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Schwere Beute

von

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Getrennte Wege

„Hier.“ Als Bakura plötzlich sprach, sah Line überrascht auf. Sie waren noch gar nicht so lange unterwegs. Und eigentlich sah Line auch kein Hotel in der Nähe.

Der Fahrer nickte zum Zeichen, dass er den Wink verstanden hatte. Kurz darauf reihte er sich auch schon in die Reihe von Autos, die am Straßenrand platziert waren, ein und der Wagen kam zum Stehen.

Bakura stieß die Tür auf und hievte sich aus dem Auto. Als Line ihm folgen wollte, hielt er sie zurück. „Du fährst zum Hotel. Ich habe noch etwas zu erledigen.“

Line starrte ihn an. Sie dachte gerade daran, wie wenig sie erst von dieser Stadt gesehen hatte und wie genau sie dennoch wusste, dass sie hier niemals durchsehen würde.

„Ich soll alleine dieses Hotel finden, ja?“, fragte sie deshalb vorsichtig und stellte sich bereits vor, wie sie bis an ihr Lebensende hier durch die Gegend irren würde.

Bakura lächelte leicht beim Anblick ihres entsetzten Gesichtsausdrucks. Er hatte natürlich nicht mit Begeisterung von ihrer Seite gerechnet. Er wies auf den Fahrer. „Er bringt dich hin. Ich hab mit ihm gesprochen. Er wird dich bis vor die Hotelzimmertür begleiten und erst gehen, wenn du hinter ihr verschwunden bist. Und ich warne dich, da bleibst du! Ich werde wahrscheinlich nicht lange brauchen, aber wenn doch, dann wartest du trotzdem dort auf mich. Ich will dich auf keinen Fall außerhalb des Hotels sehen, klar!?“

Line starrte ihn unbewegt an. Sie schien ganz und gar nicht bereit so etwas wie Zustimmung zu zeigen. Sie schüttelte den Kopf. „Ich will mitkommen.“

Bakura sah sie an. Diese Diskussion hatte er bereits vorausgesehen. Und er wollte sie so schnell wie möglich beenden.

„Du kannst nicht mitkommen.“, erklärte er ruhig. Und als er sah, dass sie bereits wieder im Begriff war etwas zu erwidern, setzte er noch hinzu: „Ich will dir das jetzt auch nicht begründen.“

Line hatte den Mund schon wieder geöffnet, sah sich nun gezwungen noch einmal zu überlegen, was sie sagen wollte. Sie schaute ihren Entführer trotzig an.

„Du wirst es mir schon erklären müssen. Ich verstehe nicht, was so schlimm daran wäre, wenn ich mitkäme. Ich stelle ja keinen Unsinn an.“

Bakura schaffte es nur ganz knapp nicht laut los zu lachen und wollte nun umso schneller mit dem Gespräch fertig sein. Es war offensichtlich, dass sie hier zu keinem vernünftigen und vor allem für Bakura günstigem Ergebnis kommen würden. Und überhaupt, seit wann war es eigentlich gestattet mit ihm zu diskutieren?

Bakura schüttelte noch einmal ausgiebig den Kopf, um klar zu stellen, dass sich seine Meinung nicht ändern würde.

„Ich habe jetzt keine Zeit, um stundenlang mit dir zu streiten. Du tust, was ich sage oder du machst so weiter wie jetzt und landest in wenigen Sekunden auf der Straße. Dann kannst du allein versuchen dich hier zu Recht zu finden.“

Er wandte sich schnell dem Fahrer zu und begann auf ihn ein zu reden. Line schaute ihn wütend an. Sie schien nicht bereit das Gespräch schon als beendet zu erklären.

„Du glaubst, dass ich Ärger machen würde, aber das brauchst du nicht. Ich höre ja jetzt auf dich.“

Bakura wandte unwillig noch einmal den Kopf in ihre Richtung. Er musterte sie aufmerksam.

„Seit wann tust du das?“, fragte er belustigt.

