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Gnadenlos

von

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Natürliche Ordnung

Als er am nächsten Morgen erwacht, muss Sam nicht erst nachsehen, um zu wissen, dass er allein ist. Der eigentümliche Klang ist aus dem Raum verschwunden und das Gespräch mit Gabriel fühlt sich genauso unwirklich an, wie der kindische Traum, den er gehabt hat.

Er erinnert sich an Farben; an etwas sehr, sehr Weiches, ganz in Rot, aber ob es Stoff oder Fell gewesen ist, kann er nicht sagen. Und er erinnert sich an funkelndes Gold unter einem Himmel voller Sterne, den es nur in seinem Traum gegeben hat.

Nach allen Gesprächen über Teufel und Hirngespinste kommt er sich mit diesem Traum seltsam nackt und verletzlich vor, insbesondere mit dem geäußerten Wunsch danach. Er versucht, nicht zu intensiv darüber nachzugrübeln, dass Gabriels Geschenk ein Traum seiner Wahl war.
 

Es ist noch nicht ganz sieben Uhr; recht spät für einen Jäger oder für Sams Verhältnisse, aber früh genug, um sich nicht schlecht zu fühlen, weil er ‚zu lange‘ geschlafen hätte. Er bleibt noch einen Moment auf der Seite liegen, die Decke übers Ohr und bis zur Nasenspitze gezogen, und sieht dabei zu, wie das Display seines Handys neben ihm wieder erlischt, mit dessen Uhr er sich orientiert hat. Einer der Nachteile, wenn man ein Schlafzimmer unter der Erde besitzt: Es gibt keine Fenster, keinerlei Anhaltspunkte für die Tageszeit. Über die Jahre hat er sich daran gewöhnt. Der Bunker ist nicht, was Sam sich unter einem perfekten Heim vorstellt – aber ein Zuhause ist er inzwischen doch geworden.

Sam wäre nicht Sam, wenn er genießen könnte, dass er ausnahmsweise einmal von selbst aufwacht, und zwar, weil er ausgeruht und erholt ist, und nicht, weil der Wecker, Dean, ein Fall oder Alpträume ihn aus dem Schlaf reißen. Nach einigem Hin- und Herrechnen kommt er zu dem Schluss, dass er, trotz Gabriels Besuch, mindestens fünf Stunden Schlaf am Stück gehabt haben muss.
 

Wann hab‘ ich das letzte Mal so viel geschlafen?
 

Er kann sich nicht erinnern. Viel ist hierbei natürlich relativ zu sehen, aber es geht ihm gut; so gut, dass Sam eigentlich misstrauisch werden sollte. Misstrauisch, was genau Gabriel eigentlich alles geheilt hat, bevor er ihn letzte Nacht ins Land der Träume geschickt hat.

Cas hat Sam einmal erklärt, dass man psychische Erkrankungen nicht mit ‚Mojo‘ heilen kann. Die biochemischen Prozesse im menschlichen Körper sind dafür zu komplex und in den meisten Fällen müsste man den gesamten Hormonhaushalt so massiv umkrempeln und Strukturen auf neuronaler Ebene verändern, dass das Risiko für Wahnsinn oder, schlimmstenfalls, sogar für ein völliges Systemversagen zu hoch ist.
 

Die menschliche Psyche muss sich selbst heilen“, hat Cas gesagt.

Von Jess, die damals Psychologie studiert hatte, hat er genug aufgeschnappt, um nachvollziehen zu können, wovon Cas spricht. Und um sich zusammenzureimen, dass seine Halluzinationen, sollten es denn welche sein, vielmehr Dissoziationen sind.
 

Realitätsverlust infolge einer erheblichen posttraumatischen Belastungsstörung.
 

Er braucht nicht lange zu überlegen, welche Ereignisse wohl genug von der Unversehrtheit seiner Psyche gezehrt haben, um aus ihm ein derartiges Wrack zu machen. Wenn man es genau nimmt, ist es ein Wunder, dass er nicht schon lange vor seiner Zeit in Lucifers Käfig einen nachhaltigen Schaden davongetragen hat.
 

Vielleicht hab ich das sogar. Vielleicht haben wir das beide, Dean und ich, bevor wir überhaupt in der Hölle waren, und sind bisher bloß einfach immer damit klar gekommen …
 

Die Art und Weise, wie sein Bruder und er aufgewachsen sind, kann unmöglich die ideale Voraussetzung für ein durchschnittliches, gesundes Nervenkostüm sein. Allein das unangenehme dumpfe Gefühl in der Herzgegend, weil das Bild von Jess unerwartet vor seinem geistigen Auge erscheint, ist ein gutes Beispiel für die entbehrungsreichsten Erfahrungen seines Lebens. An manchen Tagen denkt er gern an Jess, ist sich inzwischen aber darüber im Klaren, dass der Mensch, der er heute ist, gar nicht mehr zu der Jess passen würde, die er damals geliebt hat. Doch der Gedanke ist ein schwacher Trost, bringt seine große Liebe, die Frau, die er einmal zu heiraten gehofft hat, auch nicht zurück ins Leben – da kann er sich noch so sehr vormachen, dass er sich heute sowieso zu ihrer beider Wohl von ihr fernhalten würde, wäre sie noch da. Das Grübeln darüber bringt ihn nicht weiter, macht womöglich alles nur noch schlimmer. Er spürt, dass es besser ist, diese Gedanken ruhen zu lassen. Schließlich ist gerade einmal, ausnahmsweise, alles gut.
 

