Zum Inhalt der Seite

Gravity Of Love

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Kapitel 7: How To Forget The Pain - Part 2

Auri:
 

„W... w... was? A...a...aber sie ist doch noch im Koma... Wie wollen die denn...“, stotterte ich völlig durch den Wind.

„Die Ärzte meinten, je länger sie mit der Operation warten, desto geringer werden Tuulis Chancen. Wir müssen ihnen vertrauen.“

„Wie lange dauert die OP?“, fragte ich, doch mein Vater konnte mir keine Antwort geben. Wieder musste ich daran denken, was wäre, wenn Tuuli nicht überlebt. Ich wusste, dass dies die falschen Gedanken waren, doch ich konnte nicht anders. Sie fraßen sich immer tiefer in mich hinein, und jetzt, wo es kurz davor war, dass über das Leben meiner Schwester bestimmt wurde, stießen sie an meine Grenzen.

„Hey Auri, Tuuli wird es schaffen. Sie darf so kurz vor Weihnachten nicht von uns gehen“, versuchte mein Vater mich zu erheitern. Da er aber selbst nicht lachte oder irgendein anderes Gefühl zeigte, konnte ich es auch nicht.

„Möchtest du vielleicht was essen? Da vorne ist ein Restaurant, ich lad dich ein.“ Mein Vater wollte mich ablenken, doch ich lehnte ab.

„Danke, aber ich habe keinen Hunger.“

Wieder schwiegen wir und keiner ergriff das Wort.

Ich betrachtete die vereiste Wasseroberfläche des Sees. Seine atemberaubende Schönheit schien paradox zu dem nahegelegenen Krankenhaus. Doch wer weiß, vielleicht half er den Patienten, schneller gesund zu werden. Wasser vermochte viel, und wir Finnen vertrauten in die Kraft dieses Elementes.

„Es ist kalt, ich gehe wieder zurück. Bleib du ruhig noch hier, wenn es dir gut tut“, sagte mein Vater und lief zurück zum Krankenhaus. Ich hingegen wollte noch bleiben. Im Krankenhaus würde ich eh nur herumsitzen und konnte nichts tun. Hier konnte ich wenigstens versuchen, auf andere Gedanken zu kommen. Auch wenn es mir sehr schwer fiel.

Auf einmal klingelte mein Handy. Eine SMS von Tiia: Arho hat mir erzählt, was passiert ist. Kann ich irgendetwas für dich tun?

Ich schrieb ihr zurück, dass sie zu mir kommen solle und nannte ihr meinen Aufenthaltsort. Ich musste mit jemandem reden und meine Eltern hatten genug Probleme.

Es dauerte keine Viertelstunde, und Tiia war bei mir. Sie fiel mir um den Hals und drückte mich an sich. Mir kamen wieder die Tränen, die ich die ganze Zeit versuchte zu unterdrücken.

„Danke, dass du es so schnell geschafft hast. Länger hätte ich es glaub ich nicht ausgehalten“, schniefte ich.

„Das ist doch selbstverständlich, Auri. Ich bin deine beste Freundin, und wozu sind beste Freunde da, wenn nicht, um da zu sein, wenn es einem schlecht geht.“

„Trotzdem danke. Du weißt gar nicht, wie viel mir das bedeutet. Weißt du, ich konnte noch gar nicht richtig darüber reden. Meine Eltern sind selbst völlig durcheinander, Arho musste schnell wieder weg und Jonne... ja der... das ging einfach nicht“, sagte ich.

„Aber jetzt bin ich ja hier und du erzählst mir, was passiert ist“, erwiderte Tiia und ich begann zu berichten: Von heute Morgen, als ich den Anruf erhalten hatte, von Jonnes Verhalten, für das er ja gar nichts konnte, von meiner Reaktion daraufhin, von der Situation im Krankenhaus, von dem Spaziergang mit meinem Vater und von dem Anruf meiner Mutter. Ich ließ kein Detail aus.