Line starrte ihn bitterböse an. „Schon seit einer ganzen Weile. Aber wie konnte ich bloß denken, dass dir das auch mal auffällt.“ Sie schüttelte über ihre eigene Blödheit fassungslos den Kopf. Ihre Augen blieben immerfort auf den Meisterdieb gerichtet.

Einen kurzen Moment starrten sie sich an. Bakura hatte mal wieder das beschissene Gefühl, dass sie etwas sehr viel ernster nahm, als er es erwartet hatte.

Er hasste es, wenn sie ihn so ansah, wie sie es gerade tat. Und doch hatte er jetzt keine Zeit, um sich damit weiter zu beschäftigen. Sie hatten schon genug getrödelt.

Er richtete sich, ohne sie weiter zu beachten, einfach wieder an den Fahrer und nahm das Gespräch wieder auf. Er reichte ihm Geld, welches dieser begeistert in Empfang nahm. Der junge Mann begann sofort damit es zu zählen und zu jedem von Bakuras folgenden Sätzen eifrig zu nicken.

Bakura erklärte er ihm noch irgendetwas, aber Line hörte nicht mehr zu. Sie hatte sich zurück gelehnt und starrte, ganz eindeutig schwer beleidigt, aus dem Fenster.

Bakura warf ihr noch einmal einen kurzen Blick zu. Nachdem er die Tür zugeschlagen hatte, gab er ein tiefes Seufzen von sich. Der Wagen wurde gestartet und fuhr an. Bakura schaute ihm hinterher, bis er wenige Augenblicke später um die nächste Straßenecke verschwunden war.

In diesem Moment hörte er ein Telefon hinter sich klingeln. Er wandte sich um und sein Blick fiel auf eine Telefonzelle. Sie war leer.
 

Line saß mit verschränkten Armen auf dem Rücksitz und starrte aus dem Fenster. Den Fahrer, der ihr immer wieder einen prüfenden Blick zuwarf, beachtete sie nicht.

Wer weiß, was Bakura dem erzählt hatte. Aber eigentlich war es auch egal. Es sah jedenfalls erst einmal nicht so aus, als wenn sie diesem jungen Mann irgendwie entkommen könnte, bevor sie am Hotel ankamen. Für Line stand fest, dass sie nicht in diesem Zimmer hocken bleiben würde.

Bakura hätte eigentlich wissen müssen, dass er so was nicht mit ihr machen konnte. Er hatte es nicht einmal für nötig gehalten, ihr etwas zu erklären. Aber sie war kein kleines Kind mehr. Das konnte er nicht mit ihr machen.

Der Wagen blieb plötzlich stehen. Als Line aufschaute, sah sie, dass sie am Straßenrand angehalten hatten. Der junge Mann sprang aus dem Wagen. Sie wollte gerade die Tür öffnen, da stand er auch schon vor ihr. Er schien wirklich sehr bemüht ihr keine Möglichkeit zur Flucht zu geben.

Er öffnete die Tür und reichte ihr seine Hand. Line warf ihm einen verächtlichen Blick zu, nahm dann aber seine Hand und wurde aus dem Wagen gezogen.

Der Mann erklärte, dass er das Gepäck holen würde, wenn sie auf ihrem Zimmer sei und schritt zielstrebig auf ein großes Gebäude zu. Die Tür öffnete sich, ohne dass er sie berührt hatte, und sie standen in der großen Eingangshalle. Line wunderte sich, denn sie konnte sich eigentlich nicht vorstellen, dass Bakura eine so teure Unterkunft gewählt hätte.

Ihr Begleiter bedeutete ihr ihm zu folgen. Sie gingen an der Rezeption vorbei, ohne dass er auch nur ein Wort mit einer der Empfangsdamen gewechselt hätte. Line schaute ihn verwirrt an. Er musste sich doch erst bei ihnen melden, um den Schlüssel zu bekommen. Er selbst konnte ihn schließlich nicht haben.