Let it be, let it be, let it be.
 

Oder, um es statt mit den Beatles mit den Worten des großen Dean Winchester zu sagen:
 

„Sei wie Elsa und ‚lass‘ los‘!“
 

Er seufzt und landet wieder bei seinen Überlegungen zu den Dissoziationen. Der gestrige Tag wirkt so fern und surreal – mit all seinem Schrecken, genau wie mit den unerwartet deutlich angenehmeren Ereignissen der vergangenen Nacht.

Sam weiß, dass Gabriel nichts in seinem Hirn geheilt haben kann, was dafür verantwortlich wäre, dass er dissoziiert. Aber irgendetwas, abgesehen von dem vermeintlichen Kater und der Beule an seiner Stirn, muss er geheilt haben, da er sich jetzt so erholt fühlt. Sam entgeht nicht die Tragik daran, dass er hinterfragen muss, warum es ihm nicht schlecht geht oder daran, dass er seinen Zustand sogar als ‚zu gut‘ bewertet.
 

Okay, kein Wunder – strategische Überlegungen, wie sie Lucifer davon abhalten können, die Welt ins Chaos zu stürzen, sollte einem bisweilen schon etwas auf die Stimmung drücken. Und sicher ist es nicht allzu tröstlich, herauszufinden, dass Lucifer nebenbei noch Sams Geist zum persönlichen Abenteuerspielplatz umfunktioniert. Aber bisher sieht Sam keinen Ausweg aus dieser Misere und vielleicht lässt einen das einfach von einer pessimistischeren Grundhaltung ausgehen? Sam kann sie nicht in sich finden, selbst, als er es wagt, ein wenig tiefer in seinen Empfindungen zu stochern. Abgesehen von dem kurzen Schmerz bei der Erinnerung an Jessica neben ihm auf dem Sofa, wie sie gemeinsam über ihren Büchern für die Uni brüten, geht es ihm … ja. Es geht ihm gut.
 

Immer noch. Trotz allem.
 

Gabriel glaubt ihm und Cas und Dean wollen ihm zumindest helfen – das sind immerhin schon drei Verbündete mehr gegen Sams Wahnsinn.
 

Er entschließt sich dazu, aufzustehen und den Tag mit einer Laufrunde zu beginnen. Es ist Ewigkeiten her, dass er genug Schlaf bekommen hat, um auch überhaupt nur daran zu denken, in den Morgenstunden in seine Sportschuhe zu schlüpfen. Die Gelegenheit darf er sich nicht nehmen lassen. Es wird garantiert dabei helfen, den Kopf richtig frei zu kriegen und Bewegung tut ihm fast immer gut.

Nach einem schnellen Abstecher ins Badezimmer verlässt er in seinen Laufsachen den Bunker, ohne jemandem auf dem Weg nach draußen zu begegnen. Er nimmt den Ausgang durch die Garage und sieht, dass der Impala zwischen Cas‘ Pickup Truck und seinem goldenen Continental steht. Was bedeutet, dass Mom und der Engel wieder von der Geisterjagd zurück sein müssen. Ein wenig unbehaglich denkt er an das Versprechen, das er Dean gestern Abend gegeben hat; sobald Sam wieder im Bunker ist, wird er mit Cas reden müssen.

Während Sam sich vor der Garage aufwärmt, überlegt er, dass er Cas‘ Einstellung zu der Küchenszene irgendwo zwischen Gabe und Dean vermutet: Ein bisschen weniger Zweifel an Sams Zurechnungsfähigkeit als Dean, aber etwas mehr Abstand zu der Theorie, dass Lucifer tatsächlich im Bunker herumspuken könnte, als Gabe. Er atmet tief in die Dehnung hinein und freut sich einmal mehr darüber, dass sämtlicher Schmerz der vergangenen Nacht spurlos verschwunden ist. Ja, so kann er funktionieren – so kann er dem neuen Tag problemlos gegenübertreten.
 

