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Das Leben geht weiter

von

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Wahrheit

„Wollen wir uns an den Strand setzen?“

„Gern.“

„Dann komm, holen wir uns eine Decke und setzen uns runter.“

Matthias nahm ihre Hand und lief zum Haus. Über die Terrassentür gelangten sie ins Wohnzimmer und dann in den Flur.

„Dürfen wir hier so einfach rein?“

„Klar, ich wohne hier.“

„Ich dachte, Max wohnt hier.“

„Das stimmt ja auch.“

„Ich bin verwirrt.“

Aus einem Schrank im Flur nahm Matthias eine Decke und lief wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Ich erkläre es dir, wenn wir am Strand sind.“

Sie liefen durch den Garten, die Stufen hinab und traten in den Sand. Matthias breitete die Decke aus. Sie zogen die Schuhe aus und setzten sich.

„Der Sand ist schön warm. Es fühlt sich gut an“, meinte Lea.

„Ich mag das Gefühl auch.“

Er öffnete die Sektflasche, die er auf dem Weg zum Strand vom Tisch genommen hatte, und der Korken flog einige Meter durch die Luft.

„Der erste Schluck gehört dir!“, sagte Matthias und reichte ihr die Flasche.

„Sehr freundlich von dir.“

Sie nahm einen großen Schluck und gab ihm die Flasche dann zurück. Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander, beobachteten das Farbenspiel des Himmels.

Lea hätte ihn gern gefragt, warum er bei Max lebte, jedoch wollte sie nicht zu neugierig wirken. Er würde es ihr erzählen, wenn er es wollte.

„Warum warst du vorhin eigentlich so überrascht, als du Oliver gesehen hast?“

„Ich hatte einfach nicht mit ihm gerechnet. … Und um ehrlich zu sein, ich war überrascht, dass ihr nebeneinander standet und er dir nicht an die Gurgel gegangen ist.“

„Warum sollte er das tun?“, fragte Matthias, obwohl er die Antwort besser kannte als Lea.

„Aus einem mir unbekannten Grund kann er dich nicht leiden und versucht mir ständig einzureden, dass du schlecht für mich bist.“

„Und bin ich schlecht für dich?“

„Bisher zumindest nicht“, antwortete sie und lachte.

„Hast du eine Idee, warum Oliver das macht?“

„Ich habe echt keinen Plan. Er ist eigentlich ein netter Kerl und obwohl wir zu Beginn Schwierigkeiten miteinander hatten, kommen wir jetzt ganz gut miteinander klar. Ich dachte, wir könnten Freunde werden.“

„Hast du schon mal daran gedacht, dass er vielleicht mehr als ein Freund sein will?“

„Du meinst, er ist in mich verliebt?“

„Er glaubt vielleicht, wenn ich nicht wäre, hätte er eine Chance bei dir und will deshalb, dass du dich von mir fernhältst.“

„Glaubst du das echt? Ich kann mir das irgendwie nicht vorstellen…“

„Was? Dass jemand in dich verliebt ist?“

„Wie sind wir nochmal auf das Thema gekommen?“

„Ist es dir etwa peinlich, darüber zu sprechen, dass du einfach nur toll bist und sich jeder in dich verlieben würde?“

Sie atmete tief ein und hoffte, dass sich ihre Wangen nicht rot eingefärbt hatten. „Ja, das ist mir peinlich.“

„Na gut, dann Themenwechsel.“ Er reichte ihr die Sektflasche. „Worüber möchtest du reden?“

„Wie wäre es, wenn du mir etwas über dich erzählst? Ich meine, ich weiß, was du studierst, inzwischen auch wo du wohnst, dass du gern feiern gehst, total charmant und lustig bist, aber sonst… sonst weiß ich nicht besonders viel über dich.“

„Und du bist dir sicher, dass du mehr über mich wissen willst?“

„Nun, ich denke schon. Du kennst mein Geheimnis, ich möchte gern deins kennen.“

Sie winkelte ihre Beine an, lehnte sich darüber und blickte zu ihm auf.

