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Common Ground

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
*aus der Deckung hervorspring*
Da bin ich wieder und das Drama geht weiter! ;D Daher kommt der Titel dieses Mal auch aus dem herrlich traurigen Song „Lover I don’t have to love“ von Bright Eyes.

Viel Spaß beim Lesen! Komplett anzeigen

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Bad actors. (With bad habits.)

Für seinen Geschmack viel zu früh wurde Seto vom Klingeln des Handy-Weckers wieder aus dem Schlaf gerissen und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger über seine noch immer schweren Augenlider. Mit einem routinierten Handgriff deaktivierte er das sanfte Klimpergeräusch des Telefons und setzte sich auf. Hörbare Atemzüge in seinem Rücken riefen ihm schneller als erhofft die Geschehnisse der letzten Nacht wieder ins Gedächtnis. Ohne es wirklich zu wollen, drehte er sich kurz um und sah zu seinem Bettnachbarn, der in einer noch raumgreifenderen und unbequemeren Haltung dalag als sonst, und sich trotz des Weckerklingelns nicht regte.

Eigentlich wollte ich nach dem Essen gleich wieder … aber … ich konnte doch nicht ahnen, dass …

Es tut mir so leid.

Devlins Hand an seiner Schulter, kaum eine Sekunde lang, konnte nicht aufwiegen oder gut machen, was in den Minuten davor passiert und wofür in letzter Konsequenz Devlin selbst verantwortlich war. Das war durch nichts zu entschuldigen. Und es zeigte einmal mehr, dass seine ursprüngliche Entscheidung, wie mit dieser Sache weiter zu verfahren sei, die richtige gewesen war. Nicht auszudenken, wie es weitergegangen wäre, wenn Devlin tatsächlich in jenem kritischen Zeitfenster zu ihm gekommen wäre, als er für kurze Zeit der irrigen Auffassung unterlegen war, dass er so etwas wollen oder dass es funktionieren könnte.

Ein Ziehen in seiner Brust.

Nein, es war vorbei. Endgültig.

Damit wandte Seto sich ab, suchte seine Sachen heraus und ging ins Bad, wobei er sich keinerlei Mühe gab, leise zu machen. Erstens hatte Devlin aus den genannten Gründen keine Rücksicht verdient, zweitens würde er ohnehin irgendwann in den nächsten Minuten aufstehen müssen, wenn er noch zum Frühstück kommen wollte.
 

Als Seto das Badezimmer zehn Minuten später wieder verließ und auch seine Sachen für den Ausflug gepackt hatte, lag der Schwarzhaarige noch immer in nahezu unveränderter Haltung im Bett. Falls Devlin weiter so fest schlief, würde er nicht nur das Frühstück verpassen, sondern auch den Bus zum heutigen Ausflug – nicht, dass das unbedingt eine Strafe wäre. Das eigentliche Problem war vielmehr ein anderes: Wenn dieser Idiot zu spät käme, würde Kobayashi-sensei ihn, Seto, fragen, warum er als sein Zimmergenosse Devlin nicht geweckt hatte und auf diese neuerliche Tirade konnte er nun wirklich verzichten, noch dazu vor allen anderen.

Kopfschüttelnd sah er noch einmal zu dem Schwarzhaarigen. Wie sollte man ihn wachbekommen? Und zwar am besten ohne jedwede Art von körperlicher Interaktion…
 


 

Kraftvoll und zielgenau klatschte etwas mitten in Dukes Gesicht. Mit panisch rasendem Herzen schrak er aus dem Schlaf, schlug die Augen auf und sah … nichts.

Die Tür wurde geöffnet und fiel unsanft wieder ins Schloss.

Was zur…?

Mit unkoordinierten Handbewegungen entfernte Duke das blaue Etwas, das sich als eiskaltes, triefendes Handtuch entpuppte, von seinem Gesicht. Wäre es nicht so ekelhaft nass gewesen, er hätte es am liebsten sofort wieder zurück getan. Das Licht im Zimmer und von draußen brannte regelrecht in seinen Augen, Schmerz pochte durch seine Schädeldecke und seine Schläfen. Sein Kopf schien mehr als die Hälfte seines Körpergewichts auszumachen, als er ihn ein paar Zentimeter hob und vorsichtig nach rechts drehte. Die andere Bettseite war ordentlich gemacht und wirkte vollkommen unangetastet. Kaiba musste also bereits fertig gewesen sein, als er sich dafür entschieden hatte, ihn auf diese überaus ‚freundliche‘ Art und Weise zu wecken. Nun ja, nach gestern hatte er wohl auch jedes Recht dazu.

Erschöpft von der winzigen Bewegung ließ Duke seinen Kopf zurück auf das Kissen sinken. Mit einem leisen Stöhnen zog er sich die Decke über das noch feuchte Gesicht. Konnte er nicht einfach hier bleiben und nie wieder rauskommen? Wie sollte er Kaiba jemals wieder in die Augen sehen können?!

Aber es nützte ja nichts.

Nur mit allergrößter Kraftanstrengung gelang es ihm gegen die Übermacht der Trägheit anzukämpfen und sich aufzusetzen. Sein Pullover war zwischen Wand und Tasche eingeklemmt, seine Hose lag irgendwo weiter vorne auf dem Boden; offensichtlich war es mit seiner Treffsicherheit unter Alkoholeinfluss und im Dunkeln nicht sonderlich weit her. Ächzend stand er auf, schnappte sich die Hose, suchte ein neues T-Shirt und neue Unterwäsche heraus und schleppte sich ins Badezimmer.
 

Nach einer längeren Dusche und ausdauerndem Zähneputzen begann Duke sich ganz langsam wieder wie ein Mensch zu fühlen, wenngleich noch immer Schmerzen in stärkeren und schwächeren Wellen durch seinen Kopf puckerten. Als er noch ein letztes Mal kontrolliert hatte, ob wirklich alles für den heutigen Ausflug in seinem Rucksack war, zog er die Reißverschlüsse der Taschen zu und sein Blick fiel noch einmal auf das Bett.

Seine unordentliche Seite.