Der Lauf tut gut. Es ist fast, als würden sich seine Lungen mit jedem Atemzug ein bisschen mehr entknittern und er spürt, dass sich seine Körperhaltung mit jedem Schritt mehr aufrichtet. Er erreicht das kleine Mischwäldchen, in dem er jetzt, im Spätsommer, am liebsten läuft, nach einer halben Meile auf der Landstraße, die direkt am Bunker vorbeiführt. Der Waldboden fühlt sich hohl und weich an unter seinen Sohlen, dämpft seine federnden Schritte mit Moos, Laub und Nadeln. Allein der holzige, leicht modrige Duft hier beruhigt ihn. Es ist still und laut zugleich; herrlich ruhig in seinem Kopf, während Sam den Stimmen des Waldes lauscht. Lautes Gezeter zweier Vögel im Geäst über ihm, heisere Schreie andersartiger Stimmen, und plötzlich ein Knacken zu seiner Linken. Aus den Augenwinkeln sieht er gerade noch einen jungen Rehbock ins Unterholz flüchten und als der kleine Trampelpfad eine Biegung macht, wäre er beinahe mit einem Kaninchen zusammengestoßen, das seinen Weg kreuzt. Er schafft es, das Gleichgewicht zu halten, in dem er scharf abbremst und sich am nächstbesten Baumstamm festkrallt. Außer Atem sieht Sam dem Kaninchen nach, wie es einen Haken schlägt und mit wenigen Sätzen tiefer im Wald verschwindet.
 

Der unerwartete Adrenalinstoß lässt ihn auflachen. Es ist so befreiend, als würden die Anspannung und der Druck der vergangenen drei Tage einfach überlaufen, bist das Lachen aus ihm heraus sprudelt, wie Brause in einem zu vollen Wasserglas. Sam braucht einen Moment, bis er sich wieder gefangen hat.

Keuchend wischt er sich den Schweiß von der Stirn und sieht auf die Uhr an seinem Handgelenk. Er ist seit knapp einer halben Stunde unterwegs und beschließt, dass es am besten ist, sich nun auf den Heimweg zu machen. Er reibt die von der Rinde feucht-grünen Handflächen an seinen Shorts ab und schüttelt sich wie ein nasser Hund, um seine Gliedmaßen zu lockern, bevor er den Weg zurück einschlägt. Seine Atmung normalisiert sich allmählich wieder, und er will sich gerade zurück in den gleichmäßigen Laufschritt fallen lassen. Bis Sam auffällt, wie still es um ihn herum geworden ist. Kein Mucks ist mehr zu hören, kein Knacken, Zwitschern, Rascheln oder Zetern – der Wald um ihn herum ist mit einem Mal wie ausgestorben. Ihm fröstelt und eine Gänsehaut kriecht ihm über den ganzen Körper.
 

Ich sollte nicht hier sein!
 

Der Gedanke ist da, bevor er greifen kann, was genau ihn oder dieses Gefühl auslöst, diesen Impuls, auf der Stelle ins Unterholz zu fliehen, wie das Reh und das Kaninchen von vorhin.
 

Der Morgen hat so gut angefangen …
 

Ja, Sam war sich vollkommen im Klaren darüber, dass sein Zustand nicht über Nacht verschwunden sein kann, dass ein erholtes, angenehmes Erwachen nicht bedeutet, dass er geheilt ist. Dass Lucifers Einfluss auf ihn sich nicht in Luft auflöst, nur weil ein anderer Erzengel ihm alberne Träume aus einem Kinderbuch beschert. Leichtsinnigerweise wäre er nur nicht davon ausgegangen, sich so bald wieder persönlich mit den eigenen Dämonen auseinandersetzen zu müssen …
 

Umkehren, umkehren – lauf. Schnell!
 

Sam rennt schon, bevor er spürt, dass er sich in Bewegung gesetzt hat; seine Beine fliegen mechanisch unter seinem Körper über den unebenen Waldboden. Er fühlt, wie er mit jedem Schritt kleine Zweige und Blätter aufwirbelt, die ihm gegen die Innenseiten seiner bloßen Waden peitschen, spürt, dass seine Lungen das ruhige, kontrollierte Atmen von ganz allein übernehmen, während er sich in seinem Kopf wie von oben beim Rennen zusieht. Er kann nicht sagen, ob er in die Richtung zurückrast, aus der er gekommen ist, kann nicht anhalten, nicht das Tempo drosseln, ist sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt verfolgt wird. Oder ob Lucifer in der Nähe ist.
 

Er weiß nicht, wie lange er bereits rennt, als er in einiger Entfernung etwas vor sich auf dem Weg schimmern sieht. Fünfhundert, vielleicht sechshundert Fuß voraus, von der Größe einer großen Katze, ein gekrümmter dunkler Schatten – und Sam jagt direkt darauf zu.
 

Die Alarmglocken in seinem Kopf, der einzige Teil seines Körpers, der in diesem Moment noch ihm zu gehören scheint, sind erstaunlich leise. Ihr schwacher Weckruf reicht nicht aus, um seine Muskeln zu erreichen, die ihn weiter und weiter vorwärts preschen lassen, während sich der Abstand zwischen ihm und dem seltsamen Ding immer mehr verringert.
 

Vierhundert Fuß.
 

Der Schatten scheint auf dem Blätterweg zu zucken, bevor er endgültig in sich zusammensackt.
 

Dreihundert Fuß.
 

Obwohl das dunkle Etwas sich kein Stück mehr bewegt, reflektiert es das Sonnenlicht, das trübe durch das lichte Blätterdach des Waldes fällt: Kohlschwarz, Mitternachtsblau, Smaragdgrün, Schneeweiß und ein Hauch Silber zittern auf dem Weg, dort, wo die tanzenden Sonnenstrahlen auf das Bündel treffen.
 