„Nun gut, … mein Vater ist bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen, als ich 13 Jahre alt war. Meine Mutter erkrankte aus der Trauer heraus und verstarb daran kurze Zeit später. Ich bin also genauso eine Vollwaise wie du, nur eben schon etwas länger.“

„Warum hast du mir das nicht schon eher erzählt?“

„Ich weiß nicht. Nur meine engsten Freunde wissen es und vermutlich wollte ich erst herausfinden, ob ich dir vertrauen kann.“

„Das kann ich verstehen. Ich wollte auch nicht, dass die Leute davon wissen. Anne und ihre Familie sind die einzigen neben dir. Nicht einmal Annes Freunde wissen es und mit ihnen unternehme ich inzwischen öfter etwas“, meinte Lea und legte sich auf den Rücken. „Ich wollte es einfach nicht.“

„Weil keine anderen Verwandten in der Nähe wohnen und das Jugendamt mich nicht aus der gewohnten Umgebung und der Schule nehmen wollte, haben sie sich auf einen Kompromiss eingelassen. Ich durfte bei meinem besten Freund Max wohnen. Und das tue ich jetzt schon zehn Jahre lang.“

Er ließ sich zurückfallen und sah in den Himmel. Inzwischen war es Nacht geworden, doch der Himmel wurde von unendlich vielen Sternen erhellt.

„Die Sterne sehen wunderschön aus.“

„Ich finde es faszinierend, welche Gefühle leblose Gesteinsbrocken in den Menschen hervorrufen“, meinte Lea.

„Man, man, man, ich versuche hier romantisch zu sein und du machst die ganze Stimmung kaputt.“

„Entschuldige. – Die Sterne sehen wirklich wunderschön aus.“

Sie drehte ihren Kopf zur Seite und sah in sein lächelndes Gesicht.

„Lachst du eigentlich immer?“

„Das liegt daran, dass du mich nur siehst, wenn du bei mir bist und wenn du bei mir bist, bin ich eben glücklich und muss lachen“, erklärte er ihr.

Während er sprach, begann Leas Gesicht immer mehr zu strahlen und sie spürte, dass sich Tränen in ihren Augen bildeten. Sie richtete sich auf, um sie unauffällig wegzuwischen.

„Hey.“

Matthias saß plötzlich neben ihr und sah sie mit seinem liebevollen Blick an. Sein Gesicht war ganz nah an ihrem, sie konnte seinen warmen Atem spüren. Und dann berührten seine Lippen die ihren.

 

„Du siehst müde aus.“

„Mhm.“

Leas Kopf ruhte auf seinem Oberkörper.

„Soll ich dich in mein Bett bringen? Ich schlaf dann auf der Couch.“

„Ich muss nach Hause“, antwortete sie verschlafen.

„Bleib doch einfach hier, du kannst ja nicht mal mehr die Augen aufmachen.“

„Mhm.“

„Na dann, komm her.“

Er half ihr beim Aufrichten und hob sie dann hoch. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Langsam lief Matthias durch den Sand, stieg die Stufen zum Garten hinauf und trug Lea an den wenigen verbliebenen Partygästen vorbei ins Haus. In seinem Zimmer legte er sie behutsam auf das Bett, zog ihr die Strickjacke aus und deckte sie zu.

„Schlaf gut, Kleine.“

Matthias ging zur Tür und schloss sie leise hinter sich. Er holte die Schuhe, die Decke und die leere Flasche vom Strand und setzte sich zu den anderen auf die Terrasse.

„War Lea betrunken?“

„Nein, einfach nur müde. Da habe ich sie kurzerhand ins Bett gebracht“, antwortete Matthias und als Max ihn mit einem vielsagenden Blick ansah, fügte er hinzu: „Und ich werde brav auf der Couch schlafen.“

 

 

„Wo bleibt denn Lea nur? Es ist bereits zwei Uhr.“

„Lass ihr doch den Spaß, sie hatte so viele schwere Monate. Und wenn du auf Party gehst, dann bist du auch nicht um Mitternacht zuhause“, meinte Anne.