Kaiba? Das war Wahnsinn.

Die andere Seite, die aussah, wie in einem unbenutzten Hotelzimmer (soweit es hier möglich war).

Fass. mich. nicht. an!

Mit einem leisen Seufzen wandte er sich ab und machte sich schließlich auf den Weg hinunter zum Frühstück.
 

Im Speisesaal war es heute um einiges ruhiger und es war genau zu erkennen, wer ebenfalls auf der Party gewesen war und wer nicht. Viele der Schüler hielten sich den Kopf, einige hatten nur ein Getränk, aber keinen Teller vor sich, es wurde wesentlich mehr geflüstert als sonst.

Seine Freunde saßen an ihrem üblichen Tisch. Joey hing mit gesenktem Kopf über einem halb vollen Glas Orangensaft, Tristan rührte in der Schüssel vor sich, ohne jedoch einen Bissen zum Mund zu führen. Wut köchelte in Duke hoch. Sie hatten alles kaputt gemacht: Tristan mit seiner bescheuerten Party und dem Alkohol, Joey, der sich einfach nicht im Griff hatte und wegen dem alles eskaliert war. Dann waren da auch noch Yugi, Tea und Ryou mit ihren neugierigen, besorgten und fragenden Blicken, die er sich liebend gerne erspart hätte. Aber sich ganz alleine irgendwo hinzusetzen ging natürlich nicht.

Der alte Duke Devlin hätte das noch gekonnt: Der, der Yugi die Schuld an seinen verbauten Möglichkeiten gegeben hatte, mit niemandem ernsthaft befreundet gewesen war und alle auf seine ganz eigene Art auf Abstand gehalten hatte. Dieser alte Duke war unabhängig gewesen, hätte gestern ganz ohne schlechtes Gewissen einfach gehen können und …

Unauffällig schüttelte er den Kopf. Den alten Duke Devlin gab es schon lange nicht mehr. So stellte er nur wortlos seinen Rucksack am Tisch seiner Freunde ab und ging zur Durchreiche. Als die Küchenfrau ihn näher kommen sah, wanderten ihre Mundwinkel nach oben und sie griff sofort zu der großen Kanne unter der Kaffeemaschine, um ihm eine Tasse zu füllen. Lächelnd überreichte sie ihm das dampfende Getränk, hielt jedoch den Griff noch einen Moment länger fest. „Sagen Sie mal, ist was mit Ihrem Freund?“

Der angestrengt freundliche Ausdruck in Dukes Gesicht erstarb und er neigte stumm fragend den Kopf.

„Ihr Freund, der andere Kaffeetrinker.“, schob sie nach und stützte die Hände auf den Tresen. „Stellen Sie sich vor, er hat sich heute bedankt! Ich hab’s kaum gehört, der Gute war mit den Gedanken ganz woanders, aber trotzdem! Was auch immer es ist, seinen Manieren scheint es gut zu tun. Richten Sie ihm das bei Gelegenheit gerne aus!“

Duke nickte verlegen, murmelte selbst noch einen kurzen Dank und wandte sich dann eilig ab. Mit wild pochendem Herzen schweifte sein Blick suchend durch den Raum und entdeckte Kaiba links von sich am hintersten Tisch in der Ecke, wie er gerade seinen Kaffeebecher zum Mund führte, das Gesicht so ausdruckslos wie immer. Duke entfuhr ein leises Seufzen. Keine zwei Tage war es her, da hatte Kaiba ihm noch mit einem Kaffee zugeprostet und dabei ganz kurz gelächelt. Es kam ihm vor wie ein anderes Zeitalter. Nicht nur die Kaffee-Sache – alles, was davor gewesen war.

Wie bei meinem kleinen Bruder – immer Haare im Gesicht!

Mit einem gedehnten Ausatmen ließ er die Erinnerung los und kehrte zum Tisch seiner Freunde zurück. Kaum, dass Tristan und vor allem Joey in sein Blickfeld kamen, trat seine Trauer in den Hintergrund. Absichtlich laut knarzend zog er seinen Stuhl zurück, setzte sich und rückte ebenso lautstark wieder an den Tisch heran. Seine eigenen Kopfschmerzen? Egal! Tristans und vor allem Joeys gequälte Mienen waren es wert.

„Alter, bist du wahnsinnig?! Mach leise!“, wurde er ausgerechnet von dem Blonden zurechtgewiesen, verkniff sich jedoch ein Auflachen sowie den gehässigen Kommentar, der ihm schon auf der Zunge lag. Um die Geschehnisse der letzten Nacht angemessen zu erörtern, war es noch zu früh, außerdem zu hell und viel zu laut – bei jedem Klirren einer Schüssel oder eines Glases hätte Duke sich am liebsten die Ohren zugehalten. An feste Nahrung war noch nicht zu denken und der Einfluss des Kaffees auf seine Lebensgeister hielt sich ebenfalls in Grenzen.

Auch sonst herrschte am Tisch eine ähnlich gedrückte Stimmung wie im ganzen Raum und ein wirkliches Gespräch wollte nicht aufkommen. Nach ein paar Minuten betretener Stille fragte Tea schließlich niemandem im Speziellen: „Wie lange habt ihr noch gefeiert?“

Eine längere Pause entstand, bevor Tristan sich erbarmte zu antworten: „Um zwei.“

„Wow!“ Tea schien zu überlegen, ob sie weiter fragen wollte, hielt es dann aber offenbar für klüger, das nicht zu tun, wofür Duke ihr sehr dankbar war.

Für eine Weile fielen sie zurück in ihr verkatertes Schweigen, weshalb nicht nur Duke zusammenzuckte, als sich Frau Kobayashi erhob und in ihrer belastenden Fröhlichkeit flötete: „Guten Morgen, meine Herrschaften! Ich hoffe, Sie haben ebenso gut geschlafen wie ich und sind bereit für unseren Ausflug!“

Mit Sicherheit nicht, aber was er dachte, zählte ja nicht. Konnten sie nicht einfach ohne ihn fahren? Oder besser noch, ohne ihn und Kaiba? Dann könnte er noch einen Versuch unternehmen, über alles zu reden und niemand würde sie stören. Natürlich war es mehr als unwahrscheinlich, dass Kaiba sich nach der vergangenen Nacht noch einmal überzeugen lassen würde, aber das, was er bis dahin erlebt und gefühlt hatte, war definitiv jeden Versuch wert.
 