Zweihundert Fuß.
 

Sam ergibt sich seinem Schicksal, versucht nicht länger, seinen Körper vom Laufen abzuhalten und lässt es geschehen; sieht weiter dabei zu, wie sich der Abstand zwischen ihm und dem schillernden Etwas rasend schnell verringert. Seit wann hat er eigentlich so viel Puste? Das Tempo, mit dem er rennt, erscheint ihm unmenschlich und ja, seine Kondition ist hervorragend, aber diese nahezu außerkörperliche Erfahrung, die er gerade erlebt, findet er, selbst in diesem abwesenden Zustand, besorgniserregend.
 

Die letzten hundert Fuß beginnt Sam sich zu fragen, ob das Etwas vor ihm vielleicht an allem Schuld ist, weil es ihn anzieht. Vielleicht ist es nicht Lucifer hinter ihm, der ihn zur Flucht antreibt, vielleicht ist es ein unbekanntes Sehnen nach dem Ding da vorn, das ihn vorwärts jagen lässt?
 

Hundertfünfzig.
 

Er kann erst sagen, was es ist, als er direkt davor eine Vollbremsung hinlegt. Milde beeindruckt sieht er sich selbst zu, wie er dabei nicht einmal ins Straucheln gerät; nur auf der Stelle tänzelt er kurz, wie ein junges Pferd mit Anlaufschwierigkeiten.
 

Das katzengroße, dunkel schillernde Bündel ist ein Vogel. Der Leichnam eines Greifvogels, um genau zu sein, aber von einer Art, die Sam noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hat. Seine Kenntnisse in Natur- und Vogelkunde liegen halbwegs über dem Durchschnitt; als Jäger von nicht nur übernatürlichen Dingen hat Bobby ihm in seiner Kindheit eine Menge beizubringen gewusst und heimische Vögel kann Sam im Normalfall problemlos zuordnen. Mit diesem Exemplar erscheint ihm das jedoch nahezu unmöglich. Die breite Brust, der gedrungene Kopf und die ausdrucksstarken Gesichtszüge erinnern entfernt an einen Bussard, bloß dass das Gefieder in seinem Wechselspiel aus Weiß und Dunkel starke Ähnlichkeit mit dem einer Elster hat.

Die Augen des Vogels sind geschlossen, die Flügel in einem seltsam unnatürlichen Winkel dicht an den Körper gelegt, als wären sie gebrochen und mit Gewalt und nicht vom Vogel selbst wieder gefaltet worden. Etwas Feuchtes und Dunkles trocknet allmählich am halb geöffneten, gebogenen schwarzen Schnabel des toten Tieres.
 

„Du hast vielleicht ein Problem mit blutigen Futterluken, Sammy,“ hört er die Stimme seines Bruders in seltsam analytischem Tonfall in seinem Kopf und beinahe hätte er zu dem Gedanken genickt.
 

Das Bild des toten Vogels ist schrecklich und atemberaubend schön zugleich; das Federkleid ist prächtiger, als er es je an irgendeinem Vogel gesehen hat, trotz der entstellten Flügel. Das Tier wirkt außerordentlich exotisch.

Sam beginnt sich zu fragen, was wohl für sein Ende gesorgt haben mag. Seine Atmung und sein Puls sind viel zu ruhig und irgendwo, weit am Rande seines Bewusstseins, ist er sich darüber im Klaren. Ein Greifvogel diesen Kalibers fällt nicht einfach so tot vom Himmel und was ihm auch immer die Flügel gebrochen hat, muss mindestens Hände gehabt haben, um sie dem Tier wieder so geschickt an den Körper gelegt zu haben. Sam kann sich zumindest nicht vorstellen, dass es sie im Sterben selbst noch großartig bewegt haben kann.

Auch die Art der Verletzungen sieht verräterisch wie von Menschenhand aus, allerdings weigert sein Verstand sich zu glauben, dass ein Mensch in der Lage gewesen wäre, Hand an dieses Tier zu legen. Selbst in seinem elendigen Ende wirkt es noch erhaben, nahezu unantastbar.
 

Während er noch weiter darüber nachdenkt, überkommt ihn plötzlich der eigentümliche Drang, sich nach der Leiche zu bücken und ihr eine Feder auszureißen. Eine der längsten Flugfedern, die mit den silbrigen Spitzen. Der Gedanke fühlt sich falsch und verboten an, aber der seltsame Wunsch ist groß, nahezu übermächtig. Als würde all seine Ehrfurcht von einer Art unbekannten Gier überschattet werden, die er sich nicht erklären kann, von einem Hunger nach Erkenntnis, danach, die Federn zwischen seinen Fingern hindurch gleiten zu spüren und sie sich zu eigen zu machen. Es ist dieser innere Zwiespalt, der ihn so sehr erschreckt, dass er Sam endlich aus seiner Trance reißt.
 

Ist das hier echt? Wo bin ich? Was ist das für ein Vogel?
 

