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Gefesselt

Ein Daiyoukai, eine Miko und ein lästiger Zauber
von

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Eine stille Übereinkunft

Three things never anger

Or you will not live for long

A wolf with cubs

A man with power

And a women's sense of wrong

 

 

Julia Ecklar: Horsetamers Daughter

 

 
 

Als Kagome erwachte war sie allein. Sie richtete sich überrascht auf, zumal sie genau noch die übermenschliche Wärme des Daiyōkai spürte. Wo war er hin? Gab es Ärger? Dann entdeckte sie ihn oberhalb auf einem Vorsprung stehend, fast hundert Meter über ihr. Er sah zum Himmel auf, das Haar und die Boa wehten leicht im morgendlichen Wind, der über das Meer kam. Am östlichen Horizont stieg die Sonne auf., tauchte alles in ein warmes, fast rosafarbenes Licht. War etwas? Sie stand auf und tastete unwillkürlich nach ihrem Bogen. Ja, so ein Mist. Der lag noch immer da oben, sie hatte ihn schlicht liegen lassen, so erschöpft, wie sie gewesen war.

Dann erkannte sie wonach der Hundefürst Ausschau hielt. Aus den hellen Wolken stieß ein zweiköpfiger Drache, gesattelt und aufgezäumt. Ah-Un, dachte sie erleichtert. Das war ja wirklich nett vom Schwager ihr solcherart einen Rückflug zu organisieren. Und das, nachdem sie an ihn gekuschelt schlafen durfte.

Hm. Irgendwie weckte das in ihr den Verdacht, dass sich diese unerwartete, ja, geradezu ausufernde, Nettigkeit nicht darauf gründete, dass sie auf den Vampir geschossen hatte oder die medizinische Versorgung nach dem Drachenbiss. Sie musste recht gehabt haben, dass dieser Tama irgendeine magische Falle gelegt gehabt hatte und der Herr Hund da rein gelaufen war. Und, umgedreht, sie ihn mit ihrem Ruf irgendwie aus dem Bann aufgeweckt hatte. Nun ja. Darüber sollte sie wohl besser den Mund halten. Zum Einen würde das Sesshōmaru nicht gerade schätzen, zum Zweiten würde sich Inu Yasha garantiert nicht verkneifen können seinen Halbbruder aufzuziehen. Nach dem obligaten Duell der Beiden wäre dann sie dran, spätestens falls der Daiyōkai sie mal allein erwischte. Musste nicht sein.

 

Da Ah-Un zur Landung nahe bei ihr ansetzte, suchte sie festen Stand. Es wäre ziemlich idiotisch jetzt hier die fünfzig Meter ins Meer runter zu fallen, nur, weil der Drache eine Erschütterung verursachte. Immerhin fiel die deutlich sanfter aus, als man es bei einem so großen Wesen erwarten konnte. Beide Köpfe reckten sich ihr entgegen und sie kraulte sie brav. Aus den Augenwinkeln sah sie wie der Hundefürst heruntersprang und die Landung mit einem leichten Federn in den Knien auffing.

Nein, er machte das nicht absichtlich um ihr zu demonstrieren, warum Menschen die mindere Art waren, so viel hatte sie auf diesem Trip doch gelernt. Für ihn war das schlicht normal. So unterdrückte sie ihren aufsteigenden Zorn und meinte einfach höflich: „Guten Morgen. - Ich würde nur gern Wasser trinken und so....“ Der Entfernungsbann sollte zwar weg sein und sie sich mehr als die fünf Meter Radius von ihm distanzieren können, aber es war eine zweite Frage ob sie das tun sollte. Immerhin hatte sich auch schon gezeigt, dass es hier Leute, Yōkai und Drachen zum Beispiel, gab, die sie zum Fressen gern hatten. „Meinen Bogen habe ich oben liegen lassen,“ erklärte sie daher noch.