Line schaute sich unsicher in der Halle um. Der Mann neben ihr beobachtete sie genau. Anscheinend rechnete er jeden Moment damit, dass sie versuchen würde abzuhauen. Line schüttelte entmutigt den Kopf. Solange er so aufmerksam blieb, wie er es jetzt war, hatte es keinen Zweck.

Sie waren am Fahrstuhl angekommen. Er drückte einen Knopf und sofort ertönte ein Geräusch, das klarmachte, dass sich im Innern etwas in Bewegung gesetzt hatte.

Ein helles Piepen ertönte, als die Türen sich öffneten und ein alter Mann im Rollstuhl kam zum Vorschein. Neben ihm stand ein junges Mädchen, das nun damit begann, ihn aus dem Fahrstuhl zu hieven. Lines Begleiter trat hastig zur Seite, damit er nicht Gefahr lief, überrollt zu werden.

In diesem Moment rannte Line los. Eine bessere Chance würde sie nicht mehr bekommen.

Sie drehte sich einfach um und rannte so schnell sie konnte auf den Ausgang zu. Niemand hielt sie auf. Einige Menschen schauten ihr verblüfft nach und versuchten, in dem sie ihre Köpfe in alle Richtungen wendeten, herauszufinden, welchen Grund es geben konnte, wegzulaufen.

Der junge Mann, der eigentlich auf sie aufpassen sollte, war in diesem Moment zwischen Rollstuhl und Wand eingeklemmt. Er reagierte schnell, aber er bemerkte auch fast genauso schnell, dass es aussichtslos war. Er schrie das junge Mädchen neben sich an, es solle endlich den Rollstuhl vorwärts bewegen. Gleichzeitig versuchte er, sich selbst aus seiner Lage zu befreien.

Währenddessen war Line schon fast am Ausgang. Sie hatte eigentlich damit gerechnet, dass er ihr hinter her schreien würde, dass dadurch das Personal aufmerksam werden würde und dass sich ihr Menschen in den Weg stellen würden.

Aber der Mann tat nichts dergleichen. Und Line hatte auch gerade nicht die Zeit, sich zu fragen, warum er es nicht tat.

Sie hatte die Türen erreicht, stürmte aus dem Haus und fand sich auf der Straße wieder. Hektisch drehte sie sich einmal um und schaute zurück. Der Mann hatte es geschafft, sich zu befreien, sah sich nun ebenfalls um und erkannte sie hinter dem Glas.

Line wandte sich ab und rannte los, die Straße entlang. Sie bog, ohne darauf zu achten, in welchen, in einen der Läden zu ihrer Linken ein und ließ sich hinter einigen Regalen fallen.

Sie hockte eine ganze Weile dort und lauschte auf ihren eigenen ungewöhnlich schnellen Atem. Aber es kam niemand. Sie hatte es scheinbar geschafft. Sie war entkommen.

Während ihr Herz allmählich wieder in dem ganz normalen Tempo zu schlagen begann, dachte Line angestrengt nach. Eigentlich war es doch komisch gewesen. Der Mann, vor dem sie vor wenigen Augenblicken geflohen war, konnte kein ganz normaler Taxifahrer gewesen sein. Er hatte einen Schlüssel zu der Wohnung gehabt und den konnte er nicht von Bakura haben, denn Bakura selbst war ja auch noch nie in dem Hotel gewesen. Wahrscheinlich war es gar nicht so dumm gewesen abzuhauen.
 

Bakura stand am Straßenrand und rührte sich nicht. Die Menschen liefen an ihm vorbei und schauten ihn fragend an, aber er beachtete keinen von ihnen. Er dachte ebenfalls gerade angestrengt nach.

Gerade, als der Wagen um die Ecke verschwunden war, hatte das Telefon in der Zelle hinter ihm geklingelt und da weit und breit außer ihm niemand in der Nähe gewesen war, war Bakura ran gegangen. Einen Augenblick später hatte man ihm erzählt, dass er gerade einen großen Fehler gemacht habe.

Inzwischen wusste Bakura sehr genau, worin dieser Fehler lag. Inzwischen wusste er sogar noch sehr viel mehr. Denn nachdem der Anrufer abgelegt hatte, gab er ihm nur sehr wenig Zeit um sich dessen klar zu werden, dass er gerade Line verloren hatte.