Während die anderen noch ihre Sachen holten, trat Duke bereits hinaus auf den Vorplatz der Herberge. Das Licht des Tages blendete, obwohl der Himmel heute, anders als in den letzten Tagen, grau-bewölkt über der Landschaft hing. Immerhin sah es nicht nach Regen aus, wie ihm ein kurzer Blick in die Wetter-App bestätigte.

Auf dem Platz herrschte reges Gewusel. Zwei Busse standen dort: ihr eigener, der noch abgeschlossen war, und ein zweiter, dessen Türen und Laderaum-Klappen geöffnet waren und um den herum einige Schüler mit ihrem Gepäck warteten oder es bereits einluden.

„Entschuldigung, dürfte ich vielleicht mal?!“, wurde er von einem Mädchen von der kleinen Treppe verscheucht, das sich gerade mit einem enorm großen Koffer hinter ihm aus der Tür zu quetschen versuchte. An jedem anderen Tag hätte er ihr vermutlich den Koffer abgenommen und sie zum Bus begleitet, aber heute war alles, bloß nicht jeder andere Tag. Beim genaueren Hinsehen erkannte er einige der Gesichter von dem Wettbewerb und der Party gestern. Anscheinend reisten die Privatschüler heute schon wieder ab.

Waren das nicht Bianca und Lucy, die gerade einstiegen? Ihm entfuhr ein leises Stöhnen. Die beiden hätten gerne auch schon gestern wieder fahren dürfen. Gedankenverloren folgten seine Augen den Mädchen weiter, bis sie einen Platz am Fenster gefunden hatten. Da bemerkten sie ihn und begannen wild zu winken, Bianca warf ihm eine Kusshand zu. Mit aller Kraft zwang er ein kleines Lächeln auf sein Gesicht und winkte peinlich berührt zurück, nur um seinen Blick dann schnell in eine andere Richtung zu lenken – nicht, dass ausgerechnet jetzt Kenta ihn sah und ihn noch auf den letzten Metern halbierte. Rechts von ihm befand sich eine Bank, auf der er sich niederließ, bevor nur wenige Sekunden später Frau Kobayashi gemeinsam mit Herrn Takeda durch die Tür nach draußen kam. Die beiden Lehrer gingen auffallend nah nebeneinander, ihre Hände nur Millimeter voneinander entfernt, doch ohne sich zu berühren. Am Bus angekommen schob Herr Takeda seinen Koffer in den Laderaum, bevor er sich erneut Frau Kobayashi zuwandte. Die beiden sahen sich tief in die Augen und sanft strich die Lehrerin noch einmal über das Revers seines Jacketts. Moment, hatte sie ihm da gerade einen Zettel in die Brusttasche gesteckt? Vermutlich ihre private Telefonnummer…

Leicht angeekelt verzog Duke das Gesicht.

Aber hey, wenigstens zwei Menschen waren auf dieser Klassenfahrt glücklich geworden.
 

Ein Vibrieren in seiner Jackentasche riss ihn gerade noch rechtzeitig aus seinen Gedanken, bevor sie wieder in Wehmut abdriften konnten. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Er zog das Handy hervor und sah auf das Display. Auch das noch!

Mit einem Wisch nach rechts nahm er ab. „Hallo, Max!“

„Duke, mein Bester, wie geht es dir? Wie ist die Klassenfahrt?“, drang Pegasus Stimme schnarrend an sein Ohr und ließ seine Kopfschmerzen wieder aufflammen. Mit einem unterdrückten Seufzen lehnte er sich nach vorn, stützte den linken Ellenbogen auf seinem Knie ab und massierte sich die Stirn. „Geht so.“

„Wunderbar, wunderbar! Sag, hast du schon eine Lösung für unser kleines Zahlenproblem gefunden?“

Duke zögerte eine Sekunde, bevor er antwortete: „Ja, habe ich.“

„Sehr schön, dann wird es dich sicherlich freuen zu hören, dass du sie gleich am Montagmorgen vorstellen darfst! Ich dachte, du würdest es schnell hinter dich bringen wollen. Keine lange Wartezeit, Augen zu und durch!“

„Großartig, Max, großartig!“ Montag, jeder andere Tag … alles war gleich schlecht.

„Also, Montag um neun Uhr, meine Sekretärin schickt dir die Termineinladung per E-Mail.“

„Danke.“

„Duke, mein Junge, …“, Pegasus atmete einmal hörbar ein und aus, sein Tonfall wurde ungewohnt ernst, „Ich weiß, ich muss dir das eigentlich nicht sagen, aber … gib dein Bestes! Du weißt, was auf dem Spiel steht!“

Natürlich wusste er das. Auf seine Lippen trat ein trauriges Lächeln. „Keine Sorge, Max.“

„Gut. Dann bis Montag!“

Vermutlich war es seinem Kater geschuldet, dass ihm der ganze Zusammenhang erst dämmerte, nachdem er aufgelegt und das Handy zurück in seine Jackentasche gesteckt hatte. Noch immer in seiner vornübergebeugten Haltung rieb er sich mit den Daumen seiner ineinander gefalteten Hände über die Stirn, in der Hoffnung so verhindern zu können, dass sich die Kopfschmerzen noch intensivierten.

Verdammte Scheiße!

Ja, er hatte eine Lösung für das ‚kleine Zahlenproblem‘. Leider beruhte diese Lösung vor allem auf einer ganz bestimmten Person, in deren Händen sie sich auch noch immer befand.

Dem Menschen, dem er genau aus diesem Grund um keinen Preis auf die Füße hatte treten wollen.

Für den er Dinge empfand, die er so noch nie für jemanden gefühlt hatte.

Den er geküsst hatte.

Mit dem er geschlafen hatte.