Es tat gut, über alles zu sprechen. Tiia hörte einfach nur zu und sagte nichts, worüber ich sehr froh war.

Ich erzählte ihr auch von meinen Ängsten.

„Weißt du, das schlimmste ist, dass ich mich immer wieder frage, was passiert, wenn die OP schief geht. Wenn sie...“

„Ich kann dich verstehen, Auri. Als ich sechzehn war, erkrankte mein Vater an Krebs. Ich habe nie darüber gesprochen, es irgendwie verarbeitet. Aber es war die schlimmste Zeit meines Lebens. Zu sehen, wie die Chemotherapien meinen Vater immer mehr schwächten, aber nie etwas bewirkten. Wie er immer kränker wurde, weil der Krebs sich immer mehr ausbreitete. Und wie er dann nach Monaten der Qual starb. Das war kurz vor meinem siebzehnten Geburtstag. Ich habe seine Hand gehalten und mein Vater hatte gesagt, dass er immer stolz auf mich war, egal was ich getan hatte. Und dass er mich immer beschützen würde. Das waren seine letzten Worte.“ Ich schaute Tiia an, sie hatte Tränen in den Augen. Sie sprach das erste Mal mit mir über ihre Familie, das war mir zuvor nie aufgefallen.

„Das... das tut mir Leid! Wieso hast du nie davon erzählt?“, fragte ich, doch sie antwortete: „Hat sich halt nie ergeben. Aber wir wollen ja über dich reden. Was ich damit sagen wollte, ist, dass ich dich und deine Ängste durchaus nachvollziehen kann. Ich kenne deine Schwester nicht, aber wenn sie auch nur ansatzweise so lebensfroh ist wie du, wird sie die Operation super überstehen und Weihnachten wird in aller Harmonie gefeiert. Da bin ich mir sicher.“

„Bis Weihnachten ist es nicht mal mehr eine Woche. Wie soll das denn bitteschön in Harmonie gefeiert werden? Sollen wir um Tuulis Bett stehen und Oh Tannenbaum singen?“

„So war das doch gar nicht gemeint. Natürlich wird es anders als sonst, aber ihr seit vereint. Tuuli wird überlebt haben, und das ist doch die Hauptsache, oder?“

„Und was ist, wenn Tuuli es wirklich nicht schafft? So wie es dein Vater nicht geschafft hat, obwohl er immer und immer öfter therapiert wurde wie du sagtest?“

Ich merkte wie ich mich langsam in meine Verzweiflung hineinsteigerte. Auch Tiia fiel das auf und sie drückte mich auf eine nahegelegene Parkbank.

„Pass mal auf, Tuuli ist erst neunzehn. Mein Vater war 49 und außerdem hatte er schon gesundheitliche Probleme. Deine Schwester wird das schaffen. Du musst den Ärzten und vor allem ihr vertrauen. Wenn du das nicht tust, ist der Grundstein nicht gelegt.“

„Woher nimmst du eigentlich immer deine weisen Sprüche? Grad eben war ich noch am verzweifeln und jetzt...“

„Tja... That’s me!“, lachte Tiia.

„Nee, mal ehrlich. Du schaffst es damit immer, mich aufzuheitern. Das war bei der Sache mit Jonne auch so. Dabei sind die Sprüche noch nicht mal lustig.“

„Hm... Ich glaub der Tod meines Vaters hat mich ziemlich geprägt. Danach war ich mehr oder weniger allein für mich verantwortlich, weil meine Mutter total fertig und mit der Situation überfordert war. Ja, ich glaub das ist der Grund. Vielleicht noch das ein oder andere gute Buch, wo die auch immer so ein Zeugs sagen, aber mehr auch nicht“, antwortete meine Freundin nach langem Überlegen.