 

Sesshōmaru war überzeugt, dass die so temperamentvolle Miko in den wenigen Tagen mit ihm durchaus an Benimm zugenommen hatte. Noch einige Tage und sie wäre langsam zivilisiert. Die Frage war nur ob er sich das wirklich antun wollte. Besser wäre es sie wieder Inu Yasha vors Haus zu packen und seiner Wege zu gehen. Sollte sich der Hanyō doch mit ihr abplagen. Aber er sollte die durchaus höfliche Anfrage wohl beantworten. Eine Besserung wäre es nur, wenn sie wie Rin oder selbst Jaken auch einfach wissen würde, was er wollte. „Wasser gibt es drüben, jenseits des Meeresarms. Wir fliegen hin und du kannst Pause machen.“

„Ich hole nur rasch meinen Bogen.“ Als sie hochkletterte, bemerkte sie durchaus, dass sich Ah-Un in die Luft erhob und sie quasi in seinem Schatten emporstieg. Ohne Zweifel gehorchte er damit einer stummen Anweisung seines Herrn.

 

Als sie den kleinen Krater erreichte, sah sie sich nach ihrem Bogen um und nahm ihn. Nur noch ein sandiger Krater verriet die Stelle, an der der Emotionsvampir gestern gestorben war. Der Letzte seiner Art. Die junge Frau aus dem 21. Jahrhundert wollte fast Bedauern empfinden, andererseits war es wohl für sehr viele Leute besser, wenn diese Art ausgestorben war. Es war ja schieres Glück gewesen, dass sie und Sesshōmaru, wie eigen das auch so klang, sich doch irgendwie zusammengerauft hatten und gemeinsam zuschlagen konnten. Daran in gewisser Weise schuld war natürlich Inu Yasha, der das Bindeglied zwischen Daiyōkai und Miko darstellte. Davon hatte Tama auch wirklich keine Ahnung haben können. Sie sah auf.

„Ah-Un? Kannst du hier landen? Ich glaube, Sesshōmaru will möglichst rasch zurück.“

Nun ja, das entsprach ihren eigenen Wünschen, aber sie hatte da noch was zu erledigen und die Pause war ihr erst jenseits des Meeresarms versprochen worden. Immerhin bekam sie Frischwasser und eine Fluggelegenheit über diesen Schlick! Fürsorglich war der Schwager ja irgendwie schon. Rins Verdienst, vermutete sie nach auch nur minutenlanger Kenntnis seiner Mutter – und irgendwas mussten ja beide Söhne des Taishō auch von dem geerbt haben. Inu Yasha konnte sie gewisse Fürsorge nicht absprechen. Selbst ganz am Anfang, als er wirklich noch recht wild gewesen war, hatte er nie gezögert seinen Haori auszuziehen und ihr umzulegen, wenn sie fror oder es regnete.

Da der zweiköpfige Drache prompt landete, kletterte sie ein wenig ungeübt in den Sattel. Bald, bald wäre sie zuhause! Es konnte sich doch wirklich kaum mehr um Tage handeln, oder? Wie lange dauerte ein Flug mit einem Drachen von Ryuku nach Tokio? Sie nahm die Zügel, sicher, dass sie nichts mehr sagen musste oder auch nur sollte, wollte sie nicht dem Hundefürsten vorgreifen, der das nun einmal ganz und gar nicht schätzte. Und der Spiegelbann des Vampirs schützte sie nicht mehr. Allerdings war damit auch praktisch sicher dieser ominöse Liebeszauber verschwunden, von dem sie allerdings absolut nichts bemerkt hatte.

Aha. Da hatte jemand nur gewartet und sprang in die Luft, sich prompt die Boa um die Beine wickelnd. Ja, das sah schon elegant aus, dachte sie, so auf einer eigenen Woge der körpereigenen Energie fliegen zu können. Bei dem Flug in den ersten Tagen hatte sie gar nicht darüber nachgedacht, aber seit er sie da den Rest über den Schlick getragen hatte ….das musste doch unglaublich Yōki kosten. Wie viel hatte der Kerl denn davon? Denn, dass der dadurch kampfunfähig wurde, war ja nicht zu erwarten. So dämlich war der nicht.

Ach herrje. Die Flut.

Sie erkannte unter sich keinen Schlick mehr, sondern die Mangroven ragten mit den Wipfeln aus einer Wasserfläche. Das erklärte die Aktion den Reitdrachen zu rufen noch einmal. Ja, der Herr Hund wollte schleunigst zurück, immerhin sie zu Hause abliefern. Das war schon einmal gut, aber der wollte vermutlich auch Inu Yashas Retourkutsche nicht erleben, die nicht nur in einem Duell, sondern auch in der Weigerung Rin weiter im Dorf zu dulden bestehen könnte. Nun ja, eigentlich traute sie das ihrem Hanyō nicht zu, aber der Halbbruder sah das wohl anders. Da schloss doch nicht etwa jemand von sich auf andere?