Den er durch sein Wegbleiben und durch die Dummheit seiner Freunde tief verletzt hatte.

Er war am Arsch. Sein Spiel – das, wofür er so viele Jahre hart gearbeitet und gekämpft hatte – war am Arsch.

Spätestens jetzt musste er wirklich, wirklich mit Kaiba reden! Er brauchte diese Entwürfe, und zwar schnell!

Gott, wie ekelhaft und selbstsüchtig musste man eigentlich sein, um nach allem, was er sich in den vergangenen zwei Tagen geleistet hatte, so etwas zu denken?! Ihm entfuhr ein abgrundtiefes Seufzen, während er aus dem Augenwinkel sah, wie sich die Türen des Busses der Privatschulklasse schlossen, der Motor angelassen wurde und das Fahrzeug aus der Ausfahrt rollte.

Als er die Stimmen seiner Freunde erkannte, die in diesem Moment aus der Tür der Herberge nach draußen traten, zwang er sich, seinen Selbsthass fürs Erste hinunterzuschlucken, erhob sich und ging gemeinsam mit ihnen zu ihrem eigenen Bus.
 


 

Seto hatte bis fast zuletzt gewartet, bevor er nach draußen gegangen war. Beim Einsteigen konnte er über die Sitze hinweg ganz hinten Devlins schwarzen Haarschopf ausmachen, doch er wandte seinen Blick schnell wieder ab und ließ sich in der komplett leeren dritten Sitzreihe nieder. Er war gerade ans Fenster durchgerutscht und hatte seine Sachen auf dem Platz links von sich drapiert, als sich Frau Kobayashi wie üblich im Mittelgang aufbaute, durchzählte und noch einmal ein paar einleitende Worte sprach.

„Also, Herrschaften, wir haben jetzt eine gute halbe Stunde Fahrt vor uns und werden uns, wie gestern schon kurz erwähnt, die faszinierenden Grabhügel der Omuro-Kufon-Gruppe ansehen – eine der größten Ansammlungen vorbuddhistischer Begräbnisstätten in Japan überhaupt. Es wird sehr interessant, das kann ich Ihnen versprechen. Für das Mittagessen gibt es heute für jeden ein vorgepacktes, gesundes Lunchpaket.“ Sie griff nach einem großen Korb, der bereits auf dem Platz neben ihr bereitgestanden hatte, ging damit durch die Reihen und verteilte an jeden Schüler eine Tüte wie eine in die Jahre gekommene Stewardess in der Economy Class einer Billigfluglinie. Ohne den Inhalt auch nur anzusehen, packte Seto die Tüte in seine Tasche und hoffte, dass Frau Kobayashi langsam fertig wurde, damit er auch noch diese letzte vermeintliche Sehenswürdigkeit hinter sich bringen konnte, bevor er morgen endlich wieder zurück nach Hause und in sein normales Leben kam.

„Und drücken Sie die Daumen, dass das Wetter durchhält! Für heute Abend ist nämlich noch eine kleine Überraschung geplant! Was das ist, verrate ich Ihnen allerdings erst, wenn wir zurückfahren – so lange müssen Sie die Spannung noch aushalten.“

Gott, wie sollte er das nur schaffen?!

Als der Korb leer war, kam die Lehrerin wieder nach vorne, gab dem Fahrer das Zeichen loszufahren und sie setzten sich in Bewegung. Fast schon gewohnheitsmäßig wanderte Setos Hand zu seiner offenen Tasche, um den Block herauszuholen, doch im letzten Moment zögerte er. Sekundenlang schwebten seine Finger über der Ringbindung, dann zog er sie weg und klappte die Tasche wieder zu. Nur noch heute, dann hatte er es überstanden. Dazu brauchte er weder Devlin, noch dessen kleines Projekt.
 

Fünf Minuten. So lange hatte Seto es ausgehalten ohne eine Beschäftigung in diesem Bus zu sitzen und unfreiwilliger Zeuge der Gespräche um sich herum zu sein. Es hatte keinen Sinn, er musste seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes lenken. Dringend! Er stieß ein kaum hörbares Seufzen aus, öffnete die Tasche wieder und zog zähneknirschend den Block und den Stift heraus.
 

Sie fuhren erst durch die Stadt, dann von ihr weg, immer weiter und höher zu den ersten Ausläufern der umliegenden Berge. Kurz vor der Einfahrt in einen weiteren Tunnel (die Seto hasste, weil sie ihn jedes Mal in seiner Arbeit unterbrachen), fuhren sie schließlich ab. Schon entlang der kurzen Straße zum Parkplatz konnte er die ersten kegelförmigen Steinstrukturen aufragen sehen und atmete gedehnt aus.

Nicht mehr lange.
 

Während die meisten anderen Schüler den Bus bereits verlassen hatten, ließ Seto sich Zeit – eine letzte Stelle in seiner Zeichnung musste noch schnell fertig werden, bevor er sich mehrere Stunden lang leere Steinhügel ansehen würde. Nur am Rande nahm er wahr, wie jemand noch einmal durch die vordere Bustür hereinkam und genau auf seiner Höhe auf die anderen Gangseite ausweichen musste, als noch eine Mitschülerin aussteigen wollte. Schließlich klappte er den Block zu und wollte ihn gerade in die Tasche packen, als …

„Über das Teil reden wir nochmal, Kaiba!“

Wheeler. Wer sonst konnte nach einer halbstündigen Fahrt etwas im Bus liegen gelassen haben?!

„Ist das so?!“, gab er nur trocken und mit einer hochgezogenen Augenbraue zurück.

„Tu’ nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich rede! Außerdem hab ich nicht vergessen, was du gestern gesagt hast, Geldsack!“

„Was hast du vor, Köter?“ Da die Frage ohnehin eine rein rhetorische gewesen war, machte er sich gar nicht die Mühe auf eine Antwort zu warten. „Sag es mir nicht, ich will es gar nicht wissen! Überrasch’ mich! Mir zittern schon die Knie!“ Kühler Sarkasmus troff aus jedem seiner Worte. Damit stand er auf, hing sich die Tasche über die Schulter, seinen Mantel über den Arm und ließ den Blonden stehen, der ihm noch ein entschiedenes „Völlig zu recht!“ nachrief.
 