„Was für Bücher liest du? Musst mir mal eins empfehlen“, meinte ich. Tiia hatte es wieder mal geschafft, mich auf andere Gedanken zu bringen. Sie war eine Freundin, wie man sie sich wünschte. Leider gab es davon nicht viele... Ein Grund mehr, warum ich glücklich war, sie und Arho zu haben.

„Danke noch mal, dass du gekommen bist. Ich wüsste nicht, was ich sonst getan hätte.“

„Ach komm“, Tiia nahm mich in den Arm, „Das war doch wirklich mehr als selbstverständlich, dir zu helfen, wenn es dir schlecht geht.“

„Du bist lieb.“ Das musste ich gerade sagen. Ich wusste nicht wieso, es war mir einfach so herausgerutscht.

Tiia lächelte.

„Und du bist süß.“

Wir unterhielten uns noch mehrere Stunden. Die meiste Zeit ging es über Jonne. Tiia wollte unbedingt wissen, was passiert war, nachdem sie gestern Abend gegangen war. Also begann ich zu erzählen, was es zu erzählen gab und ich sah es in Tiias Blick, wie sehr sie sich für mich freute.

Als mein Handy klingelte, hörte ich überrascht auf, zu sprechen. Wer konnte das sein? Ein Blick auf die Anzeige sagte mir, dass es meine Mutter war.

Verdammt, was wollte sie wohl...? War irgendetwas mit Tuuli?

„Ja, Mama? Gibt es was Neues von Tuuli? Ja, okay. Ich komme. Nein, es geht mir ganz gut, Tiia ist hier. Ja, mach ich. Bis gleich.“

„Schöne Grüße von meiner Mutter“, sagte ich zu Tiia, „Sie möchte, dass ich jetzt ins Krankenhaus komme. Tuulis OP ist bald beendet.“

„Willst du, dass ich mitkomme?“, fragte Tiia nach.

„Nein danke, geht schon. Ich ruf dich an...“

Wir verabschiedeten uns schnell voneinander und ich machte mich eilig auf zum Krankenhaus. Dort angekommen, schüttelte ich den Schnee von meinen Stiefeln und setzte mich zu meinen Eltern, die immer noch am selben Platz saßen.

„Was gibt’s“, fragte ich.

Meine Mutter lächelte mich an.

„Dr. Häkkinen war gerade hier. Tuuli hat die Operation gut überstanden. Sie ist zwar noch nicht übern Berg, aber die Ärzte sind zuversichtlich, dass sie es schaffen wird.“

Ich fiel meiner Mutter um den Hals. Tuuli lebte!! Ich war noch nie so glücklich wie in diesem Moment.

„Ja! Ja! Ja!“ Ich hüpfte durch den gesamten Korridor; die anderen Leute schauten mich merkwürdig an, doch das war mir egal. Hauptsache, meine Schwester lebte.

„Können wir zu ihr??“, fragte ich enthusiastisch. Meine Mutter schüttelte den Kopf.

„Nein, noch nicht. Dr. Häkkinen meinte, es wäre besser, wenn Tuuli noch einige Zeit allein wäre. Aber er wollte vorbeikommen, wenn wir sie sehen können.“

„Hoffentlich bald.“ Im Moment wollte ich nichts mehr, als bei meiner kleinen Schwester zu sein.

„Auri, wenn du willst, kannst du auch wieder nach Hause, wir informieren dich, wenn es was Neues gibt“, meinte mein Vater.

„Nein, ich bleibe noch ein bisschen hier. Vielleicht kommt der Arzt ja gleich...“, erwiderte ich. Das glaubte ich zwar nicht, aber man konnte ja wenigstens hoffen.

„Ganz, wie du meinst...“

Mein Magen begann zu knurren. Jetzt, wo alles wieder in Ordnung war, bemerkte ich, wie hungrig ich wirklich war.

„Hol dir was zu essen, Schatz. Nicht, dass noch einer unserer Familie im Krankenhaus landet“, lächelte mein Vater und drückte mir fünf Euro in die Hand.