Und, im Gegenzug zu dem ersten Tag, als er so geflogen war, näher neben ihr, spürte sie das Yōki des Herrn Hundes praktisch kaum mehr, jedenfalls nicht schmerzhaft. Ihre Reiki regte sich auch nicht mehr auf. Ja, sie hatten sich wohl aneinander gewöhnt. Oder lag es doch an der Distanz, denn er war doch gute acht Meter jetzt weg? Eher nicht.

Ah, die Landung an einem kleinen Teich, der sein überschüssiges Wasser zum Meer hinunter schickte. Sie glitt eilig vom Drachen und zog das Schüsselchen heraus um das Wasser zu trinken. Die Frage, ob sie das konnte, stellte sich ihr nach diesen Tagen nicht mehr. Wenn nein, hätte er sie nicht hierher gebracht, das stand fest. Nur noch ein bisschen was trinken, anderes erledigen – und den Gedanken an Essen wieder einmal streichen.

Naja. Mit etwas Glück würde sie morgen oder so schon wieder im Dorf sein, bei Inu Yasha, und dann selbst kochen können, was immer ihr etwas geschundener Magen dann vertrug.

 

Sesshōmaru wandte sich ab und betrachtete die aufgehende Sonne, bei weitem nicht gewillt Inu Yashas Miko beim Trinken oder gar anderem zuzusehen. Immerhin war sie in diesen Tagen deutlich schweigsamer geworden, zumindest ihm gegenüber. Er vermutete nicht, dass ihr Temperament verschwunden wäre – und der Erste, der das wieder zu spüren bekam war mit Sicherheit der … Vaters zweiter Sohn.

Hm. Er hob prüfend ein wenig die Nase, als er hörte, dass sie zurückkam, jedoch ohne sich umzudrehen. Da würde selbst ein Bad kaum helfen. Seine eigene Witterung hing an ihr und die ihre an ihm. Inu Yasha mochte zwar ein Hanyō sein, aber er verfügte immerhin über eine funktionstüchtige Nase, wenngleich natürlich nicht so fein wie die seine. Das würde womöglich nutzlosen Ärger geben, ein Duell für ihn und, nun, er wusste nicht wie Menschen ungetreue Gefährtinnen straften, aber das wäre nicht notwendig.

Zum Glück sah er einen einfachen Weg. Einfach, nun ja, je nachdem, ob sie begriff und mitspielte. Sie vermochte allerdings stur zu sein.

So wandte er den Kopf. Ja, sie wollte gerade in den Sattel steigen. „Warte.“ Er war durchaus angetan, dass sie nicht nur prompt gehorchte, sondern den Bogen von der Schulter gleiten ließ, sichtlich alarmiert. Jetzt musste er sich leider auch noch erklären. „Wir fliegen zu zweit.“

 

Kagome dachte sich verhört zu haben. Das bedeutete ziemlich eng hintereinander zu sitzen – wobei, wenn sie sich recht entsann, war Sesshōmaru doch immer quer auf dem Drachen gesessen, wenn er ihn denn je benutzt hatte. Sie schob den Bogen wieder zurecht, während sie hastig nach einer Erklärung suchte. Spürte er doch etwas von diesem Liebeszauber? War damit auch die letzte Nacht zu erklären? Nicht gerade, dass er über sie herfallen wollte, aber doch Körperkontakt? Was sollte sie jetzt nur sagen oder gar tun?

 

Noch eine Erklärung notwendig, befand der Hundefürst mit gewissem Selbstmitleid. „Inu Yasha mag nur ein Hanyō sein, aber er würde dich an mir und mich an dir wittern.“

 

Oh. Und offenkundig ging er davon aus, dass ein Bad nicht viel helfen würde. Das war dann eine deutlich harmlosere Erklärung als der Satz, das ist, weil ich an deinem Bruder gelehnt habe, sowohl in seiner Hunde- als auch seiner Menschengestalt. Sie konnte sich Inu Yasha dabei vorstellen. Das würde ihm sehr weh tun und er würde sich, ohne weiter nachzudenken, in ein Duell mit dem Daiyōkai stürzen. Das musste beides nicht sein. Irgendwann konnte sie ihm in einer ruhigen Minute sicher von dem Drachenbiss erzählen, dass sie sich in einer Höhle verkriechen mussten. Allerdings sollte sie aufpassen, was sie da wie von sich gab, damit Inu Yasha nicht anschließend seinen Halbbruder auslachte. Aber aufpassen, was sie sagte, nun, das war sie seit einigen Tagen geübt. So nickte sie nur. „Wie stellst du dir das vor?“