Auch sein Kreislauf scheint wieder im Hier und Jetzt angekommen zu sein, denn das Herz schlägt ihm nun bis zum Hals, als er sich umsieht und halb damit rechnet, Lucifer spöttisch lächelnd an den nächstbesten Baum gelehnt zu sehen. Es würde so gut zu Lucifer passen; eigentlich zu allem, was er in den letzten Augenblicken erlebt hat, von denen er immer noch nicht sagen kann, wie viele Minuten sie füllen.
 

Vielleicht Stunden.
 

Nervös sieht er sich um. Sam ist allein. So gut Lucifer auch in dieses irre Szenario passen würde – von ihm ist weit und breit keine Spur zu sehen.
 

Vielleicht ist der Vogel gar nicht hier, vielleicht bilde ich mir ihn nur ein?
 

Er hat sich schon seltsamere Dinge eingebildet – oder durch die Hand des Teufels sehen müssen. Warum nicht auch ein exotisches, grauenhaft verendetes Tier, das es eigentlich gar nicht geben dürfte?
 

Ein Geräusch über ihm lässt ihn zusammenfahren und er zieht den Kopf ein.

Am liebsten würde er gar nicht nachsehen, was dort im Baumwipfel lauert, hält es sogar fast für unvernünftig. Schließlich wurde es auch in der Küche erst so richtig schlimm, als er ein zweites Mal auf seinen Teller geschaut hat. Aber Sam tut es doch, er kann nicht anders; vielleicht ist es Neugier, vielleicht sein Jägerinstinkt.
 

Wenn du dich wehren willst, musst du wissen, wogegen!
 

Sein Blick folgt dem knorrigen Stamm eines verwachsenen alten Laubbaumes, in den wohl vor Jahren einmal der Blitz eingeschlagen haben muss, denn der Stamm ist abgebrochen und der verbliebene meterhohe Stumpf geschwärzt und in der Mitte gespalten. An der Stelle, wo die beiden Hälften des Stammes am weitesten auseinander klaffen, dass sie beinahe aussehen, wie tragende Äste, die in verschiedene Himmelsrichtungen auseinander wachsen, sitzen zwei weitere Vögel.

Beide haben sie große Ähnlichkeit mit dem toten Tier zu Sams Füßen – und doch wieder nicht. Sam kann nur starren, wie in einer Art andächtigem Schock versunken.
 

Es scheinen ebenfalls beides Raubvögel zu sein, doch ähnelt ihre Statur weniger einem Bussard und außerdem sind sie beide deutlich größer.

Der kleinere der beiden erinnert Sam mit dem flachen Kopf und den gefächerten Federn im Nacken stark an einen Milan, auch wenn die Färbung des Vogels eher dem nordamerikanischen Gimpel gleicht: Gesicht und Brust des Tieres leuchten in feurigem Purpur, während die Flügel und seine gegabelten Schwanzfedern einen satten, warmen Braunton tragen, der an den hellsten Stellen wie pures Gold schimmert.

Der Anblick des Vogels wäre wunderschön – wenn ihm nicht die vordere Hälfte seines goldenen Schnabels fehlen würde.
 

Mit Entsetzen sieht Sam, dass das Tier lebt; das rasselnde, erstickte Krächzen, das ihn hat aufsehen lassen, stammte zweifelsohne von ihm. Der Schnabel, der wohl einmal scharf und gebogen war, wirkt oben und unten wie in der Mitte abgebrochen, nur noch eine Öffnung im Gesicht, so dass man die blutverkrustete Zunge im Schlund des Tieres erkennen kann.

Der hübsche Kopf des majestätischen Vogels hängt kraftlos zur Seite. Sam sieht sofort, dass nicht mehr viel Leben in ihm ist, obwohl er ihn seltsamerweise direkt anzuschauen scheint. Es fällt schwer, den unmenschlichen Blick zu deuten, vor allem, weil der zweite, noch größere Vogel in diesem Moment seine mächtigen Schwingen ausbreitet, so als wolle er Sams Aufmerksamkeit endlich auf sich lenken.
 

Das Tier, als einziges von allen dreien unverletzt, und selbst ohne seine ausgebreiteten Flügel fast so groß wie eine ausgewachsene Ziege, besitzt die harten Gesichtszüge eines Habichts, stechende, scharf fokussierende Augen und ein glattes, eng anliegendes Federkleid, dessen Farbgebung Sam unbewusst mit der eines Phönix‘ verbindet: Feuerrot, Zitronengelb, Sattgold, Zartrosa, Wolkenweiß, Königsblau, Blutorange – das Gefieder erinnert an einen brennenden Horizont bei Sonnenaufgang.
 

So atemberaubend die beiden kleineren Vögel, ob nun sterbend oder bereits verendet, auch sein mögen; das Tier, das aufmerksamkeitheischend mit den Flügeln schlägt, ist mit Abstand das schönste von allen. Der Blick aus den eisblauen Augen scheint sich bis in Sams Seele zu bohren, gleichsam scharf und unnachgiebig wie die Klauen seines rechten Beines, die es, bis eben unbemerkt von Sam, tief in den Nacken des Rot-Braunen mit den goldenen Sprenkeln geschlagen hat.

