziger Blick reichte aus, dass Tristan seinem Freund folgte – auch, um Joey davon abzuhalten, sofort wieder zurück ins Zimmer zu stürmen. Kaum war auch Tristan draußen, schlug Kaiba die Tür mit einem lauten Knall zu und drehte den Schlüssel im Schloss herum. Einen Atemzug lang blieb er noch an der Tür stehen, dann drehte er sich um und sah Duke an. Seine Brust hob und senkte sich noch immer schwer. Die blauen Augen, in denen noch vor wenigen Stunden ein so vollkommen anderer Ausdruck gelegen hatte, starrten ihn kalt und unnachgiebig nieder, verlangten nach irgendeiner Form von Erklärung.

Duke öffnete den Mund, doch seinen Kehle war vollkommen ausgetrocknet und er brachte kein Wort heraus, lediglich ein leises Seufzen. Vielleicht war es am Ende sogar besser so. Was auch immer er sagen würde, es konnte sich nur lächerlich anhören.

Bitterkeit und Enttäuschung sprachen aus Kaibas Blick, bevor er sich mit einem Kopfschütteln von ihm abwandte. Ohne ein weiteres Wort rauschte der Brünette an ihm vorbei, legte sich wieder ins Bett und löschte das Licht.

Duke warf den Kopf in den Nacken und kniff die Augen zusammen. Fuck, fuck, fuck, fuck, FUCK!
 

Ein paar Sekunden lang verharrte er noch in dieser Haltung, dann trugen ihn seine Füße wie von allein ins Badezimmer. Als er den kleinen Raum betrat und das Licht anschaltete, stieg ihm der beißende Gestank von Erbrochenem in die Nase. Eine erste oberflächliche Prüfung ergab jedoch, dass Joey die Kloschüssel getroffen zu haben schien; wahrscheinlich musste er also nicht anfangen zu überlegen, welches seiner T-Shirts er opfern würde.

Unsicheren Schrittes tappte er ans Waschbecken und drehte kaltes Wasser auf. Zwei Mal warf er sich eine Handvoll ins Gesicht, dann sammelte er noch einmal etwas Wasser in seinen Händen und trank einige Schlucke. Nicht, dass es wirklich etwas helfen, geschweige denn ihn nüchterner machen würde. Es dauerte einen Moment, bis er seine Zahnbürste gefunden und die Zahnpasta darauf verteilt hatte. Als könnte er sich dadurch auch sonst von allem reinigen, was heute Abend geschehen war, putzte er sich fast schon manisch die Zähne, beinahe zehn Minuten lang. Leichte Übelkeit stieg in ihm auf und mit absoluter Sicherheit kam sie nicht von dem billigen Alkohol. Oder zumindest nicht nur.

Wann war er das letzte Mal so betrunken gewesen, dass er es nicht schaffte, sich die Hose auszuziehen, ohne sich irgendwo festzuhalten (in diesem Fall am Waschbecken)?! Gut, dass niemand dieses entwürdigende Schauspiel mit ansehen musste. Wobei, so, wie der Abend gelaufen war, würde das wahrscheinlich auch keinen Unterschied mehr machen. Mit zusammengebundenen Haaren, sonst aber nur noch in Unterhose und T-Shirt, verließ er das Bad, warf seine Klamotten in der Dunkelheit irgendwo dorthin, wo er seine Tasche vermutete, und kroch vorsichtig unter seine Bettdecke.

Abgesehen von seinem eigenen und Kaibas leisem Atem herrschte Stille im Raum. Beinahe erschrak er über das laute Rascheln seiner eigenen Decke, als er sich zu seinem Bettnachbarn drehte. Im sanften Licht, das von draußen hereinfiel, konnte er immerhin den Umriss von Kaibas Körper erkennen.

Sein Zeitgefühl war völlig durcheinander; er hätte nicht sagen können, ob er erst ein paar Sekunden oder schon mehrere Minuten lang unverwandt auf Kaibas Rücken starrte, so als könne er ihn allein kraft seines Blickes und seiner Gedanken dazu bewegen, sich umzudrehen.