Noch einige Tage und sie wäre fast so gehorsam wie Rin. Nun ja, bei weitem nicht. Immerhin brauchbarer als Jaken. Ohne sichtbaren Ansatz sprang er in den Sattel des zweiköpfigen Drachen. Das Metall seines Lendenschurzes klirrte selbst für Kagomes Ohren, bewies jedoch, dass es von einem Könner hergestellt worden war, da sich die Blätter nur spreizten und so der Körperhaltung anpassten.

 

In Anbetracht der Stacheln auf Brust und Schultern sah Kagome nur einen Weg: „Ich setze mich hinter dich?“ Hoffentlich, sonst konnte sie abwarten, wann sie das erste Mal mit den Dornen in Berührung kam. Statt einer Antwort konnte sie nur beobachten, wie sich die Boa unerwartet verlängerte, sie umschlang und hinter den Daiyōkai parkte, ehe sich das Fell wieder verkürzte. Ja, das hatte sie schon gesehen, damals, als er Inu Yasha in dem Grab ihres gemeinsamen Vaters so einwickelte, allerdings um ihn umzubringen. Das jetzt war recht wohldosiert gewesen, denn sie bezweifelte nicht, dass er ihr so auch alle Rippen brechen könnte. Lieber konziliant sein. „Äh, danke. Darf ich mich an dir festhalten?“ Lieber fragen, auch, wenn sie ihren Sitz ziemlich wackelig fand. Auf den bisherigen Flügen auf dem Drachen hatte sie nicht nur deutlich mehr Platz gehabt, sondern sich auch vorne im Sattel festgehalten. Immerhin konnte sie nicht fliegen. Aber das war vermutlich auch schon wieder eine überflüssige Bemerkung. War der Kerl schwierig. Sie sollte Rin für zukünftige derartige Ausflüge wirklich mal darum bitten, wie man mit dem irgendwie umgehen konnte ohne dauernd ins Lebensgefahr zu sein.

Kami-sama! Hatte sie gerade an mögliche weitere Trips mit dem Schwager gedacht? Nicht wirklich! Sie würde Inu Yashas Seite nie mehr verlassen!

Natürlich kam keine Antwort. Zumindest nicht direkt. Sie fand allerdings rasch heraus, dass sich die Boa erneut bewegte, um ihre Taille schlang. Das bot immerhin die Sicherheit nicht hinunterzufallen. „Äh, danke.“ Sie wiederholte sich. Hoffentlich hielt er sie jetzt nicht für dämlich. Nun ja, noch mehr als sonst. Aber sie war froh über den Halt, als Ah-Un steil in die Höhe schoss.

 

Kagome hatte keine Ahnung wie viel Zeit verstrichen war, als sie sich ein wenig mühsam umblickte. Die Schatten waren noch klein, aber die Sonne bog tiefer. Nachmittag. Ah-Un flog sicher so rasch er konnte – sie mussten schon über Honshu sein. Wo, wusste sie nicht genau. Ihre Beine schmerzten und sie würde beim Absteigen sicher nur steif gehen können. Und Durst hatte sie auch. Allerdings wäre es vermutlich ziemlich töricht einen Yōkaifürsten darauf aufmerksam zu machen. Sesshōmaru wusste bestimmt, wie es ihr ging und dass sie müde wurde. Allerdings zeigte er keine Anstalten seinen Reitdrachen landen zu lassen. Also, eine nicht ganz so dämliche Frage.

„Ich weiß nicht, wo wir sind.“ Schön, wie war das mit dämlich? So ergänzte sie eilig: „Schaffen wir das etwa noch nach Hause bis heute Abend?“

Keine Antwort, aber, was hatte sie auch erwartet. So seufzte sie leise und versuchte sich in der Umarmung der Boa sicher zu fühlen und schloss die Augen, lehnte sich, wie schon vergangene Nacht und noch eine, an das weiche Fell über der Schulter, das so herrlich nach Wald und Frühling roch. Da weder das Fell weggezogen wurde noch ein Knurren oder gar der Hinweis auf die Unterwelt kam, entspannte sie sich wirklich.