„Ich hab selbst Geld, danke“, lehnte ich ab, doch mein Vater bestand darauf, dass ich den Schein annahm. Mit dem Geld lief ich zum Kiosk, der nur wenige Meter entfernt war, und holte mir ein Käsebrötchen. Lecker.

„Was sagt Tiia denn so?“, fragte meine Mutter mit gespieltem Interesse. Sie mochte meine beste Freundin nicht, allerdings hatte sie mir nie einen triftigen Grund für ihre Abneigung nennen können.

Trotzdem wiederholte ich den unwichtigen Teil unseres Gespräches. Der Rest ging nur Tiia und mich etwas an.

Eine Tür öffnete sich und ein kleiner Mann mit Halbglatze und einem Stethoskop um seinen Hals trat heraus. Mein Vater stand auf und ging auf ihn zu.

„Herr Nevalainen, ich habe gute Nachrichten. Der Zustand ihrer Tochter ist weitgehend stabil, Sie können jetzt zu ihr. Aber bitte einzeln“, fügte er mit einem Blick auf meine Mutter und mich hinzu, „Und bleiben Sie nicht zu lange Frau Nevalainen ist immer noch geschwächt. Sie können immer zu mir kommen.“ Der Arzt, der anscheinend Dr. Häkkinen war, ging nun den Flur hinunter und betrat ein weiteres Krankenzimmer.

Meine Eltern sahen sich fragend an.

„Geh du zuerst, Meri“, sagte mein Vater und ließ meine Mutter ins Krankenzimmer. Er setzte sich neben mich.

„Hab ich es nicht gesagt, Tuuli wird überleben!“

„Zum Glück. Ich wüsste nicht, was ich sonst gemacht hätte“, sagte ich.

„Ich ruf schnell bei Tiia und Arho an und sag, dass alles in Ordnung ist.“ Ich stand auf und lief auf den Parkplatz des Krankenhauses, wo ich ungestört telefonieren konnte.

Zuerst Tiia. Ich wählte ihre Nummer, es dauerte nicht lange, bis sie ranging: „Auri? Ist alles in Ordnung mit Tuuli?“

„Sie lebt!!“, rief ich und sprang durch den Schnee, „Sie hat es geschafft!!“

„Jaaaa!“ Ich konnte förmlich sehen, wie auch Tiia herumhüpfte.

„Ich erzähl dir morgen mehr, muss noch Arho anrufen. Wie ich den kenne, schläft der schon“, lachte ich und legte auf. Es war zwar erst neun Uhr, aber Schlafen war sein größtes Hobby.

Mein Mitbewohner war jedoch noch wach und freute sich fast genauso sehr wie Tiia. Bloß hüpfen tat er nicht. Nachdem auch das Gespräch beendet war, ging ich zurück zu meinem Vater. Der war jedoch bereits in Tuulis Zimmer verschwunden und meine Mutter saß wieder auf ihrem Platz.

„Wie geht es ihr?“, fragte ich, auf die Zimmertür deutend.

„Den Umständen entsprechend. Aber die Hauptsache ist, dass ihr Zustand stabil ist“, antwortete sie.

Ich setzte mich wieder auf den Stuhl und wartete, dass mein Vater wiederkam. Es dauerte keine fünf Minuten, und er war wieder bei uns.

„Wenn du willst, kannst du jetzt zu Tuuli. Aber fass dich kurz, ja?“, sagte er. Natürlich wollte ich zu ihr!

Ich betrat das Zimmer. Die Vorhänge waren zugezogen, es war stockdunkel.

„Hey, Schwesterchen“, lächelte ich und betrachtete das Gesicht von Tuuli. Sie war blass, soviel konnte man erkennen, und ihre Augen waren geschlossen.

„Ich bin’s, Auri. Ich bin so froh, dass du noch lebst!“ Tränen der Erleichterung flossen mir über die Wangen.