Kurz danach rief er wieder an. Und diesmal erfuhr Bakura den Namen des Anrufers. Er hatte anfänglich kaum etwas verstanden von dem Gebrabbel seines Gegenübers. Es handelte sich hierbei um einen alten Bekannten, mit dem Bakura vor einer Ewigkeit einmal zusammengearbeitet hatte. Bakura hatte noch nicht einmal den Namen dieses Menschen behalten.

Wie dieser Jemand nun aber erzählte, hatte er Bakura auf der Straße sofort wieder erkannt. Und er wollte sich nun einen Spaß machen, in dem er einem Taxifahrer Geld zuschob und ihn beauftragte, seinen Freund direkt zu ihm ins Hotel zu bringen. Er konnte ja nicht ahnen, das Bakura andere Pläne hatte und dass er deshalb nur das Mädchen, das er ja noch nicht einmal kannte, vor die Tür chauffiert bekam. Und erst recht konnte er natürlich nicht ahnen, was das Mädchen machen würde.

Bakura verlor alles was er an Farbe im Gesicht hatte und das war sowieso schon nicht viel. Kreidebleich hörte er weiter diesem Vollidioten zu, der gerade aus Spaß seine kleine Line in einer ihr völlig unbekannten Stadt ausgesetzt hatte. Die Frage, wie er sie jetzt bitte schön wieder finden sollte, konnte dieser Trottel ihm natürlich auch nicht beantworten.

Plötzlich ertönte ein lautes Hupen. Bakura fuhr zusammen. Es war erstaunlich dicht hinter ihm gewesen. Und der Wagen, den er dann erblickte, war auch tatsächlich erstaunlich dicht hinter ihm geparkt.

Bakura raffte sich auf und stampfte zur Beifahrertür. Er öffnete sie ohne zu zögern und stieg ein.

„Bring mich sofort zu diesem Hotel.“, schnauzte er sein Gegenüber anschließend an. Er würdigte ihn währenddessen keines Blickes.

Der Mann schaute ihn erschrocken an. Da Bakura ihm nun einen kurzen ungeduldigen Blick zuwarf, startete er hastig den Motor.

„Hallo.“, murmelte er kleinlaut. Bakura antwortete nicht und so kam vorerst kein Gespräch zustande.

Der Wagen setzte sich in Bewegung. Bakura sah mit finsterem Blick auf die Straße vor seiner Nase, als wäre sie Schuld an seinem Unglück. Er war sehr darauf bedacht, diesem Menschen an seiner Seite gar keine Beachtung zu schenken.

Dieser allerdings ertrug das unangenehme Schweigen nicht sehr lange. Er schaute ihn unsicher an. „Hör mal, ich dachte nicht, dass sie wegrennen würde. Wäre das nicht passiert, es wäre doch eine schöne Überraschung gewesen, oder nicht?“

Bakura schnaubte. „Wenn dich das befriedigt, ich bin wirklich sehr überrascht, dass du dich so etwas traust, ja tatsächlich! Wenn wir sie nicht bald finden, war das nämlich mit Sicherheit der letzte Scherz, den du dir zu Lebzeiten erlauben konntest.“

Sein Gegenüber überlegte anscheinend erst einmal, wie ernst diese Drohung gemeint war, schien sich aber noch nicht allzu große Sorgen zu machen.

„Was hast du überhaupt mit so einem Mädchen zu tun.“ Er starrte gedankenverloren auf den Verkehr, der sich vor seinem Wagen aufbaute.

Bakura war sich nicht sicher, ob das jetzt als Frage gemeint war, aber er hatte sowieso keine Lust sie zu beantworten.

Der Mann warf Bakura einen vorsichtigen Blick zu. „Sie war ziemlich jung, fand ich.“

Bakura lehnte sich in seinem Sitz zurück und betrachtete belustigt sein Gegenüber. In seinen Augen spiegelte sich eine allzu deutliche Mordlust wieder. Tatsächlich fragte er sich gerade, wie viele Worte dieser Mensch noch bis zu seinem Lebensende reden würde.