 

Sie war eingeschlafen. Das war sogar günstig, denn erstens würde sie ihm nicht in den Ohren liegen, was sie alles benötigte und zweitens würde Inu Yasha dann doch sehen, dass er die Miko gut behandelt hatte. Nicht, dass ihn ein Duell gegen den Halbbruder...Vaters zweiten Sohn störte, aber es war nutzlos, sinnlose Energieverschwendung, zumal wenn es auf Grund eines Irrtums ausbrach. Denn sie hatte hörbar geraten, aber ja, sie würden in zwei Stunden dort ankommen. Der Drache wäre zwar erschöpft, aber um den konnte sich Rin dann kümmern, die liebte ihn ja und umgekehrt. Inu Yasha konnte sich um seine Gefährtin kümmern und er konnte weg gehen. Das klang eindeutig gut.

Fast zu schön um wahr zu sein, wenn er an all die Unannehmlichkeiten der letzten Tage dachte.

 

Naturgemäß erregte ein fliegender, zweiköpfiger Drache mit Kurs auf die Siedlung, zumal verbunden mit einer gehörigen Portion Yōki in dem kleinen Dorf gewisses Aussehen und Inu Yasha stand bereits auf dem Dorfplatz und blickte zum Himmel auf, die Klaue an Tessaiga, als Miroku und Sango, ebenfalls bewaffnet dazukamen. Selbst Tōtōsai ließ es sich nicht nehmen aus der Schmiede zu kommen, getrieben allerdings eher von Neugier, denn er glaubte diese Energie zu kennen. Und er war sicher, dass ihm hier, zumal in Gegenwart des Hundebabys, nichts von dem älteren Bruder geschehen würde.

 

Inu Yasha sah ein wenig überrascht, wie der Drache landete und der vordere der beiden Reiter erst mal die Boa einzog, ehe er hoch in die Luft sprang, um wie immer elegant vor ihm zu landen. Kagome blickte sich etwas verschlafen um, stieg dann weitaus mühsamer ab und lächelte ihren Gefährten an, ehe sie so rasch es ging auf ihn zukam.

„Inu Yasha! Was bin ich froh wieder zuhause zu sein. - Stimmt etwas nicht?“ Sie hätte sich sehr irren müssen, wenn da nicht eine Art Gewitterwolke stand und als der Hanyō auch noch demonstrativ die Arme verschränkte, verstand sie gar nichts mehr. „Ja, freust du dich nicht, dass ich wieder da bin? Ich meine, der blöde Bann ist gelöst, wir haben diesen Vampir umgebracht! Inu Yasha?“

„Habt ihr was miteinander gehabt?“ Eisige Familienähnlichkeit.

Kagome blinzelte mehr als verwirrt. „Was?“ Dann allerdings stieg Zorn über diese Art der Begrüßung in ihr auf. „Du hast sie doch wohl nicht mehr alle? Wie kommst du auf diese dämliche Idee?“ fauchte sie.

Inu Yasha ließ, sie kennend, begütigend die Hände sinken. „Tōtōsai erwähnte einen Liebeszauber.“ Unwillkürlich nickte er zu dem alten Schmied.

„Mach Platz! - Moment. Was?“ Kagome spürte neben sich ansteigendes Yōki. Als sie dann begriff und herumfuhr, entdeckte sie den unseligen alten Schmied, der gerade versuchte in einen Baum rückwärts zu kriechen. Kein Wunder, dachte sie, wenn da gerade ein Daiyōkai seinen kompletten Schatten auf ihn warf. Anscheinend hatte Sesshōmaru schneller als sie verstanden. Als sie bei Tōtōsai gewesen waren, hatte der nichts von einem Liebeszauber erwähnt. Und Inu Yasha war zuerst gegangen. Ihnen hatte das erst Tanjeri-sensei erzählt. Das aber bedeutete, dass das diesem vertrottelten alten Schmied eingefallen war – und der nichts Besseres zu tun gehabt hatte als seine löchrige Erinnerung brühwarm an Inu Yasha weiter zu geben. Der arme Hanyō hatte sich doch bestimmt sowieso schreckliche Sorgen um sie gemacht und dann auch noch so etwas! Sie stapfte förmlich auf den Schmied zu, in ihrer Wut ihren Schmerz ignorierend.