„Na ja, ich will auch nicht groß stören, deshalb geh ich auch gleich wieder...“

Doch bevor ich den Raum verließ, setzte ich mich auf einen Stuhl und schaute meine Schwester einfach nur an, nicht mehr. Sie lag da wie tot.

Nach ein paar Minuten stand ich auf, blickte noch einmal auf Tuuli hinab und verließ das Zimmer.

Auf dem Flur standen bereits meine Eltern aufbruchbereit da, sodass auch ich schnell meinen Mantel anzog.

„Könnt ihr mich vielleicht zu Jonne bringen? Ich muss noch was mit ihm klären“, fragte ich meinen Vater.

„Natürlich. Wo wohnt er denn?“

Ich nannte ihm Jonnes Adresse, die er mir glücklicherweise gestern Abend noch gesagt hatte und wir verließen das Gebäude.

„Ach, Schatz, und denk ans Feng Shui!“, erinnerte mich meine Mutter.

„Jaaaa...“ Als ob es nichts Wichtigeres gäbe...
 

Bei Jonne angekommen, stand ich erst einige Zeit unsicher vor der großen Eingangstür. Was sollte ich ihm sagen? Was, wenn er mich wieder fortschickte? Schließlich kannte er die Gründe für mein Verhalten heute Morgen nicht.

Ich klingelte bei einer Familie Kurkinen, Jonne musste ja nicht sofort wissen, dass ich kommen würde. Die Tür ging auf und ich ging hinein ins Treppenhaus.

Im ersten Stock öffnete sich eine Tür und ein nett wirkender Mann schaute heraus. Das musste Herr Kurkinen sein. Ich grüßte freundlich und ließ den verwirrten Kerl allein.

Jonnes Wohnung befand sich im dritten Stock, direkt gegenüber der Treppe. Eine „Herzlich Willkommen“ - Fußmatte ließ den Besucher fröhlich stimmen. Nun ja, ich war’s ja schon. Mir fiel auf, dass es in der Zwischenzeit ja schon kurz nach zehn war. Hoffentlich schlief Jonne noch nicht. Ich überlegte, ob ich klingeln sollte oder ob es um diese Uhrzeit unhöflich war, unangemeldet zu erscheinen. Natürlich war es letzteres, doch ich musste noch mit Jonne sprechen, sonst hatte ich ein schlechtes Gewissen.

Ich drückte auf die Klingel und es dauerte eine halbe Ewigkeit bis mir endlich geöffnet wurde. Dort stand Jonne und sah mich mehr als überrascht an.

Ich brachte kein Wort heraus, blickte ihn einfach nur an. Kurz bevor er sich wegdrehte, hielt ich ihn zurück und küsste ihn. Er tat nichts, weder erwiderte er meinen Kuss, noch stieß er mich weg. Das verwirrte mich, so etwas hatte ich noch nie erlebt.

Wieder liefen mir ein paar Tränen über die Augen. Ich wusste nicht, wieso. War es die Erleichterung, dass Tuuli lebte? Oder diese Ungewissheit gegenüber Jonne? Vielleicht war es auch beides. Der Tag war ja alles andere als leicht gewesen.

Jonne legte die Arme um mich und endlich erwiderte er den Kuss.

„Was machst du denn da die ganze Zeit an der Haustür, Jonne?“, kam es von dem Raum, der anscheinend das Wohnzimmer war. Der Gerufene schrak zurück.

„Ähm, komme gleich“, rief er und sah mich Schulter zuckend an.

„Okay, ich gehe ja schon...“, sagte ich. Ich hoffte, dass er meine Enttäuschung nicht bemerkte.

„Quatsch, du bleibst. Jetzt wo du schon mal hier bist. Und außerdem hast du mir doch sicherlich etwas zu erklären, oder?“, er lächelte. Puh, er schien mir mein Verhalten nicht so übel zu nehmen, wie ich dachte.