 

Duke spürte, dass Joey nicht ganz die Wahrheit sagte, als Yugi ihn bei seiner Rückkehr zur Gruppe fragte, was los war. „Nichts.“, hatte der Blonde nur grummelnd geantwortet, aber Duke war nicht entgangen, dass Kaiba kurz vor ihm aus dem Bus gekommen war. Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Hast du jetzt wenigstens dein Lunch-Paket und deine Trinkflasche?“, fragte Tea und klang dabei wie eine Mutter, der die Schusseligkeit ihres Sohnes gehörig auf die Nerven ging.

„Ja, Mama!“, gab Joey denn auch nicht minder genervt zurück und Duke konnte nicht leugnen, dass es ihn ein wenig freute.

Zu seinem Leidwesen war Frau Kobayashi nicht gerade eine Meisterin der leisen Töne, wie sie auf dieser Fahrt schon mehrmals unter Beweis gestellt hatte und es auch jetzt wieder tat, um sicherzustellen, dass ihre Schüler sie trotz des auffrischenden Windes verstehen konnten: „Meine Damen und Herren, herzlich willkommen bei den Omuro-Grabhügeln! Als erstes werden wir uns natürlich das Museum anschauen, damit Sie dann bei unserem Rundgang alles besser einordnen können. Ich erwarte wie immer, dass Sie sich zivilisiert benehmen und die präsentierten Inhalte genau studieren!“

Die Begeisterung über den Besuch eines weiteren Museums war ihrer mehr oder weniger stark verkaterten Schülerschaft nur zu deutlich anzusehen, trotzdem trotteten sie ihr unmotiviert zum Eingang hinterher. Was hatten sie auch für eine Wahl?

Nachdem alle ihre Sachen eingeschlossen hatten, sammelte sich die Klasse rund um ein Modell der Umgebung im Eingangsbereich, das zeigte, wie weit sich die Grabhügel in die Talsenke hinein erstreckten und in welche zeitlichen Abschnitte sie sich einteilen ließen. Wieder einmal schien Frau Kobayashi sich ein profundes Wissen zu dem Thema angelesen zu haben, allerdings war sie vermutlich auch nicht ohne Grund Geschichtslehrerin geworden und hatte ein echtes Interesse an derartigen Themen.

Dem Modell folgten zwei kleine, enge Räume, vollgestopft mit erklärenden Wandtafeln, sodass sich wirklich niemand, der noch ganz richtig im Kopf war, über einen Mangel an Hintergrundinformationen beschweren konnte. Während vor allem Yugi und Ryou jede Tafel genau studierten, überflog Duke die Tabellen, Landkarten und Texte lediglich grob – viel mehr gab sein noch immer unter dem Alkoholkonsum von gestern leidendes Gehirn gerade einfach nicht her. Immerhin konnte er behalten, dass es grob um die Jahre 400 bis 700 unserer Zeit ging, dass es einen starken Einfluss von der koreanischen Halbinsel gegeben hatte, sowie, dass es verschiedene Arten von Grabhügeln gab, namentlich runde, eckige und schlüssellochförmig angelegte. Das musste doch eigentlich reichen, oder?!

Auch hier gab es, wie schon gestern in dem Herrenhaus, eine kleine Video-Ecke, wo immer zur halben Stunde ein erklärender Film gezeigt wurde. Als es das nächste Mal soweit war, dirigierte Frau Kobayashi sie alle zu den Hockern, deren Anzahl allerdings noch begrenzter war als Tags zuvor. Nicht einmal die Hälfte der Schüler konnte sich setzen, der Rest musste dicht gedrängt stehen.

In der Hoffnung, dass die Situation für ein gewisses Maß an Unauffälligkeit sorgte, suchte Dukes Blick zwischen seinen Klassenkameraden nach Kaiba und fand ihn genau auf der anderen Seite der Gruppe und des Raums. Locker an die Wand gelehnt und mit unverhohlenem Desinteresse machte er sich nicht einmal die Mühe wirklich auf den Fernseher zu schauen und schien nur darauf zu warten, dass das alles endlich vorbei war.

Stellen Sie sich vor, er hat sich heute bedankt! Ich hab’s kaum gehört, der Gute war mit den Gedanken ganz woanders, aber trotzdem!

Seine Brust schnürte sich zu. Kaiba konnte noch so sehr versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass ihn das alles kalt ließ, aber Duke machte sich keine Illusionen. Joey hatte ihn getroffen, sogar empfindlich getroffen, nicht nur, aber vor allem angesichts dessen, was tatsächlich nur wenige Stunden zuvor zwischen ihnen passiert war. Kaiba hatte ihn an sich herangelassen, so nahe, wie vermutlich noch niemanden zuvor, und er war einfach nicht mehr aufgetaucht.

Wenn dir ma wirklich jemand nahe kommt, dann haut’er doch sofort wieder ab!

Und das nur wegen …

Ein Ellenbogen traf ihn in die Seite. Tristan hatte in seiner Hosentasche gekramt und ihn dabei versehentlich angerempelt.

„Mann, pass doch auf!“, fuhr Duke ihn bissig, aber im Flüsterton an.

„Sorry! Ist halt eng hier!“, gab der Angesprochene zurück und hob beschwichtigend die Hände, ein Taschentuch in der rechten.

Duke machte sich nicht einmal die Mühe seinem Freund noch etwas zu antworten; stattdessen verdrehte er nur die Augen und wandte sich demonstrativ wieder dem Film zu. Viel sah er nicht mehr, denn knappe drei Minuten später begann bereits der Abspann durchzulaufen.

„Nun denn, meine Herrschaften, ich denke, jetzt haben wir alle das Rüstzeug, um nach draußen gehen und die Grabhügel in echt anzusehen. Also dann, auf geht’s!“, dirigierte die Lehrerin sie wieder zu den Schließfächern.
 