 

Tatsächlich hatte Sesshōmaru den gleichen Schluss gezogen und seine Klaue lag sehr eng um den geschrumpelten Hals des Yōkaischmiedes, drückte den gegen den Baum, der über den Platz seinen Schatten warf.

Das hatte er jetzt von seiner Ehrlichkeit und Neugier, dachte der Alte bloß. Anscheinend konnte er sich nur noch aussuchen ob er erwürgt wurde oder sein Genick brechen würde. Denn dieser Griff war keine leere Drohung. Es fehlte nicht mehr viel... Oh, Kagome. Die würde doch... Ein Blick in ihr Gesicht zeigte ihm allerdings, dass sich da nicht unbedingt Hoffnung für ihn näherte – eher eine Furie.

 

„Tōtōsai!“ Das Fauchen klang nach einer Tigermutter, die soeben ihren einzigen Welpen verteidigen will. „Bist du von allen Geistern, Oni, und was weiß ich verlassen? Wie kannst du herkommen und Inu Yasha solch einen idiotischen Blödsinn erzählen? Der arme Kerl hat sich doch schon genug Sorgen gemacht und dann kommst du auch noch mit diesem absoluten Unsinn daher! Ja, wir haben den Gefühlsvampir getötet, ja, sie sind ausgestorben! Und, nein, es gab keinen Liebeszauber! Gab nicht, gibt nicht! Kapiert? - Ich dachte immer nur du bist vergesslich, dem doch ehrbaren Alter geschuldet, aber das ist....!“

 

Tōtōsai hätte gern etwas erwidert, aber er schwieg aus gleich drei guten Gründen. Erstens war sie wirklich sauer und dann war mit ihr nicht mehr zu spaßen, zweitens lag da der Griff des Hundebengels sehr eng um seine Kehle und er war voll und ganz damit beschäftigt nach Atem zu ringen – und drittens sah der Hundefürst gerade auf die Miko als warte er geradezu begierig auf das Wörtchen: „Fass!“ Was auch immer da auf dieser Reise passiert war... es war nicht gut für einen armen, alten Schmied.

 

Tatsächlich war Sesshōmaru ein wenig amüsiert. Er hatte recht gehabt, ihr Temperament war nur ihm gegenüber gebremst. Aber natürlich war es keine Art, Vaters alter Freund hin oder her, sich dermaßen in seine Angelegenheiten zu mischen. So sah er wieder zu Tōtōsai, der gerade mal wieder erkannte, wie unangenehm es war den vollen Fokus der Aufmerksamkeit ausgerechnet dieses Typen zu haben.

 

Inzwischen hatte sich Inu Yasha aufgerappelt. „Aber“, wandte er doch ein: „Ich rieche doch, was ich rieche. Ihr ward nahe beieinander.“ Das klang allerdings schon kleinlauter.

„Du hast gesehen, wie sie kamen,“ murmelte Miroku, sicher, dass ihn der Hanyō hören konnte, aber auch nicht willens irgendwie in den anbahnenden Familienkonflikt einzugreifen. Zwischen diesen Fronten zu landen war alles andere als gesund und er hatte drei Kinder! Er spürte, wie ihn Sango am Ärmel zupfte und zurück nickte, offenbar seiner Meinung.

 

Tatsächlich hatte der jüngere der Halbbrüder das gehört. Ja, er hatte gesehen, dass sie hintereinander sitzend auf Ah-Un gekommen waren, Kagome haltend eingewickelt in die Boa des ungeliebten Halbbruders, der das allerdings bestimmt nur gemacht hatte, damit sie ihn nicht umarmte. Naja. Auf Sesshōmarus Menschenfeindlichkeit war Verlass. Und er … Oh, dieser alte, vertrottelte Schmied hatte ihn wie einen Narren dastehen lassen. Er machte den Satz hinüber. „Kagome....“ Das klang weich, ehe er sich dem Urheber seiner privaten Misere zuwandte. „Du dämlicher Schmied....“

 