Zusammen gingen wir ins Wohnzimmer, wo zwei skurrile Typen saßen. Einer mit knallroten Haaren. Könnte Tiias Traummann sein, dachte ich.

„Das sind meine Kumpels Antti“, Jonne deutete auf den Rothaarigen, „und Snack.“

„Oh, das tut mir Leid!“, rutschte es mir heraus. Peinlich...

„Was?“, fragte dieser Snack, der mir nicht so ganz koscher vorkam.

„Ähm... dass ich hier einfach so reinplatze... Hätt’ mir ja denken können, dass Jonne Besuch hat...“, antwortete ich. Grad noch so gerettet.

„Ich bin übrigens Auri!“

„Duuu bist Auri???“, fragte Antti überrascht, „Na, dich hab ich mir ja ganz anders vorgestellt, nachdem was Jonne alles erzählt hat. Aber einen guten Geschmack hast du, Kumpel, da hast du nicht übertrieben.“

Ich wurde rot. Was hatte Jonne bloß erzählt? Wahrscheinlich alles, so wie ich Tiia und Arho alles erzählt hatte. Was die beiden wohl von mir dachten? Wahrscheinlich das, von dem ich dachte, dass auch Jonne das von mir denken würde... Hilfe, wo war ich gelandet?

„Willst du nicht deine Jacke ausziehen, Schatz?“, fragte Jonne und sah mich interessiert an.

„Ähm... klar. Wo ist denn die Garderobe?“

„Du bist gerade dran vorbeigelaufen. Dort drüben im Flur.“

„Okay“ Schnell ging ich wieder in den Flur und hing meine Jacke auf. Dabei warf ich einen genauen Blick auf Jonnes Einrichtung. Es standen viele kleine Dekorartikel herum, allerdings nicht in der Menge, dass es schon wieder unordentlich war. Man konnte beinahe vermuten, Jonne wäre Innenarchitekt.

Ich kam wieder zurück ins Wohnzimmer, wo die Männer gerade dabei waren, weitere Bierflaschen zu killen. Jonne fragte mich, ob ich auch eine wolle, doch ich lehnte dankbar ab und fragte stattdessen nach einem Glas Wasser. Er schickte mich in die Küche.

Sie war ziemlich ordentlich, kein bisschen Staub oder irgendwelche Essensreste lagen herum. Jonne musste ein guter Hausmann sein, denn ich bezweifelte stark, dass er vorhin mit Antti und Snack die Küche auf Vordermann gebracht hatte. Bei der Vorstellung musste ich lachen. Nachdem ich mir etwas Leitungswasser ins Glas gegossen hatte, kehrte ich zu den Jungs zurück und setzte mich neben Jonne aufs Sofa. Es war mir etwas unangenehm, in ihrer Anwesenheit über die Sache von heute Morgen zu reden.

„Ich glaub, wir gehen jetzt lieber...“, schien der Rothaarige meine Gedanken zu lesen, doch Jonne forderte sie auf, zu bleiben. Muchas gracias, señor Liimatainen...

„Also, was war heute Morgen los mit dir? Wieso hast du mich weggeschickt?“

„Ich habe einen Anruf gekriegt... von meiner Mutter. Sie meinte, dass meine Schwester einen Autounfall hatte und vielleicht stirbt...“

„Ich glaube, wir gehen jetzt wirklich lieber...“, unterbrach mich Antti und stand mit Snack zusammen auf.

„Okay, dann bis morgen“, sagte Jonne, schien in Gedanken aber völlig abwesend zu sein.

Als die Tür geschlossen war, nahm Jonne mich fürsorglich in den Arm.

„Hätte ich das gewusst...“, sagte er geschockt. Ich konnte ihm sein schlechtes Gewissen ansehen.