Trotz des eher grauen Tages tat es gut, aus den engen und stickigen Räumen des kleinen Museums wieder nach draußen zu kommen. Frischer Wind rauschte sanft durch die Bäume der bewaldeten Hänge und Duke ließ fast schon begierig die kühle Herbstluft in seine Lungen strömen.

Mit dem umfangreichen Prospekt in der Hand führte Frau Kobayashi die Gruppe an und gab die Richtung vor, geradewegs auf die ersten runden Grabhügel des vorderen Talabschnitts zu. Sie folgten einem Rundweg, der am Museum startete und sich durch und entlang der verschiedenen Anlagen schlängelte, die man zum Teil sogar betreten konnte. Der Ablauf war dabei immer der gleiche: Sie kamen an einen neuen Hügel oder eine neue Hügelgruppe, Frau Kobayashi konsultierte kurz das Prospekt und erklärte etwas, dann gab sie den Schülern einen Moment Zeit, sich alles genauer anzusehen, was ein paar wenige taten, der Rest nutzte die Zeit, um sich zu unterhalten, dann wedelte die Lehrerin mit dem Prospekt in der Luft und es ging weiter. Die Eingänge der ersten Hügel, die man betreten konnte, wurden anfangs noch als willkommene Foto-Gelegenheiten genutzt, aber auch das erstarb mit der Zeit.

Duke hatte ohnehin kein großes Faible für Geschichte und Archäologie, sodass sich ihm nicht erschloss, was man am leeren Innern eines Iglus aus Steinen, das vor Jahrhunderten mal eine Leiche enthalten hatte, so spannend finden konnte – anders als Ryou und Yugi, die ebenfalls ein Prospekt mitgenommen hatten, jeden Hügel fasziniert umrundeten, immer wieder auf bestimmte Steinstrukturen zeigten und sich angeregt darüber austauschten. Tea versuchte anfangs noch den beiden auch inhaltlich zu folgen, stieg aber relativ schnell aus und hielt sich nur deshalb bei ihnen, weil die Gesellschaft der „Kater-Truppe“, wie sie ihn, Joey und Tristan getauft hatte, sie nach eigener Aussage zu sehr deprimierte.

In der Tat empfand Duke die Unbeschwertheit und Begeisterung dieses Teils seiner Freunde heute als ungemein belastend, ebenso wie Frau Kobayashis gesammelte Ausführungen, sowie Tristans und vor allem Joeys bloße Präsenz. Jedes Wort des Blonden war eines zu viel und Dukes Magen krampfte sich zusammen, wann immer er wieder einmal einen der vermeintlich unauffälligen Seitenblicke registrierte, die Joey Kaiba zuwarf, wenn letzterer einmal zufällig in ihrer Sichtlinie stand.

Plante Joey etwas? Und wenn ja, was?

Zu einer Antwort kam er nicht; dafür waren die verräterischen Momente zu selten, lief Kaiba doch wie immer meist am Ende der Gruppe und hielt sich auch sonst im Hintergrund, wie ein ruheloser Geist, der Duke erbarmungslos verfolgte, ohne dass er ihn wirklich zu Gesicht bekam.

Wie konnte er Kaiba um Verzeihung bitten und dabei gleichzeitig etwas von ihm fordern? Wie sollte er Kaiba erklären, warum er die Entwürfe jetzt schon brauchte? Wie konnte er überhaupt eine entsprechende Gelegenheit für ein Gespräch schaffen? Und wann?

Immerhin, sollte das Gespräch zustande kommen, konnte er heute wenigstens sicher sein, dass sie auch tatsächlich reden würden. Die Chancen, dass es zu körperlicher Annäherung kommen würde, standen jedenfalls mehr als gering. Ein bitteres Lächeln huschte über sein Gesicht.

Seine Gedanken hörten nicht auf, ergebnislos um alle diese Dinge zu kreisen und nicht einmal der beeindruckende Ausblick über die Stadt und die bereits leicht schneebedeckten Gipfel der Berge konnte ihn ablenken.
 

Um kurz nach zwölf hatten sie den Rundweg absolviert und waren wieder am Museum angekommen. Frau Kobayashi rief eine Dreiviertelstunde Mittagspause aus, bevor sie sich den zweiten Abschnitt der Anlage weiter hinten im bewaldeten Tal anschauen würden. Am Museum gab es einen kleinen Pavillon als Sitzgelegenheit, den jedoch schon einige Schüler okkupiert hatten, sodass Duke und seine Freunde sich einen anderen Platz suchen mussten. Die Treppe hinunter zum Parkplatz mit ihrer angrenzenden Wiese wurde vorgeschlagen und schnell akzeptiert. Auf ihrem Weg dorthin quer über den Vorplatz des Museums erspähte Duke Kaiba, der allein mit dem aufgeschlagenen Dino-Block auf einer schmalen Rasenfläche am Rand des Platzes saß.

Sein Herz schlug schneller und er konnte ein gelöstes Ausatmen gerade eben unterdrücken. Kaiba arbeitete noch immer an den Entwürfen – trotz allem, was passiert war! Das erste gute Zeichen heute!

„Tze, unfassbar! Wie er da so seelenruhig sitzt! Mit Serenitys Block!“ Joey schüttelte den Kopf und warf dem Brünetten einen bösen Seitenblick zu.

„Lass es gut sein, es ist okay!“, versuchte Duke ihn zu beruhigen, während sie an der Treppe ankamen und noch ein Stück hinunterstiegen, sodass Kaiba und alle anderen aus ihrem Blickfeld verschwanden.

Abrupt blieb Joey stehen; die anderen leicht irritiert ebenso. „Nein, ist es nicht! Du hast diesen Block als Geschenk für meine kleine Schwester gekauft und jetzt kritzelt Kaiba dort Weiße Drachen oder was auch immer rein?! Der reiche Pinkel hat doch nun wirklich mehr als genug Geld, um sich selbst ein scheiß Notizbuch zu kaufen!“

„Wie jetzt, Duke hat den Block gekauft?!“, verlieh Ryou den fragenden Blicken seiner Freunde Ausdruck.