Aber den kümmerte das alles gar nicht. Er sah Bakura aus naiven Augen fragend an und wartete scheinbar immer noch auf eine Antwort. Bakura schüttelte entnervt den Kopf. „Halt die Klappe und fahr. Ich will heute noch ankommen.“

Der Mann wirkte erschrocken. Jetzt interessierte es ihn erst recht, wer dieses Mädchen war. Sie schien nicht unwichtig zu sein. Und es stimmte dennoch, dass sie noch sehr jung gewesen war.

Sie kamen schließlich an und zu Bakuras großem Erstaunen hatte der Typ es tatsächlich bis dahin geschafft, keine weiteren unnötigen Bemerkungen abzugeben. Jetzt stiegen sie aus dem Wagen. Bakura sah die Straße entlang. Es war inzwischen Abend geworden. Und in der Stadt waren schon deutlich weniger Leute unterwegs.

Das beruhigte Bakura nicht gerade, denn soweit er die Straße entlang schauen konnte, war keine Line zu sehen. Sie konnte inzwischen schon in einem ganz anderem Stadtteil sein.

Bakura sank an die Wagentür hinter sich. Das war die berühmte Nadel im Heuhaufen, die er da gerade finden wollte.

Der Mann neben ihm beobachtete ihn aufmerksam, bis ihm diese Beschäftigung zu langweilig wurde. Er erklärte, er würde nur mal kurz etwas besorgen wollen und verschwand von Bakuras Seite.

Er ging auf einen Laden zu. Bakura schaute an ihm vorbei den Gehweg entlang. Seine Augen brannten, weil er sich gegen alles, was auch nur im Entferntesten an Tränen erinnern würde, mit aller Kraft wehrte. Es war so gut wie unmöglich Line hier wieder zu finden.

Das Mädchen hatte doch keine Ahnung, wo sie hin sollte. Sie konnte ihn nicht finden und er wusste nicht, wo er sie suchen sollte.

Und es würde nicht lange dauern, bis sie einem Polizisten über den Weg würde. Immerhin rannte sie jetzt wahrscheinlich völlig ziellos durch die Straßen. Und inzwischen war es Nacht.

Bakura fuhr sich mit der Hand durch sein reichlich zerzaustes Haar. Er hatte jetzt eigentlich ganz woanders sein wollen. Es hätte alles so gut klappen können, wenn dieser Idiot nicht aufgetaucht wäre. Wenn er Line sicher in einem Hotelzimmer wüsste, könnte er in aller Ruhe sein eigentliches Vorhaben in die Tat umsetzen.

Jetzt stand er hier und kam fast um, wenn er daran dachte, was alles passieren könnte und dass er so gut wie gar nichts tun konnte. Und dieser Idiot brauchte auch noch Stunden, um sich eine Schachtel Zigaretten zu besorgen, wo sie doch keine Zeit zu verlieren hatten.

Wahrscheinlich hatte er jetzt doch Angst bekommen, Bakura würde ihm etwas antun wollen. Grund zur Sorge hätte er ja, dachte der Meisterdieb zerknirscht.

In diesem Moment vernahm er einen lauten Schrei und schaute auf. Er erstarrte.

Was er sah, ließ ihn an seinem Verstand zweifeln. Es war ein kleines vergnügtes Mädchen, das auf ihn zu gerannt kam. Und er kannte dieses Mädchen gut.

„Line.“, keuchte er. Sie riss ihn beinah zu Boden in ihrer stürmischen Begrüßung. Ihm wurde schwindelig.

In seinem Kopf überschlugen sich Fragen und Gefühle und wollten sich nicht einigen, wer als erstes das Recht hatte sich zu äußern. Das Ergebnis war ein völlig steif dastehender Bakura, der gar nicht fähig war überhaupt irgendetwas zu machen.