„Ist doch schon gut, Jonne. Die Hauptsache ist doch, dass meine Schwester noch lebt!“

Jonne atmete erleichtert aus und drückte mich. Dann erzählte ich ihm schnell den Rest der Geschichte. Auf die Frage mit dem Feng Shui schaute er mich bloß mit zwei riesigen Fragezeichen in den Augen an.

„Was zum Teufel ist Feng Shui?“

„Na Feng Shui, die Harmonisierung des Menschen mit seiner Umgebung“, rezitierte ich den Wortlaut meiner Mutter.

„Das einzige, mit dem ich harmonisiert bin, ist meine Gitarre“, lachte Jonne, „Richte das bitte deiner Mutter aus.“

„Mach ich“, gähnte ich. Peinlich berührt hielt ich mir eine Hand vor dem Mund. Der Tag hatte mich ganz schön geschafft.

Jonne lachte erneut.

„Ich glaube, wir gehen jetzt lieber ins Bett. Sonst schläfst du mir noch auf dem Sofa ein, und das möchte ich wirklich nicht verantworten!“

„Ist mir nur recht“, erwiderte ich.

Ich stand auf und ließ mich von Jonne ins Badezimmer führen.

„Ich hab leider keine zweite Zahnbürste, aber wenn du willst, kannst du meine haben“, bot er an.

„Äh, lieber nicht. Von einmal nicht putzen werden meine Zähne schon nicht ausfallen. Ich ess’ Zahnpasta“, sagte ich und schmierte mir tatsächlich etwas von der weiß-rot gestreiften Creme auf die Zähne.

„Hat man dir eigentlich schon mal gesagt, dass du einen an der Waffel hast?“, fragte Jonne.

„Täglich“

„Mensch, ich liebe dich!“, sagte mein Freund und gab mir einen Kuss auf den Kopf.

Kurze Zeit später lag ich neben ihm auf seinem Bett und kuschelte mich an seinen Körper.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  KeiKirjailija
2010-04-27T13:59:15+00:00 27.04.2010 15:59
Oh man, Tiia ist ja ne verdammt gute Freundin, allgemein würde ich sagen Auri hat verdammt viel Glück mit ihren Freunden aber in solchen Situationen ist das wahrscheinlich auch wirklich selbstverständlich, dass man sich so viel hilft und in solchen Sachen aufheitert^^ Find ich aber sehr schön^^
Aber es ist echt schön, dass ihre Schwester es überstanden hat, freut mich^^
Und natürlich extrem putzig wie Auri sich freut *grins*
Ich Fußmatte ist echt zu geil *lach* ^^ Kann man glaub ich ein rhetorisches Mittel reininterpretieren (Und mal unter uns, du hättest nicht gedacht dass jemand das kommentiert oder? *lach* Aber irgendwie hat das Stimmungsmäßig eine gewisse bedeutung find ich... also beim Lesen^^)
Jonne hat echt ein gutes Herz *grins* Fällt mir so bei der ganzen sache auf^^
Und Antti und Tiias Traumman *totlach* Das ist einfach zu geil *grins* Also optisch würde die beiden doch super zusammen passen und sonst *lach* ^^
(Nebenbei... Ich find diesen ganzen Krimskrams und das was Jonni so in seiner Wohnung hat... na ja... nicht direkt unordentlich, aber überladen *lach* Aber die Analyse von seiner Wohnung ist schon geil *lach*)
Feng Shui... ist klar *lach*
Und jetzt endlich schlafen sie in einem Bett *lach* ^^ Das ist super cool *knuddel* ^^
Von:  nojiko-sensei
2009-06-04T13:23:27+00:00 04.06.2009 15:23
uuuuh^^
fein fein fein, dann ist ja jetzt erst mal alles happy^^
aber was mich überrascht... antti und tias traubboy? hätt ich irgendwie nicht von ihr erwartet xDD *lach*
na da scheint ja noch was zu kommen *freu*

schreibt fleißig weiter! ich liebe diese story^^

~~noji~~


Zurück