Der Rot-Braune zuckt – und stirbt, ohne den Blick auch nur ein einziges Mal von Sam abzuwenden. Der Laut aus der Kehle des Phönix-Habichts klingt wie Triumphgeschrei.
 

Das majestätische Tier hat den Schnabel auch nach dem Ruf noch leicht geöffnet und obwohl das überhaupt keinen Sinn ergibt, glaubt Sam, in seinen starren Vogelaugen einen Ausdruck des Spottes zu entdecken. Es sieht fast so aus, als würde der Vogel jeden Augenblick zum Sprechen ansetzen, um das dumme Menschlein vor sich zu verhöhnen. Tatsächlich kommt Sam sich in diesem Moment ausgesprochen winzig vor; der Vogel hat eine Flügelspannweite von fast 16 Fuß.
 

Es dürfte dich überhaupt nicht geben!, denkt er wieder.
 

Was bist du?
 

Mit einem Übelkeit erregenden Geräusch löst der ‚Phönix‘ die Klauen aus dem Nacken des frisch Verstorbenen, breitet im selben Moment die Flügel aus, stößt sich von der Leiche ab und erhebt sich in die Luft. Sam kann nicht dabei zusehen, wie der leblose Körper des Rot-Braunen durch den Schwung des Phönix‘ der Schwerkraft zum Opfer fällt, aber er hört den dumpfen Aufprall, als er neben dem schwarzweißen Bussard aufschlägt. Er kann den Blick nicht von dem himmelsfarbenen Vogel wenden, dem es gelingt, mit ruhigen, kraftvollen Flügelschlägen in der Luft vor ihm zu stehen. Die mächtigen Schwingen wirbeln mit jedem Schlag so viel Wind auf, dass Sam Schwierigkeiten hat, auf den Füßen zu bleiben. Einige Flügelschläge lang tut der Vogel nichts, als ihn mit demselben, spöttischen Ausdruck zu mustern. Sam tut das einzig Vernünftige, was ihm in den Sinn kommt, das, was er schon Minuten zuvor hätte tun sollen: Er nimmt die Beine in die Hand und läuft um sein Leben.
 

Er nimmt nicht die Richtung, aus der er gekommen ist, sondern folgt dem Weg auf seiner Flucht weiter, kann im Laufen nicht sagen, ob ihm der Wald hier vertraut vorkommt. Wenigstens ist seine Flucht diesmal zielgerichtet, wenigstens rennt er diesmal nicht nur vor einem unheimlichen Gefühl davon. Das war es schließlich, was ihn überhaupt erst in die Richtung der Vögel getrieben hat …
 

Er hört ein überaus reales Rauschen hinter sich, spürt einen kraftvollen Luftzug, der seinen Rücken mit voller Wucht trifft und ihn beinahe zum Straucheln bringt. Mehr instinktiv als alles andere verlässt er den Trampelpfad und schlägt Haken, wie das Kaninchen von vorhin, bis er Slalom zwischen den Bäumen hindurch läuft. Eigentlich sollte der Vogel ihm dort nicht folgen können; die Bäume stehen viel zu dicht. Trotzdem wagt Sam es nicht, sich umzusehen oder langsamer zu laufen.

Er rennt, bis er nur noch japsen kann, der eigene Puls donnert wie ein Presslufthammer bis in seinen Kopf hinein und er fühlt sich mit jedem Luftholen, als würde es ihm die Brust zerreißen. Die Muskeln in seinen Waden protestieren, weil nicht mehr genug Sauerstoff ankommt, weil er an diesem Tag zu viel von ihnen verlangt hat. Wie weit ist er heute eigentlich schon gerannt? Und wie lange?
 

Der Wald lichtet sich allmählich und Sam spürt nun eine Brise von vorn, anstatt des Flugwindes von hinten. Er muss den Riesenhabicht abgehängt haben! Zumindest wagt er zu hoffen, als er die letzten paar Baumreihen passiert, und –
 

„AH!“, entwischt es ihm mit dem letzten Bisschen Atem, als ein schneidender Schmerz seinen Unterarm durchzuckt.
 

Er bleibt nicht stehen, rennt weiter, bemerkt aber aus den Augenwinkeln die Bewegung des scharfkantigen Schnabels, der nach ihm geschnappt hat; offenbar ist der Vogel vertikal zwischen den Bäumen hindurch gesegelt, um Sam zu verfolgen.
 

Er passiert die Grenze zwischen Wald und Feldweg und der drohende Schatten, der ihm folgt, bleibt zurück. Verschwindet ganz, je mehr Sam sich vom Wald und dem Grauen darin entfernt.

Sam sieht nicht zurück.
 

Er rennt und rennt und rennt, bis der brennende Schmerz an seinem Unterarm verblasst, bis er wieder das Gefühl hat, sein Kopf und sein Körper gehörten eigentlich gar nicht zusammen, weil das eine ohne das Zutun des anderen funktioniert, was schlussendlich dafür sorgt, dass er sich retten kann. Er merkt erst, dass er instinktiv den richtigen Weg eingeschlagen hat, als er den Bunker vor sich sieht. Der Anblick von Zuhause, wie ein Versprechen von Sicherheit, lässt ihn auf dem letzten Stück noch einmal alles geben.
 