„Mhm,“, nickte Joey, „für Serenity! Und Kaiba hat ihm den einfach abgenommen! Wahrscheinlich irgendwie abgepresst. Irgendwas hat er gegen Duke in der Hand, aber Duke will es nicht sagen!“

Alle Augen richteten sich besorgt auf ihn. Erneut kochte die Wut in ihm hoch und schlug sich nun auch leicht in seiner Stimme nieder. „Kaiba hat mir den Block nicht irgendwie abgepresst, ich hab ihn ihm überlassen! Freiwillig!“ Er ließ eine kurze Pause, konnte sich jedoch nicht zurückhalten, weiterzusprechen: „Und wenn du mich gestern nur einmal hättest ausreden lassen, hättest du das gewusst und wir hätten wir uns sehr viel Ärger ersparen können!“

„Ist was dran. Und wenn du uns früher von dem Ehebett erzählt hättest, hätte mich das gestern auch nicht überrascht!“

„Was hat das denn jetzt damit zu tun?!“

An dieser Stelle unterbrach Tea die sich erhitzende Diskussion: „Halt, halt, stopp mal! Das geht mir jetzt zu schnell. Ehebett?“

Tristan sprang mit einem leichten Grinsen ein: „Mhm, da staunt ihr, Duke und Kaiba haben in ihrem schicken Doppelzimmer ein Ehebett!“

„…von dem wir gestern erst erfahren haben, weil Duke einfach nie ein Wort über diese spannende und wichtige Information verloren hat!“, fügte Joey hinzu und klang dabei geradezu persönlich beleidigt.

Teas Augen wanderten zu Duke und musterten ihn einmal intensiv. Dann zuckte sie die Schultern. „Na und? Hätte ich an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht. Es ist nur ein Bett!“

„Das nimmst du einfach so mit einem Schulterzucken hin?! Ein Ehebett! Mit Kaiba!“, fragte Joey ungläubig nach.

An dieser Stelle konnte Duke sich nicht länger zurückhalten: „Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen?! Mir Werkzeug organisieren und das Bett auseinandersägen?!“

Der Blonde verzog das Gesicht und hielt sich eine Hand ans Ohr. „Kannst du dich vielleicht ein bisschen leiser aufregen?! Meinen Kopfschmerzen gefällt das gar nicht!“

Das war doch einfach unglaublich! Dieser …!

„Ich kann mich aufregen, so laut ich will! Falls du es vergessen haben solltest, lass mich dich kurz erinnern: Ich war letzte Nacht noch da, nachdem ihr in unser Zimmer eingefallen seid, du Kaiba Erpressung unterstellt hast, dann erstmal ne Runde in unserem Bad gekotzt hast, …"

„Du hast WAS?!“, unterbrach Tea und sämtliche Augenpaare wanderten zu Joey.

„Mir war halt schlecht …“

„Und als wäre das noch nicht genug gewesen,“, riss Duke den Faden wieder an sich, „kommst du dann noch mit der Ehebett-Sache und greifst Kaiba auf einer Ebene an, die selbst für deine Verhältnisse einen echten Tiefpunkt markiert!“

Joeys Augen weiteten sich. „Selbst für meine Verhältnisse?! Was soll das jetzt bitte heißen, he?! Außerdem hab ich ihn nicht beleidigt, ich hab höchstens ein paar unbequeme Wahrheiten ausgesprochen! Und warum zur Hölle nimmst du eigentlich ihn in Schutz?! Du hast genau gehört, was er zu mir gesagt hat!“

„Ich nehme niemanden in Schutz, Joey! Was Kaiba gesagt hat, war nicht cool, keine Frage! Aber du kannst doch nicht ernsthaft abstreiten, dass du es provoziert hast! Du bist als erster zu weit gegangen!“

In dem Maße, wie Duke nicht verhindern konnte, dass sich seine Stimme erhob, gelang es auch Joey immer weniger sich noch zu zügeln. „Ich war betrunken, okay?! Ich wusste nicht, was ich sage! Er war nüchtern, er wusste es ganz genau!“

„Bullshit! Du wusstest, was du sagst! Jedes beschissene Wort hast du genossen!“

Der Blonde lachte bitter auf. „Vielleicht muss ich mir nochmal die Ohren waschen, aber für mich hört es sich verdammt danach an, als würdest du Kaiba in Schutz nehmen! Wo ihr euch beide doch jetzt so nahe steht, warum geht ihr nicht gleich zusammen in einen Laden und sucht ein hübsches, neues Hundekostüm für mich aus?!“

„Ach, halt doch einfach die Fresse!“ Die Augenbrauen aller anderen Anwesenden schossen kollektiv nach oben; Duke rieb sich mit der Hand über die Stirn, schluckte und wandte sich frustriert ab.

„Whoa, Jungs, kommt mal wieder runter!“, versuchte Tristan mit einer entsprechenden Geste seiner Hände zu beschwichtigen, erreichte damit jedoch nur, dass Dukes funkensprühender Blick nun ihn traf. „Und du bist auch nicht besser!“

„Ich?! Was hab ich gemacht?!“, fragte der Angesprochene ernsthaft verwundert zurück und zeigte dabei auf sich.

„Das sage ich dir gerne: Nichts, Tristan! Nichts hast du gemacht! Du hast einfach nur rumgestanden und zugehört, wie er …“

„Du doch auch nicht.“

„Was?!“, entwich es ihm atemlos und er blinzelte irritiert.

„Du doch auch nicht! Du hast auch nur rumgestanden wie eine Salzsäule und hast nichts unternommen! Also mach mir gefälligst keinen Vorwurf!“

Stille.

Dukes Brust hob und senkte sich schnell, sein Blick wurde für eine Sekunde leer, dann eiskalt.

„Wisst ihr was, ihr könnt mich mal! Alle!“

Damit wandte er sich um und stapfte mit schweren Schritten die kleine Anhöhe wieder hoch.

„Duke, warte!“, hörte er Teas Stimme von weitem, doch er reagierte nicht, drehte sich nicht noch einmal um.

Er wollte nur noch weg.