Tōtōsai beschloss, dass sich seine Situation soeben nicht verbessert hatte. Einen zornigen Daiyōkai, eine wütende Miko und einen sauren Hanyō gleichzeitig vor sich stehen zu haben …. Naja, falls das schon mal jemandem passiert war, so hatte keiner lange genug überlebt um Bericht zu erstatten. Immerhin wurde der Griff um seine Kehle ein wenig gelockert. Er gab sich allerdings nicht der Illusion hin, dass er tief genug Luft holen könnte um sich mit einem Feuerstoß aus der misslichen Lage zu befreien. Dazu kannte ihn der Älteste des Herrn doch zu gut. „Ich habe doch nur erwähnt, dass es möglich wäre,“ brachte er irgendwie hervor, nach jedem Wort irgendwie Sauerstoff suchend.

„Aber ich habe auch erwähnt, dass Sesshōmaru-sama und Kagome-sama beide zu viel von Magie verstehen....“ Luft, bitte!

Kagome verspürte Mitleid, aber auch jetzt schmerzhaft ihre Beine und ihren Hunger. So wollte sie sich begütigend an beide Hundebrüder wenden, ehe sie erkannte, dass das nicht mehr notwendig war.

 

Rin stand da und lächelte ihren persönlichen Helden an. „Sesshōmaru-sama! Ich habe Ah-Un auf die Weide gebracht.“

Wenigstens eine, die ihn verstand. Der Hundefürst gab den alten Schmied frei, der nur mehr ächzend zu Boden sank, und sein Blick wurde weich. „Rin.“

„Kommt Ihr mit? Ich habe ihm eine so schöne Weide gesucht....so viele Blumen.“

 

Da sich der Daiyōkai prompt abwandte, sah Kagome zu ihrem Hanyō. „Wir sind heute den ganzen Tag auf dem Drachen gesessen und so. Ich habe nichts gegessen. Ich würde gerne mit dir baden und dann dir was kochen, was hältst du davon?“

Dem Grinsen Inu Yashas nach eine Menge und so fasste sie seine Hand und auch dieses Paar verschwand.

 

Tōtōsai wagte zum ersten Mal seit Minuten tief Luft zu holen. Er lebte noch! Er hatte überlebt! Und er sollte aus diesem Dorf verschwinden.

„Ja, Totōsai, was war den hier los? Wieso bist du so aufgewühlt und...?“

„Myōga.“ ächzte der noch ältere Schmied den Flohgeist an. „Frag nicht.“

„Du hast gut reden. Ich fand mich plötzlich im Schloss und die Dame wollte von mir wissen was Dementoren sind!“ Myōga rieb sich noch immer die Schweißperlen von der Stirn. „Ich hatte keine Ahnung, aber sie meinte, sie wolle ihren Lehrer nicht enttäuschen. Naja, du weißt wie sie ist. Kennst du Dementoren? Und, sag schon, was war hier los?“

 

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  DuchessOfBoredom
2023-10-30T07:09:03+00:00 30.10.2023 08:09
Ah, sehr schön, dass Sesshoumaru die Reaktionen seines Halbbruders so gut voraussieht. Und der arme Totosai, der mal wieder alles abbekommen hat XD

Ein sehr schönes Ende, vielen Dank für die tolle Story! <3
Antwort von:  Hotepneith
30.10.2023 16:26
Gern geschehen. Ob sie es nun zugeben oder nciht - sie haben sich auf der Jagd nach Naraku doch ganz gut kennen gelernt....

Ich hoffe du guckst auch in die neuen Geschichten rein, zuerst Krimi mit Inu Yasha in der Neuzeit, dann Inu Yasha in der Unterwelt - oder....nein, ich will meinen Bruder nicht beerben!



hotep
Von:  Sanguisdeci
2023-10-28T08:17:01+00:00 28.10.2023 10:17
Herrlich x,D
Antwort von:  Hotepneith
28.10.2023 10:43
Freut mich:) Kagome scheint es ihrer angeheirateten Familie nachmachen zu wollen - Chaos stiften, selbst, wenn es gar nicht beabsichtigt ist....


Als nächstes kommt wieder ein Krii: Tantei Ken - Die Tote im Park und Inu Yasha darf in der Neuzeit ermitteln, ehe wieder etwas aus dem Mittelalter startet...


hotep
Antwort von:  Sanguisdeci
30.10.2023 08:36
Ich freue mich <3


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