Doch nichts dergleichen geschah. Kaiba behandelte ihn wie Luft.

Duke entließ einen hörbaren Seufzer und wartete. Noch immer keine Reaktion.

Es nützte wohl alles nichts, er würde es noch einmal mit Worten versuchen müssen. Gott, hoffentlich klang er nicht zu betrunken!

„Kaiba?“, hörte er sich leise in die Dunkelheit krächzen und musste sich erst einmal räuspern, bevor er weitersprechen konnte. „Es … tut mir so leid, ich … eigentlich wollte ich nach dem Essen gleich wieder … aber ich hatte vergessen, dass wir Tristan ne Feier versprochen hatten und ich konnte doch nicht schon wieder … weil, du weißt schon, dann hätten sie … und vorhin auch nicht!“

Nichts regte sich. Zugegeben, sicherlich nicht seine beste Leistung in puncto Artikulation und Argumentation. Aber er musste trotzdem weitermachen. Er musste einfach! „Ich wollte die beiden ja loswerden, aber es hat nicht geklappt … ich konnte doch nicht ahnen, dass …“ Noch einmal seufzte er abgrundtief. „Es tut mir so leid!“

Er würde es noch tausend Mal sagen, wenn er das Gefühl hätte, dass es auch nur irgendetwas bringen würde. Verzweiflung begann sich in ihm auszubreiten. Sein Herzschlag beschleunigte sich in jäher Panik.

„Oh, komm schon, Kaiba, rede mit mir! Bitte!“ Fast ein Flehen – so tief war er also schon gesunken. „Bitte!“

Herrgott, wenn das so weiterging, fehlte nicht mehr viel und er fing noch an zu heulen! Warum drehte sich dieser sture Mistkerl nicht endlich um?! Er wollte ihm doch nur in die Augen sehen und ihm noch einmal ins Gesicht sagen, wie leid es ihm tat, was da gerade geschehen und gesagt worden war und warum er überhaupt weggeblieben war … ihm wieder nahe sein, ihn berühren, … die weichen Lippen auf seinen und die Wärme seiner Haut und seiner Hände an seinem eigenen Körper spüren. Es musste doch noch irgendetwas geben, was er tun konnte!

Behutsam tastete er in die Dunkelheit.

Seine Finger hatten die Schulter des Brünetten kaum berührt, da fuhr Kaiba blitzschnell halb herum.

„Fass. mich. nicht. an!“

Jedes Wort ein Messerstich.

Erschrocken zog Duke seine Hand zurück, als habe er sich verbrannt. Noch ein paar Sekunden lang blieb er wie gelähmt in der Dunkelheit liegen, dann drehte er sich schwerfällig auf den Rücken, ließ seinen Kopf auf das Kissen fallen und starrte an die Decke.

Herzlichen Glückwunsch! Er hatte es ganz offiziell verkackt.


Nachwort zu diesem Kapitel:
*in Deckung geh*
🙈

Ihr könnt es euch denken: Auch beim nächsten Mal wird bzw. bleibt es kompliziert.
Bis dahin!
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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Kuro_Kami
2022-02-13T22:38:10+00:00 13.02.2022 23:38
Jup verkackt hast du das auf ganzer linie. Entweder du hättest Kaiba kurz getroffen und ihm gesagt das es später wird oder du hättest deinen Freunden gesagt das du müde bist. Aber das! Dazu kann ich wirklich nichts mehr sagen! Applaus Duke, Applaus!
Antwort von:  DuchessOfBoredom
14.02.2022 06:19
Und der Arme ist ja noch nicht mal komplett selbst schuld. Die Situation ist ihm einfach insgesamt komplett entglitten.
Ja, er hätte sicherlich noch einiges unternehmen können, wenn er sich mal dazu entschieden hätte, darauf zu pfeifen, was sich seine Freunde fragen und denken und wenn er generell ein bisschen kreativer gewesen wäre, aber der Tag war eben auch für ihn bis dahin schon ein bisschen krasser als erwartet, da ging nicht mehr viel in puncto Kreativität... 🙃
Naja, es ist ein Lernprozess für ihn und der ist auch an dieser Stelle noch nicht zu Ende. ;D

Bis zum nächsten Mal! :)
Von:  Mopsfloh
2022-02-13T22:13:57+00:00 13.02.2022 23:13
OH MEIN FUCKING GOTT???
Was ist passiert? Ich meine....was ist passiert????