Du kannst nicht mehr, Sam, flüstert sein Verstand ihm gelassen zu, der immer noch nicht zu ihm selbst zu gehören scheint. Doch das tut sein Körper leider auch nicht, zu ihm zu gehören, weshalb er nicht auf die Stimme der Vernunft hören kann, die ihm rät, zumindest endlich langsamer zu werden.
 

Na schön, dann sieh selbst, was du davon hast!
 

Die Stimme klingt amüsiert, aber nicht hämisch. Er hört ein Geräusch, das ihn entfernt an ein Fingerschnippen erinnert, als er zum Sprung vor die Bunkertür ansetzt. Er hebt ab; viel höher und weiter, als es seine erschöpften Muskeln und die Gesetze der Physik erlauben dürften. Sam wird schwarz vor Augen, bevor er auf dem Boden aufschlägt.

 

 

 

*
 

Benommen und mit klingelnden Ohren kommt Sam zu sich. Als ihm klar wird, dass er direkt ins Licht seiner Nachttischlampe blinzelt, fährt er mit Schrecken hoch und fällt, vollkommen in seine Bettdecke verheddert, aus dem Bett.
 

Er stöhnt schmerzerfüllt vor sich hin; nicht nur der Aufprall war unangenehm, auch seine Glieder tun ihm weh, als sei er soeben direkt aus dem Boxring gestiegen. Oder hätte mindestens einen Marathon hinter sich gebracht. Doch halt, Marathon …
 

Ich bin … gerannt?
 

Er sieht an sich herunter und merkt, dass er seine verschwitzten Laufsachen trägt – sogar die erdigen Schuhe hat er an den seltsam wunden Füßen und an der Vorderseite seiner Shorts prangen moosige Flecken, als habe er sich die Hände daran abgewischt.

Er fasst sich an die Stirn, an der zwar keine Beule mehr pocht, aber hinter der es trotzdem hämmert, wie von den Nachwehen einer besonders fiesen Migräne, die bis in den Nacken hinein zieht.

Die Bewegung des Armes bringt einen weiteren Schmerz in den Vordergrund, den er bis zu diesem Zeitpunkt erfolgreich ignoriert hat: An seinem Unterarm leuchtet ein vertikaler, langer, unregelmäßiger Schnitt, der entfernt an die Verletzung durch eine Klaue erinnert. Perplex betrachtet Sam die Innenseite seines linken Armes, befühlt die verkrusteten Ränder. Der Schnitt sieht frisch aus; an der tiefsten Stelle glänzt es feucht zwischen dem geronnen Blut und etwas Wundwasser tritt hervor, als er die auseinanderklaffende Haut zwischen den Fingern zusammenpresst.
 

Ich hab‘ so ein unverschämtes Glück gehabt!, denkt er, als er sieht, wie knapp die Verletzung die Hauptschlagader verfehlt hat.
 

Und dann prasseln die Erinnerungen auf ihn nieder, Bilder von Vögeln, Schwingen, stechenden Augen voller Spott. Ein Rehbock auf der Flucht, Sonnenstrahlen, die Jagd durch den Wald. Die Farben eines brennenden Himmels, wie eine Drohung auf dem prächtigen Federkleid des gewaltigen Habichts.
 

Es sind nicht die Schmerzen, die seinen Körper von Kopf bis Fuß durchzucken. Es ist die Flut der Bilder, die seine Gedanken einnimmt, sich nicht ausblenden lassen will, bis sie seine Augen zum Überlaufen bringt. Sam weint nicht. Weinen ist schwer und es ist eine Ewigkeit her, seit ihm das zuletzt gelungen ist. Manchmal wünscht er sich diese Fähigkeit zurück; vielleicht wäre es … befreiend. Heilsam. Aber so liegt er einfach nur auf dem Fußboden neben seinem Bett und fühlt ausdruckslos, wie sein Gesicht allmählich immer feuchter wird, weil Nässe unaufhörlich aus seinen Augen rinnt.
 

„Und du dachtest, du wüsstest, wie sich echter Wahnsinn anfühlt“, sagt eine vertraute Stimme neben ihm mitfühlend. Das Klingeln in seinen Ohren wird lauter, als er die Gestalt bemerkt, die sich zu ihm herunterbeugt.
 

Dissoziationen, denkt Sam, Ich will, dass es Dissoziationen sind! Bitte ...
 

„Ich kann dir versprechen, mein Liebling: Das war noch gar nichts.“
 

Sam unternimmt nichts, um Lucifer daran zu hindern, ihm durch die Haare zu fahren. Die Berührung fühlt sich echt an, aber so ist es auch mit der Wunde an seinem Arm. So ist es mit allem. Mit seinen Erlebnissen im Wald. In der Küche.
 

Alles fühlt sich echt an. Aber nichts davon ergibt Sinn.
 

„Das hat es doch noch nie, Sammy. Aber wann fragst du mich eigentlich endlich, was ich von dir will?“
 

Sam liegt auf dem Boden und schweigt.