Weg von Joey, weg von Tristan, weg von den anderen, weg von Kaiba, weg von hier.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich habe echt eine Schwäche für Bitchy-Duke, vor allem in Verbindung mit Joey. XD
Es wird jedenfalls nicht besser für den Armen – als wäre die Lage bisher nicht schon ernst genug gewesen. ^^°
Das nächste Kapitel ist auch schon in Arbeit, ich gebe mir alle Mühe, dass es nicht allzu lange dauert ;)

Bis dahin!
LG
Eure DuchessOfBoredom

P.S.: Ich hab an Kapitel 22 nochmal ordentlich geschraubt, namentlich an der Lime-Szene, weil ich damit schon kurz nach der Veröffentlichung gar nicht mehr so recht zufrieden war und es so ein wichtiger Turning Point für die beiden ist. Jetzt habe ich etwas mehr das Gefühl, dass die Szene ihrer Bedeutung (auch stilistisch) gerechter wird. Es sind einige in meinen Augen sehr schöne Aspekte hinzugekommen, also wer Lust hat, nochmal in Erinnerungen an die glücklicheren Momente zu schwelgen, kann ja gerne nochmal reinlesen <3 Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Kuro_Kami
2022-08-14T21:31:56+00:00 14.08.2022 23:31
Da ist der kleine Duke eventuell ein bischen, sehr dolle ausgerastet. Bin gespannt wie es weitergeht. ฅ^•ﻌ•^ฅ

Von:  Sceith
2022-03-13T11:49:32+00:00 13.03.2022 12:49
Hach! Ich bin über diese FF gestolpert und habe sie in den letzten 2 Tagen einfach komplett durchgesuchtet, nur um jetzt auf das nächste Kapitel warten zu müssen – grade JETZT, wo die beiden Grazien auf Kriegsfuß stehen. Ich hätte Duke am liebsten den Hals umgedreht, weil er einfach nicht von dieser blöden Party verschwunden ist. Aber es geht ja leider nicht ohne Drama...sonst wäre das Leben ja langweilig. ;)
Ich hoffe, Duke und Seto kriegen sich irgendwie wieder ein...es war ein so schöner (wenn auch gefühlsmäßig holpriger) Start, aber sie passen so gut zusammen!

Ich muss auch unbedingt einmal loswerden, wie sehr ich deinen Schreibstil liebe! Du bringst so wahnsinnig viele Details und Informationen über die verschiedensten Themen mit ein und erschaffst so eine angenehme Atmosphäre, in die man sofort komplett eintauchen kann. Auch deine Darstellung der Charaktere gefällt mir richtig gut, sie sind alle so glaubwürdig und mein Highlight sind definitiv Kaibas Versuche, trotz aller Gefühle rational denken zu wollen. :D Du bist großartig!

Ich bin soooo gespannt, wie es weitergeht, und freue mich wie ein Schnitzel auf die nächsten Kapitel! *_*
Antwort von:  DuchessOfBoredom
13.03.2022 20:13
Wie schön, dass du hier reingestolpert bist und vielen, vielen Dank für den lieben Kommentar! <3
Erstmal fetten Respekt! Zwei Tage sind echt sportlich, so viel Text, wie sich hier mittlerweile angesammelt hat! XD

Das Kompliment zum Schreibstil freut mich besonders, denn ich schreibe noch nicht furchtbar lange „so richtig“ und musste erstmal Erfahrung sammeln (und muss es noch immer, es ist ein konstanter Lern- und Übungsprozess). Ich bin echt immer megafroh, wenn es klappt, die Atmosphäre dicht ist und man die Gefühle so richtig selber spüren kann. Und umso besser, wenn andere das auch bestätigen können; man ist ja als Autor manchmal so tief drin, dass man irgendwie betriebsblind wird und das gar nicht mehr so richtig selber einschätzen kann ^^°

Ein bisschen müssen die Zwei schon noch leiden, den Tiefpunkt des Jammertals haben wir noch nicht ganz erreicht. Aber es nützt alles nichts, da müssen sie nun mal durch, die beiden Süßen! ;D

Nochmals danke und bis zum nächsten Kapitel! :)
Von: Karma
2022-03-11T06:39:43+00:00 11.03.2022 07:39
😭
Mein armes Herzchen und mein armer Duke.
*bitterlich wein*
Ich glaub, ich muss nachher wirklich Kapitel 22 noch mal lesen. Und vielleicht auch die Ausgangsstory, um mich dran zu erinnern, dass das hier ein gutes Ende haben wird, auch wenn's jetzt gerade eher nicht danach aussieht.
😭
Du lässt uns und die Jungs echt gerne leiden, kann das sein?
😉😭
Aber auch wenn's noch mehr Drama geben wird, bin ich trotzdem schon gespannt auf die Fortsetzung.
😍🥰



Antwort von:  DuchessOfBoredom
11.03.2022 07:53
Jaaa~, das "Drama" in den Tags kommt echt nicht von ungefähr. Es hat eine ganze Weile auf sich warten lassen, dafür haut es jetzt umso mehr rein. Mindestens den nächsten ein bis zwei Kapiteln wird es auch noch ein bisschen zelebriert. 😅
Ich habe ja auch den unfairen Vorteil, dass ich schon weiß wie es weitergeht, und mich auf die späteren Kapitel stürzen kann, wenn mir das Drama-Level zu hoch wird ;D

Oder nochmal einen Fluffi-Beziehungs-One-Shot raushauen kann (da sind auch schon wieder zwei in Arbeit) XD
Antwort von: Karma
11.03.2022 14:25
@Drama: 😱😭
@Fluff: 😍🥰
Von:  Mopsfloh
2022-03-10T22:56:22+00:00 10.03.2022 23:56
Oha was für ein Kapitel. Ich bin wirklich gespannt, wie duke das alles wieder hin kriegt. Da müssen die beide gefühlt Wochen reden, um das alles zu klären. Aber das will kaiba bestimmt nicht.
Und joey macht es auch nich wirklich besser. Hach der arme duke.
Hat mich auf jeden Fall wieder gefreut, weiter lesen zu können :)
Wünsche eine gute Nacht
Ich verkriechen mich jetzt ins Kapitel 22 :D


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