„Aber sie ist mit Matze unterwegs! Wer weiß, was er alles mit ihr anstellt.“

„Ich bitte dich. So wie du dich hier anstellst, könnte man fast denken, du bist in sie verliebt.“

Oliver schwieg, schließlich hatten sie genau ins Schwarze getroffen.

„Du bist doch nicht wirklich…?“

„Und wenn schon!“

„Ganz ruhig. Du musst dich ja nicht gleich aufregen.“

„Warum hasst du Matthias eigentlich so?“, wollte Hannes wissen.

Oliver richtete sich auf und sah seine Freunde an.

„Vor ungefähr drei Jahren war er mit meiner Schwester zusammen. Sie hatte sich unsterblich in ihn verliebt, aber nach einem Monat machte er mit ihr Schluss. Ohne jeden Grund. Er hat sie so sehr verletzt, es hat zwei Jahre gedauert, bis sie wieder jemandem Vertrauen schenken konnte. … Ich habe mehrmals versucht, mit ihm darüber zu reden. Vergeblich. Wir sind im Streit auseinander.“

„Und du willst nicht, dass Lea das Gleiche passiert?“, fragte Daniel.

„Richtig. Matze hat mir gesagt, dass er will, dass sie sich in ihn verliebt und dann serviert er sie ab. – Weißt du noch, als wir im Pub waren und die beiden mit seinen Freunden reinkamen?“

„Ja.“

„Ich bin ihm auf die Toilette gefolgt und wollte wissen, was er von Lea will. Er hat mich mit einem eiskalten Blick angesehen und es mir gesagt. Lea ist ihm egal, er will nur mich treffen.“

„Das ist ja unfassbar.“

 

 

„Wie läuft es denn mit Lea? Bist du schon weiter gekommen?“, wollte Max wissen, als die letzten Gäste gegangen waren und sie mit dem Aufräumen begonnen hatten.

„Als wir unten am Strand saßen, haben wir uns geküsst.“

„Wurde ja auch mal Zeit. Ihr hattet schließlich schon etliche Dates.“

„Na ja, weißt du, Lea ist etwas ganz besonderes“, erwiderte Matthias. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, von dem nur Leonie hätte ahnen können, was es bedeutete. „Sie hat in letzter Zeit viel durchgemacht, ich wollte sie nicht drängen.“

„Du wirst schon wissen, was zu tun ist. Und jetzt seid ihr ja auch einen Schritt weiter.“

Matthias brummte nur zustimmend und begann die leeren Flaschen einzusammeln. Eine Viertelstunde später sahen die Terrasse und der Garten einigermaßen ansehnlich aus und die beiden gingen ins Haus.

„Schlaf gut.“

„Du auch. Bis morgen“, sagte Max und verschwand die Treppe hinauf.

Matthias ging in das kleinere Badezimmer im Erdgeschoss und putzte sich die Zähne, bevor er noch einmal in sein Zimmer ging, um sich das zweite Kopfkissen von seinem Bett zu holen. Nur der schwache Schein der Straßenlaterne, der durch das Fenster in das Zimmer fiel, erhellte den Raum. Matthias‘ Augen hatten sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt, weshalb er mit dem Fuß gegen seinen Schreibtischstuhl stieß und diesen damit krachend gegen den Schreibtisch schob.

„Mist…“

„Matthias?“

„Lea, tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken. Ich wollte mir nur kurz mein zweites Kissen holen.“

Lea hatte sich aufgesetzt, als er an das Bett herantrat.

„Schlaf doch einfach hier“, sagte sie und zog ihn im gleichen Augenblick zu sich hinunter. Bevor er fragen konnte, ob sie das auch wirklich wollte, hatten sich ihre Lippen auf die seinen gelegt. Eng umschlungen schliefen sie einige Zeit später ein.



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