 

 

 

*
 

Da Sam in dreckiger, verschwitzter Sportkleidung in seinem Bett zu sich gekommen ist, bleibt ihm kaum eine andere Wahl, als es frisch zu beziehen und einen Abstecher zum unterirdischen Wäscheraum zu machen, nachdem er selbst geduscht hat. Sogar seine Laufschuhe steckt er in eine der Industriewaschmaschinen, um auch den letzten Dreck aus dem Wald loszuwerden.
 

Inzwischen ist es fast Mittag und obwohl jeder Schritt eine Qual für seine wundgelaufenen Füße und die überstrapazierten Muskeln ist, zieht ihn der Hunger bald darauf zurück in den Raum, von dem er dachte, ihn eine ganze Weile nicht mehr betreten zu können: Die Küche.
 

Der Grund, warum er an der Türschwelle beinahe wieder Kehrt gemacht hätte, ist allerdings kein Erinnerungsblitz, keine Bilder in seinem Kopf, sondern ein ungutes Gefühl der gänzlich anderen Sorte.

Gabe und Cas sitzen am Küchentisch, während Dean mit vor der Brust verschränkten Armen und sichtlichem Unbehagen gegen den Tresen gelehnt vor ihnen steht. Sam kann die Anspannung, die in der Raumluft knistert, förmlich spüren. Diese drei ergeben zurzeit eine Kombination, die explosiver nicht sein könnte und Sam könnte schwören, dass in der Küche bis vor wenigen Sekunden noch eine hitzige Diskussion stattgefunden hat.
 

Es geht um mich. Sie raufen sich wegen mir zusammen und reden.
 

Sam schluckt. Wenn seine Probleme auch nur ein Gutes haben, eine nette Begleiterscheinung …
 

„Uhm … Hallo!“, sagt er und sieht sie alle drei der Reihe nach an, die ihn ihrerseits abwartend mustern.
 

„Hallo, Sam.“
 

„Heya, Samshine!“
 

Cas‘ Gesicht ist tröstlich neutral, während in Gabes Ausdruck etwas aufflackert, das Sam entfernt an Mitgefühl erinnert.
 

„Selber ‚hallo‘, Dornröschen“, sagt Dean mit gerunzelter Stirn und mustert Sams mehr schlecht als recht verbundenen Unterarm.

„Was ist passiert?“
 

Sam schüttelt bloß den Kopf. Dieses leidige Gespräch kann warten; viel neugieriger ist er, was Cas, Gabe und Dean ihm nach dieser unheilverkündenden Zusammenkunft zu sagen haben.
 

Sein Bruder seufzt, als er merkt, dass er von Sam jetzt keine Antwort auf seine Frage bekommen wird.

Zu seiner Überraschung spürt er nicht nur Deans, sondern auch den scharfen Blick Gabriels auf seinem linken Arm ruhen.

Cas scheint, erschreckend genug, der einzige zu sein, der genug Einfühlungsvermögen besitzt, um Sam endlich darüber aufzuklären, was es mit dieser ungewöhnlichen Runde auf sich hat.
 

„Sam, wir haben eben darüber gesprochen, was zurzeit mit dir passiert. Wir wollen nicht, dass du das Gefühl hast, wir würden dich hintergehen, aber nachdem uns klar wurde, dass wir alle drei mehr oder weniger Bescheid wissen –“
 

Der da hat uns gezwungen!“, unterbricht Dean grob und nickt mit dem Kopf unwirsch in Gabes Richtung.

„Hat drauf bestanden, dass wir uns treffen, nachdem er letzte Nacht mit dir Schäfchen gezä-“
 

„Ganz ruhig, Cowboy“, sagt Gabe gelassen, doch Sam entgeht nicht der unverblümt frostige Unterton, der in seinen Worten mitschwingt.
 

Dean wird daraufhin erst kreidebleich, dann feuerrot und sein Mund klappt stumm auf und zu, wie bei einem hilflosen Fisch an Land. Cas wirft Dean einen langen, unergründlichen Blick zu, den Dean gekonnt ignoriert und der von Gabe mit einem gequälten Grinsen zur Kenntnis genommen wird. Der Erzengel überlässt Cas und Dean ihrem wortlosen Tanz umeinander und sagt unumwunden zu Sam:
 

„Wir haben entschieden, dass du zu Rowena gehst, Kiddo. Es wird Zeit, dass wir herausfinden, mit wessen Wahnsinn wir es hier zu tun haben: Mit deinem oder mit Lucifers.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Angel_of_Thursday
2019-02-04T08:44:10+00:00 04.02.2019 09:44
Mal wieder unglaublich gut geschrieben!
Bin sehr gespannt, wie es weiter geht.
Von:  Natsuno
2019-02-03T13:37:34+00:00 03.02.2019 14:37
Wirklich sehr sehr gut geschrieben, ich hab jetzt alle Kapitel bis hier durchweg gelesen, weil ich nicht aufhören konnte.
freu mich schon auf neuen Lesestoff ^.^


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