Damit hätte ich zu null Prozent gerechnet.
Also wenn ich nich wüsste, dass die zusammen kommen, würde ich sagen, der hat jetzt voll verkackt!
Bin so gespannt, wie er sich da wieder raus retten kann. Und ob die jemals miteinander reden werden.

Wann geht es weiter???? AAAAAHHHH
Du kannst mich doch nich damit stehen lassen :O :O :O

Sehr geil!

Liebe Grüße und einen schönen Start in die neue Woche
Antwort von:  DuchessOfBoredom
14.02.2022 06:12
Ja, es ging wirklich sehr schnell sehr tief abwärts. ^^°

Jetzt versteht man vielleicht auch, warum ich in letzter Zeit immer mal diese Fluff-One Shots raushauen musste: Ich schreibe schon lange an diesen Szenen und sie wurden immer unausweichlicher, da musste ich mein Liebes- und Harmoniebedürfnis die beiden betreffend anders ausleben XD

Ich gebe mein Bestes, dass es nicht so lange dauert bis es weitergeht. Die Story selbst steht bis zum Ende komplett fest und ein paar einzelne Szenen sind auch in diesem Teil der Geschichte schon etwas weiter gediehen, aber das ausführliche Schreiben und Zusammenfrickeln zieht sich dann eben doch immer nochmal ein bisschen ^^°

Dir auch eine schöne Woche! :)
Von: Karma
2022-02-13T21:25:47+00:00 13.02.2022 22:25
😭😭😭😭😭😭😭😭
Mein armes Herz!
💔💔💔💔💔💔💔💔
Das kannst du mir doch nicht antun! Und den beiden armen Schatzis auch nicht.
*heul*
Wie soll ich mich denn morgen auf meine Schulung konzentrieren, wenn ich die ganze Zeit über den Herzschmerz hier bei den beiden Süßen denken muss?
😭💔😭💔😭💔😭💔
Das ist böse von dir. Ganz, ganz böse.
😭😭😭😭😭😭😭😭
Blöd nur, dass ich nur zu gut weiß, dass es nicht immer einfach ist, zwei Sturköpfe zusammenzubringen.


Antwort von:  DuchessOfBoredom
14.02.2022 06:04
Ich weiß, Asche auf mein Haupt 🙈 Aber es musste einfach sein.
Ich wusste schon ziemlich von Anfang an, dass ich eine Konfrontation eines betrunkenen Joey mit Seto will und die musste dann natürlich so richtig wehtun und hässlich werden, inkl. Kotzen gehen im Badezimmer.
Unsere beiden Schatzis müssen sich eben auch erstmal ordentlich anstrengen. Wie der Titel schon sagt: "If all this was easy, it wouldn't matter how it ends."

*erstmal Karma pat*
*Auf Story-Outline schiel* >.>
... o_Ô
<.<
*Karma pat*
Antwort von: Karma
14.02.2022 09:21
Ja, das kenn ich aus Erfahrung.
*zu "Brothers" schiel*
*hüstel*
Man möchte es ihnen einerseits leicht machen, andererseits aber auch nicht zu leicht.

Und ich muss sagen, Konfrontationen zwischen Seto und Joey haben immer ihren Reiz. Ich mag es, wenn Joey den (manchmal etwas fehlgeleiteten) Beschützer raushängen lässt.
😉
Aber das macht's für die beiden Schatzis natürlich nur noch schwerer.
*beide puschel und unauffällig zusammenschieb*

Ich bin auf jeden Fall schon mal gespannt, was du dir noch so alles einfallen lässt.
😁😍


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