Line ließ ihn für einen Moment los, um sich sein entsetztes Gesicht anzuschauen. Es gefiel ihr sehr gut. „Da hat mich aber einer vermisst.“, stellte sie grinsend fest.

Bakura war noch nicht einmal fähig eine Antwort hervorzubringen, was ja eigentlich für die Wahrung seines Images gerade mehr als nötig gewesen wäre.

Der Mann stand hinter Line und grinste fast genauso breit wie sie selbst. Da er sich aber dennoch Sorgen um Bakuras derzeitige Verfassung zu machen schien, hielt er es für besser, Bakura zu erklären, was passiert war.

„Sie war die ganze Zeit in dem Laden. Die Kassiererin hat so eine Bemerkung gemacht über einen ungewöhnlich treuen Gast und da habe ich das Mädchen gesehen. Ich habe mir gleich gedacht, dass es die ist, die wir suchen.“

Bakura hörte ihm gar nicht zu. Er sah auf das junge Mädchen, wie es da vor ihm stand und ihn zufrieden anlächelte. „Ich wusste nicht, wo ich hingehen sollte. Also bin ich einfach erst einmal dageblieben.“

Sie erklärte das mit so unschuldig dreinschauenden Augen, dass Bakura ganz vergaß, dass sie sich trotz allem nicht an seine Anweisungen gehalten hatte. Für einen kurzen Moment huschte eine Art Lächeln über sein Gesicht, dann war es auch schon wieder verschwunden.

Sein Blick fiel auf den Mann, der sich immer noch köstlich amüsierte. Die beiden mussten für ihn ein sehr witziges Bild abgeben und er brauchte nun auch nicht mehr um sein eigenes Wohlbefinden zu fürchten, denn sie hatten das Mädchen gefunden. Sein Freund musste sich wirklich große Sorgen gemacht haben, denn sonst hätte er diesen kleinen Spaß sicher selbst lustig gefunden.

Bakura richtete sich auf. „Ich leih mir deinen Wagen.“, erklärte er schlicht.

Das Grinsen verschwand sofort von dem Gesicht seines Gegenübers. Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als sich ihre beiden Blicke trafen.

„Für dieses Unglück schuldest du mir doch wohl etwas.“, sagte Bakura ernst. „Wenn du nicht willst, dass ich mich doch noch daran erinnere, wie viel Zeit ich wegen dir verloren habe und wie wütend ich eigentlich auf dich sein müsste, dann gibst du mir jetzt die Schlüssel und wartest, dass du den Wagen irgendwo wieder abholen darfst.“

Der Mann starrte ihn aus überdimensional großen Augen an. Line gluckste. Sie warf ihrem Meisterdieb einen amüsierten Blick zu. Aber dieser meinte das ganz anscheinend tatsächlich ernst.

Er sah sie kurz an und bedeutete ihr mit einer Kopfbewegung, dass sie einsteigen sollte. Nach kurzem Zögern folgte Line dieser Anweisung.

Sie öffnete die Wagentür und ließ sich auf den Beifahrersitz plumpsen. Nachdem sie Tür hinter sich geschlossen hatte, beobachtete sie im Rückspiegel, wie die beiden Männer noch eine sehr kurz ausfallende Diskussion führten. Sie grinste bei dem Anblick des Mannes neben Bakura, der schließlich gar nicht begeistert seine Autoschlüssel übergab. Line fragte sich, was Bakura getan hätte, wenn sein Freund nicht so folgsam gewesen wäre.

Schließlich öffnete sich die Tür und Bakura kam zum Vorschein. Line schaute ihn erwartungsvoll an. Bakura seufzte tief. Er warf ihr einen Blick zu.

„Jetzt muss ich dich ja doch mitnehmen. Die Zeit, um dich jetzt noch ins Hotel zu bringen, habe ich nicht.“

Line grinste breit und Bakura ließ den Motor an. Der Wagen setzte sich in Bewegung und hinter sich ließen sie den Mann, der nun ziemlich verzweifelt seinem eigenen Auto nachschaute und sich fragte, ob er es je wieder sehen würde.



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